Der Vogel war’s! - Kiki Lion - E-Book
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Der Vogel war’s! E-Book

Kiki Lion

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Beschreibung

Drei rüstige Damen, ein Mordfall und jede Menge Ermittlerinnengeist!

Als Leah Page eines schönen Morgens einen unbekannten Leichnam in ihrem Garten findet, sitzt der Schock verständlicherweise tief. Doch die Ankunft des unfähigen Inspectors Dowling macht es da nicht besser, denn für ihn ist die Sache glasklar: Leah muss den Mann getötet haben!

Dass die Rentnerin hierfür gar nicht infrage kommen kann, interessiert Dowling mitnichten. Und so steht es fest: Leah und ihre beiden Freundinnen Ruth und Betty müssen sich den Ermittlungen selbst annehmen, um den wahren Täter zu finden – immer mit von der Partie: Leahs Wellensittich Peachy. Blöd nur, dass der Mörder ihnen längst einen Schritt voraus ist …

Gemütliche Krimi-Unterhaltung mit einem charmanten Ermittlerinnen-Trio, auf das die Lesewelt gewartet hat.

Die Printversion hat 244 Seiten.



ALLE BISHER ERSCHIENENEN BÄNDE DER »OLD ALLEY TOWN«-SERIE AUF EINEN BLICK:

Teil 1: Der Vogel war’s!
Teil 2: Tödlicher Smoothie
Teil 3: Zu Tode frisiert
Teil 4: Der Mörder ist in Feierlaune

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

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Ich freue mich über deine Rezension

Kostenlose Kurzgeschichte

Über die Cosy-Crime-Serie

Über die Autorin

Klappentext zu »Der Vogel war’s!« von Kiki Lion

Impressum

Der Vogel war’s!

 

Ein Cosy Crime mit Leah Page aus Old Alley Town.

 

 

von Kiki Lion

 

 

 

 

Für alle, die eine entspannte Auszeit vom Alltag benötigen

und sich ganz in eine fiktive Geschichte fallenlassen wollen.

Dieses Buch widme ich dir, liebe*r Leser*in. ♥

Kapitel 1

 

Leah Page beobachtet alles und jeden, doch ausgerechnet diesmal hat sie nichts bemerkt …

 

Kaum war Leah erwacht, da fing das Geschnatter schon an. Ihre weiß-blaue Wellensittich-Dame Peachy war völlig aufgebracht und flog einmal quer durch den Raum. Dabei gab sie ein Geschrei von sich, das locker für einen gesamten Schwarm gereicht hätte.

»Ist ja gut, ist ja gut!«, murrte Leah, die sonst immer pünktlich aufwachte und ihrem kleinen Vogel den geliebten Hirsekolben brachte. Doch diesmal hatte sie sich ein paar Extraminuten gegönnt, was offenbar ein Fehler war, denn Peachy wollte keine weitere Sekunde mehr warten.

Sie flatterte einmal haarscharf über Leahs Kopf hinweg, der noch immer tief in die Kissen versunken war, sodass nur ihre graue Lockenpracht aus der Bettdecke hervorlugte.

In einem aufgebrachten Kreischen flog Peachy von der Schlafzimmertür zum gegenüberliegenden Fenster, landete dort auf der Holzfensterbank und trippelte unruhig mit den Füßchen hin und her.

Leah seufzte und gab sich geschlagen. »Na schön«, sagte sie genervt und drehte sich im Bett herum. Am liebsten hätte sie noch ein paar Minuten länger gedöst, aber ihr Vogel war einfach zu entschlossen.

Normalerweise war Peachy friedlich und liebte die gemütlichen Stunden mit ihrer Besitzerin. Doch seit ihr Partner Mr Welli, ein weiß-grünes Exemplar, vor einigen Wochen in einem unaufmerksamen Moment durch die Terrassentür verschwunden war, kam sie offenbar nur schwer zur Ruhe.

Leah bedauerte den Vorfall sehr und hatte gemeinsam mit ihren Freundinnen halb Old Alley Town abgesucht und überall Plakate aufgehängt, doch vom kleinen Piepmatz war keine Spur.

Einen Ersatz zu finden, brachte sie allerdings nicht übers Herz, da sie immer noch die Hoffnung hatte, Mr Welli würde eines Tages zurück nach Hause kommen. Sie vermisste ihn schrecklich und Peachy sowieso, denn Wellensittiche waren nun mal nicht dazu bestimmt, ein einsames Dasein zu fristen.

Sie seufzte bei dem Gedanken an Mr Welli. Doch zum Trübsalblasen blieb keine Zeit, denn schon wieder wurde sie vom Vogel umkreist.

Vielleicht lag Peachys Unruhe auch daran, dass Leah normalerweise pünktlich in aller Herrgottsfrühe aufwachte und den Tag begann, lange, bevor es viele ihrer Mitmenschen taten. Und das, obwohl sie mit ihren siebzig Jahren seit einer ganzen Weile keiner Arbeit mehr nachging oder andere Verpflichtungen hatte, die das frühe Aufstehen erfordert hätten. Sie machte es einfach gerne, denn sie liebte es, jede Person um sich herum genau im Blick zu behalten und das funktionierte eben am besten, wenn sie schon vor allen anderen wach war.

