DER VERFASSER DER KEHRSEITE & VOM LEBEN DER LIEBE - Mäander Visby - E-Book

DER VERFASSER DER KEHRSEITE & VOM LEBEN DER LIEBE E-Book

Mäander Visby

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Beschreibung

DER VERFASSER DER KEHRSEITE & DAS LEBEN DER LIEBE sind zwei Theaterstücke, die sich jeweils einem Dichter als Hauptfigur widmen. In DER VERFASSER DER KEHRSEITE setzt sich der Dichter Kurt Linvoj mit einem Bankdirektor und einem Streichholzimperium auseinander. Wohingegen in DAS LEBEN DER LIEBE der Dichter Gustav von Arnhem dem schamlosen Fräulein Patrizia Bromelie die wahre Liebe zu vermitteln versucht.

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Mäander Visby

DER VERFASSER DER KEHRSEITE & VOM LEBEN DER LIEBE

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

DER VERFASSER DER KEHRSEITE

I. SZENE

II. SZENE

III. SZENE

IV. SZENE

V. SZENE

VI. SZENE

VII. SZENE

VIII. SZENE

IX. SZENE

X. SZENE

XI. SZENE

XII. SZENE

XIII. SZENE

XIV. SZENE

XV. SZENE

XVI. SZENE

VOM LEBEN DER LIEBE

I. AKT

II. AKT

III. AKT

IV. AKT

V. AKT

Impressum neobooks

DER VERFASSER DER KEHRSEITE

EINE TRAGIKOMÖDIE

VON MÄANDER VISBY

PERSONEN

Kurt Linvoj

– Ein regionaler Dichter

Leonard Burmeister

– Inhaber einer Schlosserei

Imelda Liebergesell

– Des Schlossers Gehilfin

Elard Cohn

– Inhaber einer Bank

Lora Pejorat

– Assistentin von Cohn

Estelle Kokelmann

– Tochter des Streichholzherstellers

Margo Kokelmann

– Tochter des Streichholzherstellers, Zwillingsschwester von Estelle

I. SZENE

In der Schlosserei von Leonard Burmeister.

LEONARD BURMEISTER

Ach, war noch einst mein Werk geschickt,

Ist's heute mehr und mehr verzwickt –

Wie alles Zeit und Raum verschiebt

Zu dem, wie es dem Fleisch beliebt:

Zu höher, weiter, schöner und

Das ohne einen guten Grund,

Denn wie ich's lernte gestern noch,

Füllt morgen nicht zu halb ein Loch.

Und was lang währte, lief geschmiert,

Wird häufig nur noch schön verziert,

Dabei wird nicht der Sinn betont

Und nicht gefördert, was sich lohnt.

Drum sage ich, bei dem was schließt:

Ob's sonnig ist, in Strömen gießt,

Ob schwer zu Fuß, ob hoch zu Ross –

Ein Schloss bleibt allzeit bloß ein Schloss!

Er geht seiner Arbeit nach.

Jedoch: Es läuft sehr gut für mich,

Gar mit Gewinnen unterm Strich.

Und dieses ist mein bestes Jahr –

Es stellt sich mir als Glücksfall dar,

Dass heutzutage, ach, so oft

Ein jeder auf die Liebe hofft –

Und schon bevor es kommt zum Kuss,

Gefühle hortet mit Verschluss –

Und notfalls mit Gewalt agiert,

Damit sich nicht verfrüht verliert

Die Hoffnung, wie auch deren Spross,

Durchs sogenannte Liebesschloss.

Doch was kann ich, bei Gott, dafür,

Dass Briefbehälter, Tor und Tür,

Sowie der schmal robuste Spind,

Beinahe unverwüstlich sind?

Er geht seiner Arbeit nach.

Der nächste Auftrag – und erneut

Wird wieder solch ein Schloss gewollt,

Dass so, wie's soll, mir recht gelingt,

Doch Brücken fast zum Einsturz bringt,

Dass meine Arbeit von jeher

Gezogen wird aus dem Verkehr,

Bevor die Liebe, die's vertritt,

Noch wagen wird den großen Schritt.

