23,00 €
»Meine Verachtung für den Staat ist grenzenlos«
Javier Mileis Autobiografie
Mit Javier Milei wird der Begriff »Freiheit« neu definiert - klar, leidenschaftlich und kompromisslos. In seiner Autobiografie Der Weg des Libertären schildert der frisch gewählte Präsident Argentiniens, wie er als charismatischer Außenseiter das politische Establishment seines Landes herausfordert und die Massen hinter sich versammelt.
Milei ist vieles: Wirtschaftswissenschaftler, Provokateur, Hoffnungsträger und Enfant terrible der internationalen Politik. In diesem Buch gewährt er Einblicke in seine Herkunft, seine Kindheit und seine intellektuellen Wurzeln, die von einer kompromisslosen Ideologie geprägt sind: dem Kampf für die Freiheit - gegen staatliche Überregulierung, politische Bevormundung und das, was er als »die Korruption der Politkaste« bezeichnet.
Doch Der Weg des Libertären ist mehr als nur eine Autobiografie. Es ist ein Manifest, das seine visionären - und oft umstrittenen - Ansichten zur Wirtschaft und zur Gesellschaft offenlegt. Zudem enthält es eine Auswahl seiner bedeutendsten Reden, Essays und Reflexionen aus den frühen Jahren seiner Karriere, in denen er seine Ideen in den politischen Diskurs einbrachte. Seine provokante und polarisierende Haltung hat nicht nur Argentinien, sondern auch die Welt in Aufruhr versetzt.
Mit einem Vorwort von Professor Philipp Bagus stellt dieses Buch eine Herausforderung dar: Es zwingt dazu, sich mit Mileis unorthodoxem Weltbild zu beschäftigen, das bei seinen Anhängern Hoffnung entfacht und seine Gegner in Rage versetzt.
Für alle, die bereit sind, sich mit einer Stimme auseinanderzusetzen, die gängige Dogmen infrage stellt, bietet Der Weg des Libertären eine faszinierende, kontroverse und unverzichtbare Lektüre. Es ist die Geschichte eines Mannes, der nicht nur ein Land, sondern auch die politische Landschaft revolutionieren will.
Javier Milei: Präsident. Provokateur. Libertärer Visionär. Sind Sie bereit, sich der Debatte zu stellen?
»Der Mentalitätswechsel weg vom Staat hin zur Freiheit, den Milei in Argentinien vornimmt, ist einzigartig; und nicht nur auf Argentinien begrenzt. Auch dieses Buch wird weiter dazu beitragen, die Ideen der Freiheit bekannter zu machen. Für diese Verbreitung der Ideen der Freiheit wird Milei in die Geschichte eingehen. Dafür müssen wir ihm zutiefst dankbar sein. Und es ist noch lange nicht zu Ende.«
Professor Philipp Bagus
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2024
Für Kari »El Jefe«, Conan, Murray, Milton, Robert, Lucas und Aaron.
Es ist mir eine große Ehre und Freude, die Autobiografie meines Freundes Javier Milei einleiten zu können – nicht zuletzt, weil Javier Milei die Güte hatte, für mein Buch »Die Ära Milei« ein Vorwort zu verfassen. In der Tat war die spanische Fassung seiner Autobiografie »Camino del Libertario« eine wichtige Quelle für mein Buch über Milei und seine Ideen.
Denn in seiner Autobiografie erzählt er frei weg seinen intellektuellen Werdegang, was tiefe Einblicke in die Persönlichkeit von Javier Milei ermöglicht. Zudem kommen Weggefährten und Freunde zu Wort, was weitere Einsichten in den schillernden Charakter des Entertainers, Showmans und Ökonomieprofessors erlaubt.
Darüber hinaus beinhaltet das vorliegende Buch noch wichtige Aufsätze von Javier Milei, die seine Ideen repräsentieren. Darunter findet sich seine Kritik an der Neoklassik, die später in seine berühmte Davos-Rede einfloss, eine Analyse seines Verständnisses des Kapitalismus, einen Aufsatz über die Ungerechtigkeit des Konzepts der sogenannten »Sozialen Gerechtigkeit«, eine Streitschrift gegen den Staat, unseren Feind, sowie Aufsätze zum Wirtschaftswachstum, Geldwesen und der Inflation. Interessant bei den Ausführungen zum Geldwesen ist es, dass Milei ein vollgedecktes Bankensystem verteidigt, ganz im Sinne der Österreichischen Schule in der Tradition von Mises, Rothbard und Huerta de Soto. Ein Ende des teilgedeckten Bankensystems zusammen mit Währungsfreiheit wäre weltweit ein Unikum.
Das Buch wird abgerundet durch Mileis politische Reden aus den Jahren 2020 und 2021, als er in die Politik einstieg. An ihnen lässt sich vortrefflich seine brillante, mitreißende Rhetorik studieren. Der Leser spürt förmlich, wie Milei das Publikum für die Ideen der Freiheit gewinnt und mitreißt.
Beim Schreiben dieser Zeilen setzt Milei seine radikalen Ideen gegen alle Widerstände bereits ein Jahr um; und das mit einer Überzeugung, die nach der Lektüre des Buches kaum überraschen kann. Und was Milei in Argentinien umsetzt, erregt großes Aufsehen. Weltweit. So großes Aufsehen, dass der neu gewählte US-Präsident Donald Trump voll des Lobes für Argentinien ist und Milei als ersten Staatspräsidenten auf sein Anwesen nach Mar-a-Lago eingeladen hat. Auch Elon Musk ist ein großer Milei-Fan, wie auch Vivek Ramaswamy. Die beiden sollen DOGE (Department of Government Efficiency) vorstehen, der beratenden US-amerikanischen Deregulierungsbehörde, die nach dem Vorbild von Mileis argentinischem Deregulierungsministerium, dazu beitragen soll, den US-Amerikanischen Staat zu entschlacken und radikal zurechtstutzen.
Zum einjährigen Jubiläum seiner Wahl schaffte es Milei auch auf das Titelblatt der internationalen Zeitschrift The Economist. Er wird zitiert mit der Schlagzeile »My Contempt for the State is Infinite«, meine Verachtung für den Staat ist grenzenlos. Das der im sozialdemokratischen Mainstream verhaftete The Economist eine derartig radikale Staatskritik auf seinem Titelblatt druckt, war vor kurzer Zeit noch völlig undenkbar. Zudem ist die Berichterstattung wohlwollend. Man müsse die libertären Ideen ernst nehmen und das Ergebnis der Rezepte beobachten.
Die liberal-libertären Ideen haben durch Javier Milei innerhalb eines Jahres eine unheimliche Reichweite und Verbreitung erfahren. Und Javier Milei weiß sein Megafon geschickt einzusetzen und die Ideen der Freiheit zu popularisieren, sei es in Davos beim World Economic Forum, bei der UNO oder in Mar-a-Lago.
Milei hat den Kulturkampf, wie er es nennt, den Kampf um die besseren Ideen, auf die globale Bühne getragen und bedeutende Siege errungen. Es ist etwas ins Rollen gekommen.
Doch was sind die Ergebnisse in Argentinien selbst nach einem Jahr? Funktionieren die libertären Rezepte der Österreichischen Schule der Nationalökonomie?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns zunächst die Ausgangsposition vor Augen führen als Javier Milei im Dezember 2023 die Macht übernahm. Der Kirchnerismus hatte das Argentinien 20 Jahre lange zugrunde gerichtet. Die Armutsquote lag im November 2023 bei 55 Prozent. Die Quote extremer Armut stand bei 17,5 Prozent. Der Staatsbankrott drohte, der 10. in der Geschichte Argentiniens. Die argentinischen Staatschulden lagen 2023 bei etwa 88 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zudem schuldete Argentinien 60 Milliarden US-Dollar für bereits gelieferte aber noch nicht bezahlte Importe. Am 21.12.2023 wenige Tag nach Mileis Amtsantritt wurde eine Zinszahlung an den Internationalen Währungsfonds fällig. Gleichzeitig bilanzierte die Argentinische Zentralbank negative 10,5 Milliarden US-Dollar. Währungsreserven, da sie sich in US-Dollar verschuldet hatte.
Als wäre das nicht genug, war Argentinien in einer inflationären Dynamik gefangen, die sich ungebremst in eine Hyperinflation beschleunigte.
Die monatliche Konsumgüterpreisinflation lag 2023 von Januar bis Juli zwischen 6 Prozent und 8,4 Prozent. Im August beschleunigte sie sich schon auf 12,4 Prozent und im Dezember sprang sie auf 25,5 Prozent, was einer annualisierten Teuerungsrate von 1228 Prozent entspricht. Die Großhandelspreise, die in der Regel der künftigen Konsumgüterinflation vorauslaufen, zeigten eine weitere Beschleunigung an. Sie stiegen im Dezember 2023 um 54 Prozent, das sind annualisiert 17.000 Prozent. Eine Hyperinflation schien unvermeidbar.