Peachy schnatterte und riss Leah abermals aus ihren Gedanken. Ihr Wellensittich flog den kurzen Weg von der Fensterbank zum Nachttisch und ging dort auf und ab. Sie pochte ihren Schnabel leicht an Leahs Brillenetui und konnte es wohl nicht mehr abwarten, ihren geliebten Snack entgegenzunehmen.

Leah lächelte, erhob sich und griff nach dem Etui, um ihre Brille aufzusetzen. Peachy kommentierte das, indem sie sich einmal aufplusterte und dann schüttelte.

»Du kannst den Hirsekolben wohl kaum erwarten, was?«, fragte sie, während sie in die Pantoffeln schlüpfte.

Peachy flatterte los, wobei ihr Gesang wieder sanftere Züge annahm. Leah entlockte es ein Grinsen, der Vogel hielt sie wahrlich auf Trab.

Sie stand langsam auf und spürte jede Faser ihres Körpers. Es zog mehr als sonst, was sicherlich nur daran lag, dass sie gestern einen etwas ausgelasseneren Filmabend mit ihren Freundinnen Betty und Ruth hatte. Die drei verabredeten sich regelmäßig und sahen sich all die alten Krimiklassiker an, aber auch neuere Filme über das Verbrechen interessierten sie sehr. Schließlich gab es heutzutage viel mehr Möglichkeiten, allein die Technik war beeindruckend, selbst wenn Leah hiervon weitaus weniger verstand, als ihr lieb war.

Und weil sie schon wieder zu lange brauchte, zumindest für Peachys Geschmack, kam der Wellensittich erneut ins Zimmer geflogen. Sie setzte sich auf Leahs Schulter und zwitscherte ihr ins Ohr.

Sie strich der Vogeldame vorsichtig übers Köpfchen, woraufhin sich diese an ihre Wange schmiegte. Solch kleine Momente genoss Leah am allermeisten, denn sie machten es ihr erträglich, alleine zu leben. Und als sie gemeinsam den Raum verließen, war der Groll gegen das Vögelchen schon wieder vergessen.

 

***

 

Während Leahs Rechner im Wohnzimmer hochfuhr, ein altes Ding, das sie von ihrer Tochter geschenkt bekommen hatte und für sie vollkommen ausreichte, schnitt sie in der Küche einen kleinen Pfirsich auf.

Peachy, die ihren Namen nicht von ungefähr hatte, schoss mit einem Mal in die Küchenzeile, und das, obwohl sie längst mit ihrem Hirsekolben versorgt war.

»Aber, hey, du hast doch gerade erst …«, setzte Leah an, da saß ihr Wellensittich bereits auf der Theke und stibitzte ihr ein kleines Stück, nur um kurz darauf das Weite zu suchen.

Leah schüttelte den Kopf, grinste aber. Peachy wusste einfach, wie sie ihr Frauchen um den Finger wickeln konnte.

Wenig später saß auch sie mit einer Stulle, die sie in kleine Stücke geschnitten hatte, und dem übrigen Pfirsich sowie einer Tasse Hagebuttentee vor dem Computer. Eigentlich aß sie immer in Ruhe und erst recht nicht vor dem Bildschirm, aber da sie so spät dran war, musste sie heute halt mal alles anders machen. Wenn schon Chaos, dann richtig.

Leah loggte sich ein und befolgte den Ablauf, den ihr Schwiegersohn ihr notiert hatte. Der Zettel hierfür lag unterhalb ihrer Schreibtischunterlage und obwohl sie schon seit vielen Monaten aktiv war, spähte sie immer wieder nach, weil sie doch den ein oder anderen Schritt vergessen hatte.

In wenigen Minuten hatte sie es geschafft und sich auf der Webseite eingeloggt – genauer gesagt auf ihrem Bücherblog, den sie – in Anlehnung an ihren Namen – Leah’s Pages, Leahs Seiten, genannt hatte.

Ja, sie mochte in ihrem Alter zwar ein echtes Unikat unter den Bücherbloggerinnen sein, aber das war ihr egal, denn sie liebte Bücher und sie liebte es, darüber zu schreiben. Also, warum nicht mit der Zeit gehen und einen Blog starten?

Dass viele das verrückt fanden und sie nicht verstanden, war ihr schnuppe, das war es ihr schon immer, denn Leah war seit jeher eine kleine Vorreiterin.

Selbst früher, als sie trotz Kind arbeiten ging und anfänglich in wilder Ehe lebte, beides etwas, das damals in ihren späten Zwanzigern eher ungewöhnlich war.

Heute war man, zumindest, was das anging, weiter, und Leah freute sich über diesen Fortschritt. Sie fand sowieso schon immer: Anders als andere zu sein ist gut, schließlich ist jeder Mensch einzigartig.

