DIE REISE NACH JERUSALEM & DER GROßE BRAND VON LONDON - Mäander Visby - E-Book

DIE REISE NACH JERUSALEM & DER GROßE BRAND VON LONDON E-Book

Mäander Visby

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Beschreibung

DIE REISE NACH JERUSALEM beschreibt den Ursprung des Kinderspiels auf eine tragikomische Art und Weise. Dabei ist von dieser Erstaufführung auszugehen, dass seitdem der Teilnehmerkreis niemals wieder derart gegensätzlich war. DER GROßE BRAND VON LONDON berichtet von der Feuersbrunst im September 1666 - was der Auslöser war und wer dafür zur Rechenschaft gezogen werden sollte. Und natürlich hat auch in diesem Fall der Geschichte Englands die Krone ihre Finger im Spiel.

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Mäander Visby

DIE REISE NACH JERUSALEM & DER GROßE BRAND VON LONDON

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

DIE REISE NACH JERUSALEM

PROLOG

DIE REISE NACH JERUSALEM

I. REISE

II. REISE

III. REISE

IV. REISE

V. REISE

VI. REISE

VII. REISE

DER GROßE BRAND VON LONDON

PROLOG

I. AKT

II. AKT

III. AKT

Impressum neobooks

DIE REISE NACH JERUSALEM

EIN KINDERSPIEL IN SIEBEN REISEN

VON MÄANDER VISBY

PERSONEN

GAIA

– Mutter Erde

DUELLANT

– Wartender auf sein Duell

SEKUNDANT

– Begleitperson des Duellanten

SALLY

– Bewohnerin Jerusalems

CARRIE

– Sallys Schwester

JUDE

– Geistlicher aus Jerusalem

CHRIST

– Geistlicher aus Jerusalem

MOSLEM

– Geistlicher aus Jerusalem

CHINESE

– Asiatischer Glaubenspraktikant

AMERIKANER

– Widersacher des Duellanten

PROLOG

Gaia sitzt neben einem Stubenwagen in einer dem Garten Eden vergleichbaren Umgebung.

Ihr Blick richtet sich gen Erde.

GAIA

Ein Spiel, so kindisch wie fatal –

Im Anspruch minder rätselhaft,

Im Ausgang ohne jede Wahl –,

Verbindet, spaltet, lehrt und stellt

Die Formel strenger Wissenschaft

In eine bunte Kinderwelt.

Ein Lied, so seidig wie robust­ –

Im Einklang wenig ehrenhaft,

Im Einspruch herb und mit Verlust –,

Bewertet, lästert, schmerzt und hält

Die Formel freier Rechenschaft

Für eine triste Kinderwelt.

Wie ein Christ sich offenbart,

Hört euch das genaustens an:

Zunge schnalzend und apart

Will er zeigen, was er kann.

Und so labt er sich am Siege,

Spricht nicht, singt nicht, sondern bellt,

Gleich der andern an der Wiege,

Die ein Kind als Herrscher stellt.

Wie ein Türk' sich offenbart,

Hört euch das genaustens an:

Seine Hände, weich und zart,

Züchten Neid und Tod heran.

Und so stützt er sich auf Kriege,

Uneins mit dem Rest der Welt,

Gleich der andern an der Wiege,

Die ein Kind als Herrscher stellt.

Wie ein Jud' sich offenbart,

Hört euch das genaustens an:

Treu ergeben und er spart

Seinen Trost für jedermann.

So verzwickt sich die Intrige,

Bis der goldne Vorhang fällt,

Gleich der andern an der Wiege,

Die ein Kind als Herrscher stellt.

Wie ein Mensch sich offenbart,

Hört euch das genaustens an:

Träumend von der Gegenwart,

Zieht ihn Unfug in den Bann.

Und so gönnt er sich die Liege,

Sonnt sich frei von dieser Welt,

Ohne Schimmer von der Wiege,

Die ein Kind als Herrscher stellt.

So wird die Menschheit, unterm Strich,

Gebrauch nie machen von dem Recht,

Hinauszuwachsen über sich,

Dass mit dem heilgen Zukunftsschein

Und mit dem Glauben, selig, echt,

Sie nimmer wird verbunden sein.

DIE REISE NACH JERUSALEM

Ein Waldstück nahe der Stadt Jerusalem im Jahre 1885:

Ein Rastplatz mit einer Feuerstelle und einem Unterschlupf für Wanderer, wo ein schlafender Duellant und sein betrübter Sekundant verharren.

