Die Angst-Erbin - Carola Käpernick - E-Book

Die Angst-Erbin E-Book

Carola Käpernick

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Beschreibung

Abrupt bleibt Gina stehen. Hinter ihr knallen Absätze auf dem Asphalt. Schnell kommt Jemand näher. Gina hört ein Keuchen. "Weg hier!", denkt sie sich. Eilig stöckelt sie in ihren Pumps weiter. Ihr enger Rock grenzt die Schrittweite sehr ein. "Tack, Tack, Tacktack." Das Klappern hinter ihr wird schneller. Tippelnd nähert Gina sich der Haltestelle. In grinsendem Licht sagt ihr die Uhr an der Ecke, dass es noch zwölf Minuten dauert, bis der Nachtzug kommt. Gina ist die Erbin der Angst ihrer Mutter. Immer mahnte diese, dass etwas Schlimmes passieren könne, wenn Gina unterwegs wäre. Die Mutter lebt nicht mehr. Was geblieben ist, ist eine panische Angst. Ein Verfolgungswahn, der Gina nicht nur komplett vereinsamen, sondern sie auch zur tödlichen Gefahr werden lässt. Bei einem Spaziergang möchte ihr Verehrer Magnus, ihr den Mond zeigen und ein Gedicht vorlesen. Gina von der abrupten Bewegung in Panik versetzt, schubst ihn vor einen Bus. Mit Mitte zwanzig hat sie unzählige Therapien hinter sich und keine nennenswerten Erfolge erzielt. Magnus erscheint ihr im Traum und malt die Bilder von zwei Leben. Für welches entscheidet sie sich? Ein Entwicklungsroman in Form eines Therapietagebuchs.

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Die Angst-Erbin

Carola Käpernick

Impressum

Texte: Carola Käpernick

Umschlaggestaltung: Carola Käpernick

Bildquellen Pixabay

Verlag: Selbstverlag über Epubli

Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Abrupt bleibt Gina stehen. Hinter ihr knallen Absätze auf dem Asphalt. Schnell kommt Jemand näher. Gina hört ein Keuchen. „Weg hier!“, denkt sie sich. Eilig stöckelt sie in ihren Pumps weiter. Ihr enger Rock grenzt die Schrittweite sehr ein. „Tack, Tack, Tacktack.“ Das Klappern hinter ihr wird schneller. Tippelnd nähert Gina sich der Haltestelle. In grinsendem Licht sagt ihr die Uhr an der Ecke, dass es noch zwölf Minuten dauert, bis der Nachtzug kommt.

„Er wird es nicht wagen. Der Bahnsteig ist hell erleuchtet. Aber was nutzt das, wenn niemand in der Nähe ist.“ Gedanken peitschen in ihrem Kopf hin und her. Zögernd verlangsamt Gina ihren Schritt. Die kalte Luft sticht in die Lunge. Laut und hart klopft das Herz an die Rippen. Unter dem Rauschen des Blutes in ihren Ohren hört Gina das „Tack, Tack“ kaum noch. Taumelnd hält sie sich an der Laterne fest. Weiter kann sie nicht. Auch wenn die Angst sie weiter treiben will. Gott sei Dank muss sie nicht durch den Tunnel, aufs andere Gleis.

Langsam dreht Gina sich um. Blickt zurück in die Richtung, aus der sie kam. Niemand ist zu sehen. Dicke Bäume säumen den Weg entlang der Parkbuchten. Wie große Napfkuchen wirken die abgestellten Autos im Dunkel der Nacht. „Bewegt sich da etwas?“ Angestrengt starrt Gina Löcher in die schwarze Luft. „Nein!“, beruhigt sie sich selbst. Doch. Da wieder. Ein Lichtschein. Ein Flackern. Nur kurz. „Ist da wer?“, ruft Gina mit zitternder Stimme. Keine Antwort. Die Uhr verspricht noch immer vier ungnädig lange Minuten in Angst und Kälte. Verdammt. Mühsam versucht Gina ihre Jacke fester um ihre Schultern zu ziehen. Ein eisiger Wind weht ihr durch die dünne Bluse. Hinter ihrer Stirn fühlt es sich an wie ein Augenkrampf. Je angestrengter sie ins Dunkel starrt, desto unsicherer ist sie, was sie dort sieht. Zäh schleppt sich der Sekundenzeiger der Uhr, Runde um Runde um den Zahlenkranz. Tick Tack. Fast klingt es wie vorhin die Schritte auf dem Asphalt. Das Surren in den Oberleitungen kündigt den Zug an. Gina atmet auf. Verwirrt greift sie sich an den Kopf. Sie schüttelt sich und fragt sich: „Wollte ich tatsächlich vor den Zug springen? Dabei renne ich um mein Leben, wenn ich denke, ich werde verfolgt.“

