Diagnostik von Suizidalität - Thomas Forkmann - E-Book

Diagnostik von Suizidalität E-Book

Thomas Forkmann

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Beschreibung

Pro Jahr sterben in Deutschland etwa 10.000 Menschen durch Suizid. Dieses Buch bietet erstmals für den deutschen Sprachraum einen umfassenden Überblick über diagnostische Techniken und Instrumente zur Erfassung von Suizidalität und stellt somit ein wichtiges Nachschlagewerk für die klinisch-diagnostische Praxis dar. Nach einer Einführung und der Beschreibung von Risikofaktoren und ausgewählten psychologischen Ätiologiemodellen, die für die Diagnostik handlungsleitend sein können, werden in einzelnen Kapiteln die international gebräuchlichsten Selbst- und Fremdbeurteilungsinstrumente sowie Interviewverfahren und Vorgehensweisen zur Verhaltensdiagnostik ausführlich vorgestellt. Darüber hinaus werden spezifische Instrumente zur Erfassung von Suizidalität im Kinder- und Jugendbereich sowie im höheren Lebensalter beschrieben. Aktuelle und zukünftige Entwicklungen der Suizidalitätsdiagnostik sowie die daraus resultierenden Implikationen für die klinische Praxis werden skizziert. In jedem Kapitel werden der Nutzen des praktischen Einsatzes der verschiedenen Instrumente und diagnostischen Herangehensweisen diskutiert und Empfehlungen für die diagnostische Praxis gegeben. Das Buch bietet damit einen fundierten Überblick über den aktuellen Kenntnisstand auf dem Gebiet der Diagnostik von Suizidalität.

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Thomas Forkmann

Tobias Teismann

Heide Glaesmer

Diagnostik von Suizidalität

Kompendien Psychologische Diagnostik

Band 14

Diagnostik von Suizidalität

PD Dr. Thomas Forkmann, Dr. Tobias Teismann, PD Dr. Heide Glaesmer

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Franz Petermann, Prof. Dr. Heinz Holling

PD Dr. Thomas Forkmann, geb. 1979. 2000–2005 Studium der Psychologie in Göttingen. Psychologischer Psychotherapeut (Verhaltenstherapie). 2005–2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Georg-August-Universität Göttingen. Seit 2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der RWTH Aachen. 2008 Promotion. 2013 Habilitation. Forschungsschwerpunkte: Diagnostik und Identifikation von Prädiktoren suizidalen Verhaltens und suizidaler Gedanken, angewandte Psychometrie, Depressionsdiagnostik, adaptives Testen, Metakognition und Emotionsregulation bei depressiven Störungen.

Dr. Tobias Teismann, geb. 1975. 1996–2002 Studium der Psychologie in Mainz und Bochum. Psychologischer Psychotherapeut (Verhaltenstherapie). Seit 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitseinheit für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum. 2009 Promotion. Seit 2012 Geschäftsführender Leiter des Zentrums für Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum. Arbeitsschwerpunkte: Arbeit mit Ressourcen in der Psychotherapie, Depression und depressives Grübeln, Suizidalität und Suizidprävention.

PD Dr. Heide Glaesmer, geb. 1973. 1992–1999 Studium der Psychologie in Leipzig. Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie). 1999–2002 Stipendiatin am DFG-Graduiertenkolleg „Kostengünstige und bedarfsgerechte Versorgung im Gesundheitswesen“ von TU, FU und HU Berlin. 2004 Promotion. 2002–2005 Leiterin eines Versorgungsforschungsprojektes (www.detect-studie.de) an der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie der TU Dresden. Seit 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig, seit 2014 stellvertretende Leiterin der Abteilung. 2012 Habilitation. Forschungsschwerpunkte: Entwicklung und Validierung psychometrischer Instrumente; deskriptive und analytische Epidemiologie und Versorgungsforschung; Psychotraumatologie.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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Tel.: +49 551 99950 0

Fax: +49 551 99950 111

E-Mail: [email protected]

Internet: www.hogrefe.de

Satz: ARThür Grafik-Design & Kunst, Weimar

Format: EPUB

1. Auflage 2016

© 2016 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-2639-6; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-2639-7)

ISBN 978-3-8017-2639-3

http://doi.org/10.1026/02639-000

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Anmerkung:

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

|5|Vorwort der Herausgeber

Die Methoden der Psychologischen Diagnostik dienen der Erhebung und Aufbereitung von Informationen, um begründete Entscheidungen zu treffen. Heute bietet die Psychologische Diagnostik ein großes Spektrum an Erhebungsverfahren, das von systematischen Ansätzen zur Befragung und Beobachtung bis zum Einsatz psychometrischer Tests und physiologischer Methoden reicht. Immer schwieriger wird die gezielte Auswahl geeigneter Verfahren und die Kombination verschiedener Ansätze im Rahmen einer ökonomischen Diagnosestrategie.

