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Dieses E-Book entspricht 204 Taschenbuchseiten ... Maja zieht nach der Trennung von ihrem Freund in eine Kleinstadt. Dort lernt sie Caro kennen, eine Hure aus dem noblen Erotikclub »O«. Caro verhilft ihr zu einem Nebenjob als Domina. Maja genießt die Zeit, in der sie ihre Lust komplett ausleben kann. Doch als Caro eine Vertretung für einen wichtigen Termin benötigt, wird es ernst. Jetzt muss Maja zeigen, was sie kann. Die Einführung ins Hurenwesen ist kurz, intensiv und fordert alles von ihr. Aber sie zeigt Maja auch vorher unbekannte erotische Welten auf. Und ihr Master ist Lars, der Sicherheitschef des Hauses, auf den Maja total abfährt. Wird sie die Prüfung bestehen? Wird sie Lars erobern können? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 275
Veröffentlichungsjahr: 2025
Impressum:
Die AushilfsHure | Erotischer SM-Roman
von Marie Rust
Marie Rust (Jahrgang 1974) hat sich seit ihrer Jugend - insbesondere bei Frauen - damit unbeliebt gemacht, dass sie den Genderwahn offen ablehnt: »Wären die Unterschiede zwischen Mann und Frau belanglos oder sogar unsinnig, hätte die Natur sich die Mühe gespart, zwei verschiedene Geschlechter zu erschaffen und es bei Hermaphroditen belassen. Aber anstatt das zu akzeptieren, zwingt die Emanzipationsbewegung Frauen, sich wie klein geratene Männer zu benehmen. Wer devote Frauen verachtet, weiß nicht, wovon er redet. Eine Sklavin hat eine unfassbare Macht über ihren Herrn, der ohne Zögern die Welt für sie aus den Angeln hebt, um diesen unbezahlbaren Schatz niemals zu verlieren!«Dem Beruf der Krankenschwester hat Marie Rust den Rücken gekehrt und sich für eine Weile dem horizontalen Gewerbe zugewandt. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Ehemann und vielen Tieren in einem kleinen Dorf in der Eifel.
Lektorat: Jasmin Ferber
Originalausgabe
© 2025 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © unomay @ depositphotos.com © jenyhanter @ depositphotos.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783756171248
www.blue-panther-books.de
Einen Monat zuvor
Lars bog um die Ecke, und wie immer kam es ihm vor, als wäre der Zebrastreifen, den er gerade überfuhr, die Grenze zwischen zwei Welten. Die ruhige, verschlafene Gasse auf der einen Seite, der laut wuselnde Bahnhofsvorplatz auf der anderen. Er bremste vor der kleinen Baumreihe, die den sündhaft teuren öffentlichen Parkplatz flankierte, so stark ab, dass ein Fahrradfahrer hinter ihm beinahe in sein Heck gefahren wäre. Der Mann schimpfte lauthals, doch das juckte Lars nicht. In den Bäumen lebten Eichhörnchen und er hätte es niemals verwinden können, eines von ihnen zu überfahren.
Er fuhr an den Parkplätzen vorbei und hielt auf das »O« zu. Für Touristen war es ein wunderschönes altes Patriziergebäude, perfekt als Selfiehintergrund geeignet. Für die Einheimischen war es ein verruchtes Bordell, dem man die absurdesten Gerüchte anhängte, für seine gut betuchten Kunden war es der beste Nobelpuff in Nordrhein-Westfalen, wenn nicht sogar in ganz Deutschland, doch für Lars war es die berufliche Offenbarung, die sein Leben in eine Richtung gelenkt hatte, mit der er niemals gerechnet hätte, als er seinerzeit kaum einen Kilometer von hier seinen Schulabschluss gemacht hatte. Er hatte kurz vor seinem Bachelor in Wirtschaftswissenschaften gestanden, als er Ulf Martens, den Besitzer des »O«, eines Nachmittags in der Boxabteilung des Fitnessstudios kennenlernte. Normalerweise verirrte er sich nie dorthin, weil ihm reine Faustarbeit zu einseitig war. Er bevorzugte Kampfsportarten, bei denen der ganze Körper zur Waffe wurde, und trainierte jeden Montag mit Gleichgesinnten in einer geschlossenen Gesellschaft in einem Raum, den die hippen Proteinshake-trinkenden Body-Definierer nie zu sehen bekamen. Doch an diesem Tag wollte er nichts anderes als einen Sandsack, an dem er seine gesammelte Wut auslassen konnte.
Er hatte sich einen ausgesucht, das Bild von Wiebke mit Klebeband daran befestigt und ausgeholt. Doch er hatte es einfach nicht fertiggebracht, den Schlag auszuführen. Obwohl sie das mieseste Stück war, das er je kennengelernt hatte, sie ihn betrogen, ausgenutzt und schließlich zugunsten eines Millionenerben verlassen hatte, nicht ohne ihm noch ein paar rufschädigende Lügen anzuhängen, war er nicht in der Lage gewesen, sie zu verprügeln, nicht einmal als Ausdruck auf Papier. Er hatte das Foto wieder abgenommen und dann so lange mit bloßen Fäusten und Füßen auf den Sack eingehämmert und -getreten, bis seine Finger und Zehen taub waren. Dann hatte er sich schweißgebadet an die Seite gesetzt und überlegt, was er noch versuchen konnte, um den Schmerz zu übertünchen.
