Der Zauberer im Schnee - S. B. Sasori - E-Book

Der Zauberer im Schnee E-Book

S.B. Sasori

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Beschreibung

»Es kostet mich bloß Sekunden, um die Flügel auszubreiten und von den vollgepissten Treppenstufen in die Nacht aufzusteigen. Ich schwebe durch den Rauch der Schornsteine, über die Flachdächer der Minenkolonie und das Schienenwirrwarr des Güterbahnhofs hinweg bis zum Brachland. In meiner Brust ist so viel Sehnsucht, dass ich kaum atmen kann.«
In Silas’ Leben ist kein Platz für diesen Traum. Tagsüber hält er sich mit Diebstählen über Wasser, nachts bricht er in verlassenen Bergwerksstollen die Gesetze der Behörde. Als ihm sein Boss befiehlt, sich um einen gefangenen Nomaden zu kümmern, ahnt Silas weder, dass die Tür zu seinem Traum bereits aufgestoßen wurde, noch welche Dunkelheit sich dahinter verbirgt.
 
Die Vision einer Krähe überfällt den jungen Steppenmagier Raik im schlimmsten Moment seines Lebens. Sein Clan wird vertrieben, seine Familie ermordet und er ans andere Ende des Landes verschleppt. All seine Gedanken kreisen um Flucht. Daran ändert auch der wortkarge Mann nichts, der ihm als Übersetzer zugeteilt wird.
Bis er in dessen Augen die Krähe aus seiner Vision erkennt.
In ihm keimt ein Verdacht. Sollte er sich bewahrheiten, schwebt Silas in noch größerer Gefahr als er selbst.

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Der Zauberer im Schnee
1. Federn im Schnee
2. Gespensterfabrik
3. Tanzen bis zum Morgen
4. Verbrannte Träume
5. Eine Nacht im Rausch
6. Unerreichbar
7. Außergewöhnliche Freunde
8. Eisnebel
9. Im Vogelkäfig
10. Krähenflug
11. Kein Ende
12. Weitere Romane von S.B. Sasori

Der Zauberer im Schnee

S. B. SASORI

Copyright © 2024 S.B. SASORI

Erstveröffentlichung 2022

Alle Rechte vorbehalten.

E-Books dürfen nicht kopiert oder weiterverkauft werden. Bitte denkt daran und wertschätzt mit eurem fairen Verhalten die Arbeit der Autor*innen, die viel Mühe und Zeit in ihre Geschichten stecken.

Wie bei allen fiktiven Romanen gilt auch bei diesem: Sämtliche Personen und Ereignisse sind frei erfunden.

1. Federn im Schnee

 

Die Flammen des Feuers werfen Schatten an die Wand meines Caravans. Sie zucken im Rhythmus von Großmutters Trommelschlägen.

Das erste Vollmondfest im Winterlager. Mir zu Ehren.

Ich sollte zu den anderen gehen und mitfeiern. Früher oder später muss ich das ohnehin.

Das Singen und Johlen meiner Leute wird zu einem Kreischen, die Trommelschläge lauter und schneller.

Großmutter wird mich zu ihrem Nachfolger ernennen und mit meiner Ausbildung beginnen.

Nachdem sie die Geister darüber informiert hat und wieder nüchtern ist. Also etwa in drei Tagen.

Sie wird mir den Großen Hut übergeben und ich werde der Anführer des Clans sein, die Vollmondrituale ausrichten und meinen Kusami zum Klang der Trommel fliegen lassen.

Meine Wangen werden heiß, meine Brust fühlt sich zweimal so breit an. Ich, Raik, Enkel von Ira, werde in ihre Fußstapfen treten und ein Steppenmagier werden. Ich werde meine Leute in eine glorreiche Zukunft führen und nach ein paar Jahren reden die Leute ebenso bewundernd von mir wie von Großmutter.

Gut, dass sie meine Gedanken nicht hören kann. Die Magie der Steppe hat nichts mit glorreich und Bewunderung zu tun. Nur mit Respekt und Hingabe.

Bin ich des Großen Hutes würdig, wenn ich ein bisschen bewundert werden will?

Mein Brustkorb sinkt ein. Die Luft ist raus. Wozu male ich mir solche Szenarien aus? Solange mich mein Kusami nicht findet, bin ich bloß ein junger Kerl mit Größenwahn.

Ein Anderer, der im selben Augenblick geboren wurde wie ich. Seine Vogelseele spürt das Band zwischen uns und drängt ihn, auf die Suche nach mir zu gehen; seinem Magier.

Schon fühlt sich meine Brust wieder breiter an.

Meine Hände sind trotzdem kalt. Mir ist flau vor Nervosität. Im Sommer dachte ich noch, ich wäre bereit für die Verantwortung, aber jetzt?

Keine Chance zu kneifen. Der Deal steht, seitdem ich meine Stimme eingetauscht habe.

Das Johlen und Brüllen der Tanzenden bebt in der Nacht. Spätestens jetzt wissen die Bewohner von Treju, dass wir zurück sind. Sie werden alles stehen und liegen lassen, um mit uns zu feiern. Rafi vorweg. Wahrscheinlich hat er den Truck seit Tagen mit seinem Selbstgebranntem vollgepackt.

Er mag mich. Die Leute aus Treju mögen mich ebenfalls und meine eigenen ohnehin. Niemand hat ein Problem mit Großmutters Wahl. Alles ist gut. Es gibt keinen Grund, mich vor der Feier zu drücken.

Wenn ich mich betrinke, geht es mir besser. Also los.

Ich schnappe mir den Farbtiegel, quetsche mich in die Nasszelle des Caravans, und starre einem Kerl in die Augen, der zu jung aussieht, um so viel Verantwortung zu buckeln.

Er sollte glücklich sein. Sein Schicksal erfüllt sich.

Er hat bloß Schiss.

Die Seelenschatten um meine Augen sind kaum noch zu erkennen. Ich schraube das Döschen auf, wische mit dem Finger über die schwarze Paste und ziehe sie nach. So eingerahmt in Dunkelheit wirken meine Augen heller als Großmutters. Sie hält das für ein gutes Zeichen. Die Farbe der Steppe im Sommer. Viel Hitze, viel Energie. Beste Voraussetzungen für einen Magier.

Noch bin ich wild. Bloß ein Vehikel für die Magie in mir. Sobald ich gelernt habe, mit ihr umzugehen, ändert sich das.

Ich werde nie so fähig wie Großmutter sein.

Mir wird flau vor Anspannung.

Hat sie sich damals ebenso eingeschüchtert gefühlt, als sie den Großen Hut von ihrem Großvater annahm?

»Raik?« Max klopft an der Blechtür und öffnet sie im selben Moment. »Wo bleibst du?« Er springt die zwei Stufen hinauf, schlendert zu mir. »Verstecks du dich?« Sein Grinsen ist breit genug, um mir seine Zahnlücke zu präsentieren.

Er verdankt sie mir. Als wir Kinder waren, haben wir uns ständig geprügelt.

»Wie gefalle ich dir?« Er breitet die Arme so weit aus, wie es der schmale Gang zwischen Nasszelle und beginnender Küchenzeile erlaubt und dreht sich einmal um sich selbst.

Beim Himmel, er hat sich ins Zeug geworfen. Sein schimmerndes Hemd steht trotz Kälte bis zur Brust offen, die Jeans sitzt hauteng und seine Haare sind mit einem knallroten Tuch nach hinten gebunden.

Ich stoße einen anerkennenden Pfiff aus.

Max grinst noch breiter und legt mir locker die Hand auf die Schulter. »Ira ist deine Großmutter, Mann. Sie will dich nicht fressen, sondern dir deinen Platz unter deinen Leuten zeigen.«

Da bin ich mir nicht sicher. Großmutter ist eine geniale, aber auch eine wilde Frau.

»Kann sein.« Max zuckt mit den Schultern. »Wenn sie und Sascha streiten, denke ich oft: Armer Kerl, das war’s dann mit dir.«

Der letzte Streit hat fast den Himmel einstürzen lassen. Sascha wollte in der tiefen Steppe bleiben. Es wäre zu gefährlich sie zu verlassen. Die Gerüchte, dass der Rat gezielte Überfälle auf die Clans ausübt und ihre Magier verschleppt, würden sich häufen. Die Meister hätten den Vertrag gegenseitiger Akzeptanz endgültig gebrochen.

Wenn das stimmt, steht uns eine böse Zeit bevor.

»Jetzt guck nicht so finster.« Max boxt mir gegen die Schulter. »Heute ist dein großer Tag und Gerüchte sind bloß Gerüchte.«

Ich brauche deine Aufmunterung nicht. Ich habe schon besser gelogen.

Er registriert meine Gestik mit einem Brauenzucken, stellt sich dicht vor mich. »Was brauchst du dann?« Seine Hand gleitet in meinen Nacken, während die andere meine Haare zurückstreicht. »Einen guten Fick unter Freunden?«

Trotz des flauen Gefühls muss ich grinsen. Du bist nur scharf auf mich, weil ich bald der Clanchef bin.

Max schürzt die Lippen, schüttelt entschieden den Kopf, während er mich rückwärts Richtung Bett dirigiert. »Ich verwöhne dich ein bisschen, das wird dich entspannen, und dann trinken und tanzen wir mit den anderen.« Seine Lippen streichen sacht über meine. »Also keine Kuschelrunde obendrauf, Schmusekatze.«

Ich schnippe ihm das Schade in Kopfhöhe hin, dass er es trotz des Kusses aus den Augenwinkeln erkennen kann.

