Der Tod und seine Sense - Thomas Seidl - E-Book

Der Tod und seine Sense E-Book

Thomas Seidl

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Beschreibung

AKTIONSPREIS: statt 1,99 jetzt nur 0,99 Cent Dem Tod wurde seine Sense gestohlen, und nun herrscht Chaos auf Turlunken. Niemand kann mehr sterben. Was tun? Im Jenseits könnte er sich eine neue Sense schmieden, aber ohne die alte kommt er nicht dorthin. Durch Zufall hört er von einem Drachen, der durch Zeit und Raum reisen kann und ihn vielleicht zurück ins Jenseits bringen könnte. Ein Zauberlehrling namens "Turf" will ihm helfen, diesen zu finden, natürlich für eine kleine Gegenleistung. So brechen die beiden in ein Abenteuer auf, das sie quer über ganz Turlunken und darüber hinaus führen wird. Skurrile Charaktere pflastern ihren Weg, und am Ende liegt das Schicksal von ganz Turlunken in den Händen von Turf und dem Tod. Eine humorvolle und nachdenkliche Geschichte in einer zauberhaften Welt voller Magie... "sehr originell, und wer gerne versponnene Geschichten mit vielen Abenteuern und köstlichen Figuren liest, der ist hier absolut richtig." "Ein wirklich angenehm zu lesendes Buch, das sich "wohltuend" von anderen, völlig unwirklichen Fantasy-Werken abhebt." "witzig, oft ironisch erzählt und trotzdem mit ein paar nie aufdringlich oder gar 'pädagogisch' wirkenden Lebensweisheiten garniert"

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Seitenzahl: 209

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Thomas Seidl

Der Tod und seine Sense

Eine Turlunken Geschichte

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Der erste Hinweis

Der Magiermeister und andere Zwischenfälle

Der Höhlensee

Ein Jahr wie eine Sekunde

Ein Sandkorn für ein Halleluja

Einmal hin und zurück, bitte!

Der Feueratem

Alles oder nichts

Epilog

Impressum neobooks

Prolog

Diese Geschichte beginnt in einer weit, weit entfernten Galaxie. Dort im All schwebt der Planet Turlunken, den drei Monde umkreisen, die synchron zu den drei Sonnen stehen. Auf dem Planeten selbst leben die unterschiedlichsten Gestalten: Menschen, Fabelwesen und viele, viele verschiedene Tierarten. Sie alle aufzuzählen, würde Jahre dauern. Die Bewohner von Eintorglauf, der Hauptstadt, denken, dass sie sehr fortschrittlich seien, denn sie haben das ausgeklügeltste Wassersystem auf ganz Turlunken. Auch der beste Waffenschmied lebt in der Hauptstadt. Er fertigt die besten Schwerter und die stärksten Rüstungen, die es gibt. Vor Kurzem hatten die Bewohner der Stadt eine Rattenplage abwehren können, und darauf waren sie besonders stolz, denn jeder in Eintorglauf erinnerte sich noch an die Hasenplage, die vor vielen Jahren fast das Ende von ganz Turlunken bedeutet hätte.

Allgegenwärtig ist auf Turlunken auch die Magie. Die Hauptstadt beheimatet nämlich die größte Magiergilde. In der Mitte der ringförmigen Stadt mit ihren schmalen Gassen und den aus Stein gebauten Häusern ragt ein hoher Turm zu den Monden und den Sonnen empor. Dort forschen die besten Magier des Landes nach neuen Zauberritualen oder bilden jüngere Magier aus, um diese das magische Handwerk zu lehren. So wird die Magiergilde niemals aussterben. Es herrscht dort eine strikte Hierarchie. Die Obersten der Gilde haben nicht nur das Sagen, sondern lenken das ganze Geschick von Turlunken. Natürlich wollen viele Menschen Magier werden, doch nicht alle sind dazu bestimmt. Darum ist es ein großes Privileg, wenn man dort aufgenommen wird. Aber längst nicht alle schaffen die Prüfungen zum Magier, denn es ist ein langer und steiniger Weg.