Einer der Boxer, ein Mann, der gut und gern sein Vater hätte sein können, war auf ihn zugekommen und hatte ihm die Hände entgegengehalten, damit Lars seine Handschuhe aufknotete.
»Was macht ein MMA-Fighter hier drin? Ich dachte, ihr seid was Besseres als wir!«
Dieser Satz war der Beginn ihrer Freundschaft gewesen. Sie waren in die Saftbar gegangen und hatten etwas getrunken. Ulf hatte die Aktion mit dem Foto bemerkt und sich erkundigt, was dahintersteckte. Normalerweise redete Lars nicht über sich und schon gar nicht mit Fremden, aber es musste raus.
Zwei Stunden hatten sie sich über Frauen und Lars’ Pläne und Wünsche unterhalten. Am Ende hatte Ulf ihm seine Handynummer gegeben und ihm einen Job als Türsteher für die Semesterferien angeboten. Lars hatte angenommen und schon nach der ersten Stunde im »O« beschlossen, sein Studium hinzuwerfen.
Er hatte sich rasch vom Foyer zum Fahrdienst für die Frauen hochgearbeitet, von da aus zur Monitorüberwachung und schließlich zu Ulfs Vertrautem und Vertreter. Mittlerweile wusste er, dass das Verhältnis zwischen Ulf und den Mädchen nicht das übliche zwischen einem Zuhälter und seinen Nutten war, sondern dieses ganz besondere zwischen einem Herrn und seinen Sklavinnen, allerdings völlig anders, als man es üblicherweise aus der BDSM-Szene kannte. Ulf wäre es niemals eingefallen, eine Frau zu beschimpfen oder ihr aus reiner Lust an der Macht oder dem Schmerz wehzutun. Sie hatten ihm widerspruchslos zu gehorchen, aber dafür wurden sie von ihm auf Händen getragen. Sein Grundsatz war einfach: Nur glückliche Huren waren gute Huren! Die Kunden glaubten zwar, dass sie eine Dienstleistung in Anspruch nahmen, doch tatsächlich waren sie diejenigen, die dem körperlichen Ausgleich von Ulfs Mädchen dienten – und auch noch horrende Summen dafür bezahlten.
Lars hätte nichts dagegen gehabt, für den Rest seines Lebens Sicherheitschef im »O« zu sein, doch vor Kurzem hatte Ulf ihm angeboten, ihn zum Geschäftsführer zu machen und eines Tages auch zum Nachfolger. Er hatte ein paar Wochen Bedenkzeit erhalten und heute sollte er früher zum Dienst kommen, um ein Gespräch darüber zu führen. Lars hatte noch keine Antwort gefunden. Das Problem war nicht die Bürokratie, das diplomatische Geschick im Umgang mit den Behörden oder die Durchsetzungskraft gegenüber der Konkurrenz, sondern die Verantwortung gegenüber den Mädchen. Sie zu beschützen, war ein Kinderspiel, doch dafür zu sorgen, dass sie glücklich waren, verlangte ungleich mehr als nur ein paar Trainingsstunden, um sich körperlich fit zu halten. Ulfs Fußstapfen waren riesig, und er war sich keineswegs sicher, dass er sie auch nur annähernd ausfüllen konnte.
Er stellte das Auto direkt vor dem Haus, auf dem Platz neben Ulfs Wagen ab, betrat das Foyer und zog seine Magnetkarte durch den Leseschlitz, um ins Innere zu gelangen. Noch war alles ruhig, fast unheimlich. Er mochte diese Stille nicht. Er fühlte sich dann wohl, wenn er Frauenstimmen lachen und singen hörte. Allerdings nur aus einer gewissen Distanz. Während er die Stufen in den zweiten Stock nahm, dachte er über sein ambivalentes Verhältnis zum anderen Geschlecht nach. Wenn er wollte, konnte er jederzeit mit jeder Frau aus dem »O« Sex haben. Ein Privileg, das er sehr gern in Anspruch nahm, doch eine feste Freundin, mit der er eine Wohnung oder sogar noch mehr teilte, wollte er nicht mehr. Er hatte das Vertrauen verloren, das ein Mann brauchte, um sich einer Partnerin gegenüber zu öffnen. Wiebke hatte ihm eine Wunde geschlagen, die vermutlich nie wieder heilen würde. Das fiel ihm immer dann ganz besonders auf, wenn er Frauen sah, die die gleichen orangeroten Haare hatten wie sie. Es war unfair, das wusste er selbst, ganz besonders Caro gegenüber, der Einzigen aus der »O«-Besatzung, bei der er sich nur wegen ihrer Pigmente auf Oralverkehr beschränkte und sich auch nur deshalb überhaupt dazu überwand, damit sie sich nicht zurückgesetzt fühlte, doch er war machtlos dagegen.
Bevor er an Ulfs Tür klopfte, richtete er noch einmal die Krawatte. Ulf legte enormen Wert auf gepflegtes Auftreten.
Auf das »Herein« hin trat er ein. Ulf erhob sich von seinem Arbeitsplatz und wies zu der gemütlichen Sitzecke.