Das Staatsdefizit war wenig hilfreich. Das konsolidierte Staatsdefizit lag 2023 bei sage und schreibe 15 Prozent, davon 5 Prozent in der Staatskasse und 10 Prozent in der Zentralbank. Denn nicht nur das Finanzministerum hatte Schuldtitel ausgegeben, auch die Zentralbank. So verkaufte die argentinische Zentralbank kurzfristige Schuldpapiere zu attraktiven Zinsen an die Banken, um die zuvor geschaffenen Pesos abzuschöpfen. Statt in die Wirtschaft zu fließen, gelangten die Pesos zurück zur Zentralbank und wurden so sterilisiert. Das Problem dabei ist offensichtlich. Die Zentralbank musste attraktive Zinsen auf ihre Verbindlichkeiten zahlen. Durch die hohe Inflation im Jahr 2023 lag der Zinssatz bei etwa 135 Prozent. Doch wie bezahlte die Zentralbank diese Zinsen auf ihre Schulden? In dem sie neues Geld druckte. Ein Teufelskreis. Ende 2023 implizierten die Zinszahlungen der argentinischen Zentralbank einen endogenen Anstieg der Geldmenge von 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit schlummerte eine Zeitbombe in der Zentralbankbilanz, die jederzeit eine Hyperinflation zünden konnte.
Ende 2023 war die Lage also dramatisch. Argentinien war vollkommen verarmt, praktisch bankrott, mit einem konsolidierten Defizit von 15 Prozent des BIP. Der argentinische Staat war ohne Kredit, ohne Reputation, unfähig sich zu finanzieren und an der Schwelle einer Hyperinflation. Die Gesellschaft war am Limit und konnte keine große Anpassungskrise überstehen, schon gar keinen Währungszusammenbruch. Dass Mileis Parteienbündnis nur über 15 Prozent der Abgeordneten im Parlament und 10 Prozent im Senat verfügte, und die Opposition alle Gesetzesvorhaben blockierte, machte die Situation nicht leichter. Die Probleme in den Griff zu bekommen war eine titanische Aufgabe.
Bei seinem Amtsantritt nahm sich Milei zunächst die makroökonomische Stabilisierung vor. Entscheidend und das Herzstück war die Eliminierung des Defizits. Milei wiederholte unermüdlich, dass die Defizitbeseitigung unverhandelbar sei. Und schon im ersten Monat, im Januar 2024 gelang ein Haushaltsüberschuss. Das war nur durch den beherzten Einsatz der berüchtigten Kettensäge möglich. Milei schaffte Ministerien ab, entließ Staatsbedienstete, legte alle staatlichen Infrastrukturprojekte auf Eis, schloss Behörden, beendete die staatliche Subvention der Medien und die Transfers an die Provinzen. Außerdem erhöhte er die Gehälter von öffentlichen Angestellten und Rentnern nicht im gleichen Rhythmus wie die Inflation.
Der reale Rückgang der Staatsausgaben beläuft sich etwa auf ein Drittel. Das ist eine unglaubliche Zahl, die historische ihresgleichen sucht. Der Rückgang der Staatsausgaben repräsentiert die Erleichterung der Last des Staates, die auf den Schultern der argentinischen Zivilgesellschaft liegt.
Die Folge war ein Haushaltsüberschuss, auch nach Zinsen. Weil es kein Defizit mehr gibt und Milei verdeutlicht hat, dass es mit ihm auch keines mehr geben wird, wurde ein monetärer Anker für die Inflationserwartungen geschaffen: Es wird nicht mehr nötig sein, Pesos zu drucken, um das Defizit zu finanzieren. Mit den Inflationserwartungen fielen die Zinsen. Dieser Zinsrückgang bedeutete weitere Einsparungen, weil die Zinslast von Staat und Zentralbank fiel.
Während das Haushaltsdefizit im Januar beseitigt wurde, dauerte es bis zum Juni 2024 bis das zehn-prozentige Defizit der Zentralbank eliminiert wurde. Die Banken bekamen Anreize, die verzinsten Zentralbankverbindlichkeiten gegen langfristige Staatsanleihen zu tauschen.
Durch die Beseitigung des Defizits sowohl im Haushalt als auch bei der Zentralbank entfällt der endogene Druck, neue Pesos herzustellen. Seit Juli 2024 werden netto auch durch Dollarankauf keine Pesos mehr in den Umlauf gebracht. Zwar müssen Exporteure ihre Dollars weiterhin an die Zentralbank zum offiziellen Wechselkurs gegen Pesos abliefern, doch stößt die Zentralbank in der Folge die Dollars wieder zum Marktpreis ab. Sie sammelt die Pesos wieder ein, wobei durch die Differenz zwischen offiziellem Wechselkurs und Marktpreis ein Gewinn verbleibt. Entscheidend: Die Nettoemission ist Null.
In der Zukunft möchte Javier Milei auch die Geldemission für eine Bankenrettung vermeiden. Ein Teildeckungsbankensystem erzeugt zyklische Krisen. In diesen Krisen produziert die Zentralbank Geld, um die Teildeckungsbanken zu retten. Um dieses Risiko zu beseitigen, plädiert Javier Milei für ein vollgedecktes Bankensystem. Schafft es Milei seinen Plan zu verwirklichen, dann besitzt Argentinien das erste Bankensystem weltweit mit einer 100-prozentigen Reservedeckung, wodurch die allgemeinen Rechtsprinzipien wieder respektiert wären. Bankenkrisen und Wirtschaftszyklen wären Geschichte.
In Folge dieser beherzten Maßnahmen ist die Monatsinflation von 25 Prozent im Dezember 2023 auf 2,7 Prozent im Oktober 2024 gefallen. Und die Märkte erwarten eine weiter rückläufige Inflationsrate. Die Risikoprämie auf argentinische Staatsanleihen geht immer weiter zurück. Lag sie bei Mileis Amtsantritt bei knapp 3000 Basispunkten, liegt sie beim Verfassen dieser Zeilen nur noch bei etwa 750 Basispunkten. Auch der Marktpreis des Pesos nähert sich immer weiter dem offiziellen Wechselkurs. Die Abwendung der Hyperinflation und Stabilisierung des Pesos ist Mileis bislang größte Leistung und sein größtes politisches Kapital.
Doch wieso kam es nicht zu sozialen Unruhen? Stellen Sie sich vor in Deutschland würde die Regierung die Staatsausgaben um ein Drittel kürzen. Die Regierung würde wohl darüber stürzen. Doch in Argentinien verzeichnet Javier Milei sogar steigende Zustimmungswerte. Das ist nur dadurch erklärbar, dass Milei 10 Jahre lang im Kampf um die besseren Ideen Aufklärungsarbeit geleistet hat. Er hat aufgeklärt, dass die Inflation ein monetäres Problem ist. Die Staatsausgaben sind das Problem, weil sie zu einem Defizit führen, das durch die Ausgabe neuen Geldes finanziert wird, was die Preise steigen lässt. Diese Inflationssteuer, die vor allem die Armen trifft, ist mit der Nullemission seit Juli 2024 eliminiert.
Milei hat auch aufgeklärt, dass weniger Staatsausgaben nicht schlecht für die Privatwirtschaft sind. Ganz im Gegenteil bedeutet ein Rückgang der Staatsausgaben, dass dem Privatsektor mehr Ressourcen zur Verfügung stehen. Außerdem hatte er angekündigt, dass der Entzug der Inflationsdroge hart werden würde. Am Ende des Tunnels wartet jedoch ein neues Argentinien. Und dieses Mal lohne sich der Aufwand. Für diese Aussagen wählten ihn die Argentinier. Und daher genießt Milei bis heute noch so hohe Zustimmungswerte in der Bevölkerung , trotz der Sparmaßnahmen. Denn er macht genau das, was er vor der Wahl versprochen hat.
Aber nicht nur die makroökonomische Stabilisierung ist Milei gelungen. Auch bei der Deregulierung der argentinischen Wirtschaft gibt es gewaltige Fortschritte. Beginnend mit seinem Decreto de Necesidad y Urgencia (Notstandsdekret) hob Milei mehr als dreihundert Verordnungen auf. Besondere Aufmerksamkeit erregte das Ende der Mietpreiskontrolle. Die realen Mieten fielen, als zurückgehaltene Wohnungen wieder auf den Markt kamen. Im Juni brachte Milei auch seinen umfassenden Reformplan (Ley Bases) durch beide Kammern. Es handelt sich um die größte Strukturreform Argentiniens. Laut Milei ist die Reform achtmal so groß wie die bisher größte Strukturreform in Argentinien unter Carlos Menem in den 90er Jahren. Das Ley Bases beinhaltet unter anderem die Gründung des Deregulierungsministeriums, Privatisierungen und eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Täglich werden alte Verordnungen abgeschafft. Zu den Deregulierungen gesellen sich auch sukzessive Steuersenkungen.
Die Ziele Mileis sind klar und wurden im Juli mit der Unterzeichnung des Pacto de Mayo (Maipakts) zwischen dem Präsidenten und den Gouverneuren bekräftigt. Zu den zehn Grundprinzipien dieses Pakts gehören »die Unverletzlichkeit des Privateigentums«, »die Reduzierung der öffentlichen Ausgaben auf 25 Prozent des BIP« und die Umsetzung einer Reform, die »die Steuerlast senkt und das Leben der Argentinier vereinfacht und den Handel fördert«. Langfristig möchte Milei Argentinien zum freiesten Land der Welt machen. Die ersten Schritte sind getan.
