Der Werwolf von Mehlem - Diandra Linnemann - E-Book

Der Werwolf von Mehlem E-Book

Diandra Linnemann

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Beschreibung

Gina ist überglücklich, als sie nach langer Suche endlich einen fast schon verdächtig gutbezahlten Job findet. Als Betreuerin des ältesten Sohnes zieht sie in die Villa einer vornehmen rheinischen Familie, die sehr zurückgezogen lebt. Aber hinter verschlossenen Türen geschehen unheimliche Dinge. Schnell gewinnt sie den Eindruck, dass die Familie ihr wichtige Informationen vorenthält. Trotzdem richtet sie sich nach den Anweisungen, die sie erhält. Die wichtigste lautet: Bei Vollmond darf der junge Mann sein Zimmer unter keinen Umständen verlassen.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Falls ihr MEHR wollt ...

Gruftgeflüster

Und hier könnt ihr mich finden

EINS

DER RAUM, IN dem das Vorstellungsgespräch stattfand, glich eher einem Salon als einem Wohnzimmer. Schwere Samtvorhänge dämpften das Sommerlicht und fingen die Wärme ein. Die Fenster reichten bis auf den Boden hinunter, der aus schwarzem, mit feinen weißen und goldenen Adern durchzogenem Marmor war. Das meiste von ihm war durch flauschige, makellos weiße Teppiche verdeckt. Gina hätte sich gerne in Ruhe umgesehen, aber das hätte als unhöflich gegolten. Außerdem musste sie sich körperlich anstrengen, nicht von dem plüschigen Sofa verschluckt zu werden.

Die sorgfältig in Szene gesetzte, hochwertig blondierte ältere Dame im Sessel zu ihrer Rechten ließ sich Zeit dabei, ihre Zeugnisse und Referenzen zu studieren. Ihr Gesichtsausdruck war wohlwollend neutral, seit sie Gina ins Haus gebeten hatte, und ließ nicht erkennen, was sie von den Informationen auf dem Papier vor sich hielt. Ihr graues Kostüm hatte genau die gleiche Farbe wie die Sitzmöbel – und keine einzige ungeplante Falte. Vielleicht gab es spezielle Schulen für vornehme Damen, an denen man so etwas lernte. Madame Giselles Institute für Damen und Standbilder.

Der Drang, nach dem filigranen Silberkreuz zu greifen, das von einer Silberkette um ihren Hals hing, war immer dann am stärksten, wenn Gina nervös war. Aber sie hielt die Hände im Schoß gefaltet und hoffte, dass die abgetragenen dunklen Jeans und die weiße Bluse ihr keine Minuspunkte einbrachten. Wer hätte denn auch gedacht, dass das hier so vornehm wäre? Sie brauchte diesen Job. Wenigstens hatte sie daran gedacht, ihre dunklen Locken zu einem Knoten aufzudrehen, der sie angeblich erwachsen und professionell aussehen lassen sollte. Hatte das Frauenmagazin behauptet. Sie fühlte sich eher, als trage sie ein Vogelnest spazieren. Aber eine bessere Alternative war ihr auf die Schnelle nicht eingefallen. Diese Bewerbung war ein eher spontaner Einfall gewesen. Wahrscheinlich eine Schnapsidee.

Schließlich hob die Dame den Blick. »Wie ich sehe, haben Sie ihre Schwester drei Jahre lang betreut. Das sind sehr nützliche Fähigkeiten. Was hat diese Situation beendet?«

»Der Tod meiner Schwester«, antwortete Gina.

»Das tut mir leid«, antwortete die Dame in dem gleichen Ton, in dem man einen plötzlichen Regenschauer kommentiert hätte. »Haben Sie seitdem in vergleichbaren Gebieten gearbeitet?«

»Nein, ich habe mich auf mein Studium konzentriert.«

»Sie scheinen sehr ehrlich.«

Was hätte sie auch erzählen sollen? Schließlich hatte diese Frau ihren Lebenslauf vor sich. Gina bemühte sich, ihre Gesichtsmuskeln entspannt zu halten. Es fiel ihr schwer, ihre Gedanken nicht mit ihrer Mimik zu verraten. Lisa hatte darüber immer gelacht.

