Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Österreich - Peter Scherrer - E-Book

Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Österreich E-Book

Peter Scherrer

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Beschreibung

Österreich verbindet man mit der Wiener Klassik des 18. und 19. Jahrhunderts, mit großen Komponisten und prachtvollen Opernhäusern, stolzen Theatern und berühmten Orchestern, der Wiener Kaffeehauskultur und dem Heurigen. Doch auch die Archäologie ist in Österreich fast allgegenwärtig – ein römisches Legionslager im Herzen Wiens, Pfahlbauten am Grunde des Mondsees oder Salzbergwerke in den Ostalpen. Von der Altsteinzeit mit der Venus von Willendorf bis zum Mittelalter mit dem Kärntner Herzogstuhl – Österreich lockt mit vielen bekannten und sehenswerten Fundstätten aus allen Epochen. Römische Städte und Armeelager wie Carnuntum, Vindobona und Iuvavum künden von der Zeit, als Österreich ein Teil des Imperium Romanum war. Der keltisch-römische Siedlungsplatz auf dem Magdalensberg in Kärnten, heute in einen archäologischen Park verwandelt, oder urzeitliche Grabhügel in der Steiermark führen den Leser an die Wurzeln der Geschichte dieses facettenreichen Landes. Der Autor stellt zahlreiche moderne Museen vor, die mit experimentellen Stationen den Besuchern Einblicke in die Alltagskultur der Frühzeit österreichischer Geschichte geben. Vom Brotbacken im Urgeschichtemuseum „MAMUZ“ in Asparn an der Zaya bis hin zum Brennen von Keramik und einem Besuch in den wiedererrichteten Häusern in Carnuntum stehen den Reiselustigen und Erlebnishungrigen unterschiedliche Geschichtserfahrungen offen. Geschichtsbegeisterte Menschen kommen hier auf ihre Kosten und sind mit diesem kulturellen „Reiseführer“ immer einen Schritt voraus.

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Seitenzahl: 224

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Peter Scherrer

Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in

Österreich

168 Seiten mit 105 Abbildungen, einer Tabelle und einer Karte

Titelabbildung: © oben und Mitte: Peter Scherrer; Kultwagen: Universalmuseum

Joanneum, Graz, unten: © Wolfram Letzner.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2016 by Nünnerich-Asmus Verlag & Media, Mainz am Rhein

ISBN 978-3-945751-61-9

Lektorat: Natalia Thoben, Danilo Blaeser

Gestaltung des Titelbildes: Sebastian Ristow

Gestaltung: Bild1Druck GmbH, Berlin

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten.

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Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Vorarlberg

01Bregenz – Brigantium: Roms erste und letzte Bastion in der Provinz Raetia

02Rankweil-Brederis, römische Villa – zwei Bäder für ein Bauernhaus?

03Göfis, die Heidenburg – ein fester Ort von der Bronzezeit bis in das Mittelalter

Tirol

04Fliess und der Piller Sattel – Heiliger Rauch und verborgene Opfergaben

05Birgitz – Die Raetersiedlung auf der hohen Birga

06Volders–Wattens – Das Himmelreich

07Dölsach – Aguntum: Ein Hauch Italien in den Alpen

08Lavant, der Kirchbichl – Kupferbergbau vom Neolithikum bis in die Spätantike

Kärnten

09St. Peter in Holz – Teurnia: Die Stiftung eines gotischen Statthalters

10Spittal an der Drau-Molzbichl – Das Kloster und der heilige Nonnosus

11Dellach – Gurina: Etrusker, Veneter, Kelten und Römer auf der Alm

12Keutschacher See: Die Pfahlbauinsel

13Maria Saal – Virunum: Die Römerstadt auf dem Zollfeld

14Maria Saal – Die Karnburg und der Herzogstuhl im Fokus der Geschichte Kärntens

15Magdalensberg – Republikanischer Handelsplatz und kaiserliche Goldschmelze

16Globasnitz-Hemmaberg – Wallfahrtsort für Katholiken und Arrianer?

Salzburg

17Der Dürrnberg bei Hallein – Der Reichtum der Salzherren

18Salzburg – Erzabtei auf römischen Häusern

19Obertauern – Vom Radstädter Tauern zum Leissnitzgraben: Entschleunigen auf römischen Alpenstrassen

20Uttendorf – Alpine Handwerkstradition im Keltendorf

Oberösterreich

21See – Steinzeitbauten im Mondsee

22Weyregg am Attersee – Römische Villa mit Fischzucht

23Altheim-Weirading – Das römische Badegebäude

24Wels – Vom Municipium Ovilavis zur Burg Oueles

25Linz: Die Martinskirche – Graf Gerolds Vermächtnis

26Enns-Lorch – Legionen und Heilige

27Wurzeralm (Spital am Pyhrn) – (prä)historische Zeichen im Fels

28Hallstatt – Der Salzberg und seine Herren

Steiermark

29Sölkpass – Reisende opfern den Göttern

30Strettweg-Judenburg – Ein Kultwagen der Hallstattzeit auf großer Fahrt

31Mixnitz-Röthelstein – Die Drachenhöhle: immer ein sicherer Ort

32Grossklein – Die Maske des toten Fürsten: die Hallstattsiedlung und ihre Nekropole

33Frauenberg-Seggauberg bei Leibnitz – Götterberg und Bischofssitz

34Semriach – Das römische Hügelgrab

35Hartberg-Ringkogel – Keltischer Wall und römisches Heiligtum?