»Schön, dass du so früh bist«, begrüßte er ihn.
»Dann redet es sich entspannter«, erwiderte Lars.
Ulf lachte. »Glaub mir, dein Chef wird dir keinen Anschiss erteilen, wenn es etwas länger dauern sollte!«
Er schnippte mit den Fingern. Hinter dem Schreibtisch krabbelte auf Knien eine nackte Frau hervor. Hannah, Ulfs derzeitige Schülerin. Wie jede Frau, die Ulf zur Sklavin ausbildete, verbrachte auch sie den ersten Monat praktisch rund um die Uhr in seiner direkten Nähe. Die Besucher, die das Büro betraten, ahnten nicht, dass der riesige Schreibtisch eine Art Koje war, in der sich die Schülerinnen zu Ulfs Füßen aufhielten.
Ulf schnippte erneut und machte dazu einfache Fingerzeichen. Lars konnte sehen, wie Hannah einen Moment überlegen musste, um die Anweisung für sich zu übersetzen. Sie trat an den Kühlschrank, goss zwei Gläser Milch ein und brachte sie an den Tisch. Wie es sich für eine Sklavin gebührte, ging sie auf die Knie und stellte zunächst das Glas vor ihrem Herrn und dann erst das zweite vor ihm ab. Lars bemerkte den leichten Umschwung in der Bewegung, weil sie aus jahrzehntelang praktizierter gesellschaftlicher Norm zuerst dem Gast servieren wollte, doch sich dann im letzten Moment korrigiert hatte. Ulfs Schmunzeln sagte ihm, dass er es ebenfalls gesehen hatte. Obwohl sie keinen Tadel erhielt, verriet Hannahs rotes Gesicht, dass ihr ihr Beinahe-Fehler enorm peinlich war. Sie stand noch ganz am Anfang ihrer Ausbildung und hatte längst nicht die Gelassenheit, die Ulf von seinen Sklavinnen erwartete. Aber sie würde sie erlernen und genießen, so wie alle Frauen, die durch die Hände dieses ungewöhnlichen Mannes gegangen waren.
Ulf dirigierte sie zu dem Platz neben seinen Füßen und nahm den Gesprächsfaden wieder auf.
»Also? Lass mich hören, ob ich meinen Geschäftsführer und Nachfolger gefunden habe oder mir was anderes überlegen muss!«
Lars räusperte sich. »Die Stelle als Geschäftsführer übernehme ich mit Freuden und für das halbe Gehalt, aber ich weiß einfach nicht, wie du dir das mit der Nachfolge vorstellst. Was passiert mit deinen Mädchen, wenn ihr Herr plötzlich in Rente ist und sie nur noch einen normalen Chef haben? Das System würde nicht lange funktionieren.«
Ulf lehnte sich lächelnd zurück. »Das System wird nicht kollabieren, weil es nahtlos fortgeführt wird. Ich werde nach und nach die Anzahl meiner Engelchen runterfahren, damit du die Plätze mit deinen eigenen Sklavinnen besetzen kannst. Solange auch nur noch eine einzige Frau von mir hier arbeitet, bin auch ich noch im Geschäft. Ist die Letzte gegangen, gehört der Laden dir.«
»Meine eigenen Sklavinnen?«, fragte Lars ungläubig. »Ulf, ich finde es toll, was du hier tust, aber ich selbst kann das nicht.«
»Du wirst es lernen«, antwortete Ulf schlicht. »Ich habe es gelernt, also kannst du es auch. Ich greife dir ein wenig unter die Arme, aber deinen Stil musst du dir selbst erarbeiten.«
»Was ist, wenn es schiefgeht? Wenn ich eine Frau, die mir vertraut, enttäusche? Wenn ich ihr Leid zufüge? Wenn ich sie für den Rest ihres Lebens?«
»Die Gefahr besteht. Deshalb ist das auch etwas, was nur wenige Männer können. Du kannst es!«
»Woher weißt du das?«
Ulf lehnte sich zurück. »Ich habe dich damals angesprochen, weil du nicht in der Lage warst, auf das Bild von deiner Ex zu schlagen, obwohl sie dir das Übelste angetan hat, dessen sie fähig war. Das ist genau der Geist, den ein Erzieher braucht. Rücksicht, Nachsicht und eine unbedingte Beißhemmung bei Frauen. Das war es, was mich beeindruckt hat, nicht die Tatsache, dass du den Sandsack beinahe in seine Bestandteile zerlegt hättest.«
Lars schmunzelte. »Dann hat Wiebke im Endeffekt ja doch was Gutes bewirkt.«
Ulf lachte. »Ja, hat sie. Was ich dich schon lange fragen wollte: Was hast du hinterher mit dem Bild gemacht?«
Lars klopfte mit der flachen Hand auf den Stoff seines Jacketts, dorthin, wo die Innentasche lag.