SEKUNDANT (hält einen Brief in den Händen)

Und der, der hat geschrieben, ist von dieser Welt gegangen,

Dass er für keine Worte mehr posthum ist zu belangen.

Seit einem Monat ist die Stimme Frankreichs nun verklungen...

Und niemand hat wohl seinesgleichen Siege je errungen!

Ein König nicht, kein Kaiser und kein Herr von Gottesgnaden,

Wird seiner Worte je gerecht und sie auf Schultern laden!

Die Seele Frankreichs und der ganzen Welt geballtes Sein,

Verneigt sich voller Ehrfurcht und vor diesem Geist allein.

Monsieur Hugo ist tot!

DUELLANT (erwacht aus dem Schlaf)

Zum Teufel! Ach, mein Sekundant...

Ein Kater gleicht der schwarzen Katze, fressend aus der Hand...

Ein Rastplatz ist kein weiches Bett, der Wein wird zu Physik...

Bei kalten Füßen sind Duelle auch nicht Politik!

Ein leeres Glas säuft ab, ein schwerer Kopf taucht nimmer auf...

Die Schande auf den Punkt getroffen – und stets stolz darauf!

Das Schwert allein, das kennt den Zauber einer letzten Schlacht!

Auf Messers Schneide steht's! Ich glaub' es nicht, es ist noch Nacht!

SEKUNDANT

Mein Herr, wie lange wollt Ihr denn den Tag noch unterdrücken?!

Der Schlaf dient für gewöhnlich nur die Zeit zu überbrücken.

Doch Euer Dienst, den Ihr vertut, ist gänzlich aus der Waage:

Ihr nächtigt bis zur Mittagsstund' und macht die Nacht zum Tage.

DUELLANT

Ich glaub' es nicht, ich glaub' es nicht, wie Ihr Euch echauffiert!

Den letzten Mann von Ehre habt damit Ihr kritisiert.

Wart Ihr es nicht, der mich gerissen hat aus meinem Schlaf,

Als ich in einer andren Welt auf meine Liebste traf,

Die mich, nach doch so langer Zeit, in einem Traum besuchte,

Nachdem ich Gott, die Welt und jedes Fleisch um mich verfluchte?

So saß sie zierlich, voller Blüte, unter einem Baum...

Und als sich unsre Blicke trafen, platzte gleich der Traum.

SEKUNDANT

Was Euch in Euren Träumen kommt, das nennt sich Phantasie

Und grenzt in Eurem Fall, mein Herr, schon ziemlich an Manie.

Vergesst Ihr denn sekündlich, was uns zwei hierhin verschlug?

Das Fräulein voller Blüte, das Euch mehrfach, tja, betrug!

DUELLANT

Wie könnt' ich das vergessen bloß, lang ist's ja noch nicht her?!

Und jeder der Gedanken dran macht mir das Leben schwer.

Doch meine Rache gilt nicht ihr – dem Fräulein voller Blüte –,

Ich sprech' sie frei von jeder Schuld, denn Schuld war ihre Güte!

Ich könnte nie und würde nie im Schlechten von ihr sprechen!

Sie schwor mir vor dem Traualtar die Treue nie zu brechen!

Der Schuft, dem sie verfallen ist, der mich damit verhöhnt,

Wird kriegen, was er hat verdient, bis er vor Schmerzen stöhnt!

SEKUNDANT

Bedenkt bei Eurer Rachelust, die Euch vor Augen schwirrt,

Ob nicht anhand Beweisen Euer kluge Geist sich irrt.

Mein Amt, das ist mir heilig, das versprach ich Euch gelobt –

Jedoch weit mehr bin ich mit dem zerbrochnen Herz erprobt:

Ich sehe und erkenn' an Euch sehr schleichend den Prozess,

Den mancher Mann in Liebe kann verblenden währenddes.

DUELLANT

Ich glaub' es nicht, ich glaub' es nicht, was Euch so überspannt!

Im schlimmsten Fall droht mir der Tod und nicht dem Sekundant'...

SEKUNDANT

Ich fürchte nicht den Tod, mein Herr, das ist Euch längst bekannt.

Ich fühle mich gesund und munter und bin ganz entspannt.