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„Gina. Nennt mich einfach Gina!“ flüstert sie, als sie bei der Vorstellungsrunde dran ist. Mit so einem Spießrutenlauf hat sie eigentlich nicht gerechnet, als sie in der Klinik angereist ist, in der sie ihre psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme antreten wollte. Jetzt sitzen sie alle wie im Kindergarten auf ihren Stühlen und begrüßen sich selbst und das Leben. Einige haben ihre ganze Leidensgeschichte abgespult. Gina hatte darauf keine Lust. Alle starren sie an, als warteten sie noch auf etwas. Da konnten sie lange warten. Gina war es gewohnt, unangenehme Dinge einfach auszusitzen. Sie starrte einfach zurück, bis einer nach dem anderen den Blick senkte und der Gruppenleiter endlich einsah, dass Gina hier keinen Seelenstriptease machen würde. „Interessanter Fall!“, dachte sich Gunnar Graugich, der zuständige Psychologe. Er wandte sich dem nächsten Kurgast zu – einem schmächtigen blonden jungen Mann, dessen Arme schon deutlich zeigten, weshalb er hier war.

Gina schaltete wieder ab. Ihr war es egal wer die anderen waren und warum sie hier sein mussten. Es ging ihr nur um sich selbst. Sie wollte diesen Verfolgungswahn endlich loswerden und hoffentlich bald einmal wieder ganz normal durch eine einsame Straße laufen können, ohne rennen zu müssen und Panik zu schieben. Die Vorstellung, zu schlendern und sich umzuschauen, war schön. Doch eine Hoffnung, dass dies wahr werden könnte, hatte Gina kaum noch.

Seit nunmehr 12 Jahren hatte Gina das Gefühl, verfolgt zu werden. Ihr Seelendoktor hat sie das komplette Sortiment an Pillen durchprobieren lassen. Es half einfach nichts. Angefangen hatte es, als sie 13 war. Vermutlich hat ihre Mutter einiges dazu getan, mit ihrer immerwährenden Angst, dass etwas passieren könnte und ihrem Gehabe, als wenn das heimische 200 Seelendorf der Vorhof zur Hölle und Ziel sämtlicher Mörder und Vergewaltiger war. Gina weiß noch, wie sie einmal aus Versehen sogar ihrem Vater Pfefferspray in die Augen gesprüht hat, vor lauter Panik, dass sich tatsächlich ein Verbrecher in dem Wald versteckt hat und sie kidnappen wollte.

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Eisig kalter Wind peitschte damals durch die stürmische Winternacht. Gina stapfte eilig durch den tiefen Schnee. Nur noch wenige Meter und sie hatte die Straße erreicht. Dort war geräumt. Es war zwar glatt, aber nicht mehr so anstrengend, wie durch den Schnee zu laufen. Im Kino war es so schön warm. Trotzdem. Gina hätte auf ihre Mutter hören sollen. Ein junges Mädel, nachts allein auf der Straße. Von der Anstrengung des Laufens, hörte Gina ihren eigenen Herzschlag, der klingt, als wenn Jemand mit festen Schritten hinter ihr läuft. Je schneller sie wird, desto schneller die Schritte.

Gina lebte in einem kleinen Dorf. Hier gab es einen kleinen Laden, in dem es drei Mal die Woche frisches Brot und Milch gab. Einmal im Monat kam ein Lastwagen und brachte Dinge wie Klopapier, Kaffee und Rasierklingen. Der letzte Bus des Tages kam um vier Uhr nachmittags ins Dorf und brachte die Schüler, die Nachmittagsschule hatten, zurück ins Dorf. Ins Kino muss Gina drei Kilometer zu Fuß laufen oder mit dem Rad fahren. Bei diesem Schneegestöber hatte sie das Rad aber lieber stehen lassen. Der Film war gruselig und die dreizehnjährige Gina hätte ihn noch gar nicht anschauen dürfen. Aber in dem kleinen Provinzkino guckte da niemand nach. Später auf dem Heimweg gingen Gina die Gruselszenen noch mal durch den Kopf und ihre Angst wurde immer größer. Wenn doch bloß ihr Herz nicht so gerast wäre und ihr das Geräusch von Schritten vorgegaukelt hätte. Die frostige Luft tat ihr in den Lungen weh und sie fing an zu weinen.

Gina war unendlich erleichtert, als die Straße zu sehen war. Mit einem großen Satz sprang sie auf die spiegelglatte Fahrbahn und schlitterte einige Meter weit. Es gelang ihr gerade noch, sich abzufangen. Fast wäre sie gestürzt und der Verfolger hätte aufholen und sie erreichen können.