Er schnaubt, küsst mich fester. Nebenbei löst er meine Gürtelschnalle und schiebt die Hand in meine Hose. »Daran müssen wir noch arbeiten«, murmelt er und seine Finger schließen sich um meinen weichen Schwanz. »Ich hatte gehofft, allein mein Anblick würde dir das Blut gen Süden pumpen.«

An jedem anderen Tag, aber heute brauche ich mehr.

Max drängt mich auf das Bett. »Entspann dich.« Mit einem vielversprechenden Lächeln kniet er sich zwischen meine Beine.

Ein Blowjob? Normalerweise läuft der Liebesdienst in die andere Richtung: von mir zu ihm.

Er beißt sich übertrieben lasziv auf die Lippen. Mir ist egal, dass er mich damit nachmacht. Ich kann es nicht verhindern, dass ich mir bei solchen Sachen auf die Unterlippe beiße und lächeln muss.

Ich verpasse ihm eine Kopfnuss, ehe ich mich aus der Hose schäle.

»Wenn uns Sascha hierbei erwischt, prügelt er uns aus dem Caravan.« Max streicht mit dem Kinn an meinem Oberschenkel entlang. »Er kann es nicht lassen, sich als dein Großvater aufzuspielen.«

Auf eine gewisse Weise ist er das.

»Der furchtlose Habicht-Kusami und die mächtige Steppenmagierin.« Er schnalzt leise. »Die beiden sind eine Legende. Die Messlatte hängt für dich ziemlich hoch.« In seinen Augen blitzt es. »Ich stelle mir gerade vor, was passiert, wenn dein Kusami ein Zaunkönig oder eine dicke Taube ist.«

Beide könnten im Winter nicht in der Steppe überleben. Würde sich Max weniger mit dem Tunen seines Trucks und mehr mit seiner direkten Umgebung befassen, wüsste er das.

Ich ruckele mich mit der Hüfte näher zu seinem grinsenden Mund. Vielleicht bringt ihn das auf bessere Ideen.

Langsam verteilt er feste Küsse auf der Innenseite meines Oberschenkels.

Es fühlt sich gut an.

Max’ Zärtlichkeiten werden intensiver, fokussieren mich auf das Zentrum in mir. Hauchzart streift er mit den Fingern über meinen sich langsam aufrichtenden Schaft.

Würde er dasselbe doch mit seinen Lippen tun.

»Darf ich dich auch noch ficken, wenn du ein Magier bist?« Mit einem verruchten Augenaufschlag sieht er zu mir hoch. »Es sind nicht alle Kusamis so eifersüchtig wie Sascha.«

Nein. Ich greife ihm in die Haare, ziehe ihm den Kopf in den Nacken. Die Verbindung zwischen Kusami und Magier ist heilig.

»Mit einer Taube oder einem Zaunkönig würde ich es aufnehmen.«

Idiot!, schnippe ich ihm gegen sein Kinn.

Endlich schließt er die Lippen darum, wo ich sie spüren will. Wenn wir uns beeilen, merkt keiner, dass wir …

Die Wirklichkeit reißt ein. Ich höre das Ratschen, sehe den Riss quer durch den Caravan. Vor mir liegt ein Bär. Sein Blut färbt den Schnee rot, seine Augen starren ins Leere. Eine Nebelkrähe hockt auf seinem Rücken, sieht zu mir.

Ich stehe barfuß auf schmelzendem Eis. Mein Herz trommelt wild, mein Atem fliegt.

Die Krähe breitet die Flügel aus und schwingt sich krächzend in die Luft.

Jemand schreit. Es klingt schrill vor Angst. Meine Leute rufen durcheinander, weichen Männern in grauer Kluft aus. Ein purpurfarbener Umhang flattert zwischen Caravans und Trucks entlang. Wo er das Blech berührt, beginnt es zu rosten.

Die Farbe der Meister.

Etwas Schlimmes geschieht. Jetzt, in diesem Augenblick.

Der Gesang hat aufgehört. Die Trommel schweigt.

»Raik!«

Militärtrucks umringen das Winterlager. Überall Häscher mit Gewehren.

Eine Falle.

Sascha hatte recht. Wir hätten in der tiefen Steppe bleiben müssen. Da, wo ihre komplizierte Technik versagt.

Die Militärtrucks hocken wie dicke, böse Wesen um unser Camp. Über ihnen kreisen Falken-Späher. Ihre hohen Rufe fahren mir in Mark und Bein. Sie stoßen auf den Bären nieder, doch der ist fort. Statt seiner liegt Großmutter im Schnee.

»Raik! Die Häscher!«

Vor Schreck falle ich aus dem Bett. Das Chaos quillt in die Wirklichkeit.

Sascha steht über mir, zieht mich auf die Beine. Mit der anderen Hand stößt er Max Richtung Tür. »Du lässt dich ficken, während unser Leben untergeht?« Seine Augen leuchten in tiefem Orange. Die Seelenschatten darum sind schwärzer, als er sie jemals hätte malen können.

Er wird sich verwandeln, jeden Moment.

Ohne Großmutter wird er sich an den Habicht verlieren und nie wieder ein Mensch sein.

»Zieh dich an!« Er rafft meine Kleidung zusammen, wirft sie mir aufs Bett. »Du musst verschwinden! Ein Altmeister führt sie an.« Er schickt dem Kerl einen Fluch an den Hals. »Die wagen es, die Magie des Vollmondfestes zu stören!«

Ich hatte eine Vision! Großmutter war ein …

»Sie haben sie.« Er erstarrt. Nur Sekunden, ehe er sich in die grauen Zöpfe fährt. »Sie haben Ira gefangen und ich konnte nichts dagegen tun!«

Mein Herz schlägt mir bis unter den Schädel.

»Sie suchen Suspekte, aber das ist bloß eine Lüge. Sie wollen uns! Dich, Ira und mich!«

Suspekt?, buchstabiert meine rechte Hand, während ich mit der linken versuche, meine Hose anzuziehen. Bis auf Nana ist niemand von uns verrückt.

»Es ist bloß ihre Ausrede, um den Überfall vor den Präfekten zu rechtfertigen, oder denkst du, die Meister verraten diesen Idioten, dass sie in Wirklichkeit auf der Suche nach Magiern und Anderen sind? Die Präfekten wissen nicht einmal, dass es uns gibt!« Sascha versucht, meine Füße in die Stiefel zu stopfen, kaum dass die aus der Hose gucken. »Alek hat uns gewarnt. Die Überfälle auf die Clans würden zunehmen, aber Ira hat nicht auf ihn hören wollen.«

Wer ist Alek?

»Deine Großmutter ist stur und jetzt leiden wir alle darunter!«

Großmutter ist brillant, machtvoll und …

Seine knappe Geste unterbricht meine. »Wir sind die Erzfeinde des Rates und dank ihm hält uns der Rest der Welt für vagabundierendes Pack. Der Schritt zur Kategorie Widersacher des Allgemeinwohls ist ebenso kurz wie der zu suspekt.« Er pfriemelt am Reißverschluss meiner Hose herum, als wäre ich noch ein Kind, das sich nicht anziehen kann.

Ich schubse ihn von mir. Allein bin ich schneller.

Er schnappt sich den Farbtiegel für die Seelenschatten, stopft ihn in die Tasche meines Mantels und wirft ihn mir zu. »Wir hätten in der Steppe bleiben müssen. Dort wären wir sicher gewesen.«

Die Clans verbringen den Winter im Grenzland. Das war immer so. Die Vollmondfeste sind für die Dorfleute ebenso wichtig wie für uns.

Über dem Dach schreien Falken.

Sascha wird blass. »Sie haben ein Duzend Späher dabei.« Er sieht nach oben, als wollte er mit seinem Blick jeden einzelnen von ihnen durch das Blech hindurch erstechen. »Die Meister wagen es, meinesgleichen auf mich zu hetzen!«

Wie können sich Andere in den Dienst des Rates stellen?

»Du musst fort von hier! So weit weg wie möglich!«

Ich bleibe! Ich schnappe mir seine Hand, presse sie mir auf die Brust. Ich werde kämpfen! Ich bin stark! Ich werde euch nicht im Stich lassen! Mein Herz schlägt schneller als Großmutters Trommel während eines Rausches.

Sascha packt mich hart an den Schultern. »Wenn sie dich einfangen, werden sie dich aus der Welt schaffen.« Die Farbe seiner Augen war nie so intensiv. Sie sind fast rot. »Deine Leute brauchen dich!«

Gleich stehe ich einen Wimpernschlag lang im Dunklen, und wenn ich wieder sehen kann, streifen die Flügelspitzen eines Habichts an den Blechwänden entlang.

Das Leben bewahrt seine Geheimnisse.

Ich höre Großmutters Stimme in meinem Kopf.

»Du darfst ihnen nicht in die Hände fallen! Das würde Iras Herz brechen!«

Was ist mit deinem? Ich liebe ihn ebenso wie ich Großmutter liebe.

»Meines auch«, sagt er rau und küsst mich auf die Stirn. »Ich werde den Häschern folgen und Ira befreien. Ich verspreche es und jetzt raus hier!«

Gleich. Ich spüre das Zittern in der Luft.

Du darfst dich nicht ohne sie verwandeln! Du findest nicht zurück! Er wäre niemals wieder Sascha!

Er fängt meine wild gestikulierenden Hände ein.

