Die alte Erde - Mahmud Doulatabadi - E-Book + Hörbuch

Die alte Erde Hörbuch

Mahmud Doulatabadi

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Beschreibung

Gholam, der Mann mit dem Motorrad und dem feuerroten Kampfhahn, ist kein Bauer wie all die andern Männer in diesem Dorf am Rande der Salzwüste. Er wohnt in der Karawanserei und hat ein Auge auf den Acker der schönen Witwe Adeleh geworfen. Aber diesen Boden bearbeitet seit alten Zeiten Baba Sobhan, der zähe, gütige Alte mit seinen beiden Söhnen. Was wird aus seiner Sippe, wenn er den Acker verliert? Das Verhängnis beginnt, als die schöne Witwe Gefallen an dem Mann mit dem Motorrad findet und Baba Sobhan die Pacht aufkündigt. Auf dem Dorfplatz bei der Teestube, vor der versammelten Dorfgemeinschaft, vollzieht sich die unausweichliche Tragödie.

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Über dieses Buch

Gholam, der Mann mit dem Motorrad und dem feuerroten Kampfhahn, ist kein Bauer wie all die andern Männer in diesem Dorf am Rande der Salzwüste. Das Verhängnis beginnt, als die schöne Witwe Gefallen an ihm findet. Auf dem Dorfplatz bei der Teestube, vor der versammelten Dorfgemeinschaft, vollzieht sich die unausweichliche Tragödie.

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Mahmud Doulatabadi (*1940) gilt als bedeutendster Vertreter der zeitgenössischen persischen Prosa. Er arbeitet als Schriftsteller und Universitätsdozent für Literatur in Teheran.

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Bahman Nirumand (*1936) studierte in Deutschland und promovierte 1960 über Bertolt Brecht. Im Iran war er Dozent an der Teheraner Universität, musste jedoch ins Exil gehen. Er lebt als Schriftsteller und Publizist in Berlin.

Zur Webseite von Bahman Nirumand.

Dieses Buch gibt es in folgenden Ausgaben: Taschenbuch, E-Book (EPUB) – Ihre Ausgabe, E-Book (Apple-Geräte), E-Book (Kindle)

Mehr Informationen, Pressestimmen und Dokumente finden Sie auch im Anhang.

Mahmud Doulatabadi

Die alte Erde

Roman

Aus dem Persischen von Bahman Nirumand

E-Book-Ausgabe

Unionsverlag

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Impressum

Die Originalausgabe erschien 1967 unter dem Titel Osanehe Baba Sobhan in Teheran.

Originaltitel: Osanehe Baba Sobhan (1967)

© by Mahmud Doulatabadi 1967

© by Unionsverlag, Zürich 2022

Alle Rechte vorbehalten

Umschlag: Nasrolah Kasraian

Umschlaggestaltung: Martina Heuer

ISBN 978-3-293-30509-0

Diese E-Book-Ausgabe ist optimiert für EPUB-Lesegeräte

Produziert mit der Software transpect (le-tex, Leipzig)

Version vom 13.06.2022, 12:23h

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Baba Sobhan ließ seinen Blick über das Dach gleiten. Die Sonne hatte sich bereits zurückgezogen. Baba Sobhan erhob sich, klopfte die Erde von seinem Hosenboden und ging zur Grube. Dort lagen zwei geschnittene Distelbüsche. Er warf sie auf den Futterhaufen und begab sich in den Stall. Er reinigte die Krippe, füllte sie mit einem Korb Stroh und einer Schüssel Gerste. Dann ging er zum Brunnen, schob das Reisigbündel über der Öffnung beiseite, zog einen unter den Fingernagel geratenen Dorn heraus, warf den Kübel in den Brunnen, hievte ihn, mit Wasser gefüllt, hoch und deckte den Brunnen wieder mit dem Reisigbündel zu. Danach goss er das Wasser in eine Gießkanne und stellte sie an den Grubenrand. Als er sich bückte, überfiel ihn ein heftiger Schmerz im Rücken. Mit Mühe richtete er sich auf, lehnte sich an die Stallwand und setzte sich langsam hin. Die Hühner verzogen sich in ihren Verschlag. Baba Sobhan dachte daran, dass er die Öffnung des Hühnerstalls mit einem Rohziegel zudecken müsste.

