Der Vater befahl die Heirat: Heimat-Roman Sonder-Edition - G. S. Friebel - E-Book

Der Vater befahl die Heirat: Heimat-Roman Sonder-Edition E-Book

G. S. Friebel

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Beschreibung

Der Vater befahl die Heirat Heimatroman von G. S. Friebel Der Umfang dieses Buchs entspricht 119 Taschenbuchseiten. Der Bauer Bachlechner führt seinen Hof mit harter Hand. Sein Wort ist Gesetz. Was jedoch keiner weiß, dass er sich verspekuliert hat und kurz vor dem Ruin steht. Da kommt es dem Bauer gerade recht, dass sich der Berthold Bernau in seine hübsche junge Tochter Julia verguckt hat und sie gern heiraten möchte. Wenn es zu diesem Bund kommt, verspricht ihm der Bernauer, sämtliche Schuldscheine vom Bachlechner zu zerreißen. Doch damit nicht genug. Als Luci Extern für ein paar Monate als Gast auf dem Hof weilt, befiehlt der strenge Vater seinem Sohn Philipp, sich ihr zu nähern, um sie zu ehelichen, denn auch sie würde viel Geld mitbringen. Beide Kinder sind entsetzt über die Forderung des Vaters und ...

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G. S. Friebel

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Inhaltsverzeichnis

Der Vater befahl die Heirat

Copyright

1

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4

5

6

7

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9

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Der Vater befahl die Heirat

Heimatroman von G. S. Friebel

Der Umfang dieses Buchs entspricht 119 Taschenbuchseiten.

Der Bauer Bachlechner führt seinen Hof mit harter Hand. Sein Wort ist Gesetz. Was jedoch keiner weiß, dass er sich verspekuliert hat und kurz vor dem Ruin steht.

Da kommt es dem Bauer gerade recht, dass sich der Berthold Bernau in seine hübsche junge Tochter Julia verguckt hat und sie gern heiraten möchte. Wenn es zu diesem Bund kommt, verspricht ihm der Bernauer, sämtliche Schuldscheine vom Bachlechner zu zerreißen. Doch damit nicht genug. Als Luci Extern für ein paar Monate als Gast auf dem Hof weilt, befiehlt der strenge Vater seinem Sohn Philipp, sich ihr zu nähern, um sie zu ehelichen, denn auch sie würde viel Geld mitbringen. Beide Kinder sind entsetzt über die Forderung des Vaters und ...

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author /COVER Alfred Hofer 123rf

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

1

Es war Frühling, und der Garten stand in voller Blüte. Die Knospen brachen auf und entfalteten ihre Schönheit. Man konnte trunken werden von dem Sonnenlicht und den süßen Düften hier droben in den Bergen.

Julia Bachlechner, die älteste Hoftochter, stand just in diesem Augenblick am Fenster und sah in den Garten hinunter. Sie trug das blonde Haar zu einem Knoten zusammengebunden, aber trotzdem kringelten sich noch kleine vorwitzige Löckchen im Nacken. Das zarte Gesicht mit den großen blauen Augen, die zierliche Figur, wirklich, wenn man sie so sah, konnte man es gar nicht glauben, dass sie ein echtes Kind der Berge war, dass sie zum Umpusten war und nicht zum Zupacken, wie es sich nun mal auf so einem großen Hof gehört.

Julia beugte sich vor und besah die herrlichen Kletterrosen, die die Mutter vor vielen Jahren an dieser Südwand gepflanzt hatte. Ihr Duft wirkte fast betörend. Man erzählte sich drunten im Dorf, dass die Großmutter das beste Rosenwasser zustande gebracht, leider aber ihr Geheimnis mit ins Grab genommen habe. Unwillkürlich musste sie jetzt daran denken, und auch daran, dass sie dann immer an das Rosenresli hatte denken müssen. Natürlich hatte sie die Bücher verschlungen und war recht traurig dabei gewesen.

Aber jetzt war man nicht mehr so jung, dass man über Kinderbücher viele Tränen vergießen konnte. Nein, mit siebzehn, da war man fast erwachsen. In einem Jahr sogar volljährig! Sie hatte vor ein paar Tagen die Haushaltungsschule verlassen, und nun konnte ihrer Meinung nach das Leben endlich beginnen. Da in der Schule, da war es ziemlich streng zugegangen und Ausgang und dergleichen, ach nein, sie war wirklich froh, dass sie jetzt endlich wieder daheim war.

