Dialogische Prozesse in der Sozialen Arbeit - Isabell Harstick - E-Book

Dialogische Prozesse in der Sozialen Arbeit E-Book

Isabell Harstick

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Beschreibung

Inspiriert von der Dialogphilosophie Martin Bubers und der Dialog-Methode David Bohms befassen sich Isabell Harstick und Katharina Wilke mit folgenden Fragestellungen für die praktische Soziale Arbeit: · In welcher Form kann der Dialog ein verbindendes Element zwischen sozialpolitischen Anforderungen an die Soziale Arbeit einerseits und dem professionellem Selbstanspruch seitens der Sozialarbeiter:innen darstellen? Als Beispiel wird hier das Instrument des Qualitätsdialoges näher betrachtet. Dabei stellte sich heraus, dass eine Hinwendung zum Dialog dazu beitragen kann, hierarchischen Settings der Sozialen Arbeit machtsensibel zu begegnen und so den autoritären Charakter einzelner Situationen zu verringern. · Wie weit ist der Dialog als Instrument zur Stärkung der Teamresilienz nutzbar? Im Rahmen einer Praxisentwicklungsforschung wurde die Methode in einem Team der stationären Erziehungshilfe angewandt und evaluiert. Es zeigte sich, dass die Dialog-Methode im Rahmen von Dienstbesprechungen effektiv anwendbar ist und zudem als gewinnbringende Ressource auf individueller Ebene erlebt werden kann, die in Teilen weit über den Arbeitskontext hinaus geht.

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Seitenzahl: 221

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ibidem-Verlag, Stuttgart

Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Herausgeberin

Der Qualitätsdialog – Herausforderungen und Potenziale dialogischer Qualitätsentwicklung

1. Einleitung

2. Zur Qualität in der Sozialen Arbeit

2.1 Zu Perspektiven von Qualität

2.2 Der Qualitätsdiskurs

2.3 Der Qualitätsfokus auf Organisationen Sozialer Arbeit

3. Die Herausforderungen und Potenziale des Qualitätsdiskurses

4. Der Qualitätsdialog

4.1 Das Verfahren

4.2 Der Weg der Implementierung

4.3 Zum Dialog im Qualitätsdialog

5. Herausforderungen und Potenziale des Qualitätsdialogs

6. Der Dialog in Philosophie und Praxis

6.1 Dialogphilosophie nach Martin Buber

6.2 Dialogpraxis nach David Bohm

7. Herausforderung und Potenziale dialogischer Qualitätsentwicklung in der Sozialen Arbeit

8. Zum Dialog in der Sozialen Arbeit

8.1 Dialog auf politischer Ebene?

8.2 Der Dialogfokus auf Organisationen Sozialer Arbeit

9. Fazit

Literaturverzeichnis

Der Dialog als Methode zur Stärkung der Teamresilienz. Eine Praxisentwicklungsforschung

Einleitung

1. Praxisentwicklungsforschung

1.2 Praxisforschung nach Reinhard Fuhr und Heinrich Dauber

1.3 Dreieck von Innovation/Erkenntnis/Praxisgestaltung

1.4 Orientierungsmodell der Praxisforschung

1.5 Praxisprinzipien

2. Kontextanalyse und Kontextbeschreibung

2.1 Das Praxisfeld

2.2 Das Wohngruppenteam

2.3 Aufgaben des Wohngruppenteams

2.4 Die Dienstbesprechung

3. Theoretische Grundlagen

3.1 Resilienz

3.2 Der Dialog

4. Der Weg ins Feld

4.1 Meine Rolle als Forscherin

4.2 Vorstellung des Projekts im Team

4.3 Praxisgestaltung Teil 1/Theoretische Grundlagen vermitteln

4.4 Praxisgestaltung Teil 2/Dialogrunden 1 – 8

5. Reflexion der Dialogrunden

5.1 Reflexion im Team – Kommunikative Validierung

5.2 Der Dialog und die Teamresilienz

5.3 Selbstreflexion im Dialog

6. Fazit

7. Literatur- und Quellenverzeichnis

Dialogisches Lernen

Impressum

ibidem-Verlag

Vorwort der Herausgeberin

Die vorliegenden Studien zeigen, wie vielfältig der Dialog praktisch eingesetzt werden kann. 

Frau Harstick gibt Beispiele für Organisation und Verwaltung, Frau Wilke für die Teamarbeit. Beide Autorinnen sind aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen mit dem Dialog überzeugt, eine Ethik zu vertreten, die tatsächlich zur Humanisierung unserer Gesellschaft beitragen kann. Dafür braucht es aber auch immer wieder Mut(h) und Risikobereitschaft, sich mit dialogischer Haltung offen und damit verletzbar zu machen, denn größtenteils ist unsere Welt eine monologisch ausgerichtete.

Diesen geistigen Offenbarungen wünsche ich viele LeserInnen, besonders aus der Praxis. Mögen die bewegenden Worte viele Mit-Menschen inspirieren!

Cornelia Muth, Berlin, im Dezember 2021

 

Teil 1

Isabell Harstick

Der Qualitätsdialog – Herausforderungen und Potenziale dialogischer Qualitätsentwicklung

 

 

1. Einleitung

In diesem Beitrag möchte ich herausfinden, inwiefern der Dialog Potenziale und Herausforderungen für den Qualitätsdialog birgt, sich qualitativ weiterzuentwickeln. Diese Fragestellung resultiert aus meiner These, dass der Ansatz des Dialoges nach Martin Buber und David Bohm in vielerlei Hinsicht vielversprechend mit dem Thema Qualität in Verbindung gebracht werden kann und darüber hinaus professionsstärkend für die Soziale Arbeit ist.