36Hartberg-Löffelbach – Die spätantike Villa

Burgenland

37Bruckneudorf – Vom keltischen Fürstensitz zur spätantiken Kaiserresidenz?

38Unterrrabnitz – Das Frühmittelalterdorf: leben in einer Umbruchzeit

39St. Martin an der Raab – Keltische Tradition oder römischer Einfluss? Spuren einer Gräberstrasse

Niederösterreich

40Asparn an der Zaya – Das Mamuz: Urgeschichte im Experiment

41Oberleis – Ein germanischer Fürst baut ein römisches Haus

42Wachau – Die ältesten Österreicherinnen

43Heldenberg – Die neolithische Kreisgrabenanlage: Ein Kalenderbau?

44Petronell-Carnuntum – Pompeji vor den Toren Wiens

45Zeiselmauer – Spaziergang durch das Römerlager

46Tulln – Das Kastell syrischer Reiter

47Traismauer – Ein karolingischer Graf befehligt ein ehemaliges Römerlager

48Mautern – Die Stadt des heiligen Severin

49Schwarzenbach – Vom Keltenwall zum Keltendorf

Wien

50Wien, Innere Stadt – Vom Legionslager Vindobona zur Babenbergerresidenz

Zeittafel

Abbildungsnachweis

VORWORT

Archäologische Stätten, seien es Ausgrabungen und daraus resultierende Freilichtmuseen bzw. Archäologische Parks, seien es die wenigen ober Tag erhalten gebliebenen und in späteren Zeiten weiter verwendeten Baudenkmäler der Römerzeit, seien es als Geländemerkmale bis heute sichtbare Grabhügel oder Befestigungswerke, spielen im sog. sanften Tourismus eine zunehmende Rolle. Aber auch für Schulausflüge und Gruppenreisen gehören Bodendenkmäler zum festen Zielrepertoire. Dabei stimmt die gefühlte Bedeutung, resultierend aus der Bekanntheit aus Schulunterricht, Heimatliteratur und Kulturführern sowie der Zugänglichkeit, häufig nicht mit dem tatsächlichen Erhaltungszustand überein.

Das Buch bietet natürlich eine letztlich subjektive Auswahl des Autors. Mir schien es wichtig die gesamte Bandbreite der Epochen von der Altsteinzeit bis in das frühe Mittelalter, von den Anfängen des mitteleuropäischen Menschen bis zum Ende des 1. Jts.n.Chr., einzuarbeiten. Andererseits sollte die Reichhaltigkeit der österreichischen Landschaft mit ihren Klimazonen mit dem relativ offenen Alpenvorland samt dem Donautal und der böhmischen Masse, mit den von Seen und Flusstälern durchzogenen Hoch- und Mittelgebirgen der Ostalpen, mit der fruchtbaren pannonischen Ebene, auch in ihrer archäologischen Vielfalt zur Geltung gebracht werden. Nicht zuletzt galt es, einigermaßen Ausgewogenheit zwischen den Bundesländern herzustellen. Vor allem aber mussten die unterschiedlichen Typen der Siedlungen, Fluchtpunkte in Steinzeithöhlen, in Seen versunkene Pfahlbauten, metallzeitliche Höhensiedlungen, römische Städte, spätantike Wallfahrtsorte und mittelalterliche Pfalzen und Klöster sowie die damit verbundenen Kult- und Wehranlagen, Gräber, Villen, Wirtschafts- und Technikbauten, Bergwerke, Straßen und Herrschaftsplätze dargestellt werden.

Darum möge man verzeihen, wenn irgendjemandes Lieblingsplatz fehlt, dafür mag so manch Neues zu entdecken sein. Und ebenso möge man mir nachsehen, wenn ich mir in manchen Fällen aus dem Erfahrungsschatz meiner Berufslaufbahn als Archäologe erlaubte, die in der Fachliteratur gegebenen Interpretationen und im Lokalbewusstsein verankerten Deutungen zu hinterfragen und Alternativen anzubieten.

Abb.1 Nachbau eines neolithischen Langhauses im Urgeschichtepark MAMUZ in Asparn/​Zaya.