Unsere Buchreihe möchte aktuelles Wissen über diagnostische Verfahren und Prozeduren zur Weiterentwicklung der Psychologischen Diagnostik zusammenstellen. Wir als Herausgeber der Buchreihe erwarten, dass zukünftig die Kompetenzen der Psychologischen Diagnostik verstärkt nachgefragt werden. Es handelt sich hierbei um Basiskompetenzen psychologischen Handelns, denen in den letzten beiden Jahrzehnten im deutschen Sprachraum vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Zukünftig sollten Problemanalysen und Problemlösungen noch stärker auf dieses gut fundierte Fachwissen der Psychologie zurückgreifen.

Die einzelnen Bände dieser Reihe konzentrieren sich jeweils auf spezifische psychologische Themengebiete wie zum Beispiel Rechenstörungen oder aggressives Verhalten. Durch diese Spezifikation können diagnostische Fragen im Rahmen der einzelnen Themen intensiver als in der Standardliteratur abgehandelt werden. Zudem kann eine engere Verbindung zwischen theoretischen Grundlagen und den diagnostischen Fragestellungen erfolgen.

Diese Reihe möchte dem Praktiker eine Orientierung und Vorgehensweisen vermitteln, um in der Praxis eine optimale Diagnosestrategie zu entwickeln. Kurzgefasste Übersichten über die aktuellen Trends, praxisnahe Verfahrensbeschreibungen und Fallbeispiele erleichtern auf verschiedenen Ebenen den Zugang zum Thema. Ziel der Reihe ist es somit, die diagnostische Kompetenz im Alltag zu erhöhen. Dies bedeutet vor allem

diagnostische Entscheidungen zu verbessern,

Interventionsplanungen besser zu begründen und

in allen Phasen der Informationsgewinnung die Praxiskontrolle zu optimieren.

|6|Unser Anspruch besteht darin, bestehende Routinen der Psychologischen Diagnostik kritisch zu durchleuchten, Bewährtes zu festigen und neue Wege der Diagnostik, zum Beispiel im Rahmen computerunterstützter Vorgehensweisen und neuerer testtheoretischer Ansätze, zu etablieren.

Mit unserer Buchreihe möchten wir schrittweise und systematisch verschiedene Anwendungsbereiche der Psychologischen Diagnostik bearbeiten. Pro Jahr sollen zwei Bände publiziert werden, wobei jeder Band etwa 120 bis 180 Druckseiten haben soll. Folgende Bände sind in Vorbereitung:

Familienrechtliche Diagnostik

Diagnostik von Traumafolgestörungen

Wir wünschen uns hierzu einen intensiven Austausch mit unseren Lesern.

