Die Bancroffs im Dilemma - Terence Brown - E-Book

Die Bancroffs im Dilemma E-Book

Terence Brown

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Beschreibung

Morgan Bancroff ist verzweifelt: seine drei Geschwister fielen nacheinander in ein tiefes Koma und liegen jetzt wie lebende Tote in einer Londoner Privatklinik. Ist er der nächste, den dieses schreckliche Schicksal ereilt. Aber Morgan Bancroff gibt nicht auf. Gemeinsam mit dem Arzt Dr. Merten forscht er nach der Ursache der rätselhaften Krankheit. Schließlich kommen die beiden dem Geheimnis auf die Spur: ein fürchterliche Fluch liegt auf den Familie Bancroff und der wird solange wirken, bis Hooros, der Teufelsmönch besiegt ist. Also machen sich Bancroff und Mertens auf den Weg nach Schottland und ein erbarmungsloser Kampf gegen die Mächte des Bösen beginnt.

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Seitenzahl: 134

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Die Bancroffs im Dilemma

 

 

 

Terence Brown

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

Copyright: Novo-Books im vss-verlag

Jahr: 2024

 

 

 

Lektorat/ Korrektorat: Franz Groß

Covergestaltung: Hermann Schladt

 

 

Verlagsportal: www.novobooks.de

Gedruckt in Deutschland

 

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

 

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig

 

 

 

 

1

 

Ein kalter Wind pfiff über das Land, fing sich zwischen den kahlen Bäumen und jaulte eine schaurige Melodie. Wolkenfetzen verdeckten bisweilen den Mond, dessen geisterhaftes bleiches Licht den sturmzerzausten Büschen zu einem gespenstischen Leben verhalf.

Schwarz und drohend ragten einige Felsen zwischen den Bäumen hervor. Ein leises Ächzen und Knistern erfüllte die wie mit Energie aufgeladene Luft.

Fledermäuse segelten lautlos vor dem Wind, gespenstisch wie Sendboten aus dem Jenseits.

Modergeruch schlug dem Mann entgegen, der jetzt zögernd den Schritt verhielt.

Sein Atem ging keuchend.

Es schien, als würde eine unsichtbare Hand nach seinem hämmernden Herzen greifen und es ihm aus der Brust reißen zu wollen.

Sein bizarres Schattenbild fiel riesengroß auf die gewaltigen Felsquadem.

Der Wind zerrte an seinen Haaren. Die immer stärker werdende Erregung ließ sein Blut rascher durch die Adern strömen. Kalter Schweiß bildete sich auf seiner Stirn.

Von irgendwoher kam der klagende Ruf eines Käuzchens.

George Bancroff verweilte noch immer wie erstarrt. Schweißperlen rieselten ihm übers Gesicht und tropften vom Kinn auf den modrigen Boden.

Seine Hände verkrampften sich so fest ineinander, dass die Knöchel weiß schimmerten.

Grauenvolle Angst funkelte in den tiefliegenden Augen des Mannes, der jetzt tief Luft holte und sich dann wieder zögernd in Bewegung setzte.

Seine Kehle war wie ausgetrocknet. Er schluckte wie ein Fisch auf dem Trockenen.

Bancroff ging weiter.

Das Ächzen und Raunen in der Luft wurde immer stärker. Grabeskälte strömte von den dunklen Felsen aus.

George Bancroff erschauerte und stockte mitten im Schritt. Sein hageres Gesicht schimmerte bleich und geisterhaft. Ein heiseres Stöhnen kam von seinen bebenden Lippen.

Seine Augen verengten sich, starrten in die bodenlose Dunkelheit zwischen den gewaltigen Felsblöcken. Wieder fühlte er ein nie gekanntes Grauen in sich aufsteigen.

»Ich muss weiter«, murmelte George Bancroff monoton. »Ich muss es endlich wissen. Ich darf jetzt nicht aufgeben, denn sonst ist alles umsonst gewesen.«

Der hagere Mann setzte langsam Schritt vor Schritt. Seine Beine schienen zentnerschwer geworden zu sein. Er schwankte an den dunklen Felsen vorbei.

Es wurde plötzlich heller. Bleiches Mondlicht zauberte phantastische Figuren auf den Boden.

Dann sah Bancroff die halb zerfallene Ruine. Dunkle Fensteröffnungen starrten ihn wie leere Augenhöhlen an. Die uralte Kapelle war vom Gestrüpp fast überwuchert.