Schokat kam. Sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Sie stellte den Krug auf den Boden, setzte sich daneben und faltete ihre Hände über dem Bauch. Ihr Gesicht wurde kreidebleich, ihr Atem heftig.

Baba Sobhan stand auf, legte einen Ziegel vor die Öffnung des Hühnerstalls und ging auf seine Schwiegertochter zu. »Was ist mit dir los, Mädchen?«

Schokat biss sich auf die Lippen und sagte: »Nichts, am Weiher ist der Teufel los.«

Baba Sobhan ließ sich neben dem Krug nieder, betrachtete Schokats Gesicht und sagte: »Es ist deine eigene Schuld, meine liebe Tochter. Mir macht es doch nichts aus, einen Krug Wasser zu holen. Du kannst dich einfach nicht zurückhalten. Du weißt, dass du größere Anstrengungen vermeiden musst. Du musst jetzt auf zwei aufpassen. Ab morgen werde ich Wasser holen. Es macht doch keinen Unterschied, ob ich diese Arbeit verrichte oder du. Geht es dir jetzt besser?«

Schokat stöhnte und schluckte ihren Speichel herunter. »Ja, ein wenig«, sagte sie. Sie stemmte die Hand gegen die Wand, versuchte aufzustehen.

»Soll ich dir schwarze Kümmel mit Kandiszucker brühen? Oder möchtest du, dass ich deine Mutter zu Hilfe hole?«

»Nein, nein«, erwiderte Schokat. »Die Schmerzen werden von alleine nachlassen. Ich brüh mir selbst was. Lass es gut sein.« Sie ging ins Zimmer, nahm die Petroleumlampe von der Wandnische, zündete sie an.

Baba Sobhan trieb die Ziege, die bei der Backgrube hockte, in den Stall und fragte: »Hast du, als du draußen warst, den Gebetsruf gehört?«

»Nein«, rief Schokat aus dem Zimmer heraus.

Baba Sobhan nahm den Wasserkrug, brachte ihn zum Stall, goss das Wasser in den Trog und ging dann mit gesenktem Kopf zum Flur.

»Bis das Wasser im Samowar kocht, hol ich noch einen Krug Wasser«, sagte er.

»Im Krug ist doch noch Wasser.«

»Ich hab es in den Trog gegossen.«

Schokat sank neben der Tür zu Boden. Schwindelgefühle und innere Unruhe befielen sie. Ihr wurde schwarz vor Augen, aber sie genoss es, wie die Wellen von Wehen durch ihren Körper fluteten. Bis zur Geburt war es nicht mehr lang, vielleicht noch fünfundzwanzig Tage. Sie zählte die Tage. Hoffentlich ist es ein Junge, dachte sie. Saleh hatte gesagt, was auch immer es sein würde, er freue sich auf das Kind. Schokat hatte Kleider für beide genäht, für einen Jungen und für ein Mädchen. Könnten es gleich zwei Kinder sein, überlegte sie. Ihre Mutter hatte gemeint: »Die wenigsten Frauen bringen bei der ersten Geburt Zwillinge zur Welt.« Und Schokat hatte gelacht.

Die Wehen ließen nach. Schokat konnte wieder bequem atmen. Sie wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln, trocknete mit einem Küchentuch die Teegläser und Untersätze ab, stellte sie auf ein Tablett und ging zum Hauseingang. Das Haus war in der Dämmerung eingetaucht. Von fern her, von den Gassen, den Feldern und der Gegend um den Weiher war ein dumpfer Lärm, vermischt mit vertrauten Stimmen, zu hören: das Brüllen von Kühen, Wiehern von Stuten, Trampeln von Mauleseln, die hellen Glocken der Schafe, das Geschnatter von Wildenten und auch das Geschrei eines Mannes.

Die Bauern kehrten von den Feldern ins Dorf Robat zurück.

Schokat vernahm das Knarren der Tür, sie heftete ihren Blick auf den Flur. Es war Saleh. Seine lange, schlanke Gestalt, seine gekrümmten Schultern waren von weitem erkennbar. Der schwarze Esel trottete an der Grube vorbei in den Stall. Saleh rannte ihm hinterher, um ihm den Tragesack vom Rücken zu nehmen.