Westösterreich

Vorarlberg

01Bregenz

02Rankweil-Brederis

03Göfis

Tirol

04Fliess und Piller Sattel

05Birgitz

06Volders – Wattens

07Dölsach – Aguntum

08Lavant

Kärnten

09St. Peter in Holz – Teurnia

10Spittal an der Drau

11Dellach – Gurina

12Keutschacher See

13Maria Saal – Virunum

14Maria Saal

15Magdalensberg

16Globasnitz-Hemmaberg

Salzburg

17Dürrnberg bei Hallein

18Salzburg

19Obertauern

20Uttendorf

Ostösterreich

Oberösterreich

21See

22Weyregg am Attersee

23Altheim-Weirading

24Wels

25Linz

26Enns-Lorch

27Wurzeralm

28Hallstatt

Steiermark

29Sölkpass

30Strettweg-Judenburg

31Mixnitz-Röthelstein

32Grossklein

33Frauenberg-Seggauberg

34Semriach

35Hartberg-Ringkogel

36Hartberg-Löffelbach

Burgenland

37Bruckneudorf

38Unterrabnitz

39St. Martin an der Raab

Niederösterreich

40Asparn an der Zaya

41Oberleis

42Wachau

43Heldenberg

44Petronell-Carnuntum

45Zeiselmauer

46Tulln

47Traismauer

48Mautern

49Schwarzenbach

Wien

50Wien, Innere Stadt

Schon von Drusus, dem Stiefsohn des Augustus, beim Alpenfeldzug 15v.Chr. als Etappenort gegründet, erlangte der Ort in der Spätantike erneut als Militärplatz Bedeutung. Jetzt mussten die Römer schrittweise vor den Alamannen zurückweichen.

01BREGENZ – BRIGANTIUM: ROMS ERSTE UND LETZTE BASTION IN DER PROVINZ RAETIA

Vorarlberg

Erste Ausgrabungen in der Bregenzer Innenstadt fanden schon seit der Mitte des 19. Jhs. durch den reichen Stofffabrikanten Samuel Jenny statt. Die Siedlungsschwerpunkte des römischen Brigantium lagen am sog. Ölrainplateau und in der sog. Oberstadt sowie am Bodenseehafen. Die Ergebnisse der intensiven Grabungstätigkeit sind teilweise in ihrer Interpretation sehr umstritten, die Befunde sind großteils durch moderne Bautätigkeit verschwunden oder mussten wieder zugeschüttet werden.

Um 15v.Chr. wurde das Gebiet infolge des Alpenfeldzugs unter Drusus, dem jüngeren Stiefsohn des Kaisers Augustus, von den Römern erobert. Zunächst entstand ein Militärlager auf dem Ölrain, etwa im Bereich der ehemaligen Krankenhausgründe südwestlich der Josef-Huter-Straße. Es diente einer 500 Mann starken Truppe (Ausmaße ca. 196 × 140m) und war in Holz-Erde-Technik mit zwei umgebenden Spitzgräben errichtet. Hier fanden bis 2012 erneut großflächige, noch nicht umfangreich publizierte Ausgrabungen statt. Eventuell gab es bereits auch ein frühes Hafenkastell. Mit dem Vorschieben der rätischen Provinzgrenze an die Donau entstand im 2. Jh.n.Chr. eine reine Zivilsiedlung, die sich aus dem Lagerdorf am Ölrain entlang einer Durchzugsstraße entwickelte. Ungefähr beim heutigen Grundstück Ölrain 13 lag ein ausgedehntes, heute wieder verschüttetes Forum (96,5 × 54,6m). Die öffentlichen Thermen befanden sich südwestlich des Forums, direkt an der Hauptstraße, auf dem Areal des heutigen evangelischen Friedhofs. Die evangelische Kirche wurde nach den Ausgrabungen Samuel Jennys über einem besonders großen Saal der Thermen (Raum mit dem Kaltwasserbecken oder Eingangshalle?) errichtet. Abgesehen vom Grundriss ist nur wenig von dieser Anlage bekannt. Auch die Datierung des Bauwerks ist unklar. Das Hauptgebäude (20 × 20m) bestand aus neun teilweise beheizbaren Räumen.

Der einzige sichtbare und zugängliche Befund der römischen Zeit in Bregenz ist die sog. Villa am Steinbühel, die in ihrem erhaltenen Grundriss um 80n.Chr. errichtet worden sein dürfte und bis in das 2. Jh.n.Chr. genutzt wurde. Die Mauerreste wurden erstmals 1884 von Samuel Jenny untersucht und zwischen 1980 und 1990 beim Bau des City-Tunnels erneut freigelegt und konserviert. Die älteren Deutungen reichen von einer Funktion als Hafenkaserne oder einem Lagerhospital bis zu einem Zentrallager für importiertes Olivenöl und andere Waren. Der äußerst luxuriös ausgestattete, 2.600m2 große Komplex ist typologisch als Villa suburbana zu bezeichnen und bestand aus 24 Zimmern, die sich um einen 10 × 20,8m großen Hof gruppierten. Vermutlich war das Hauptgebäude einstöckig und mit einem Satteldach abgedeckt. In einem der Räume fanden sich Reste einer Toilettenanlage. Der Innenhof selbst war zusätzlich an allen Seiten von pfeilergestützten Wandelhallen (porticus) umgeben, die von einem Pultdach abgedeckt waren. Zum Seeufer hin erstreckte sich noch eine Gartenanlage, die ebenfalls von einer porticus mit 2,8m hohen Säulen umgeben war. Die Eingangshalle im Osten zur Stadt hin wies hingegen 18 Säulen mit wahrscheinlich 5,6m Höhe auf. Die Wirtschaftsräume befanden sich im Nordflügel des Gebäudes. Knapp nordwestlich stand eine Thermenanlage, die mit ziemlicher Sicherheit ebenfalls zum Gebäudekomplex der Stadtvilla gehörte. Die Größe und Lage deuten darauf hin, dass der Baukomplex als regionaler Sitz der Provinzialverwaltung diente und hier die zentralen Warentransporte für das Militär ebenso wie die Steuerleistungen der Provinzialbevölkerung gelagert worden sein dürften.