Ich stutze nur, mein Herr, verzeiht, ich weiß es ist Methode,

Dass unter zweien einer lebt und einer kommt zu Tode...

Die Frage, die mich dennoch quält, soll sein in Eurem Sinn:

Was führt die Schlichtheit beim Duell am Ende zum Gewinn?

Den Kampf, den Ihr bestreiten wollt, den Ihr für Recht erachtet,

Ist meiner Meinung nach für Euch ein selber abgeschlachtet.

Ihr seid stabil, frisch, bei Verstand, zwar mutig und auch ehrlich,

Doch wenig wirkt hingegen Ihr auf andre brandgefährlich.

Zu guter Letzt, ich bitte Euch, hab' ich noch nicht gesehen,

Wie Ihr im Kampf mit echtem Schwert gelernt habt umzugehen...

DUELLANT

Wenn ich es wollte, könnte ich den Schwertkampf simulieren!

Bevorzugt würde trotzdem ich mich darauf konzentrieren,

Was kommen kann und das bis dann in Ruhe abzuwarten...

Ich wende ab, strategisch, jeden Blick in meine Karten!

SEKUNDANT

Ich wünsche mir, für Euer Wohl, dass Ihr damit nicht blufft,

Wenn Ihr zur Zeit der Wahrheit dann auf Euren Gegner trefft,

Denn sollt' alsbald sich zeigen, dass Ihr selbst Euch überschätzt

Und einem treuen Freund Ihr habt Euch feindlich widersetzt,

Von dem Ihr wollt behaupten, dass er Euch nicht hat gewarnt,

Dann ist ein Mann, auch bei Verstand, als krank im Geist enttarnt.

DUELLANT

Ich glaub' es nicht, ich glaub' es nicht, wie Ihr da übertreibt!

Ihr wisst genau, was Ihr mir unter meine Nase reibt:

Ein Tier, das saß im Käfig, wurd' gegeißelt und gequält,

Das an dem Tag der Freiheit einen Käfig wieder wählt...

SEKUNDANT

Wenn er erst in Erscheinung tritt... Ihr seid noch nicht bereit!

Ihr füttert einen Kater lieber in der Dunkelheit,

Anstatt zu wissen, dass die Übung erst den Meister macht –

Mit Kratzen haben Frauen selbst ein Wunder nicht vollbracht!

Und eines ist gewiss, mein Herr: Des Feindes Klinge klotzt!

Doch Euer Schwert wirkt stumpf, hat vor Erfolg noch nie gestrotzt...

Ihr werdet grausam sterben!

DUELLANT

Ach, so soll es denn geschehen!

Dann könnt Ihr, statt zum Schmied, auch gleich zum Totengräber gehen!

Und lasst daheim ertönen laut das Horn der Ehrenschaft,

Wie eines Helden würdig, der im Sterben auf sich rafft!

Und haltet's für die Nachwelt fest, erzählt vom Duellant',

Der für den Preis der Liebe sich im Grabe wiederfand!

SEKUNDANT

Wie könnt Ihr ernsthaft im Moment an Ruhmeshymnen denken,

Wenn Ihr kaum in der Lage seid, ein Stoß ins Ziel zu lenken?

Gepflegt gesagt ist Euer Wunsch von Tod und Prahlerei,

Durch Hochmut schon beim ersten Schritt am rechten Weg vorbei.

DUELLANT

Ach, Quiproquo, mein werter Freund, auch wenn Ihr Euch düpiert!

Es läuft doch alles Bestens...

SEKUNDANT

Ja, solange nichts passiert...

DUELLANT

Ich gehe davon aus – und soweit bin ich Realist –,

Dass, wie Ihr nennt, mein Gegner erst auf halber Strecke ist.

So könnt Ihr Euch gesellig an das Naserümpfen halten,

Und mir gefälligst lassen meinen Alltag zu gestalten.

SEKUNDANT

Auch ohne Rahmen hab' erkannt ich Euer Krankheitsbild,

Das, mit dem Wirkstoff Wort für Wort, es just zu heilen gilt.

Ich bitte um Verzeihung, Herr, für meinen Fachjargon –

Ich werde nun versuchen Euch zu bringen zur Räson!

Ich hatte einen Onkel einst, südöstlich von Mayenne,

In einem kleinen Dörfchen mit dem Namen Sainte-Suzanne,

Der abends für gewöhnlich trank, und mehr als er vertrug,

Bis ihm, wie Euch, am Morgen es auf das Gemüte schlug.