Leah durchforstete mit hämmerndem Herzen ihren Blog. Und da, endlich entdeckte sie ihn, ihren neuesten Eintrag über ihren zuletzt gelesenen Krimi mit dem Titel Der Apfel fällt dir auf den Kopf.

Und wenn man jetzt dachte, dass hinter einem solchen Buchtitel ja nur Schund verborgen sein konnte, dann lag man damit goldrichtig. Zumindest Leahs Ansicht nach, denn für sie war dieses Werk ein echter Reinfall.

Sie überflog noch mal ihr Fazit zu der Buchrezension:

 

»Ein Roman über Intrigen in der Verwandtschaft, einen Apfel als Mordwaffe und eine Liebesgeschichte, die so was von an den Haaren herbeigezogen ist. Kurzum: Nichts für mich.«

 

Sie fand, wenn etwas nicht gut war, dann musste man das sagen dürfen. Es war wichtig, respektvoll zu bleiben, vor dem Werk und dem Autor, aber ja, sie ließ andere wissen, sollte ihr ein Buch missfallen. Und genau diese Ehrlichkeit war es wohl, die ihr eine kleine, zwar übersichtliche, doch dafür umso herzlichere Fangemeinde bescherte.

Leah war keine von den großen Bloggerinnen, die immer spektakulärere Aktionen mit den Verlagen planten, bei denen man nur noch staunen konnte, und das wollte sie auch gar nicht sein, das überließ sie gerne den jungen Leuten. Es ging ihr einfach nur um den Spaß und den Austausch mit den anderen. Ganz besonders mit einem speziellen Kandidaten.

Sie scrollte nach unten und bemerkte dabei gar nicht, wie Peachy ihr wieder ein kleines Pfirsichstückchen klaute, und damit unbemerkt wegflatterte. Viel zu gebannt starrte sie auf den Bildschirm und da, endlich, fand sie seinen Kommentar.

 

Booklover72: »Hallo, Leah’s Pages. Auch diesmal muss ich Ihnen leider sagen, dass Ihre Einschätzung zu diesem Buch bei Weitem nicht mit meiner Meinung übereinstimmt. Es kann doch nicht Ihr Ernst sein, wenn Sie schreiben, dass die Liebesgeschichte – und ich zitiere Sie hierbei wörtlich – ›so was von an den Haaren herbeigezogen ist‹. Wie können Sie denn so etwas nur sagen? Haben Sie nicht gespürt, welch romantische Geste es war, dass der Mann die Frau umworben hat – ganz nach alter Schule? Für mich ist und bleibt es eine der Geschichten, die als Paradebeispiel dafür dienen, was die Symbiose zwischen Kriminalliteratur und Liebesroman betrifft. Meine Erwartungen von ›Der Apfel fällt dir auf den Kopf‹ wurden definitiv übertroffen. Nichtsdestotrotz freue ich mich, wie immer, auf Ihre nächste Buchbesprechung. Es grüßt Sie, Ihr Booklover72.«

 

Leah strahlte über ihr gesamtes Gesicht, wobei sich ihre beigerosa Haut jetzt vor allem an den Wangen deutlich rötlich färbte. Man konnte fast meinen, dass ihr die Botschaft der Nachricht nicht ganz klar war, so wie sie grinste, doch da irrte man sich. Sie verstand die Worte vollkommen – und sie liebte jedes einzelne von ihnen.

Schon seit einigen Monaten spielten sie dieses Spiel. Leah kritisierte etwas, das Booklover72 herausragend fand. Leah liebte etwas, das er miserabel fand. Es war sozusagen ihr Ding.

Sie merkte, dass er sie mochte, und sie ihn auch, das spürte sie an ihrem wild pochenden Herzen, aber das würden weder er noch sie zugeben. Schließlich war es das Internet. Niemand wusste, wer dieser Booklover72 in Wahrheit war und wo er lebte, geschweige denn, ob er wirklich der war, für den sie ihn hielt. Oder überhaupt ein Mann. Da kannte sich Leah aus. Sie sah immer wieder diese Dokus über Betrüger, gerade dann, wenn es um Frauen ihres Alters ging.

Doch all das spielte keine Rolle, denn es bereitete ihr auch so jede Menge Freude und ein kleiner Flirt konnte schließlich nicht schaden.

Bei diesem Gedanken durchfuhr sie ein Stich, den sie nach wie vor spürte, wenn sie an ihren verstorbenen Ehemann Will dachte. Obwohl er seit unglaublichen sieben Jahren nicht mehr da war, liebte sie ihn wie am ersten Tag.

Sie blickte entschuldigend zu seinem Bild hoch, das sie vom Regal aus anzustarren schien. Ob er es gutfinden würde, wenn sie sich auf jemand Neues einlassen würde? Bei dieser Vorstellung wurde ihr ganz schlecht. Sie selbst konnte den Gedanken an einen anderen Mann an ihrer Seite nicht mal zulassen.