Abb.2 Bregenz, Steinbühel (Cityknoten), konservierte Grundmauern eines ausgedehnten römischen Baukomplexes mit zentralem Säulenhof.

Vom Hafenkastell am Leutbühel, im Bereich der Fußgängerzone im Zentrum von Bregenz, wurden zwar mehrere, bis zu 31m lange Mauerstücke ausgegraben, doch heute ist davon im Stadtbild nichts direkt sichtbar. Im Straßenpflaster markieren aber farbige Bereiche die bekannten Mauerabschnitte. Dieses Hafenkastell, Brecantia, das zur Kastellkette des Donau-Iller-Rhein-Limes gehörte und den Abschnitt der Reichsgrenze an Oberrhein und Bodensee sichern sollte, wurde unter ValentinianI. (364–375n.Chr.) errichtet. Das Fälldatum der Bäume, die für den Fundamentrost als Piloten in den Boden geschlagen wurden, liegt nach Jahresringuntersuchungen im Bereich um die Jahre 362–382n.Chr. Die Ausmaße des Kastells dürften etwa 70 × 50m betragen haben, die Stärke der Wehrmauern betrug nach Ausgrabungsergebnissen bis zu 4m. Vermutlich wurde die Anlage an den Ecken noch durch vier große, vorkragende Türme verstärkt. Die Tore lagen im Nordwesten und Südosten der Mauer. Die meisten Kasernen und Zweckbauten im Inneren dürften mit ihrer Rückwand an die Kastellmauer angebaut gewesen sein. Die hier stationierte Truppe wird in der notitia dignitatum (occ 35. 32) als numerus barcariorum bezeichnet; der zu dem damals Brecantia genannten Kastell gehörende primitive Hafen bot etwa 10 Schnellbooten (naves lusoriae) Platz.

Die zugehörige spätantike Zivilsiedlung lag in der Oberstadt von Bregenz, wo von vielen Archäologen auch ein Kastell vermutet wurde. Da im 3. Jh.n.Chr. die Einfälle der Alamannen zu unruhigen Zeiten für Raetien führten, wurde die Siedlung am Ölrainplateau aufgegeben. Die Bevölkerung zog sich in die Oberstadt zurück, die aufgrund ihrer Lage viel besser zu verteidigen war. Aufgrund der späteren mittelalterlichen Überbauung sind archäologische Befunde jedoch rar. Immerhin wurde an drei Stellen eine 1,5m dicke Mauer (eines Kastells?) angeschnitten. In der Nähe des späteren Martinsturms wurde eine kleine Badeanlage festgestellt.

Ein Modell des antiken Ortsbildes, die Funde aus der Siedlung und dem gut erforschten Gräberfeld am Ölrain, einige wichtige Inschriften wie eine Ehrung des jüngeren Drusus, Sohns des Tiberius, oder der Nachweis eines Vereins der italischen Händler, sind im Vorarlberg Museum ausgestellt.

Adresse

voralberg museum - Kornmarktplatz 1

6900 Bregenz

http://www.vorarlbergmuseum.at/

Literatur

S. Deschler-Erb – Ch. Ertel – V. Hasenbach, Kaiserkultbezirk und Hafenkastell in Brigantium. Ein Gebäudekomplex der frühen und mittleren Kaiserzeit, Konstanz 2011; J. Kopf, Indizien für Militärpräsenz im frühkaiserzeitlichen Fundmaterial Brigantiums, in: U. Lohner-Urban – P. Scherrer (Hg.), Der obere Donauraum 50 v. bis 50 n. Chr, Berlin 2015, S. 199–216.

Ein römisches landwirtschaftliches Anwesen mit zahlreichen Gebäuden, die in der Spätantike und im Mittelalter phasenweise als Schmiede fungierten. Wozu aber dienten die einzelnen Gebäude ursprünglich? – Antworten auf eine archäologische Spurensuche.

02RANKWEIL-BREDERIS, RÖMISCHE VILLA – ZWEI BÄDER FÜR EIN BAUERNHAUS?