Bremen und Münster, im Juli 2015

Franz Petermann

und Heinz Holling

Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Herausgeber

1 Einleitung

1.1 Herausforderung Suizidalitätsdiagnostik

1.2 Zur Konzeption dieses Buches

2 Suizidalität

2.1 Definition und Klassifikation suizidalen Erlebens und Verhaltens

2.2 Epidemiologie

2.3 Risikofaktoren

2.4 Ätiologiemodelle

2.4.1 Kognitives Modell suizidaler Handlungen

2.4.2 Cry of Pain-Modell

2.4.3 Interpersonale Theorie suizidalen Verhaltens

2.4.4 Integratives motivational-volitionales Modell suizidalen Verhaltens

2.5 Allgemeine Probleme bei der Diagnostik suizidalen Verhaltens und Erlebens

3 Screeninginstrumente und Checklisten

3.1 Screeninginstrumente

3.1.1 Paykel Suicide Items (PSI)

3.1.2 Beck Depression Inventory (Suizidalitätsitem-BDI)

3.1.3 Hamilton Depression Rating Scale (Suizidalitätsitem-HAMD)

3.1.4 Depressive Symptomatology Index – Suicidality Scale (DSI-SS)

3.2 Checklisten

3.2.1 SAD PERSONS Scale

3.2.2 Suicide Assessment Checklist

3.2.3 Nurses’ Global Assessment of Suicide Risk (NGASR)

3.3 Schlussfolgerung und Empfehlung

4 Interviewverfahren

4.1 Suicide Status Form (SSF-III)

4.2 Self-Injurious Thoughts and Behaviors Interview (SITBI)

4.3 Columbia-Suicide Severity Rating Scale (C-SSRS)

4.4 Suicide Attempt Self-Injury Interview (SASII)

4.5 Schlussfolgerung und Empfehlung

5 Verhaltensdiagnostik bei suizidalem Verhalten

6 Selbstbeurteilungsverfahren

6.1 Beck Scale for Suicidal Ideation (BSSI-S)

6.2 Self-Monitoring Suicide Ideation Scale (SMSI)

6.3 Suicide Behaviours Questionnaire-Revised (SBQ-R)

6.4 Sheehan Suicidality Tracking Scale (Sheehan-STS) – Selbstbeurteilungsversion

6.5 Adult Suicide Ideation Questionnaire (ASIQ)

6.6 Suicide Trigger Scale (STS)

6.7 Schlussfolgerung und Empfehlung

7 Fremdbeurteilungsverfahren

7.1 Beck Scale for Suicidal Ideation (BSSI-F)

7.2 Modified Scale for Suicidal Ideation (MSSI)

7.3 InterSePT Scale for Suicidal Thinking (ISST)

7.4 Sheehan Suicidality Tracking Scale (Sheehan-STS)

7.5 Suicidal Intent Scale (SIS)

7.6 Risk-Rescue-Rating (RRR)

7.7 Lethality of Suicide Attempt Rating Scale-II (LSARS-II)

7.8 Schlussfolgerung und Empfehlung

8 Ergänzende diagnostische Instrumente

8.1 Beck Hopelessness Scale (BHS)

8.2 Reasons for Living Inventory (RFL)

8.3 Suicide Resilience Inventory-25 (SRI-25)

8.4 Positive and Negative Suicide Ideation Inventory (PANSI)

8.5 Skala zur Erfassung der Impulsivität und emotionalen Dysregulation der Borderline-Persönlichkeitsstörung (IES-27)

8.6 Interpersonal Needs Questionnaire (INQ)

8.7 Acquired Capability for Suicide Scale – Fearlessness about Death (ACSS-FAD)

8.8 German Capability for Suicide Questionnaire (GCSQ)

8.9 Painful and Provocative Events Scale (PPES)

8.10 Defeat Scale (DS)

8.11 Entrapment Scale (ES)

8.12 Self-Harm Behavior Questionnaire (SHBQ)

8.13 Deliberate Self-Harm Inventory (DSHI)

8.14 Suicide Opinion Questionnaire (SOQ)

8.15 Suicide Cognitions Scale (SCS)

9 Instrumente für spezifische Altersgruppen

9.1 Kindes- und Jugendalter

9.1.1 Child Suicide Potential Scale (CSPS)

9.1.2 Child-Adolescent Suicidal Potential Index (CASPI)

9.1.3 Suicidal Ideation Questionnaire (SIQ)

9.2 Höheres Erwachsenenalter

9.2.1 Geriatric Suicide Ideation Scale (GSIS)

9.3 Schlussfolgerung und Empfehlung

10 Ausblick

10.1 Adaptives Testen

10.2 Ambulatorisches Assessment/„Experience Sampling Method“

10.3 Nutzung von Apps und Web-Applikationen zum Suizidalitätsassessment

10.4 Implizite Tests

10.5 Zusammenfassung

Literatur

|11|1 Einleitung

1.1 Herausforderung Suizidalitätsdiagnostik

Suizidalität ist kein Alles-oder-Nichts-Phänomen. Der Begriff umfasst vielmehr die ganze Bandbreite von passiven Suizidgedanken und Suizidwünschen, über aktive Suizidgedanken und konkrete Suizidabsichten bis hin zu Suizidversuchen und Suiziden. Suizidales Erleben ist aber nicht nur breit gefächert, sondern unterliegt überdies auch schnellen Intensitätswechseln: Der Wunsch zu sterben, wie auch die Umsetzung entsprechender Wünsche, kann innerhalb von Minuten aufkommen bzw. vollzogen werden (Simon, Swann, Powell, Potter, Kresnow & O’Carroll, 2001), ebenso schnell können suizidale Krisen aber auch wieder abklingen. Und schließlich unterliegt nicht nur die Intensität suizidalen Erlebens, sondern auch die Intentionsstärke, mit der selbstverletzende Handlungen geplant und ausgeführt werden, starken Wechseln.