Die Hälfte des Weges war geschafft. Nun musste sie immer nur dem Glanz der Fahrbahn nach, der ihr im Schein des Vollmondes silbern die Richtung anzeigte. Noch immer pochte Ginas Herz, aber auf dieser Straße ist ihr etwas wohler. Und wenn sie erst durch den Horst war, konnte sie die Lichter ihres Elternhauses fast sehen. Vor dem Horst, der sich rechts und links ein gutes Stück an der Straße entlang zog, gruselte es Gina sehr. Vor allem seit Ralph, ihr Bruder, sie einmal nachts als Gespenst verkleidet dermaßen erschreckt hat, dass sie sogar heute noch eine Gänsehaut bekommt, wenn sie nur daran denkt.

Nur noch ein kurzes Stück, endlich begann der dunkle kleine Wald. Und dann sah Gina es. Leuchtete dort nicht ein kleines Licht? Wie eine Zigarette? Na, wenn das wieder Ralph war. Dem würde sie es schon zeigen, dachte sie damals. Aber sie konnte ja nicht sicher sein, dass es nur wieder ihr Bruder war. Angestrengt blickte sie in die Richtung, wo sie vorhin das kurze Glimmen wahrgenommen hat. Nichts war mehr zu sehen. Während des Laufens suchte sie in ihrer Umhängetasche nach der Taschenlampe und dem Pfefferspray. Gina zwang sich, nicht zu rennen und hielt vor allem das Spray bereit. Sie glaubte Zigarettenrauch zu riechen. In ihren Ohren dröhnte und rauschte es nur noch. Verzweifelt versuchte sie, ihren Herzschlag von nahenden Schritten zu unterscheiden. Ein knackender Ast rechts neben ihr, half Gina, die Richtung auszumachen, wo Jemand war. Sie drehte sich zur Seite und sah nur eine dunkle Gestalt näher kommen. Die Angst machte Gina fast wahnsinnig. Sie rannte dem Fremden entgegen. Schnell sprühte sie der Gestalt das Pfefferspray dorthin, wo sie das Gesicht vermutete und haute zur Sicherheit noch einmal ordentlich mit der Taschenlampe nach. Dann lief Gina so schnell sie es bei dieser Glätte vermochte ins Dorf. Keuchend erreichte sie ihr Elternhaus.

Erwartungsvoll schaute ihre Mutter ihr entgegen. „Hast Du Deinen Vater nicht getroffen? Er wollte Dich abholen.“ Dieser Satz hallt heute noch in ihrem Kopf. Und Gina brach weinend zusammen.

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Ja – das war wohl der Beginn ihres Verfolgungswahns. Und unter dem litt sie nun, zwölf Jahre später immer noch. Andere junge Frauen in ihrem Alter gingen aus, hatten Freunde und freuten sich auf romantische Spaziergänge in der Abenddämmerung. Gina hatte sich nicht mehr verabredet, seit sie einen Verehrer vor ein Auto geschubst hatte, weil sie dachte, er wollte sie schlagen. Dabei hatte er nur den Arm gehoben und auf den bezaubernden Vollmond geschaut. In der Hand hielt er einen Zettel mit einem Gedicht. Das hat die Spurensicherung ihr mitgeteilt und ihr das Gedicht sogar noch in Kopie ausgehändigt.

Allein mit mir und doch nicht einsam

Im Elften Stock im Hochhaus schaue ich über die Stadt.

Der Tag hat die Hitze in den Abend gerettet und gibt sie nur langsam her.

Allein in meinem Zimmer

lasse ich meinen schweißnassen Körper

vom kühlen Abendwind streicheln.

Das Grollen der Straßenbahnen

und das Lachen von Passanten

wehen zu mir hinauf.

Rote Lichter blinzeln mir vom Schlossberg zu.

Der halbe Mondträgt seinen Bauch heut rechts.

Das Gedicht konnte sie seit damals auswendig. Und Gina fragte sich oft, ob Magnus, so hieß ihr Date, ahnte, dass er den Abend nicht überleben würde und schon vorher in diesem Gedicht, Ginas Leben beschrieb. Einsam starrte sie seitdem den Mond an, mit der Sehnsucht im Herzen, raus zu gehen und die Nacht zu genießen. Die Angst aber, dies wirklich zu tun, war weit größer als die Sehnsucht. Bis auf wenige Ausnahmen. Wenn sie abends arbeiten musste zum Beispiel. Dann passierten ihr solche Sachen, wie auf dem Bahnhof.

Eigentlich fragte sie sich oft, ob es nicht besser wäre, sich vor den Zug zu werfen, als in ihn einzusteigen. Diese Panikattacken und der Wahn, hinter jedem Schatten einen Verfolger zu sehen, nahmen ihr den Rest Lebensqualität. Aber zu groß war die Erleichterung, wenn sie es wieder einmal in den hell erleuchteten Bereich eines Bahnhofs geschafft hatte und ihrem vermeintlichen Verfolger entwischt war. Ja – sie hing am Leben. Trotz allem. Drum hatte sie sich ja auch um diese Therapie bemüht, obwohl sie es hasste zu reden. Über sich und über ihren Feind im Kopf. Und auch obwohl ihr die vorangegangenen vielen Therapien nicht viel gebracht hatten.