Ich habe mich bewusst für die Themen Qualität, Qualitätsdialog und Dialog entschieden. Für mich manifestiert sich im Thema Qualität der Sozialen Arbeit das Dilemma der Profession Sozialer Arbeit, welches sich seit den 1990er Jahren bis heute auf diese auswirkt. Das Dilemma besteht aus einem Bruch zwischen sozialpolitischen Anforderungen und dem professionellen Selbstanspruch. Diese Zielvorstellungen sind partiell nicht miteinander vereinbar. Durch den Diskurs um Qualität wird deutlich, welchen strukturellen und institutionellen Rahmenbedingungen die Soziale Arbeit unterliegt. Ebenso zeigt sich im Qualitätsdiskurs, dass die Profession der Sozialen Arbeit sich professionalisieren muss – und dass ihr dies auch gelingen kann. Das Wissen, in Zukunft als Sozialarbeiterin in einem Arbeitsfeld tätig zu sein, in dem Menschen unterstützt werden sollen, sich von belasteten Lebenslagen zu emanzipieren, mich selbst aber gleichzeitig nicht von professions-einschränkenden Rahmenbedingungen emanzipieren zu können, stimmte mich unzufrieden1. Ich lernte im Studium den Dialog nach Martin Buber kennen und erlebte diesen als persönlich überaus bereichernd. Der Dialog setzt an der inneren Haltung und dem zwischenmenschlichen Kontakt an. Beides empfinde ich als unabdingbare Elemente qualitativer und professioneller Sozialer Arbeit. Meine Frage danach, an welcher Stelle der Bruch zwischen sozialpolitischen Anforderungen und professionellem Selbstanspruch zu lösen ist, beantwortet sich für mich mit dem Anknüpfungspunkt zwischenmenschlicher Kommunikation. An dieser Stelle rückt der Qualitätsdialog als geeignete Schnittstelle zwischen den Themen Qualität und Dialog in den Fokus. Dieser bietet eine Plattform, an der verschiedene Personen beteiligt sind, die gemeinsam über Qualität ins Gespräch kommen. Eine Veränderung der Art und Weise der Kommunikation hin zu einer dialogischen Herangehensweise kann in diesem Moment wirksame Effekte mit sich bringen.

Dieser Beitrag besteht demnach aus den drei Themenkomplexen Qualität, Qualitätsdialog und Dialog. Entsprechend dieser Reihenfolge werde ich sie inhaltlich bearbeiten.

Ich beginne damit, das Qualitätsthema zu kontextualisieren und Konturen des Qualitätsdiskurses abzubilden (Kap. 2. – Kap. 2.2). Kapitel 2.3 zeigt die besondere Relevanz von Organisationen Sozialer Arbeit für die Ermöglichung von Qualität. Über diesen Verlauf filtere ich heraus, inwieweit der Diskurs um Qualität mit dem Qualitätsdialog zusammenhängt. Dieser wird daran anschließend mit seinen Verfahrensweisen und Implementierungswegen vorgestellt (Kap. 4 – 4.2). Das Kapitel 4.3 stellt eine Überleitung zum Dialog dar. Worauf thematisch lange hingearbeitet wurde, wird in den Kapiteln 6 bis 6.2 der Dialog in Theorie und Praxis aufgeschlüsselt. Nachdem die drei Themenkomplexe zusammengeführt wurden, folgen die Kapitel 8 bis 8.2 dem Ziel, praktische Anschlussfähigkeiten dialogischer Qualitätsentwicklung in unterschiedlichen Gesellschaftsfeldern vorzustellen.

Im Anschluss an jeden Themenkomplex erfolgt ein Diskussionskapitel (Kap. 3; 5 und 7). Damit verfolge ich zum einen das Ziel, die Themen im ersten Schritt voneinander abzugrenzen, um sie darüber in ihrer Komplexität erfassbar zu machen. Zum anderen kann ich die Erkenntnisse aus den Diskussionen sinnvoll in den weiteren Verlauf des Beitrages einfließen lassen. Im nächsten Schritt ist es mir dadurch im letzten Diskussionskapitel (Kap. 7) möglich, die markantesten Erkenntnisse aller drei Themenkomplexe miteinander zu verbinden und zu einer fundierten Beantwortung meiner Fragestellung kommen. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Diskussionskapitel besteht für mich darin, meine Verstehensprozesse transparent werden zu lassen. In der Diskussion lasse ich die Lesenden dieses Beitrages an meiner Reflexion des Gelesenen und Gelernten teilhaben.

1 Die Bezeichnung von Menschen, die Soziale Arbeit leisten und in Anspruch nehmen, unterscheidet sich je nach professionellem Setting. Aus diesem Grund verwende ich in diesem Beitrag keine einheitlichen Begriffe, sondern versuche, dem jeweiligen Setting gerecht zu werden. Entscheidend ist für mich, wie Menschen sich selbst bezeichnen möchten.