»Der Bastard«, flüsterte er. »Er tut so, als hätte er Berge versetzt. Er kann nicht mal warten, bis ich ihm den Sack abgenommen habe.«

Schokat stand an der Tür. »Gott gebe dir Kraft«, sagte sie.

Saleh warf den Sack zur Seite: »Gott schütze dich. Was macht dein Bauch?«

»Es geht ihm gut. Gelegentlich kommen die Wehen, dann lassen sie mich wieder in Ruhe.«

Saleh ging auf sie zu: »Sind sie heftig oder noch nicht ernst zu nehmen?«

Schokat wollte ihren Mann nicht beunruhigen und sagte: »Nein, noch ist es nicht ernst«, und lachte.

Saleh kniete sich vor Schokat, horchte an ihrem Bauch, hielt einen Augenblick inne. Ein glückliches Lächeln breitete sich über sein Gesicht. »Das muss ein schlaues Fohlen sein.«

Schokat nahm ihrem Mann die Mütze ab, haute ihm damit eins auf die Locken und sagte: »Ja, ganz wie der Vater. Komm endlich rein!« Sie zog ihn am Ärmel.

»Lass mich zuerst Hände und Gesicht waschen«, sagte er und ging zum Brunnen.

Schokat brachte die Petroleumlampe, stellte sie in den Türrahmen und sagte: »Baba Sobhan ist zum Wasserspeicher gegangen, um Wasser zu holen.«

»Der arme alte Mann! Die Langeweile quält ihn. Wo ist er jetzt hingegangen? Beim Weiher hab ich ihn nicht gesehen.«

»Er hat den Krug geleert und wollte wieder Wasser holen.«

»Wo hast du denn gesteckt? Wieso hast du den alten Mann zum Wasserspeicher geschickt?«

Schokat nahm Saleh die Gießkanne ab, krempelte seine Hemdsärmel hoch und sagte: »Glaubst du etwa, ich hätte ihn fortgeschickt? Er findet einfach keine Ruhe. Ich hatte es ja, trotz allem, selbst geschafft und schon Wasser geholt.«

Saleh wurde sanfter. Er betrachtete das schmutzige Wasser, das von seinen Fingerspitzen tropfte, und fragte: »Wozu brauchte er dann noch mehr Wasser?«

»Das Wasser, das ich gebracht hatte, hat er dem Esel in den Trog gegossen.«

»Das ist doch Schauspielerei. Da geht einer zum Speicher, schleppt den Krug auf der Schulter nach Hause und gießt das Wasser in den Trog eines Esels, der sich täglich dreimal am Weiher vollsäuft. Ich habe den Eindruck, allmählich verlässt ihn der Verstand.«

Er wusch sich prustend mit einer Hand voll Wasser das Gesicht, rieb sich die Augen und sagte: »Lass es nicht mehr zu, dass er Wasser holen geht und den Krug erst noch auf den Schultern trägt. Das schickt sich nicht. Die Leute lachen ihn aus.«

Schokat goss den Rest des Wassers aus der Gießkanne über Salehs Hände und erwiderte: »Du musst es ihm sagen. Auf mich hört er nicht. Er sagt, ich bestehe aus zwei Personen und dürfe keine anstrengenden Arbeiten leisten. Abgesehen davon, er hasst es, untätig zu sein. Von morgens bis abends sitzt er vor dem Hühnerstall in der Sonne und starrt auf seine Zehennägel.«

»Der alte Mann hat Recht. Jemand, der sein ganzes Leben auf dem Feld verbracht hat, kann es wohl kaum ertragen, von morgens bis abends herumzusitzen und nichts anderes zu tun, als die Hühner zu füttern.«

»Auch diese Ziege ist ihm zum Verhängnis geworden. Sie lässt ihm keine Ruhe, damit er wenigstens ihre Wolle spinnt.«

»Es sind jetzt schon zwei Jahre, dass er nicht mehr auf dem Feld arbeitet, nicht wahr?«

»Er hilft ja auch im Haushalt mit, doch das befriedigt ihn nicht. Scheint ihm unter seiner Würde zu sein. Du lässt ja auch nicht zu, dass er aufs Feld kommt und euch eine Kanne Tee kocht.«