Die skizzierten Punkte verweisen unmittelbar auf einige der Schwierigkeiten, denen sich die Diagnostik von suizidalem Erleben und Verhalten gegenübersieht. Versteht man das Ziel einer sorgfältigen Suizidalitätsdiagnostik vorrangig in der Abschätzung des akuten Gefährdungspotenzials einer Person und in der Prävention von Suizidversuchen und Suiziden, so resultieren weitere Schwierigkeiten: Die Kenntnis einer Vielzahl unterschiedlichster Risiko- und Schutzfaktoren steht einem unzureichenden Wissen über deren Zusammenwirken und ihrer Generalisierbarkeit auf unterschiedliche Personengruppen und den Einzelfall gegenüber. Eine sichere Vorhersage suizidalen Verhaltens gilt – auch über kurze Zeiträume hinweg – als schlicht unmöglich (Simon, 2006). Ein Faktum, das grundsätzlich auf die Vorhersage von Ereignissen mit einer geringen Basisrate zutrifft.

Die verschiedenen Schwierigkeiten sollen nun keineswegs einem diagnostischen Nihilismus das Wort sprechen, vielmehr verweisen sie auf die besondere Bedeutung, die der Entwicklung und Nutzung reliabler und valider Messinstrumente in Forschung und klinischer Praxis zukommt. Während im angloamerikanischen Raum eine Vielzahl an suizidbezogenen Messinstrumenten entwickelt und validiert wurde (Brown, 2000; Goldston, 2000) ist die Verfügbarkeit und Verwendung ebendieser Instrumente im deutschsprachigen Raum bislang gering – und dies obwohl deren Nutzen auf der Hand liegt:

|12|Screeninginstrumente sind ökonomisch einsetzbar und können den Weg zu einer ausführlicheren Risikoabschätzung bahnen.

Selbstbeurteilungsinstrumente können die Risikoabschätzung ergänzen, insbesondere da es manchem Betroffenen leichter fallen mag, suizidale Erlebensweisen zunächst auf Papier zu offenbaren und nicht im unmittelbaren Gespräch.

Interviewverfahren und Fremdbeurteilungsinstrumente können sicherstellen, dass – insbesondere bei therapeutenseitigen Ängsten im Umgang mit Suizidalität – keine zentralen Informationen übersehen werden.

Messinstrumente können für die Verlaufskontrolle und die Dokumentation genutzt werden und bieten damit auch unter Haftungsgesichtspunkten einen Mehrwert.

Die Verwendung reliabler und valider Messinstrumente bildet die Basis jeglicher Forschungsaktivität.

Für eine multiperspektivische Suizidalitätsdiagnostik bzw. Risikoabschätzung spricht schließlich, dass selbstberichtete und fremdbeurteilte Suizidalität nur in geringem Maße miteinander korrelieren (Jobes, Jacoby, Cimbolic & Hustead, 1997). Der Einsatz von diagnostischen Instrumenten entbindet den Praktiker aber natürlich nicht davon, eine enge therapeutische Beziehung zum suizidalen Patienten aufzubauen und zu halten. Zudem sollte der Einsatz entsprechender Instrumente einen nicht dazu verleiten, die rasche Dynamik suizidaler Krisen aus dem Blick zu verlieren. Das direkte Besprechen von und Fragen nach suizidalem Erleben und Verhalten kann durch die Nutzung diagnostischer Instrumente nur ergänzt, nicht aber ersetzt werden.

1.2 Zur Konzeption dieses Buches

Zur Beurteilung des Schweregrads suizidaler Krisen, zur Dokumentation des Verlaufs bzw. der Veränderungen suizidalen Erlebens und Verhaltens und zur Diagnostik mit Suizidalität assoziierter Merkmale stehen diverse valide und reliable Messinstrumente zur Verfügung. In diesem Buch wird einleitend zunächst ein Überblick über Definitionen suizidalen Verhaltens und Erlebens, epidemiologische Daten, Risiko- und Schutzfaktoren und ausgewählte Ätiologiemodelle gegeben. In den folgenden Kapiteln wird eine Auswahl verschiedener Messinstrumente und diagnostischer Vorgehensweisen vorgestellt. Kapitel 2 geht auf Screeninginstrumente und Checklisten ein, die zur initialen Risikoabschätzung genutzt werden können. In Kapitel 3 werden Interviewverfahren und in Kapitel 4 Vorgehensweisen zur Verhaltensdiagnostik bei suizidalem Verhalten beschrieben. Kapitel 5 und 6 beschreiben eine Auswahl bedeutsamer Selbst- und Fremdbeurteilungsverfahren zur Erfassung suizidalen Erlebens und Verhaltens, während Kapitel 7 ergänzende diagnostische Instrumente vorstellt. Hierunter sind vor allem Instrumente |13|zur Erfassung von Prädiktoren und Korrelaten suizidalen Erlebens und Verhaltens zu verstehen. Kapitel 8 stellt schließlich eine Auswahl an Instrumenten für spezifische Altersgruppen vor, bevor in Kapitel 9 ein Ausblick auf aktuelle und zukünftige Entwicklungen in der klinisch-psychologischen Diagnostik, die von Relevanz für die Suizidalitätsdiagnostik sind oder sein können, gegeben wird.