»Versteck dich, und wenn sie weg sind, schlage dich zum Woljawa-Wall durch. Dort gibt es geheime Tunnel, die auf die andere Seite führen.«

Das ist Sperrgebiet! Ist er verrückt geworden? Willst du, dass mir Haare und Zähne ausfallen, oder reicht es dir, wenn mir ein dritter Arm wächst? Jeder kennt die Geschichten, wie der Himmel über dem Gebirge brannte und wie es Jahre später noch giftige Asche regnete.

»Gerüchte!«, faucht Sascha. »Und jetzt geh!« Er stößt mich zum Fenster.

Ein Schatten bewegt sich dahinter.

Die Caravantür schlägt auf.

Es wird dunkel um mich.

Männer fluchen, ein Luftzug streift meine Wangen. Ein Mann schreit auf, schluchzt vor Schmerz. Ein Habicht stößt eine Salve Warnrufe aus.

Die Dunkelheit weicht, als hätte mir jemand eine Decke von den Augen gezogen.

Saschas Anziehsachen. Ein Häscher tritt sie beiseite. Hinter ihm, nur einen Schritt vom Eingang des Caravans entfernt, kauert ein zweiter. Die Hände vors Gesicht geschlagen, zwischen seinen Fingern quillt Blut hervor. Sein Kreischen, er hätte keine Augen mehr, lässt mich kalt.

Saschas Seelenvogel ist ebenso stolz wie grausam. Nur ein Idiot stellt sich ihm in den Weg.

»Die Späher auf den Habicht!«, brüllt der Mann vor mir.

Die Falken schreien auf.

Nein.

Das Gewehr verschwindet aus meinem Sichtfeld. Bloß ein erschrockener Blick. Unter meinen Hieben bricht eine Nase, ein blasses Gesicht wird rot und nie wieder hämisch grinsen.

»Helft mir endlich!«

»Das ist bloß ein Junge.«

Saschas Todesschreie. Sie gellen durch den Lärm, stechen mir ins Herz.

Ein Häscher greift mir ins Haar, zerrt mich nach hinten. Der Lauf einer Pistole drückt gegen meine Schläfe. »Gib Ruhe, kleiner Bastard!«

Jemand lacht.

Sascha stirbt. Ein Mann hat keine Augen mehr, dem anderen schwillt das Gesicht zu.

Niemand darf lachen.

Brüllen und Rufen, Häscher kommen, bringen den Augenlosen weg, helfen dem Kerl mit der blutenden Nase auf die Beine. Nur der Himmel ist still. Keine Falkenrufe, keine Habichtschreie.

Der Häscher lässt mich los, baut sich vor mir auf und zielt mit einer der dicken Militärwaffen auf meine Stirn. »Bist du eine Kreatur wie der Alte?« Er greift mir ins Gesicht, seine Finger bohren sich mir in die Wangen. »Los, antworte!«

Niemand ist wie Sascha. Er ist nicht bloß ein Anderer, er ist der Kusami der machtvollsten Steppenmagierin aller Zeiten.

Und er stirbt. Jetzt. Allein. Ohne den Segen.

»Rede, oder verstehst du bloß euer Gebrabbel?«

Ich beherrsche die Zentralsprache so gut wie er. Aber er beherrscht nicht meine.

»Altmeister Aquino im Anmarsch.« Der Häscher an der Tür nickt nach draußen.

»Scheiße, der hat uns gerade noch gefehlt.« Der Kerl, der mich bedroht, packt mich am Kragen, zieht mich auf die Beine. »Geh vor und behalte diesen verlausten Bastard im Visier. Sonst haut der uns vor der Nase des Altmeisters ab.«

Der Häscher springt aus dem Caravan, zielt ebenfalls auf mich. »Los, komm schon.«

Es ist zu still im Lager. Das Feuer brennt noch, aber niemand meiner Leute ist dort. Soldaten schippen Schnee in die Flammen, als wären Licht und Wärme ihr Feind.

Die Gestalt mit dem Purpurmantel aus meiner Vision. Sie schreitet durch das erstarrte Chaos.

Ich bin nie einem Altmeister begegnet. Wie ist es, dem Erzfeind in die Augen zu sehen?

Kurz vor mir streicht er die Kapuze zurück. Sein kahlgeschorener Schädel ist übersät mit den Zeichen des Rates.

Der Häscher mit der Knarre springt aus meinem Caravan und verbeugt sich. »Altmeister, es könnte sich bei dem hier um eine Kreatur handeln. Wir sollten ihn …«

»Eine Kreatur mit diesen Augen?« Kahlschädel kommt noch einen Schritt näher. »Er ist der Enkel der Magierin, ihr Dummköpfe.« Er nimmt mich am Kinn, drückt mir den Kopf in den Nacken. »Oh ja, das bist du.«

Sein Blick ist ohne Tiefe und tot wie die Seele dahinter.

Der Häscher hinter mir räuspert sich. »Sollen wir ihn zu den anderen bringen oder gleich hier entsorgen?«

Mir wird schlecht.

Der Altmeister schürzt die faltigen Lippen. »Mir ist es zuwider, Potenzial zu verschwenden. Aber mir liegt noch weniger daran, Gedankensünden in die Akademie einzuschleppen.«

Die Akademie der Meister. Das Spinnennest, aus dem Jahr für Jahr neue Kahlschädel hervorkriechen.

Mit einem leisen Schnalzen schüttelt er den Kopf. »Wildwuchs darf es nicht länger geben. Die obskuren Jahrhunderte liegen hinter uns, in denen ihr ungestraft euren Hokuspokus verbreiten durftet.«

Ich ziehe das bisschen Spucke in meinem Mund zusammen und rotze es ihm ins Gesicht.

Sein Handrücken fliegt mir entgegen, klatscht mir auf Nase und Mund.

Für einen Moment tanzen mir Sterne vor den Augen.

»Unzivilisiertes Pack.« Angewidert verzieht er das Gesicht, holt ein Taschentuch hervor und wischt sich ab. »Wie könnt ihr euch einbilden, auch nur einen Funken Macht zu besitzen?«

Meine Großmutter hat die Erinnerungen ihrer Kindheit geopfert, um Platz für die Magie zu schaffen. Du bloß deine Haare. Ich grinse ihn an, obwohl mein Herz bricht. Deine Magie ist zu billig, also steck sie dir ins Loch!

Er starrt mir auf die Hand. »Du bist auch noch stumm?« Sein Blick fliegt zu dem Kerl mit der Pistole. »Und das erfahre ich erst jetzt?«

Der zuckt zusammen. »Wir wussten das nicht.«

Langsam wendet er sich wieder zu mir. »Eventuell wäre es klüger, dich offiziell als suspekt zu kategorisieren und mit den anderen wegzuschaffen.«

Vielleicht wäre es klüger, dir eine Knarre an den Kopf zu halten und abzudrücken.

Er versteht kein Wort, weiß ich. Aber wenn ich meinen Hass nicht aus den Fingern schleudern kann, ersticke ich an ihm.

Sein Mund wird zu einem blassen Strich, ehe sich die Lippen kaum merklich bewegen. »Mir ist gänzlich schleierhaft, woher ihr euren Stolz nehmt. Ihr seid nichts weiter als Landstreicher und Wegelagerer. Es wäre recht und billig, euch allesamt als Widersacher des Allgemeinwohls in die Minen zu schicken.«

Wir bringen Magier hervor, von deren Fähigkeiten könnt ihr bloß träumen. Mir wird schlecht vor Wut. Tausch das nächste Mal deinen Arsch statt deiner Haare ein, und dann reden wir weiter.

Dieses Mal klatscht er mir auf die Wange. Heftig genug, dass mein Kopf zur Seite fliegt.

»Wage es nicht, mich mit diesem Blick anzusehen!« Seine Stimme bebt ebenso wie seine Nasenflügel. »Deine Existenzberechtigung ist bedingt durch meine Gnade.«

Könnte ich ihm doch lauthals ins Gesicht lachen.

»Bringt ihn zu den anderen. Aber vorher legt ihm Handschellen an.«

Der Häscher hinter mir gehorcht, als hätte er auf den Befehl gewartet.

Er stößt mich nach vorn.

Der Caravan von Max’ Familie, Jonas Truck, Tante Ivis …

Habichtfedern. Sie liegen im Schnee, sind voll Blut.

Mein Blick fliegt zum Himmel.

Er ist leer und grau.

»Hier liegt einer von denen!«, ruft ein Häscher und zeigt zu den Felsen am Rand des Lagers. »Bringt einen schwarzen Sack her!«

Sascha.

Den Tod überlässt die Vogelseele dem Menschen. Ich sehe sein zerfurchtes Gesicht vor mir. Das Grinsen, das seine Augen funkeln lässt. Um sich mit solchen Lappalien abzugeben, ist sie zu stolz.

Meine Kehle schnürt sich zu.

»Los, weiter!«

Wieder ein Stoß. Ich stolpere nach vorn, bleibe erneut stehen.

Sascha! Mit geschlossenen Augen stürze ich mich in den Abgrund in mir. Deine Liebe wird in meinem Herzen wohnen, deine Weisheit wird meinen Verstand erhellen, dein Mut wird durch meine Adern … Ich schluchze. Das nasse Geräusch reißt mich nach oben.

Scheiße! Ich muss den Segen sprechen. Tief in meinem Herzen, nicht hier oben in meiner Angst.

Sascha ist tot und ich habe ihn geliebt.

Der Gedanke lässt mich wie ein Stein nach unten fallen.