»Es ist immer noch in meinem Portemonnaie.«
Ulf runzelte die Stirn. »Warum?«
»Weil ich das Gefühl hätte, vor ihr zu kneifen, wenn ich es wegwerfen würde. Ist ein bisschen schizophren, das weiß ich …«
Ulf schüttelte den Kopf. »Nein, ist es nicht. Feiglinge gehen Schmerzen aus dem Weg, echte Männer sehen ihnen ins Auge.«
Lars rieb sich über das Gesicht. »Verdammt, ich weiß nicht, ob ich es schaffe, eine Frau zu erziehen, und erst recht nicht, ob ich es aushalte, sie von anderen Männern vögeln zu lassen.«
»Das ist anfangs alles andere als leicht, aber man gewöhnt sich daran und mit der Zeit freut man sich sogar, wenn ein Freier ihnen das gibt, was sie brauchen«, beruhigte Ulf ihn. Es trat ein Moment des Schweigens ein, dann fuhr Ulf fort: »Also, Lars! Die Sache ist einfach: Ich erwarte nicht, dass du von heute auf morgen zum Erzieher wirst. Dafür habe ich selbst einige Jahre Übung gebraucht, aber du musst mir beweisen, dass du in der Lage bist, eine Frau zu einer hingebungsvollen Hure zu formen, ihr ihre Weiblichkeit zu entlocken. Wenn du mir bis nächstes Jahr keine von dir ausgebildete Sexsklavin präsentierst, die gern und willig jede deiner Anweisungen befolgt, muss ich mir schweren Herzens einen anderen suchen oder das ›O‹ eines Tages schließen. Verstanden?«
Lars nickte. »Verstanden.«
Ulf wartete einen Moment, ob Lars noch etwas sagen wollte, dann beschied er: »Du hast noch Zeit, bis du die Mädchen im Entenpfuhl abholen musst. Nebenan wartet ein kleiner Motivationsschub auf dich.«
Lars stand auf und verabschiedete sich mit einem Nicken. Ihm war klar, was das für ein »Motivationsschub« war. Und Sex war genau das, was er jetzt brauchte, um Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Neugierig, wen Ulf für ihn ausgesucht hatte, öffnete er die Tür zu dem kleinen privaten Schlafzimmer neben dem Büro.
Julia kniete auf dem Bett, so, wie er sie am liebsten mochte. In einem Judoanzug mit einem sehr locker gebundenen weißen Gürtel, der die Seiten der Jacke kaum auf ihrer nackten Haut zusammenhielt, die kleinen Fäuste in ihrer putzigen Jackie-Chan-Haltung vor der Brust. Sie war die letzte Schülerin vor Hannah gewesen, und ein Teil ihrer Erziehung hatte darin bestanden, kleine Scheinkämpfe mit Lars zu fechten, bevor er sie überwältigte und vögelte. Es hatte ihnen beiden einen Heidenspaß gemacht. Lars begann, sich auszuziehen und seine Sachen auf einem Sessel abzulegen, während Julia sich gekonnt auf dem Bett rekelte wie eine rollige Katze.
Das Jackett rutschte von der Sessellehne, die Geldbörse glitt heraus und klappte auf. Als er den Rand von Wiebkes Foto erblickte, der aus dem Einsteckfach herausragte, hatte er die zündende Idee: Die erste Frau, die er erziehen würde, musste genau das Gegenteil von dem sein, was er selbst bevorzugte, damit er emotional auf Distanz bleiben konnte! Und er musste sie auch nicht im »O« halten, um ständig seine Anfängerfehler vor Augen geführt zu bekommen. Er musste Ulf nur zeigen, dass er es konnte. Danach würde er sie genauso verkaufen, wie Ulf das mit seinen Mädchen tat, wenn sie ihn darum baten, weil sie sich verliebt hatten oder woanders arbeiten wollten.
Lars war so erleichtert, dass ihm diese rettende Idee gekommen war, dass er spürte, wie die Anspannung aus seinem Brustkorb wich und das Blut in seinen Unterleib floss, um seinen Penis zu einem warmen, harten Phallus aufzupumpen. Julia hatte es verdient, mit einem ordentlich erigierten Schwanz bedient zu werden. Er wusste, dass sie kein Schauspiel abzog, sondern den Sex mit ihm tatsächlich genoss. So sehr, dass er den feuchten Fleck erkennen konnte, der sich in ihrem Schritt abzeichnete, während sie ihm aufreizend den Hintern präsentierte. Natürlich besaß sie als Hure verführerische Dessous, doch die interessierten Lars nicht. Ihn erregte das Zusammenspiel aus grober Baumwolle und weicher Haut. Er zog ihr auch immer nur die Hose aus. Die Jacke ließ er an. Der Anblick ihrer Brüste, wie sie aus dem Stoff hervorquollen und die Freiheit suchten, war unschlagbar erotisch. Durch die Reibung standen ihre Brustwarzen fast schon angriffslustig aufrecht und forderten alles und noch mehr. Er hatte an Julia trainiert, seinen Höhepunkt bis an den Rand des Schmerzes hinauszuzögern, um sie durch und durch zu befriedigen. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die beim Sex laut schrien. Ihre Erregung erkannte man an den geballten Fäusten, dem Pochen der Halsschlagader und dem Schweiß auf der Stirn. Wenn sie kam, gab sie einen Laut irgendwo zwischen einem Keuchen und einem Fiepen von sich. Erst wenn er das zu hören bekam, gönnte er sich seinen eigenen Orgasmus. Und weil sie das wusste, konnte sie es selbst kaum erwarten.
