Der Zauber des Winters - Tina Müller - E-Book

Der Zauber des Winters E-Book

Tina Müller

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Beschreibung

Vor beinahe zwei Jahrhunderten wanderte Johann Albrecht Falk durch die verschneiten Dörfer rund um Winterberg, um die alten Geschichten der Menschen festzuhalten. Mit einem Ledertagebuch und einem wachen Ohr für die leisen Töne des Winters sammelte er jene Erzählungen, die in langen Nächten am Ofen weitererzählt wurden und in denen sich die Seele des Sauerlands spiegelt. Im Zauber des Winters vereint 33 dieser überlieferten Märchen – Geschichten von flüsternden Wäldern, stillen Nächten, vergessenen Wundern und der geheimnisvollen Schönheit der Winterzeit. Sie erzählen von Wesen, die im Schnee wandeln, von Kindern, die Mut beweisen, und von der Wärme, die selbst in der tiefsten Kälte in den Herzen der Menschen glüht. Einige dieser Winterberger Geschichten leben bis heute fort – unter anderem im Roman Winter der Herzen, der die Magie Winterbergs in unserer Gegenwart neu aufgreift und Falks alte Märchen in ein modernes Winterabenteuer einwebt. So verbinden sich die alten Legenden mit dem Heute und zeigen, dass manche Geschichten nie ganz schweigen. Diese Sammlung bewahrt den Geist der alten Winterabende und lässt die Magie des Erzählens erneut lebendig werden – ein Buch zum Staunen, Träumen und Wiederentdecken des stillen Zaubers der Winternächte.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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DER ZAUBER DES WINTERS

DIE WINTERBERGER MÄRCHENSAMMLUNG VON JOHANN ALBRECHT FALK

TINA MÜLLER

INHALT

Der Zauber des Winters

Vorwort: Eine Winterreise ins Märchenhafte

Vorwort aus der Originalausgabe von Johann Albrecht Falk

1. Abschnitt: Anfang des Winters

1. Das Fest der tanzenden Lichter

2. Der Fluss, der sich in eine Straße verwandelte

3. Das Geheimnis der ersten Schneeflocke

4. Der Frosthauch und die tanzende Kerze

5. Das Lebkuchenherz der Kräuterhexe

6. Die Sage vom Eiskristallkönig

7. Der Spiegel vom ersten Schnee

8. Die unsichtbare Brücke

9. Das Glöckchen der Winterfee

10. Die verlorene Laterne

11. Der Tanz der Eiselfen

Zweiter Abschnitt: Herz des Winters

1. Die Schneeflockenprinzessin und das Herz aus Eis

2. Die drei Wünsche der Eishexe

3. Der Junge mit den Sternenaugen

4. Die zwölf Geister der Rauhnächte

5. Die gläserne Feder

6. Der Winterwind und der verlorene Wunsch

7. Das Haus aus ewigem Eis

8. Die goldene Schneekugel

9. Der Mann, der mit den Sternen sprach

10. Die magische Winterkrone

11. Das Lied des Eiskönigs

Dritter Abschnitt: Ende des Winters

1. Das Mädchen und der Frost

2. Der Wintergeist und die Träne aus Eis

3. Die Legende vom Weihnachtsstern (Die Winterberger Weihnachtsgeschichte)

4. Der verborgene Frühling

5. Das letzte Lied des Schnees

6. Das Murmeln der Eisschmelze

7. Die letzte Frostrose

8. Der Zauber des Frühlingsschlüssels

9. Das Kind und der Schneemann

10. Das Geheimnis des Tautropfens

11. Die Rückkehr des Lichtvogels

Anhang

Johann Albrecht Falk: Der Märchenwanderer von Winterberg

Die Entstehung der „Winterberger Märchensammlung“

Johann Albrecht Falk: Seine letzten Reisen und die Entstehung des „Lichts von Winterberg“

Märchen-Kalender für Winterberg: Eine Reise durch den Winter

Winterberger Weihnacht: Bräuche, Geschichten und Zauber

Zeitungsartikel

Die Dauerausstellung der Tagebücher von Johann Albrecht Falk

Zeitungsartikel zur Eröffnung der Ausstellung (1979)