Dann schleppte er herunter sich bis an den Fluss Èvre,

Trank einen Liter Wasser, ob bei Regen oder Schnee,

Dass auf der Stelle wieder er sich nüchtern konnte nennen,

Um seine Tagesarbeit von der Nacht zuvor zu trennen.

Doch eines schönen Morgens, nach erneut durchzechter Nacht,

Ging er schon aus Gewohnheit, also ohne viel Bedacht,

Zum Fluss hinunter, kniete, wie zum Beten, dort sich hin

Und beugte übers Wasser sich bis unter seinem Kinn,

Entnahm den ersten Schluck daraus und fiel dann in den Schlaf –

Das Wasser in der Lunge machte meinen Onkel brav –,

Infolge er verstiegen, wie kein andrer je ertrank,

Wie eines Helden würdig, der von dieser Welt versank.

Und fündig meinen Onkel nun, die Menschen Sainte-Suzannes,

Begannen zu verspotten, was sie nannten: Die Kredenz!

Sie ließen ihm zu trinken dort recht lang Gelegenheit,

Und sprachen bald von ihm als Fürst der Unterwürfigkeit.

Auftritt Carrie, die im Hintergrund Beeren pflückt.

DUELLANT

Holt flink mir meinen Wein! Ich will auf Euren Onkel trinken:

So möge er nie tiefer als in seinem Tode sinken!

Und möge er im Flusse noch, für all sein schweres Schinden,

Als Lohn für sein Verscheiden, dort ein goldnes Klümpchen finden!

Und möge er als Vorbild für all jene Menschen gelten,

Die nach dem kurzen Leben erst die eignen Weichen stellten!

SEKUNDANT

Es ist von Euch sehr freundlich meinen Onkel so zu schätzen,

Doch gibt es keinen guten Grund sich für ihn einzusetzen.

Mehr diente die Geschichte mir als Richtwert und Pamphlet...

Noch ist für Euch die Einsicht, Herr, in keinem Fall zu spät!

DUELLANT

Ich sage Euch: Die Einsicht dämpft zuerst den Freiheitssinn,

Und stellt damit in Aussicht glatt den eignen Kriegsbeginn.

Ich leb' mit mir in Eintracht, werde niemals mit mir brechen!

Ich werde nimmer mit Gewalt ins eigne Fleisch mir stechen!

Mein Freund, was ist? Wonach habt Ihr gerichtet Euren Blick?

Ist er es? Nein! Das würde mir nun brechen mein Genick!

Grinst schon die Todesfratze, die dort hinten auf mich lauert?

So tut doch was! Und steht nicht da gelähmt und eingemauert!

Eilt nach dem Schmied! Macht um den Totengräber einen Bogen!

Der Duellant greift nach einem dicken Ast, den er zu seiner Verteidigung einsetzen will, wobei er ihn sofort wieder fallen lässt und dabei lauthals aufschreit.

Ich hab' mir schmerzhaft einen Span ins eigne Fleisch gezogen...

SEKUNDANT

Den einen schmerzt es in der Hand, den andren schmerzt es dort,

Wo mancher Schmerz im Innern jagt den äußren Schmerz hinfort.

DUELLANT

Ich kann nicht einfach sterben, denn ich sehe noch nicht klar –

Womöglich nehm' mein eignes Sterben ich dann gar nicht wahr.

Bringt alles Wasser rasch zu mir! Was nützen jetzt Reserven...

Der Sekundant holt Wasser herbei und gibt es dem Duellanten, der hastig trinkt.

Solange ich nicht nüchtern bin, könnt' Ihr dann für mich sterben?

SEKUNDANT

Ich sterb' nach ihr, soweit ich seh', schon alle feinsten Tode.

DUELLANT

Ihr sagtet ihr zum schlimmsten Feind? Ist das die neuste Mode?

SEKUNDANT

Ich sagte ihr und meinte sie, die durch die Büsche streift:

Ein junges hübsches Fräulein, das entlang des Weges pfeift.

DUELLANT

Ich glaub' es nicht, ich glaub' es nicht, was Ihr bezwecken wollt!

Hätt' denn an einem simplen Span verrecken ich gesollt?!

Ein Fräulein, pfui, sei Euch erklärt, gleicht eben solchem Spane!

SEKUNDANT

Ich schwenk' vor diesem süßen Span sofort die weiße Fahne.