2. Zur Qualität in der Sozialen Arbeit

Zur Beantwortung der Fragestellung ist es zunächst dienlich, eine Definition von Qualität darzulegen. Aus diesem Grund wird hier beispielhaft die Definition von Qualität (im Zitat mit Q. abgekürzt) aus dem Fachlexikon der Sozialen Arbeit angeführt:

„Verbindlich und allgemeingültig definiert ist der Begriff Q. in der internationalen gültigen Normierung des Qualitätsmanagements. Danach ist Q. der Grad, in dem eine Gesamtheit inhärenter Merkmale eines Produktes, Systems oder Prozesses die Anforderungen von Kund/innen und anderen interessierten Parteien erfüllt. […] Der Maßstab für Q. kann von ethischen Werten oder Interessen bestimmt sein. Der Vergleich zur Bestimmung von Q. kann in einem dialogischen Prozess erfolgen, regelmäßig und kontinuierlich. Q. kann beschrieben werden als Zuverlässigkeit, Wirksamkeit, als optimales Preis-Leistungs-Verhältnis, als Gleichbehandlung, Akzeptanz oder in den Dimensionen Potenzial-/Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität. Als Dienstleistung sollte Soziale Arbeit den relationalen Q.begriff ausfüllen und Maßstäbe definieren, an denen ihre Q. festgestellt und auch gemessen werden kann.“ (Kuhn 2017, S. 683).

Die Definition eröffnet verschiedene Aspekte, welche im weiteren Verlauf des Beitrages aufgegriffen werden, um ihre Relevanz für den Qualitätsdiskurs deutlich zu machen. Darunter fällt das Qualitätsmanagement (Kap. 2.2), der dialogische Prozess im Zusammenhang mit dem Thema Qualität (Kap. 2; ab Kap. 6ff.) und u.a. das relationale Verständnis von Qualität (Kap. 2.1). Die im Zitat angeführten Beschreibungen von Qualität fasse ich als dementsprechend verstandene Qualitätsmerkmale auf, auf welche ich zum Ende dieses Kapitels eingehe. Über die Auseinandersetzung mit den genannten Aspekten sollte es mir in diesem Beitrag gelingen, einen Überblick über das Qualitätsthema anzubieten.

Das Qualitätsthema wird seit mehr als 25 Jahren immer wieder von verschiedenen Autor_innen1 aufgegriffen und diskutiert (Bauer, R. 1996, Thiersch 1997, Hansen 1997, Merchel 1998, Hansbauer 2000, Otto; Richter; Schrödter 2004, Galiläer 2005, Otto; Polutta, Ziegler 2010). Darin zeigt sich, dass Qualität nicht einfach nur ein vorübergehendes Modethema ist, sondern sich darüber eine fachliche Auseinandersetzung, Weiterentwicklung und Legitimation der Sozialen Arbeit selbst ausdrückt (vgl. Merchel 2013, S. 9). Andauernd aufrechterhalten wird dies unter anderem durch sozial- und finanzpolitische Einflüsse, die in den Diskussionen über Qualität nicht auszublenden sind, damit einhergehende An- und Aufforderung zu Maßnahmen der Qualitätsentwicklung und die inhaltlich anschließende Debatte um die wirkungsorientierten Ausrichtungen der Dienstleistungen in Organisationen Sozialer Arbeit (vgl. ebd.)2. All jene verschiedene Strömungen innerhalb des Qualitätsdiskurses drücken ein „Streben nach guter Qualität“ (Zech, Dehn 2017, S. 127) aus, was wiederum die Debatte um Professionalität3 der Sozialen Arbeit aufgreift, welche sich über ihre ‚gute Arbeit‘ auszeichnet.

Die gesamte Diskussion um Qualität hat mit der Frage der Profession Sozialer Arbeit zu tun. Will eine Profession dauerhaft glaubwürdig sein, muss sie Auskunft darüber geben, warum, wie und wozu gehandelt wird (vgl. Merchel 2013, S. 34). Die Soziale Arbeit hat den Auftrag, vertreten durch die professionellen Fachkräfte, gemeinsam mit Menschen zu arbeiten. Oftmals geht es darum, eine positive Veränderung in der aktuellen Form der Lebensbewältigung im Sinne der betroffenen Person auszuhandeln. Das sozialarbeiterische Wirken in Bereichen wie „Bildung, Beratung und sozialen Dienstleistungen“ ist somit zukunftsweisend und ihre professionelle „Einstellung zur Qualität“ und Auseinandersetzung mit diesem Thema von maßgeblicher Bedeutung (Zech, Dehn 2017, S. 34).

Aus der eingangs angeführten Qualitätsdefinition gehen die konkreten Qualitätsbeschreibungen Zuverlässigkeit, Wirksamkeit, optimales Preis-Leistungs-Verhältnis, Gleichbehandlung und Akzeptanz (s.o.) hervor. Unklar in dem Zusammenhang bleibt, für welche Interessengruppe diese Beschreibungen verstanden sind. Ich fasse sie als appellhafte und handlungsweisende Qualitätskriterien für das Feld der Sozialen Arbeit auf.

Durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema Qualität ist mir deutlich geworden, wie schwierig es ist, Qualitätsmerkmale erfassbar zu machen und sie mit ihrer Nennung für dennoch nicht allgemeingültig und absolut zu setzen. Inhaltlich wird diese Ambivalenz im nächsten Kapitel auf theoretischer Grundlage tiefergehend bearbeitet. Qualitätskriterien müssen weitreichend definiert sein, so dass einzelfallspezifisch angemessen agiert werden kann und darf, um der „Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit menschlicher Sach- und Sozialverhalte“ gerecht zu werden (Zech, Dehn 2017, S. 29). Diesem Punkt nachkommend markiert Barbara Rose das Qualitätsmerkmal, als professionelle Person Sozialer Arbeit als verbindendes Element zwischen gesellschaftlichen Teilsystemen zu fungieren und einer „lebensweltlich orientierten Allzuständigkeit verpflichtet zu sein“ (2004, S. 216). Daraus lässt sich das Qualitätsmerkmal der Lebensweltorientierung ableiten, welches ein Bewusstsein darüber impliziert, dass sich jede Person in einer eigens konstruierten und geprägten Lebenswelt befindet.4 Einzelfallspezifisches Handeln, Lebensweltorientierung und ‚Allzuständigkeit‘ sind demnach drei Merkmale, die einer qualitativen Sozialen Arbeit zu Gute kommen und professionellen Entscheidungsspielraum erlauben. Mechthild Seithe führt zur Lebensweltorientierung aus, dass diese sich aus den Merkmalen Lebenswelterhaltung, Sozialraumorientierung, Alltagsorientierung, Flexibilität und Kund_innenorientierung zusammensetzt (vgl. 2007, S. 586ff.). Hinzu kommt das Qualitätsmerkmal der Partizipation (vgl. ebd., S. 585). Betroffene Personen müssen am Hilfeprozess und in Qualitätsaushandlungen beteiligt sein, da sie diejenigen sind, die die Konsequenzen tragen. Um ein dem entgegengesetztes Qualitätsmerkmal zu nennen, lässt sich hier vorgreifen auf das Neue Steuerungsmodell der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (Kap. 2.2), für die sich Qualität u.a. durch eine schnelle Leistungserbringung auszeichnet (vgl. 1993, S. 12).

Die Qualität in der Sozialen Arbeit hängt von den Beteiligten an der jeweiligen Situation ab. Soziale Arbeit funktioniert, weil sie mit Menschen zu tun hat, interaktiv und ist somit in jedem Moment einmalig und in der Form nicht wiederholbar (vgl. Dahme, Wohlfahrt 2015, S. 1284). Ob ein zielhaftes sozialarbeiterisches Vorhaben aufgeht, lässt sich nicht voraussagen und ist unabdingbar auf die Koproduktion aller Beteiligten angewiesen (vgl. Baethge 2011, S. 54f.). Dies bedeutet, eine soziale Dienstleistung kann ohne das aktive Zutun oder Mitproduzieren der ‚Leistungsempfänger_innen‘ keinen Erfolg haben5. Hinzu kommt, das für die Soziale Arbeit geltende Uno-actu-Prinzip: Produktion und Konsumtion einer sozialen oder auch personenbezogenen Dienstleistung finden im selben Moment statt und sind angewiesen auf die Präsenz der betroffenen Person (vgl. Kessl/Otto 2011, S. 390). Diese Besonderheiten von personenbezogenen sozialen Dienstleistungen können nur erschwert berücksichtigt werden, wenn dem gegenüber das Merkmal schneller Leistungserbringung steht und eingefordert wird.

Die angeführten Qualitätszuschreibungen zeigen, wie vielseitig der Qualitätsbegriff gedeutet werden kann. Daher ist es wichtig, verschiedene Perspektiven von Qualität aufzugreifen, um fachgerecht über Qualität sprechen zu können und um zu verdeutlichen, mit welchem Blick bzw. mit welcher Absicht oder mit welchem Interesse auf Qualität geschaut wird und was für Differenzen und Schwierigkeiten sich daraus ergeben können. Hier sei betont, dass die beschriebenen Merkmale keine Vollständigkeit repräsentieren. Das Thema Qualität ist von einer Fülle an Literatur unterlegt und kann hier nur verkürzt dargestellt werden (vgl. Schaarschuch, Schnurr 2004, S. 309).

2.1 Zu Perspektiven von Qualität

Überall da, wo Qualität thematisiert wird, ist zu hinterfragen, welche Person oder Instanz dies mit welchem Motiv tut. Vertreter_innen des Managerialismus6 in der Sozialen Arbeit werden dahingehend andere Qualitätsansprüche formulieren, als Vertreter_innen der Profession Sozialer Arbeit (vgl. Dahme, Wohlfahrt 2015, S. 1279). Die jeweiligen Blickwinkel und Ziele in Bezug auf qualitatives sozialarbeiterisches Handeln verlaufen nicht kongruent. Einführend bringt Joachim Merchel an, „dass das Reden über Qualität immer mit normativen Setzungen verbunden ist“, denen eine Wertigkeit innewohnt, die über ‚gute‘ und ‚schlechte Qualität‘ urteilt (2013, S. 41).

Dadurch, dass Qualität demnach immer in Beziehung zu einem Sachverhalt gedeutet werden muss, entsteht daraus ein Konstrukt, welches sich von gesellschaftlichen und persönlichen Normen, Werten, Zielen und Erwartungen nicht trennen lässt. Darüber hinaus wird deutlich, dass Qualität z.B. vor einem historischen Hintergrund gelesen werden muss. Die Wertmaßstäbe einer Gesellschaft und einzelner Personen verändern sich mit der Zeit, so dass Qualität einen prozesshaft-dynamischen Charakter annehmen muss, um zeitgemäß gestaltet zu werden. Auf diesen sich kontinuierlich verändernden Charakter lässt sich über eine dialogische Herangehensweise eingehen. Benötigt sind regelmäßige Gespräche und Aushandlungen über Qualität (vgl. 2013, S. 43). Merchel konstatiert, dass sich die Definition von Qualität der Sozialen Arbeit, die sich als soziale Dienstleistung vollzieht, dabei aus mindestens drei Perspektiven zusammensetzen muss. Dazu gehören vor allem die Adressat_innen selbst, die Professionellen, die an eine jeweilige Organisation angebunden sind und eine fachbezogene Meta-Perspektive (vgl. 2013, S. 41).