Er vernahm das Rascheln und Tappen von kleinen Füßen. Ratten suchten quietschend das Weite.

George Bancroffs Lippen pressten sich hart aufeinander. Ein leichtes Schwindelgefühl ließ ihn taumeln. Wie hilfesuchend lehnte er sich gegen den schwarzen Felsen, fuhr jedoch augenblicklich erschrocken zurück.

Die Eiseskälte des Gesteins ließ ihn erschauern. Seine Nackenhaare stellten sich auf.

Er taumelte vorwärts, erreichte den halb verschütteten Eingang der Kapelle. Sein Blick fiel auf feuchte Steinquadern und große Spinnen, die auf langen haarigen Beinen davontippelten.

Der Wind war stärker geworden. Es schien, als raunte er dem Mann zu:

 

»Komm nur, komm nur, komm nur.« Wieder zögerte George Bancroff.

Pfeifend sog er die Luft in seine Lungen. Der Geruch von Verwesung stieg ihm in die Nase.

»Komm nur, komm nur«, sang noch immer der Wind.

Der Mann griff zögernd in die Tasche seines Mantels und zog eine Taschenlampe hervor. Bleich fiel der Lichtstrahl in das Innere der Kapelle, huschte über wucherndes Efeu, glanzende Steine und zersplittertes Holz.

Der Lichtkegel der Lampe fraß sich weiter in die Dunkelheit hinein.

Zitternd blieb er auf einem dunklen Sarkophag hängen, der von Efeu überwuchert war. Der verwitterte Steinsarg war an einigen Stellen abgesplittert.

Wieder griff eine eisige Hand nach George Bancroffs Herz. Ein heiseres Stöhnen kam von seinen zuckenden Lippen.

»Komm nur, komm nur«, raunten unsichtbare Stimmen. »Komm nur, komm nur!«

Bancroff schob sich vorwärts. Wenige Schritte vor dem Sarg blieb erstehen. Er bebte am ganzen Körper. Vergebens versuchte er seine Selbstbeherrschung zurückzugewinnen.

Der Sarkophag war verschlossen.

Eine zolldicke Steinplatte verhinderte einen Blick ins Innere. Zaudernd näherten sich Bancroffs Hände dem Stein. Nochmals schien der hagere Mann zu zögern, doch dann packte er entschlossen zu.

Mit großer Kraft stemmte er sich gegen den Steindeckel, der aber um keinen Zentimeter weichen wollte.

Die Schlagader am Hals des Mannes begann heftig zu pulsieren. Sein sonst bleiches Gesicht war tief gerötet.

Wieder versuchte George Bancroff mit aller Kraft den Sargdeckel zu heben. Knarrend bewegte sich die Steinplatte um einige Millimeter. Der Mann verstärkte seine Anstrengungen.

Plötzlich rumpelte die Platte zurück, bekam das Übergewicht und polterte mit einem dumpfen Schlag zu Boden, wo sie krachend zerbarst.

George Bancroff wich erschrocken zurück. Seine Hände pressten sich auf den Mund. Die hervorquellenden Augen richteten sich auf die dunkle Öffnung des Sarges.

Nichts geschah.

Sekunden verstrichen und kamen dem hageren Mann wie eine Ewigkeit vor.

Von außerhalb der Kapelle drang das orgelnde Geräusch des immer stärker werdenden Windes herein. Ein Steinbrocken löste sich von der Decke und klatschte dumpf zu Boden.

Staub wirbelte auf.

George Bancroffs Gesicht verzog sich zu einer angstgepeitschten Grimasse.

Das Blut gefror ihm in den Adern.

In dem dunklen Sarkophag bewegte sich etwas. Schabende Geräusche klangen hohl aus dem Innern heraus. Irgend etwas raschelte.

George Bancroff wich noch mehr zurück. Seine Augen glänzten fiebrig. Dann zerfetzte sein gurgelnder Aufschrei die Stille.

Eine knochige Hand schob sich über den Rand des Sarges.

Spinnenförmige Finger krallten sich um den verwitterten Stein. Ein Körper schwankte hoch.

Tote Augen saßen in einem geisterhaft bleichen und blutleeren Gesicht, das von einer pergamentartigen Haut überzogen war. Eine lange silbergraue Haarflut fiel bis auf die Schultern der schwarzen Kutte, die den knochigen Körper umschlotterte. Spinnen, Käfer und anderes Getier krochen aus den Haaren und aus dem zerschlissenen Stoff der Kutte.