»Sie müssen wissen, wir befinden uns in einer … delikaten Situation. Es ist nicht so, dass unser Sohn körperliche Pflege brauchen würde – uns geht es mehr um ... fürsorgliche Gesellschaft. Er befindet sich in einer schwierigen Phase, müssen Sie wissen.«

Das klang ziemlich speziell. »Ist er gefährlich?«

»Er ist bis jetzt noch nie gewalttätig geworden«, antwortete die Dame und sah zum ersten Mal lebendig aus. »Falls es das ist, was Ihnen Sorge bereitet.«

Gina drehte ihre Handflächen nach oben. »Genau darauf wollte ich hinaus. Ich bin weder besonders groß noch stark, wie Sie sehen. Aber das, was Sie brauchen, kann ich leisten.«

Die Dame seufzte erleichtert. »Wunderbar, dann lasse ich den Assistenten meines Mannes alle Papiere vorbereiten. Bestimmt möchten Sie Ihren Schützling gleich kennenlernen.«

Gina nickte, erhob sich und folgte der Dame aus dem erdrückenden Wohnzimmer in den helleren, überaus repräsentativen Eingangsbereich der Villa. Die Marmorböden waren spiegelglatt und die Wände so weiß, dass man Gefahr lief, schneeblind zu werden.

»Sie können mich Dorothea nennen«, sagte die Dame über die Schulter, eine Hand auf das Treppengeländer gelegt.

»Ein schöner Name«, antwortete Gina. Sie hielt den Atem an, als sie auf dem Weg nach oben an einer gigantischen Vase voll Lilien vorbeikamen. Die Blumen nickten auf dem Treppenabsatz in einer warmen Brise.

Dorothea hatte zu viel Klasse, um auf dieses Kompliment zu reagieren. »Wir haben ein Zimmer in Felix‘ Flügel für Sie hergerichtet, Sie sollen sich ganz wie zuhause fühlen. Die Küche steht Ihnen jederzeit offen.« Vor einer Zimmertür beinahe am Ende eines weiß gestrichenen Ganges mit antikem, liebevoll gepflegtem Holzdielenboden hielt sie an und reichte Gina einen Umschlag. »Hier finden Sie die Telefonnummern von einigen wichtigen Kontakten, falls Sie weitere Informationen benötigen.«

»Felix‘ Ärzte?«

»Mein Mann, sein Assistent, meine Nummer natürlich auch.« Dorothea zögerte. »Vielleicht sollte ich es Ihnen sagen … wir hatten einen Verlust in der Familie. Es hat uns alle sehr mitgenommen. Felix ist seitdem nicht mehr derselbe. Aber lassen Sie sich davon nicht entmutigen. Das ist sein Zimmer.« Sie klopfte, wartete kurz und öffnete die Tür.

Zimmer war untertrieben. Hinter der Tür lag ein großzügig bemessener Raum mit Sitzgruppe, Schreibtisch, etlichen Bücherregalen, einem Teleskop und einem Klavier. Alles wirkte sehr hochwertig und ausgiebig bewohnt – Kleidungsstücke hingen über der Sofalehne, jemand hatte seine Sneakers hinter der Tür von den Füßen gekickt, auf dem Klavier stand eine Tasse Tee. Sie dampfte nicht mehr, und auf der Innenseite des hauchdünnen Porzellans konnte Gina einen bräunlichen Film erkennen. Auf beiden Seiten des Raumes gingen Türen ab, hinter denen sie das eigentliche Schlafzimmer und das Bad vermutete.

Es dauerte einen Moment, ehe sie ihren zukünftigen Schützling entdeckte.

Der war die nächste Überraschung.

Gina hatte mit einem Kind gerechnet, vielleicht mit einem Teenager – aber in der Ecke zwischen Fenster und Heizung kniete ein blasser junger Mann mit widerspenstigem blondem Haar auf dem Boden und schien etwas zu löten. Der Geruch erinnerte sie entfernt an Kabelbrand.

Der war ja mindestens so alt wie sie.

Worauf hatte sie sich da eingelassen?

Die Dame – Dorothea – bemerkte ihre Überraschung entweder nicht, oder sie war entschlossen, sie zu ignorieren. »Felix, kommst du bitte einen Moment her? Wir haben Besuch.«

Zuerst sah es aus, als habe er seine Mutter nicht gehört. Dann legte er das Werkzeug vorsichtig beiseite und sah mit gerunzelter Stirn auf. »Mutter, wir hatten doch darüber gesprochen.« Geschickt kam er auf die Beine und durchquerte den Raum.

Dorothea verschränkte die Hände vor dem Körper. »Dein Vater und ich haben das ausgiebig miteinander diskutiert und halten es für die beste Idee. Das hier ist Gina, sie wird dir Gesellschaft leisten.«

Ginas Mund war trocken. Sie lächelte, trat einen Schritt vor und streckte die Hand aus. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«

Die Höflichkeit zwang ihn, ihre Hand zu schütteln. Seine Finger waren schlank und warm. »Sehr erfreut, Gina. Ich bin Felix. Und Sie sind also meine … Nanny.«

»Felix!« Dorothea war entsetzt.

Aber Gina winkte ab. »Schon gut. Ich muss gestehen, ich hatte auch mit einem jüngeren … Schützling gerechnet.«

Dorothea warf ihr einen kritischen Blick zu. »Ist das ein Problem für Sie?«, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue.