Der Tod, der immer eine schwarze Kutte trägt und nur aus Knochen besteht, ist ein ständiger Begleiter der Bewohner von Turlunken, denn jede einzelne Seele, deren Zeit gekommen ist, wird von ihm höchstpersönlich abgeholt. Aber auch der Tod hat seine Freizeit und spaziert oft einfach so durch die Gassen von Turlunken. Viele Leute haben große Angst vor ihm, obwohl er sich selbst als netter Geselle sieht. Aber er kann die Scheu der Menschen auch verstehen – immerhin müssen die von ihm abgeholten Seelen für immer im Jenseits bleiben. Dort ist der Tod auch zuhause und lebt in einem schwarzen Schloss. Aber da er im Jenseits nicht gerade viele Freunde hat, kommt er, so oft es geht, nach Turlunken.

Eines Tages hatte der Tod einen Auftrag im Wald vor der Stadt. Er sollte einen Jäger abholen, der von einem Bären angegriffen worden war. Langsam schritt der Tod zu dem Scheidenden. „Grüße! Ich bin der Tod. Ich bin hier, um dich abzuholen.“

Der Jäger schaute ihn entsetzt an. „Nein! Ich wollte doch nur ein Wildschwein jagen! Ich liebe Wildschweine, seit ich als Kind von meiner Großmutter Wildschweineintopf bekommen habe. Und seit damals bekomme ich jeden Tag aufs Neue Hunger auf Wildschwein. Oft gehe ich raus in den Wald und jage Wildschweine. Ich mag Wildschweinragout, Wildschwein am Spieß, Wildschweinkeule, Wildschwein paniert, Wildschwein tranchiert oder eben Wildschweineintopf. Egal, Hauptsache Wildschwein.“

Der Tod trat einen Schritt zurück und sah sich um. Wer sprach hier mit ihm? Der Jäger lag tot am Boden, aber vor ihm stand die Seele des Jägers, die mit ihm redete. Von einem Bären war weit und breit nichts zu sehen. Dann lehnte er seine Sense, die er immer bei sich trug, an einen Baum und zog aus seiner Kutte einen Topf.

„Wildschwein, Wildschwein!“, rief der Jäger mit Tränen in den Augen. Der Tod hatte doch wirklich ein Gefäß voller Wildschweineintopf bei sich! Äußerst gerührt, fragte er, ob dies für ihn sei.

„Natürlich!“, bejahte der Tod, denn er machte immer seine Hausaufgaben und kannte längst des Jägers Wildschweinvorliebe. Auf diese Weise konnte er dem Toten die Reise ins Jenseits erleichtern.

Sie hockten sich nebeneinander auf einen großen Stein, und der Tod gab dem Jäger seinen zweiten Löffel, damit sie gemeinsam den Wildschweineintopf essen konnten. Der Tod musste eigentlich gar nichts essen, aber immer wenn er auf Turlunken war, aß und trank er, denn, man mag es kaum glauben, er schmeckte, was er aß und trank, und das, obwohl er nur aus Knochen bestand. Er dachte immer, dies sei ein Phänomen von Turlunken, denn im Jenseits schmeckte er nichts. Darum freute er sich genauso wie der Jäger auf den Eintopf.

Als sie ihn fertig ausgelöffelt hatten, meinte der Tod: „Jäger, es ist Zeit zu gehen.“

Der Jäger war jetzt gar nicht mehr so traurig oder verängstigt und bereit für seine Reise.

Als sich der Tod umsah und gerade seine Sense nehmen wollte, erschrak er. „Wo ist meine Sense? Ich habe sie doch dort an den Baum gelehnt?“ Eifrig sah er sich um, aber er konnte sie nirgends finden. Als er sich wieder dem Jäger zuwandte, war dieser auf einmal auch verschwunden. Was geht hier denn vor?, dachte der Tod. Dann sah er gerade noch, wie der Leichnam des Jägers zwischen den Bäumen verschwand. „Wie ist das möglich!“, schrie der Tod laut.