Unwillkürlich fühlte sie das wie wild schlagende Herz, und sie lächelte leicht ihrem Spiegelbild in der Fensterscheibe zu. So jung war man und schön auch, ei ja, das wusste man schon, obwohl man deswegen ganz gewiss nicht stolz war.

Wo war der Mann, der sie mit einem Kuss erwecken würde?

Julia setzte sich auf die Fensterbank und sah auf die Berge hinaus. Golden lagen sie im Sonnenschein, groß und furchterregend zugleich. Ach, sie freute sich schon auf die vielen Wanderungen. Alles, ja alles, musste sie wiedersehen. Und im Winter, da würd man jetzt Zeit haben und Skilaufen, ei ja - und nicht über den Büchern hocken, nein, das brauchte sie nicht mehr. Sie hatte ein gutes Abschlusszeugnis heimgebracht. Darauf war man ganz besonders stolz. Der Vater prahlte gern damit, wie modern er doch eingestellt sei.

»Meine Töchter, die sollen fix was von ihrem Handwerk verstehen, jawohl - und nicht nur bei der Mutter in die Lehre gehen, nein, wer die mal kriegt, der kann wirklich von Herzen dankbar sein.«

Vor gut einer Stunde war der Nachbar zu ihnen gekommen. Mit dem Wagen. Aber sie konnte sich schon gar nicht mehr so recht an alles erinnern. Der Nachbar, war er nicht an die vierzig Jahre alt und war er nicht Witwer? Hatte die Mutter am Tisch nicht davon gesprochen? Aber was kümmerte sie der Nachbar, sie wollte endlich das Leben genießen. Der Vater hatte viele Verbindungen, seinen Rat holte man sich gern ein.

Aber sie musste sich auch eingestehen, dass sie sich vor ihrem strengen Vater fürchtete. Das hatte sie schon als ganz kleines Dingelchen gelernt: Wenn man unbedingt folgte, dann war man gut angeschrieben, aber ansonsten, dann war sein Zorn fürchterlich. Er wünschte stets und immer absoluten Gehorsam. Selbst die Mutter hatte Angst vor ihm.

Er war groß und stattlich, und durch seinen dunklen Vollbart wirkte er noch herrischer und strenger. Er hatte auch ziemlich lange das Amt des Bürgermeisters inne gehabt, aber dann war es ihm zu langweilig geworden und er wollte wohl in den Landtag. Aber irgendwie schien man dort keine Angst vor dem Vater zu haben. Man hatte ihn einfach nicht gewählt.

Sie war in Furcht und Strenge erzogen worden.

Bis jetzt hatte Julia den Vater nur bei den Mahlzeiten zu Gesicht bekommen, und sie war froh darüber. Am Tisch wurde nicht viel gesprochen. Das wollte er nicht, so hatte sie auch nicht ihre Meinung über das künftige Leben mit den Eltern bereden können.

Da war es in der Schule viel lustiger zugegangen. Man hatte sich geneckt und Schabernack getrieben. Nun ja, man konnte halt nicht alles auf einmal haben.

Julia hatte geglaubt, die Furcht überwunden zu haben, aber jetzt, wo sie wieder unter einem Dache mit ihm lebte, die laute polternde Stimme hörte, da überkam sie ein Frösteln. Selbst ihre kleine Schwester - sie war inzwischen fünfzehn geworden, der Liebling des Vaters - gehorchte genauso wie der große Bruder mit seinen siebenundzwanzig. Doch Julia hatte gleich zu Anfang bemerkt, dass der Bruder jetzt ständig mit einem düsteren Gesicht herumlief. Es wirkte kalt und abweisend. Er wusste, er würde dies einmal alles erben, aber bis dahin würde noch sehr viel Zeit vergehen. Dazu waren die Eltern noch viel zu rüstig, und so lang der Vater nicht überschrieben hatte, würde er auch das Sagen haben. Der Sohn musste wie ein Knecht gehorchen. Also musste er ausharren, schweigen und sich demütigen lassen. Er hätte so gern die höhere Schule besucht. Den Kopf dazu hatte er ganz gewiss. Aber der Vater hatte es nicht erlaubt.

»Du bekommst den Hof, was willst denn mehr?«

Julia schob ein wenig die Unterlippe vor und starrte grübelnd in den sonnigen Garten. War sie einmal verheiratet, dann wollte sie mit ihrem Mann glücklich sein und keine Angst vor ihm haben. Ganz licht und hell musste ihr Heim sein. Sie hatte so viele Bücher gelesen und kannte ihre Helden. Sie mussten schön, jung und blondlockig und stark sein. Ein richtiger Bergbursche wie er im Buche steht.