Vorarlberg

Inmitten einer immer noch vor allem der Landwirtschaft dienenden Ebene im Westen von Rankweil, im Ortsteil Brederis, wurde bereits 1954 ein römisches Gebäude ausgegraben und seine Grundmauern konserviert. Es handelt sich im erhaltenen spätantiken Bauzustand um ein für die römische Kaiserzeit typisches Mittelflurhaus mit zwei Zweiraumgruppen, von denen die südliche beheizt werden konnte und mit einer nach Süden vorspringenden Apsis ausgestattet war. Mitsamt einer heute im konservierten Befund nicht nachvollziehbaren Vorhalle an der Ostseite wies das Gebäude eine Grundfläche von etwa 18 × 20m auf. Lange Zeit dachte man, das Wohngebäude eines antiken Bauernhofs gefunden zu haben. Im 8./​9. Jh. wurde in den Ruinen ein einzelner erwachsener Mann bestattet, im ausgehenden Spätmittelalter diente das immer noch nutzbare Gemäuer einem Grobschmied; das Haus stand also etwa 1.400 Jahre irgendwie und mit Unterbrechungen in Verwendung.

Erst von 1997 an wurde über zehn Jahre lang ein direkt nördlich benachbartes Gebäude erforscht, das sich bald als der eigentliche Bauernhof vom weit verbreiteten Typ der Porticus-Eckrisalit-Villa herausstellte. Im Vollausbau des 2./​3. Jhs.n.Chr. lag eine repräsentative, nach außen offene Säulenhalle (porticus) zwischen zwei annähernd quadratischen Wohntürmen (Risaliten) mit jeweils ca. 25m2 Innenraum. Diese dürften nach Parallelen mindestens ein, eher zwei Obergeschosse besessen haben, der südliche war außerdem im Erdgeschoss beheizt. Zur Vergrößerung des Wohnraums wurde in der Südostecke des Hofes ein weiterer beheizbarer Raum eingebaut. Wie bei vielen solcher Villen gab es auch hier im älteren Bestand des 1./​2. Jhs.n.Chr. nur einen unbeheizten Risalit. Der Einbau von Fußbodenheizungen in Wohnräume ab dem späten 2. Jh.n.Chr. hängt mit einer deutlichen Klimaverschlechterung zusammen, die von der Forschung mit Vulkanausbrüchen ungeheurer Ausmaße bald nach 180n.Chr. in Neuseeland und Südamerika in Zusammenhang gebracht werden.

Abb.3 Rankweil-Brederis, römische Villa: Im Vordergrund das Nebengebäude mit Apsis, in der Bildmitte der auch als Blickfang dienende turmartige Schutzbau über dem Haupthaus.

Den größten Teil des Gebäudes nahm der ummauerte Hof ein, der in der Spätantike gepflastert und mit einer großen Feuerstelle ausgestattet worden war, und in dessen Umgebung Eisenschlacken auf Schmiedetätigkeiten hinweisen. In früheren Phasen wies der Hof einen Lehmboden auf, was etwa mit einer Funktion als Tenne, zum Trennen von Spreu und Getreidekörnern, in Einklang stünde. Entlang der Hofwände deuten Pfostenstellungen eine innen umlaufende Hallenstruktur an, wohl um Gerätschaften, Vorräte und Brennholz trocken und windgeschützt zu lagern bzw. Kleintierhaltung zu betreiben.

Im 4. Jh.n.Chr. scheint das südliche Bauwerk die Funktion als Wohnhaus von den Risaliten im Haupthaus übernommen zu haben, es könnte aber auch schon vorher als Wohnraum gedient haben, etwa für das Verwalterehepaar. Dieses bewirtschaftete den Hof, da vornehme Römer dies nicht selbst taten. Dafür liegt es aber unüblich nahe am Haupthaus, von der Lage her würde man hier eher ein Bad erwarten. Tatsächlich ähnelt das Gebäude im Grundriss auch einer solchen Anlage mit zwei beheizten Räumen, insbesondere die nach Süden vorspringende Apsis wäre ein typischer Ort für ein Warmwasserbecken. Vielleicht gab es aber auch Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung oder Probleme mit dem verfügbaren Wohnraum.

Tatsächlich wurde im Jahre 2006 in einer Entfernung von etwa 200m im Osten vom Haupthaus bei der Anlage des Golfplatzes ein Badegebäude entdeckt. Der unüblich große Abstand vom Haupthaus wird von den Ausgräbern damit erklärt, dass dies die wasserreichste Stelle des Grundstücks gewesen sei. Das Bad weist die üblichen fünf Räume in zwei parallelen Raumreihen (Blocktypus) auf, drei davon mit Fußbodenheizungen. Der Umkleideraum (apodyterium) und der Raum mit dem Kaltwasserbecken (frigidarium) lagen im Westen, dann ging man weiter zu einem beheizten Aufenthaltsraum (tepidarium), darauf zum Raum mit der wegen der Temperaturausnutzung nach Süden ausgerichteten Warmwasserwanne und gelangte schließlich in einen kleinen Heißluftraum ähnlich einer modernen Sauna (laconicum).