Irgendwie wusste Leah, dass Will sich nur das Beste für sie wünschen würde, und dazu gehörte es auch, geliebt zu werden. Obwohl sie spürte, dass die Welt noch so viel Liebe für sie zu bieten hatte, traute sie sich einfach nicht, diese Schwelle zu übertreten und sich ins Ungewisse zu wagen. Will würde immer der Eine bleiben.

Als ihr Wellensittich erneut versuchte, ihr ein Stück des heißgeliebten Pfirsichs zu stehlen, schritt Leah ein.

»Nein, Peachy«, sagte sie und scheuchte den Vogel weg, »das war jetzt genug.«

Das aufgebrachte Schnattern verriet ihr, dass ihr Haustier das gar nicht gutheißen konnte. Aber das spielte keine Rolle, denn Leah war viel zu sehr mit ihren Schuldgefühlen beschäftigt, als hätte sie hierauf Rücksicht nehmen können.

Und weil ihr nun auch der Appetit abhandengekommen war und sie noch nicht genau wusste, ob und wenn ja, was sie dem Bücherfreund antworten sollte, beschloss sie, das Frühstück nahezu unangerührt in die Küche zu bringen.

Als Ersatz musste stattdessen ein Kaffee herhalten. Diesen durfte sie, sofern es nach den Ärzten ging, zwar nur in Maßen genießen, aber wer achtete an einem solchen Morgen schon auf derlei Kleinigkeiten.

Sie schnappte sich ihr neuestes Buch mit dem Titel Wenn die Blumen dreimal blühen, das sie, soweit sie es bislang beurteilen konnte, sehr gerne las. Gemeinsam mit dem Schmöker und dem Heißgetränk machte sie sich auf den Weg in den Garten. Dort las es sich eben am besten, vor allem dann, wenn die Sonnenstrahlen leicht zwischen den Bäumen hereinfielen und den kommenden Frühling ankündigten.

Peachy musste natürlich drinnen bleiben. Seit Mr Welli entkommen war, wollte sie nichts riskieren und huschte, so schnell es ging, durch die Terrassentür, damit die Wellensittich-Dame nicht mal daran denken konnte, ins Freie zu fliegen.

Sie hatte in dem kleinen Cottage sowieso genügend Platz, um sich auszutoben. Die vielen dunklen Holzbalken verliehen dem Häuschen ein gemütliches Flair und ermöglichten Peachy abwechslungsreiche Flugstunden. Dank der teilweise auch im Inneren gemauerten Wände bekam ihr Zuhause etwas Uriges, das sie nicht missen wollte. Leah hatte einst zusammen mit ihrem Will hier gelebt und fühlte sich an diesem Ort noch immer mit ihm verbunden, zumal sie gemeinsam vieles im und am Haus selbst gestaltet hatten.

Und wieder dieser Stich, als sie an ihn dachte. Diesmal jedoch nicht wegen der Schuldgefühle, sondern, weil sie ihn so schrecklich vermisste. Vor allem deshalb, da sie außer Peachy und ihren beiden Freundinnen niemanden in der Nähe hatte.

Ihre Tochter Trisha war inzwischen dreiundvierzig Jahre alt und lebte mit ihrem Mann Owen und ihrem siebenjährigen Sohn Jake eine gute Autostunde entfernt von ihr.

Und weil Trisha mit ihrem eigenen Leben sehr beschäftigt war und Leah kein Auto besaß, beschränkten sich ihre Treffen auf ein paar wenige Male im Jahr. Diese kosteten sie gemeinsam voll aus, denn sie beide hatten ein inniges Verhältnis, auch wenn dies nach Wills Tod ein bisschen zu bröckeln begonnen hatte. Warum, das wusste sie selbst nicht so genau. Wahrscheinlich war es für alle einfach zu schmerzhaft gewesen.

Noch völlig in Gedanken versunken, ging Leah nach draußen und legte ihr Buch auf den Tisch, der von den vielen blühenden Pflanzen umringt war, die sie eigens hegte und pflegte. Es war ein kleines Paradies aus gelben und roten, lila und orangenen Blüten.

Doch ehe sich Leah hinsetzen und ihren Kaffee genießen konnte, bemerkte sie, dass etwas in ihrem Idyll anders war.

Sie konnte es kaum glauben, als sie den Mann erblickte, der nur wenige Meter von ihr entfernt auf dem Boden lag. Seine Augen waren weit aufgerissen, an seiner Stirn rann eine Blutspur herunter, die mit dem Grün des Grases kombiniert für eine schaurige Wirkung sorgte.

Doch umso genauer Leah hinsah, desto mehr erkannte sie: Das Blut, es lief gar nicht. Die Gesichtsfarbe war fahl, die Augen völlig ausdruckslos. Das hier war kein Mann, der einen Unfall hatte und schnell Hilfe brauchte, das hier war … eine Leiche.