In wenigen Tagen würde das Talfest sein. Darauf freute sie sich schon ganz besonders, denn dann würde sie wieder alle treffen, die früheren Schulfreundinnen, einfach alle, und sie würde tanzen und glücklich sein. Vielleicht verliebte man sich auch gleich?

Julia zog eine Locke aus ihrem Haar und wickelte sie gedankenverloren um ihren Finger. Dann wurde sie unruhig. Sie musste raus aus dem Zimmer, aus dem Haus. Ja, in den Garten wollte sie gehen. Alles wollte sie sehen, den Abhang woran sich die Weiden schlossen, die Koppel auf der die Pferde zu grasen pflegten.

Plötzlich hatte sie es sehr eilig. Sie huschte den langen Gang entlang. Das Dirndl schlug ihr dabei um die Beine, aber das kümmerte sie kein bisschen. Im Haus war es totenstill. Vielleicht wollte die Mutter, dass sie ihr half? Gesagt hatte sie nichts. Außerdem war dies eine Stunde nach dem Mittag, da ruhte man sich in der Regel aus. Erst wenn die Hitze ein wenig nachgelassen hatte, ging man wieder auf die Wiesen und wendete das Heu, damit es trocken wurde.

Sie traf Christine mit Meta. Sie saßen unten an den Brombeerhecken und pflückten emsig. Meta war schon siebzig Jahre alt und eine arme Verwandte der Mutter. Früher, da blieben die Töchter, wenn sie nicht heirateten, auf dem Hof und mussten wie eine Magd dienen und konnten noch froh sein, wenn man ihnen ein freundliches Wort gönnte. Heute war vieles anders, vor allen Dingen gingen die jungen Mädchen fort, verdienten sich ihr Geld selbst und klebten auch, so dass man dann im Alter eine Rente besaß.

Meta war eine Cousine der Mutter. Als der Hof versteigert werden musste, auf dem sie die Jahre verbracht hatte, da war Meta zu ihnen gekommen. Zuerst hatte der Vater gebrummt, aber dann sah er, dass sie in der Tat sich ihr Brot selbst verdienen konnte. Unermüdlich war sie von früh bis spät auf den Beinen. Julia hätte zu gern gewusst, ob man ihr wohl einen Lohn zahlte. Auch jetzt, mit ihren siebzig, eigentlich hätte sie doch auch Mittagsruh halten können. Ihr krummer Buckel - den hatte sie von der harten Arbeit bekommen - sehnte sich bestimmt danach.

Christine sah die Schwester und lief ihr entgegen.

»Komm, willst du uns nicht helfen? Wir machen nachher Marmelade daraus.«

»Mm, da hab ich ein ganz köstliches Rezept«, meinte sie lachend.

»Erzähl mir ein wenig von der Schule!«, bat die jüngste Schwester sie plötzlich.

»Warum?«

»Weißt denn nicht, dass ich auch fort soll? Der Vater hat mir gesagt, wenn du daheim bist, dann komm ich zum Herbst auch dorthin.«

»Nun, so amüsant ist es dort wirklich nicht. Außerdem, man wird tüchtig herangenommen.«

»Aber bestimmt ist es dort nicht so langweilig wie hier auf dem Hof«, sagte sie ein wenig mürrisch.

»Wie? Hast doch deine Freundinnen von der Schule her!«

»Du, die sind doch entweder alle in Stellung oder müssen daheim helfen, in den Gasthäusern und Pensionen. Kennst es doch! Die werden ausgebeutet und haben keine Zeit mehr für mich. Und außerdem wünscht es der Vater nicht.«

»Was wünscht er nicht?«

»Nun, dass ich viel im Dorf bin. Er meint, ich könnt verführt werden, von den Fremden.«

Julia musste unwillkürlich auflachen.

»Na, so schlimm wird es doch wohl nicht sein!«

»Hast du eine Ahnung! Frag mal die Meta! Die weiß es auch. Außerdem predigt er mir immer ein, dass ich eine Bachlechner sei. Als wenn wir direkt vom lieben Gott abstammen.«

»Christine, bist wahnsinnig, das ist Lästerung!«

»Und? Sei du erst mal ein paar Wochen hier, dann wirst ebenso denken!«

In diesem Augenblick hörte Julia ein Geräusch und drehte sich um.