DUELLANT

Ihr gebt geschlagen Euch? Euch reizt der Frieden kampflos mehr?

Schaut nur genauer hin, dann kommt sie ohne Reiz daher!

Und eines ist gewiss: Solch Fräulein tut nichts ohne Grund...

Sie pflückt nicht nur die Beeren, nein, sie steckt sie in den Mund!

SEKUNDANT

Ach, wäre ich ein Beerchen nur, ich weiß, sie pflückte mich...

DUELLANT

Und äße Euch gefräßig... Nein, das ist ja widerlich!

SEKUNDANT

Wenn es einmal eilig ist,

Dann dauert's eine Weile.

Setzt es aber keine Frist,

Dann rast die Zeit in Eile.

Können denn nicht Geist und Zeit

Einher im Einklang gehen?

Hat kein Recht auf Stimmigkeit

Der rennt, wie der im Stehen?

Muss es einmal schneller sein,

Dann geht es auch in Eile.

Und beim Gläschen roten Wein,

Kriegt gut Ding seine Weile.

Hiermit können Geist und Zeit

Auf einen Einklang zählen.

Doch soll Rast und Zügigkeit,

Ein jeder selber wählen!

DUELLANT

Geseufztes Grummeln, treuer Freund, gibt keine Garantie.

Das Federvieh wird nicht gerupft mit schöner Poesie!

SEKUNDANT

Verzeiht mir! Auf ein Wort, mein Herr! Ich geb' mir keine Blöße –

Bedarf es doch, nebst reinem Herz, zu einer Liebe Größe.

Publik zu machen, was man denkt, ist mir das höchste Gut.

Der offne Mund ist mein Gesetz, wie das ein Feingeist tut.

DUELLANT

Und Eure Ohren? Hört Ihr's nicht? In aller Herrgottsfrühe...

Beim Krächzen geben Raben sich zuweilen selbst mehr Mühe.

CARRIE (singt)

Am Morgen wird viel Blut vergossen,

Das rinnt hinunter zu dem Bach

Und färbt ihn wie das Feuer, ach –

Der edle Ritter wurd' erschossen!

SEKUNDANT

Das Fräulein singt von Euch, mein Herr. Welch schöne Melodie.

DUELLANT

Versteckt sich nicht in dem Gesang ein wenig Ironie?

CARRIE (singt)

Am Morgen wird viel Blut vergossen,

Das rinnt hinunter zu der Stadt,

Die rot gefärbten Mauern hat –

Der edle Ritter wurd' erschossen!

SEKUNDANT

Superb gesungen! Mit Gefühl! Wie sie die Töne hält...

DUELLANT

Ich könnte nicht behaupten, dass der Text mir sehr gefällt.

CARRIE (singt)

Am Abend wird mit Wein begossen,

Ein Leichnam, mit viel Blut umringt.

Auf einem Tisch, ein Fräulein singt:

Der edle Ritter wurd' erschossen!

SEKUNDANT

Ich bin gerührt und auch verzückt von ihrer Stimmgewalt.

DUELLANT

Die Zeilen sind fanatisch, ohne Herz und längst verschallt.

CARRIE (singt)

Zur Nacht verklungnen Feierstunde,

Wenn jeder sich zur Ruh' begibt,

Der Teufel seine Karre schiebt –

Des edlen Ritters letzte Runde!

SEKUNDANT

Und wieder wohl getroffen... Welche Schönheit! Welch Talent!

DUELLANT

Ein kleines Dummchen, das dazu noch keinen Anstand kennt.

SEKUNDANT

Ach, wie sie in den Höhen singt mit elfengleichem Klang –

Die Stimme droht zu brechen, doch es bricht nicht ihr Gesang.

So singt sie ungleich typisch schon im nächsten Augenblick,

Harmonisch, wie zuvor, ein etwas tiefergehend' Stück.

Zu ihren Mund gesellt man sich, weil keinen Ton sie scheut.

Der Rhythmus, der melodisch wirkt, wird sanft von ihr betreut.

Und wie sie ihren Vortrag deutlich zu verstehen hält...

Auf Erden gibt es keine, die sie in den Schatten stellt!

Die nahe Stadt sei Zeuge: Nun, die Koda folgt zuletzt...

DUELLANT

Von ihr bin ich ein wenig, doch von Euch enorm entsetzt.