Und obwohl sie selbst nur sehr selten zuvor einen Leichnam in ihrem Leben gesehen hatte, wusste sie sofort, dass sie nichts mehr unternehmen konnte. Dieser Mann musste schon länger tot sein. Ja, wahrscheinlich bereits seit einigen Stunden.

Hier.

Liegt.

Eine.

Leiche.

Sie versuchte, tief durchzuatmen, an etwas anderes zu denken, an irgendetwas. Nur nicht an …

Eine.

Leiche.

In.

Meinem.

Garten.

Und als ob diese Erkenntnis endlich in ihrem Gehirn verarbeitet werden könnte, machte Leah das, was alle Menschen taten, die zwar Krimis liebten, aber im echten Leben einen großen Bogen um Leichen und reale Verbrechen machten.

Sie kreischte.

Und wie.

Leah schrie so laut, dass es in ihren Ohren widerhallte, dann ließ sie ihre Tasse mit dem brütend heißen Kaffee fallen.

Einige Spritzer landeten auf ihrem Buch, manche auf den Schuhen und wieder andere ergossen sich einfach auf den Terrassenfliesen. Sie bahnten sich einen Weg zu dem Mann, der da auf dem Rasen lag, so, als ob das einst grüne Gras zusätzlich zu den roten Blutstropfen noch ein paar braune Kaffeeflecken vertragen könnte.

Leah sah, wie all das geschah, und sie hörte auch, wie die Tasse zu Bruch ging, wie sie schrie und nicht aufhören konnte, aber sie begriff es einfach noch immer nicht.

Da.

Liegt.

Eine.

Leiche!

Und dann spürte sie, wie ihre Beine nachgeben wollten, wie sie ins Nichts zu fallen drohte, und noch bevor irgendetwas davon passieren konnte, hörte sie Peachy mit dem Schnabel energisch gegen die Scheibe klopfen.

Es war genau das, was Leah gebraucht hatte, um aus ihrer Schockstarre befreit zu werden. Und so schüttelte sie sich, drehte sich zu ihrem Vogel um und stürmte zurück ins Haus, nur um dort sofort die Polizei zu rufen.

Kapitel 2

 

Die Polizei ist nicht immer dein Freund und Helfer.

 

Innerhalb kürzester Zeit hatte sich Leahs Garten in einen Tatort verwandelt. Überall standen Polizisten umher, sie sicherten Spuren, fotografierten, beobachteten, wägten ab. Wie in einem richtigen Kriminalfilm.

Nur dass das hier keiner war. Es war das echte Leben, ihr Leben, doch all das drang noch immer nicht zu ihr durch.

Wie versteinert stand Leah in ihrem einst so friedlichen Garten und wahrte den größtmöglichen Abstand zur Leiche. Aus sicherer Entfernung schielte sie zu Inspector Dowling herüber, der offenbar mit der Angelegenheit betraut war. Verrückt, wenn man bedachte, was für ein unfähiger Mann er war.

Nein, das war nicht richtig. Leah wusste nicht, ob er fähig war oder nicht, schließlich hatte sie bislang so wenig mit polizeilichen Ermittlungen zu tun wie ihre Peachy mit der Quantenphysik.

Und dennoch spürte sie instinktiv, dass dieser dickliche Mann in den Fünfzigern mit seinem ungepflegten Bart, der rosa-rötlichen Haut und den wenigen, für sein Alter recht weißlichen, Haaren, nicht den leisesten Schimmer, von dem hatte, was er da tat. Das wurde ihr klar, als sie bemerkte, wie er sich immer wieder umsah, ganz so als ob er zum ersten Mal an einem Tatort wäre.

Vielleicht half es da auch nicht, dass Leah das ein oder andere Gerücht zu Ohren gekommen war, das besagte, dass er sich lieber mit den jungen Damen vergnügte, statt seinen Job anständig zu machen. Und das war etwas, was Leah zutiefst verabscheute. Seine Frau wohl auch, denn sie hatte ihn schon Jahre zuvor verlassen und die gemeinsamen Kinder mitgenommen.

Inspector Dowling machte sich erneut Notizen, redete mit seinen Kollegen, die, wenn man die Polizeistation der südwestenglischen Kleinstadt in den Cotswolds kannte, nicht aus Old Alley Town sein konnten, und begutachtete den Leichnam. Es sah fast schon professionell aus.

Da fragte sich Leah, ob sie wohl doch nicht so voreilig sein sollte. Schließlich war das hier ihr Garten und sie wollte die Angelegenheit so schnell wie möglich klären, nicht, dass der Mörder es eigentlich auf sie abgesehen hatte und bald zurückkommen würde, um sein Werk zu vollbringen. Allein der Gedanke jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

Fast so, als würde der Inspector ihr Innenleben wittern können, sah er sie plötzlich mit einem so mürrischen Blick an, den Grumpy Cat zu Lebzeiten hätte neidisch werden lassen.

Und dann kam Dowling geradewegs auf sie zu.