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„Gina?“, fragend wendet sich Gunnar an sie und hofft, die junge Frau nicht in Panik zu versetzen. Als keine Reaktion kommt, tippt er sie kurz an. Gina erschrickt, als sie aus ihrer Gedankenwelt herausgerissen wird. Doch das altbekannte Gefühl der Panik bleibt Gott sei Dank aus. Es wäre ihr schon peinlich, in der ersten Zusammenkunft, den Therapeuten zusammenzuschlagen. Noch dazu vor der Gruppe.

„Wir sind fertig. Du kannst in den Speisesaal gehen Gina!“ Gunnar nickt ihr freundlich zu und denkt bei sich, dass Gina ihn immer neugieriger auf ihre Probleme werden lässt. Da er die Sitzungstermine selbst festlegt, nimmt er sich vor, Gina so früh wie möglich dran zu nehmen. Dafür muss er schauen, welche Zeiten durch abreisende Kurgäste frei geworden sind, die er mit den Neuankömmlingen besetzen kann.

Der Speisesaal ist keine nennenswerte Überraschung für Gina. Es ist ja nicht ihr erster Therapieversuch und Speisesäle in Kurkliniken sind halt irgendwie alle gleich. Die Tische sollen noch einen Hauch von Restaurantcharakter verströmen, aber ein festgelegter Sitzplan und das Salatbüffet geben dem Erfolg dieser Idee keinen Raum. Von der Kompostbar, wie Gina diese Büffets nennt, weht meist (hier auf wundersame Weise nicht), ein Geruch von Silage herüber. Die Salate sind weder kreativ, noch sonderlich frisch. Das Dressing bringt den Rettich und die Karotten zum Gären. Doch hier riecht es lecker und nicht wie in einer Biotonne. Es ist nicht so, dass Gina sich einer gesunden Ernährung verweigert. Aber als Dorfkind, das auf dem Bauernhof groß geworden ist, verbindet sie diesen Geruch nun einmal mit Kuhfutter.

Angesichts des Begrüßungsessens - Königsberger Klopse, geht Gina allerdings doch an die Kompostbar und schaut, ob es Rote Bete gibt. Damit kann man nichts falsch machen, denn im Allgemeinen werden die nur aus dem Glas in eine Schüssel gekippt und auch wenn sie sonst viel selbst zubereitet, bei Roten Beten macht sie eine Ausnahme, weil sie die nie so hin bekommt, dass ihr die schmecken und sie mit den gekauften ganz zufrieden ist. Und zu Königsbergern gehören für Gina Rote Bete einfach dazu. Sie hat Glück, es gibt welche und auch das Hauptgericht ist für ein Klinikessen gar nicht so schlecht.

Gina konzentriert sich aufs Essen, wenn sie jetzt wieder in Gedanken versinkt, bleibt sie vermutlich bis zum Abendessen hier sitzen. Das will sie auf gar keinen Fall. Zumal der Rest des Tages zur freien Verfügung steht, damit alle neuen Kurgäste erst einmal ankommen können. Dieses Ankommen, möchte Gina auf dem Zimmer vollziehen. Nämlich indem sie sich vor den anderen abschottet und versucht, zur Ruhe zu kommen. Auspacken muss sie schließlich auch noch. Und duschen. Ihre Anreise war doch anstrengend und sie hat das Gefühl, die Reise hat sie porentief schmutzig gemacht.

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Himmel, wo kamen bloß all die Menschen her? Ein dichtes Gedränge auf dem Bahnsteig, in der Bahnhofshalle, auf dem Bahnhofsvorplatz. Und Gina mittendrin. Mit ihrem giftgrünen Samsonite. Bahnpolizisten guckten sie komisch an. Als wenn es verboten wäre, einen kreischend grünen Koffer zu haben. Dabei ist es sehr praktisch auffallendes Gepäck mit sich zu führen. Es leuchtet einem entgegen, auf Gepäckbändern, Ablagen und auf dem Bahnsteig. Komischerweise haben die meisten Reisenden dunkelblaue oder schwarze Taschen und Koffer. Kein Wunder, dass sie an Flughäfen falsche Koffer bekommen oder sie im Zug vertauschen. Sehen ja alle gleich aus. Mit ihrem Gepäck kann ihr das nicht passieren. Aber es hat auch noch einen anderen Grund, dass sie sich für dieses auffällige Modell entschieden hat. Sie war sich sicher, dass sich Jemand an sie erinnern könnte, wenn ihre Ängste eines Tages wahr werden und man in der Sendung „Aktenzeichen XY“ fragen würde, ob Jemandem am Tag X, eine junge Frau mit einem giftgrünen Koffer auf dem Bahnhof aufgefallen ist. Aufzufallen gab ihr scheinbar Sicherheit. Auch wenn sich die in ihren Gedanken schon auf das Klären ihres Verschwindens bezog.