Der Bauernhof liegt im Einzugsbereich auf der sog. Tabula Peutingeriana, einer auf die Antike zurückgehenden Landkarte, in dieser Gegend verzeichneten Ortschaft Clunia. Diese ist wahrscheinlich im heutigen Feldkirch, 1,5km weiter im Süden anzusiedeln, wie etwa der ausgedehnte römerzeitliche Baukomplex „Uf der Studa“ in Feldkirch-Altenstadt nahelegt.

Ein kleiner Teil im Südost-Eckbereich des Hofgebäudes wurde mit einem turmartig in die Landschaft ragenden Schutzbau (implantierte, begehbare Skulptur aus COR-TEN-Stahl von Marte. Marte Architekten ZT GmbH) versehen, um Originalbausubstanz zeigen zu können. In einer „Vitrine“ daneben werden Nachbildungen von Funden aus der Villa gezeigt. Alle übrigen Mauern der drei römischen Bauten wurden winterfest neu aufgemauert und solcherart sichtbar konserviert.

Abb.4 Blick auf die implantierte, begehbare Skulptur aus COR-TEN-Stahl von „Marte. Marte Architekten ZT Gmbh“ über der Villa in Rankweil-Brederis.

Adresse

6830 Rankweil Kirchstraße, beim Sportplatz Brederis und auf dem Gelände des Golfplatzes

http://www.rankweil.at/​nexus4/​Web Objects/​xCMS4.woa/​wa/​article?id=45944 &rubricid=68&menu id=1326.

Literatur

J. Pöll (Hg.), Archäologische Forschungen bei der Römervilla in Rankweil-Brederis, Grabung 2004, Rankweil 2008 (= Dokumente Rankweil, Bd.6); J. Kopf, Wohngebäude, Begräbnisstätte oder Schmiede? – Ein Nebengebäude der villa rustica von Brederis/​Rankweil (Vorarlberg) im Wandel der Zeit, in: Akten des 13. Österreichischen Archäologentages, Wien 2012, S. 339–344.

Versteckte Hochplateaus boten zu allen Zeiten guten Schutz vor Feinden. Mit einer Siedlungsgeschichte seit der frühen Bronzezeit ist die Heidenburg ein typischer Vertreter prähistorischer und frühgeschichtlicher Rückzugs- und Kultplätze.

03GÖFIS, DIE HEIDENBURG – EIN FESTER ORT VON DER BRONZEZEIT BIS IN DAS MITTELALTER

Vorarlberg

Die Heidenburg darf als Prototyp einer bereits früh, aber schlecht erforschten, nicht touristisch hergerichteten und nicht ohne weiteres zugänglichen, wildromantischen archäologischen Landschaft bezeichnet werden. Sie liegt auf dem durch einen Graben zweigeteilten Plateau eines langgestreckten Felsriegels (724m ü. M.), mit senkrechten Felswandabbrüchen im Südwesten und im Nordosten nach Göfis hin. Hier befindet sich eine gut getarnte, seit der Bronzezeit mehrfach befestigte Siedlungsfläche, in der bereits von 1826 bis 1947 verschiedentliche Ausgrabungen stattfanden.

Bereits in der frühen Bronzezeit (3./​2. Jt.v.Chr.) dürfte auf dem Südteil die Anlage eines Ringwalles erfolgt sein, der bis in die Latènezeit (4.–1. Jh.v.Chr.) benutzt und immer wieder instand gesetzt wurde. In der Urnenfelderzeit, am Ende des 2. Jts.v.Chr., wurde ein Brandopferplatz angelegt: Eine quadratische Steinsetzung auf ca. 16m2 Fläche bildete die Basis für einen 0,4m hohen, aus ungefähr 1.000 Gefäßen gebildeten Scherbenhaufen. Der Typ des Brandopferplatzes gleicht Anlagen in Südtirol, die Keramik weist jedoch Beziehungen zur süddeutschen und ostschweizerischen Urnenfelderkultur auf.

Ab etwa 260n.Chr. diente die Heidenburg wegen der zunehmenden Gefahr durch die Alamannen als befestigte Fluchtburg der römischen Landbevölkerung und wurde bis in das 5. Jh.n.Chr. hinein besiedelt. Von der Wehranlage hat sich im Süden vor allem ein mächtiger, sehr schlampig und offensichtlich eilig gebauter Turm (Plan: D; 12 × 8m Außenmaße mit 2,5–2,7m dicken Mauern) erhalten, an den im Osten eine aus Quadern gebildete Ringmauer ansetzt. Der Turm dürfte, nach starken Brandspuren im Torbereich zu urteilen, in einem Schadfeuer zugrunde gegangen sein. Ungeklärt ist bisher die Funktion von drei etwa 0,4 × 0,5 × 0,5m großen Aussparungen in der Außenseite der Turmwestmauer geblieben.