»Mrs Page«, sagte er und sah auf seine Notizen, als ob er ihren Namen ablesen müsste und sie gar nicht kennen würde – und das, obwohl sich hier im Fünftausend-Seelen-Örtchen jeder kannte. Na ja, fast jeder, meist aber wenigstens vom Sehen oder Hören.

Das bestätigte Leah darin, wie recht sie doch hatte, wenn es um ihre Menschenkenntnis ging. Inspector Dowling war eindeutig unfähig, ihr Urteil hatte sie gefällt.

»Sie haben also heute Morgen die Leiche entdeckt?«, fragte er und sah sie dann aus seinen Glupschaugen heraus an. Er war ganz gewiss kein ansehnlicher Mann und wie junge Frauen auf diesen Kerl fliegen konnten, war ihr schleierhaft.

Doch darum ging es jetzt nicht, sie musste mit ihm zusammenarbeiten, damit der Täter so schnell wie möglich gefasst werden konnte. Seine Kompetenz hin oder her. Das hier war wichtig.

»Ja, das ist richtig«, antwortete Leah und nickte. Sie versuchte, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen.

»Können Sie eine genaue Zeit nennen, wann Sie den Mann in etwa gefunden haben?«

Sie dachte kurz nach. »Das müsste ungefähr gegen Viertel vor acht heute Morgen gewesen sein. Ich war ein bisschen spät dran, müssen Sie wissen.«

Er machte sich Notizen und auf einmal fragte sich Leah, ob sie etwas Falsches gesagt hatte, und so schwieg sie wieder. Trotz allem hatte sie Respekt vor ihm, schließlich war er Polizist.

»Warum waren Sie spät dran?«, fragte er und musterte sie, ohne eine Miene zu verziehen.

Sie räusperte sich. »Na ja, ich habe mit meinen Freundinnen einen Filmabend gemacht. Netzflick and Tschill oder so ähnlich, wie die jungen Leute sagen.«

Sie lachte.

Er nicht.

Also fuhr sie fort. »Nun ja, deshalb ist es etwas später geworden, obwohl ich sonst eigentlich früher aufstehe. Dann kam Peachy ins Zimmer geflogen, mein Vogel, müssen Sie wissen«, sie deutete kurz zum Fenster, bemerkte aber, dass ihr Wellensittich nicht dort saß, was ihr ein Kopfschütteln des Inspectors einbrachte.

Trotzdem erklärte sie: »Jedenfalls hat sie mich geweckt. Mr Welli ist ja leider nicht mehr da. Entflogen ist er.« Sie schüttelte den Kopf. »Das war so schrecklich dumm von mir.« Plötzlich kam ihr ein verrückter Gedanke, der ihren Mund schneller verließ, als ihr lieb war. »Sagen Sie, kann ich bei Ihnen vielleicht eine Vermisstenmeldung aufgeben?«

»Eine Vermisstenmeldung?« Nun klang er irritiert. »Sie meinen für den Toten.«

»Mr Welli ist tot?« Leah riss ihre dunkelblauen Augen weit auf.

Er deutete mit seinem Kugelschreiber auf die Leiche: »Wenn das Mr Welli ist, dann fürchte ich ja.«

Leah begriff, dass sie aneinander vorbeigeredet hatten und dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für all das war. »Ich meinte für meinen Wellensittich«, erklärte sie dennoch, inzwischen etwas kleinlaut.

Der Inspector verzog noch immer keine Miene, schüttelte nur den Kopf. »Das ist nicht die Aufgabe der Polizei.«

»Verstehe.«

Sie schwiegen.

»Was ist dann passiert?«, wollte er wissen.

Sie überlegte kurz und begann wieder zu reden. »Tja, dann habe ich mit Peachy gefrühstückt, ich war auch noch am Computer, schließlich schreibt sich der Blog auch nicht von alleine.« Sie lachte leicht auf. »Dieser neue Krimi war gar nicht mein Fall. Ich weiß ja nicht, ob Sie lesen, aber Der Apfel fällt dir auf den Kopf ist wirklich nicht zu empfehlen, obwohl es durchaus Liebhaber hierfür geben soll …«

Dowling unterbrach ihren Redeschwall. »Und was genau hat das mit der Leiche zu tun?«

»Also, nun, natürlich nichts«, stammelte sie, »aber vielleicht sind das alles Informationen, die Ihnen dabei helfen, den Fall zu lösen. Ich weiß doch, wie das ist, schließlich liebe ich Kriminalfilme.«

Ach herrje, hatte sie das jetzt wirklich gesagt? Warum blubberte sie denn auch so los, als würde sie ihm ihr ganzes Leben berichten wollen? Fehlte tatsächlich nur noch, dass sie Booklover72 erwähnen würde.

»Soso«, kommentierte er ihre Aussage knapp und kritzelte wieder auf seinem Block herum.

Sie musste schlucken. Jetzt hatte sie also garantiert etwas Falsches gesagt!

»Noch mal zum Filmabend«, sagte er.