»Soll er mit seinem lädierten Rücken den weiten Weg laufen, nur um uns Tee zu kochen? Außerdem würde er mich und den Jungen von der Arbeit abhalten.«

»Gerade die Tatsache, dass er gesundheitlich angeschlagen ist, quält ihn.«

Saleh erhob sich, schüttelte den Kopf, bog seinen Rücken durch und ging ins Zimmer. Während er sein Gesicht mit dem Zipfel des Vorhangs trocknete, sagte er: »Und wozu ist eigentlich deine Mutter gut? Ist sie sich zu schade dafür, der Familie ihrer Tochter einen Krug Wasser zu holen?«

»Lass um Gottes willen meine Mutter aus dem Spiel. Glaubst du, sie hätte nichts Besseres zu tun, als sich um meine Hausarbeit zu kümmern?« Schokat stellte die Petroleumlampe in die Nähe des Samowars.

Saleh hatte sich halb kniend hingehockt, stützte eine Hand auf den Boden und streckte ihr die andere entgegen: »Komm, schenk mir Tee ein. Sie macht fremden Leuten die Wäsche. Aber wenn sie zu uns kommt, spielt sie die große Dame.«

»Ich habe schwarzen Kümmel gebrüht. Möchtest du eine Tasse trinken?«

Saleh strich sich seine Haare, die ihm die Augen verdeckten, aus dem Gesicht, nahm die Teetasse und sagte scherzend: »Mir fehlt doch nichts, wozu soll ich schwarzen Kümmel nehmen?«

Schokat sagte beschämt: »Das nehmen doch alle … Wo bleibt eigentlich Mossajeb?«

»Die Jungs spielten am Weiher Räuber und Gendarm, er ist auch dort geblieben.«

»Der wird sich wieder zanken und mit blutendem Kopf nach Hause kommen.«

Saleh stellte das leere Teeglas unter den Hahn des Samowars. »Er ist so schwermütig und schuftet wie ein Esel von früh bis spät. Ich kann ihn nicht auch noch abends zu Hause einsperren.«

Schokat lächelte verführerisch.

»Ich möchte dir etwas sagen.«

»Hoffentlich etwas Gutes.«

»Ich meine es ernst.«

»Dann sag es schon.«

Sie hielt einen Augenblick inne. Dann sagte sie: »Der Teufel soll es nicht hören. Wenn dein Kind gesund und glücklich geboren wird, sollten wir nach Maschad fahren, alle gemeinsam, mit Baba Sobhan und Mossajeb.«

Saleh lachte: »Ich dachte, weiß Gott, was jetzt kommt. Selbst wenn der Teufel es nicht hören würde, wir könnten nicht fahren, liebe Kusine.«

»Fürchtest du, die Reise würde zu teuer werden?«

»Nein, es geht nicht um die Kosten. Wenn das Kind kommt, werden wir voll und ganz mit dem Anbau des Getreides beschäftigt sein.«

»Seit zwei Jahren verschiebst du es immer wieder. Das war doch dein eigenes Gelübde.«

»Ich kann aber nicht wegen eines Gelübdes die Arbeit einfach liegen lassen. Irgendwann werden wir schon hinfahren. Der Heilige Imam läuft uns nicht davon.«

»Wann kommen wir überhaupt einmal von diesem Stall weg? Mal ist die Zeit der Aussaat, mal die der Ernte. Dann müssen Melonen angebaut werden, und danach kommen tausend andere Dinge.«

»Wenn Gott will, werden wir nächstes Jahr um diese Zeit fahren. Dann wird das Kind ein wenig kräftiger sein, du wirst dich wohler fühlen und auch flinker geworden sein, und ich werde bis dahin ein paar Münzen auf die Seite gelegt haben. Dann können wir für zehn Tage das Vergnügen einer Pilgerfahrt wagen. Vielleicht werden wir auch Baba Sobhan und Mossajeb mitnehmen.«

Schritte waren zu hören. Saleh schaute nach. Es war Baba Sobhan. Den Krug fest mit den Armen umklammernd, ging er vorsichtig an der Grube vorbei, lehnte den Krug an die Wand und kam zur Tür. Er fasste mit einer Hand den Türrahmen und streckte den Kopf ins Zimmer.