Unmittelbar nördlich des Turms wurde ein nur im Fundament erhaltenes Gebäude (Plan: E; Länge 31,5m) mit vier in einer Flucht liegenden Räumen ausgegraben, wie es vom Typ her an militärische Mannschaftsbaracken erinnert, aber auch in römischen Zivilsiedlungen vorkommt und in der Spätantike besonders häufig anzutreffen ist. Drei Räume wiesen dieselbe Breite von knapp 10m auf, der vierte sprang um 2m aus der Flucht nach Süden vor. Pfostenlöcher weisen darauf hin, dass vor den drei schmäleren Räumen ein geschützter Bereich mit Vordach lag.

Abb.5 Übersichtsplan zu den römischen und mittelalterlichen Bauten auf der Heidenburg: A) Bergfried (12. Jh.); C) und E) spätrömische Wohngebäude; D) spätrömischer Turm mit angesetzter Ringmauer; F) vermutliche Saalkirche (alamannisch?).

Als besonders schwierig zu interpretieren darf ein ungefähr in der Mitte des Plateaus liegendes Gebäude mit Resten eines Gussmörtelfußbodens (Plan: F; Innenmaße: 7 × 4,5m) angesehen werden. An der als Ostwand (eigentlich Südostwand) bezeichneten Seite lag vor der 0,5m starken Mauer ein etwa 1m2 großes gemörteltes, etwas aus der Mittelachse verschobenes Fundament, das der Ausgräber Adolf Hild als Altarsockel interpretierte. Dadurch schien das für eine spätantike Höhensiedlung obligatorische Gotteshaus in der im Alpenraum nach damaligem Forschungsstand (1947) durchaus glaubwürdigen Form einer einfachen rechteckigen Saalkirche gefunden. Heute wird dieser Bau in der Fachliteratur zum frühen Christentum meist gar nicht mehr erwähnt, da der Altar in der Spätantike auch in einfachsten Kirchen in den Raum gerückt sein und vor einer U-förmigen Priesterbank stehen sollte. Interessanterweise gibt es aber im alamannischen Frühmittelalterdorf Berslingen bei Schaffhausen einen fast identischen Befund einer etwas größeren Rechteckkirche (10,6 × 6m) mit demselben einfachen Altarfundament an der Ostwand. Allerdings ist in Berslingen eindeutig eine Abschrankung des Altarraums nachgewiesen, was in Göfis aufgrund der schlechten Befundlage und rudimentären Grabungsmethodik der Nachkriegszeit leicht übersehen worden sein bzw. einfach nicht mehr feststellbar gewesen sein könnte. Darf man demnach doch eine Kirche auf der Heidenburg annehmen, und zwar eine bisher ausgesprochen selten nachgewiesene, ländliche alamannische Eigenkirche? Vermutlich um die Mitte des 12. Jhs. wurde auf der Nordkuppe eine mittelalterliche Burg mit einem bergfriedartigen Turm (Plan: A) errichtet, der von einer polygonalen Ringmauer geschützt wurde. Der Name dieser als Edelfreisitz einzustufenden Anlage ist unbekannt. Da innerhalb der Ringmauer auch ein bisher spätrömisch datiertes Gebäude (Plan: C; innere Weite 4,7 × 5m) mit einem Treppenabsatz und mehreren Herdstellen aufgefunden werden konnte, dem sich die oder das sich der Ringmauerführung auffällig anpasst, könnte die Datierung eventuell neu gedacht werden: Entweder geht die Ringmauer im Kern auf die Spätantike zurück oder aber das Gebäude gehört doch eher in das Mittelalter. Wenn man nun noch den oben angedeuteten Kirchenbefund ins Kalkül zieht, müsste auch für die mittelalterliche Burg eine Vorgängerphase ungefähr im 8. Jh. zu überlegen sein.

So erscheint bei der Heidenburg nicht nur ihr Erscheinungsbild als ein wildromantischer Ruinenort, auch die Deutungen mancher archäologischer Befunde wurden und werden bisher eher vom Zeitgeist und einer bestimmten Erwartungshaltung geprägt, als von sicherem Wissen bestimmt.

Abb.6 Die urgeschichtliche Wallanlage ist im Gelände über weite Strecken leicht zu verfolgen.

Adresse

Zugang von Göfis über die Etze, Heidenberg über die Bünt oder die Walgaustraße

http://www.goefis.at/​

http://wiki.imwalgau.at/wiki/​Heidenburg_G%C3%B6fis​

Literatur

G. Grabher, Die Höhensiedlung Göfis-Heidenburg, in: N. Hasler u.a. (Hg.), Im Schutze mächtiger Mauern. Spätrömische Kastelle im Bodenseeraum, Frauenfeld 2005, S. 98–101.

Der Ort Fließ im Oberinntal war von der frühen Bronzezeit bis zum Eintreffen der Römer kontinuierlich besiedelt. Die Häuser standen relativ tief im Inntal, wo auch heute noch gewohnt wird. Hoch über der Siedlung aber thronte in 1.560m Höhe auf dem Piller das zentrale Heiligtum der Region.