Nachwort

Danke

Buchempfehlung: Winter der Herzen

Leseprobe: Winter der Herzen

Über die Autorin

Mein Etsyshop und meine Bücher, vorgestellt von Jane Austen

Über Miss Austen’s Booketerie

Bücher der Autorin

DER ZAUBER DES WINTERS

Die Winterberger Märchensammlung

von Johann Albrecht Falk

* * *

Herausgegeben von Tina Müller

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Die automatisierte Analyse des Werkes, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen gemäß §44b UrhG („Text und Data Mining“) zu gewinnen, ist untersagt.

© 2025 Tina Müller

Miss Austens Booketerie

Tina Müller

Im Himbeergrund 17 b

63864 Glattbach

E-Mail: [email protected]

Herstellung: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Köpenicker Straße 154a, 10997 Berlin

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: mailto:[email protected]

Formatiert mit Vellum

VORWORT: EINE WINTERREISE INS MÄRCHENHAFTE

Während ich an meinem Roman „Winter der Herzen“ schrieb, fand ich mich oft in einer Welt wieder, die von Schnee und Stille umgeben war – einer Welt, in der alte Legenden und magische Geschichten wie leise Flüstern in der Kälte mitschwebten. Die Bewohner von Winterberg, meiner kleinen, fiktiven Stadt, schienen ihre Geheimnisse mit mir zu teilen: Geschichten über Schneeflockenprinzessinnen, die ihr Herz aus Eis verschenken, tanzende Lichtgeister in den verschneiten Wäldern und einen Jungen mit Sternen in den Augen.

Es war, als hätten die Märchen, die in meinem Buch nur angedeutet bzw. kurz erzählt wurden, ihren eigenen Zauber entfaltet und mich dazu eingeladen, ihre Geschichten weiterzuerzählen. Denn was wären kalte Winternächte ohne Märchen, die Herzen wärmen?

Die Idee zu dieser Märchensammlung entstand in genau so einer stillen Nacht – während das Flackern einer Kerze den Raum erhellte und draußen der erste Schnee fiel. Ich dachte daran, wie schön es wäre, all die Märchen, die in Winterberg erzählt werden, mit Ihnen, meinen Lesern, zu teilen.

Dieses Buch ist also mehr als nur eine Sammlung von Geschichten – es ist eine Ergänzung, eine Erweiterung der Welt von Winterberg und ein Geschenk für all jene, die sich in langen Winternächten von Magie, Hoffnung und ein wenig Melancholie verzaubern lassen möchten. „Der Zauber des Winters – Die Winterberger Märchensammlung von Johann Albrecht Falk“ vereint 33 Geschichten – eines für jeden Wintertag vom ersten Frost bis zur Rückkehr des Lichts.

Die Märchen stammen von einem fiktiven Märchensammler, Johann Albrecht Falk, dessen Name in Winterberg fast so legendär ist wie die Märchen selbst. Falk, ein wandernder Geschichtenerzähler des 19. Jahrhunderts, soll die Märchen aus der Umgebung Winterbergs gesammelt und in einem kleinen Buch zusammengetragen haben.

Ich lade Sie ein, es sich gemütlich zu machen, eine Decke um sich zu legen, vielleicht eine heiße Schokolade oder einen Tee zur Hand zu nehmen – und mit mir in die magische Winterwelt von Winterberg einzutauchen.

Denn der Winter hat nicht nur Kälte, sondern auch Wärme im Herzen, wenn wir seine Geheimnisse zu deuten wissen.

Viel Freude mit den Märchen, Ihre Tina Müller

VORWORT AUS DER ORIGINALAUSGABE VON JOHANN ALBRECHT FALK

In den langen Nächten des Winters, wenn die Winde um die Häuser pfeifen und der Schnee die Welt in seine weiße Stille hüllt, ist es Brauch in den Dörfern rund um Winterberg, sich am Ofen zu versammeln und Geschichten zu erzählen. Diese Erzählungen – manche so alt wie die Berge, andere jung wie der erste Schnee – tragen die Weisheit und die Geheimnisse der Winterzeit in sich. Sie handeln von wundersamen Wesen, die in den Wäldern hausen, von Sternen, die vom Himmel fallen, und von jener besonderen Wärme, die in den Herzen der Menschen selbst in der kältesten Zeit wohnt.