Als er nackt an das Bett trat, beendete sie das Posieren und kniete sich wieder hin. Ihr Spiel war jedes Mal das gleiche. Sie versuchte, ihm zu entkommen oder sich gegen ihn zu wehren, er fing sie ein, brachte sie unter Kontrolle und vögelte sie. Inzwischen war sie um einiges besser darin, sich ihm zu entziehen oder sich aus seinem Griff zu winden, aber längst nicht so gut, dass sie auch nur den Hauch einer Chance hatte. Und so aufgegeilt, wie er im Moment war, ließ er ihr nicht einmal eine Minute, bis er sie fixierte und ihr die Hose herunterriss. Sie zog die Knie an, und er drang in sie ein, so tief, wie er nur konnte. Es war Erlösung und Aufpeitschen in einem. Sie krallte sich an seinen Unterarmen fest. Er würde Kratzer davontragen wie meistens, doch diesen Schmerz nahm er nicht wahr.
Alles, was zählte, war die unaussprechliche Erfüllung, die er in ihrem Körper suchte und finden würde. Mit jedem Stoß kam er ihr näher. Der Schweiß rann ihm brennend in die Augen, er konnte nur verschwommen sehen, wie Julia in höchster Anspannung den Kopf überdehnte. Ihre Schlagader schien aus dem Körper herausplatzen zu wollen, er war nicht sicher, ob auf ihren Nasenflügeln Schweiß oder Tränen glitzerten. Es war so verdammt hart, die Kontrolle zu behalten. Und dann kam ihr Moment der höchsten Anspannung. Der Augenblick, in dem der ganze Körper unter Strom steht und nichts anderes mehr geht. Als sie eine Sekunde später ihren Griff lockerte und in sich zusammensackte, gab Lars sich endlich selbst die Erlaubnis. Sein Schwanz hatte nur darauf gewartet, seine Ladung freizugeben, und er nahm es im ersten Moment vor lauter Adrenalin gar nicht wahr. Doch dann floss mit seinem Sperma auch die verdammte Anspannung aus ihm heraus, wie aus einem Gummitier, dem man die Luft abließ. Alle Martens-Huren waren hervorragend, doch Julia hatte eine besondere Art, die ihn herausforderte und ihm alles an Energie absaugte. Mehr als zweimal in der Woche schaffte er sie nicht.
Mit der letzten Kraft erhob er sich von ihr, stieg rückwärts vom Bett und ließ sich in den Sessel fallen. Kuscheln nach dem Sex war nichts für ihn. Er brauchte Luft um sich herum, um das Nachbeben seines Höhepunktes aushalten zu können.
Während er sie schwer atmend dabei beobachtete, wie sie sich langsam und mühevoll aufrappelte, nahm sein Plan Gestalt an. Nun brauchte er nur noch die passende Frau, um Ulf zu beweisen, dass das »O« bei ihm in guten Händen war.
Ein Neuanfang
Maja blickte sich um und unterdrückte ein Stöhnen. Es kostete sie Mühe, nicht allzu angeekelt dreinzuschauen. Die Tapeten waren mindestens 20 Jahre alt und rochen nach abgestandenem Zigarettenqualm, der Bodenbelag war unter dem klebrigen Schmier kaum noch zu erkennen und der Pressspan der alten Singleküche war so aufgequollen, dass an allen Ecken und Kanten der Schleiflack abplatzte. Der Vermieter, ein recht junger Mann, hatte sie vorgewarnt, dass der letzte Bewohner Alkoholiker gewesen war und die Bude dementsprechend runtergekommen aussah, aber dafür war sie billig und er hatte Maja drei Monate mietfreies Wohnen angeboten, um alles zu renovieren.
Sie ging in die Diele zurück und warf noch einen kurzen Blick ins Schlafzimmer und ins Bad. Angewidert rümpfte sie die Nase. Wie konnte ein Raum mit fließendem Wasser nur so verdrecken?
Sie trat wieder ins Wohnzimmer, wo der Vermieter auf ihre Entscheidung wartete. Er schaute den Bruchteil einer Sekunde zu spät wie beiläufig beiseite. Maja kannte seinen Blick. Er galt ihren Haaren. Als Kind war sie wegen ihrer nicht zu bändigenden feuerroten Mähne gehänselt und »Pumuckl« oder »Pippi« genannt worden. Sie hatte ihren Vater für dieses Erbe gehasst und mehr als einmal versucht, sich mit Schuhcreme, Kakao und ähnlich kindlich-kreativen Hilfsmitteln die Haare zu färben. Doch mit der Pubertät hatten die Spötteleien schlagartig aufgehört. Quasi über Nacht waren die rotzfrechen Jungs mit ihren fiesen Kommentaren verstummt und stattdessen dazu übergegangen, sie anzustieren. Und dabei war es seitdem geblieben. Männer starrten ihr mehr oder weniger unverhohlen nach und Frauen bedachten sie mit neidischen Blicken. Diese oberflächliche Verurteilung machte Maja traurig. Sie hatte seit der Grundschule deswegen keine beste Freundin mehr besessen und sich bei Männern immer wieder fragen müssen, ob sie überhaupt an dem Menschen unterhalb des Scheitels interessiert waren. Der Einzige, bei dem sie das nicht bezweifelt hatte, war Jürgen. Und genau deswegen stand sie nun hier in diesem schmierigen Loch mit dem festen Vorsatz, alle Brücken hinter sich abzubrechen.