Ein heiseres Stöhnen brach aus Bancroffs Mund. Fahrig wischte er sich übers Gesicht.

Er starrte auf den lebenden Toten, der sich jetzt vollends aufgerichtet hatte. Ein sanftes Leuchten umflirrte die Gestalt.

Bancroff hatte nicht mehr die Kraft seine Taschenlampe zu halten.

Dumpf schlug sie zu Boden und zerbrach klirrend.

Dunkelheit hüllte den hageren Mann ein.

Der lebende Tote begann noch intensiver zu leuchten. Seine knochigen Hände hoben sich langsam und richteten sich auf George Bancroff, der jetzt gellend zu schreien begann.

Er wollte davonlaufen, doch seine Muskeln gehorchten ihm nicht mehr.

Er verharrte bewegungslos und starrte auf den toten Mann in der verschlissenen Mönchskutte, der jetzt mit eckigen Bewegungen dem Sarg entstieg.

Bancroff streckte beide Arme wie abwehrend von sich. Wieder begann er gurgelnd zu schreien. In seinen Augen brannte Wahnsinn auf.

Zwei Meter vor Bancroff verhielt der Tote.

Die leeren Augenhöhlen begannen plötzlich in einem verzehrenden Feuer zu glühen. Die breite Kerbe des Mundes öffnete sich zu einem klaffenden Spalt.

George Bancroff starrte in die zahnlose Öffnung.

Ein teuflisches Lächeln umspielte die welken und ausgetrockneten Lippen des Toten.

Eine fremde hasserfüllte Stimme stand plötzlich in George Bancroffs Gehirn.

»Bancroff, auch du kannst meinem Fluch nicht mehr entrinnen. Du hast mich zwar gefunden, doch du wirst nun in das Zwischenschattenreich eingehen. Auch du bist für alle Ewigkeiten verloren!«

Die hagere Gestalt von Bancroff bäumte sich auf. Schaum stand in seinen Mundwinkeln. Die vor Grauen geweiteten Augen traten fast aus den Höhlen.

Er versuchte zu sprechen, doch seine Zunge war wie gelähmt. Bancroff fühlte, dass etwas Unbekanntes von seinem Gehirn langsam Besitz ergriff. Irgend etwas Fremdartiges und Böses schob sich in seine Gedanken, begann ihn zu lähmen und den Willen zu nehmen.

Der hagere Mann kämpfte vergeblich dagegen an.

Die toten Augenhöhlen des lebenden Toten begannen immer stärker in einem teuflischen Feuer zu flackern.

Lodernde Flammen umspielten die hoch aufgerichtete Gestalt des Toten in der Mönchskutte. Beißender Schwefelgeruch ging von ihm aus.

Vor Bancroffs Augen begann allmählich alles zu verschwimmen.

Gleißende Helligkeit ließ ihn zusammenzucken. Brennender Schmerz fraß sich in sein gemartertes Gehirn.

George Bancroff stürzte zu Boden.

 

*

 

Der ungefähr dreißigjährige Mann lag regungslos unter dem weißen Laken. Nur sein blasses und eingefallenes Gesicht schaute hervor. Kanülen waren in Mund und Nase eingeführt.

Ein halbes Dutzend Maschinen und Messgeräte umstanden das Krankenbett von John Bancroff. Viele Leitungen und Schläuche verschwanden unter dem weißen Bettuch.

Der Mann lag wie tot auf der Intensivstation der Londoner Mertens- Klinik. Kein Atemzug hob und senkte seine Brust. Die Augen waren geschlossen.

Susan Bancroffs Hände verkrampften sich ineinander. Die zweiundzwanzigjährige Frau wandte sich an Professor Mertens, der neben ihr stand und ebenfalls durch das kleine Fenster in den Raum starrte, in dem sich John Bancroff befand.

»Immer noch keine Änderung seines Befindens«, sagte Susan und konnte ein Zittern in ihrer Stimme nicht unterdrücken. »Seit vier Wochen hält nun dieser Zustand an. Ist denn noch immer kein Ende abzusehen?«

Professor Mertens griff nach der Hand der jungen Frau. Seine Augen blickten irgendwie hilflos.

»Wir tun was wir können, Susan. Doch wir stehen vor einem großen Rätsel. Dein Bruder John ist zwar klinisch gesehen, tot, aber dann ist er doch wieder nicht tot. Wir können keinen Herzschlag mehr feststellen, und auch seine Gehimschwingungen sind nicht mehr messbar. Und doch . . .«

Der weltberühmte Arzt fuhr sich gedankenverloren übers Gesicht.