Derweil mehren sich die Anzeichen, dass die konjunkturelle Talsohle im April 2003 erreicht worden ist. Seit dem ging es zunächst langsam, dann schneller bergauf. Seit Mai steigen Autoproduktion, private Bauaktivität, Konsumentenvertrauen, Exporte und die Reallöhne. Der Internationale Währungsfonds geht für das Jahr 2025 von einem kräftigen Wachstum aus. JP Morgan schätzte die annualisierte Wachstumsrate im 3. Quartal 2024 sogar auf 8,5 Prozent.
Der Mentalitätswechsel weg vom Staat hin zur Freiheit, den Milei in Argentinien vornimmt, ist einzigartig; und nicht nur auf Argentinien begrenzt. Auch dieses Buch wird weiter dazu beitragen, die Ideen der Freiheit bekannter zu machen. Für diese Verbreitung der Ideen der Freiheit wird Milei in die Geschichte eingehen. Dafür müssen wir ihm zutiefst dankbar sein. Und es ist noch lange nicht zu Ende.
Wird Milei nicht von der Opposition von der Umsetzung der libertären Rezepte abgebracht, dann wird Argentinien eine beeindruckende Wachstumsgeschichte erleben. Ein »Wirtschaftswunder«. Und gerade das fürchten die Etatisten und Kollektivisten. Daher sind sie in Panik. Weltweit. Sie versuchen, Milei und seine Ideen in den von ihnen kontrollierten Medien zu diffamieren und seine Reformen zu sabotieren. Denn ist Milei erfolgreich und führt Argentinien in die Prosperität und Freiheit, dann werden sich die Menschen den Ideen der Freiheit zuwenden. Sie werden sich libertäre Reformen wünschen. Sie werden auch Prosperität und Freiheit haben wollen. Sie werden sich einen Milei in ihrem Land wünschen. Sie werden sich nach mehr Freiheit und weniger Staat sehnen, und das bedeutet für die Etatisten, die vom Staate leben, weniger Einkommen und Macht.
Möge das vorliegende Buch zum Mentalitätswechsel weg vom Zwang des Etatismus hin zu den Ideen der Freiheit und der freiwilligen Kooperation beitragen. ¡Viva la libertad, carajo!
Philipp Bagus
Majadahonda, 02. Dezember 2024
Von Alberto Benegas Lynch (Jr.)1
Seit Jahrzehnten leben wir Argentinier in extrem gefährlichen Zeiten. Denn der politische Diskurs in unserem Land ist anachronistisch und in jeder Hinsicht erfolglos. Alle leiden darunter, vor allem die Schwächsten. Vor Kurzem hat Javier Milei mit einem Diskurs die politische Bühne betreten, mit dem er gegen den Strom schwimmt und mit dem er nicht mehr und nicht weniger als Freiheit propagiert. Mit seinen Ideen, die eine Tiefgründigkeit aufweisen, wie wir sie in unserer Gesellschaft schon lange nicht mehr gesehen haben, hat Milei viele Menschen und politische Akteure beeinflusst.
Wiederholt erklärte er, dass er gekommen sei, »um Löwen zu wecken, nicht um Lämmer zu führen«, dass seine politische Rolle zeitlich begrenzt sei und dass es auf Ideen und nicht auf einzelne Menschen ankomme. Milei geht energisch gegen alle totalitären Erscheinungen vor und formuliert Vorschläge, wie diesen zu begegnen ist. Einige dieser Vorschläge sollen in diesem Buch in aller Kürze zusammengefasst werden, um zu veranschaulichen, welche Positionen seine Partei vertritt. Dazu gehen wir im Folgenden auf zehn Punkte ein.
Erster Punkt: der Umweltschutz. Seit einiger Zeit verstecken sich die verschiedenen Spielarten des Sozialismus hinter dem sogenannten Umweltschutz, um möglichst effektiv gegen das Privateigentum vorzugehen: Anstatt wie im Marxismus das Privateigentum direkt abzuschaffen, verweisen Umweltschützer auf die sogenannten »Kollektivgüter« und die Tatsache, dass verschiedene Menschen unterschiedliche Sichtweisen auf die Wirklichkeit haben. Dadurch können sie der Tragik der Allmende effektiver Geltung verschaffen, denn nun ist jeder berechtigt, eine als unangemessen empfundene Nutzung fremden Privateigentums zu kritisieren.
Der Gründer und erste CEO von Weather Channel, John Coleman, der Physiknobelpreisträger Ivar Giaever und der ehemalige Präsident von Greenpeace Kanada, Patrick Moore, erklären, dass der sogenannte Umweltschutz auf einem Betrug beruht, weil dabei gezielt Statistiken manipuliert werden. So ist die weltweite Durchschnittstemperatur im Laufe des letzten Jahrhunderts um ein halbes Grad gestiegen, und zwar noch bevor der Mensch begonnen hat, verschiedene Gase (hauptsächlich Kohlendioxid) in die Atmosphäre einzuleiten. Die drei Autoren weisen außerdem darauf hin, dass zu Zeiten der Dinosaurier der Kohlendioxidgehalt fünf- bis zehnmal höher war als heute, was zu einer üppigen Vegetation beitrug. In diesen Zeiten war die Erde manchmal wärmer und feuchter und manchmal kühler und trockener.
Richtig ist, dass viele Meereslebewesen aufgrund der bereits erwähnten Tragik der Allmende vom Aussterben bedroht sind. Dies gilt heutzutage aber nicht mehr für Rinder, auch wenn dies keinesfalls immer so war: So starben in der Kolonialzeit in weiten Teilen Lateinamerikas die Rinder aus, weil jeder, der ein Tier fand, es töten, verspeisen und die Überreste den Raubvögeln überlassen konnte. Das Gleiche galt für die Büffel in den Vereinigten Staaten. Die Situation änderte sich erst mit dem Aufkommen von zwei Errungenschaften der damaligen Zeit: dem Brandzeichen und später dem Stacheldrahtzaun, denn diese beiden Erfindungen sorgten für klare Eigentumsrechte. Ähnlich verhielt es sich bei den Elefanten in Simbabwe: Seitdem festgelegt ist, wem die Herden gehören, werden die Tiere nicht mehr mit Maschinengewehren gejagt, um an Elfenbein zu gelangen.
Und in Bezug auf die Furcht vor einer Verknappung des Trinkwassers schreibt der Wirtschaftsnobelpreisträger Vernon Smith: »Wasser ist zu einem Gut geworden, dessen Quantität und Qualität zu wichtig ist, um es Politik und Behörden zu überlassen.« Die Erde besteht zu zwei Dritteln aus Wasser, wobei es sich dabei jedoch größtenteils um Salzwasser oder in Gletschern gebundenes Wasser handelt. Die jährlichen Niederschläge über den Landmassen der Erde betragen jedoch 113.000 Kubikkilometer, von denen 72.000 Kubikkilometer verdunsten. Damit verbleiben 41.000 Kubikkilometer und damit eine Menge, die den Wasserbedarf der Weltbevölkerung problemlos decken könnte. Dennoch sterben jedes Jahr Millionen Menschen durch verunreinigtes Wasser und Wasserknappheit. In Ländern wie Kambodscha, Ruanda und Haiti sind diese Todesfälle darauf zurückzuführen, dass die Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung in der Hand des Staates liegen. In diesen Ländern sind die Niederschlagsmengen um ein Vielfaches höher als in Australien, wo die Wasserwirtschaft nicht in der Hand des Staates liegt und es folglich auch nicht zu derartigen Tragödien kommt. Mit anderen Worten: Mit dem Argument der Fürsorge für das Eigentum werden das Eigentum als Institution unter Nutzung der beschriebenen Mechanismen abgeschafft und der Erde schwerer Schaden zugefügt.
Zweiter Punkt: die Zentralbank, deren Politik nur eine von drei Richtungen einschlagen kann: Ausweitung, Verringerung oder Beibehaltung der Geldmenge. Jeder dieser Wege führt zu einer Verzerrung der relativen Preise, die jedoch der einzige Indikator für das Funktionieren des Marktes sind, und damit zu Verschwendung, die sich unweigerlich negativ auf die Reallöhne und -einkommen auswirkt. Aus diesem Grund sind die Abschaffung der Zentralbank und der gesetzlichen Währung unabdingbar, damit die Menschen die von ihnen bevorzugte Währung nutzen können, so wie es unter anderem der Nobelpreisträger Friedrich Hayek immer wieder vorgeschlagen hat.
Dritter Punkt: ein Arbeitsrecht, das mit einer freien Gesellschaft vereinbar ist und die Einstellung von Arbeitskräften nicht behindert. Dazu gehören die Abschaffung der allmächtigen Gewerkschaften, die ihren Einfluss missbrauchen und dadurch die wirklichen Arbeitnehmer benachteiligen, sowie die Befreiung von einem unsozialen, ungerechten und geradezu betrügerischen Rentensystem.