Dein Mut wird durch meine Adern strömen und ich werde deine Lieder laut in die Nacht singen bis die Sterne in deinem Rhythmus tanzen.

Ich kann seine Lieder nicht singen. Aber ich kann nach ihnen tanzen.

Es schüttelt mich vor Trauer.

Es ist alles gesagt. Tote hören auch gefühlte Worte.

Der Häscher stößt mich vor sich her.

Meine Leute stehen um einen der Militärtrucks. Niemand achtete auf die Gewehre. Alle sehen zur Rampe.

Großmutter und Nana. Sie halten sich im Arm. Von Großmutters Stirn läuft Blut. Es fließt ihr ins Auge. Ihr Blick findet mich dennoch.

Ich will ihr sagen, wie sehr ich sie liebe.

»Raik!«, ruft ein Mädchen. Es ist Jurgi. Ein Häscher hat sie gepackt, hält die Pistole an ihre Schläfe. Du musst fliehen!, schnippt sie immer wieder, bis der Häscher ihr auf die Hand schlägt.

Jurgi ist der Grund, weshalb meine Leute noch nicht die Rampe gestürmt haben.

»Du weißt, wer du bist!« Großmutters Stimme ist klar und voll wie immer. »Warte auf deinen Kusami! Er wird dich finden und dann werdet ihr zwei …«

»Halt’s Maul!« Einer der Häscher stürmt auf die Rampe, schlägt sie mit dem Gewehrkolben nieder.

Ich renne los, jemand packt mich, zerrt mich zurück.

Ein Gewehrlauf.

Ich will Angst und Wut aus mir rausbrüllen und kann nicht einmal meine Hände bewegen!

Meine Leute drängen nach vorn.

Der Soldat hinter Jurgi schießt zweimal in die Luft, ehe er die Waffe erneut an ihren Kopf hält.

»Bleibt zurück!«, ruft ihre Mutter. Ihre Stimme überschlägt sich vor Angst.

»Raik!« Jurgi sieht mich an, als existierte der Mann hinter ihr nicht. »Raik! Raik! Raik!«

Meine Leute stimmen ein. Ich höre meinen Namen. Wieder und wieder.

Ich bin Großmutters Nachfolger. In diesem Moment. Sie hat mich vorgeschlagen und Jurgi und die anderen haben entschieden.

Ein wilder Magier ohne Kusami, ohne Ausbildung und meine Leute vertrauen mir trotzdem.

»Setzt dem ein Ende!«, brüllt der Kahlschädel und zeigt mit seinem gichtknotigen Finger auf mich. »Weg mit ihm!«

Ob er brüllt oder schweigt, spielt keine Rolle mehr. Meine Leute füllen Steppe und Himmel mit meinem Namen. Nichts kann das ändern. Kein Häscher, kein Meister, keine  …

Ein Knall. Noch einer und noch einer. Schnee stiebt zwischen grauen Wolken. Männer reißen ihre Münder auf, aber ich höre bloß ein hohes Pfeifen. Der Meister wird blass, sackt zusammen, meine Leute starren erschrocken umher.

Ich will zu ihnen.

Ein Häscher packt mich, wirft mich über seine Schulter.

Mein Zappeln bringt nichts. Er rennt mit mir zu einem der Militärtrucks.

Dunkelheit schluckt mich, es rüttelt und poltert. Ein Adler fliegt aus dem Licht, wird zu einer Frau. Sie rafft einen Mantel an sich, als gäbe es im Moment keine größeren Probleme als ihre Nacktheit.

Alles verschwimmt.

Ich kann nicht atmen.

Die Frau beugt sich über mich, sagt etwas. Ich verstehe nichts. Das Piepen in meinem Kopf ist zu laut. Gleich platzt mir der Schädel.

Ihr besorgtes Gesicht verschwindet hinter Nebel.

 

~*~

 

Auf dem Balkongeländer hat sich eine kleine Schneemauer gebildet. Weiß und glitzernd. Es schneit, als wollte es nie wieder aufhören. Die Flocken fallen immer schneller, verstecken die grauen Plattenbauten hinter ihrem Schleier. Die Luft riecht nach Winter und Ruß, dabei ist es erst Ende Oktober.

Ich inhaliere den Rauch der Zigarette, puste mit ihm eine Lücke in den federleichten, weißen Wall auf dem Geländer.

Rost und kaputter Lack statt glitzernder Kristalle.

Wieso ist es so leicht, etwas Schönes zu zerstören?

Weil das in Ajkal nichts zu suchen hat. Hier ist gar nichts schön, seit sie Maja abgeholt haben.

Ich habe von ihr geträumt. Mal wieder. Sie schlenderte mir in der Unterführung am Zentralgebäude entgegen, sah glücklich aus. Noch bevor sie mich erreichte, begannen ihre Hände zu tanzen. So schnell, dass ich sie kaum verstand.

Langsamer, Maja! Ich muss lachen, während meine Finger Ausreden aneinanderreihen, warum ich aus der Übung bin.

Deine Seele will fliegen, schnippt sie mir entgegen und ihre Augen leuchten. Hörst du nicht, wie sie dich ruft?

Ich zeige ihr einen Vogel. Du bist taub. Wie willst du etwas hören, das es nicht einmal gibt? Wenn du solche Dinge behauptest, holen sie dich zum zweiten Mal ab. Ein Gefühl, als würde mir jemand die Kehle abdrücken. Als sie Maja mitgenommen haben, ging für Polina und mich ein großes Stück Welt unter.

Ich will sie in den Arm nehmen.

Sie schüttelt den Kopf so wild, dass ihre schönen langen Haare hin- und herwehen. Du bist dumm, Silas.

Das ist nichts Neues.

Polina vermisst dich, Maja. Seit du weg bist, ist es mit ihr schlimmer geworden. Vielleicht hätte ich ihr das nicht sagen sollen. Es macht sie bloß traurig.

Genau so sieht sie mich an. Sie will, dass wir sie Mutschka nennen. Also mach das.

Polina ist keine Mutschka. Dann hätte sie sich um uns kümmern müssen. Ich bin es, der sich kümmert. Jeden Tag. Als Maja noch bei uns lebte, auch um sie.

In der Nähe krächzt eine Krähe. Ich stehe wieder auf dem Balkon, statt in der Unterführung und bin allein.

Vor sieben Jahren haben die Hüter des Allgemeinwohls Maja aus dem Unterricht geholt. Ohne Erklärung. Tim war dabei. Er hat es mir erzählt. Polina hat bloß ein Informationsschreiben bekommen. Ihre Tochter wäre als suspekt kategorisiert worden und würde zu einer Suspektenverwahranstalt gebracht werden, wo man sich angemessen um sie kümmern könnte. Sie sollte dankbar sein, dass ihr die Verantwortung abgenommen worden wäre.

Polina hat geweint und wochenlang nicht mehr damit aufgehört.

Es fällt mir leicht, mich in den Traum zurückzudenken. Ich bin wieder in der Unterführung und Maja steht vor mir. Die Straßenbahn donnert über uns hinweg, es riecht nach Pisse und Öl. Ich will mir Ohren und Nase zuhalten, breite stattdessen Flügel aus und schwinge mich in die Luft.

Maja streckte beide Daumen nach oben. Ihr lautloses Lachen flatterte mir in die Brust.

Es kostet mich bloß Sekunden, um zwei Meter über den vollgepissten Treppenstufen in die Nacht aufzusteigen. Immer höher, bis die Flachdächer der Siedlung unter mir liegen. Ich schwebe durch den Rauch der Schornsteine, gleite über das Verwaltungsgebäude der Minengesellschaft. Die Transitstraße, das Schienenwirrwarr des Güterbahnhofs, weiter bis zum Brachland. Unter mir beginnt der Wald. Das Rauschen der Baumwipfel ist das einzige Geräusch. Ich fliege darüber hinweg, streife mit den Flügelspitzen den Schnee von den Ästen. Immer weiter. Stundenlang bis sich die Bäume lichten. Ein zugefrorener Fluss glitzert im Mondlicht. Er ist die Grenze zwischen der Welt der Menschen und dem verwunschenen Königreich der Feen. Es zieht sich bis zum Horizont, ist eiskalt und wunderschön.

Unter mir tanzen Funken. Ein Feuer. Es brennt für mich, damit ich mich nicht in der Nacht verliere, aber ich will weiterfliegen. Daran ändert auch das Pochen nichts. Es stammt von einer Trommel und wird lauter. Ein zweiter Ton versteckt sich hinter dem dumpfen. Höher und vibrierender. Er wird zu meinem Herzschlag und pumpt mir so viel Sehnsucht in die Brust, dass ich kaum atmen kann. Ich weiß, dass der Feenprinz auf mich wartet, dass er die Trommel für mich schlägt. Ich weiß, dass er wunderschön ist, dass seine langen Haare im Wind wehen und seine mächtigen Flügel im Mondlicht schimmern. Ich weiß, dass sich in seinen grüngrauen Augen die Farben von den Flechten und Moosen seiner Heimat spiegelt. Wenn es Sommer ist. Im Winter glitzert die Ebene, als wären die Schneeflocken feinster Diamantenstaub.

Unten auf der Straße knallt eine Fehlzündung und schleudert mich aus der Erinnerung an den schönsten Traum meines Lebens.

Ich träume oft verrücktes Zeug, aber es hat sich nie so real angefühlt wie letzte Nacht. Als ich aufwachte, war ich sicher, fliegen zu können. Selbst in der Werkstatt war ich noch so voll mit diesem Traum, dass ich Tim gegenüber kaum den Mund halten konnte.