Tief atmete Gina die Bahnhofsluft ein. Es roch nach Ferne, Öl und Urin. Eine Regionalbahn summte leise vor sich hin, während Reisende ein- und ausstiegen. Ihr ICE wurde angesagt. Nein – doch nicht. Er hatte Verspätung. Auch gut. Dann konnte sie noch schnell in den Buchladen gehen und sich mit Reiselektüre eindecken.

Dreißig Minuten später kam dann endlich ihr Zug. Während sich neue schwarze Koffer auf den Bahnsteig drängten, versuchten sich die ersten Ungeduldigen an den Aussteigenden vorbei zu quetschen. Gina sah keinen Anlass zum Drängeln. Sitzplatzreservierung. Wie immer hatte sie einen Platz mit Tisch und am Fenster. Neben ihr saß noch niemand. Ihr Laptop legte sie auf den Tisch und lehnte sich zurück. Dann ließ sie ihren Gedanken freien Lauf.

Gina liebte es, im monotonen Sound der Räder auf den Gleisen, vor sich hin zu grübeln und ihre Gedanken auf dem Laptop festzuhalten. Schreiben fiel ihr wesentlich leichter als sprechen. Wenn es doch statt dieser bekloppten Gesprächstherapie eine Briefwechseltherapie gäbe. Das würde ihr helfen und damit könnte sie ihr Problem vielleicht sogar wirklich in den Griff kriegen. Aber immer wollten alle nur sprechen. Und am Ende, wollte es doch eigentlich niemand wirklich hören, wie es war, unter Verfolgungswahn zu leiden und sich vor dem Schatten einer Sonnenblume, die sich im Wind bewegt, zu verstecken.

Fast wäre Gina so völlig in Gedanken versunken, zu weit gefahren. Das passierte ihr auch dauernd. Was aber nicht so schlimm war. Züge gaben ihr Sicherheit und so hatte sie sich schon vor längerer Zeit eine Bahncard 100 gekauft. Wenn sie sich vorstellte, ein normales Leben führen zu können, dann beinhaltete das auch, dass sie als Schriftstellerin mit dem Zug quer durch Deutschland fuhr und ihre Bücher in Zügen schrieb. Verspätungen ärgerten Gina nur, wenn sie noch nicht im Zug saß. Durchsagen wie: „Aufgrund von Streckensperrungen hat der Zug auf unbestimmte Zeit Verspätung“, waren für Gina wie ein Geschenk. Vermutlich ist sie die einzige Reisende, die ihre Bahncard weniger schätzen würde, wenn die Züge pünktlich führen.

Die Tortur vom Bahnhof der Kurstadt bis in die Klinik zu kommen, war auch noch einmal eine Herausforderung. Aufgrund verschiedener Sehenswürdigkeiten, fuhr eine kleine Bimmelbahn durch den Ort und Kurgäste durften diese kostenfrei nutzen. Allerdings fuhr dieser Zug, der eher zur Attraktion für Kinder taugte, nicht schneller als Schrittgeschwindigkeit. Und es war sehr heiß heute. Verdammt heiß. Wenn nicht sogar der heißeste Tag des Jahres. Keiner bewegte sich, wenn er nicht musste. Gina musste. Leider.

Schweißgebadet schleppte sie sich morgens schon zum Bahnhof. Und jetzt vom Zug zu dem Bimmelbähnchen. Das eisgekühlte Mineralwasser hätte sie sich schon vor der Abfahrt am liebsten unter die Achseln geklemmt. Ihre Bluse klebte unter ihrem Rucksack an ihrem Rücken und die leichte weiße Sommerhose baumelte knittrig feucht an ihr herab. Die Sohlen ihrer Flipflops gaben ein nasses Quietschen von sich. Mit letzter Kraft schleppte Gina sich die Stufen zur Haltestelle hoch. Trotz des Daches ist nirgends Schatten. Noch acht Minuten bis zur Abfahrt. Acht Minuten in der Sonne.

Den schweren Rucksack stellte sie auf eine Bank, den giftgrünen Koffer davor, die nasse Bluse zog sie sich alle paar Minuten von ihrem Rücken ab, so wie sie die Haut eines geräucherten Heilbutts abzog. Ein wenig roch sie auch wie ein Fisch. Jedenfalls kam es Gina so vor. Ihr kaltes Wasser schüttete sie in sich hinein, obwohl sie es sich eigentlich lieber über ihren Kopf gießen wollte. Aus den Augenwinkeln nahm sie ein Pärchen wahr, das sich mit dampfendem Kaffee aus Einwegbechern zuprostete. Abgesehen von dem Umweltproblem, konnte Gina nicht verstehen, wie man bei dieser Hitze auch noch Heißgetränke zu sich nehmen konnte. Ganz unabhängig davon, ob es Kaffee oder Tee war. Aber Kaffee noch weniger, denn Gina verabscheute Kaffee.