Hinan zu dem, was schlicht besagt

Und weder nach dem Ursprung fragt

Noch ab und an von dannen zieht,

Verflüchtigt oder rasch entflieht,

Wie nichts dergleichen haltbar ist,

Wenn sich ein Pärchen falsch bemisst

Und voller Drang auf Liebe schwört,

Den Einklang aber überhört.

Er geht seiner Arbeit nach.

Und wieder für den einen Mann,

Der scheinbar jede haben kann,

Begehrt, geliebt wird ohne Maß –

Genauso schnell wie wächst das Gras.

Und derart auch, gefühlt, rasant

Entgleitet ihm aus seiner Hand,

Die ihm zuvor verfallen war –

Von Kopf bis Fuß, mit Haut und Haar.

Und so vertreibt er sich die Zeit,

Zu allem, doch zu nichts bereit,

Dass, weit verbreitet in der Stadt,

Manch Brücke schon ein Schlösschen hat,

Das seinen Namen wehrlos trägt

Und derer, die mit ihm geprägt,

Auf ewig stehen fest im Bund,

Von vormals bis zur letzten Stund'.

Er geht seiner Arbeit nach.

Auftritt Imelda Liebergesell.

Ach, gut, dass du...

IMELDA LIEBERGESELL

Ich bin zu spät!

LEONARD BURMEISTER

..., weil alles sich um Dinge dreht,

Die nichts zu suchen haben laut

Den Regeln, die dir sind vertraut.

IMELDA LIEBERGESELL

Ich weiß, mein Herr...

LEONARD BURMEISTER

...doch weißt du nicht,

Dass Sorgfalt sei des Schlossers Pflicht.

Und pünktlich ist ein Attribut

Von Geist und Herz und Mark und Blut,

Dass schlicht vonnöten, unbedingt,

Das Fräulein zu der Einsicht bringt,

Dass weder hungrig oder satt

Beim Schlosser was zu suchen hat.

IMELDA LIEBERGESELL

Ich aber, Herr...

LEONARD BURMEISTER

Das Aber streich'!

Du bist genug schon folgenreich,

Dass ich, ein folgenschwerer Mann,

Dir unlängst nicht mehr folgen kann.

Und eines folgt für mich daraus...

IMELDA LIEBERGESELL

Ich komm' doch gar nicht von Zuhaus!

Ich komme von...

LEONARD BURMEISTER

Was geht's mich an?

Ich denke, folglich, einen Mann!

Für mich, jedoch, ist's Teufelszeug –

Für mich zählt einzig der Erfolg!

IMELDA LIEBERGESELL

Ich gebe Euch, beileibe, Recht,

Doch redet Ihr so manches schlecht,

Bevor ich's noch erklären kann...

Ich war im Hause Kokelmann!

LEONARD BURMEISTER

Bei Kokelmann, dem Zündtyrann?!

Zieht der auch dich denn in den Bann?

Der hält sich für besonders schlau

Und stellt sich gerne groß zur Schau

Und ist umringt mit falschem Stolz,

Auf sein verdammtes Schwefelholz.

IMELDA LIEBERGESELL

Mein werter Herr, wer irrt nicht sich,

Wie nie ein Irrtum fälschlich glich

Und jemals falsch gedeutet wurd' –

Auf Eure Weise hier absurd?

Vor meiner Heirat, irgendwann,

Wird niemals sein mein Ziel ein Mann –

Ob zu Besuch, als frommer Gast,

Ob Bretterbude, ob Palast –

Noch lad' ich selbst mir Herren ein,

Zum Anschein nicht und nicht zum Schein!

LEONARD BURMEISTER

Und doch warst du bei Kokelmann...

IMELDA LIEBERGESELL

Und doch geht Ihr sehr schlicht daran...

Ich war in seinem Hause, ja.

Der Herr war aber gar nicht da,

Noch wurde ich durch ihn bestellt,

Noch hätt' ich mich zu ihm gesellt.

Der Ruf kam laut, geschwind und grell –

Von Tochter Kokelmann Estelle.

LEONARD BURMEISTER

Was wollt' denn die, das schnöde Gör'?!

Lag sie dir plappernd im Gehör?