Polina hätte uns das Märchen von dem verwunschenen Königreich nie erzählen dürfen. Märchen sind ohnehin verboten. Sie zählen zu den archaischen Lügen. Wird man beim Erzählen oder Vorlesen erwischt, gibt es Ärger mit der Behörde.

Ob Alek uns helfen würde? In letzter Zeit hat er mich kaum beachtet.

Wozu auch? Er ist Tims Vater, nicht meiner. Immerhin lässt er mir den Transporter. Das ist eine Menge wert.

Zum ersten Mal habe ich ein Auto für mich geklaut. Ohne Aleks Auftrag. Es braucht eine neue Standheizung und das Getriebe ist im Arsch. Der Motor auch. Ich musste ihn verschrotten. Alek will mir die Sachen besorgen. Er hat gute Kontakte.

Ohne ihn wäre ich aufgeschmissen. Der Job in seiner Werkstatt rettet mich vor der Rekrutierung als Minenarbeiter. Noch. Irgendwann erwischen sie mich. Mein Pflichtanteil zum Wohle der Allgemeinheit liegt bei zehn Jahren.

Ich blase langsam den Rauch in die Luft, stelle mir vor, dass er zu einer Wolke wird und über die Stadtgrenze hinaus zieht.

Eines Tages werde ich Ajkal in meinem Transporter verlassen. Ich werde nach Nordosten fahren bis ins Grenzland. Dahin, wo es zu kalt, zu einsam, zu unwirklich für die meisten Menschen ist. Bloß ein paar Dörfer, das ist alles.

Vielleicht verschlägt es mich sogar in die Steppe. Wenigstens in den Randbereich.

Ein riesiges Niemandsland zwischen der Provinz Kutskaja im Süden, dem Woljawa-Wall im Osten und dem Eismeer im Norden. Bis auf die Nomaden weiß niemand, wie es dort aussieht. Helikopter stürzen ab, Motoren explodieren und Fotofilme zerbröseln in den Apparaten. Es gibt tausend Gerüchte über die tiefe Steppe. Irgendetwas muss dran sein, auch wenn Alek behauptet, das wäre Unsinn. Dort wäre Wildnis. Sonst nichts. Ich sollte keinen Gedanken daran verschwenden.

Ich denke öfter an sie als an alles andere. In meinen Träumen ist sie das verwunschene Feenreich aus Polinas Märchen.

Eines Tages werde ich dort sein.

Ich besitze nicht einmal eine Fahrlizenz und als Sohn einer Minenwitwe steht mir auch keine zu.

Alek hat Freunde in der Behörde. Vielleicht kann er was für mich drehen.

Polina wird eingehen, wenn ich sie verlasse. Sie hat nur noch mich. Anton, das Arschloch, zählt nicht.

Hierbleiben und abwarten, bis sie einer verpfeift und die Hüter des Allgemeinwohls sie abholen?

Ich will mir ins Gesicht schlagen für diesen Gedanken. Sie ist meine Mutter. Ob sie verrückt ist oder nicht.

Ich drücke die Zigarette am Geländer aus, schnippe sie zwischen die fallenden Schneeflocken. Unten auf der Straße wird sie ein Stück Dreck wie alles andere auch.

Mein Leben wird nicht in den Minen enden. Keine zehn Bulldozer kriegen mich da rein. Egal, was Anton sagt. Ich gehe nicht unter die Erde.

Ich will über ihr fliegen. Wie in meinem Traum. Diese endlose Ebene sehen. Den Nachtwind auf der Zunge schmecken, durch seine Kälte tauchen.

Den Nachtwind auf der Zunge schmecken?

Ich schnaube kleine Wolken in die Luft.

Poetisches Zeug wie aus Polinas Märchen. Sie hat so oft vergessen, Maja und mir Essen zu kochen, aber mit diesem Kram hat sie uns ständig vollgestopft. Jetzt sitzt er mir im Kopf und ich muss ihn in mein Tagebuch schreiben, um nicht verrückt zu werden.

Ich kenne niemanden, der Tagebuch führt. Ich kenne auch keinen Kerl, der mit hartem Schwanz aufwacht, nachdem er von Feenprinzen geträumt hat.

Wenn Tim davon erfährt, ist es mit unserer Freundschaft aus.

Scheiße.

Von den Antennen des Nachbarblocks steigt eine Nebelkrähe auf. Ein dunkler Schatten, der zwischen weißen Schneeflocken entlanggleitet.

Ein schönes Motiv. Ich sollte es zeichnen. Ich friere mir hier draußen ohnehin den Arsch ab.

Die Balkontür klemmt. Statt Kälte und Ruß schlägt mir stickige Wärme entgegen. Den untergründigen Schimmelgeruch blende ich aus, knie mich vor mein Bett und wuchte die Matratze hoch.

Der Teddy fällt um wie jedes Mal. Ich sollte ihn woanders hinsetzen. Oben auf das Regal zum Beispiel. Ich bin erwachsen, wozu brauche ich  …

Das Tagebuch ist weg.

Die Matratze fällt zurück. Der Teddy fliegt auf den Boden.

Polina durchsucht meine Sachen nicht. Sie würde nie auf die Idee kommen.

Anton.

Er darf nicht in meinen Träumen herumschnüffeln. Er würde …

Mein Herz rast.

Nachdenken!

Er ist in der Kneipe, säuft mit seinen Freunden.

Wenn er denen meine Bilder zeigt, ist es aus. Die werden mich melden. Ich werde als suspekt kategorisiert und das war’s dann mit mir.

Das schafft Polina nicht.

Die Wohnungstür schlägt auf.

Anton.

Er schmeißt sie zu, stapft an meinem Zimmer vorbei zur Küche. »Polina!«

Er ist betrunken. Wegen mir.

Scheiße!

Fahre mir durch die Haare, drücke mir auf den Schädel so fest ich kann.

Die Feenprinzen. Das Tagebuch ist voll davon.

Polina schluchzt.

Ich kann sie nicht mit ihm alleinlassen.

Kaum bin ich im Flur, höre ich ihn brüllen.

»Dein Sohn ist einer von denen! Ich hab’s gleich gewusst! Lies dir durch, was er für ein krankes Zeug schreibt!« Er steht breitbeinig in der Küche, schwankt. Mit der einen Hand hält er mein Tagebuch hoch, mit der anderen knallt er eine leere Schnapsflasche auf den Tisch.

Polina kauert in ihrer Ecke zwischen Kühlschrank und Herd. Da ist sie immer, wenn er sie anbrüllt. Als wäre sie dort sicher, aber das ist sie nicht.

»Er malt nackte Kerle! Nackte Kerle mit Flügeln!«

Meine Hände zittern. Das darf er nicht sehen. Ich balle sie zu Fäusten. »Gib das her!«

Anton fährt zu mir herum, stiert mich an.

»Was fällt dir ein, mein Tagebuch zu stehlen!« In meinen Ohren rauscht es. Polinas Schluchzen geht darin unter.

»Versautes Zeug!« Er schleudert ihr das Buch vor die Füße. »Sogar die Schwänze von denen hat er gemalt!« Er starrt sie nieder, dabei bin ich es, auf den er wütend ist. »Dein Sohn ist nicht bloß suspekt! Er ist auch noch eine Schwuchtel!«

»Nein! Das bin ich nicht!« Vor meinen Augen flackert es. »Ich bin keine …«

»Und ob du das bist!«

»Leiser!«

Er weiß, dass Polina Angst bekommt, wenn er brüllt. Dass sie zittert und nächtelang nicht schlafen kann.

Sie ist so klein. Sie verschwindet fast in ihrer Ecke.

»Lass sie in Ruhe!« Ich stoße ihn beiseite, was nur gelingt, weil er betrunken ist und ich bis zu den Haarspitzen unter Adrenalin stehe.

Mir rast das Herz wie jedes Mal, wenn ich mich mit ihm anlege. Schlägt Anton zu, tut das weh.

»Deine Mutter braucht keinen Schutz vor mir!« Ihm fliegen Spucketropfen von den Lippen. »Habe ich ihr je ein Haar gekrümmt?«

»Es genügt, wenn du sie anschreist.« Ohne ihn aus den Augen zu lassen, hebe mein Tagebuch auf.

»Sie bringen es im Radio.« Er zeigt auf mich, als wollte er mich mit seinem dicken Zeigefinger zerquetschen. »Seit gestern zahlen sie Prämien für jeden gemeldeten Suspekten!«

Tim hat es mir erzählt. Sein Vater wäre an die Decke gegangen vor Wut. Ich weiß nicht warum. In Tims Familie gibt es keine Suspekten.

»Er macht verbotenes Zeug!«, brüllt Anton und Polina zuckt zusammen. »Wir müssen die Behörde informieren. Jetzt, wo es raus ist, dürfen wir ihn nicht mehr verstecken. Er wird sich verraten und dann heißt es, wir hätten ihn nicht melden wollen!«

Er ist noch betrunkener als gewöhnlich, sonst würde ihm einfallen, dass wir Polina seit Jahren verstecken.

»Und du bist schuld daran! Weil du ihm diesen verrückten Mist erzählst!«

»Er kann sonst nicht einschlafen.« Polina zieht sich an mir hoch. »Die Schmerztabletten helfen ihm nicht.«

»In seinem Alter braucht man keine Schmerztabletten! Was stimmt nicht mit ihm?«

Früher war ich nie krank. Dann fingen die Fieberanfälle an. Alle paar Wochen. Mit Schmerzen, als würde mein Körper gleichzeitig auseinandergezerrt und zusammengestaucht. Am nächsten Tag ist der Spuk vorbei.