Der Jäger war selbst verwirrt, freute sich aber über sein neu gewonnenes Leben. „Ich lebe, ich lebe!“, rief er immer und immer wieder und lief immer tiefer in den Wald hinein.

Der Tod konnte nur ungläubig hinterher sehen. Er war fassungslos. Was war hier nur geschehen? Dann sah er sich weiter um und versuchte erneut, seine Sense wiederzufinden. Stundenlang lief er durch den Wald, suchte hinter jedem Stein und bog alle Grashalme um, aber seine Sense blieb verschwunden. Er wusste, wenn er sie nicht finden würde, könnte das ein großes Durcheinander in Turlunken auslösen, denn nur er konnte die Toten holen, und wenn er dazu nicht mehr fähig war, dann könnte auch niemand mehr sterben, und dies würde ein Chaos verursachen.

Der gute Tod hatte aber ein noch größeres Problem: Er konnte nicht mehr ins Jenseits zurück, denn nur seine Sense verlieh ihm die Kraft, dies zu tun. Hm. Nachdenklich klapperte der Tod mit seinem Knochengerüst und überlegte. Je länger er dies aber tat, desto weniger Ideen kamen ihm, genau gesagt ? er hatte überhaupt noch keine!

Nach einer halben Stunde kam er zu dem Schluss, dass ihm irgendjemand seine Sense gestohlen haben musste. Also spazierte er mit langsamen, kleinen Schritten und gesenktem Haupt in Richtung Eintorglauf. Vielleicht hatte ja jemand dort die Sense gefunden und würde sie ihm einfach wiedergeben. Doch wirklich daran glauben konnte er nicht. Er wusste, wenn jemand einmal die Kraft der Sense kannte, würde er sie ihm niemals mehr übergeben.

Er schlich durch die engen Gassen von Eintorglauf und kam zur Kneipe „Der Zechpreller“. Da er nicht wusste, was er tun sollte, schlenderte er hinein und setzte sich dort an den Tresen. Es war eine heruntergekommene Spelunke, die schon bessere Tage gesehen hatte. Das Eichenholz, aus dem der Tresen, die Tische und die Stühle gezimmert waren, war spröde und benötigte dringend eine Sanierung. In der Ecke des Raumes saßen an einem Tisch mehrere Menschen, die einen Grog nach dem anderen kippten und ängstlich zu ihm herüberblickten.

Wahrscheinlich dachte jeder, dass vielleicht gerade seine Zeit gekommen war, aber niemand wusste ja, dass er, der Tod, im Moment niemanden holen konnte. Er sah den Wirt mit starrem Blick an. „Einen Grog, bitte!“

„Gern, Sir!“ Der Wirt schnaufte erleichtert durch. „Ich dachte schon, Sie wollten mich holen kommen!“

Kurz danach kippte sich der Tod den Grog in die Knochen. „Vorzüglich! Sie haben nicht zufällig jemanden mit einer Sense gesehen?“

„Außer Euch, Sir? Ach, Ihr habt ja Eure Sense gar nicht dabei!“, bemerkte der Wirt.

„Heute nicht, mein Freund! Aber ich bin auf der Suche danach. Ich habe sie verloren und ohne sie kann ich nicht mehr ins Jenseits zurückkehren“, erklärte der Tod mit leiser Stimme.

„Das tut mir aber leid! Ich hoffe, Ihr findet sie bald!“

Dann wandte sich der Tod vom Tresen ab, und seine Blicke schweiften durch die Kneipe. Im hinteren Eck sah er jemanden winken, so als wollte dieser, dass er zu ihm komme. Der Tod kam der Geste nach und bewegte sich zu dem Fremden.