Ihre Miene hellte sich auf. »Sie wollen sicherlich wissen, was wir gesehen haben«, kam sie ihm zuvor und dachte nach, weil sie sich nicht mehr genau an den Titel erinnern konnte.

»Was?«, unterbrach er sie direkt. Jetzt sah er verwirrt aus. »Nein, natürlich nicht!«

Leah verstummte, während der Inspector zunehmend genervter dreinblickte.

»Also, was ich meine«, fasste er sich wieder, »wann genau haben Sie das Haus verlassen und wann waren Sie zurück?«

Diesmal dachte sie etwas länger nach. Dabei ließ Dowling sie nicht aus den Augen, was sie nur noch nervöser machte.

»So gegen sieben Uhr abends bin ich wohl aufgebrochen. Ich habe mir ein Taxi gerufen. Zurück bin ich dann etwa gegen zehn Uhr gewesen. Meine Freundin Betty hat mich gefahren, sie hat sogar darauf bestanden.«

»Und Ihnen ist nichts Ungewöhnliches aufgefallen?«

Leah dachte wieder kurz nach. »Nein, nicht, dass ich wüsste. Aber ich war auch nicht mehr im Garten.«

»Haben Sie sonst etwas gesehen? Vor dem Haus oder kam Ihnen etwas merkwürdig vor?«

»Nein, es war alles wie immer, außer, dass ich später gefahren bin als sonst. Normalerweise nehme ich immer ein Taxi zurück, aber Betty war so lieb und hat mich nach Hause gefahren.«

»Sie nehmen also ausgerechnet in der Mordnacht kein Taxi zurück?«

»Nein, also, ich konnte ja nicht ahnen, dass …« Leah brach plötzlich der Schweiß aus. Dieser Inspector glaubte doch nicht etwa …?

»Haben Sie Zeugen dafür?«

»Na ja, meine Freundinnen Betty und Ruth.«

»Hm«, murrte er vor sich hin, »sonst niemanden?«

»Entschuldigen Sie mal«, jetzt platzte Leah fast der Kragen, »was wollen Sie da eigentlich andeuten?«

Als ob er die Frage nicht gehört hätte, fuhr er fort und deutete auf die angrenzenden Grundstücke rechts und links von ihrem Haus.

»Kann jemand bezeugen, dass Sie um diese Uhrzeit wieder zurück waren?«

Leah überlegte kurz und versuchte dabei, sich zu beruhigen. »Mr Paulsen«, sie zeigte nach links, »ist im Urlaub, das Haus steht momentan leer, also nein.« Dann wandte sie sich nach rechts und musste schlucken. »Na ja, und hier wohnt ja Ms Sherman«, sie begann zu stocken, denn ihr beider Verhältnis war dermaßen angespannt, die junge Dame – sofern man sie überhaupt so nennen konnte – würde ganz gewiss keine gute Zeugin abgeben, auch wenn Leah natürlich nichts zu verbergen hatte.

»Was ist mit Ms Sherman?«, hakte der Inspector ungeduldig nach.

»Also, ich denke nicht, dass sie mich gesehen hat, sofern sie zu Hause war, aber genau weiß ich es natürlich auch nicht.«

»Soso«, er ließ seinen Blick noch mal durch den Garten schweifen. »Sie wollen mir also sagen, dass Ihr einer Nachbar im Urlaub ist, während Ihre andere Nachbarin, vielleicht oder vielleicht auch nicht, zu Hause war und vermutlich nicht bezeugen kann, dass Sie da waren?«

»Aber Sie müssen wissen …«, versuchte sie, sich zu verteidigen, doch offenbar war sein Monolog noch gar nicht beendet.

»Und das ausgerechnet auf Ihrem Grundstück, das sonst niemand einsehen kann, weil direkt dahinter ein Waldstück angrenzt! Ist es das, was Sie mir sagen wollen?« Der Inspector hatte sich richtig in Rage geredet, wobei sich seine feuchte Aussprache überall verteilte, sogar auf Leahs Stirn. Und obwohl sie das, unter normalen Umständen, gestört hätte, war das nun ihre kleinste Sorge, weshalb sie darüber hinwegsah.

Leah nickte. »Ja, das ist richtig, deshalb ist das Grundstück ja auch perfekt.«

»Wie bitte?« Er riss die Augen weit auf. »Es ist perfekt? Zum Morden oder was?« Inzwischen schrie er so laut, dass ein paar seiner Kollegen herübersahen, die einige Meter entfernt standen. Doch anscheinend hielt es niemand für nötig, einer alten Dame beizustehen, und so sah sie sich alleine dem Zorn des Inspectors ausgeliefert.

»Natürlich nicht!«, rief sie lauter als beabsichtigt. »Ich möchte damit sagen, dass es für meinen Mann und mich perfekt war, damals, als wir es gekauft hatten.«

»Und wo ist Ihr Mann? Kann er Ihre Ankunft vielleicht bezeugen?«

Sie schluckte. »Nein, Will ist schon vor vielen Jahren verstorben.«

»Da haben Sie natürlich gut geerbt«, sagte er mit einem Blick auf ihr gemütliches Cottage und den malerischen Garten. Er wirkte beeindruckt.