Wenn ich zum Arzt gehe, fragt der, warum ich noch nicht in den Minen arbeite und schickt den Behörden meinen Status. Dann erscheine ich bei denen auf dem Radar und da will ich nicht hin.

Polina streichelt mir über den Arm, sieht dabei jedoch Anton an. »Seine Seele will fliegen.«

Majas Worte aus meinem Traum. Woher …

»Es strengt den Körper an, wenn Seelen Flügel wachsen.«

»Mutschka!« Sie darf solche Dinge nicht sagen. Schon gar nicht vor ihm.

»Pah!« Er schlägt auf den Tisch, dass die Flasche wackelt. »Du erzählst ihm nie wieder diese bescheuerten Märchen! Du machst ihn damit zu einem Schwachkopf!«

Er ist der Schwachkopf! Er braucht Stunden, um einen Einkaufszettel zu entziffern! Verwunschene Königreiche und Feenprinzen kann er sich nicht einmal vorstellen!

Polina schiebt ihre dünne Hand in meine. »Silas ist wichtig, Anton. Er muss die Geschichten kennen. Wie soll er sonst die Wahrheit finden?«

Ich will sie umarmen. Diese verwirrte, kleine Frau mit den strubbeligen Haaren und dem ängstlichen Blick. Manchmal leuchtet er, wenn sie Dinge sieht, die es nicht gibt.

Würden Anton und ich sie aus der Wohnung gehen lassen, würde es keine zwei Minuten dauern, bis sie dem Erstbesten auf der Straße erzählt, dass sie mit dem Feenkönig gefrühstückt hätte. Eine Stunde später würden die Hüter bei uns sturmklingeln. Vielleicht sogar noch eher, jetzt mit den versprochenen Prämien.

»Deine Seele will fliegen, Silas.« Sie lächelt mich an, als hätte sie Anton vergessen. »Sie ruft es mit lauter, rauer Stimme. Du musst ihr zuhören, sonst wirst du immer wieder krank.«

»Sei still!« Anton greift zur Flasche. »Oder ich verpfeife euch beide!«

Ich schiebe Polina wieder hinter mich, lege das Tagebuch weg.

Er geht auf mich los, holt aus.

Mein Herz ist eine Trommel und schlägt mir um die Ohren. Ich will Anton aus dem Fenster werfen. Sechs Stockwerke abwärts. Wir wären ihn los. Ein für alle Mal.

Ich stehle und lüge, aber ich morde nicht.

»Stell die Flasche weg.« Das Adrenalin verscheucht meine Angst. »Wenn du dich wieder mit mir prügeln willst, dann los. Doch nicht vor Polina.«

»Nein!« Sie schlüpft unter meinem ausgebreiteten Arm hindurch, stellt sich vor mich. »Silas ist wichtig! Du darfst ihm nicht die Flügel brechen!«

»Mutschka!« Ich will sie wieder hinter mich schieben, aber sie wehrt mich ab.

Anton verzieht das Gesicht, knirscht mit den Zähnen. Trotzdem stellt er die Flasche zurück. »Schmeiß das Ding in den Müll«, knurrt er und zeigt auf mein Tagebuch. »Wenn das jemand findet, holen sie dich ab und deine Mutter gleich mit.« Er schüttelt den Kopf, schnaubt. »Ich hätte mir denken können, dass mit dir etwas nicht stimmt.«

Wir brauchen ihn. Ihn und sein beschissenes Geld. Der Gedanke kotzt mich an.

Er lacht dreckig drauflos, weil er genau das weiß. »Die Behörde sollte mir für dich eine doppelte Prämie zahlen.« Er stapft aus der Küche, schlägt die Tür hinter sich zu.

Mir tanzen Sterne vor den Augen.

Ich muss runterkommen.

Polina nimmt mich am Ellbogen, führt mich zum Tisch.

Ich plumpse auf den Stuhl. Alles in mir zittert.

Sie setzt sich mir gegenüber, schiebt die Flasche beiseite. »Du musst mir glauben. Deine Seele will fliegen. Ich habe sie gesehen.«

»Bitte hör auf.« Warum kann sie nicht normal sein?

»Ihre Flügel glitzerten im Mondlicht und unter ihr glitt das verwunschene Königreich entlang. Kälter und schöner, als alles, was es jemals geben wird.«

Mein Traum.

Nein, ihr Märchen. Sie kennt es besser als ich. Und genau daraus erzählt sie. Es hat nichts mit mir zu tun.

Oder sie hat ebenfalls in meinem Tagebuch geschnüffelt.

Es liegt immer noch auf dem Rand der Spüle. Mit weichen Knien stehe ich auf und hole es.

»Hast du dadrin gelesen?« Ich lege es vor sie auf den Tisch. »Sag ehrlich.«

»Suche den Zauberer im Schnee.«

»Ob du darin gelesen hast!«

»Du musst ihn finden, denn er hält das Hohe in der einen und das Tiefe in der anderen Hand.«

»Ich weiß, Mutschka. Aber darum geht es jetzt nicht.«

»Wenn er tanzt, dreht sich die Welt. Wenn er lacht, funkeln die Sterne und wenn er weint, versinkt sein Reich unter frisch gefallenem Schnee und die Feenprinzen lassen ihre wunderschönen Flügel vor Traurigkeit hängen.«

Wie kriege ich sie da wieder raus?

»Seit Anbeginn der Zeit stellen ihm die purpurnen Trolle nach. Weil sie boshaft und neidisch sind. Aber sie kennen sein Geheimnis nicht.«

Sie erzählt nie, welches das ist.

»Mit seiner Trommel wirft er Magie in die Welt und lässt sie glitzern und gleißen.« Ihre Augen beginnen zu leuchten. »Hörst du das Pochen? Es ist wie ein Singen in der Luft.«

Die Trommel aus meinem Traum.

Mir rutscht Eis über den Rücken. Es schaudert mich dermaßen heftig, dass mir ein komischer Laut entkommt.

»Der Zauber ist so alt wie die Steppe, so stark wie der Wintersturm und ewig wie die Zeit.«

»Es gibt keine Magie. Es gibt auch keine Zauberer. Hör endlich auf, Märchen zu erzählen.«

Sie schüttelte den Kopf. Ihre verfilzten Haarsträhnen schwingen dabei hin und her. »Du irrst dich. Magie ist wie Musik. Du kannst sie nicht sehen, aber fühlen und hören. Du kannst nach ihr tanzen!«

Musik ist genau so verboten wie tanzen. Sie weiß das.

Tim und mir ist das egal. Alle paar Wochen treffen wir uns mit Freunden in den verlassenen Stollen. Tim hat mit dem Kassettenrekorder alte Hits von Aleks Schallplatten aufgenommen. Das genügt uns. Wir hopsen ohnehin nur wild durcheinander, betrinken uns und vögeln mit der Handvoll Mädchen, die sich mit uns dorthin trauen. Auch wenn die Hüter wüssten, wo sie uns finden, würden sie uns nicht folgen. Die Gerüchte, dass Tiermenschen in den stillgelegten Minenabschnitten hausen, sind so alt wie die Minen selbst.

Schaurige Zwischenwesen, die sich nach dem großen Unglück unter dem Woljawa-Wall hindurchgegraben haben, um sich im Untergrund der Städte einzunisten. In besonders dunklen Nächten würden sie an die Oberfläche kriechen, um …

»Die Magie versteckt sich in den Märchen. Da ist sie sicher.« Polina zieht mir das Buch weg, nimmt meine Hände. »Und Märchen sind nichts anderes als Sagen, die herausgeputzt wurden.«

Wenn sie doch endlich aufhören würde mit diesem Unsinn.

»Weißt du, weshalb sich die meisten vor Sagen gruseln?«

Weil mutierte und verseuchte Monster darin vorkommen und Menschen fressen.

»Weil sie die Wahrheit darin fürchten. Deshalb behaupten sie, Märchen wären archaische Lügen und verbieten sie. Aber das stimmt nicht.« Sie hält meine Hände immer fester. »Es sind Sagen, deren Wahrheit so weit zurückliegt, dass sich niemand mehr traut, sie zu glauben.«

Anton hätte sie nicht anschreien dürfen. Jetzt ist sie tagelang neben der Spur.

»Prinzen verwandeln sich in Frösche und Bären, Brüder in Raben und Schwäne und Mädchen in Rosen und Rehe.«

»Ach Mutschka.« Ich bringe es nicht fertig, ihr den Mund zu verbieten.

Anton stapft an der Küche vorbei, der Schlüssel klimpert. Ich höre ihn schnaufen und fluchen, während er sich Stiefel und Mantel anzieht.

Seine Schicht beginnt erst morgen früh.

Die Wohnungstür fällt ins Schloss.

Würde er uns an die Behörde verpfeifen? Die Prämien sind hoch und wir fallen ihm schon lange zur Last.

Er würde zusehen, wie die Hüter unsere Wohnung stürmen und uns mitnehmen. Er würde das beschissene Geld einstecken und hätte allein und ungestört eine Bleibe. Seinen gesamten Lohn könnte er verprassen und sich dreimal mehr Schnaps kaufen als jetzt.

Es gibt ein Gerücht, dass sie Suspekte entsorgen, statt in Verwahranstalten zu bringen. Anton hat mir davon erzählt.