»Keinesfalls«, beruhigte Gina sie. »Ich bin vielmehr froh, dass ich nicht so tun muss, als könne ich skateboarden und sei cool.«

Ein Grinsen zuckte in Felix‘ Mundwinkeln.

Seine Mutter hatte den Witz offenbar nicht bemerkt. Oder vielleicht fand sie ihn auch undamenhaft. »Sei ein Schatz und zeig Gina ihr Zimmer – du weißt schon, das kleine Zimmer am Ende des Flurs. Ich habe leider anderweitige Verpflichtungen. Gina, ich hatte das so verstanden, dass Sie gleich anfangen können?«

»Im Prinzip ja. Allerdings … ich hatte nicht damit gerechnet, direkt hierzubleiben. Es wird hoffentlich kein Problem sein, wenn ich noch einmal losfahre und ein paar Sachen besorge.«

»Natürlich nicht«, versicherte Dorothea mit einem Lächeln. »Wir möchten schließlich, dass Sie sich hier wohlfühlen. Am besten nehmen Sie diesen Transponder für das Tor an der Auffahrt. Legen Sie ihn einfach ins Handschuhfach, dann können Sie jederzeit kommen und gehen.«

Gina sah überrascht auf das lippenstiftgroße Kästchen hinab, dass Dorothea ihr in die Hand drückte. Krass. Sie hatte eigentlich damit gerechnet, dass es schwieriger werden würde, diesen Job zu bekommen – Führungszeugnis, Referenzen, das ganze Programm. Das imposante Haus und diese vornehmen Leute … aber offenbar war das hier alles ja doch etwas seltsamer, als sie erwartet hatte. Das war wahrscheinlich nur zu ihrem Vorteil. »Hervorragend. Dann erledige ich das am besten sofort.«

»Eine exzellente Idee. Wenn Sie wieder hier sind, können wir auch direkt den Vertrag unterschreiben. Felix, würdest du die junge Dame bitte zur Tür geleiten?« Irgendetwas an Dorotheas Lächeln verriet Gina, dass das eher ein Befehl als eine Bitte war.

Der junge Mann schien mit dieser Art der Kommunikation vertraut. Er nickte und lächelte, bis seine Mutter das Zimmer verlassen hatte. Dann wurde er wieder ernst. »Sie sollten sich gut überlegen, ob Sie diesen Job wirklich annehmen wollen.«

So einfach würde er sie nicht los. »Wieso, ist das irgendeine merkwürdige Fetischsache? Oder werden meine Organe auf dem Schwarzmarkt verkauft?«

Falls es möglich war, hätte Gina gesagt, dass er noch blasser wurde. »Natürlich nicht. Es ist nur …«

»Es tut mir leid, aber Ihre Mutter und ich sind uns einig, und wenn sie es sich nicht anders überlegt, werde ich diese Stelle antreten. Ich nehme an, Sie sind ein erwachsener Mensch und können Ihre eigenen Entscheidungen dazu treffen, mit wem Sie Umgang pflegen wollen. Ich kann Sie nicht zwingen, mich in Ihrer Nähe zu dulden. Abgesehen davon plane ich, diesen Job zu machen, solange Ihre Mutter es für angemessen hält.«

Er seufzte und schloss kurz die Augen. Vielleicht hatte er Kopfschmerzen. »Ich sehe, Sie sind nicht leicht umzustimmen. Aber warum verlegen Sie wenigstens Ihren Einstieg nicht auf morgen? Sie haben Recht, es ist wirklich sehr kurzfristig.«

Gina schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich habe eine Abmachung mit Ihrer Mutter. Wenn Sie nicht eine wirklich, wirklich gute Erklärung für mich haben, werde ich heute Abend beginnen. Möchten Sie mich zur Tür bringen oder vertrauen Sie darauf, dass ich den Weg allein finde?« Natürlich war das eine bizarre Konstellation, aber die Bezahlung war fast schon unanständig gut. Und bis jetzt hatte Gina keinen Haken an der Sache entdeckt. Sie müsste verrückt sein, das so einfach aufzugeben.