Geboren am Rande des Winterberger Waldes, bin ich, Johann Albrecht Falk, mit diesen Geschichten aufgewachsen. Schon als Kind lauschte ich mit Ehrfurcht den Erzählungen der Alten und fühlte mich von der Poesie und der Melancholie dieser Sagen tief berührt. Später, als ich selbst zum Mann heranwuchs, zog es mich hinaus in die verschneiten Wälder und abgelegenen Dörfer, um das, was ich gehört hatte, festzuhalten. Mit einem Ledertagebuch in der Hand und dem Wunsch im Herzen, die Erzählungen meiner Heimat zu bewahren, wanderte ich von Dorf zu Dorf. In den Stuben der Bauern, bei den Holzfällern am Feuer und manchmal auch im Flüstern des Windes fand ich die Geschichten, die dieses Buch nun füllen.

Die von mir gesammelten Märchen sind das Ergebnis jener Jahre des Reisens und Sammelns. Die Geschichten in diesem Buch sind nicht nur Erzählungen aus Winterberg, sondern aus den Herzen der Menschen, die in dieser rauen, aber magischen Landschaft leben. Sie spiegeln den Winter in all seinen Facetten wider: die Kälte, die uns herausfordert, die Dunkelheit, die uns zur Besinnung zwingt, und die stille, glitzernde Schönheit, die uns immer wieder staunen lässt.

Die Sammlung, die ich unter dem Titel „Winterberger Märchen und Sagen“ vorlege, umfasst 33 Märchen – eines für jeden Wintertag, von den ersten Schneeflocken bis zur Rückkehr des Lichts. Sie sind ein Spiegel der Winterzeit, in all ihrer Härte, ihrer Stille und ihrer geheimnisvollen Schönheit. Einige Geschichten werden Ihnen vertraut erscheinen, andere etwas fremd, doch alle stammen aus den Herzen jener, die in dieser rauen, aber wunderbaren Landschaft leben.

Es ist mein innigster Wunsch, dass diese Märchen nicht nur gelesen, sondern auch weitererzählt werden, denn in jeder Erzählung lebt ein Stück von uns selbst, unserer Geschichte, unserer Hoffnung und von der Kraft, die wir aus der Dunkelheit des Winters schöpfen können.

So lade ich Sie ein, in die Welt von Winterberg einzutauchen: Macht Sie es sich am warmen Ofen bequem, lauschen Sie dem Knistern des Feuers und lassen Sie sich von den Wundern und Geheimnissen des Winters verzaubern. Vielleicht werden Sie in den Geschichten etwas finden, das Sie an Ihre eigene Kindheit erinnert – oder an das leise Flüstern des Schnees, das Ihnen sagt, dass in jedem von uns ein Funke Magie steckt.

Und so wünsche ich Ihnen, den Lesern, warme Stunden der Einkehr und Besinnung, während Sie die Geheimnisse und Wunder des Winters entdecken.

Niedergeschrieben im Jahre des Herrn 1836,

Johann Albrecht Falk

1. ABSCHNITT: ANFANG DES WINTERS

(Ende November bis Anfang Dezember – die Zeit des ersten Schnees, der Vorbereitung und der Magie des Winterbeginns.)

Wenn der Herbst sich in sanfter Stille zurückzieht und der erste Frost wie ein silberner Schleier die Felder bedeckt, beginnt in der kleinen Stadt Winterberg die Zeit des Wunders. Es ist jene Phase, da die Welt den Atem anzuhalten scheint, während die ersten Schneeflocken leise vom Himmel fallen und die Erde mit einem Hauch von Unschuld und Magie überziehen. Die Luft wird klar und scharf, die Nächte werden länger, und die Wälder, so still und tief, scheinen von Geheimnissen erfüllt, die nur jene zu lüften vermögen, die mit offenem Herzen lauschen.