Das relationale Verständnis von Qualität

Die Aushandlung darüber, was Qualität ausmacht, findet in diesem Kontext dadurch statt, dass die drei erwähnten Perspektiven von Adressat_innen, Professionellen und Fachlichkeit in Relation zueinander gesetzt werden müssen. Zu diesen Aushandlungen führt Burkhard Müller aus, dass die Adressat_innen dabei die Rolle der Bürger_innen als öffentliches ‚Publikum‘ und Verbraucher_innen der kommunalen Leistungsinfrastruktur repräsentieren. Die Professionellen vertreten die Pflicht, die fachlichen Standards zu gewährleisten. Erweiternd kommt bei B. Müller die Perspektive der Leistungsträger stellvertretend für die Sozialpolitik hinzu, die für die Zuweisung und Verwaltung öffentlicher Mittel zuständig sind. Jede beteiligte Instanz ist geleitet von eigenen Qualitätskriterien und damit verbundenen Interessen, Zielen und Vorstellungen (vgl. 2004, S. 200ff.). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Qualität nicht alleinstehend betrachtet werden kann, sondern systematisch unter der Berücksichtigung der verschiedenen Perspektiven und Qualitätsmerkmalen miteinander in Relation gesetzt und interpretiert werden muss (vgl. Schaarschuch, Schnurr 2004, S. 313).

Das evaluative Verständnis von Qualität

Weniger relational, aber durchaus präsenter in der heutigen Sozialen Arbeit, erscheint die folgende Sichtweise, die das Qualitätsthema mit sich bringen kann. Sascha Honig und Michael Neumann weisen auf „ein evaluatives Qualitätsverständnis“ hin (2004, S. 256). Anknüpfend an Merchel sprechen sie ebenfalls davon, dass Qualität eine autoritäre und normierende Auswirkung hat. Darüber hinaus soll Qualität aus sozialpolitischen Forderungen vergleichbar sein, worüber Vielfalt und professioneller Entscheidungsfreiraum reduziert wird und mehr als Management stärkendes Steuerungsinstrument dient (vgl. ebd.). Ausgehend von einem solch technischen Normbegriff von Qualität kann der Schluss gezogen werden, dass Normabweichung lediglich evaluieren zwischen Richtig und Falsch. Eine Person, die in Folge von ‚Falsch‘, in dem Sinne eine Hilfebedürftigkeit, eine Leistung in Anspruch nimmt, könnte dies als Sanktion oder ‚Fehlerkorrektur‘ aufgrund ‚persönlichem Versagen‘ auffassen. Kritisch dazu vermerken Rainer Zech und Claudia Dehn, dass dieser lineare, technische Umgang der sozialen Wirklichkeit von Menschen nicht gerecht wird (vgl. 2017, S. 26).

Qualität als Gelingen und Sinnhaftigkeit

Zech und Dehn erarbeiteten, als dritte Perspektive, die Definition von Qualität als Gelingen und Sinnhaftigkeit der je spezifischen Praxis für betroffene Personen und beteiligten Akteur_innen (vgl. 2017, S. 18; S. 31). Beides vollzieht sich in den von ihnen ausdifferenzierten Dimensionen Sachliches, Soziales und Zeit, auf die hier nicht im Detail eingegangen werden kann (vgl. ebd., S. 24ff.; S. 31ff.). Grundsätzlich betonen sie, dass es im Bereich des sozialen Handelns darum geht, „eine Praxis an bestimmten Merkmalen des Funktionierens dieser Praxis zu orientieren“ (ebd., S. 26).

Gezeigt wurden drei exemplarische Perspektiven auf Qualität. Jede Perspektive verfolgt einen anderen Fokus. Das zeigt, wie uneindeutig es ist, über Qualität zu sprechen und das hinterfragt werden muss, wer mit welchem Motiv über Qualität spricht und ob die Menschen an den Qualitätsaushandlungen beteiligt sind, die letztendlich von den Konsequenzen betroffen sind.

2.2 Der Qualitätsdiskurs

Der Qualitätsdiskurs ergibt sich aus verschiedenen Entwicklungssträngen, die in diesem Kapitel beschrieben werden. Ziel ist es, den heutigen Stand des Qualitätsthemas in der Sozialen Arbeit grob zu kontextualisieren und aufzuzeigen, mit welchen Themen darüber hinaus Qualität in der Sozialen Arbeit zusammenhängt.