Die Zuordnung der Instrumente zu den jeweiligen Kapiteln ist, insbesondere was die Abgrenzung zwischen Checklisten, Fremdbeurteilungsinstrumenten und Interviews angeht, nicht immer ganz einfach. Wir haben die Zuordnung wie folgt vorgenommen:

Checklisten: Instrumente, die üblicherweise keine dimensionale Auswertung ermöglichen, sondern lediglich eine Liste weitgehend unverbunden nebeneinanderstehender Risikofaktoren beinhalten. Für einige in diesen Listen typischerweise zu beurteilende Risikofaktoren ist keine klinische Expertise notwendig (z. B. Alter, Geschlecht, Partnerschaftsstatus).

Fremdbeurteilungsinstrumente: Instrumente, die eine dimensionale Auswertung vorsehen bzw. ermöglichen. Die Bearbeitung erfordert klinische Expertise. Dem Beurteiler stehen Anleitungen zur Verfügung, welche Datenquellen er in seine Einschätzung mit einfließen lassen soll (z. B. Äußerungen des Patienten, Verhalten des Patienten, Informationen von Angehörigen und Pflegepersonal). Üblicherweise werden keine konkreten Fragen an den Patienten oder Formulierungsvorschläge für die Gesprächsführung vorgegeben.

Interviews: Instrumente, die klinische Expertise erfordern und dem Interviewer üblicherweise konkrete Fragenformulierungen vorschlagen. Häufig existieren zudem Regeln zur Gesprächsführung, zum Sprung zwischen Fragen in Abhängigkeit von den Antworten des Patienten sowie Entscheidungs- und Auswertungsrichtlinien.

Das Ziel der Instrumentenbeschreibungen in diesem Buch ist es, dem interessierten Wissenschaftler und Kliniker einen Überblick über die wichtigsten verfügbaren Instrumente zu geben, ihm einen Eindruck ihrer Stärken und Schwächen sowie ihrer Einsatzmöglichkeiten zu vermitteln und ihm damit die Auswahl eines für seine Belange adäquaten Instrumentes zu erleichtern. Wir erhoffen uns auch, dass hierdurch insgesamt der Erfassung suizidalen Erlebens und Verhaltens in Forschung und psychosozialer Versorgung eine größere Aufmerksamkeit zuteil wird.

Bei der Auswahl der Verfahren für die einzelnen Kapitel wurden folgenden Aspekte berücksichtigt (vgl. Brown, 2000; Range & Knott, 1997):

Verbreitung: Ist das Instrument national und/oder international verbreitet?

Psychometrische Qualität: Liegen wissenschaftlich seriöse Validierungsstudien für das Instrument vor und liefern diese Hinweise auf eine vertretbare psychometrische Qualität?

|14|Verfügbarkeit: Vor allem in den Fällen, in denen eine Vielzahl hochwertiger Instrumente (international) zur Verfügung steht, wurden die Instrumente für dieses Buch ausgewählt, die im deutschen Sprachraum leicht verfügbar sind. Hierbei wurde auch berücksichtigt, inwieweit das Instrument als lizenzfreie Open-Access-Ressource zur Verfügung steht.

Relevanz: Misst das Instrument ein wichtiges Konstrukt im Rahmen einer Theorie oder einen etablierten Prädiktor für Suizidalität?

Sofern möglich, wird bei den einzelnen vorgestellten Instrumenten die Bezugsquelle der deutschsprachigen Version genannt. Insgesamt stehen allerdings bisher nur wenige validierte deutsche Versionen der Instrumente zur Verfügung, was den weiteren Forschungs- und Entwicklungsbedarf in diesem Bereich noch einmal verdeutlicht. Einige deutsche Versionen der in diesem Buch vorgestellten Instrumente sind bereits als Open-Access-Ressource lizenzfrei unter www.psychometrikon.de verfügbar. Psychometrikon ist ein Open-Access-Testportal zur Publikation psychologisch-medizinischer Testverfahren. Alle dort publizierten Instrumente sind für angemeldete Nutzer kostenfrei verfügbar, Manuale und Testmaterialien können als PDF-Dokumente heruntergeladen werden (Forkmann & Gauggel, 2013). Es ist geplant, weitere deutsche Versionen der hier vorgestellten Instrumente zu entwickeln; auch diese werden dann über das Testportal Psychometrikon zur Verfügung gestellt werden.

