Der Teufel singt Wagner - Christoph T. M. Krause - E-Book

Der Teufel singt Wagner E-Book

Christoph T. M Krause

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Beschreibung

Christian kommt als Kind 1966 in die für ihn völlig neue Welt eines humanistischen Gymnasiums. Viele seiner neuen Lehrer sind alte Nazis oder Kriegsversehrte, die immer noch so agieren, als habe sich in Deutschland nichts geändert. Christian erleidet ein traumatisches Missbrauchserlebnis im Musikunterricht, das ihn so weit zurückwirft, dass er sein weiteres Leben brauchen wird, die grausame Vergewaltigung zu überwinden. Gleichzeitig muss er erkennen, dass er anders als alle anderen ist. Wir begleiten Christian auf seinem langen Weg in seine persönliche Freiheit und werden Zeugen, wie er die vielen Hürden, die das Leben noch für ihn bereithalten wird, meistert und es schafft, den Teufel aus dem Musikzimmer endgültig zu besiegen.

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Seitenzahl: 60

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Christoph T. M. Krause – Der Teufel singt Wagner

Missbrauch im Klassenzimmer

Ein Coming-of-Age-Roman

Christoph T. M. Krause

Der Teufel singt Wagner

Missbrauch im Klassenzimmer

Ein Coming-of-Age-Roman

© 2021 Christoph T. M. Krause

Umschlaggestaltung: Christoph T. M. Krause.

Autor Christoph T. M. Krause, Heerstr. 394a, 13593 Berlin.

Verlag + Druck: tredition GmbH, Halenreie 42, 22359 Hamburg.

978-3-347-37645-8 (Paperback)

978-3-347-37646-5 (Hardcover)

978-3-347-37647-2 (E-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Die Rechte zur Nutzung aller in diesem Buch dargestellten Bilder und Illustrationen liegen dem Herausgeber vor.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

INHALT

 

Prolog

 

Erster Schultag am Gymnasium

Monsterlehrer

Neue Zeiten

Unaussprechliches

Hürden

Musik

Schockmomente

Trauma

Schuld

Zeitenwende

Umbruch

Schulwechsel

Neubeginn

Rückfall

Alte Wunden

Verführungen

Erste Probleme

Todesurteil

Entscheidungen

Prüfsteine

Läuterung

Neue Waffen

Fazit

 

Epilog

Bildnachweise

Dieses Buch ist Andreas Zwiener gewidmet

Prolog.

Missbrauch war schon immer allgegenwärtig.

Die meisten Taten finden im vertrauten Umfeld statt und wurden sehr lange totgeschwiegen und verdrängt.

Wer kann diese scheußlichen Taten auch einfach so erzählen und seinen Scham überwinden?

Kinder können das mitnichten.

Sehr häufig werden diese Schandtaten dort verübt, wo Erwachsene Macht über Kinder haben, also im eigenen Zuhause, im Kindergarten, in der Schule und am Sportplatz.

Selbst im Erwachsenenalter setzen sich diese Machtausbeutungen fort und bestimmen den Alltag und Beruf von so vielen.

So haben Skandale in allen Lebensbereichen in den letzten Jahren das wahre Ausmaß und die Grausamkeit dieser Verbrechen an die Öffentlichkeit gespült.

Gesetze und Strafen wurden verschärft und doch geht der Wahnwitz weiter und weitet sich weltweit noch wie ein Krebsgeschwür weiter aus.

Schauen wir gemeinsam in den Abgrund eines Beispiels, um das perfide „Spiel“ eines Lehrers zu beobachten, der sich mit Raffinesse, Gemeinheit und rücksichtslosem Eigennutz an seinen Schützlingen vergreift und ungestraft davonkommt.

Erster Schultag am Gymnasium.

„Unsere Schule ist ein Ort der Disziplin und des Lernens!“, schmetterte der Direktor meiner neuen Schule auf den Schulhof.

„Wer hier etwas lernen will, sollte gehorchen und die Regeln beachten!“

Mir wurde mulmig, denn ich kannte zwar von zu Hause auch Disziplin und Unterordnung, aber ein militärischer Ton mit „Zwei-und-zwei-Aufstellen“ auf dem Schulhof und ein Kommisston erster Güte waren mir völlig neu und fremd.

Die Atmosphäre einer alten Militärakademie wurde verstärkt durch das uralte Gemäuer dieser ebenso uralten Schule, das eher unheimlich, als heimelig anmutete und nichts Schönes oder Entspanntes verhieß.

Das Gebäude war ein altes preußisches Backsteingebäude, nicht schön rot wie die meisten, sondern die uralten Wände wirkten dunkel und abgenutzt. Die Fenster waren verrottet und alle einheitlich, wie bei einer Kaserne, angeordnet.

Zumindest machte diese Fassade, der Schulhof und das Gehabe unseres Direktors einen gruseligen und abstoßenden ersten Eindruck auf mich.

Nachdem wir nun also fast jeden Satz mit einen „Jawohl, Herr Direktor“ lauthals bestätigen mussten, durften wir, nach dieser Schuljahrs-Erstrede unseres Direktors, endlich das Schulgebäude betreten.