Sie hielt dich von der Arbeit ab

Und hält die Pferde nun auf Trab,

Dabei ist dieses Pferd so lahm,

Ganz ohne Reiz und ohne Charme.

IMELDA LIEBERGESELL

Ich sage Euch, da ist was dran –

Sie ist halt eine Kokelmann –,

Doch ist sie auch ein rotes Tuch,

Sie schickte nach mir das Gesuch –

Mein werter Herr, direkt an mich –

Nach einem Liebesschloss für sich,

Das ich, nach diesem Protokoll,

Ihr tunlichst aufbereiten soll.

LEONARD BURMEISTER

Seit wann, mein Fräulein, schweige still,

Kann jeder das tun, was er will?

Ein Auftrag folgt dem simplen Weg

Und geht querbeet nicht oder schräg!

Wer etwas will, der kommt zu mir

Und steht nicht irgend sonst Spalier

Und rüttelt nicht an Rang und Stand

Und reicht nur mir, dem Kopf, die Hand!

IMELDA LIEBERGESELL

Wie dem auch sei, der Fakt ist nun:

Die Schlosserei hat gut zu tun.

Und jedem Dienst, der wurd' bestellt,

Gilt unser Dank, für unser Geld.

LEONARD BURMEISTER

Das mag wohl sein – ich geb' dir Recht!

Nicht alles, was du tust ist schlecht!

Doch sag' mir nun, dann geht's voran:

Wie will die Göre Kokelmann

Ihr Liebesschloss genau?

IMELDA LIEBERGESELL

Estelle?

Sie will es schön, sie will es schnell!

LEONARD BURMEISTER

Das sieht ihr ähnlich und der Zeit,

In der die Jugend nicht bereit

Zu harren ist, auf Lieb' und Lust –

Es hätt' schon gestern sein gemusst.

Und morgen ist zu spät gedacht

Und lohnt nicht für das, was man macht,

Drum heute ist, was gilt und zählt,

Nur heute wird gewählt, was fehlt,

Und heute nur wird stark geheizt,

Denn heute ist, was wirklich reizt.

So ist es eben...

IMELDA LIEBERGESELL

Nicht so ganz!

LEONARD BURMEISTER

Es scheint sehr einsam um den Tanz,

Der einst zu zweit wurd' sanft gedreht

Und für so oft allein heut' steht.

Doch sag' mir nun, dann gleich daran:

Wie will die Göre Kokelmann

Ihr Liebesschloss vom Element?

IMELDA LIEBERGESELL

Ach, Gold ist alles, was sie kennt!

LEONARD BURMEISTER

Ein goldnes Schloss? Wie dekadent!

IMELDA LIEBERGESELL

Es reicht, wenn Ihr es edel nennt,

Da Gold an dem Totalen grenzt.

LEONARD BURMEISTER

Es ist nicht alles Gold, was glänzt!

Doch teuer ist's!

IMELDA LIEBERGESELL

Das meint' ich auch,

Ihr aber schmerzte nicht der Bauch.

Sie hat die Summe vorgestreckt,

Bevor man aneinander eckt.

LEONARD BURMEISTER

Das war geschickt von dir, mein Kind,

Doch sag' mir nun, dann ab geschwind,

Mit wem die Göre Kokelmann

Mit ihrem Schloss da bandelt an!

IMELDA LIEBERGESELL

Was glaubt Ihr denn?

LEONARD BURMEISTER

Ich glaube nicht,

Wenn Gott auch selbst ins Ohr mir spricht,

Doch wenn du schon das Feuer schürst

Und etwas du im Schilde führst,

Dann ist es wohl des Teufels Sohn:

Der Bankbesitzer Elard Cohn!

IMELDA LIEBERGESELL

Respekt, mein Herr!

LEONARD BURMEISTER

Das war nicht schwer...

Viel mehr gibt dieses Quiz nicht her!

Nur eine Sache ist mir neu:

Ein Weib verliert, weiß Gott, die Scheu

Und tut, was bloß der Teufel wagt:

Nach einem Schloss für Liebe fragt.