»Der Bernauer fährt wieder ab«, sagte Meta.

Nein, dachte Julia, Bange machen gilt nicht! Ich bin ja erwachsen, ich will leben und nur glücklich sein.

Hell und wolkenlos war der Himmel, Bienen summten im Garten, Vögel zwitscherten. Man musste nur versuchen, alles zu sehen, zu begreifen.

Da stand sie nun neben der Schwester und pflückte eifrig die Beeren und träumte vor sich hin.

Christine merkte gleich, jetzt kann ich nicht mit ihr reden. Hoffentlich wird sie nicht so komisch wie der Bruder, dann ist das ja wirklich schlimm.

Meta hatte sich die ganze Zeit nicht in das Gespräch eingemischt. Ja, sie schaffte es ausgezeichnet, sich unsichtbar zu machen, obschon sie vorhanden war. Wenn man nur von den Brosamen der anderen abhängig war, da hatte man gelernt, keine eigenen Gedanken zu haben. Vor allen Dingen war es wichtig, sich mit dem Bauern gutzustellen.

2

Der Bauer stand am Fenster, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Er hatte in die Stadt fahren wollen, deswegen trug er auch seinen prächtigen Sonntagsjanker, aber dann war der Bernauer gekommen. Tja, und jetzt sah man, dass sein Gesicht nicht mehr so düster wirkte. Die schweren Sorgen waren für einen kurzen Augenblick in den Hintergrund geraten. Ihn beschäftigte etwas anderes, eben das, was der Graf ihm vorgeschlagen hatte.

Die Tür öffnete sich und Cilly Bachlechner, die Bäuerin, trat ein. Sie trug ein einfaches Arbeitsdirndl, aber auch jetzt konnte man sehen, woher die Kinder ihre Schönheit hatten. Aber sie war eine stille Frau und ließ den Mann walten.

Nun ging sie auf ihn zu. Dieser wandte sich um und blickte sie unter seinen schweren Augenbrauen an. Seine Augen streiften kurz das leere, von Entsagung geprägte Gesicht.

Seltsam, dachte er, diese Frau hab ich mal wirklich geliebt! Hab nicht meinen Verstand gebraucht, nein, ich hab gedacht, ich verbrenn, wenn ich sie nicht krieg. Und jetzt? Wie lang sind wir schon beisammen? Wie lang? Sie ist mir gleichgültig geworden, schon so lang.

Wie konnte der stolze, reiche Bauer auch wissen, dass Cilly ihn nie geliebt hatte. Ihr Vater hatte ihr befohlen, den reichen Hoferben zu nehmen. Damals ist das so üblich gewesen, und auch jetzt noch suchten oft die Eltern die richtigen Eheverbindungen aus. Von Liebe und Gefühl, auch heute noch wurde in den Bergen nicht viel darüber gesprochen. Ach, Unsinn, so etwas überließ man den Städtern oder den Urlaubern! Aber Geld und Wiesen, Äcker, ein prachtvoller Hof, zählte in den Augen der Dörfler, nicht wenn man sagte, er liebt sie leidenschaftlich.

Früher, da hatte sie oft heimlich darüber geweint. Sich verzweifelt gefragt, glauben die Mannsbilder denn wirklich, alle Frauen besäßen kein Herz? Nur Männer? Aber das war schon so lange her, sie hatte es fast vergessen. Das heiße Begehren war längst in ihrem Herzen erloschen. Sie tat ihre Pflicht, hatte die Kinder großgezogen und stand dem Hauswesen vor.

»Du willst in die Stadt?«

»Nach dem Essen, ich hatte noch zu tun. Ja, wo bleiben denn die Kinder, dass wir endlich anfangen können?«

»Da kommen sie ja schon«, sagte sie schnell. Ihre hellen Augen richteten sich auf das Gesicht ihres Sohnes. Er konnte sie noch erfreuen, er war ihr ganzer Stolz.

Philipp war groß, schlank und sehr schön, wenn er nur nicht so ein ernstes Gesicht machen würde. Er hatte einen elastischen Gang. Das kam wohl daher, dass er ein so guter Kletterer war.

Julia und Christine saßen neben Meta. Sie schenkte den Kaffee ein. Sie saßen nicht, wie es üblich auf den Höfen war, in der Küche, wenn man Mahlzeiten einnahm. Sie hatten dafür ein eigenes Zimmer. Daran konnte man schon sehen, wie groß und üppig dieser Hof war.