„Setzt Euch“, forderte der Fremde den Tod auf. „Ich habe zufällig das Gespräch mit dem Wirt mitbekommen. Ihr findet also Eure Sense nicht mehr. Das könnte großes Unheil anrichten! Ich bin schon alt und darum habe ich auch keine Angst, von hier zu gehen. Die Sense soll Euch doch die Kraft verleihen, die Toten zu holen, aber so, wie ich es sehe, wird bald niemand mehr sterben können. Doch ich will von hier gehen, also hör zu, Tod! Es gibt eine Legende über einen Drachen, der durch Raum und Zeit reisen kann und jenseits von allem lebt, was wir kennen. Dorthin zu gelangen scheint unmöglich, aber das stimmt nicht. Ich habe ihn schon einmal gesehen. Ich war noch ein junger Mann und reiste durch ganz Turlunken. Ich wollte alles sehen von diesem Planeten, und mein Weg führte mich in die entlegensten Winkel. Aber dort war das Nichts. Es schien, als wäre dieses Land nicht auf Turlunken. Wie ich dort hingelangt bin, weiß ich nicht mehr, denn ich leide unter Vergesslichkeit. Ich vergesse Dinge, Orte und Namen. Doch ich weiß, dass es diesen einen Drachen gibt, und ich denke, er könnte der Schlüssel sein, um ins Jenseits zu reisen.“

Der Tod hörte die Worte und machte sich seine eigenen Gedanken darüber. Wenn es diesen Drachen wirklich gab, dann könnte er im Jenseits eine neue Sense schmieden, die Registriernummer ändern und so die alte Sense unbrauchbar machen. Dann könnte er seine Arbeit wieder aufnehmen. „Fremder, hast du irgendeine Ahnung, wer mehr über diesen Drachen wissen könnte?“, fragte der Tod nach.

Aber der Fremde starrte ihn ungläubig an. „Welcher Drache? Ich bin ein alter Mann und wer seid Ihr überhaupt?“

Der Tod blickte langsam nach unten. Dieser Fremde war wohl nicht mehr ganz bei Sinnen. Wahrscheinlich wäre er einer der Nächsten gewesen, die er holen hätte sollen. Dann stand er auf und verließ die Kneipe.

Vor der Tür lehnte er sich an einen Baum und dachte nach. Was tun? Diesem alten Mann, der unter Vergesslichkeit litt, glauben? Er schnaufte tief durch, als ihm jemand auf die Schulter klopfte.

Dieser Jemand trug einen spitzen großen Hut und hatte ein Kleid an, das komplett rot war. Kein helles Rot, eher so ein dunkleres Kirschrot. „Hal, Hal, Hallo, Herr Tod. Mei, mein Name ist Turf. Es, es tut mir leid, ich bin ein wenig nervös, denn jeden Tag spricht man ja nicht mit dem Tod, oder? Ich habe in der Kneipe das mit dem Drachen mitbekommen. Also, ich glaube, ich könnte Euch helfen, denn mein Meister, der schon gestorben ist, Gott möge ihn schützen, hat mir ein Buch mit einem einzigen Eintrag hinterlassen. Er suchte sein ganzes Leben nach diesem Drachen, und am Sterbebett übergab er mir dieses Buch und merkte an, dass es umso mehr preisgeben würde, je näher ich dem Drachen käme. Es ist ein verzaubertes Buch und, wie gesagt, es hat nur einen Eintrag, aber dieser ist ein Hinweis, wo der Drachen zu finden ist.“

„Gut, Turf. Dann gib mir das Buch, damit ich nach dem Drachen suchen kann.“

„Nein, nein! Das Buch ist an mich gebunden, also, nur wenn ich dem Drachen näherkomme, gibt es mehr preis. Euch würde das nichts helfen. Aber ich habe eine Idee. Wenn Ihr mir helft, meinen Obermagier über den Jordan zu schicken, dann werde ich mit Euch gehen und Euch bei der Suche helfen.“

„Aber, Junge!“, antwortete der Tod. „Ich kann doch nicht einfach Menschen sterben lassen, deren Zeit noch nicht gekommen ist.“