Vierter Punkt: die sogenannte Abtreibung. International anerkannte Genetiker sowie die argentinische Nationale Akademie für Medizin erklären: »Das ungeborene Kind ist wissenschaftlich und biologisch gesehen ein menschliches Wesen, dessen Existenz im Zeitpunkt der Empfängnis beginnt«. Manchmal wird argumentiert, dass »der Körper einer Frau ihr gehört«. Dies ist vollkommen richtig, doch der Körper des ungeborenen Kindes gehört der Mutter nicht. Das ungeborene Kind hat ebenso viel Potenzial wie jeder andere Mensch, unabhängig vom Alter. Deshalb ist es höchst willkürlich, einen Zeitpunkt festzulegen, bis zu dem eine Schwangerschaft abgebrochen werden kann, so als ob der Mensch wie durch ein Wunder zu eben diesem Zeitpunkt plötzlich zum Menschen würde. Nebenbei bemerkt: Mit dieser willkürlichen Logik ließe sich auch ein Kindesmord rechtfertigen. Ein menschlicher Embryo enthält die Gesamtheit der Erbinformation. Bei der Verschmelzung der männlichen und weiblichen Keimzellen – die jeweils 23 Chromosomen beisteuern – entsteht eine neue Zelle mit 46 Chromosomen, die alle Merkmale eines Menschen enthalten.
Nur wer im Zeitalter der Vernunft an Zauberei glaubt, kann ernsthaft behaupten, dass wir zehn Minuten nach der Geburt vor einem Menschen stehen, aber nicht zehn Minuten vorher. So als wäre das Kind vor der Geburt ein Gemüse oder ein Mineral, das plötzlich Art und Wesen ändert. Wer behauptet, dass ein Mensch im Mutterleib kein Mensch sei oder ein Samen kein Baum sei, verwechselt entscheidende Punkte. Das Samenkorn gehört zur jeweiligen Pflanzenart und trägt das Potenzial in sich, ein Baum zu werden, so wie der Fötus zur menschlichen Art gehört und das Potenzial in sich trägt, ein Erwachsener zu werden.
Fünfter Punkt: die Unterscheidung zwischen Unternehmern, die zur Mehrung ihres Wohlstands Waren und Dienstleistungen anbieten müssen, die die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen befriedigen, und solchen, die im Verbund mit den Machthabern durch Privilegien unterschiedlichster Art ihre Mitmenschen ausbeuten.
Sechster Punkt: die Verteidigung der Demokratie im Sinne von Giovanni Sartori, um zu verhindern, dass die Demokratie sich in eine Kleptokratie verwandelt. Entscheidend dazu ist es, die Rechte aller zu wahren; es genügt nicht, lediglich die abgegebenen Stimmen auszuzählen, so wie es in Ländern wie Venezuela der Fall ist, das zudem massiv von Wahlbetrug betroffen ist.
Siebter Punkt: die Bedeutung der Integration in die Welt durch ungehinderten Außenhandel.
Achter Punkt: die Senkung der Steuerlast auf ein Niveau, das ausreicht, damit der Staat die Sicherheit seiner Bürger und den Rechtsstaat gewährleisten kann.
Neunter Punkt: die Reform des Staatsaufbaus, um die öffentlichen Ausgaben so zu reduzieren, dass der Staat lediglich den Auftrag hat, für die Gewährleistung einer offenen Gesellschaft zu sorgen, so wie es Wirtschaftsnobelpreisträger wie Milton Friedman, George Stigler und Gary Becker gefordert haben. Dazu sollte die Umsetzung eines echten Föderalismus und die damit verbundene Dezentralisierung der Macht auf allen Ebenen vorangebracht werden.
Zehnter Punkt: keine Verlängerung der im Ausland bestehenden Verbindlichkeiten. Einerseits gefährdet die Auslandsverschuldung das Vermögen künftiger Generationen, die nicht an der Wahl der Regierung, die die Schulden aufgenommen hat, beteiligt waren. Andererseits wird der Staat nach der Abschaffung der Zentralbank dazu gezwungen, sich ausschließlich mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln zu finanzieren, weil er nicht mehr die Möglichkeit hat, sich im Ausland zu verschulden. Dieses Konzept wurde vor allem von dem Nobelpreisträger James M. Buchanan vertreten.
Wie wir wissen, neigen Liberale nicht zum Herdentrieb und verabscheuen einseitiges Denken. Daher sind geringfügige Meinungsverschiedenheiten in verschiedene Richtungen zu erwarten, Meinungsverschiedenheiten, wie wir sie mit unserem früheren Ich haben, wenn wir einen alten Text durchgehen und feststellen, dass wir an der einen oder anderen Stelle besser hätten formulieren können, denn, wie schon der argentinische Schriftsteller Borges sagte: »Es gibt keinen perfekten Text.« Dieser Satz dürfte wohl für alle Lebensbereiche gelten. So mancher Kommentar in diesem Zusammenhang lässt darauf schließen, dass dem Verfasser nicht klar ist, in welchem Land wir leben und was hier vor sich geht. Im Fall von Javier Milei sind manche Kritiken geradezu maßlos. Diese stammen natürlich in erster Linie aus dem gesamten staatsgläubigen politischen Spektrum, das die Freiheit radikal ablehnt. Daneben wird Milei aber auch von Menschen kritisiert, die sich profilieren wollen und Probleme sehen, wo keine sind, um ihren Neid und ihre Missgunst durch verzerrte oder wahrheitswidrige Darstellungen zu verschleiern. Auch wer sich nicht von political correctness und von überkommenen Vorstellungen lösen kann, oder wer aus weit vom Liberalismus entfernten Denktraditionen stammt (selbst wenn er sich gegenüber liberalen Ideen zunehmend aufgeschlossener zeigt), ist beunruhigt und hat das Gefühl, dass die Absichten von Javier Milei ihn überfordern.
Wenn jedoch die durchdachten Konzepte von Milei in die Praxis umgesetzt würden, wäre unser Land wieder ein Beispiel für die zivilisierte Welt – so wie damals, als die Grundsätze von Juan Bautista Alberdi, die die liberale argentinische Verfassung von 1853 prägten, dazu führten, dass die Löhne argentinischer Land- und Industriearbeiter zu Beginn der Industrialisierung deutlich höher waren als in Deutschland, Frankreich, Italien oder Spanien. Die damaligen Rahmenbedingungen sorgten dafür, dass sich die argentinische Bevölkerung alle zehn Jahre verdoppelte und das Land bei wichtigen Entwicklungsindikatoren gleichauf mit den Vereinigten Staaten lag. Dann kam die faschistische Revolution von 1930, und seit dem Militärputsch von 1943 wurden in unterschiedlichem Ausmaß staatliche Maßnahmen angewandt. Dadurch kam es in verschiedensten Bereichen immer wieder zu Krisen, die mit einem zunehmenden Verfall der republikanischen Institutionen einhergingen.
Javier Milei hat in seinem bisherigen Wirken in Wissenschaft und Forschung gezeigt, dass er über großes Fachwissen und umfassende Kenntnisse in seinem Fachgebiet verfügt. In diesem Zusammenhang hat er insbesondere auf die außerordentlich wichtigen Beiträge der Österreichischen Schule verwiesen, die von Denkern wie Carl Menger begründet und von Ludwig von Mises, Israel Kirzner und Murray Rothbard fortgeführt wurde. Dieses intellektuelle Erbe hat dieser moderne argentinische Politiker erfolgreich an die jüngere Generation weitergegeben und damit erreicht, dass viele junge Menschen den Wert von Unabhängigkeit und individueller Freiheit begreifen. Auch die internationale Presse ist auf Javier Milei aufmerksam geworden, beispielsweise The Economist aus London, La Gaceta aus Madrid, Le Monde aus Paris und El País aus Montevideo. In all diesen Pressebeiträgen wird hervorgehoben, dass die Pläne von Javier Milei eine starke ethische Komponente aufweisen.
Abschließend ist zu betonen, dass die Liberalen politische Allianzen bilden sollten, damit staatsgläubige Kräfte nicht die Oberhand gewinnen. Gleichzeitig müssen sie jedoch darauf achten, dass sie im argentinischen Parlament ihre Unabhängigkeit und ihre Kritikfähigkeit wahren und nicht zu Jasagern werden. Dies sollte sie jedoch nicht daran hindern, gemeinsam mit anderen Kräften allen Versuchen einen Riegel vorzuschieben, die auf eine Stärkung der Rolle des Staates abzielen. Diese Unabhängigkeit der Abgeordneten des argentinischen Parlaments war eines der Merkmale, das die Vertreter der Académie Française bewundernd hervorhoben, als sie Argentinien im Jahr 1910 anlässlich des 100. Jahrestags der Revolution vom Mai 1810 besuchten.