Julia hatte ganz in Gedanken ihr Brot zerkrümelt. Dann spürte sie den Blick des Vaters auf sich gerichtet und fühlte so etwas wie einen kalten Schauer über ihren Rücken laufen. Schnell senkte sie die Lider und aß hastig weiter..

»Hast du den Holzschlag beaufsichtigt?«

Philipp sah seinen Vater an. Widerwillen stieg in ihm hoch. Warum behandelte er ihn immer noch wie ein Kind?

»Ich will heut Nachmittag in die Stadt. Willst mit?«

»Nein - danke, Vater, ich möchte nachher zu den Oberwiesen reiten. Die Heuernte wird dort wohl so weit gediehen sein, dass man mit dem Einfahren beginnen kann. Und ich hab das Gefühl, es könnt bald ein Unwetter aufsteigen. Morgen müssen wir es ganz gewiss einfahren.«

»So, na ja, meinetwegen, dann werden wir es eben tun.«

Wieder kehrte sein Blick zu seiner ältesten Tochter zurück. Er sah ihr makelloses Gesicht, die feinen Züge und das blonde, lockige Haar. Zum ersten Male bemerkte er, dass sie nicht mehr ein Kind war.

»Julia!«

Erschreckt hob sie den Kopf. Sie hatte schon wieder zu träumen angefangen.

»Ja, Vater?«

»Ich muss nachher mit dir sprechen. Nach dem Essen, ich möchte es erledigen, verstehst!«

Sie verstand gar nicht, warum der Vater sie sprechen wollte. Was sollte das bedeuten? Seltsam, sie fühlte auf einmal ein würgendes Gefühl in der Kehle, aber sie schluckte es tapfer hinunter.

Hatte sie sich vorhin nicht geschworen, ich will mich nicht mehr Bange machen lassen. Ich bin erwachsen! Mir kann keiner mehr was.

Die Mutter sah sie von der Seite an. Und sie fragte sich selbst, was mochte der Mann mit ihr bereden. Ihr selbst hatte er noch nicht von den Zukunftsplänen der Tochter gesprochen. Oft versuchte sie, die Kinder vor dem überstrengen Vater zu schützen. Sie nahm sich vor, nachher mit Julia zu sprechen, um so zu erfahren, was der Mann von ihr wollte.

Philipp hatte ein wenig unwillig den Kopf gehoben und Julia angesehen. Danach sah er gleichgültig aus dem Fenster. Sie war so lange fort gewesen, dass die Geschwisterliebe sich erst einmal wieder entwickeln musste.

Kurze Zeit später war der Kaffeetrunk beendet. Jeder ging an seine Arbeit zurück. Christine blieb noch für einen Augenblick zurück.

»Vielleicht darfst irgendwo eine Stellung annehmen. Mit den Zeugnissen? Fesch wäre das, dann könnt ich dich mal besuchen kommen.«

Julia redete sich das selbst. Sie hatte ja, als sie heimgekommen war, dem Vater erzählt, dass die Leiterin ihr vorgeschlagen habe, eine Stellung entweder in einem Hotel oder einem Heim anzunehmen. Sie sei wirklich in der Lage, eine Küche zu führen, obschon sie noch sehr jung sei.

3

Sekunden später stand Julia vor der geschnitzten Eichentür. Sie war dunkel und sehr alt. Unwillkürlich dachte sie daran, wie viele Generationen diese Tür schon geöffnet hatten, mal in Freud und mal in Leid.

Als sie den Raum betrat, flutete ihr das helle Sonnenlicht entgegen. Die Schränke waren von den Urgroßeltern und hatten zum Teil Silberbeschläge. Der Vater war mächtig stolz auf den alten Hof.

»Da bist du ja«, sagte der Vater.

Julia fühlte ihr Herz wild in der Brust schlagen. Warum habe ich nur wieder solche Angst vor ihm, dachte sie, warum? Er kann mir doch nichts mehr, ich bin doch kein Kind mehr. Früher, da war sie oft von dem Vater geprügelt worden, wenn sie etwas angestellt hatte.

»Setz dich doch! Starr mich nicht so an! Ich will dir nicht den Kopf abreißen, ganz im Gegenteil, du wirst dich freuen.«

Sie schluckte. Er ließ sich in einem Sessel nahe beim Ofen nieder und sah sie noch einmal gründlich an.

»Wie ich sehe, hat dich die Schule nicht verdorben.«

»Vater«, flüsterte sie erschrocken.