IMELDA LIEBERGESELL

Und dennoch sind wir in der Pflicht,

Ob für es oder widerspricht,

Dass jeder Kunde, der erstrahlt,

Erhält, wofür er hat bezahlt.

LEONARD BURMEISTER

Von Weisheit halt' ich nicht sehr viel –

Die Arbeit ist mein höchstes Ziel!

Sonach: Ans Werk und frisch nun zu –

Das Rohe ich, die Zierde du!

Sie gehen ihrer Arbeit nach.

II. SZENE

In der Bank von Elard Cohn, in dessen Büro Lora Pejorat das Geld zählt.

LORA PEJORAT

In einer Bank, da sitzt das Geld!

Und dieser, der von Geld viel hält,

Der gibt es zwanglos an die Bank –

Mit besten Wünschen, bestem Dank –

Und kriegt beizeiten es, mit Glück,

Wenn er es möchte, auch zurück.

Sie zählt das Geld.

In einer Bank, da hockt das Moos!

Und schon die kleinste Summe bloß,

Ist eine Großtat für die Bank –

Und stinkt nicht Geld, dann hat's Gestank –,

Denn jedes Tun hat seinen Preis,

Ob eifrig oder ohne Fleiß.

Sie zählt das Geld.

In einer Bank, da thront der Schatz!

Und jedem Wert gewähr' ich Platz,

Denn ohne Wert ist keine Bank –

Den Feinsten nur den feinsten Trank –,

Sich steigern aber, unentwegt,

Muss jeder, der zu zahlen pflegt!

Sie zählt das Geld.

In einer Bank, da ruht der Kies!

Und jenem, den das Glück verließ,

Dem rat' ich eine andre Bank,

Denn Armut macht die meine krank –

Und leicht erkrankt ist von der Welt

Und keine Norm für gutes Geld.

Sie zählt das Geld.

Auftritt Elard Cohn.

Ach gut, dass Ihr...

ELARD COHN

Ich bin zu spät!

LORA PEJORAT

...weil Ihr auf höchstem Posten steht

Und tun und lassen könnt, ja, laut

Den Regeln, die Euch sind vertraut.

ELARD COHN

Ich weiß, sehr wohl...

LORA PEJORAT

Doch wisst Ihr auch,

Im Grunde: Geld ist Schall und Rauch!

Wenn es nicht wäre unsre Pflicht,

Zu tun, was Schall und Rauch durchbricht.

ELARD COHN

Ansonsten, ach: Oft dreht der Wind,

Dass Schall und Rauch vergeblich sind,

Doch ihre Wirkung, mit Verlaub,

Ist edler noch als Mund und Staub.

LORA PEJORAT

Gewiss, mein Herr, da habt Ihr Recht:

Nicht alles ist, doch manches schlecht...

ELARD COHN

Genug davon! Was liegt heut' an?

LORA PEJORAT

Termin mit Firma Kokelmann!

ELARD COHN

Was will denn der? Und das erneut?!

Ein Blick auf seine Barren Gold?

Bald jede Woche kommt der Greis –

Obwohl er um den Reichtum weiß –

Und schaut nach seinem Kapital

Auf, unterm Strich, die schwarze Zahl.

LORA PEJORAT

Es ist schon so, wie Ihr es sagt.

Bevor Ihr Euch jedoch beklagt:

Das Fräulein dessen, frei von Zunft,

Bat heute um Zusammenkunft.

ELARD COHN

Und Ihr gewährt's?

LORA PEJORAT

Selbstredend!

ELARD COHN

Ja?!

Euch ist das Ausmaß wohl nicht klar?

LORA PEJORAT

Womöglich nicht.

ELARD COHN

Womöglich nur?

Wer lenkt hier wen denn aus der Spur?!

LORA PEJORAT

Ich tat, worum das Fräulein bat.

Ich wusste nicht, sie meint's privat.

ELARD COHN

Wann kommt sie denn? Vor allem wer?

Zu nuancieren wird sehr schwer

Bei Schwestern, die so völlig gleich

Vom Alter sind und Wirkbereich.

LORA PEJORAT

Gemeldet ist...

ELARD COHN

Oh, steh' mir bei!

Vom selben Schlag auf einmal zwei...