Auch das war wohl ein Erbe ihrer Kindheit. Die Mutter trank zeitweise mehrere Kannen Kaffee am Tag. Und wenn sie da unterdosiert war, litt schon mal die Laune. Mit Kaffee verband Gina eine erhöhte Reizbarkeit und Mundgeruch. Beides Dinge, auf die Gina gern verzichtete, zumal ihr der Verfolgungswahn bereits genug Probleme machte.

Ein junger Mann, der neben ihrem Rucksack auf der Bank saß, schaute sie an. Er war genau so eifrig am Schwitzen wie sie. In der Hand hielt er eine Flasche Wasser. Die schwitzte auch. Er lächelte Gina an, zwinkerte ihr zu. Doch die schaute hektisch weg. Hin zu zwei Teenagern, die ebenfalls auf einer Bank saßen. Synchron schraubten sie ihre Wasserflaschen auf, schüttelten sie kräftig und spritzen sich gegenseitig nass. Lachend genossen sie die Abkühlung. Und Gina kämpfte mit den Tränen, weil sie selbst so eine Unbekümmertheit nicht kannte.

Der Miniaturzug auf Gummirädern fuhr dann zum Glück irgendwann ein. Er quälte sich den Berg zur Klinik hinauf. Die prangte von weitem, wie ein grauer Klotz in die Landschaft und hatte etwas Kasernenhaftes an sich. Wie sich herausstellen sollte, lag Gina mit der Einschätzung gar nicht so falsch. Die Therapieeinrichtung war in ehemaligen Kasernen der Bundeswehr untergebracht. Die Gardinen hatten so starke Grautöne, dass sie in der Fassade untergingen. Tarnvorhänge, schoss es Gina in den Kopf. Wie passend zu einer ehemaligen Soldatenbehausung.

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Ein lautes Klopfen holt Gina aus ihrer gedanklichen Reiserückschau heraus. Herrje, es war schon 19 Uhr. Vor der Tür stand eine ältere Dame mit einem Tablett. „Ihr Abendessen! Normalerweise bringen wir nichts aufs Zimmer, aber weil sie heute angereist sind.“ Freundlich klingt anders, denkt Gina, sagt aber: „Vielen Dank und Entschuldigung. Ich hab die Zeit vergessen.“ Sie nimmt das Tablett und wartet, bis ihre Besucherin die Tür von außen geschlossen hat, ehe sie sich umdrehen kann und das Tablett zum Tisch trägt. Dabei denkt sie: „Menschen den Rücken zukehren können!“ Das muss sie unbedingt auf eine Karteikarte notieren. Ihre Therapeutin zu Hause hat ihr gesagt, sie soll sich aufschreiben, was sie gerne lernen möchte und was ihr in einem Leben ohne Verfolgungswahn wichtig wäre.

Ehe sie jetzt wieder abtaucht in die Stille ihrer Gedanken, geht sie ins Bad und duscht sich. Dabei lässt sie das Wasser bewusst etwas kühler, auch damit sie nicht beim Duschen wieder die Zeit vergisst und abtaucht in das Wirrwarr ihrer Grübeleien.

Als sie frisch geduscht wieder in ihr Zimmer tritt, bereitet sie sich das Abendessen zu. Für den Abend war ein Kegelwettbewerb im Freizeitbereich angeboten. Aber wenn es etwas gab, worauf Gina keinerlei Lust verspürte, dann war es Kegeln. Sie wollte lieber ihren Laptop auspacken und etwas schreiben. Hier waren ihre geistigen Ergüsse dann wenigstens auch produktiver Natur.

Schreibend konnte Gina sich gut ausdrücken und so manches Mal hatte sie sich auch schon ihre Angst von der Seele geschrieben. Oder sogar einen Brief an die Angst oder die Trauer verfasst. Das war ein Rat ihrer Therapeutin, die mal eine Fortbildung zum Thema „Therapeutisches Schreiben“ gemacht hatte. Einmal hat sie in einem Brief an ihren Verfolger, Dutzende an Schimpfwörtern aneinander gereiht und ihm geschworen, dass sie ihm die Fresse dermaßen poliert, dass er sich vor sich selbst fürchtet, wenn er sich sieht. Das hat leider nicht geholfen. Im Gegenteil. Sie hatte das Gefühl, ihn damit geärgert zu haben und fürchtete sich in der Folge noch mehr, weil sie Angst vor seiner Rache hatte. Das war dann der Zeitpunkt, wo sie auch ihren Job hingeschmissen hatte, weil es ihr zu riskant erschien, überhaupt noch ihre Wohnung zu verlassen.