In diesen ersten Tagen des Winters liegt ein Zauber, der von Neubeginn und Verheißung kündet. Die ersten Flocken, die sanft zur Erde sinken, gleichen den leisen Worten eines Märchens, das erst in der Stille entfaltet wird – ein Märchen, das uns einlädt, die Geheimnisse des Winters zu entdecken und seine Wunder zu begrüßen.

Die Märchen dieses Abschnitts künden von jener Zeit, da die Eisblumen an den Fenstern „blühen” und die Welt unter den ersten glitzernden Schneedecken zur Ruhe kommt. Sie erzählen von den verborgenen Pfaden, die sich im Schnee auftun, von den Wundern, die in der frostigen Stille auf uns warten, und von den Anfängen, die der Winter mit sich bringt. Es sind Geschichten über die stille Magie, die den Winter willkommen heißt, und über die kleinen, verborgenen Wunder, die uns daran erinnern, dass jeder Anfang – so unscheinbar er auch sein mag – etwas Großes verheißen kann.

So lasset uns eintauchen in den Anfang des Winters, in jene zauberhafte Zeit, da die Dunkelheit die ersten Schneeflocken birgt und die Welt sich mit dem weißen Mantel der Stille und des Neubeginns schmückt.

1. DAS FEST DER TANZENDEN LICHTER

Es wird erzählt, dass einmal im Jahr, in der längsten Winternacht, die Seelen der alten Bäume aus ihren Stämmen steigen. Tief im verschneiten Winterberger Wald, dort, wo kein Pfad hinführt und nur das Mondlicht die Dunkelheit durchbricht, versammeln sich diese uralten Geister auf einer verborgenen Lichtung. Es ist die Zeit des „Festes der tanzenden Lichter” – ein Ereignis, so selten und wundersam, dass selbst die ältesten Winterberger kaum wagen, darüber zu sprechen.

Die Geister der Bäume tragen Lichter in ihren Händen, so rein und hell, dass die Dunkelheit für einen Moment weicht, als hätte die Nacht selbst den Atem angehalten. Sie tanzen in einem Reigen, den nur sie verstehen, und mit jeder Bewegung scheinen die Schatten der Welt kleiner zu werden. Das Licht, das sie tragen, ist kein gewöhnliches Licht – es ist Magie, geboren aus dem Kreislauf des Lebens, aus den Jahresringen der Bäume, die so viel gesehen und so viel erlebt haben.

Man sagt, dass nur jene, die das Herz eines Kindes bewahrt haben, dieses Fest jemals sehen können. Kein suchender Wanderer, kein Jäger und kein neugieriger Reisender hat je den Weg zu der Lichtung gefunden. Es ist, als läge sie jenseits der Zeit, verborgen vor allen, die nicht glauben oder nicht fühlen. Diejenigen aber, die das Glück haben, das Fest zu erblicken, erzählen von einem Zauber, der jede Traurigkeit vertreibt und das Herz mit einer tiefen, unbeschreiblichen Freude erfüllt.

Die Legende berichtet auch, dass die Geister der Bäume, wenn sie tanzen, die Wünsche jener hören können, die mit reiner Seele in den Wald kommen. Wer von ihnen gesehen wird, darf einen einzigen Wunsch äußern – nicht laut, sondern in Gedanken. Es heißt, dass die Geister keinen Wunsch nach Reichtum oder Macht erhören, doch jenen, deren Herz von Sehnsucht erfüllt ist, schenken sie etwas Besonderes: keine Lösung, sondern eine Erkenntnis. Sie helfen den Menschen, die wahre Sehnsucht ihres Herzens zu erkennen, und diese Erkenntnis ist das größte Geschenk, das sie geben können.