Was, wenn es wahr ist?

Dann ist Maja …

Scheiß Gerüchte. Polina ist hier trotzdem nicht mehr sicher. Ich auch nicht.

Tims Vater wird uns aufnehmen. Nur ein paar Tage, bis ich eine Lösung gefunden habe. Alek hat oft Suspekte bei sich versteckt. Vielleicht hilft er uns, Ajkal zu verlassen. Wir könnten in den Osten fliehen. Es heißt, die Dörfer im Grenzgebiet würden nicht kontrolliert und ich wäre näher an der Steppe.

Polina findet sich kaum in ihrer eigenen Wohnung zurecht. In einer fremden Umgebung würde sie einen Absturz nach dem anderen erleiden, bis sie die Wand anstarrt.

Ich werde trotzdem mit Alek über das Problem reden. Nur für den Notfall.

Sie zieht mein Tagebuch zu sich, legt die Hand darauf. »Der Zauberer ist auf dem Weg zu dir. Eine Frau hat mir gesagt, dass er deine Hilfe braucht. Die purpurnen Trolle sind hinter ihm her. Er ist ihnen nur mit knapper Not entwischt.«

»Eine Frau?« Seit Jahren hat sie die Wohnung nicht mehr verlassen und wir haben nie Besuch. Wegen ihr.

Polina nickt glücklich.

Wenn ich ihr die Verrücktheit doch aus dem Kopf scheuchen könnte.

 

~*~

 

Ein Funkgerät knackt und rauscht. Dazwischen sind abgehackten Worte. Eine Männerstimme.

Ich bin nicht mehr in der Steppe, sonst würde das Ding nicht funktionieren.

Im Grenzland?

»Wir waren zu spät!« Jemand flucht. Direkt neben mir. »Sie haben Ira.«

Großmutter.

Kein böser Traum. Keine Vision. Das alles ist geschehen. Auch Saschas Tod.

»Ich hätte dich früher informiert, aber der Funk hat bis weit nach dem Grenzgebiet gesponnen. Das habe ich noch nie erlebt.«

Dachte er, die Steppe ließe sich ungestraft eine Magierin stehlen?

»Es gibt auch eine gute Nachricht. Wir haben Raik. Im Moment ist er noch betäubt, aber sonst unversehrt.«

Woher kennt er meinen Namen und was fällt ihm ein, mich auszuschalten?

»Seine Leute habe ihn zu Iras Nachfolger ernannt noch während er abgeführt wurde. Das bedeutet, dass der Rat ihn auf die erste Stelle seiner Abschussliste setzt.«

‚Das ist nicht gesagt‘, krächzt es aus dem Funkgerät. ‚Iras Clan gehört zu den drei größten. Der Rat könnte auch versuchen, Raik umzudrehen und seinen Einfluss auf seine Leute ausnutzen.‘

Niemand dreht mich um. Schon gar kein Meister.

Ich muss zu meinen Leuten zurück!

‚Bringt ihn her, so schnell es geht. Die Sonderlizenz wird euch ohne Probleme durch die Kontrollen bringen, aber versteckt ihn sicherheitshalber, falls doch jemand einen Blick riskiert.‘

Ich öffne die Augen einen winzigen Spalt. Wenn der Mann bemerkt, dass ich wach bin, hört er auf über Dinge zu reden, die ich wissen will. Zum Beispiel warum der Kerl am anderen Ende so scharf auf mich ist.

Er steht mit dem Rücken zu mir, ein zweiter Mann sitzt am Steuer. Von der Adler-Frau ist nichts zu sehen.

Die haben eine Andere im Team, obwohl sie weder zum Rat noch zu uns gehören? Wer sind die?

Rost, Dreck, im hinteren Teil keine Fenster, dafür nachträglich installierte Pritschen.

Ein umgebauter Lasttransporter. Wo ist der Militärtruck geblieben?

»Sascha wurde getötet. Wir hatten keine Zeit, seine Leiche zu bergen. Es tut mir …«

Seine Worte werden Geräusche. Die Antworten ebenso.

Ich will nichts hören, nichts verstehen. Alles, was wichtig ist, weiß ich längst. Sascha ist tot, Großmutter verschleppt und mich haben irgendwelche Idioten entführt!

»Ja, das Fahrzeug haben wir schon in der Nacht gewechselt. Dim lässt dir ausrichten: jederzeit wieder.«

Ich werde nie wieder Saschas Lieder hören. Nie wieder zu ihnen tanzen.

»Der Überfall auf den Clan fand unter dem Kommando eines Altmeisters statt. Iljana sagt, unser Ablenkungsmanöver hätte ihn erwischt. Ob er dabei draufgegangen ist, wissen wir nicht.«

Was verdammt wird hier gespielt und wieso weiß der Kerl über die Meister Bescheid?

»Ian hat den Konvoi eingeholt. Bevor ich dich kontaktierte, kam sein Funkspruch endlich durch. Er sagt, niemand hätte Verdacht geschöpft. Obwohl er zwischendurch fast die Nerven verloren hat, ist er bereit, uns beim nächsten Mal wieder zu helfen.«

‚Ich kann niemanden mit schlechten Nerven gebrauchen. Deshalb habe ich euch. Bist du sicher, dass ihr nicht verfolgt werdet?‘

Der Mann sieht nach vorn. »Iljana?«

Also sitzt die Andere auf dem Beifahrersitz. Der ist außerhalb meines Sichtfeldes. Wenn ich den Kopf drehe, merken die, dass ich wach bin.

»Kein Militärtruck im Umkreis von fünfzig Kilometern.«

Ihre Stimme ist zu hoch. Kaum menschlich. Der Adler steckt noch dicht unter der Oberfläche.

»Du hast sie gehört, Alek. Ihr Erkundungsflug liegt erst knappe zwei Stunden zurück. So schnell können die uns nicht einholen.«

Alek. Sascha hat diesen Namen erwähnt.

‚Seid trotzdem vorsichtig. Der Junge darf dem Rat unter keinen Umständen in die Hände fallen. Er ist erst bei mir sicher. In der Westprovinz werden ihn die Häscher niemals vermuten.‘

Die verschleppen mich in die Westprovinz? Das ist am anderen Ende des Landes. Je nach Witterung zwei bis drei Wochen per Wagen.

Der Kerl hat sie doch nicht mehr alle!

Schnelle hoch. Scheiß auf Tarnung.

Niemand achtet auf mich.

Ich schlage gegen die Wand. Das Geräusch lässt meinen Kopf explodieren.

Was haben dir mir verpasst?

Der Mann wendet sich um. »Alek, ich melde mich später noch einmal. Raik ist aufgewacht.«

Allerdings.

Beim Himmel, ist mir schlecht.

Bringt mich zu meinen Leuten zurück. Sofort!

Ohne auch nur einen Blick auf meine Hand zu werfen, setzt er sich auf die Bank mir gegenüber. »Wie geht es dir?«

Soll das ein Witz sein? Ihr habt mich ausgeschaltet! Jeden Moment kotze ich ihm vor die Füße.

»Offenbar bist du wütend. Aber ich kann es dir erklären.«

Ich brauche einen Stift und Papier.

»Deine Großmutter hat eine schwerwiegende Entscheidung getroffen. Sie war falsch, wie du siehst, sonst wärst du nicht hier und sie keine Gefangene.«

Großmutter trifft niemals falsche Entscheidungen. Deshalb kommen die Leute zu ihr. Weil es ihr Job ist, klug und weise zu sein. Sie ist eine Magierin, verdammt!

Irritiert zeigt er auf meine Gesten. »Du kannst nicht reden?«

Ich kann reden! Denkt er, ich fuchtele aus Spaß vor seiner Nase herum? Gib mir was zum Schreiben.

Die Andere schlängelt sich zwischen den Lehnen der Vordersitze hindurch zu mir. Ihre kurzen braunen Haare sind verklebt vor angetrocknetem Blut. Offenbar wurde sie als Adler ebenfalls von den Späherfalken attackiert.

Sie setzt sich neben mich. Ihre Augen glänzen fiebrig und ihre Blässe tendiert ins Kalkige.

Die Schwäche nach der Verwandlung. Es wäre besser für sie, wenn sie sich gesundschlafen würde.

»Einen Moment«, murmelt sie und zieht ein Röhrchen aus der Jackentasche. Sie schüttelt sich zwei Tabletten in die Hand, schluckt sie runter.

Der Mann reicht ihr eine Wasserflasche. »Du sollst die nicht trocken nehmen. Das weißt du.«

Sie flucht leise, ehe sie ein paar Schlucke trinkt.

Das ist also der Grund, weshalb sie sich auf den Beinen hält.

»Kannst du mich verstehen?«, fragt sie erschöpft.

Ja, verdammt!

Sie wechselt einen Blick mit dem Mann. »Als behinderter Steppenjunge und Enkel einer offiziell als suspekt kategorisierten Magierin erscheint er gleich dreimal auf dem Radar der Meister.«

Bisher habe ich meine Stimme nie vermisst. Jetzt will ich losbrüllen.

Ich bin nicht behindert und Großmutter ist alles Mögliche, aber nicht suspekt!

Der Mann sieht hilflos auf meine Gestik, greift erneut zum Funkgerät. »Alek?« Es knackt und rauscht. »Der Junge kann nicht reden.«

Was denkst du, mache ich hier?, gestikuliere ich überdeutlich in seine Richtung. Gebt mir verdammt noch mal einen Notizblock! Für die Geste, etwas aufzuschreiben, lasse ich mir Zeit.