„Aber ... aber er will mich durch die Prüfung fallen lassen, die in zwei Wochen stattfindet, denn er hasst mich. Ich weiß nicht so genau, aber seit mein Meister gegangen ist, will er mich loswerden, denn er meint, ich hätte kein Talent und sollte niemals Magier werden. Aber seit ich ein kleines Kind war, will ich nichts anderes werden außer Magier. Ich bekam von meiner Mutter zu meinem sechsten Geburtstag einen Magierkoffer, damit konnte man Spielzeug zum Leben erwecken oder auch ein bisschen das Wetter ändern, wenn auch nur im eigenen Zuhause. Ja, genau, man konnte eine Wetterwolke herbeizaubern. Seit diesem Geschenk wollte ich nichts anderes mehr werden. Also bitte, Herr Tod, helft mir, denn wenn ich diese Prüfung nicht bestehe, werde ich aus der Magiergilde ausgeschlossen.“

Der Tod nahm ein riesiges Buch aus seiner Kutte hervor. „Wie lautet der Name?“

„Denodir Holsen. Er führt den Vorsitz bei der Prüfung und bestimmt mit zwei weiteren Magiern, wer Magier wird und wer nicht. Ich finde das allerdings nicht besonders fair, aber jeder muss sich seinem Urteil fügen.“

Der Tod blätterte durch das Buch und tippte mit dem Finger immer wieder auf verschiedene Zeilen im Buch. „Aha! Ich werde dir helfen, Junge, denn Denodir Holsen sollte in drei Wochen von mir geholt werden, aber das kann ich unter ein paar Berücksichtigungen eine Woche vorverlegen, sodass er einen Tag vor deiner Prüfung das Zeitliche segnen wird. Also, mein junger Magier, machen wir uns auf den Weg, den Drachen zu finden.“

Der erste Hinweis

Während der Tod und Turf von dannen zogen, um den Drachen zu finden, machte ein anderes Wesen eine äußerst interessante Entdeckung.

Gnorr, der Gnom, der in einer Höhle im Wald von Turlunken haust, fand, angelehnt an einen Baum, ein ausnehmend kostbares Stück – eine seltene Sense. Flugs stibitzte er das sperrige Ding, marschierte damit in seine Höhle und schaute es sich dort genauer an.

„Ei, ei, was haben wir denn da? Einen Schatz! Mein Schatz!“, jubelte er. „Das ist wohl eine Sense, aber sie sieht sehr markant aus“, murmelte er weiter. „Der Stiel weist eine bemerkenswerte Verarbeitung des dunklen Holzes auf. Feinste Arbeit! Was ist das für ein Holz? So etwas habe ich noch nie gesehen! Sieht fast so aus, als würde es schimmern. Und das Edelmetall! Sieht wie keines aus, was ich je auf Turlunken gesehen hätte. Und was prangt denn da am Ende des Stieles für eine Plakette? Eine lange Zahl steht da drauf! Was es damit wohl auf sich hat? Dies ist wahrlich mein Schatz. Hihihihi!“

Zur gleichen Zeit sahen sich Turf und der Tod vor der Stadt das geheimnisvolle Buch genauer an.

„Turf, was steht denn drin?“, fragte der Tod.

„Al..., also, der erste Hinweis besagt, dass wir uns nach Helmsweg aufmachen müssen. Dort unter der Stadt soll ein Portal liegen, und dieses müssen wir durchschreiten. Aber es steht noch Folgendes dabei: Das Wasser ist nicht unüberwindbar, und das Wissen bringt euch ans Ziel.“

„Was soll das denn bedeuten?“, fragte der Tod nachdenklich.

„Ich weiß es nicht, aber wir sollten uns einfach auf den Weg nach Helmsweg machen.“

„Dann lass uns gehen!“

Gemeinsam brachen sie auf und wanderten den Weg nach Helmsweg entlang. Nach einem halben Tagesmarsch trafen sie auf eine Musikergruppe.

„Guten Tag, meine Herren, dürfen wir ihnen etwas vorsingen?“, trat einer aus der Truppe den beiden entgegen.