Bei dem Gedanken daran, schüttelte Gina sich kurz. Nein – heute Abend wollte sie sich mit etwas schönem beschäftigen. Eine Kurzgeschichte wäre toll. In der eine junge Frau ihr Leben verändern will und das auch schafft. Und das neue Leben, will sie sich ausmalen, mit den schönsten Wörtern die ihr einfallen und den besten Plots versehen. Wenn ihr das gelang, dann konnte sie sich auch so ein Leben erschaffen. In Echt!

Als sie vor dem weißen Worddokument saß, war es mit der Ausmalerei dann auch schon wieder vorbei. Ihr Leben war bislang nur dunkel, voller Angst und Panik gewesen. Schöne Dinge, Leichtigkeit und ein Leben, das andere als normal bezeichnen würden, konnte Gina sich einfach gar nicht vorstellen.

Kurz hatte sie einen guten ersten Satz im Sinn: „Lilly bestieg den Flieger, der sie in die Karibik bringen sollte, voller Vorfreude.“ Prompt tönte in ihrem inneren Ohr die Stimme ihrer Mutter: „Das Herumgondeln in der Weltgeschichte ist viel zu gefährlich. Wenn das Flugzeug abstürzt oder wenn dich dort einer wegfängt. Das würden wir ja gar nicht gleich merken.“ Diese Stimme im Hinterkopf bremste ihre Schreiblust aus. Gina würde bei jedem Satz, eine Gardinenpredigt ihrer Mutter hören. Und damit war ein fröhliches Leben noch nicht einmal in ihrer Vorstellung erlebbar. Wütend wollte Gina ihren Laptop schon zuklappen, aber sie entschied sich anders. Ein Brief an die Mutter schien ihr ein gutes Ventil zu sein. Die Mutter, die schon vor 2 Jahren verstorben war. Ganz normal an Altersschwäche, gepaart mit Diabetes. Die Mutter, die in ihrem Leben weder Opfer eines Einbrechers, geschweige denn eines schlimmeren Verbrechens geworden war, starb friedlich in einem Krankenhaus. Sie hinterließ eine Tochter, die im Alter von 5 Jahren schon mehr Wege kannte, zu sterben, als glücklich und unbeschwert leben zu können. „Steig nicht so hoch auf den Baum. Wenn du runterfällst bist du tot! Spring nicht auf dem Gehweg herum, wenn du vors Auto fällst, bist du tot!“ Vielleicht war das eine Art selbsterfüllende Prophezeiung, dass sie Magnus damals vors Auto stieß?

Als Gina in die erste Klasse kam, besuchte die Klassenlehrerin die Eltern noch zu Hause. Hausbesuch nannten sie das. Gina war das peinlich. Im Haus war es chaotischer als im Schweinestall, wenn auch nicht wirklich dreckig. Jedenfalls muss Frau Janke, so hieß die Lehrerin, Ginas Eltern gefragt haben, ob man mit dem Kind über Suizid gesprochen hätte, weil sie in der Schule so viel darüber sprach, wie Jemand zu Tode kommen kann. Das konnten sich ihre Eltern gar nicht erklären. Gina ihnen schon. Heute jedenfalls. Damals natürlich auch noch nicht.

Während sie noch unentschlossen darüber grübelte, wie sie den Brief beginnen sollte, stöberte sie in alten Texten herum und stieß auf einen, der ihr die Tränen in die Augen trieb.

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Mutters letzte Sprotten

Täglich besuchte dich jemand anderes aus unserer enorm großen Familie. So lange lagst du in der Klinik. Erst haben sie dir einen Zeh abgenommen, dann noch einen, dann den ganzen Fuß. Im Laufe der folgenden Monate bist du unzählige Male operiert worden. „Nun haben sie ihr auch den zweiten Fuß amputiert.“, sagte Papa. Bis an den Oberschenkel schnitt und sägte man an dir herum. Scheiß Diabetes.

In Gedanken war ich immer bei dir. Die tausendzweihundert Kilometer konnte ich in Sekundenschnelle überwinden und bei dir sein. Egal wann ich dich anrief. Du wusstest es immer schon, dass ich es war, am anderen Ende der Leitung. Und bevor ich dich fragen konnte, wie es dir geht, fragtest du mich. Sorgen sollte ich mir nicht machen und Schwäche wolltest du nicht zeigen. Wir sind uns ähnlich und so wusste ich ganz ohne Worte, wie du dich fühlst.

Ostern habe ich dich endlich auch besuchen können. Dein Nachtschrank in dem kleinen Krankenzimmer brach fast zusammen. Säfte, Kekse und Pralinen. Täglich brachten deine Gäste dir Süßigkeiten, die du gar nicht essen durftest und dein Leben lang nie mochtest. Mein Diäteis war eine willkommene Erfrischung. Eis war überhaupt das Einzige, was du an Süßigkeiten mochtest. Mit oberflächlichem Gerede versuchten wir unsere Gefühle zu überspielen. Du, deinen Schmerz und ich meine Betroffenheit.