SEKUNDANT

Ach, wenn ich sie nur einmal noch so singen könnte hören...

Ich würde ab auf Frankreich und den großen Dichtern schwören,

Da fündig ich geworden bin, in sie die Zukunft leg,

Wenn nach der Schlacht entzweit sich Eurer und der meine Weg.

DUELLANT

Sie holt schon Luft...

SEKUNDANT

Oh, Wonnetat!

DUELLANT

Ich kann das nicht ertragen!

SEKUNDANT

Der erste Ton...

DUELLANT

Wie grauenvoll!

SEKUNDANT

Der schönste Tag seit Tagen!

CARRIE (singt)

Des Ritters Seele tut sich schwer

Im felsenfesten Höllenschlund.

Indes treibt auf dem Erdenrund

Erheitert sich sein Weib umher...

SEKUNDANT

Mein Fräulein, bravo! Bravo! He, Ihr singt von diesem Mann!

Der Held aus dem famosen Ständchen... Tretet nur heran!

DUELLANT

Jetzt spottet Ihr und fallt mir auch noch in den eignen Rücken.

Ich könnte gegen mich getrost das stumpfe Schwert nun zücken.

CARRIE

Habt Dank, die werten Herren, für die Worte, den Applaus!

DUELLANT

In Zukunft haltet mich aus Euren Liedern ganz heraus!

CARRIE

Ihr seid der eine beim Duell?! Von Euch spricht schon die Stadt.

Längst wartet auf die Meldung man, wer Euch getötet hat.

Auch mir geht deutlich auf ein Licht, bei Eurer, tja, Betrachtung:

Vor Euch bedarf es keine Angst...

SEKUNDANT

Mein Fräulein, alle Achtung!

DUELLANT

Wer glaubt denn solche Lügenmärchen?! Ich bei weitem nicht!

SEKUNDANT

Es kam bisher nicht zum Duell zu beider Angesicht.

DUELLANT

Er wird auch heut' nicht kommen...

CARRIE

Ach, das werden wir ja sehen.

SEKUNDANT

Das heißt, Ihr werdet warten und nicht gleich nach Hause gehen?

CARRIE

Da mich das Schicksal leiten tut, würd' ich dafür mich hassen,

Ein Schauspiel, wie noch nie gesehen, heute zu verpassen.

DUELLANT

Als Gott die Menschen hat erschaffen, je nach Religion,

Da lehrte erst das Gaffen er als größte Sensation.

Auftritt der Chinese, der lautlos und unscheinbar angeschlichen kommt.

CARRIE

Ich zähl' nicht zu den Leuten, die sich stets um Leichen scharren,

Noch ist es meine Neigung, diese Leichen wegzukarren.

Die Neugier ist's, die sich rasant vom Ursprung hat verteilt –

In aller Herren Länder ist die Neugier uns enteilt.

Wer fängt sie ein, bringt sie zurück? Das kann nur einer schaffen:

Ein Vorbild für die Gaffer, der sich weigern tut zu gaffen!

Gescheit bin ich und weit gereift, mich selbst zu sabotieren,

Deshalb sprech' ich in meinem Fall salopp von Zeit verlieren.

SEKUNDANT

Was Euch verloren geht an Zeit, kann ich nicht ignorieren.

Ich fühl' mich außerstande, mir mein Leben zu diktieren.

DUELLANT

Mein Freund, ich muss doch wirklich bitten, etwas Euch zu zügeln...

Das Weib da kann nicht fliegen, noch wird Euch es je beflügeln!

CHINESE (Feuerwerk)

Carrie hüpft in die Arme des Sekundanten.

CARRIE

Oh Schreck!

DUELLANT

Der Feind! Ich hab's geahnt...

SEKUNDANT

Ein Duft von süßen Beeren...

Mit einem Blick auf ihren Mund, ist Liebe zu erklären.

CHINESE (Feuerwerk)

CARRIE

Oh Furcht!

DUELLANT

Ein Feuer, wie ein Blitz...

SEKUNDANT

Ein Reif im goldnen Haar...

Je mehr ich nach der Liebe frag', wird mir die Antwort klar.

CHINESE (Feuerwerk)

DUELLANT

Die Waffe runter!

SEKUNDANT

Puls hinauf...

CARRIE

Will Euch es nicht gelingen,

Dem Fremden mit nur einen Hieb die Stille beizubringen?!