»Wie bitte?« Leah kreischte fast. Was sollte das denn heißen?

Er zuckte mit den Achseln. »Ich meine ja nur: Ein toter Ehemann, jetzt eine Leiche im Garten.«

»Also hören Sie mal!« Leah stemmte die Fäuste in die Hüften. Das geht nun wirklich zu weit!

»Kannten Sie den Toten?«, wechselte er abrupt das Thema.

Leah war so perplex, dass sie nur ein heiseres »Nein« herausbrachte. Sie hatte zwar nur einen flüchtigen Blick auf den Mann geworfen, aber er kam ihr nicht bekannt vor. Und Gesichter konnte sich Leah schon immer gut merken.

»Schade«, meinte er lässig, als ob es hier nicht um ein Menschenleben gehen würde, das von irgendeinem, noch freilaufenden, Täter ausgelöscht worden war.

»Wie meinen Sie das bitte?«, fragte sie, sichtlich angewidert von seiner lapidaren Art.

»Na ja, wenn Sie ihn gekannt hätten, dann hätten Sie vielleicht ein Motiv gehabt, ihn zu töten.«

Sie atmete schwer aus, Ihr Entsetzen stand ihr auf die Stirn geschrieben. »Ich habe bestimmt niemanden getötet!«

Er fuhr unbeirrt fort: »Vielleicht ist Ihr Motiv ja wieder Geld gewesen.« Er blickte sich erneut auf dem Grundstück um. »Kam Ihnen ja sicherlich ganz gelegen, der Tod Ihres Mannes, damals.«

»Wie können Sie es wagen?«, kam es bebend aus ihr heraus. Sie zitterte am gesamten Leib und kämpfte gegen die Tränen an. Doch den Gefallen wollte sie diesem Widerling ganz bestimmt nicht tun.

»Na ja, ich weiß ja, wie Ihr Frauen das so macht. Hauptsache, man steht sich nachher besser da als vorher.«

In Leah brodelte es gewaltig. Sie wäre dem Inspector am liebsten an die Gurgel gesprungen und hätte wirklich ihren allerersten Mord begangen. Doch noch ehe sie ihren gewaltsamen Plan in die Tat umsetzen konnte, ergriff er wieder das Wort.

»Also, ich werde die Kontaktdaten Ihrer Freundinnen brauchen, um das alles zu überprüfen. Wir werden mit dem Taxiunternehmen und den Nachbarn sprechen müssen. Danach wissen wir, ob Sie wirklich ein Alibi haben.«

»Ein … Alibi?«

Der Inspector nickte. »Dann werden wir ja sehen, ob Ihre Geschichte stimmt.« Er grinste sie frech an, und drückte ihr seine Visitenkarte in die Hand. »Falls Ihnen noch etwas einfallen sollte.«

Dann drehte er sich einfach weg und ging.

Leah blieb verdattert zurück, während sie sich an die Karte klammerte, als wäre es ihr Rettungsring. Wollte er damit etwa sagen, dass sie, eine sich stets ans Gesetz haltende Rentnerin, einen Mord begehen würde? Das war doch völlig verrückt!

Aber dann musste sie plötzlich an die vielen unschuldig verurteilten Menschen denken, die tagtäglich ins Gefängnis kamen. Davon hörte man immer wieder – und sie, mit ihren siebzig Jahren, sie würde doch nie mehr herauskommen, das wäre dann ihre Endstation. Nein, das konnte er unmöglich ernst meinen!

Sie taumelte nach hinten, was der Inspector natürlich nicht sah, weil er ihr längst den Rücken zugewandt hatte, aber um sich nicht die Blöße zu geben, versuchte sie, die Haltung zu wahren.

Erst als sie wieder im Inneren des Hauses war, sich in Sicherheit wähnte, im Schutz ihrer vier Wände, sank sie auf einem Küchenstuhl zusammen und bemühte sich, ihren Atem unter Kontrolle zu bringen.

Dieser Inspector war ja noch viel scheußlicher, als sie es jemals für möglich gehalten hätte.

Leah zu verdächtigen, war das eine, aber ihren Will in diese Angelegenheit mit hineinzuziehen, war etwas völlig anderes. Was wollte er ihr damit überhaupt unterstellen? Dass sie ihren Ehemann nicht geliebt hatte, sondern nur des Geldes wegen mit ihm zusammen war – ja, ihn deshalb sogar ermordet hatte?

Der Kerl kannte sie doch gar nicht, es war völlig absurd, so etwas zu behaupten!

Und trotzdem brachte Leah das Ganze zur Weißglut.

Für sie stand eines schon jetzt fest: Diesen Inspector würde sie keinesfalls ungeschoren davonkommen lassen.

---ENDE DER LESEPROBE---