|15|2 Suizidalität

2.1 Definition und Klassifikation suizidalen Erlebens und Verhaltens

Eine einheitliche, international gebräuchliche Nomenklatur und Klassifikation suizidbezogener Gedanken und Verhaltensweisen existiert bislang nicht. Im amerikanischen Raum findet jedoch das Klassifikationssystem des Center for Disease Control and Prevention (CDC; Crosby, Ortega & Melanson, 2011) mittlerweile weitreichende Beachtung. Im Rahmen dieses Klassifikationssystems werden unter dem Oberbegriff „Selbstverletzendes Verhalten“ drei Klassen von Verhaltensmustern differenziert: (1) nicht suizidales selbstverletzendes Verhalten, (2) unbestimmtes selbstverletzendes Verhalten und (3) suizidales Verhalten. Die Differenzierung der drei Verhaltensklassen erfolgt auf Basis der dem Verhalten zugrundeliegenden Intention. Innerhalb der Gruppe des suizidalen Verhaltens wird weiter differenziert in vorbereitendes Verhalten, abgebrochene Suizidversuche, unterbrochene Suizidversuche, Suizidversuche und Suizide (vgl. Abb. 1).

Abbildung 1: Klassifikation selbstverletzenden Verhaltens

Die verschiedenen Begriffe werden wie folgt definiert und charakterisiert (Crosby et al., 2011; Posner, Brodsky, Yershova, Buchanan & Mann, 2014):

|16|Suizid: Tod aufgrund eines intentionalen, selbstschädigenden Verhaltens, das mit einem gewissen Maß an Absicht zu sterben assoziiert war. Drei Bestimmungsmerkmale gelten als zentral: (1) Die Person ist tot. (2) Das Verhalten der Person selbst führte zum Tod. (Die Person muss die tödliche Handlung allerdings nicht selber ausgeführt haben – sie muss sie lediglich selbst initiiert haben.) (3) Die Person hatte (in gewissem Ausmaß) die Absicht, ihren eigenen Tod herbeizuführen.

Suizidversuch: Auf die eigene Person gerichtetes, potenziell selbstverletzendes Verhalten, das nicht zum Tod führte, aber mit einem gewissen Maß an Absicht zu sterben assoziiert war. Wiederum gelten drei Bestimmungsstücke als zentral: (1) Die Person hatte (in gewissem Ausmaß) die Absicht, ihren eigenen Tod herbeizuführen. (2) Es wurde ein Verhalten gezeigt, das das Potenzial zur Selbstschädigung hatte bzw. von dem die Person dachte, dass es dieses Potenzial hat. (3) Eine Verletzung oder Schädigung muss nicht tatsächlich aufgetreten sein.

Unterbrochener Suizidversuch (interrupted suicide attempt): Die Ausführung eines auf die eigene Person gerichteten, potenziell selbstverletzenden Verhaltens, das mit einem gewissen Maß an Absicht zu sterben assoziiert ist, wird durch eine andere Person unterbrochen/verhindert, bevor es zu einer Schädigung oder einer potenziellen Schädigung gekommen ist. Zwei Merkmale sind entscheidend, um von einem unterbrochenen Suizidversuch zu sprechen: (1) Ohne die Unterbrechung wäre es zum Suizidversuch gekommen. (2) Es ist zu keiner Verletzung gekommen. (In dem Moment, in dem eine erste Tablette eingenommen oder ein erster Schnitt gesetzt wurde, handelt es sich somit um einen Suizidversuch.)

Abgebrochener Suizidversuch (aborted suicide attempt): Die Ausführung eines auf die eigene Person gerichteten, potenziell selbstverletzenden Verhaltens, das mit einem gewissen Maß an Absicht zu sterben assoziiert ist, wird vorbereitet, die Person selbst stoppt ihr Verhalten jedoch, unmittelbar bevor es zu einer Schädigung oder einer potenziellen Schädigung gekommen ist. Wie beim unterbrochenen Suizidversuch gilt auch hier: (1) Ohne die Unterbrechung wäre es zum Suizidversuch gekommen. (2) Es ist zu keiner Verletzung gekommen. (In dem Moment, in dem eine erste Tablette eingenommen oder ein erster Schnitt gesetzt wurde, handelt es sich somit um einen Suizidversuch.)

Vorbereitende Handlungen bzw. vorbereitendes Verhalten (preparatory acts or behavior): Vorbereitungen zur Durchführung eines Suizidversuchs. Hierzu zählt beispielsweise das Schreiben eines Abschiedsbriefes, das Verfassen eines Testamentes, der Erwerb einer Waffe bzw. das Sammeln von Medikamenten. Suizidgedanken oder Verbalisierungen derselben gelten nicht als vorbereitendes Verhalten.