Der Vermieter sagte: »Ich weiß ja, dass das ein Saustall ist. Meine Tante war zu alt, um sich noch darum zu kümmern, was der Kerl hier veranstaltet hat und als ich das Ding geerbt habe, war es mir auch egal, solange ich weiter die Miete bekommen habe. Ich habe das vor einer Woche zum ersten Mal gesehen, aber ich habe echt keine Zeit, mich um die Sanierung zu kümmern. Und ich kriege das von Heidelberg aus auch nicht geregelt. Ich mache Ihnen ein Angebot: Ich bestelle auf meine Kosten einen Container für den ganzen Müll hier.«
Maja dachte nach. Sie brauchte schnellstens eine Wohnung und die einzige bezahlbare Alternative war das Appartement, das sie sich vor knapp einer Stunde angesehen hatte. Der schmierige Hausverwalter hatte ihr mit generösem Getue zugesichert, dass er ihr die Wohnung bis Montagmittag reservieren würde, was aber weit weniger großzügig wirkte, als er dann anschließend mit ihr zusammen das Büro verließ und für das Wochenende abschloss. Dieses Appartement war zwar bereits einzugsfertig, allerdings hatte es nur ein Zimmer mit Kochnische und einem winzigen Bad, eingepfercht zwischen zig anderen Wohnungen in einem klobigen Sozialbau, während sie hier für das gleiche Geld eine richtige kleine Wohnung mit separater Küche und sogar einer Badewanne in einem verschlafenen Vier-Parteien-Haus bekommen konnte, noch dazu nur wenige Minuten zu Fuß von ihrer neuen Arbeitsstelle entfernt. Das Einzige, was dagegensprach, waren ihr Ekel und dass sie keinerlei Ahnung vom Renovieren hatte. War das ein Argument? Nein, das war es nicht! Allerdings sprach auch nichts dagegen, dass sie versuchte, noch etwas mehr für sich herauszuholen.
Sie betrachtete den Vermieter. Er sah gut aus – ziemlich gut. Ohne dass sie es wollte, zeichnete ihre Fantasie ein Bild von dem, was sich vermutlich in seiner Hose befand. Wenn es ein Vorurteil über Rothaarige gab, das sie auf der Stelle unterschreiben würde, dann das von der legendären Wollust. Ein »Heute keine Lust!« gab es bei ihr nicht. Und das war auch das Allerschwerste bei der Trennung von Jürgen gewesen. Er war ein riesengroßer Arsch – aber ein Arsch, der es im Bett absolut draufhatte. Und nun hatte sie schon seit zwei Wochen keinen Sex mehr gehabt. Sie war ein paar Mal ausgegangen, im festen Vorsatz, einen One-Night-Stand aufzugabeln, doch letzten Endes hatte sie jedes Mal gekniffen, aus Angst, in ihrer momentanen labilen Gefühlswelt wieder dem falschen Charme eines miesen Charakters zu erliegen. Und Selbstbefriedigung war nun einmal nicht das Gleiche.
Die fertige Skizze vor ihrem inneren Auge präsentierte ihr ein echtes Prachtstück. Ihr Hirn tütete das Bild ein und leitete es sofort per Neuronen-Rohrpost an ihren Unterleib weiter. Maja spürte die Wärme, die sich ausbreitete. Sie kannte sich gut genug, um zu wissen, dass es nun weniger als eine Minute dauern würde, bis ihr Eingang bereit war. Sie hatte Lust, er schien sie zumindest nicht auf Anhieb abstoßend zu finden, würde aber noch heute Abend wieder in sichere Entfernung verschwinden, sodass keine Liebeskummergefahr bestand. Also warum sollte sie nicht versuchen, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden?
Sie warf die Haare lasziv beidseitig mit den Handrücken nach hinten und beobachtete, wie der Blick des jungen Mannes leicht glasig wurde. Er hatte auf Anhieb angebissen!
»Das ist wirklich seeeehr nett von Ihnen«, gurrte sie. »Aber ich glaube nicht, dass ich das hier zum Preis von drei Monatsmieten renovieren kann. Ich meine … da müssen doch alle Tapeten runter und die Türen gestrichen werden und so … Das kann ich mir von meinem kleinen Gehalt nicht leisten.«
Der Vermieter rieb die Lippen aufeinander und überlegte. Maja trat näher, sodass er einen Blick in ihr Dekolleté werfen konnte.
»Vielleicht fällt Ihnen ja was ein, wie wir das regeln könnten. Ich würde wirklich gern hier einziehen. Viel lieber als in diesen Betonklotz in der Ehrenstraße«, hauchte sie und klimperte mit den Wimpern.
»Ich denke, wir können uns da vielleicht gegenseitig entgegenkommen«, antwortete der junge Mann heiser, aber noch vorsichtig.
»Oh, natürlich. Wenn ich irgendwas tun kann …«, bot sie an und kam ihm so nahe, dass sie ihn beinahe mit ihren Brüsten berührte.
Der Vermieter war am Ende seiner Beherrschung.
»Sechs Monate mietfrei?«, schlug er hastig vor.