Einer der Entwicklungsstränge resultiert aus den angestiegenen Legitimationsanforderungen von Seiten der Sozialpolitik gegenüber der Sozialen Arbeit (vgl. Merchel 2013, S. 19f.). Der nächste Entwicklungsstrang hat mit einer zunehmenden betriebswirtschaftlichen Orientierung in der Sozialen Arbeit zu tun (vgl. ebd., S. 21ff.). Für beide wird anhand des Neuen Steuerungsmodells der Frage nachgegangen, woher diese Entwicklungen kommen. Die Etablierung eines Qualitätsmanagements in der Sozialen Arbeit markiert ebenfalls einen Entwicklungsstrang im Qualitätsdiskurs und wird dementsprechend in diesem Kapitel dargestellt. Dass der Qualitätsdiskurs unmittelbar mit einer verstärkten Managementorientierung in der Sozialen Arbeit zusammenhängt, wurde bereits im Kapitel 2.1 angeschnitten. Einen weiteren Entwicklungsstrang stellt Qualitätsentwicklung dar. Qualitätsentwicklung wird organisationsübergreifend als Qualitätssteuerungsmittel verwendet und verdeutlicht die sozialstaatliche Komponente des Qualitätsdiskurses. Jeder dieser Entwicklungsstränge ist eng mit den jeweils anderen Entwicklungslinien verknüpft. Es kann hilfreich sein, sie gesondert voneinander zu betrachten, um zu erkennen, inwiefern sie miteinander verstrickt sind. Hinzu kommt der Hinweis, dass die im Folgenden vorgestellten Entwicklungsstränge nicht den vollständigen Qualitätsdiskurs widerspiegeln können. Der Qualitätsdiskurs umfasst ein umfangreiches Themengebiet, welches mir in seiner Gesamtheit nicht möglich war zu erfassen.

Die Orientierung am Neuen Steuerungsmodell in der Sozialen Arbeit stellt für diesen Beitrag den sozialpolitischen Kontext des Qualitätsdiskurses dar. Bezugnehmend auf das Thema Qualität merkt Seithe an, dass die Neue Steuerung über das Kontraktmanagement (Erklärung im weiteren Verlauf) die Soziale Arbeit dazu zwingt, professionelle Qualität, ihre spezifischen Merkmale und ihre zur Umsetzung erforderlichen quantitativen Maßnahmen zu definieren (vgl. 2007, S. 585). Daraus wird deutlich, dass die Auseinandersetzung mit der Qualität sozialarbeiterischen Handelns nicht intrinsisch aus der Profession kommt, sondern von ‚außen‘, durch sozialpolitische Anforderungen, an sie herangetragen wurde. Diesen Punkt verstärken Dahme und Wohlfahrt, indem sie davon sprechen, dass jede soziale Dienstleistung im Kern einem staatlichen Zweck entspringt und erfüllen muss (vgl. 2015, S. 1284)7. Dies erhöht den Druck auf die Profession, nicht bloß zu reagieren, um diesen Anforderungen gerecht zu werden und sich als ausreichend legitim darzustellen, sondern sich als eigenständige Profession zu behaupten (vgl. Merchel 2004, S. 136f.).

Das Neue Steuerungsmodell

Die kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) veröffentlichte 1993 einen Bericht über das Neue Steuerungsmodell. In dem Bericht werden Begründungen dafür, Konturen um und Lösungen zur Umsetzung für das Neue Steuerungsmodell angeführt. Anlass für eine neue Art der Steuerung sind knapper werdende finanzielle Ressourcen und steigende gesellschaftliche Bedarfe an Leistungserbringungen (vgl. ebd., S. 7). Im Laufe der Zeit haben sich Verwaltungsmängel aufgetan, die für nicht länger tragbar erklärt wurden (vgl. ebd., S. 9f.). Der Zustand wird damit beschrieben, dass es „Kein Zwang zur Leistungsverbesserung“ gibt, eine „Überforderung des Haushalts“ existiert, „Keine Gesamtverantwortung auf Fachbereichsebene“ besteht und eine zu „Geringe Marktnähe“ vorliegt (vgl. ebd., S. 10).

Ein weiteres Defizit bestehe aus einer ‚Legitimitätslücke‘, die die Kommunalverwaltung, bzw. ausführende Instanzen der Sozialpolitik auf Grund von nicht vorzeigbarer Leistungstransparenz gegenüber der Wirtschaft und fragenden Bürger_innen nicht schließen kann (vgl. KGSt 1993, S. 12). Hier wird deutlich, dass das Thema Legitimation vor dem Hintergrund unterschiedlicher Perspektiven besonders betrachtet werden muss. Einerseits reagiert die Sozialpolitik auf Legitimationsanfragen seitens der Wirtschaft und der Büger_innen. Daraufhin richten sich Legitimationsanforderungen ausgehend von der Sozialpolitik an die Soziale Arbeit. Die Soziale Arbeit hat daran anknüpfend die Aufgabe, die sozialpolitischen Anforderungen auszubalancieren, inwieweit sie fachlich legitim erfüllt werden können. Für mich bleibt die Frage offen, an welcher Stelle und wodurch die Fragen nach Legitimation beginnen und ob es weitere Punkte gibt, die dieses Thema beeinflussen.

Von der Legitimitätslücke zwischen Sozialpolitik und Wirtschaft mit Interessen seitens der Bürger_innen ausgehend, lassen sich die folgenden Merkmale der Neuen Steuerung leichter nachvollziehen.