»Bist du endlich da?«

»Sei gegrüßt«, sagte Saleh.

»Warum so spät?«

»Nun, wir sind etwas später als sonst losgegangen. Unterwegs hat uns Mossajeb noch eine Weile aufgehalten.«

»Wo ist Mossajeb?«

»Am Weiher. Du bist doch dort vorbeigegangen. Hast du ihn nicht gesehen?«

»Da sind doch nicht nur zwei, drei Leute, mindestens fünfzig treiben sich da wie Lämmer und Ziegen herum. Wer weiß, was sie alle dort zu suchen haben. Wie soll ich Mossajeb unter so vielen Menschen erkennen, mit meinen Augen, die für jeden Schritt extra belohnt werden wollen?«

»Sie spielen Räuber und Gendarm.«

»Das Geschrei und Getöse ließ eher vermuten, dass sie gerade dabei waren, einen auszupeitschen. Und dies am späten Abend!«

Baba Sobhan setzte sich auf die Stufe neben der Tür, holte aus der Jacke seinen Tabaksbeutel heraus und fuhr fort: »Es fällt denen nicht ein, dass bei dieser Dunkelheit die Peitsche jemanden am Auge treffen und ihn erblinden lassen könnte.«

Er zündete die Pfeife an und flüsterte vor sich hin: »Solange man jung und unerfahren ist, ist man nicht viel klüger als ein Esel.«

»Weshalb sitzt du da draußen, komm herein.«

»Ich werde schon kommen. Lass mich erst einmal richtig Atem holen.«

Schokat nahm ein Glas Tee und ein paar Zuckerstücke und stellte sie neben Baba Sobhan.

»Jetzt will ich keinen Tee«, sagte Baba Sobhan. »Bring ihn zurück. Ich muss zuerst meine Pfoten waschen.«

»Vater, du verhältst dich so komisch wie der berühmte Mollah Nasreddin«, sagte Saleh. »Du gehst zum Wasserspeicher, wäschst dich aber nicht dort, das Trinkwasser gießt du in den Trog des Esels, du trägst mit deinen fünfzig Jahren einen Wasserkrug auf den Schultern, und dies auch noch vor aller Augen und zu abendlicher Stunde, wo du kaum zwei Schritte weit sehen kannst. Ich begreife das nicht.«

Baba Sobhan blies eine Rauchwolke aus. »Dass man dem Esel kein Trinkwasser gibt, weiß ich selbst. Ich habe es mit Absicht getan, damit dieses Mädchen nicht mehr zum Speicher geht. Sie darf keine Last tragen, die schwerer ist als eine Schüssel. Du weißt, sie bewahrt ein Pfand, das sie heil zum Ziel bringen muss. Was könnte mir schon zustoßen? Was geht mir denn ab, wenn ich Wasser hole, für mich und meine Kinder? Würde ich Wasser an Fremde verkaufen, müsste ich mich schämen. Aber das ist doch keine Schande. Eine Schande wäre es, wenn du kein Brot zum Beißen hättest. Verstehst du das?«

»Aber es ziemt sich doch nicht, wenn ein Mann in deinem Alter mit einem Krug auf der Schulter neben hundert Frauen zum Speicher geht. Das ist Frauenarbeit. Wenn du nicht willst, dass Schokat Wasser holt, werde ich Mossajeb bitten. Er ist noch jung, da fällt es nicht so auf.«

Baba Sobhan erhob sich, klopfte die Asche aus seiner Pfeife und ging zum Brunnen. Er warf den Kübel hinein und flüsterte vor sich hin: »Wenn ich nur wüsste, von wem ihr diesen Stolz geerbt habt.«

Er hörte Salehs Stimme, der zu Schokat sagte: »Macht es dir was aus, wenn du etwas Schweres trägst?«

Schokat senkte den Kopf.

Baba Sobhan rief laut vom Brunnen her: »Sicher macht es ihr was aus. Muss sie eine Fehlgeburt haben, damit du das endlich kapierst?«

Schokat fasste Saleh am Knie. Er gab nach und lachte.