Wieder war dieser hilflose Ausdruck in seinen Augen.

»Ich kann es dir nicht anders erklären, Susan. Ich weiß selbst nicht, was mit John los ist. Die Leichenstarre ist nicht eingetreten. Die künstliche Nahrung, die wir ihm verabreichen, wird jedoch von seinem Organismus angenommen. Ein weiteres Rätsel. Er ist tot und doch nicht tot.«

Susan schluckte mehrmals trocken. Ein dicker Kloß würgte sie in der Kehle. Dicke Tränen kullerten ihr plötzlich über die bleichen Wangen.

»Professor Hamilton aus New York wird in den nächsten Tagen herüberfliegen und sich John ansehen. Hamilton ist ein alter Studienfreund von mir. Die Krankheit, wie ich es einmal bezeichnen möchte, deines Bruders interessiert ihn sehr. Vielleicht weiß Hamilton einen Rat. Ich selbst bin am Ende meiner Weisheit angelangt.«

Professor Mertens sah die junge Frau nachdenklich an.

»Was macht dein Bruder George?« versuchte er abzulenken. »Ihn beschäftigt diese Sache sehr stark. Er scheint irgendeinen Verdacht zu haben, doch auf meine Fragen dahin wich er mir aus. Er fragte mich, ob ein derartiges Phänomen schon einmal in der Bancroff-Familie aufgetreten sei.«

Susan blickte den Professor erstaunt an.

»Das verstehe ich nicht, Professor. Unsere Eltern kamen bei einem Autounfall ums Leben. Und sonst.. .«

Die junge Frau zuckte mit den Achseln.

»Dein Urgroßvater starb vor fünfzig Jahren eines sehr plötzlichen Todes, der nie richtig aufgeklärt werden konnte. Dein Vater erzählte es mir einmal. Auch bei deinem Urgroßvater soll keine Leichenstarre aufgetreten sein.«

Es schien Susan, als strich eine eiskalte Hand über ihren Rücken. Ihr Herz begann schneller zu schlagen.

»George hat sich in den letzten vier Wochen auch irgendwie verändert«, murmelte Susan. »Er befaßt sich intensiv mit irgendeinem Problem. Auf Morgans und meine Fragen hin gab er keine Auskunft. Sollte es vielleicht etwas mit Johns Krankheit zu tun haben?«

Professor Mertens lächelte, seine Augen blickten ernst.

»Ich bin seit vielen Jahren ein Freund eurer Familie, Susan. Ihr könnt immer zu mir kommen, egal was es auch sein mag. Und ich verspreche dir, dass ich mich um John kümmern werde, so als wäre er mein eigener Sohn.«

Susan Bancroff schaute den Professor dankbar an, der sich jetzt über sein silbergraues Haar strich und ihr aufmuntemd zunickte.

»Grüß mir George und Morgan. Ich muss jetzt weiter. Ich habe Patienten, die auf mich warten.«

Er verabschiedete sich schnell von Susan. Sie blickte nochmals durch das kleine Fenster und starrte traurig auf die regungslose Gestalt unter dem weißen Laken.

Wieder fühlte sie eine heiße Angst in sich aufsteigen. Schnell ging sie davon, durchquerte einige Korridore und verließ die Klinik.

 

*

 

Eine gute Stunde später erreichte sie die Villa der Familie Bancroff, die von einem großen Park umgeben war.

Susan Bancroff betrat das Wohnzimmer und strich sich eine Strähne ihres langen blonden Haares aus der Stirn. Ihr ovales Gesicht mit den ernst blickenden blauen Augen verzog sich unwillig, als ihr Bruder Morgan sofort auf sie zukam.

»Wie geht es John?« fragte er nervös und fuhr sich mit dem Zeigefinger zwischen Hemdkragen und Hals.

Susan lächelte bitter.

»Sein Zustand ist nach wie vor unverändert, Morgan. Die Ärzte tun alles nur Menschenmögliche, doch sie stehen noch immer vor einem Rätsel.«

Susan ließ sich in einen bequemen Sessel fallen und schlug die schlanken Beine übereinander. Ihre vollen Brüste zeichneten sich deutlich unter der dünnen Bluse ab.

Morgan Bancroff setzte sich ihr gegenüber. Er griff nach dem halbvollen Glas mit Whisky und trank es leer. Mit der Zunge fuhr er sich über die feuchten Lippen. Dann rückte er nervös seine Brille zurecht.