Es gab einmal einen Jungen, so erzählt man, der sich tief in den Winterberger Wald verirrte. Er war mutig, aber auch erschöpft, und als die Nacht immer kälter wurde, fand er sich auf einer Lichtung wieder, die vom hellen Schein der tanzenden Lichter erleuchtet war. Er wagte kaum zu atmen, so überwältigt war er von der Schönheit dieses Augenblicks. Als die Geister der Bäume ihn bemerkten, hielten sie in ihrem Tanz inne und blickten ihn an, nicht mit Augen, sondern mit einer Wärme, die er in seinem Herzen spürte.

Der Junge wünschte sich nichts für sich selbst, nur den Weg nach Hause. Doch in diesem Augenblick, so sagt man, wurde ihm klar, dass sein Zuhause nicht nur ein Ort war, sondern die Menschen, die er liebte. Die Geister, gerührt von der Reinheit seines Wunsches, zeigten ihm den Weg – nicht durch Worte oder Gesten, sondern durch das sanfte Licht, das ihn durch den dunklen Wald führte.

Seit jener Nacht wird erzählt, dass die tanzenden Lichter nicht nur ein Fest für die Geister der Bäume sind, sondern auch eine Erinnerung an die Hoffnung, die selbst in der tiefsten Dunkelheit existiert. Und so flüstern die Alten in Winterberg noch heute: „Bewahre das Herz eines Kindes, und vielleicht wirst auch du eines Nachts die Lichtung der tanzenden Lichter finden.”

2. DER FLUSS, DER SICH IN EINE STRASSE VERWANDELTE

In einer Zeit, die längst vergangen ist, floss ein kleiner, klarer Fluss durch Winterberg, der den Menschen viel Freude brachte. Die Kinder spielten an seinen Ufern, bauten Türme aus Kieselsteinen und lauschten dem leisen Murmeln seines Wassers. Die Bauern tränkten ihr Vieh an ihm, die Müller mahnten Korn mit der Kraft seiner Strömung, und die Frauen wuschen dort die Wäsche, während sie einander Geschichten erzählten. Der Fluss war nicht groß, doch er war wie ein Freund, der das Leben der Winterberger Tag für Tag begleitete.

Doch dann kam ein Winter, wie ihn selbst die Ältesten nicht erlebt hatten. Die Nächte waren so kalt, dass selbst das Knistern des Feuers in den Kaminen zu erfrieren schien, und der Frost legte sich wie eine eiserne Hand auf das Land. Der kleine Fluss, der noch nie zuvor ganz zugefroren war, erstarrte eines Nachts zu einem langen, glitzernden Band aus Eis. Die Dorfbewohner standen an seinem Ufer und sahen staunend zu, wie das Wasser unter dem durchsichtigen Eis zu ruhen schien, als würde der Fluss selbst schlafen.

Zunächst waren die Menschen besorgt. Ohne das Wasser des Flusses war es schwer, die Tiere zu versorgen, und die Mühle stand still. Doch bald merkten die Winterberger, dass der Fluss in seinem eisigen Mantel zu etwas ganz anderem geworden war. Kinder wagten sich auf das glatte Eis und rutschten lachend über die glitzernde Fläche. Schlittschuhläufer aus dem Dorf tanzten darauf in eleganten Bögen, und die Bauern spannten ihre Schlitten an, um Holz und Heu über den gefrorenen Fluss zu transportieren.

„Der Fluss hat sich in eine Straße verwandelt”, sagten die Alten, „eine Straße, die uns miteinander verbindet.”

Tief im Schnee festgefroren lagen auch die Dörfer jenseits der Hügel, und ihre Bewohner waren ebenso abgeschnitten von der Welt. Doch der gefrorene Fluss schenkte den Winterbergern eine Idee. Mit Schlitten voller Geschenke, Nahrung und Geschichten machten sie sich auf den Weg, ihren Nachbarn zu helfen. Unterwegs sangen sie Lieder, deren Melodien über das Eis trugen, und als sie schließlich ankamen, wurden sie von Freudentränen und offenen Armen empfangen.

Die Menschen der Dörfer dankten ihnen, indem sie eigene Vorräte und handgemachte Dinge tauschten. Am Abend entzündeten sie Fackeln entlang des gefrorenen Flusses und versammelten sich, um gemeinsam zu feiern. Das Eis funkelte im Licht der Flammen, und die Menschen erzählten einander Geschichten, spielten Musik und teilten ihre Hoffnung. Dieses Fest auf dem Fluss wurde zum ersten Winterberger Weihnachtsmarkt, so erzählt es die Legende.