Ich wurde am 22. Oktober 1970 in eine Familie der argentinischen Mittelschicht hineingeboren. »Der Libertäre« in mir erblickte nur kurze Zeit später das Licht der Welt. Ich erinnere mich, dass ich im April 1982, als ich elf Jahre alt war, den berühmten Satz von Lorenzo Sigaut hörte: »Wer auf den Dollar setzt, verliert.« Es war der Beginn des Debakels der gleitenden Wechselkursparität, doch nicht nur das: Es war auch der Moment, in dem ich entdeckte, dass es in meinem Heimatland vielen Menschen schlecht ging. Sie waren einfach erschöpft, denn die argentinische Zentralbank hob die Zinsen regelmäßig auf ein Niveau oberhalb der ohnehin bereits hohen Inflationsrate. Dadurch stiegen die Hypothekenzinsen, wodurch wiederum die Zinsbelastung weiter Teile der Bevölkerung massiv zunahm. Durch die inflationsbedingte Geld- und Schuldenentwertung verarmten Menschen, denen es zuvor gut ging, während es bei anderen umgekehrt war. Insgesamt jedoch wurden alle ärmer. Irgendetwas war geschehen. Irgendetwas hatte das Leben vieler Menschen grundlegend verändert. Die Gespräche, die meine Eltern mit Freunden, Verwandten und den Eltern meiner Schulkameraden führten, habe ich stets aufmerksam verfolgt. Außerdem bemerkte ich ein Auf und Ab im Lebensstandard, Schwankungen, die im Wesentlichen mit wirtschaftlichen Veränderungen zusammenhingen. Diese hatten großen Einfluss auf die Erwachsenen und sogar auf mich, obwohl ich noch ein Kind war. In gewisser Weise merkten alle, dass es ihnen schlechter ging, weshalb sie die wirtschaftliche Entwicklung aufmerksamer verfolgten. So auch ich. Und in jener Zeit beschloss ich, Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Denn wenn die Entwicklung des Dollarkurses, der Inflation und der Volkswirtschaft im Allgemeinen das Wohlergehen der Menschen so stark beeinflusst, musste ich diese Zusammenhänge verstehen. Und dazu musste ich Ökonomie studieren.
Doch ich interessierte mich nicht nur für Ökonomie. Ich war von der Fußballweltmeisterschaft 1978 und den überragenden Leistungen von Mario Alberto »El Matador« Kempes und Ubaldo Matildo »El Pato« Fillol begeistert. El Pato, den ich als Kind kennenlernen und umarmen durfte, ist eines meiner größten Vorbilder. Gerade El Pato übte deshalb einen enormen Einfluss auf mich aus. Beim Fußball war mein Platz stets im Tor. Und das, obwohl ich nicht die besten Voraussetzungen mitbringe, um ein guter Torhüter zu sein, denn ich bin nur 1,80 Meter groß. Aber genau das brachte mich dazu, in meiner Zeit bei den Atlético Chacarita Juniors besonders intensiv zu trainieren. Dank dieses intensiven Trainings – sechs Stunden am Tag – sprang ich im Tor weit über die Latte und hechtete problemlos von einem Pfosten zum anderen. Das ist keineswegs nur eine Anekdote, sondern spiegelt ein Persönlichkeitsmerkmal wider: Der Torhüter ist nicht nur anders gekleidet als die zehn Feldspieler und darf den Ball mit der Hand spielen, sondern er trainiert auch anders, wird permanent von der Tribüne aus beleidigt, feiert Tore meist allein und ist der Einzige, der einen Fehler direkt mit einem Gegentor bezahlt. Damit ist klar: Wer Torhüter sein will, muss eine ganz bestimmte Persönlichkeit mitbringen.
Und so wuchs ich mit zwei Leidenschaften auf – dem Interesse an Ökonomie und dem Torwartspiel –, bis mich meine Mutter im Juni 1989, im ersten Jahr meines Wirtschaftsstudiums an der Universität Belgrano, bat, sie in den Supermarkt zu begleiten. Ich erinnere mich daran, als ob es heute wäre: Hyperinflation. Ich stützte mich mit den Armen auf den Einkaufswagen und weiß noch genau, wie ich mich fühlte, als ich einige Verkäuferinnen in Overalls sah, die mit einer Art Pistole, einem Preisauszeichner, permanent höhere Preise auszeichneten, während die Leute sich auf die Waren stürzten. Die Situation war verstörend, denn das hatte so gar nichts mit dem zu tun, was ich an der Universität gelernt hatte – ein im ersten Jahr eines Wirtschaftsstudiums ganz normales Phänomen. Höhere Nachfrage trotz höherer Preise? Die Leute stürzten sich wie verrückt auf die Waren und versuchten, sie zu ergattern. Es war wie im Film und ich dachte: »Entweder ist das, was ich an der Universität lerne, falsch, oder ich bin ein Idiot, der nichts kapiert«. Ich gelangte zu dem Schluss, dass mit sechs Stunden Fußballtraining pro Tag zu wenig Zeit für mein Studium blieb, und so beschloss ich, die Torhüterhandschuhe an den Nagel zu hängen und mich um so intensiver der Ökonomie zu widmen.
Ich begann, viele Bücher zu lesen, die über das hinausgingen, was ich an der Universität lernte. Ich bildete mich quasi autodidaktisch weiter und schrieb bereits im Alter von 20 Jahren meinen ersten wissenschaftlichen Artikel mit dem Titel La hiperinflación y la distorsión en los mercados (Hyperinflation und Marktverzerrung).
In diesem Artikel habe ich im Wesentlichen aus meiner Intuition heraus ein Modell der adaptiven Erwartungen entwickelt, aus dem ich eine aggregierte Angebotskurve mit negativer Steigung anstelle einer positiven oder vertikalen Steigung ableiten konnte. Das bedeutete, dass die sukzessiven Erhöhungen der aggregierten Nachfrage als Folge eines über die Notenpresse finanzierten Haushaltsdefizits zu einem Gleichgewicht führten, in dem nicht nur die Preise stiegen, sondern gleichzeitig die Wirtschaft schrumpfte. Dabei war dieses Gleichgewicht durch Stabilität gekennzeichnet, denn je höher die Preise, desto elastischer verhielt sich die Nachfragekurve. Auch als sich die Angebotskurve umkehrte, war sie viel weniger elastisch als die Nachfragekurve, sodass sich ein Gleichgewicht einstellte, das aufgrund der Linearität der resultierenden Angebots- und Nachfragefunktionen nicht nur beispiellos war, sondern sich auch als stabil erwies. So gelang es mir, im Alter von zwanzig Jahren einen hyperinflationären Prozess zu erklären, bei dem die Beschleunigung der Inflation auch eine Mengenkontraktion, das heißt einen Rückgang der Wirtschaftsleistung (BIP), der Beschäftigung und der Reallöhne zur Folge hatte.
Zur gleichen Zeit beschloss ich, zusammen mit dem Schlagzeuger Hernán Boracchia, mit dem ich seit unserem zehnten Lebensjahr befreundet bin, eine Rolling-Stones-Tribute-Band zu gründen. So konnte ich meine künstlerische Ader ausleben. Wir nahmen den sehr talentierten Gitarristen Juan Carlos Marioni und Diego Vila (Bass) hinzu, und schließlich stieß Diego Parise (Rhythmusgitarre) zu uns und vervollständigte das Quintett. Ich war der Sänger der Band und versuchte, die Rolle von Mick Jagger in der bedeutendsten Rockband der Welt zu übernehmen. Mit meiner Zeit in der Musik war es wie mit dem Fußball: Diejenigen, die mich dabei beobachtet und begleitet haben, sagen, dass ich meine Sache gut gemacht habe. Mein eigenes Urteil ist jedoch nicht ganz so positiv.
Die Universität Belgrano hat, wie jede andere Universität auch, geregelte Studieninhalte, und als ich mein Studium abschloss, war ich zum Anhänger von Analysemodellen, wie sie für Volkswirte links der politischen Mitte typisch sind, das heißt ich war zu einem Postkeynesianer mit strukturalistischen Untertönen geworden. Ich war davon überzeugt, dass die Inflation multikausal zu erklären ist, dass der Staat die Wirtschaft regulieren muss, dass auch die Zentralbank eine wichtige Funktion hat und dass der Staat in bestimmte »fundamentale« Märkte, wie etwa den Devisenmarkt, eingreifen muss. Obwohl sich meine Ansichten gewandelt haben, verleugne ich diese Denkphase in meinem Leben nicht, denn dadurch konnte ich die Idee der Freiheit, der ich heute anhänge, stärker verinnerlichen.
Tatsächlich beschloss ich als Postkeynesianer mit strukturalistischen Anklängen, einen Masterabschluss am Institut für wirtschaftliche und soziale Entwicklung (Instituto para el Desarrollo Económico y Social, IDES) zu machen. In diesem Studium setzte ich mich im Wesentlichen mit dem Keynesianismus auseinander und lernte bei hervorragenden Dozenten wie José María Fanelli, Jorge Streb, Mario Damil, Roberto Frenkel, Guillermo Rozenwurcel, Luis Acosta, Fabián Abadie und Javier Finkman die verschiedenen Varianten des Keynesianismus kennen. Außerdem freundete ich mich mit dem inzwischen verstorbenen Javier Finkman an, der mich als Assistenzprofessor für Mikroökonomik an die Universität Buenos Aires holte. Zur selben Zeit begegnete ich erneut Daniel Pérez Enrri, der an der Universität Buenos Aires lehrte und mir eine Stelle als Assistenzprofessor für Makroökonomik anbot. Das war sehr interessant, denn damals entwickelten sich die Mikroökonomik, die Wachstumstheorie (das Fachgebiet, auf das ich mich Jahre später spezialisieren sollte) und die Makroökonomik getrennt voneinander und in unterschiedliche Richtungen. Angesichts der zeitlichen Beschränkungen und der beruflichen Möglichkeiten, die sich mir durch die Beschäftigung mit regulatorischen Fragen und der Analyse und Bewertung von Unternehmen boten, gab ich die Makroökonomik auf und begann, mich eingehend mit der Mikroökonomik zu befassen. Dadurch gelangte ich schließlich zur allgemeinen Gleichgewichtsanalyse, die auch in der Makroökonomik Anwendung findet, griff dabei aber auf Prinzipien der Mikroökonomik zurück.