»Einverstanden!«, antwortete Maja. Und fast im selben Moment lag sie mit dem Rücken auf dem klebrigen Tisch. Sie versuchte, nicht daran zu denken, was sich gerade alles an ihren Klamotten und in ihren Haaren festsetzte, und half dem Mann, ihre Hose herunterzuziehen. Er schob ihr Shirt nach oben und stürzte sich wie ein durstiger Säugling auf ihre Brüste. Sie musste sich ein triumphales Grinsen verkneifen. Sie bekam nicht nur endlich Sex, sondern noch dazu ein ganzes halbes Jahr kostenloses Wohnen. Zu schade, dass Jürgen sie jetzt nicht sehen konnte. Er würde ein Magengeschwür bekommen.
Der Gedanke an ihren Ex-Freund verblasste, als der Mann sich aufrichtete und seine eigene Hose öffnete. Was ihr von dort aus dem geöffneten Hosenschlitz hungrig entgegensprang, war ihrem Fantasiebild verblüffend ähnlich. Sie breitete die Beine aus und rückte sich zurecht. Der Tisch war alles andere als bequem, aber das war ihr egal. Sie wollte dieses Prachtstück in sich spüren!
Das erste Dehnen tat erstaunlich weh, aber ihre Lust wurde dadurch nicht weniger, ganz im Gegenteil. Als der Mann dann sein Glied vollends in sie hineinschob, schrie sie vor geilem Schmerz auf. Er zog erschrocken ein Stück zurück, doch sie krallte die Finger in seine Hüften und zerrte ihn weiter an sich heran. Er begriff, was sie wollte, und stieß so hart zu, wie er konnte.
Seine Potenz und seine Kondition waren umwerfend! Als er kam, war sie fix und fertig und hatte das Gefühl, alles nachgeholt zu haben, was ihr in den letzten Wochen gefehlt hatte. Er zog sich zurück und stopfte sich das Hemd in die Hose.
»Also wenn alle Mietverhandlungen so ablaufen, sattle ich auf Hausverwalter für reine Frauenwohnungen um.«
Maja rutschte von dem Tisch herunter und zog sich ebenfalls wieder an. Kokett antwortete sie: »Also ich kenne ein paar Frauen, die auf der Stelle bei Ihnen einziehen würden, aber nur, wenn Sie auch regelmäßig nach dem Rechten sehen.«
Der junge Mann lachte, klappte er den Deckel des versifften Herdes herunter, breitete die beiden Ausfertigungen des Mietvertrages darauf aus und trug bei den »Bemerkungen« wie versprochen die sechsmonatige Mietfreiheit im Gegenzug zur eigenständigen Renovierung ein. Maja unterschrieb und erhielt die Schlüssel. Der Vermieter versprach: »In spätestens einem Jahr komme ich zum Kontrollbesuch.«
Maja zwinkerte ihm zu, geleitete ihn hinaus und schloss die Tür hinter ihm. Sie hörte ihn auf dem kurzen Weg zur Haustür pfeifen. Offenbar hatte er noch nicht umgesetzt, dass er gerade über tausend Euro für zehn Minuten Sex bezahlt hatte. Ihr war das nur recht.
Sie ließ sich auf die Fensterbank sinken und spürte dem wohligen Gefühl in ihrem Unterleib nach. Von wegen – Sex geht nur mit Liebe. Die friedvolle Ruhe in ihr unterschied sich kein bisschen von der, die sie früher nach einer Nummer mit Jürgen gehabt hatte. Nun war sie emotional wieder aufgeräumt und konnte sich auf das konzentrieren, was vor ihr lag. Sie blickte sich in ihrer neuen Bleibe um. Das war also der Start in ihr neues Leben. Raus aus der schicken Maisonette-Wohnung im Herzen Kölns hinein in eine versiffte Kaschemme in einem Provinzstädtchen. Eigentlich hätte sie verzweifelt sein sollen, aber tatsächlich fühlte sie sich befreit. Endlich hatte sie Nägel mit Köpfen gemacht! Sollte Jürgen sich doch eine andere suchen, die sich von ihm tyrannisieren ließ. Er hatte ihr angekündigt, dass sie noch auf Knien bei ihm angekrochen kommen würde. Aber darauf konnte er lange warten. Sie brauchte ihn nicht. Wenn sie hier erst mal sauber gemacht und renoviert hatte, würde die Wohnung ein kleines Schmuckstück sein – ihr eigenes Schmuckstück! Mit der Arbeit gab es auch keine Probleme. Jürgen hatte sich immer darüber lustig gemacht, dass sie nur Verkäuferin bei einer Bäckereikette war. Aber genau das zahlte sich jetzt aus. Sie musste keinen neuen Job suchen, sondern sich nur versetzen lassen, was die Firma dank des Personalengpasses hier sogar noch mit drei Tagen Sonderurlaub förderte. Zusammen mit dem Wochenende hatte sie nun fünf Tage Zeit, um sich hier einzurichten.