Der Tod schien genervt, doch Turf war begeistert. „Ich kenne euch doch, oder? Ihr seid doch die Cheetals, oder? Alle Frauen liegen euch zu Füßen. Ich habe ein... einmal ein Konzert von euch in Eintorglauf gesehen. Ihr wart umwerfend.“

„Ja, das waren wir, aber wir haben vor einem halben Jahr unsere Zitrone verloren. Sie war unsere Muse. Sie war alles für uns! Ohne sie sind wir nichts mehr, und so ziehen wir jetzt durch das Land und spielen einfach so, in der Hoffnung, wir würden sie irgendwie in uns selbst wiederfinden.“

„Ja, richtig! Eure Zitrone war euer Markenzeichen. Ich kann mich noch genau daran erinnern. Es ist schlimm, wenn man das Wichtigste verliert.“ Turf schaute sehr betrübt drein, doch der Tod begann zu drängeln.

„Irgendwann ist überall die Zeit zu gehen und Abschied zu nehmen, also trauert nicht zu lange, denn es macht keinen Sinn. Haltet eure Zitrone in eurem Herzen, und ihr werdet wieder zu euch finden.“

Turf war sehr überrascht über das Feingefühl des Todes und wollte auch etwas Schlaues sagen, doch da legte die Band los.

„Und eins, zwei, drei … Wir leben in einer gelben Welt, gelben Welt, gelben Welt, denn gelb ist das, was uns gefällt.“ Bla, bla, blablabla … So sang die Band noch zehn Minuten weiter. Der Tod konnte sich das Geheule nicht weiter anhören, aber Turf gefiel es und wiegte sich mit der Musik hin und her.

Endlich war es dem Tod gelungen, Turf von den Zitronensängern loszureißen, und nachdem sie der Band Lebewohl gesagt hatten, marschierten sie weiter.

Bald brach die Nacht herein, und Turf und der Tod mussten einen Schlafplatz finden. Auf einer kleinen Anhöhe gleich neben der Straße bereiteten sie sich ein Lager vor. Ein kleines Feuer sollte sie wärmen, obwohl dies natürlich für den Tod nicht wichtig war, denn mit seinem Klappergestell konnte er weder erfrieren noch brauchte er wirklich Schlaf, aber Turf war hundemüde und erschöpft.

Kaum hatte sich Turf mit ein paar großen Ästen zugedeckt, als er plötzlich ein Geräusch hörte. „Wer ist da?“, schrie er laut. „Komm schon, zeig dich, wer immer du bist!“

Aber niemand antwortete. Turf versuchte weiterzuschlafen, denn er dachte, sich das alles nur eingebildet zu haben. Aber das Geräusch kehrte wieder. „Wer ist da?“, rief Turf jetzt schon ein wenig verängstigt. Und wieder bekam er keine Antwort. Der Tod, der neben ihm lag, schnarchte laut weiter, und es schien so, als könnte ihn nichts wecken.

Turf rüttelte ihn. „Tod, wach auf! Tod! Komm schon, wach auf, hier ist jemand!“

Der Tod setzte sich auf. „Was ist los, Turf?“, murrte er.

„Hier ist jemand, ich höre ständig Geräusche.“

„Turf, hier ist niemand! Wir sind irgendwo in der Wildnis, das wird wahrscheinlich nur ein herumstreunendes Tier sein, also leg dich nieder und schlaf weiter.“

Turf tat, was ihm der Tod sagte, obwohl er ein ungutes Gefühl hatte. Er legte sich wieder nieder und versuchte einzuschlafen, aber es ging nicht. Dann hörte er das Geräusch wieder. Schnell schoss er hoch und sah sich um.

Der Tod bemerkte das und war sichtlich genervt. „Turf! Nur wegen dir machen wir hier Rast! Also erhole dich, denn morgen haben wir noch einen langen Marsch vor uns.“

Da hüpfte wie aus dem Nichts ein Mann herbei. „Halt! Ihr seid sicher Verbrecher! Ergebt euch oder ich werde euch eine Lektion erteilen!“

Turf starrte ihn an. Der Mann hatte ein komisches Kostüm an und ein kleines Laken über sein Gesicht gewickelt. „Warum ist dein Gesicht verhüllt?“, fragte Turf verwundert.