Außerdem hatte ich in dieser Zeit die Gelegenheit, an der Universität Belgrano in einem Team unter der Leitung von William J. Baumol, der zweimal für den Wirtschaftsnobelpreis nominiert wurde, mit zwei wunderbaren lokalen Experten, Víctor Alberto Beker und dem inzwischen verstorbenen Alfredo Juan Canavese, einen Artikel zu verfassen. In dieser Studie wurden zahlreiche Grundsätze der Mikroökonomik angewendet. Dabei konnten wir zeigen, dass es sich bei dem Telefoniemarkt um einen bestreitbaren Markt handelt. Diese Erkenntnis sollte sich später wegen all der Regulierungsfragen noch als sehr wichtig erweisen und mich stark beschäftigen. So war ich in fünf Fällen an der Verteidigung Argentiniens vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for Settlement of Investment Disputes; ICSID) beteiligt. Zuvor hatte ich bei der internationalen Großbank HSBC in der Unternehmensbewertung gearbeitet, bevor ich zu dem argentinischen Renten- und Pensionsfonds Máxima AFJP wechselte, wo ich zusätzlich als Ökonom tätig war; später wurde ich Chefökonom bei der Unternehmensberatung Estudio Broda.
Um meine Tätigkeit bei der HSBC interessanter zu gestalten, führte ich bei der Erstellung von Dokumenten zahlreiche mikroökonomische Analysen durch, wobei ich auf etliche Wirtschaftstheorien zurückgreifen musste. Tatsächlich war ich bei mikroökonomischen Untersuchungen sehr gut, während mir die Makroökonomik eher schwerfiel. Irgendetwas stimmte da nicht. Und so nahm ich eines Tages, inmitten einer Phase der tiefen Selbstkritik und aufgrund meiner Verbindung zu dem renommierten argentinischen Wirtschaftswissenschaftler Alfredo Canavese, ein Postgraduiertenstudium in Wirtschaftswissenschaften an der argentinischen Universität Torcuato Di Tella (UTDT) auf.
Inzwischen war ich es leid, mich mit keynesianischen und strukturalistischen Modellen zu beschäftigen. An der UTDT begann ich, mich mit der modernen Makroökonomik zu befassen, die im Wesentlichen aus dem intertemporalen allgemeinen Gleichgewicht bestand, mit dem ich mich bereits seit Langem beschäftigt hatte. In dieser Zeit wandelte ich mich zu einem überzeugten, orthodoxen Neoklassiker. Damals war die Theorie der realen Konjunkturzyklen (Real Business Cycle Theory) in Mode. Die entsprechenden Konjunkturmodelle beruhen auf einem intertemporalen makroökonomischen Konzept und ähneln damit der Österreichischen Schule, greifen jedoch in großem Umfang auf mathematische Ansätze zurück. In diesen Modellen werden Konjunkturzyklen durch exogene Faktoren verursacht, wobei die Geldpolitik (Geldneutralität) und die Fiskalpolitik (Ricardianische Äquivalenz) keine Rolle spielen, sofern nicht eine Form von »Marktversagen« gegeben ist. Gemäß diesen Modellen können geld- und fiskalpolitische Maßnahmen nur Schaden verursachen. Das Problem besteht meiner Ansicht nach jedoch darin, dass diese Analyse auf dem neoklassischen Paradigma aufbaut, und durch die Einführung des Konzepts des »Marktversagens« die Büchse der sozialistischen Pandora geöffnet wird. Zwar erschienen mir diese Modelle durchaus stimmig, doch gab es immer noch etwas, das nicht ganz passte: Ich hatte das Gefühl, dass ich es hier mit ästhetisch ansprechenden, empirisch gut angepassten mathematischen Modellen zu tun hatte, doch es fehlte ihnen das Herz, es fehlte ihnen die Seele. Sie waren schön, aber substanzlos.
Zweifellos habe ich gute Erinnerungen an meine Zeit an der UTDT, an der ich bei wunderbaren Hochschullehrern studieren und sie zum Teil auch kennenlernen durfte, darunter Alfredo Canavese, Erwin Klein, Pablo Guidotti, Guillermo Calvo, Pablo Sanguinetti, Daniel Heymann, Julio Berlinsky, Ana Martirena Mantel und Leonardo Gasparini. Den Mathematikern Diego Rial und Pablo Azcue muss ich ein eigenes Kapitel widmen, denn beide besitzen die seltene Gabe, komplizierte Zusammenhänge einfach und anschaulich zu erklären. Ich habe von diesen Hochschullehrern sowie von meinen Professoren am IDES und an der Universität Buenos Aires so viel gelernt, dass sie immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben werden.
Juan Carlos de Pablo
Als ich noch sehr jung war, musste mich mein Vater im Gegensatz zu dem bekannten und von mir geschätzten argentinischen Neurowissenschaftler Facundo Manes nicht dazu zwingen, die von dem argentinischen Journalisten Bernardo Neustadt moderierte politische Fernsehsendung Tiempo nuevo (Neue Zeit) anzusehen, denn ich schaltete das Programm aus freien Stücken ein. In diese Sendung kamen viele große Intellektuelle, und ich genoss es, ihnen zuzuhören. Darunter gab es einen, den ich besonders bewunderte, jemand, der mit Leichtigkeit erklärte, was aus dem Mund anderer schwierig klang: Juan Carlos de Pablo, »El Profesor«. Um zu wissen, ob El Profesor anwesend war, genügte ein kurzer Blick, denn wenn er da war, war jeder Platz besetzt. Im Laufe meines Lebens und meines beruflichen Werdegangs habe ich El Profesor stets dafür bewundert, wie er komplexe Zusammenhänge für jedermann verständlich erklären konnte.
Und wieder einmal machte mir das Leben ein schönes Geschenk. Auf einer Tagung der argentinischen Vereinigung für politische Ökonomie in Tucumán präsentierte ich meine Arbeit über fiskalische Nachhaltigkeit unter unsicheren Bedingungen. Ich weiß noch, dass mein Vortrag furchtbar war, und als ich sah, dass die Zuhörer mir nicht folgen konnten, ging ich zu einem Flipchart und fing an, die mathematischen Beweise aufzuschreiben. Hätte ich es bloß gelassen! Der Vortrag war schon schlimm genug, doch damit machte ich es nicht besser. Wäre nicht der Kommentator Ernesto Rezk gewesen, hätte sicher niemand etwas verstanden. Ich war extrem frustriert, war wütend auf mich selbst und eilte zum Aufzug, um in mein Zimmer zu gehen und mich einzuschließen.
Im Aufzug traf ich auf einen großen, grauhaarigen Mann mit Bart und Brille, der zu mir sagte: »Was ist los? Was ist passiert?« Ich antwortete ganz unverblümt: »Ich bin ein Volltrottel! Mein Vortrag war für den Arsch!« Der Mann antwortete: »Nur die Ruhe, beruhigen Sie sich«. Da merkte ich, dass ich Juan Carlos de Pablo vor mir hatte. Er sagte: »Sie haben fünf Stockwerke lang Zeit, um mir das Gleiche zu erzählen, aber in Kurzform«. Erstaunlich: Das, was ich in zwanzig Minuten nicht geschafft hatte, gelang mir in der Zeit, die der Aufzug für die fünf Stockwerke brauchte. Als wir im fünften Stock ankamen, sagte El Profesor zu mir: »Ein gutes Paper. Haben Sie gemerkt, wie gut Sie das erklären können? Rufen Sie mich nächste Woche im Büro an, und wir treffen uns zum Mittagessen«. Und so wurden wir schließlich Freunde. Wir haben manche Feiertage zusammen verbracht, und ich habe bei jedem Gespräch eine Menge gelernt – das ist noch heute der Fall. Mehr noch: Als ich anfing, in den Medien präsent zu sein und mein weniger freundliches Gesicht zu zeigen, rief er mich eines Tages an, um sich mit mir zu verabreden. »Wenn du so weitermachst, wirst du so enden wie Espert«, und ich antwortete: [A.d.Ü.: José Luis Espert ist ein ebenso bekannter wie umstrittener argentinischer Wirtschaftswissenschaftler mit sehr dezidierten Positionen.] »Dann bin ich wie Espert mit Perücke«. [A.d.Ü.: José Luis Espert hat eine Glatze, Javier Milei dagegen eine permanent ungekämmt aussehende Frisur, die ihm in Argentinien den Namen »Peluca« (»Perücke«) einbrachte.] Später lernte ich José Luis Espert kennen, dem alle Liberalen zu Dank verpflichtet sind, weil es ihm gelungen ist, den Liberalismus im Wahlkampf wieder salonfähig zu machen. Damit hat er sich große Verdienste um den aktuellen Aufschwung des Liberalismus erworben. Es mag ungerecht sein, dass viele Menschen nur bestimmte Zeitpunkte und Personen für ausschlaggebend erachten. Mir ist jedoch sehr bewusst, dass große Veränderungen stets eine lange Vorgeschichte haben.