Dies taten wir im Gänsemarsch, denn freies Herumlaufen war verboten.

Ich dachte, oh Gott, wo haben dich die Eltern nur hingeschickt!

Abb. 01

Monsterlehrer.

Meine Eltern hatten oft mit der Unterbringung in einem Internat gedroht, wenn sie meiner überdrüssig wurden und mir vorwarfen, dass ich nicht gehorchte oder ihnen zu aufmüpfig war.

Aber ich wusste inzwischen, dass das alles nur eine leere Drohung bleiben sollte, um mich gefügig zu halten.

Nun dachte ich, dass sie für diese Internatsdrohung einen probaten Ersatz gefunden haben mussten, denn so hatte ich mir ein Internat vorgestellt und nicht ein humanistisches, altsprachliches Gymnasium.

Die Fünfziger Jahre schlugen hier noch voll durch, viele ehemaligen Wehrmachtssoldaten und vor allem Exnazis waren hier noch als Lehrer untergekommen, das sah man daran, dass der ein oder andere, statt normaler Arme oder Hände, Ersatzprothesen trug.

So hatte der unheimliche Dr. Walter eine Hakenhand, wie sie in einem schlechten Piratenfilm Käpt’n Hook zukam.

Und wir bekamen den sadistischen Dr. Grabinsky, dessen Pitscherei in meine Wange heute immer noch wehtut, weil ich seine Quizfrage, in einer Vertretungsstunde vor versammelter Klasse, seiner Meinung falsch beantwortet hatte.

In diesen seinen Vertretungsstunden machte er mit uns immer ein Fragequiz und der Schüler, der von ihm zur Antwort auserkoren wurde, hatte nach vorne zu kommen, um dort seine Quizantwort preiszugeben.

Ich erhielt die Frage: „Wer malte die Mona Lisa?“

Als ich „Leonardo da Vinci“ antwortete, drehte er mit seinen Fingern ein Stück Haut meiner Wange so lange herum, bis ich vor versammelter Klasse laut aufschrie.

Warum und wieso das falsch gewesen sein sollte, wusste niemand. Und Diskussionen darüber, geschweige denn eine ungebetene Widerrede, waren verboten.

Grabinsky war für seine Quälereien bekannt, aber niemand wagte ihn zu stoppen. Gott sei Dank war er nur unser Vertretungslehrer.

Der Lehrer mit dem Handhaken machte mir besondere Angst. Herr Tonguweit hatte gedient, hieß es, und er hatte seine Tapferkeit gegen den Feind mit dem Verlust seines Unterarms bezahlen müssen, dementsprechend böse schaute er drein. Ich hatte das Gefühl, dass er immer noch auf dem Schlachtfeld unterwegs war und wir, seine Schüler, seine Feinde waren.

So kam es vor, dass er mit seinem Haken, ohne dass man damit rechnete, mit aller Wucht wie mit einem Hackebeil auf die Tischplatte deines Schulisches herunterfuhr und dich zu Tode erschreckte.

Dies tat er, wenn er dachte, du seiest unaufmerksam oder hättest eine Antwort verpatzt.

Unser Lateinlehrer, Herr Wegener, war eher ein Buchhaltertyp, der mit seiner braunen Aktentasche in die Klasse kam und seine Unterlagen wie bei einer Steuerprüfung hervorzerrte.

Man hatte das Gefühl, jetzt kommt etwas zum Vorschein, das nichts Gutes bedeuten konnte.

Meist war es sein Notenbuch, in das er regelmäßig Strafnoten eintrug und dann sagte er von ganz oben herab: „Schneider, Sonderfünf in Klammern!“

Eine Fünf war ja schon eine Deklassierung par excellence, aber eine „Sonderfünf“ war das Allerletzte, das es zu vergeben gab.

Eine Sechs gab er nie, das hätte deinen Schultod bedeutet.

Eine „Sonderfünf“ hatte etwas von Sonderbehandlung, die dir „zustand“. Hätte ich damals von Judenverfolgung und Holocaust gewusst, hätte ich an diese Sonderbehandlung im Konzentrationslager denken müssen.

Denn die Juden und viele andere erhielten auch Sonderbehandlungen. Eine „Sonderfünf“ war zwar beleibe nicht damit zu vergleichen, aber der Duktus und die Absicht dahinter kamen genau aus dieser Gedanken- und Tatenschmiede.

Herr Wegener war jedoch kein schlechter Lehrer, er war, so denke ich heute, auch kein Henker gewesen. Er war halt ein Buchhalter des Lateins, das wir alle hassten, weil es als „Sprache“ so tot wie viele Lehrer zu sein schien.

Aber natürlich wussten wir noch nicht, welche Rolle Latein in unserer abendländischen Kultur spielte und wie sehr wir alle doch von dieser Sprache geprägt sind.

Aber genau das war das Problem, wir wussten es nicht nur nicht, wir lernten es auch nicht. Hätte man mir den Hintergrund erklärt, hätte ich diese Sprache sogar spannend gefunden.

Aber Latein wurde nicht als etwas ehemals Lebendiges gelehrt, sondern als lebloses Objekt, das schon lange tot war, gefühlt so lange, wie die alten Römer selbst schon tot waren.