Die Berührten - Sandro Veronesi - E-Book

Die Berührten E-Book

Sandro Veronesi

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Beschreibung

Veronesi schildert in seinem Roman mit der Bildkraft eines Fellini eine Jugend ohne Ziel – aber auch ohne Probleme. Bis auf die alle bedrohende Einsamkeit. Und der versuchen sie durch die Liebe zu entkommen. Sie treibt Mète jedoch immer zerstörerischer in die Nähe zu seiner sinnlich-verführerischen Halbschwester Belinda. Als die Eltern der beiden ihre Hochzeitsreise antreten, zieht Belinda bei ihm ein. Und damit ist die Katastrophe nicht mehr abzuwenden. Sandro Veronesis Roman ist nicht nur die Geschichte einer zerstörerischen Liebe, sondern gleichermaßen ein faszinierendes Gesellschafts- und Großstadtpanorama.

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Seitenzahl: 472

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Sandro Veronesi

DIE BERÜHRTEN

Roman

Aus dem Italienischen vonMichael von Killisch-Horn

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Gli Sfi orati«.

© Fandango Libri, published by arrangement with Literary Agency Michael Gaeb

Für die deutsche Ausgabe

© 2014 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Umschlag: Rothfos & Gabler, Hamburg

Unter Verwendung eines Fotos von © Federico Mauro

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Printausgabe: ISBN 978-3-608-93993-4

E-Book: ISBN 978-3-608-10665-7

Dieses E-Book entspricht der 1. Auflage 2014 der Printausgabe

ERSTES KAPITEL

Melius nubere quam uri.

Es ist besser zu heiraten, als sich in Begierde zu verzehren.

Paulus Korinther 1, 7

Folgen

Sein Geruchssinn war bereits wach genug, um ihn mit einem Mistgestank zu quälen. Das Morgenlicht brach sich Bahn durch die zarten Lider, die sich langsam hoben wie zwei Zwillingsleinwände, über welche die letzten Bilder des Traums liefen, der auf sie projiziert worden war. Zunächst hatte er Mühe, die Kokosnuss zu erkennen, die neben seinem formlosen Körper auf der Bettdecke lag. Unmöglich, dachte er und schloss schnell wieder die Augen.

Doch es war so, er musste sich damit abfinden. Aufgrund einer Reihe überraschender Enthüllungen war er gezwungen, die hässliche Realität dieses Morgens zu akzeptieren: Eine Kokosnuss lag neben ihm auf dem Bett; unter der Decke hatte er vollständig angekleidet geschlafen, mit Jacke und Schuhen. Besonders die Schuhe mit ihren dicken Profilsohlen aus Gummi hatten zwischen den Laken eine nichts Gutes verheißende braune Substanz verteilt. Das Telefon war auf den Boden gefallen, der Hörer, aus dem das Besetztzeichen drang, lag daneben, und irgendwo im Zimmer summte eine Fliege. Das Zimmer war jedenfalls seins, dasjenige, in dem Mète seit sechs Monaten bis zu diesem Morgen ziemlich regelmäßig jeden Tag im Herzen Roms aufgewacht war. Reglos, außerstande, im Augenblick auch nur einen Finger zu bewegen, beschränkte er sich darauf, seine Aufmerksamkeit auf diese befremdliche Situation zu richten, die sich immer deutlicher als Folge von etwas erwies. Aber noch gelang es ihm nicht, sich zu erinnern wovon und sich den Grund für die heftigen Gewissensbisse zu erklären, die ihn jetzt quälten.

Das Erste, was er zu tun vermochte, war, den Hörer an sein Ohr zu führen, mit der zeitlupenhaften Langsamkeit eines Astronauten in der Leere des Alls. Als wie üblich Radio Vatikan aus dem Hörer tönte (es musste die Stimme des Papstes sein, die mit dem Besetztzeichen rivalisierte), war er erleichtert. Er blieb noch etwas liegen und lauschte heiligen Worten, um seinen ganzen Mut zusammenzunehmen und aktiv zu werden.