Die Zeit an der UTDT stellte für mich einen Umbruch dar. Ich fühlte mich in diesem neuen Umfeld viel wohler, so sehr, dass ich wieder mit dem Schreiben begann. Und so hielt ich auf der Tagung der argentinischen Vereinigung für politische Ökonomie im Jahr 2001 einen Vortrag über Nachhaltigkeit in der Fiskalpolitik. Damals standen in Argentinien die Themen Steuern und Wechselkurse ganz oben auf der Tagesordnung. Auf der einen Seite gab es diejenigen, die alle auf Dollar lautenden Verträge und Verbindlichkeiten in argentinische Pesos konvertieren und die Landeswährung abwerten wollten. Dadurch sollten die Verbindlichkeiten entwertet und die Reallöhne (vor allem bezogen auf den US-Dollar) gedrückt werden, um der argentinischen Volkswirtschaft die Chance zu geben, sich von der Politik der Alianza-Regierung zu erholen. Auf der anderen Seite standen diejenigen, die von der Politik einen ausgeglichenen Haushalt verlangten. Kommt Ihnen die Debatte bekannt vor?
Nachdem ich in den Jahren 2002 und 2003 mit großem Engagement bei Máxima AFJP gearbeitete hatte, klopfte das Glück erneut an meine Tür. Anfang 2004 bot mir der renommierte argentinische Wirtschaftswissenschaftler Dr. Miguel Ángel Broda an, als Chefökonom für seine Unternehmensberatung tätig zu sein, wobei ich mir diese Aufgabe mit seiner Tochter Andrea teilen sollte. Obwohl ich schließlich nur vier Monate bei Estudio Broda arbeitete, war diese Zeit eine wunderbare Erfahrung, denn ich lernte die Arbeit eines echten professionellen Ökonomen kennen. Ich war nun nicht mehr derjenige, bei dem die Berichte der Beratungsunternehmen für eine kritische Betrachtung eingingen, wobei meine Kritik zwar theoretisch mehr oder weniger begründet sein mochte, aber letztlich kosmetischer Natur war. Vielmehr saß ich nun auf der anderen Seite und schrieb selbst Berichte und Studien.
Das erschien auf den ersten Blick einfach. Ich hatte gerade zwei sehr gute Abhandlungen über fiskalische Nachhaltigkeit veröffentlicht, mit konkreten Beiträgen zu Szenarien ohne Unsicherheit (2001) und mit Unsicherheit (2002), und vor allem hatte ich einen Artikel veröffentlicht, den ich nach wie vor für eine der besten wissenschaftlichen Arbeiten meiner Karriere halte: Deuda soberana óptima bajo información asimétrica (Optimale Staatsverschuldung bei asymmetrischer Informationsverteilung). In diesem Artikel entwickelte ich das Konzept einer an das BIP-Wachstum gekoppelten Anleihe, während gleichzeitig die Staatsschulden, die Argentinien im Jahr 2002 nicht mehr bedienen konnte, neu verhandelt und umstrukturiert wurden – ein Prozess, der von der politischen Klasse bejubelt und gefeiert wurde, was so bizarr ist, als ob die Beschäftigten eines insolventen Unternehmens die Tatsache feiern würden, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren (wobei die Politkaste im Unterschied zu den Beschäftigten des Unternehmens natürlich nicht unter den Auswirkungen des Staatsbankrotts zu leiden hat). Die damals vorherrschenden theoretischen Konzepte waren nicht sehr sinnvoll, denn sie sahen vor, dass Länder, die sich in einer Krise befanden, reichlich finanzielle Unterstützung erhielten, während Länder, denen es besser ging, so hohe Zins- und Tilgungszahlungen leisten mussten, dass sie geradezu in die Zahlungsunfähigkeit getrieben wurden. Derartige Konzepte sind lächerlich. Vor diesem Hintergrund beschrieb ich in dem Artikel ein dynamisches Anleihekonzept, das die Probleme einer asymmetrischen Informationsverteilung berücksichtigt und dafür sorgt, dass beide Seiten den Anleihevertrag schließen wollen und dass die Anreizkompatibilität gegeben ist. Das Ergebnis war eine an die Entwicklung der Wirtschaftsleistung (BIP) gekoppelte Anleihe mit einer Ober- und einer Untergrenze. Das bedeutet: Geht es der Wirtschaft gut, kommt es nicht zu Zahlungsausfällen, und geht es ihr schlecht, ist es unwahrscheinlich, dass das Land die gesamte angestrebte Finanzierung erhält.
Doch obwohl mir die mathematische Seite sehr leicht fiel und ich an der Anwendung von formalen Modellen viel Freude hatte (und immer noch habe), war es stets aufs Neue eine Herausforderung vor einem leeren Blatt Papier zu sitzen und einen neuen Text zu verfassen. Ständig musste ich mich mit Daten befassen, um daraus neue, relevante Erkenntnisse zu gewinnen. Und die Konkurrenz schlief nicht, sondern arbeitete an den gleichen Themen: Wenn man also zu spät dran war, galt es, den Text des Konkurrenten zu analysieren und ihn zu verbessern, um im Spiel zu bleiben. Jede Woche wurde mir deutlich, wie einfach es war, Kritik zu üben, und wie viel schwieriger es war, etwas Neues hervorzubringen. Doch nach einer Weile gewöhnte ich mich an diese Dynamik.
Damals, im Jahr 2004, wurde in Argentinien darüber diskutiert, ob die Regierung die Möglichkeit habe, ein reales Wechselkursziel zu verfolgen. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass dies nicht möglich sei, denn wenn die Zentralbank einen Wechselkurs oberhalb des »Gleichgewichtsniveaus« festlegt (im zweiten Teil dieses Buches wird dieser Begriff erläutert, weshalb ich an dieser Stelle Anführungszeichen verwende), führt der Zufluss von Devisen zu einer Ausweitung der Geldmenge, was wiederum die Preise treibt und den realen Wechselkurs steigen lässt. Bei einer Freigabe des Wechselkurses passt sich der Preis für Devisen dagegen an die Geldmenge und das Preisniveau an. Das heißt, die Regierung hat keine Möglichkeit, einen »wettbewerbsfähigen Wechselkurs« zu erreichen und damit das exportorientierte Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Dies waren zu jener Zeit die zentralen Themen, und viele befürworteten genau das, was ich heute als eine gewaltsame Lösung bezeichnen würde, nämlich die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen. Der Grundgedanke war, dass die Zentralbank durch die Begrenzung des Kapitalzuflusses die Kontrolle des Wechselkurses und des Preisniveaus voneinander entkoppeln könnte. Natürlich hielt ich nichts von dieser Lösung.
Angesichts dieser Herausforderung stellte ich mich dem monetären Trilemma und löste es, indem ich das Problem nach dem Vorbild des niederländischen Wirtschaftswissenschaftlers Jan Tinbergen durchdachte. Das Problem ergab sich aus der quantitativen und qualitativen Unvereinbarkeit der Instrumente, die der Regierung zur Verfügung standen, und ihrer Ziele. Grundsätzlich besagt das Tinbergen-Theorem, dass eine Regierung, die »n« wirtschaftspolitische Ziele hat, mindestens über »n« voneinander unabhängige wirtschaftspolitische Instrumente verfügen sollte. Zur Kontrolle des realen Wechselkurses müssen zwei Preise kontrolliert werden, wofür zwei politische Instrumente erforderlich sind: eines zur Kontrolle des Wechselkurses und eines zur Kontrolle der Preise. Dann entdeckte ich, dass sich das Trilemma »lösen« lässt, wenn man ein wirtschaftspolitisches Instrument hinzufügt; dafür bestehen zwei Möglichkeiten: einerseits die unorthodoxe Version von Kapitalkontrollen und andererseits eine antizyklische Fiskalpolitik, wie ich sie befürwortete. Das heißt, wenn die Regierung die Geldpolitik der Wechselkurskontrolle unterordnen möchte, muss die Fiskalpolitik die Preiseffekte der Geldpolitik ausgleichen, um deren Auswirkungen auf das Preisniveau zu kompensieren. Will ein Land also einen wettbewerbsfähigen, realen Wechselkurs erreichen und somit an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, muss die Regierung die Fiskalpolitik straffen, um den Preisauftrieb zu dämpfen. Das Ergebnis konnte sich zwar durchaus sehen lassen, aber heute ekeln mich die Gewalttätigkeit und die fatale Arroganz dieser Art der Wirtschaftspolitik an – damals kannte ich die Ideen von Murray Newton Rothbard leider noch nicht.