CHINESE (Feuerwerk)

DUELLANT

Ich zieh' mein Schwert!

SEKUNDANT

Ich schmelz' dahin...

CARRIE

Nun Schluss mit dem Geknalle!

Der wird schon merken wie es knallt, wenn eine Faust ich balle...

Carrie setzt zum Angriff auf den Chinesen an.

CHINESE (Feuerwerk)

Carrie schreckt zurück und hüpft wieder in die Arme des Sekundanten.

SEKUNDANT

Die Liebe geht, die Liebe kommt...

CARRIE

Der Schrecken bleibt...

DUELLANT

Und nun,

Weiß keiner, außer ich, genau, was Helden würden tun!

CHINESE (Feuerwerk)

SEKUNDANT

Vielleicht ein Kuss zum nächsten Knall?

CARRIE

Es endet hier!

DUELLANT

Hinfort!

Ich zeige Euch den Weg hinaus: Die Spur entlang nach dort!

Der Duellant zeigt in eine beliebige Richtung.

Der Chinese geht in die Richtung ab, die der Duellant ihm gezeigt hat.

SEKUNDANT

Kein Knall, kein Kuss...

CARRIE

Das wurd' ja Zeit, mir glühen schon die Ohren.

DUELLANT

Beweis genug, mein treuer Freund: Ich bin zum Kampf geboren!

SEKUNDANT

Ach, Tränen rinnen mir von meinem Schwert,

Was just vor Leidenschaft dich hat erschlagen.

Und daraus deutlich wird der Stellenwert,

Was es bedeutet, mehr Gefühl zu wagen.

Nun steh' auf weiter Flur ich ganz allein.

Ich hör' entfernt schon heulen die Sirenen.

Gefühl zu wagen, jetzt, im Nachhinein,

Hätt' ich wohl nicht zu wörtlich dürfen nehmen.

CARRIE

Ein Strippenzieher seid Ihr wohl, mit einem Hauch von Faden.

Ein Kind habt eben Ihr verscheucht und wollt voll Lobes baden?!

DUELLANT

Auch denen, in den jungen Jahren, ist manch zuzutrauen.

CARRIE

Er hat doch nichts gesagt und wollt' vielleicht bloß einmal schauen.

SEKUNDANT

In meinem zweiten Leben, das ich menschlich führ' als Wesen,

Da wär' ich durchaus offen, so zu leben wie Chinesen.

DUELLANT

Ich nehme Euch beim Wort, mein Freund. Obwohl in diesem Fall

Ihr, von uns beiden, habt in Eurem Kopf den größten Knall!

CARRIE

Wann kommt er denn? Wann kommt er denn? Wann kommt er eigentlich?

So, wie ich's kenn', ist's hier und da: Ein jeder bleibt für sich...

Auftritt der Jude, der Moslem und der Christ, die Hand in Hand durch den Wald streifen.

DUELLANT

Was sehen meine Augen dort? Ein festes Treueband:

Ein Jud', ein Moslem und ein Christ flanieren Hand in Hand.

Ein Blick in ihre Richtung und sie stehen schon parat.

Die Menschen zu bekehren, das allein ist ihre Art.

Dann hat man einen Glaubenshüter wieder an der Backe,

Der still und heimlich hat gelernt zu hauen auf die Kacke.

Sie beten, sagen sie, auch für die ärmsten armen Hunde,

Und stecken ihre Finger nur noch tiefer in die Wunde.

Den letzten Tropfen Blut soll ihnen jeder von uns geben,

Um mit dem wahren Glauben bis zum Ende hin zu leben.

Oh, pfui! Wie sagt man das noch gleich? Pfui, Teufel! Ach, verdammt!

Jetzt bin ich an dem Tor zum Pfuhl ganz knapp vorbeigeschrammt.

SEKUNDANT

Es leitet Euer Blick sie her... Nun stehe ich Euch bei!

Mein Herr, Ihr seid die Nummer eins und ich bin Eure zwei!

CHRIST

Ich grüß' Euch, meine Schäfchen! Lasst uns bleiben hier kurz stehen.

Ein Freund hat sich verlaufen...

DUELLANT

Und ich hab' ihn nicht gesehen.

CARRIE

Ihr könnt nicht einfach einen Mann der Kirche so belügen!

JUDE

Für einen Lügner ist die Wahrheit sicher kein Vergnügen.