Nur eine, ja, bloß weil ich kann,

Doch niemals eine Kokelmann!

Der alte Herr, der bringt mich um...

LORA PEJORAT

Und nimmt's der Bank womöglich krumm...

ELARD COHN

Womöglich?! Ja! Das liebe Geld

Wird eingezogen und verfällt –

Für alle Zeit und unsren Zweck!

LORA PEJORAT

Und wenn das Geld ich keck versteck'?

ELARD COHN

Es nützt nichts, nein, es darf nicht sein –

Es zählt die Macht ums Geld allein!

Die Liebe steht nur außen vor –

Ins eine, aus dem andren Ohr!

Wer ist es nun?! Ich hoff' Estelle...,

Die kommt zwar, aber geht auch schnell.

LORA PEJORAT

Auf Eile kommt es heut' nicht an,

Erscheint doch Margo Kokelmann.

ELARD COHN

Die hat fast alles, außer Hast,

Und tut nach Sätzen eine Rast,

Pausiert und atmet ein und aus,

Macht einen Wirbel dann daraus,

Dass noch das Blatt, was zäh sich hält,

Spontan vom Baum hinunterfällt.

LORA PEJORAT

Davor jedoch, gleich kurz nach acht,

Wurd' ein Termin bereits gemacht

Mit einem sehr pikanten Fall,

Der unlängst steht vorm großen Knall,

Wenn schleunigst sich da nicht was tut.

ELARD COHN

Apollons allzeit darbend' Brut!

Ich kümmer' mich, es ist schon acht –

Für einen Künstler Mitternacht.

Wenn der nicht pünktlich hier erscheint,

Wird jedes Betteln strikt verneint.

Und wenn die Wahrheit er verdreht

Und sich die Schuld nicht eingesteht,

Dann wird der Zahlverkehr blockiert,

Egal wie er sich echauffiert.

Wir greifen durch!

LORA PEJORAT

Da klopft es schon...

ELARD COHN

Der meint es ernst!

KURT LINVOJ

Herr Elard Cohn?

ELARD COHN

So wartet noch, der braucht den Druck –

Getrunken wird nur Schluck für Schluck,

Denn wer zu schnell die Gläser leert,

Dem wird der letzte Schluck verwehrt.

LORA PEJORAT

Es klopft erneut...

KURT LINVOJ

Ist jemand da?

ELARD COHN

Das Unheil ist zum Greifen nah.

LORA PEJORAT

Wann packt Ihr zu?

ELARD COHN

Spürt er die Pein...

KURT LINVOJ

Ich gehe jetzt!

ELARD COHN

Und nun herein!

Und seht und lernt wie Geld es meint

Mit einem altbekannten Feind.

Auftritt Kurt Linvoj.

Ja, guten Morgen, lieber Freund,

Hat Euch die Sonne denn gebräunt?

Ihr seht gesund und munter aus.

KURT LINVOJ

Zumeist bin aber ich Zuhaus.

LORA PEJORAT

Was hält Euch Tag für Tag daheim?

KURT LINVOJ

Das Warten auf den nächsten Reim.

ELARD COHN

Der Herr verschrieb der Lyrik sich –

Mit andren Worten also sprich,

Wie man's in unsren Kreisen kennt:

Ein Schriftstück, das Vertrag sich nennt,

Und dem man nachkommt, ihn erfüllt,

Bis hin der Durst der Schuld sich stillt.

KURT LINVOJ

Was alles sich vergleichen lässt,

Wenn ein Vertrag den Geist erpresst,

Und dann die Schuld ein Recht verwehrt,

Wenn töricht sich die Schuld erklärt

Und Unrecht nicht entgegnet wird,

Weil ein Vertrag im Geiste schwirrt.

Drum geb' ich Euch natürlich Recht,

Vergleicht Ihr gut sogar mit schlecht.

ELARD COHN

Die Einsicht ist ein erster Schritt,

Nur zieht das Standbein gleichfalls mit!

KURT LINVOJ

Ich stehe fest!

ELARD COHN

Auf meinem Grund,

Mit blankem Fuß, vom Stehen wund.

Die Schuld jedoch bewegt sich viel,

Ist nimmer müd' und sehr agil.