»Vielleicht sollten wir es doch in Amerika versuchen«, bemerkte er plötzlich. »In New York soll es eine Spezialklinik geben. Bestimmt kann man John dort...«

Susan unterbrach ihn kopfschüttelnd.

»Der Fall unseres Bruders hat großes Aufsehen erregt. Das ist so ein richtiges Fressen für die Regenbogenpresse und für gewisse Illustrierte gewesen. Sogar in New York ist man darauf aufmerksam geworden. Ein gewisser Professor Hamilton hat für die nächsten Tage seinen Besuch angekündigt. Doch ich glaube, nicht daran, dass er John helfen kann.«

Die beiden schwiegen und hingen ihren düsteren Gedanken nach.

»John ist tot und doch nicht tot«, murmelte Morgan. »Das soll nur einer verstehen. Seit Wochen versuchen die Ärzte vergeblich, ihn wieder der Bewusstlosigkeit zu entreißen. Wie soll das nur weitergehen?«

Susan Bancroff zündete sich eine Zigarette an. Sie inhalierte tief und stieß den Rauch in Form von kleinen Ringen wieder aus.

»Ich verstehe es ja auch nicht«, antwortete sie dann. »Ein lebender Toter!«

Morgan sah seine Schwester vorwurfsvoll an.

»Rede nicht solch einen Unsinn«, erwiderte er schärfer als beabsichtigt. »Lebender Toter? Es muss doch eine ganz natürliche Erklärung für dies alles geben. Doch die Ärzte und auch Professor Mertens weichen aus, verschanzen sich hinter irgendwelchen medizinischen Ausdrücken, die kein normaler Mensch versteht.«

»Wo ist George?« fragte Susan unvermittelt und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus.

Sie wollte ihr einfach nicht schmecken. Die Aufregungen der vergangenen Wochen waren an der jungen Frau nicht spurlos vorübergegangen.

»George hat geschäftlich in Schottland zu tun. Er wollte heute Abend zurück sein. Er wird wohl bald auftauchen.«

Jetzt schwiegen sie wieder. Langsam und träge verging die Zeit.

Irgendwo schlug eine Kirchturmuhr.

Susan fuhr zusammen.

Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Dann blickte sie zu Morgan hinüber, dessen Kopf auf die Brust gesunken war. Röchelnde Schnarchlaute kamen aus seinem weit geöffneten Mund.

Susan erhob sich lächelnd.

Sie hielt Morgan die Nase zu. Das Schnarchen brach ab, und der junge Mann schreckte hoch.

»Was ist?« fragte er und fuhr sich über seine geröteten Augen. Gähnend richtete er sich auf.

»Was, schon so spät?« murmelte er und warf einen Blick aus dem Fenster.

Die Sichel des Mondes stand geisterhaft bleich am Firmament.

»Ich wollte eigentlich mit Jane in das neue Musical gehen«, sagte er und gähnte erneut. »Doch wenn ich es mir so recht überlege, habe ich überhaupt keine Lust dazu.«

Susan lächelte nur.

»Seit deinem Unfall vor einem Jahr scheint nicht mehr viel los mit dir zu sein«, bemerkte sie und zwinkerte Morgan spöttisch zu. »Vielleicht sollte ich einmal deine Braut fragen.«

Morgan verzog seine Mundwinkel und zupfte sich nachdenklich an seinem kurz gestutzten Schnurrbart. In seinen dunkelbraunen Augen begann es zu funkeln.

»Willst du vielleicht Einzelheiten wissen, Schwesterherz?« grinste er und fuhr Susan über ihr langes blondes Haar, das ihren Kopf voll und weich umwogte.

Doch dann wurde sein Gesicht ernst. Große Sorgenfalten kerbten seine Stirn.

»Die Nachwirkungen meines Autounfalles machen mir immer noch zu schaffen«, murmelte er heiser. »Hin und wieder verspüre ich diese verdammte Silberplatte in meiner Schädeldecke. Hauptsächlich wenn das Wetter umschlägt. Doch in den letzten Tagen und Wochen ist es besonders schlimm geworden. Ich habe oft das Gefühl, dass mein Schädel bersten würde. Mir ist manchmal so, als versuchte jemand mein Gehirn zu zerstückeln.«

Er winkte hilflos ab und zuckte mit den Achseln. Susan musterte ihn besorgt.