04FLIESS UND DER PILLER SATTEL – HEILIGER RAUCH UND VERBORGENE OPFERGABEN

Tirol

Bis 1990 war das Oberinntal archäologisch ein (fast) weißer Fleck. In den folgenden 20 Jahren aber wandelte sich der an der von Kaiser Claudius (41–54n.Chr.) angelegten Staatsstraße via Claudia Augusta liegende Bereich des Inntals zu einem der wichtigsten Fundgebiete Westösterreichs. Die von der Adria über den Reschenpass in das Nordtiroler Inntal, über Imst und Reutte in das Lechtal und weiter zur Donau führende Straße war die Schlagader der Provinz Raetien. Der Nordtiroler Bereich der Straße wird von der Universität Innsbruck in einem langfristigen Forschungsprojekt intensiv erforscht.

In der bis dahin archäologisch völlig unauffälligen Ortschaft Fließ im Bezirk Landeck trat im Oktober des Jahres 1990 bei Aushubarbeiten auf dem Kathreinhof in 1,5m Tiefe eine große Anzahl von Metallgegenständen zutage. Die Bauersleute sammelten alles ein und brachten es den Behörden zur Kenntnis: Damit begann eine fast einmalige Erfolgsgeschichte der Zusammenarbeit von suchenden Laien und bergenden bzw. grabenden Profi-Archäologen. Bereits 1992 wurde im Ort ein archäologisches Museum gegründet, das heute einen einmaligen Besitzstand vorzeigen kann.

Der hallstattzeitliche Depotfund von Fließ ist mit insgesamt 386 Stück der größte Hortfund auf Nordtiroler Boden und deckt den Zeitraum von etwa 700 bis 550v.Chr. ab. Neben 53 Beilen und Gefäßbruchstücken waren vor allem Tracht- und Schmuckteile wie Fibeln, Arm- und Fußreifen vertreten. Einen besonderen Stellenwert nehmen 38 zum Teil mit Sonnenbarken und Vogel- sowie Pferdemotiven verzierte Gürtelblechfragmente ein – mehr, als bisher in ganz Mitteleuropa gefunden wurden. Sie gehörten zur Tracht vornehmer Damen und geben nach Meinung vieler Prähistoriker Auskunft über Glaubensvorstellungen der älteren Eisenzeit.

Abb.7 Bronzenes Gürtelblech aus dem hallstattzeitlichen Schatzfund von Fließ mit Darstellung einer Sonnenbarke.

Während im Fließer Zentrum im Jahre 2000 und im Ortsteil Silberplan noch 2007 prähistorische Häuser durch Bauarbeiten völlig zerstört wurden, konnte ab 2011 beim Bau des neuen Gemeindezentrums eine Reihe von Häusern der Hallstatt- und Latènezeit (8.–1. Jh.v.Chr.) sorgfältig ausgegraben und ein sog. Raetisches Haus in einem Tiefgaragenbereich zugänglich konserviert werden. Nach den bisherigen Vorberichten lässt sich Folgendes rekonstruieren: Das in seiner älteren Phase ca. im späten 6. oder 5. Jh.v.Chr. errichtete, ungefähr 0,6–1,2m in den Lehmboden eingesenkte Gebäude weist die typischen Merkmale dieses in Tirol häufigen Haustyps auf. Der Innenraum ist etwa quadratisch mit bis zu 8m lichter Weite. Den Zugang bildet ein gewinkelter, aus mächtigen Steinschlichtungen gebildeter Korridor. Ungewöhnlicherweise besitzt das Gebäude aber an der Ostwand von Süden her einen zweiten Zugangskorridor. Das Untergeschoss wird größtenteils von einem Raum mit dicken Steinmauern eingenommen, auf dessen Fußboden in einer Reihe drei Steinplatten als Unterlagen für die Stützen der Holzdecke des Obergeschosses erhalten geblieben sind. Der Raum weist außerdem einen wasserdichten Verschlag (Seitenlänge ca. 1,2m) aus lehmverschmierten Steinen und eine große Grube auf, neben der bei der Ausgrabung eine höchst bemerkenswerte Bestattung zutage kam.

Abb.8 Das raetische Haus in Fließ (Tiefgarage im Gemeindezentrum) während der Konservierungsarbeiten (Winter 2015).

Diese Bestattung war nach einer Brandzerstörung (Radiocarbondatierung zwischen 380 und 200v.Chr.), aber vor der Wiederherstellung des Hauses vonstattengegangen und betraf einen etwa 40–50-jährigen Mann von 1,60m Körpergröße und kräftiger Statur. Mögliche Todesursache waren schwere Verletzungen am Kinn und Hinterhaupt, während ebenfalls rund um den Todeszeitpunkt erfolgte Frakturen an den Schienbeinen und dem rechten Wadenbein mit Kampfverletzungen oder Folter erklärt werden können, kaum aber als postmortale Folgen der Niederlegung in einer Grube von nur 1,35m