DUELLANT

Der Jude... Ei! Ein Jude, der wohl aus Erfahrung spricht?!

SEKUNDANT

Ich warne Euch, mein Herr, erzürnt den klugen Juden nicht!

MOSLEM

Habt Ihr nun unsren Freund bemerkt, dann sagt es uns geschwind!

Die Wahrheit gilt für jeden Mensch: Ob Mann, ob Frau, ob Kind!

Denn unsrer Freund, er spricht nicht, isst nicht, trinkt nicht, müsst Ihr wissen.

Und beim Spaziergang durch den Wald ist er uns ausgerissen.

Davongelaufen wie ein Hund...

DUELLANT

Da spricht er schon von Hunden...

MOSLEM

Obliegt er unsrer Obhut gar...

DUELLANT

Doch nun ist er verschwunden...

CARRIE

Er ist den Weg in Richtung Ost...

DUELLANT

Vielleicht will er nach Haus'?!

Ein Köter, ohne Fressen, reißt halt gerne einmal aus.

CHRIST

Der Knabe ist kein Köter, nein, er ist von Gott gesandt.

Korrekt für ihn gilt die Bezeichnung: Glaubenspraktikant!

MOSLEM

Er ist aus einem fernen Land gekommen, um zu lernen.

DUELLANT

Gelernt hat er genaustens wohl, sich wieder zu entfernen.

MOSLEM

Sein Land wähnt sich im Aufschwung und nur deshalb ist er eben

Gekommen, um zu lernen einen Glauben anzustreben.

DUELLANT

Zu streben nach dem Glauben, oh, ich weiß, wie Ihr das meint:

Der Sonne blendend' Licht zu sehen, wenn sie gar nicht scheint –

Was lachhaft ist, geschuldet bloß der Menschen Phantasie,

Denn kein Beweis erhärtet Eure Glaubenstheorie!

CHRIST

Herr Gott! Was bringt in Rage einen herzensguten Mann?

Könnt Ihr erkennen etwa nicht, wie schön die Welt sein kann?

DUELLANT

Ich kann es nicht!

JUDE

Und seht Ihr etwa nicht die heile Welt,

Die aufrecht unser Glaube einzig und allein erhält?

DUELLANT

Ich seh' sie nicht!

MOSLEM

Und spürt Ihr etwa nicht Glückseligkeit,

Im höchsten Maß, durch Glauben, Treue und Ergebenheit?

DUELLANT

Ich spür' sie nicht!

MOSLEM

Dann lasst rasant Euch zum Islam bekehren!

Der Moslem will nach der Hand des Duellanten greifen.

DUELLANT

Ich teile nicht den groben Griff und muss die Hand verwehren!

CHRIST

Dann lasst bekehren Euch von mir... Ich seh', Ihr seid ein Christ!

Der Christ will nach der Hand des Duellanten greifen.

DUELLANT

Da liegt Ihr falsch, wie üblich, denn Ihr seht bloß, was nicht ist.

Der Jude schweigt... Ich glaub' es nicht, er hat kein Angebot.

Ihr habt in Eurer Tasche nichts als Fusseln in der Not?

SEKUNDANT

Ich warne Euch erneut: Erzürnt den klugen Juden nicht!

DUELLANT

Ja, denkt Ihr, dass der Jude stets die volle Wahrheit spricht?

Ich sag' Euch Jude – Ihr seid still, mein teurer Sekundant,

Der Jude ist mir ganz genau und durchaus schon bekannt:

Wer macht das Lügen zum Problem, der lügt sich in die Tasche –

Betrogen fühlen Menschen sich durch deren Judenmasche!

JUDE

Na, diese Weisheit, guter Mann, habt Ihr wohl aufgeschnappt.

CARRIE

Wer weiß, mit wem der Ritter einst sein Liebchen hat ertappt...

DUELLANT

Ich fluche und ich schreie laut, doch zeig' ich keine Reue!

Bevor ich mich an Euch verlier', bekenn' ich mir die Treue!

Und droh' ich auch zu brechen bald, geb' ich mir wieder Halt!

An jeden Finger einen Span – ich hab' mich in Gewalt!

Ein Spiel auf Tasten würde mir als Übung schon genügen,

Um Euch zu zeigen, dass der Schmerz mir nichts bringt als Vergnügen!

Und wenn das Weiße und das Schwarze längst in Fluten badet,