Und jede Menge Mut brauchte er, um sich jeder einzelnen dieser Folgen zu stellen. Er zog unverzüglich die Schuhe aus und stellte sie aufs Fensterbrett. Wütend riss er Laken und Decken vom Bett, knüllte sie zusammen und schleuderte das Knäuel, fest entschlossen, es nie mehr anzurühren, in die entfernteste Ecke des Zimmers. Er stellte das Telefon auf den Nachttisch zurück. Dann begann er den braunen Fußabdrücken auf dem Boden zu folgen, die ihn seinen nächtlichen Weg zurückverfolgen ließen, aus dem Schlafzimmer durch den Salon, der mit archäologischen Funden vollgeräumt war, und den zweiten, leeren, bis in die Diele. Dort bemerkte er, dass die Spuren sich gabelten, die eine Abzweigung führte weit in die Küche hinein bis zur Spüle und wieder zurück, die andere glitt unter der Wohnungstür nach draußen. Mète spähte durch den Spion ins Halbdunkel des zu einer Seifenblase verzerrten Treppenabsatzes und sah, dass die Spuren sich bis zum Lift fortsetzten, wenige Zentimeter von der Tür einer anderen Wohnung entfernt, in die er vor ein paar Tagen Terence Hill hatte gehen sehen.

Er eilte in die Küche, nahm einen Schwamm, füllte einen Eimer mit Wasser, stürzte ins Treppenhaus und begann den eleganten Fußboden aus Impruneta Terracotta zu reinigen.

Während er, über den Boden gebeugt, die Fliesen scheuerte und innerlich bereute und um Vergebung flehte für das, was er in der vergangenen Nacht getan hatte, was immer es auch gewesen sein mochte, öffnete sich die Lifttür vor ihm und gab den Blick frei auf die winzige Gestalt von Dani, der ihn verblüfft anstarrte. In ebendiesem Augenblick klingelte in der Wohnung das Telefon. Mète erhob sich und ging einen Schritt auf die Eingangstür zu. Dann überlegte er es sich anders und machte einen Schritt zurück in Richtung Dani. Das Telefon hörte nicht auf zu klingeln. Mète zögerte noch einen Augenblick, doch als er sah, dass Dani etwas sagen wollte, kam er ihm zuvor.

»Geh nicht in diese Wohnung«, sagte er, »rühr dich nicht vom Fleck, nicht einen Millimeter.«

Sein Ton duldete keinen Widerspruch. Dann verschwand er mit zwei Sprüngen durch die Tür.

Wer dieser Dani ist

Nutzen wir, während Mète telefoniert, die Gelegenheit, um zu erklären, wer dieser Dani ist. Er ist ein sehr ungewöhnlicher Mensch, wie jeder bezeugen kann, der ihn kennengelernt hat, und wie, sehr viel wissenschaftlicher, die graphologische Analyse beweist, der Mète seine Handschrift unterzogen hat. Er ist in erster Linie Philippino und arbeitet als Hausangestellter in der Villa der Lebensgefährtin von Mètes Vater. (Mètes wird sich im vorliegenden Fall als die zutreffendere Bezeichnung erweisen.) Nach der ältesten Tradition orientalischer Diener ist Dani gebildet und kultiviert, mehr als seine Herrschaft. Sein Nachname lautet Elección. An der Universität von Manila hat er Psychologie studiert. Er spricht gut Englisch, Spanisch und Italienisch mit leichtem Akzent. Er ist siebenunddreißig und lebt seit sechs Jahren in Italien. Er ist verheiratet mit Mila Elección (einer Cousine zweiten Grades), die ebenfalls als Hausangestellte in besagter Villa arbeitet, wodurch sie das berüchtigte »Paar« bilden. Als praktizierender Katholik hat er an einem Mittwoch dem Papst die Hand geschüttelt. Er hat einen italienischen Führerschein und nennt ein Auto sein eigen, einen zitronengelben Fiat 127. Seine Ersparnisse belaufen sich zum Zeitpunkt seines Auftritts auf 19700 amerikanische Dollar. Er hat , und abonniert. Sternzeichen Schütze. Im chinesischen Horoskop Schwein. Er hat langes, nach hinten gekämmtes Haar, das ihm eine hohe Stirn nach Art D’Annunzios verleiht, und seine Laune ist in der Regel ausgezeichnet, manchmal gut, sehr selten mäßig und niemals schlecht. Mit Mète teilt er ein kleines Geheimnis, das wir später enthüllen werden.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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