KURT LINVOJ

Ich tu' schon viel!

ELARD COHN

Doch nicht genug!

Gar mancher zahlt in einem Zug –

Ihr zahlt nicht mal den Zins, mein Herr.

Und dabei dacht' ich, seid Ihr wer,

Als den Kredit Ihr an Euch nahmt,

Obwohl Ihr damals wart verarmt.

Und Ihr verspracht, Ihr habt Erfolg

Und legt seither Euch voll ins Zeug.

Die Zahlung bleibt seit Wochen aus!

LORA PEJORAT

Was tut er denn allein Zuhaus?

KURT LINVOJ

Er schreibt den lieben langen Tag.

LORA PEJORAT

Und das hat einen, tja, Ertrag?

ELARD COHN

Ganz sicher nicht!

KURT LINVOJ

Ganz wie Ihr meint.

Ach, dem die Schuld, der nicht verneint!

ELARD COHN

Nun ist die Bank an einem Punkt,

An dem das Streichholz nicht mehr funkt,

Und fällig wird auch der Kredit,

Sei's ohne oder eben mit,

Der über dem ein Machtwort spricht.

KURT LINVOJ

Ihr sprecht von Euch?

ELARD COHN

Nein, vom Gericht!

Es bleibt der Bank sonst keine Wahl.

Der Weg auf dem Ihr geht, ist schmal –

Viel schmaler noch als sonst zuvor

Den Weg beging manch armer Tor.

Die Zeit ist reif!

LORA PEJORAT

Zu fallen nun!

KURT LINVOJ

Was könnt', wie ich, da einer tun?

ELARD COHN

Mein Herr, zu zahlen fühlt Euch frei

Und das von binnen Tagen drei,

Ansonsten wendet sich das Blatt,

Wie alles nur zwei Seiten hat.

KURT LINVOJ

Verständlich, besten Dank dafür!

Begleitet mich der Herr zur Tür?

LORA PEJORAT

Ich bringe Euch.

ELARD COHN

Ja, also dann...

LORA PEJORAT

Ich schick' Euch Margo Kokelmann.

Lora Pejorat und Kurt Linvoj gehen vor die Tür.

KURT LINVOJ

Was denkt der Cohn nur, wer er ist?!

LORA PEJORAT

Ich habe Euch, mein Herr, vermisst!

KURT LINVOJ

Die Zahlung bricht mir mein Genick!

LORA PEJORAT

Ihr seid, wie keiner sonst, so schick!

KURT LINVOJ

Das Postulat, das schaff' ich nicht!

LORA PEJORAT

Habt Ihr für mich noch ein Gedicht?

Ihr habt so schöne schon verfasst –

Von einem Baum und einem Ast...

KURT LINVOJ

Der Baum wird aber nun gefällt,

Durch eine Axt, die nennt sich Geld.

Und ist der Baum so denn bestürzt,

Wird auch der Ast an ihm gekürzt.

LORA PEJORAT

Womöglich bloß ein kleiner Schnitt...

KURT LINVOJ

Ihr habt geraten zum Kredit.

Ja, Ihr habt damals ihn gewährt.

LORA PEJORAT

Und Ihr habt Euch auch nicht beschwert.

Verkauft ein Werk, ein neues Buch!

KURT LINVOJ

Gewinn ist mir ein Leichentuch,

Wenn der Verstand nicht selbst gewinnt,

Und alle nur auf Geld aus sind.

Verständnis ist das höchste Glück,

Ansonsten bleibt der Geist zurück!

LORA PEJORAT

Und wenn Ihr fragt den Kokelmann?

Der zündet Euch ein Streichholz an.

Der lagert in den Schlössern hier

Sein Geld und Gold und Wertpapier.

Der könnte, wenn er wollte...

KURT LINVOJ

Nein!

Kein Dichter sollte schuldig sein!

In diesem Sinn...

LORA PEJORAT

Nur ein Gedicht,

Ich bin seit Wochen drauf erpicht –

Die Sehnsucht nach der andren Welt...

KURT LINVOJ

Ist nicht so groß, wie die nach Geld.