Ein wesentliches Ziel besteht aus dem „Aufbau einer unternehmensähnlichen, dezentralen Führungs- und Organisationsstruktur“ (KGSt 1993, S. 3). Die Verantwortung für kommunale Leistungen wird auf Politik und Verwaltung verteilt (vgl. ebd.). Dabei beschäftigt sich die Politik mit der Frage, welches Angebot an Leistungen es geben soll und die Verwaltung mit der Frage, wie diese Leistungen umgesetzt werden sollen (vgl. ebd., S. 17). Innerhalb der Verwaltung soll die Fach- und Ressourcenverantwortung ebenfalls dezentral organisiert sein, damit ein ‚überforderter Haushalt‘ vermieden werden kann. Die verteilte Fachverantwortung wirkt sich in einem Kontraktmanagement aus. Das bedeutet, es wird verbindlich vereinbart, mit welcher Leistung was für ein Produkt erzeugt wird oder welches Ziel erreicht werden soll. Jeder Leistungsvereinbarung wird ein fixes Budget zugeschrieben (vgl. ebd.). Mit der Verantwortung über Ressourcen wie Personal, Stellen, Geld und Sachmittel soll die Verwaltung einen Handlungsspielraum darüber haben, wie sie Leistungen gestaltet (vgl. ebd., S. 18). Jedwedes Agieren wird durch einen zentralen Steuerungs- und Controllingbereich geprüft (vgl. ebd., S. 19). Durch das vorab festgelegte Produktergebnis einer Leistung zeigt sich die Orientierung nach der Wirkung, die je spezifisch angestrebt wird (vgl. ebd., S. 8; S. 12). Es wird gefordert, dass jede Wirkung überprüf- und steuerbar ist (vgl. Müller 2004, S. 199). Zusammenfassen lässt sich dies unter der Bezeichnung Outputsteuerung (vgl. KGSt 1993, S. 20). Durch Kostensteigerungen im Bereich der kommunalen Leistungen auf Grund knapper Ressourcen wird das Augenmerk von Bürger_innen und Wirtschaft umso mehr darauf gelenkt, Nachweise über ein faires Preis-/Leistungsverhältnis einzufordern, die zeigen, dass die Kosten und Maßnahmen einer personenbezogenen sozialen Dienstleistung gerechtfertigt sind. Daher folgt die Anforderung, in Form von einer öffentlichen „Rechenschaftslegung über Effizienz, Zielgenauigkeit und Qualität“ (KGSt 1993, S. 12) Leistungen und ihren jeweiligen Kostenaufwand transparent zu machen. Über diesen Weg erfolgt eine ‚Legitimitätssicherung‘, eine Aktivierung der Verwaltung zu besseren Leistungen und „das Informationsbedürfnis einer kritischen Bürgerschaft“ (KGSt 1993, S. 12) kann befriedigt werden. Die Rechenschaftslegung über erbrachte Leistungen soll verstärkt durch ein Berichtswesen umgesetzt werden (vgl. Meinhold, Matul 2011, S. 90). Das Element des Wettbewerbs soll all diese Veränderungen unterstützend aktivieren. Durch den Wettbewerbsgedanken verspricht sich für die KGSt eine innovative und vor allem vergleichbare Leistungsverbesserung (vgl. KGSt 1993, S. 22f.).

Die Idee, Leistungen mit ihren Preisen und Wirkungen zu vergleichen, nennt sich ‚Benchmarking‘ (vgl. Meinhold, Matul 2011, S. 163). Alle angebotenen Leistungen orientieren sich an der Nachfrage von Kund_innen aus dem gesellschaftlichen Umfeld (vgl. KGSt 1993, S. 15). Rose fasst zusammen, dass für die Legitimation sozialer Leistungen, zähl- und messbare Daten eingefordert werden, um sie dem Geldgeber vorzulegen. Dafür wird sich betriebswirtschaftlicher Technologien bedient, die im Bereich des Sozialen mit einem enorm hohen bürokratischen Aufwand verbunden sind (vgl. 2004, S. 215). Die Verwaltungen müssen sich demnach umorganisieren, weshalb B. Müller von einer Verwaltungsreform spricht (vgl. 2004, S. 203).

Das Qualitätsmanagement

Die Notwendigkeit, sich in der Sozialen Arbeit mit Managementfragen zu befassen, geht aus folgendem Zitat hervor:

„Mittlerweile gestehen selbst Skeptiker, dass die Soziale Arbeit um eine offensive Auseinandersetzung mit den Anforderungen des Qualitätsmanagements nicht herumkommt und zu einer Position finden muss, die den ablehnenden Verweis auf den Zusammenhang zwischen Qualitätsmanagement einerseits und ‚Ökonomisierung‘, ‚Managerialismus‘ und ‚neoliberalen Kolonialisierung‘ andererseits überwindet und zu einer den Eigenheiten der Sozialen Arbeit angemessenen Formen des Qualitätsmanagements findet“ (Merchel 2013, S. 17)8.

Um den Begriff des Qualitätsmanagements in Bezug auf die Soziale Arbeit einführend zu beleuchten, wird hier erneut auf das Fachlexikon der Sozialen Arbeit zurückgegriffen (Qualitätsmanagement ist mit Q. abgekürzt):

„Qualitätsmanagement ist nach DIN EN ISO 9000:2015 die zusammenfassende Bezeichnung für alle aufeinander abgestimmten Tätigkeiten zum Leiten und Lenken einer Organisation bezüglich Qualität. […] Q. umfasst das Festlegen der Qualitätspolitik, der Qualitätsziele, die Qualitätslenkung, die Qualitätssicherung und die Qualitätsverbesserung. […] Q. fordert von den Organisationen, die Wirksamkeit des Q.systems ständig zu verbessern“ (Kuhn 2017, S. 684f.)9.