Ganz unabhängig von meinen heutigen Ansichten zur Ökonomie im Allgemeinen und zur Wirtschaftsanalyse im Besonderen entsprach dieser Beitrag der Logik der damaligen Debatte und war zu jener Zeit wichtig. Mir war die Bedeutung meines Artikels durchaus bewusst, aber die Doppelspitze von Estudio Broda hielt ihn stets aus den Wochenzeitungen und den Präsentationen heraus, bis Dr. Broda eines Tages einen Beitrag an die argentinische Tageszeitung La Nación senden sollte, und da er meine Fähigkeiten bei der Erstellung von Modellen kannte, rief er mich an, um das Thema zu besprechen, und ich präsentierte ihm meine Sichtweise. Dr. Broda griff den Beitrag sofort auf und sagte mit seiner charakteristischen Donnerstimme: »Dies ist ein wichtiger Beitrag, genau dafür habe ich Sie eingestellt.« Inzwischen waren jedoch andere Personen auf den Plan getreten, und ich war zu dem Schluss gelangt, dass der richtige Zeitpunkt gekommen war, um zu kündigen. Die Entscheidung war gefallen, doch wegen der hohen Arbeitsbelastung, die mit dem Verfassen der monatlich fälligen Berichte verbunden war, teilte ich Broda meine Entscheidung erst am Tag nach der Präsentation mit, als alle Berichte fertiggestellt waren und es im Unternehmen etwas ruhiger zuging. Brodas Reaktion: »Gerade jetzt, wo Sie Ihren Job gelernt haben.« Und ich erwiderte: »Der Tango ist ein Paartanz, doch wenn eine Seite nicht tanzen will, funktioniert das Ganze nicht.« Wir sahen uns an. Wir verstanden uns. Wir gaben uns die Hand. Ich verließ das Unternehmen und werde Dr. Miguel Ángel Broda ewig dankbar dafür sein, dass er mir das Handwerk eines Ökonomen beibrachte, mit dem ich meinen Lebensunterhalt verdienen konnte.
Einige Zeit später erwähnte ich diese Begebenheit ich in einem Gespräch mit José Luis Espert, der ebenfalls bei Estudio Broda gearbeitet hatte, und er sagte: »Estudio Broda ist eine fantastische Schule. Ich kenne niemanden, der dort in einer wichtigen Position war und es dann nicht zu etwas gebracht hätte« (er hat dies etwas direkter ausgedrückt, aber ich kann mir vorstellen, dass Espert sich nicht an der geschönten Version stört). Der Legende zufolge sagte Dr. Broda eines Tages in einem Vortrag: »Ich könnte denjenigen, die in meinem Unternehmen gearbeitet haben, einen Titel verleihen.« Eine solche Äußerung habe ich zwar nie von ihm gehört, doch würde ich ihm Recht geben.
Ich muss zugeben, dass die vorliegende Darstellung meiner Zeit bei Estudio Broda sehr emotional für mich ist, und ich habe den Eindruck, dass es mir nicht gelingt, meine ganze Dankbarkeit für die Zeit zum Ausdruck zu bringen, die ich bei Estudio Broda arbeiten durfte. Ich bin eben kein Schriftsteller, sondern nur ein Ökonom, der gerne schreibt und die Grundlagen der Wirtschaftsanalyse verbreitet.
Zwar hat meine Wertschätzung für die Zeit bei Estudio Broda im Laufe der Jahre zugenommen – in diesem Zusammenhang kommt mir Steve Jobs in den Sinn, der einmal sagte, dass die Punkte im Leben nur von vorne nach hinten verbunden werden können –, doch damals handelte es sich um einen Beginn, der auch Opfer mit sich brachte. Die Arbeitsbelastung war so hoch, dass ich mich schließlich von meiner Partnerin trennte, und selbst am Wochenende hatte ich wenig Lust auf soziale Kontakte. Außerdem war es nicht einfach, sich auf dem Arbeitsmarkt mit seinem Berg von Vorschriften zurechtzufinden, was mich schließlich dazu brachte, einen Job anzunehmen, der zwar nicht ideal war, aber ausreichte, um die Miete zu bezahlen.
Nachdem ich mich bei Estudio Broda intensiv im Verfassen von Texten geübt hatte, fand ich nun zum Schreiben zurück und erreichte eine Produktivität, wie ich sie bis dahin noch nicht gekannt hatte. Ich begann damit, eine wissenschaftliche Version der Arbeit zu verfassen, die ich Dr. Broda am Ende meiner Zeit in seinem Unternehmen präsentiert hatte. Der Titel des Artikels lautete Real Exchange Rate Targeting: capital control or fiscal policy. Der Artikel sollte in der Wirtschaftszeitschrift der Universität Córdoba veröffentlicht werden, und als ich nach Córdoba reiste, um meinen Vortrag zu halten, stand ich kurz vor der besten Entscheidung meines Lebens: In meinem Hotel traf ich einen Züchter von englischen Mastiffs beim Mittagessen. Nach meinem Vortrag gingen wir zu seinem Haus, wo sich seine Hunde befanden, und dort traf ich die wahre und größte Liebe meines Lebens: Conan. Es waren dreizehn Welpen, doch einer kam sofort auf mich zu: Conan hatte mich bereits ausgewählt und ich leistete keinen Widerstand. Da ich einige Tage darauf warten musste, Conan mit nach Buenos Aires nehmen zu können, machte ich im Februar Urlaub in Villa Carlos Paz, und kehrte anschließend mit meinem geliebten Vierbeiner in die argentinische Hauptstadt zurück. Es wurde Licht.
Doch einige Tage später erkrankte Conan so schwer, dass ich ihn in eine veterinärmedizinische Klinik mit Intensivversorgung bringen musste, die glücklicherweise ganz in der Nähe meines Arbeitsplatzes lag. So konnte ich ihn mittags besuchen. Zwischendurch schenkte mir eine Freundin meiner Mutter ein Kärtchen des heiligen Expedit, der sich dringender und gerechter Anliegen annimmt. Nachdem ich wochenlang geweint und gebetet hatte, besiegte Conan seine Krankheit. Er war zwar sehr abgemagert, aber recht munter, und so kehrte allmählich die Normalität in unser Leben zurück. Obwohl ich stets effektiv gearbeitet hatte, schlug mir mein Arbeitgeber von sich aus vor, meine Arbeitszeit (und damit mein Gehalt) zu halbieren, und verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass er nicht durch meine privaten Probleme belastet werden wolle. Leider hatte ich kurzfristig nicht viele berufliche Alternativen. Also stimmte ich dem Vorschlag zu und verbrachte die freie Zeit mit Conan. Wir kamen gerade so über die Runden, aber dank Conans Zuneigung und meiner Leidenschaft für das Schreiben über Wirtschaftsthemen war ich glücklich. Nie werde ich den Tag vergessen, an dem ich vor einem Vortrag, an dem ich gerade arbeitete, mit donnernder Stimme einen Satz von Albert Armen Alchian rezitieren wollte: »Alles, was ist, ist optimal, denn wenn es nicht so wäre, wäre es anders.« Merkwürdig daran war, dass Conan dabei aufstand und wie ein Wolf zu heulen begann, was er nach wie vor tut, wenn ich den Satz rezitiere. Ich nehme an, dass ihm dieser Satz gefällt. Ganz anders reagiert er, wenn ich Opern höre, vor allem Bellini und Donizetti, interpretiert von Joan Sutherland (genannt »La Stupenda«, die Wunderbare – neben Maria Callas und Renata Tebaldi eine der drei größten Diven in der Geschichte der Oper) und dirigiert von ihrem Mann, dem brillanten Richard Bonynge: Dann zieht Conan sich höflich in die Küche zurück.
In jener Zeit musste ich zwar sehr sparsam sein, war aber glücklich. Als ich jedoch einmal aus dem Urlaub zurückkehrte, wurde mir erneut eine Arbeitszeit- und Gehaltskürzung angeboten. Das grenzte an Wahnsinn, und so lehnte ich den Vorschlag ab. Das Verhalten meines Arbeitgebers erschien mir so niederträchtig und erbärmlich, dass ich ihn auf eine Abfindung verklagte. Da das Arbeitsverhältnis nicht formalisiert war, gewann ich den Rechtsstreit natürlich. Doch die Lage war schwierig. Damalige Studien zeigten, dass es etwa zwei Jahre dauerte, bis man aus der Arbeitslosigkeit heraus wieder einen Arbeitsplatz fand. Deshalb war ich extrem vorsichtig und teilte die Abfindungssumme so ein, dass ich damit vier Jahre lang überleben konnte. Damit hatte ich pro Tag so viel Geld zur Verfügung, dass ich mir davon eine Pizza leisten konnte, wenn es Conan weiterhin an nichts fehlen sollte. Ich konnte also eine Pizza am Tag essen – und das tat ich auch! Dadurch wog ich bald 120 Kilogramm, aber das Wichtigste war stets, dass es Conan gut ging. Wenn es ihm gut ging, war alles in Ordnung.
Meine Beziehung zu Conan
Hunde sind die edelsten Wesen des Universums. Sie enttäuschen dich nie und sie irren sich nie. Als ich 2004 meinen Job verlor, war Conan bereits bei mir. Die Situation war schwierig: Ich lag am Boden, und alle traten auf mich ein. Einige schienen sich dabei sogar abzuwechseln. Nur Conan und meine Schwester Karina hielten bedingungslos zu mir.