Doch seid gegrüßt, geküsst, geliebt –

Ihr zeigt, dass es noch Hoffnung gibt.

Kurt Linvoj holt einen Zettel aus seiner Tasche hervor.

Auftritt Margo Kokelmann.

LORA PEJORAT

Ach, guten Tag, welch schönes Kleid!

Ein Blickfang ist's.

KURT LINVOJ

Und grün vor Neid.

MARGO KOKELMANN

Bin ich zu spät?

KURT LINVOJ

Und viel zu weit.

LORA PEJORAT

Ihr kommt genau zur rechten Zeit.

Der Herr ist Dichter!

MARGO KOKELMANN

Ja, ich weiß!

Gewann er denn (Pause) schon einen Preis?

KURT LINVOJ

Natürlich nicht!

MARGO KOKELMANN

Das sagt Ihr laut?

Zu sagen hätt' (Pause) ich's nicht getraut.

LORA PEJORAT

Der Herr nun wollt' sein neustes Stück,

Zu meinem und zu Eurem Glück,

Zum Besten geben, auf Geheiß.

MARGO KOKELMANN

Gewinnt denn dieses einen Preis?

Denn wenn's kein' Preis kriegt (Pause), nein, dann nicht!

Was schert mich dann solch ein Gedicht?!

Dann bleibt nichts außer (Pause) Spott und Hohn.

KURT LINVOJ

Ihr wolltet doch zu Elard Cohn...

Margo Kokelmann geht ab.

Aus diesem Grund: Nicht Kokelmann!

Die ganze Sippe hält daran

Und lässt das Streichholz auch nicht los

Im Notfall gleichsam im Verstoß.

LORA PEJORAT

Und das Gedicht?

KURT LINVOJ

Es heißt: Beginn!

LORA PEJORAT

Das macht in vielen Fällen Sinn.

KURT LINVOJ

Als einst der Mensch begann

Zu haben eine Wahl,

Entschied er sich sodann

Aufgrund von Kopf und Zahl.

Wie eine Münze fällt,

So wird der Tag gelebt –

Ob Liebe, Glück und Geld,

Der Wahl wird nachgestrebt.

Und so auch der Beginn,

Nur ohne rechte Wahl,

Denn weiß ich, wer ich bin,

Steht Kopf vor jeder Zahl.

Viel teurer als gedacht

Verkauft der Mensch doch sich,

Mit seiner eignen Macht,

Dem Sein und einem Ich.

Und mit Beginn geprägt,

Der ersten Qual der Wahl –

Der Mensch, der das erträgt,

Lebt dankbar nur ein Mal.

Kurt Linvoj geht ab.

III. SZENE

Das Wohnzimmer im Hause Kokelmann, das sehr prunkvoll eingerichtet ist.

Überall liegen Streichhölzer verteilt.

Estelle Kokelmann spielt mit dem Feuer.

Imelda Liebergesell betritt das Zimmer.

IMELDA LIEBERGESELL

Mein Fräulein, stör' ich?

ESTELLE KOKELMANN

Kommt herein!

Ich tu' so manches nur zum Schein.

Doch jedes Streichholz, das entflammt

Und aus dem Haus des Vaters stammt,

Entfacht ein Feuer mir im Blut,

Das nicht ein Meer aus Sturm und Flut

Erlöschen kann, auf Jahr und Tag,

Für den ich so von Herzen mag.

IMELDA LIEBERGESELL

Ich kann verstehen, wenn Ihr brennt –

Die Flamme bei dem Namen nennt –

Und dies gewiss auch sagen könnt,

Drum sei die Liebe Euch gegönnt.

ESTELLE KOKELMANN

Die Liebe ist das höchste Maß,

Darüber wächst kein feuchtes Gras,

Nur wenn die Liebe einmal nervt,

Dann wird die Sense gleich geschärft.

IMELDA LIEBERGESELL

Ach, doch so schnell ist's dann geritzt?!

ESTELLE KOKELMANN

Wenn er nicht fest im Sattel sitzt!

Ein Mann, der liegt bei mir im Soll,

Der hat die Taschen alle voll.

Hat er dies nicht, ist er mir gleich.