An Deutlichkeit gewinnt, dass sich Qualitätsmanagement aus verschiedenen Bereichen zusammensetzt und es um wirksame und qualitative Arbeit und deren permanente Verbesserung innerhalb einer Organisation geht. Laut Merchel wird in einem solch breit aufgestellten Verständnis von Qualitätsmanagement die Grenze „zwischen qualitätsbezogenem Management und allgemeinem Management einer Organisation“ zu wenig sichtbar (vgl. 2013, S. 14). Das allgemeine Management einer gesamten Organisation unterteilt er in die fünf Teilbereiche organisationsbezogene Steuerung, mitarbeiter_innenbezogene Steuerung, Controlling, Qualitätsmanagement und Marketing. Jeder Teilbereich birgt thematische und prozedurale Anforderungen, auf die einzeln eingegangen werden muss, damit ihre jeweilige inhärente Komplexität sinnvoll bewältigt werden kann. Trotz dessen sind alle Bereiche „elementar miteinander verbunden und funktional aufeinander verwiesen“ (vgl. ebd. S. 15f.). Darüber hinaus erfordert insbesondere das Qualitätsmanagement eine branchenspezifisch gezielte Bewertung, Reflexion und Weiterentwicklung. Für die Soziale Arbeit zieht Merchel dafür die „Güte sozialer Dienstleistungen“ als Maßstab heran (vgl. ebd.). Den Organisationen wird nahegelegt, ihre betriebene Qualitätspolitik, den verfolgten Qualitätszielen, ihre standardisierten Verfahrensweisen zur Herstellung und Sicherung von Qualität und Vorgehensweisen zur Überprüfung der Ziele und erreichten Qualitätsergebnisse in einem Qualitätsmanagement-Handbuch festzuhalten (vgl. Meinhold, Matul 2011, S. 145). Unterstützend für die Umsetzung aller Qualitätsmaßnahmen ist inzwischen eine breite Palette an Methoden und praktischen Verfahren für Qualitätsmanagementsysteme vorzufinden (vgl. Meinhold, Matul 2011, S. 145)10. Systeme des Qualitätsmanagements haben ihren Ursprung im betriebswirtschaftlichen Arbeitsfeld. Aus einer Kritik daran, dass fachfremd Normen definiert wurden und über Formalisierungen Qualität sozialer Dienstleistungen überwachungsartig kontrolliert wird, entwarfen Zech und Dehn ein Qualitätsmanagementsystem, was als Beispiel dafür gesehen werden kann, inwiefern Managementmodelle auf Organisationen sozialer personenbezogener Dienstleistungen übersetzt werden11.

Qualitätsentwicklung

Ein wichtiger Punkt, wenn es um Qualitätsentwicklung geht, ist, dass sich daran sozialrechtliche Veränderungen manifestieren. Seit den 1990er Jahren fand das Thema Qualität schrittweise „als Aufgabe aller Sozialen Dienste kodifiziert und die öffentlichen Kostenträger als Gewährleister und Kontrollinstanz der Qualitätsproduktion“ Einzug in die Sozialgesetzgebungen (vgl. Dahme, Wohlfahrt 2015, S. 1279). Damit haben sich managerialistische Ideologien auf der Ebene des Sozialstaats und Sozialverwaltung durchgesetzt (vgl. ebd.). Der Bereich der Sozialen Arbeit wurde somit ökonomisiert. Darin zeichnet sich ein weiterer bedeutender Entwicklungsstrang innerhalb des Qualitätsdiskurses ab. Im Folgenden soll das Thema Qualitätsentwicklung verkürzt vorgestellt werden.

„In sozialen Hilfesystemen ist Qualitätsentwicklung eine Aufgabe von Sozialleistungsträgern und Leistungserbringern und nicht mit ständiger Verbesserung gleichzusetzen, die eine betriebliche Aufgabe und nur durch betriebliche Aktivitäten zu realisieren ist. Ein derzeit praktiziertes Verfahren der Qualitätsentwicklung von Leistungsträgern und Leistungserbringern sind Qualitätsdialoge, die auf der Grundlage von Qualitätsberichten geführt werden. Q. bietet Konzepte und Instrumente, die geeignet sind, die Zusammenarbeit zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern zu unterstützen“ (Kuhn 2017, S. 684f.).

In diesem Zitat werden zwei Seiten der Qualitätsentwicklung angesprochen, die den Status Quo der Sozialen Arbeit repräsentieren. Unter dem Deckmantel der Qualitätsentwicklung fallen wiederkehrend Maßnahmen wie ausführliche Dokumentationen, Checklisten, Anamnesebögen, Berichtsvorlagen zu Falleinschätzungen, Verfahrensstandards, Arbeitsmanuale, Handlungsleitfäden und Hilfeplanverfahren (vgl. DGQ 2016, S. 29f.). Über diese Formalitäten wird Transparenz im pädagogischen Feld abgedeckt, die benötigt wird, um Strukturen und Prozesse besser steuern zu können (vgl. Merchel 2013, S. 72f.). Die Anforderungen des Neuen Steuerungsmodell an Nachweisen und Überprüfbarkeit werden somit erfüllt. In diesem Fall ist auch von Qualitätssicherungsmaßnahmen zu sprechen (vgl. DGQ 2016, S. 29). Lassen sich in einem Bereich Transparenzmängel oder ‚Legitimitätslücken‘ aufweisen, werden sozialpolitische Anforderungen entsprechend mit dem Ziel, Leistungen zu verbessern, angepasst. Somit stehen die derzeit angewandten Maßnahmen, die aus einem quantitativ-betriebswirtschaftlichen Kontext kommen, in Verbindung mit ständiger Leistungsverbesserung.