Iljana starrt mir auf die Hände, nickt. »Er will etwas zum Schreiben.«

Na endlich.

Sie wendet sich zum Fahrer. »Mirko?«

Der grunzt, beginnt im Handschuhfach zu kramen und wirft schließlich einen Block nach hinten. Ein Kugelschreiber folgt.

Seine Haare sind bürstenkurz wie die des anderen Mannes. Umso deutlicher stechen die Narben hervor, die sich über seinen Schädel ziehen.

»Wir wussten, dass euch die Häscher im Visier haben.« Nebenbei sammelt Iljana Block und Stift ein und reicht mir beides. »Es tut uns leid, dass wir zu spät kamen. Der Zeitpunkt des Überfalls wurde bis zum letzten Augenblick geheimgehalten.«

‚Bringt mich zurück!‘ Vor Zorn kann ich den Stift kaum ruhighalten. ‚Ich muss mich um meine Leute kümmern!‘

Iljana liest die Worte vor.

‚Er ist mutig‘, kommt es aus dem Gerät. ‚Das gefällt mir. Vorerst muss er sich jedoch zurückhalten. Sag ihm das.‘

Ich kann’s hören und es passt mir nicht.

Es knackt und die Verbindung ist beendet.

Das haben die sich so gedacht.

‚Ich will zurück. Sofort!‘ Ich halte den Block dem Mann hin.

Der schüttelt den Kopf. »Deine Schrift ist furchtbar.«

Weil mir die Hände vor Wut zittern!

Er kneift die Lider zusammen, starrt auf die Zeilen. »Was schreibt er?« Er sieht ratlos zu Iljana.

Ich halte ihr das Ding hin.

»Dass er nach Hause will«, liest sie und vergisst das sofort!

Der Mann lacht trocken. »Nein, das willst du nicht. Glaub mir.«

Sag mir nicht, was ich will!

»Du musst es aufschreiben.« Er nickt zu dem Block.

Verdammt!

‚Sag mir nicht, was ich will!‘

Er runzelt schon wieder die Stirn. »Iljana, lies du das.«

Das ist doch nicht zu fassen!

»Er ist bloß wütend«, übersetzt sie nach einem Blick und seufzt. »Schreib ordentlicher«, sagt sie leise zu mir. »Lenard hat schon Mühe, seine eigene Schrift zu lesen.« Sie zwinkert.

Ich mag sie mehr als ihn.

»Bei deinen Leuten bist du nicht sicher.« Er sieht mich an, als wäre das meine Schuld. »Wir bringen dich zu Alek, bis die Meister die Suche nach dir aufgeben. Dann kannst du wieder zu deinem Clan und Iras Aufgaben übernehmen.« Er räuspert sich und wirkt einen Moment unsicher. »Damit meine ich die politischen als Anführer der Nomaden, nicht die magischen. Auch wenn ich Alek vertraue, aber für ihn ist Magie nichts weiter als Aberglaube. Jeder außerhalb des Grenzlandes denkt so.«

Dann ist jeder außerhalb des Grenzlandes ein Idiot.

»Dass er dennoch auf eurer Seite steht, hat bloß einen Grund: Ihr seid die Einzigen, die bis auf uns von der Existenz des Rates wissen und da ihr die natürlichen Feinde der Meister seid, macht euch das zu Aleks Verbündeten.«

Könnte ich doch auflachen.

‚Dieser Alek sucht Fußvolk für einen Aufstand?‘

Iljana überfliegt mein Gekrakel und stellt meine Frage.

Lenard zuckt mit den Schultern. »Wenn du es so nennen willst.«

‚Da ist er bei uns an der falschen Adresse. Wir lassen uns in keine Konflikte ziehen. Alek soll  …‘

Iljana hält meine Hand und damit den Stift fest. »Ihr seid der Grund für diesen Konflikt. Von Beginn an. Jetzt eskaliert er und zieht das gesamte Land ins Unglück.«

Ich schüttle ihre Finger von mir. ‚Wir haben ihn nicht begonnen. Es ist der Neid der Meister, der diesen …‘

Sie hält meine Hand erneut fest. »Eure Magie ist der Brandbeschleuniger und Menschen, die nichts mit ihr zu tun haben, die nicht einmal an sie glauben, müssen darunter leiden.« Dieses Mal lässt sie mich freiwillig los.

Weshalb redet sie, als stünde sie außerhalb des Problems? Sie ist eine Andere. Sie schleppt noch mehr Magie mit sich herum als ich.

Apropos. ‚Dieser Alek glaubt nicht an Magie?‘ Dass ich nicht lache! ‚Und warum hat er dich im Team?‘

Sie liest vor, wechselt danach einen betretenen Blick mit Lenard. »Er weiß nicht, was ich bin.«

Das kann nicht ihr Ernst sein.

»Er denkt, ich wäre ein Häscher, der die Seiten gewechselt hat. Auf eine gewisse Weise stimmt das, denn ich bin für die Meister als Späher geflogen.« In ihren Augen steckt jede Menge Reue.

Zurecht.

»Darum geht es jetzt nicht«, knurrt Lenard und zeigt auf mich. »Sondern um euch und die.« Seine Geste schwenkt zum Heck des Wagens. »Die Suspekten sind für die Meister bloß Beifang. Ihnen geht es in erster Linie darum, die Magier fortzuschaffen und die Anderen aufzuspüren. Dazu brauchen sie Späher und die zwangsrekrutieren sie aus der täglich schwindenden Gemeinschaft der Anderen, von der die normale Bevölkerung ebenso wenig weiß wie von dem Rat der Meister.«

»Sie zwingen die Späher nicht nur, ihresgleichen zu verraten.« Auch wenn die Scham Iljanas Stimme tiefer klingen lässt, nach Hundertprozent Mensch hört sie sich trotzdem noch nicht an. »Sie brauchen sie auch, um in die Steppe zu fliegen und euch zu finden. Hinter dem Grenzbereich spielt ihre Technik verrückt.«

‚Die Magie der Steppe schützt ihre Kinder!‘ Den Satz kann ich mir nicht kneifen, und wenn Lenard zehnmal die Augen verdreht.

Haben sich die Meister eingebildet, sie könnten den Vertrag brechen und ungestraft mit ihren überdimensionierten Militärtrucks in die Steppe rollen? Keine hundert Kilometer, dann hätte sich der erste festgefahren. Im Sommer kämen sie weiter, doch ohne Navigation finden sie da draußen nicht einmal sich selbst.

»Ich will ehrlich zu dir sein.« Lenard sieht mir kurz in die Augen, ehe er den Blick senkt. »Ich begreife Aleks Interesse an euch nicht. Außerhalb der Steppe habt ihr keinerlei Einfluss und Macht. Die Menschen halten euch für kriminelles und vagabundierendes Pack. Wenn er sie gegen die Präfekten und damit den Rat aufwiegeln will, dann seid ihr die denkbar schlechtesten Verbündeten für ihn. Niemand will etwas mit euch zu tun haben.«

Die Leute aus den Grenzdörfern sehen das anders. Rafi beginnt schon im Sommer Schnaps für die gemeinsamen Wintervollmondfeste zu brennen.

Lenard fischt eine Zigarettenschachtel aus der Brusttasche. »Wenn die Präfekten wüssten, dass die Meister nicht nur an Magie glauben, sondern sie anwenden.« Kopfschüttelnd zündet er sich die Zigarette an. »Mann, das gäbe ein Aufschrei.« Er hält die Schachtel Iljana hin.

»Sie wenden sie nicht an«, murmelt sie, während sie sich von Lenard Feuer geben lässt. »Sie brechen sie übers Knie. Ebenso wie jeden, der sie in sich trägt.«

Großmutter denkt ähnlich. Im Zugriff der Meister wäre die Magie zuerst zu etwas Theoretischem und dann zu etwas Groteskem geworden. Wenn sie darüber spricht, klingt sie so unglücklich, als würde sie den Tod eines Freundes betrauern.

Lenard steckt die Packung weg, statt auch mir eine Zigarette anzubieten.

Ich tippe mir auf die Brust und präsentiere ihm die simple Geste für rauchen.

Er hebt erstaunt die Brauen. »Bist du nicht zu jung dazu?«

Will er mich verarschen? Ich zeige ihm zweimal meine zehn Finger und schnippe zum Schluss den Daumen nach oben. Damit lüge ich mich in das Alter, in dem mir Schnaps und Zigaretten laut Behördenempfehlung zustehen. Nicht, dass so was in der Steppe irgendjemanden interessieren würde.

»Einundzwanzig?« Sein zweifelnder Blick gleitet über mich hinweg, aber immerhin fischt er die Schachtel wieder hervor und ist höflich genug, mir Feuer zu geben. »Du siehst jünger aus.«

Weil ich das bin.

Ich klemme mir die Zigarette in den Mundwinkel. ‚Und du siehst aus wie fünfzig.‘ Mir ist nach Provokation. Allerdings hat er die Vierzig garantiert geschrammt.

Iljana liest vor, schnalzt danach. »Da hörst du’s.«

Lenards Brauen rutschen wieder nach unten. »Ich bin vierunddreißig«, stellt er mit einem Empörungsbeben in der Stimme fest.

Knapp daneben.

»Aleks Sohn ist etwas jünger als du.« Iljana mustert mich aus den Augenwinkeln. »Er ist nett. Ihr könntet Freunde werden.«