»Fein. Wenn Sie darauf bestehen. Aber dann sollten wir einander duzen. Also: Wenn du darauf bestehst. Bitte.« Und er machte eine einladende Geste Richtung Tür. »Meine Mutter setzt sich manchmal eigenartige Dinge in den Kopf.«

»Ich denke, alle Eltern sind so«, stimmte Gina zu. »Die meisten haben dabei allerdings nur die besten Absichten.« Sie ging die Treppe hinunter und hörte die leisen Schritte des jungen Mannes dicht hinter sich. Sie verspürte ein seltsames Prickeln im Nacken. War er gefährlich? Würde er sie stoßen? Nein, dann hätte seine Mutter ihm nicht diese Aufgabe anvertraut. Oder? »Vor allem, wenn es nur ein Kind in der Familie gibt.«

Sie erreichte den Eingangsbereich unversehrt und bemühte sich, sich nichts von ihren Überlegungen anmerken zu lassen. Vielleicht waren die Eltern einfach zu besorgt um ihren Sohn, und er hatte in Wahrheit gar nichts. Sie bemühte sich, nicht vorschnell zu urteilen. »Ich fahre nur schnell nach Hause, ein paar Sachen einpacken, und bin in … sagen wir, zwei Stunden wieder hier.«

»Gute Fahrt«, wünschte Felix und blieb an der Tür stehen. Er beobachtete ohne sichtbare Gefühlsregung, wie sie in ihren nachtvioletten, völlig aus der Mode gekommenen Ford Ka stieg. Sein Blick folgte ihr, bis sie die lange, gewundene Einfahrt hinter sich gelassen hatte. Als ihr Wagen sich dem Tor näherte, bewegten die Flügel sich wie von Geisterhand beiseite. Beim letzten Blick in den Spiegel, ehe sie auf die schmale Straße abbog, sah sie seine schlanke, hochgewachsene Gestalt auf der obersten Stufe stehen, wie eingerahmt von massiven weißen Säulen. Sie betätigte den Blinker und gab Gas. Dichtbelaubte grüne Bäume verbargen gleich darauf das Grundstück mitsamt Haus und Bewohnern vor ihrem Blick.

Ein wirklich merkwürdiges Angebot.

ZWEI

VON UNTERWEGS RIEF sie ihre beste Freundin Katja an und erzählte ihr von dem Jobangebot.

Die konnte den Spott nicht aus ihrer Stimme halten. »Du sollst also auf den erwachsenen, attraktiven einzigen Sohn einer reichen Bonner Familie aufpassen? Das klingt zu gut, um wahr zu sein. Bist du sicher, dass das nicht das Set-Up für irgendeinen grandiosen Schwindel ist?«

»Sowas habe ich auch schon gedacht!«, gestand Gina, während sie das Handy mit der Schulter gegen das Ohr presste und die Spur wechselte. Hinter ihr hupte jemand.

Katja stutzte. »Fährst du gerade? Das kann teuer werden.«

»Ich soll nur schnell meine Sachen holen und heute Abend direkt anfangen! Stell dir das mal vor!«

»Dann ist es umso besser, dass du mich angerufen hast. So hast du wenigstens Zeugen, wenn du verschwindest und deine Leiche in Osteuropa an einen Strand gespült wird.«

»Ich werde nirgends angespült«, widersprach Gina. Die hatte ja vielleicht absurde Ideen.

»Gut, vielleicht wird deine Leiche nie gefunden«, stimmte Katja gutgelaunt zu. »Aber jetzt leg schon auf, du kannst dir kein weiteres Knöllchen leisten.«

Das stimmte. »Mach’s gut!«, rief Gina, nahm das Telefon in die Hand und warf es, ohne hinzusehen, Richtung Beifahrersitz. Das Gerät hüpfte auf das von der Sonne ausgeblichene Polster und landete im Fußraum. Es wurde höchste Zeit, dass sie sich ein ordentliches Headset besorgte.

Ihre Eltern waren noch nicht von der Arbeit zurück, also hinterließ Gina ihnen nur eine kurze Nachricht auf dem Küchentisch. Sicherheitshalber fügte sie die Adresse und Telefonnummer ihrer neuen Arbeitgeber hinzu. Dann ging sie in ihr Zimmer hinüber und überlegte, was sie wohl brauchen würde. Der Raum war klein und vollgestopft, aber das meiste davon benötigte sie nicht. Viele Dinge waren Andenken. Sie zog eine Sporttasche aus dem Regal, mit der sie genau dreimal im Fitnessstudio gewesen war, und stopfte eine Auswahl an praktischen Kleidungsstücken hinein. Es folgten der Kulturbeutel und der Stimmungsoktopus, den Lisa ihr geschenkt hatte – ein kleines Stofftier, das man so umkrempeln konnte, dass der zu sehende Gesichtsausdruck jeweils die aktuelle Stimmung anzeigte. »Dann musst du dich nicht immer überwinden und über Gefühle reden«, hatte sie erklärt, als sie Gina das Päckchen im Krankenhaus in die Hand drückte.

Einen Moment lang drückte Gina das rosafarbene Stofftier an die Brust. Dann verstaute sie ihren Laptop, ein paar Ladekabel und die Unterlagen fürs Fernstudium in einer Umhängetasche, goss die Blumen auf der Fensterbank ein letztes Mal und machte sich wieder auf den Weg.