„Ich bin der Lakenmann“, brummte der Fremde. „Ich kämpfe gegen das Unrecht und ihr seid Verbrecher, also ergebt euch!“

„Oder?“, fragte der Tod leicht hämisch nach.

„Oder ich bringe euch zur Strecke!“

Der Tod lächelte, soweit er das konnte ? zumindest sah es so aus ? und legte sich wieder nieder. „Weck mich, wenn dieser Verrückte wieder weg ist!“ Dann hörte man den Tod auch schon wieder schnarchen.

Turf aber war leicht verängstigt. „Wir, wir sind keine Verbrecher, wirklich nicht!“

Aber der Lakenmann war sich seiner Sache sicher. „Doch, ihr seht aus wie Verbrecher und darum seid ihr das auch!“

Turf schaute ihn ungläubig an. „Wie sehen denn Verbrecher aus?“, wollte Turf wissen.

„Na, wie ihr halt!“, schnaubte der Lakenmann zurück.

Turf wunderte sich, denn niemand hatte in ihm jemals einen Verbrecher gesehen, eher das Gegenteil, alle hatten sich immer gedacht, Turf könne niemandem jemals ein Haar krümmen. „Ich bitte dich! Schau mich mal an, ich kann keiner Fliege was zuleide tun“, versuchte Turf den komischen Mann zu beruhigen.

„Du vielleicht nicht, aber dein Freund sieht mir gefährlich aus.“

„Das ist der Tod, du Dummkopf!“, erklärte Turf entrüstet.

„Das ist der Tod? Wirklich der Tod? Ich habe von ihm gehört, doch ich dachte immer, er sei größer. Und überhaupt – wo ist seine Sense, wenn er der Tod ist?“

„Ja, das ist auch das Problem. Sie wurde ihm gestohlen, und wir sind auf der Suche danach.“

„Sie wurde gestohlen? Das ist ein Auftrag für den Lakenmann! Ich werde sie wiederfinden und euch bringen. Aus großer Macht folgt große Verantwortung, denn ich bin der Verteidiger der Unterdrückten. Ich bin das Heil gegen das Unheil. Ich bin…“, dann stotterte er plötzlich ganz aufgeregt, „Ich bin … Ich bin … na, ihr wisst schon, auf jeden Fall, ein Fall für den Laaakenmaaaaannnn …!“, schrie er, so laut er konnte. Dann schwang er sich mit einem beherzten Sprung aus dem Sichtfeld des Feuers und verschwand.

Was für ein Irrer!, dachte Turf und legte sich neben dem schlafenden Tod auch wieder schlafen.

Am nächsten Morgen machten sich die beiden weiter auf nach Helmsweg. Nach einem langen Marsch erblickten sie die hohen Mauern der Stadt. Was waren sie froh endlich da zu sein! Aber die Mauer, welche die ganze Stadt umschloss, war gigantisch hoch. Am Tor wurden sie von der Miliz aufgehalten.

„Halt, wer da?“, brüllte einer von ihnen.

„Wir wollen nur Helmsweg besuchen“, erklärte Turf.

„Wir haben aber Anweisung von unserem König, dass wir niemanden durchlassen dürfen. Also geht eurer Wege.“

„A...ber, aber wir müssen dringend in die Stadt“, meinte Turf mit Nachdruck.

„Dann braucht ihr einen Passierschein, denn sonst darf weder wer raus noch rein. Die ganze Stadt ist abgeriegelt, denn die Hasen sind los.“

„Ihr habt waaas?“, fragte Turf mit einem gewissen Unverständnis.

„Ihr wisst doch, die Hasenplage vor vielen, vielen, vielen Jahren oder Jahrzehnten ? ich weiß nicht, ich war damals noch nicht geboren ?, aber die Hasen sind wieder los. Also darf hier niemand rein oder raus!“

Der Tod tippte Turf auf die Schulter. „Wir müssen einen anderen Weg finden!“

Sie drehten sich um und wanderten an der Mauer entlang.