»Was gibt es zum Abendessen?«

»Fleischeintopf.«

Baba Sobhan betrat das Zimmer, trocknete Hände und Gesicht mit einem Zipfel seiner Jacke und setzte sich neben den Samowar.

Schokat schenkte ihm Tee ein, und Saleh warf ihm ein Kissen zu. Baba Sobhan platzierte es unter seinem Arm und sagte: »Nun erzähl. Wie läuft die Arbeit? Kommt sie voran?«

Saleh trank sein siebtes Glas Tee aus und antwortete: »Wenn wir zu zweit arbeiten, wird es bis zum Monatsende dauern. Wenn wir aber Hilfsarbeiter einsetzen, schaffen wir es in zwei Tagen.«

»Wozu braucht ihr Hilfsarbeiter? Einem Kalb, das hundert Dinar Wert ist, bindet man doch kein Band um den Hals, das siebenhundert Dinar kostet! Mit Gottes Hilfe schafft ihr es zu zweit in vier Tagen.«

»Das denke ich auch. Mossajeb – Gott schütze ihn – arbeitet so gut wie zwei Männer zusammen. Aber so wie der Wind weht und die Zweige sich bewegen, scheint es, dass dies das letzte Jahr ist, in dem wir diesen Boden bebauen können.«

Baba Sobhan blickte Saleh verwundert an: »Was soll das heißen?«

Saleh lachte: »Nichts, es sieht danach aus, dass man uns dieses Stück Land nicht gönnt und es uns wegnehmen will.«

»Wer, wer möchte euch den Boden wegnehmen?«

»Die Besitzerin.«

»Das Weibsstück?«

»Wer sonst? Gibt es einen anderen Besitzer?«

Baba Sobhan trank schlürfend den letzten Rest Tee aus der Untertasse, stellte das Teeglas vor seine Füße und sagte: »Nein, sie ist die einzige Besitzerin … Aber ich dachte, vielleicht … Bisher hatte es doch keine Probleme gegeben?«

»Doch. Seit einiger Zeit, das heißt seit einigen Monaten, schleicht der Sohn der Bettlerin Sedigheh um Adeleh herum. Und wie man hört, ist Adeleh nicht abgeneigt, ihn zu ihrem Pächter zu machen.«

»Meinst du den Gholam Fasanghari?«

»Ja, den meine ich.«

»Gibt es in dieser Gegend keinen Besseren als den Sohn der Bettlerin Sedigheh? Dieser Maulesel von einem Kerl hat doch keine Ahnung von Landarbeit. Sonst sähe sein Leben anders aus.«

»Das ist ihr gleichgültig. Hauptsache, sie bekommt ihre Pacht.«

Baba Sobhan steckte seine Pfeife in den Beutel, um nachzustopfen, und brummte: »Schon wieder verwandelt sich dieses Stück Brot, das wir uns in den Mund stecken wollen, in einen giftigen Brocken.«

»Er wird es schon merken. Dieses Mal weht ein anderer Wind. Was auch auf uns zukommt, ich werde ihm trotzen. Ich weiß, was er im Schilde führt. Er ist weder ein Mann des Feldes noch der Arbeit. Auch als Pächter ist er untauglich. Er will es nur auf mich anlegen und sich groß aufspielen.«

Baba Sobhan, der Salehs Worte nicht mitbekommen hatte, sagte: »Wie soll das denn überhaupt vor sich gehen? Ein Sechstel des Bodens gehört dir, das heißt deiner Frau. Wie kann das Weibsstück einen Gemeinschaftsbesitz nach eigenem Gutdünken einem anderen überlassen?«

Saleh nahm ein paar Züge aus Vaters Pfeife und sagte: »Genau, das denke ich auch.«

»Nein, das geht auf keinen Fall. Sie kann nicht über den ganzen Grundbesitz verfügen. Sie wird sich nicht durchsetzen können, oder?«

»Was soll ich dazu sagen? Ich kann nicht für sie sprechen. Wenn sie die Absicht hat, uns kleinzukriegen, wird sie sich etwas einfallen lassen.«

Baba Sobhan schaute Saleh misstrauisch an: »Hast du dich mit ihr gezankt?«

»Nein, warum sollte ich mit ihr zanken?«