IMELDA LIEBERGESELL

Ein Mann sollt' sein im Geiste reich

Und herzlich sein, gebildet, treu,

Vor Worte haben keine Scheu,

Gefühle zeigen, ohne Gurt.

ESTELLE KOKELMANN

Gefühle zeigen... Wie absurd!

Seht nur dies Streichholz, wie es zischt

Und wenig später flugs erlischt.

Und auch die Schachtel ist schon leer –

Viel mehr gibt Liebe halt nicht her.

IMELDA LIEBERGESELL

Dann frag' ich Euch: Warum das Schloss?

ESTELLE KOKELMANN

Weil in das Feuer Öl ich goss,

Und ich bestimmen kann, wie's brennt –

Und dass ein Mann durchs Feuer rennt.

IMELDA LIEBERGESELL

Dann nehmt dies Schloss.

ESTELLE KOKELMANN

Ach, wie es glänzt –

Die Zier sich mit dem Gold ergänzt.

Und, oh, die Schrift – das E plus E!

Ich muss sofort, verzeiht, ich geh'

Zur nächsten Brücke – bring' es an!

IMELDA LIEBERGESELL

Der Schlüssel, Fräulein Kokelmann...

ESTELLE KOKELMANN

Den brauch' ich nicht, denn was sich schließt,

Und wenn's aus allen Eimern gießt,

Bleibt zu, auf ewig!

Estelle Kokelmann geht ab.

IMELDA LIEBERGESELL

Wie Ihr wollt!

Doch auch der Schlüssel ist aus Gold,

Graviert mit Eurem, seinem E.

Ach, solch ein Prunk, wohin ich seh'.

Imelda Liebergesell steckt den Schlüssel wieder ein und beschaut sich das Wohnzimmer.

Ei, solch ein Prunk durch Schwefelholz...

Doch nur kein Neid, auch ich bin stolz

Auf meine Arbeit, mein Talent –

Dass dies mir keiner hier verkennt!

Was red' ich da, wo niemand weilt,

Wo Leben man mit mir nicht teilt,

Wo Liebe qualmt und schlicht verweht –

Da bin ich, wo das Elend steht.

Welch fauler Zauber führt da bloß

Den Mann in einen Weiberschoß?!

Ist dies ein Spiel von Macht und Lust?

Hätt' ich nicht längst ins Spiel gemusst?

Nein, spielt allein ihr Buben und

Ihr Gören haltet euren Mund!

Von mir erwartet Zier danach,

Anstatt der Sünde und der Schmach.

Ich heb' mich auf für einen Mann,

Der sinnvoll unterscheiden kann,

Der liebt, verehrt, die Worte schätzt,

Die Zunge schärft, statt Messer wetzt.

Für diesen einen auf die Knie,

Der mich begeistert wie noch nie –

Wie Linvoj, dieser Dichter, ist...

Wie der umarmt? Wie der wohl küsst?

Den Keuschheitsgürtel aus Prinzip,

Bevor ein Wüstling, Spieler, Dieb,

Die Sache nimmt, die mir noch bleibt –

Für den, der an die Liebe schreibt!

Was sag' ich da, umringt von Gier?

Ich sollte sein längst nicht mehr hier.

Vom Schwefel ist mein Geist verraucht,

Dass frische Luft mein Seelchen braucht.

Imelda Liebergesell will gehen.

Auftritt Margo Kokelmann.

MARGO KOKELMANN

Was tut Ihr hier so ganz allein?

Wer ließ Euch (Pause) in das Haus hinein?

IMELDA LIEBERGESELL

Verzeiht, mein Fräulein, ich bin weg –

Erfüllte ich schon Sinn und Zweck

Für Eure Schwester!

MARGO KOKELMANN

He, Estelle?!

IMELDA LIEBERGESELL

Sie ging bereits, verließ mich schnell,

Dass sie versäumte in dem Saus

Mich zu begleiten aus dem Haus.

MARGO KOKELMANN

Was hatte sie mit Euch zu tun?

IMELDA LIEBERGESELL

Das hat sich schon erledigt nun.

MARGO KOKELMANN

Und wo lief meine Schwester hin?

IMELDA LIEBERGESELL