Im vorgestellten CDC-Klassifikationssystem, wie auch in anderen entsprechenden Vorschlägen (Posner, Oquendo, Gould, Stanley & Davies, 2007; Silverman, Berman, Sanddal, O’Carroll & Joiner, 2007), besitzt die Inten|17|tion, mit der eine selbstverletzende Handlung ausgeführt wird, entscheidende differenzialdiagnostische Relevanz. Um von einer suizidalen Handlung sprechen zu können, muss ein gewisses Ausmaß an Absicht, durch die Handlung zu sterben – im Englischen als nonzero intent to die bezeichnet –, eruierbar sein; andernfalls handelt es sich um nicht suizidales oder unbestimmbares selbstverletzendes Verhalten. Die Bestimmung des Ausmaßes an Intentionalität erfolgt nun entweder durch Selbstauskunft des Betroffenen oder durch die Berücksichtigung der Umstände des Suizidversuchs bzw. Suizids. Als Indikatoren für intentionales Handeln gelten u. a. folgende Merkmale: (a) das suizidale Verhalten wurde (zeitlich/räumlich) so ausgeführt, dass eine Rettung unwahrscheinlich war, (b) die Person hat Vorkehrungen gegen den Abbruch der suizidalen Handlung getroffen (beispielsweise indem sie sich an Zugschienen oder unter Wasser festgekettet hat), (c) die Person hat nach der Durchführung der suizidalen Handlung kein hilfesuchendes Verhalten gezeigt, (d) Vorbereitungshandlungen, wie das Schreiben eines Abschiedsbriefes, wurden getroffen (Beck, Shuyler & Herman, 1974a).

Grundsätzlich muss man sich allerdings darüber im Klaren sein, dass die Erfassung der Intention, die selbstverletzenden Handlungen zugrunde liegt, stark fehleranfällig ist: Selbstberichtete Intentionalität kann durch den Kontext, in dem sie erfragt wird, und durch potenzielle Konsequenzen der Offenbarung von suizidaler bzw. nicht suizidaler Intention beeinflusst werden. Überdies können sowohl Intoxikationszustände zum Zeitpunkt der suizidalen Handlung als auch impulsives Handeln und ambivalentes Erleben eine klare Benennung der eigenen Intentionen unmöglich machen. Die Umstände eines selbstverletzenden Verhaltens können schließlich so arrangiert werden, dass es nach einem Suizidversuch aussieht, ohne tatsächlich einer zu sein; wie auch der umgekehrte Fall, in dem ein tatsächlicher Suizidversuch den Anschein eines Unfalls vermittelt, denkbar ist (Freedenthal, 2007). Schlussendlich bietet auch die Letalität einer verwendeten Methode keinen sicheren Indikator für das Ausmaß an suizidaler Absichtsbildung: Viele Betroffene haben eher ungenaue Vorstellungen über das Gefährdungspotenzial unterschiedlicher Substanzen und Methoden. Die Einnahme einer unbedeutenden Menge giftiger Substanzen kann also gleichermaßen mit einer starken Absicht zu sterben einhergehen, wie die Einnahme einer hochtoxischen Substanz mit einer nur geringen Absicht zu sterben assoziiert sein kann. Enge Zusammenhänge zwischen Absicht und Methodenwahl finden sich nur bei solchen Personen, die genaues Wissen über das Tötungspotenzial verschiedener Methoden haben (Brown, Henriques, Sosdjan & Beck, 2004). Im Einzelfall ist die Bestimmung der Intentionalität also mit diversen Schwierigkeiten behaftet.

Suizidgedanken werden in der CDC-Klassifikation nicht weiter definiert und charakterisiert. Wenzel, Brown und Beck (2009) verstehen unter Sui|18|zidgedanken (suicidal ideation) alle Gedanken, Vorstellungen, Überzeugungen, Stimmen (d. h. akustische Halluzinationen) oder andere Kognitionen, die eine Person hinsichtlich der absichtlichen Beendigung ihres eigenen Lebens hat. Silverman et al. (2007) differenzieren suizidbezogene Gedanken des Weiteren nach dem Ausmaß an Absichtsbildung (ohne suizidale Absicht, mit unklarer suizidaler Absicht, mit suizidaler Absicht), nach der Häufigkeit ihres Auftretens (gelegentlich, vorübergehend, anhaltend) und nach dem Ausmaß des mit ihnen verbundenen Handlungsdrucks (passiv, aktiv).

A. Die Person hat innerhalb der letzten 24 Monate einen Suizidversuch unternommen.

Beachte: Ein Suizidversuch ist ein selbstinitiierter Verhaltensablauf einer Person, die zum Zeitpunkt der Initiierung annimmt, dass der Ablauf der Handlung zu ihrem eigenen Tod führt. Der „Zeitpunkt der Initiierung“ ist der Zeitpunkt, an dem das Verhalten eingetreten ist, das die Anwendung der Methode beinhaltet.