Sie trat ins Treppenhaus und schloss die Wohnungstür ab. Es war ein erhebendes Gefühl, ihre eigenen Schlüssel zu besitzen. Auf dem Weg zum Bahnhof wandelte sich ihre gute Laune in echten Stolz. Zum ersten Mal im Leben hatte sie das Gefühl, etwas richtig Wichtiges selbst gemeistert zu haben. Mit einem Selbstbewusstsein, wie sie es noch nie besessen hatte, setzte sie sich in den Zug nach Hause – ihrem Noch-Zuhause, das sie eigentlich schon als Teil ihrer Vergangenheit betrachtete. Während die Landschaft an ihrem Abteilfenster vorbeihuschte, überlegte sie, wie sie die Wohnung tapezieren und einrichten wollte. Endlich konnte sie das selbst entscheiden und musste nicht hinnehmen, was Herr von Steden als angemessen empfand. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf. Im Nachhinein erschien es ihr unfassbar, wie sie sich jahrelang von diesem Adelstitel und Jürgens großkotziger Art hatte einwickeln lassen.
Als sie die Wohnungstür aufschloss, brannte im Wohnzimmer Licht. Sie hörte eine Frau kichern und Brian Ferry in der Stereoanlage. Jürgens übliche Einleitung für Sex. Er hatte offenkundig nicht lange gebraucht, um sich darüber hinwegzutrösten, sie verloren zu haben. Sie ging gleich zum Gästezimmer durch, wo sie sich seit dem großen Krach einquartiert hatte. Gerade legte sie die Jacke ab, als die Tür aufging.
»Wo warst du?«, wollte Jürgen wissen.
»Geht dich nichts an«, fauchte sie zurück.
»Maja, ich lasse mir das nicht länger gefallen«, drohte er.
»Dann sind wir schon zwei«, erwiderte sie.
»Pack deine Sachen, ich habe die Nase voll von dir!«, bestimmte er.
»Einverstanden. Nächste Woche bist du mich los«, versprach sie.
»Nein, nicht nächste Woche. Ich meine jetzt!«, widersprach er.
»Es ist Freitagabend! Wo soll ich denn jetzt auf die Schnelle hin?«, entgegnete sie.
»Dein Problem. Alles, was nicht in einer Stunde hier raus ist, fliegt durchs Fenster«, stellte er kompromisslos fest und ging hinaus.
Maja kochte. Sie hat nicht den leisesten Zweifel, dass er es genau so meinte, wie er es gesagt hatte. Aber dieses Mal würde sie nicht klein beigeben und ihn um einen Aufschub anbetteln. Sie holte ihre Reisetasche und den alten Koffer aus dem Keller und packte alles ein, was sie hineinstopfen konnte. Ihren Auszug hatte sie sich zwar würdevoller vorgestellt, aber so blieb ihr wenigstens ein Abschiedsgespräch erspart. Durch die Tür gedämpft, hörte sie das rhythmische Stöhnen und die erstickten Schreie der Frau. Offenbar wollte Jürgen ihr demonstrieren, dass er jede haben konnte und sich auch nicht darum scherte, dass sie gerade einen Schlussstrich unter drei Jahre gemeinsames Leben zog. Es war so armselig. Merkte er wirklich nicht, wie gekünstelt diese Gib-mir-alles-Wiederholungsschleife der Frau klang, oder wollte er es nicht hören? Mit jeder Sekunde erschien es Maja unfassbarer, dass sie es so lange mit ihm ausgehalten hatte. Während sie die Schnallen schloss, verstummten die Geräusche. Die Frau hatte ihre Theatereinlage hinter sich. Es juckte Maja in den Fingern, hinüberzulaufen und Jürgen zu erzählen, wie sie ihren Mietvertrag ausgehandelt hatte, nur um sein blödes Gesicht und die Eifersucht in seinen Augen zu sehen, doch dann hätte sie sich auf sein jämmerliches Niveau herabgelassen und das wollte sie auf keinen Fall.
Als sie alles gepackt und ihre Habseligkeiten zur Tür gewuchtet hatte, kam Jürgen in den Flur. Er hatte das Hemd demonstrativ schlampig in die Hose gestopft, um zu betonen, dass er nur gerade eine Pause zwischen zwei unerträglich heißen Nummern machte.
»Die Wohnungsschlüssel!«, forderte er. Maja zog die Schlüssel von ihrem Bund und warf sie auf den Boden. Er sollte sich gefälligst bücken, um sie aufzuheben! Dann brachte sie die Sachen hinaus und rief sich ein Taxi. Weil sie nicht wusste, wo sie so spät noch hingehen konnte, ließ sie sich zum Bahnhof bringen und setzte sich erneut in den Zug. Es war zwar nicht geplant gewesen, dass sie heute schon in ihrer neuen Wohnung übernachten würde, aber es blieb ihr ja nichts anderes übrig.
Kaum, dass sie sich auf der schlecht gepolsterten Sitzbank niedergelassen hatte, klingelte ihr Handy. Es war Jürgen.
»Wenn du nicht gleich wiederkommst, werfe ich wirklich alles aus dem Fenster«, knurrte er.
»Mach ruhig! Illegale Müllentsorgung ist ziemlich teuer«, gab sie zurück und legte auf. Anscheinend war ihm der Widerspruch seiner Forderung zu der angeblich neuen Beziehung, die er ihr vor einer Viertelstunde noch vorgegaukelt hatte, gar nicht aufgefallen. Vermutlich war die Frau eine Prostituierte gewesen.