Als der Frühling kam, begann das Eis zu schmelzen, und der Fluss kehrte zu seinem gewohnten Lauf zurück. Doch die Erinnerungen an diesen besonderen Winter blieben tief in den Herzen der Menschen verwurzelt. Sie hatten gelernt, dass der Winter, so hart er auch sein mag, auch ein Geschenk sein kann, wenn man einander beisteht und teilt, was man hat.

Seit jener Zeit feiern die Winterberger jedes Jahr im tiefsten Winter ein Fest auf ihrem Marktplatz, um an den Winter zu erinnern, als der Fluss zur Straße der Freundschaft wurde. Auf dem Weihnachtsmarkt leuchten Laternen, erklingen Lieder, und die Menschen erzählen sich immer wieder die Geschichte jenes magischen Winters. Und manchmal, wenn der Wind ganz still ist und der erste Schnee leise fällt, hört man das Echo der alten Lieder, die damals über das Eis getragen wurden – wie ein Flüstern der Zeit, das die Wärme des Herzens niemals erfrieren lässt.

3. DAS GEHEIMNIS DER ERSTEN SCHNEEFLOCKE

In den dunklen Nächten des Jahres, wenn der Herbst seine letzten Blätter verliert und die Welt in stiller Erwartung verharrt, geschieht etwas Wundersames. Es heißt, dass der erste Schnee nicht einfach vom Himmel fällt, sondern von einer geheimnisvollen Gestalt herbeigerufen wird, die nur wenige je gesehen haben: die Schneemacherin.

Die Alten erzählen, dass sie eine Himmelsgöttin ist, die schon existierte, bevor die Menschen die Berge Winterbergs bewohnten. Sie ist weder ganz Licht noch ganz Schatten, sondern ein Hauch von beidem, so wie der Winter selbst. Sie erscheint nur in der längsten Nacht vor dem ersten Schnee und zieht lautlos durch die Wälder, verborgen in einem Mantel aus Sternenstaub, der in der Dunkelheit silbern schimmert.

Man sagt, sie trägt eine feine Schale aus reinem Eis in ihren Händen, die sie aus den Tränen des Himmels geformt hat. Diese Schale ist gefüllt mit dem Wasser aller Flüsse, Seen und Bäche der Welt – doch kein gewöhnliches Wasser, sondern jenes, welches die Sehnsucht der Erde nach Stille und Frieden in sich trägt. Wenn die Welt bereit ist für den Winter, erhebt die Schneemacherin ihre Hände, neigt die Schale und lässt Tropfen für Tropfen in die eisige Luft fallen.

Diese Tropfen verwandeln sich in der Kälte in die ersten Schneeflocken, jede anders, jede einzigartig. Und so beginnt der Tanz des Winters: Die Flocken wirbeln und kreisen, getragen vom Atem der Schneemacherin, der so sanft ist, dass er selbst die Wipfel der Bäume kaum bewegt.

Doch die Schneemacherin ist nicht nur eine Bringerin des Winters, sondern auch eine Hüterin des Gleichgewichts. Sie gibt den Schnee nur jenen, die ihn zu schätzen wissen – den Kindern, die den ersten Flocken voller Staunen entgegenblicken, den Tieren, die sich in der Kälte in den Schutz des Waldes zurückziehen, und den Menschen, die das Feuer in ihren Kaminen hüten und wissen, dass der Winter eine Zeit des Ruhens und Sammelns ist.

Es heißt, dass die Schneemacherin in jener Nacht jedem, der ihre erste Schneeflocke berührt, einen Traum schenkt. Dieser Traum ist wie ein leises Versprechen: ein Bild von etwas, das noch kommen wird, oder eine Erinnerung an etwas, das man fast vergessen hat. Doch nur die, die mit offenem Herzen träumen und mit freundlicher Zunge sprechen, können die Botschaft verstehen.