B. Die Tat erfüllt nicht die Kriterien für Nichtsuizidale Selbstverletzungen – d. h. sie beinhaltet keine Selbstverletzungen, die der Körperoberfläche zum Zweck der Entlastung von negativen Gefühlen, von einem kognitiven Zustand oder zur Herbeiführung eines positiven Gefühls zugefügt werden.

C. Die Diagnose bezieht sich nicht auf Suizidgedanken oder Suizidvorbereitungen.

D. Die Tat wurde nicht während eines Delirs oder eines Zustandes der Verwirrtheit initiiert.

E. Die Tat wurde nicht ausschließlich aufgrund eines politischen oder religiösen Ziels ausgeführt.

Bestimme ob:

Aktuell: Nicht mehr als 12 Monate seit dem letzten Versuch.

Frühremittiert: 12 bis 24 Monate seit dem letzten Versuch.

Kasten 1:Diagnostische Kriterien für die Suizidale Verhaltensstörung nach DSM-5 (Abdruck erfolgt mit Genehmigung aus der deutschen Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition ©2013, Dt. Ausgabe: © 2015, American Psychiatric Association. Alle Rechte vorbehalten)

Wurden Suizidgedanken und -versuche im DSM-IV-TR (Saß, Wittchen, Zaudig & Houben, 2003) ausschließlich als Symptome im Rahmen einer Major Depression oder einer Borderline Persönlichkeitsstörung aufgeführt, so wird suizidales Verhalten im DSM-5 (APA, 2015) erstmals auf Störungsebene definiert. Im Rahmen der Forschungskriterien wurde eine suizidale Verhaltensstörung (suicidal behavior disorder) in den Kanon der weiter zu |19|erforschenden Störungen aufgenommen (vgl. Kasten 1). Kern des Störungsbildes ist die Durchführung eines Suizidversuchs. Im Sinne der CDC-Klassifikation wird im DSM-5 des Weiteren unterschieden zwischen der suizidalen Verhaltensstörung und nicht suizidalem selbstverletzenden Verhalten (vgl. Kasten 2).

A. Die Person hat sich im letzten Jahr an fünf oder mehr Tagen absichtlich selbst Schaden an der Körperoberfläche in einer Weise zugefügt, dass dies zu Blutungen, Blutergüssen oder Schmerz (z. B. durch Schneiden, Brennen, Stechen, Hauen, starkes Reiben) geführt hat. Dies ist in der Erwartung geschehen, dass die Verletzung nur zu geringem oder mäßigem körperlichen Schaden führt (d. h. es bestand keine suizidale Absicht).

Beachte: Das Nichtvorhandensein einer Suizidabsicht wurde entweder durch die Person bestätigt oder kann daraus geschlossen werden, dass die Person wiederholt selbstschädigende Verhaltensweisen zeigt, von denen sie weiß oder gelernt hat, dass sie wahrscheinlich nicht zum Tod führen.

B. Die Person führt das selbstverletzende Verhalten mit mindestens einer der folgenden Erwartungen aus:

1. Um Entlastung von negativen Gefühlen oder einem negativen kognitiven Zustand zu erleben.

2. Um zwischenmenschliche Probleme zu lösen.

3. Um einen positiven Gefühlszustand herbeizuführen.

Beachte: Die angestrebte Entlastung oder Reaktion wird während oder kurz nach der Selbstverletzung erlebt. Das Verhaltensmuster der Person kann eine Abhängigkeit von der wiederholten Ausführung des selbstverletzenden Verhaltens nahelegen.

C. Die absichtliche Selbstverletzung wird von mindestens einem der folgenden Merkmale begleitet:

1. Zwischenmenschliche Probleme oder negative Gefühle oder Gedanken wie Depression, Angst, Anspannung, Ärger, generalisiertes subjektives Leiden oder Selbstkritik unmittelbar vor dem selbstverletzenden Verhalten.

2. Vor der Einleitung des Verhaltens besteht eine Phase des gedanklichen Verhaftetseins mit dem beabsichtigten Verhalten, welches schwer kontrolliert werden kann.

3. Häufige Gedanken an Selbstverletzungen, die sich nicht im Verhalten niederschlagen müssen.

|20|D. Das Verhalten ist nicht sozial sanktioniert (z. B. Body-Piercing, Tattoos, Teil eines religiösen oder kulturellen Rituals) und beschränkt sich nicht auf das Aufkratzen von Schorf oder das Beißen von Nägeln.