„Tod, wie sollen wir anders als durch das Tor in die Stadt kommen? Siehst du nicht, wie hoch die Mauern sind?“

„Weißt du, Turf, das Schicksal wird uns leiten, und wenn wir in die Stadt kommen müssen, werden wir auch in die Stadt kommen. So ist das Leben eben.“

„Du redest vom Leben, Tod? Du holst doch alle, die sterben! Du hast doch gar keine Ahnung!“

Plötzlich plumpste ein Mann vom Himmel genau vor ihre Füße.

Turf erschrak.

Doch der Mann stand einfach wieder auf. „Ui, ich bin nicht tot, wie kann das sein? Ich bin von der Mauer gefallen, welch ein Wunder. Gott beschützt mich!“

Der Tod trat einen Schritt näher an den Mann, der immer noch am Boden lag. „Ja, Gott, genau!“ Der Tod wusste, es war seine Schuld, dass dieser Mann noch lebte. Er schnaufte einmal tief durch. „Werter Herr, erzählt das niemandem!“

„Was soll ich niemanden erzählen? A…ach! Du bist der Tod, du willst mich holen. Stimmt doch, oder? Also bin ich doch tot. Oh, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“, jammerte der Mann.

„Du bist nicht tot, aber du hast recht mit dem, was du sagtest, ich bin der Tod.“

„Aber wenn du der Tod bist und ich von dieser hohen Mauer gefallen bin, warum bin ich dann nicht tot? Ich verstehe das nicht, aber egal, hier, ich gebe dir all mein Geld und meine Papiere und dann lass mich einfach in Frieden.“

Der Mann übergab dem Tod sein Geld und seine Papiere und lief davon.

„Es ist soweit“, sinnierte der Tod laut. „Die Ersten erkennen, dass sie nicht sterben können, und es werden mehr und mehr, und irgendwann wissen es alle, und diese Welt ist dann dem Untergang geweiht, denn wenn der Zyklus nicht mehr läuft, wird die Natur einen Weg finden, dieses Manko, dass niemand mehr sterben kann, wieder in die richtigen Bahnen zu leiten ? und wenn es das Ende von ganz Turlunken ist. Turlunken ist nicht darauf angelegt, und am Ende wird sich diese Welt einfach selbst zerstören. Es wäre der Untergang.“

Turf verstand die Worte. „Dann müssen wir uns beeilen, denn wie ich sehe, hattest du recht, wir kommen in die Stadt! Und wir haben jetzt einen Passierschein, der auch noch für zwei Personen gilt. Das Schicksal meint es wohl gut mit uns.“

Der Tod und Turf machten sich zum Stadttor auf.

„Halt! Ach, ihr schon wieder! Ich habe euch doch gesagt, dass ich niemanden ohne Passierschein durchlassen darf.“

„Wir haben aber einen, sogar für zwei Personen.“ Turf schmunzelte.

Der Milizsoldat sah sich das graue Papier genauer an. „Sie heißen Heinrich von Dummkopf? Ist das Ihr Name?“

„Ja, das bin ich. Sieht man mir das nicht an?“, fragte Turf selbstbewusst.

Der Soldat sah Turf und seine Begleitung in dem wallenden schwarzen Gewand aus prüfenden Augen an. „Und Sie, gnädige Frau, sind Elma von Dummkopf?“

Der Tod sah sich irritiert um. „Wo bitte, sehen Sie hier …“

Da fiel ihm Turf in Wort. „Ja, das ist meine geliebte Frau Elma.“

Der Tod kochte vor Wut. Dies war das erste Mal, dass er dies tat, denn Gefühle kannte er normalerweise nicht. Darum wunderte er sich auch sehr darüber, beherrschte sich aber.

„Zieht das Tor hoch! Die beiden dürfen durch!“, rief der Soldat.