Sieben Tage lang hatte ich frei. Es war die letzte Zeit in meinem Elternhaus. Eine Woche lang besuchte ich dich jeden Tag. Dein Leben lang hast du gern Kaffee getrunken. Krankenhauskaffee war dir zuwider. Also füllte ich in die gute alte Thermoskanne frischen Kaffee ein, von dem, den ich aus der Schweiz geholt hatte und selber nie im Leben trinken würde. Täglich wollte ich dir etwas anderes bringen. Es gab nicht viel, was du gern mochtest. Wünsche äußertest du nie. Appetit hattest du nur noch selten. Immer weniger wurdest du. So als wenn du, wie deine Beine, verschwinden wolltest. Weg sein wolltest…

Aber ich kannte dich so gut und wusste, was du mochtest. Neben den ganzen Hochglanzverpackungen sahen meine Tupperdosen und Schraubgläser komisch aus. Dafür staubten sie aber nicht so ein, weil du die Birnensuppe und den Schwarzsauer und das Erbspüree gegessen hast. Die Schwestern hätten es dir sicher auch nicht so gern abgenommen wie die Kekse und Schokosnacks. Sechs Tage lang versank ich in Erinnerungen an unsere gemeinsamen Mahlzeiten. Für den letzten Tag, sollte es etwas Besonderes sein. Was Unvergessliches.

„Lottes Tochter.“, begrüßte mich unser Fischer. „Wo hat es dich denn hin verschlagen?“

„In den Schwarzwald.“

„Oh, so weit weg von der See und den Eltern?“

Sprotten waren immer schon dein Leibgericht. Egal, ob man ins Krankenhaus Blumen und Pralinen bringt. Ich bringe dir die geräucherten kleinen Silberlinge in fettigem Butterbrotpapier. Obwohl du in den letzten Wochen nur noch Suppen gegessen hast, schlangst du die Fischchen hinunter. Selbst die Krankenschwestern staunten. Alle zehn Finger musstest du dir ablecken. Mehrmals. Zu lecker waren die Sprotten. Und so lange hattest du keine gegessen. Das Leuchten in deinen Augen begleitete mich bis an die Tür. Ein letztes Mal ein Blick, ein Winken.

Acht Wochen später, auf deiner Beerdigung, warfen die Kerzen vom Altar, mir ein Sprottenessenabschiedsleuchten zu.

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Als ihre Mutter starb, war Gina noch so jung. Sie war kurz nach der Schule weit weg gezogen, nah an die Schweizer Grenze. Wie um zu zeigen, dass ihr nichts passieren würde, wenn sie das 200-Seelendorf verließ.

Zwar litt sie schon unter ihren psychischen Problemen, aber es war ihr noch nicht so bewusst. Und schon gar nicht vermutet sie, dass die Ursache in ihrer Kindheit lag. Erst als sie von Dingen wie Transaktionsanalyse, inneres Kind und Eltern-Ich hörte, wurde ihr klar, wie sehr ihr schreckliche Glaubenssätze eingepflanzt wurden, die sie heute noch hegt und pflegt und die wie Unkraut in ihr festsaßen. Sie liebte ihre Mutter, aber manchmal war sie auch wütend, weil sie ihr scheinbar nie etwas von Herzen gönnte. Alles war immer riskant und gefährlich. Statt ein „Viel Spaß!“, bekam sie nur ein „Komm heil wieder!“ mit auf den Weg.

Seufzend fuhr Gina ihren Laptop nun doch herunter. Nach diesem Text würde ein Brief nichts mehr bewirken. Nicht positiv jedenfalls. Sie ging noch einmal ins Bad, putzte sich die Zähne und legte sich mit ihrem eBook Reader ins Bett. Wenn sie nicht schrieb, dann las sie. Allerdings fand sie schwer etwas, was ihr gefiel. Thriller und Horror kamen nicht in Frage, weil sie sich dann nicht mal mehr vom Bett aufs Klo trauen würde. Fantasy war ihr oft zu crazy oder märchenhaft. Liebesromane zu kitschig. Historische Romane las sie gern, Reiseberichte und Ratgeber. Schon wegen ihrem Problem, bot es sich an, Bücher über Persönlichkeitsentwicklung, NLP und positivem Denken zu lesen. Sie hat schon als Kind alles verschlungen, was ihr in die Finger kam und jetzt las sie einige Kinder- und Jugendbücher nochmal, die sie als Kind geliebt hat. Das Pferdemädchen zum Beispiel. Damals hat sie davon geträumt, wie das Pferdemädchen zu sein. Ihr Problem war nur, dass sie Angst vor Pferden hatte, weil man da runter fallen konnte und sich das Genick brach oder das Pferd einen tot trampeln konnte, wie ihre Mutter ihr erklärt hatte.