Die besten Ärzte - Sammelband 26 - Katrin Kastell - E-Book

Die besten Ärzte - Sammelband 26 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Willkommen zur privaten Sprechstunde in Sachen Liebe!

Sie sind ständig in Bereitschaft, um Leben zu retten. Das macht sie für ihre Patienten zu Helden.
Im Sammelband "Die besten Ärzte" erleben Sie hautnah die aufregende Welt in Weiß zwischen Krankenhausalltag und romantischen Liebesabenteuern. Da ist Herzklopfen garantiert!

Der Sammelband "Die besten Ärzte" ist ein perfektes Angebot für alle, die Geschichten um Ärzte und Ärztinnen, Schwestern und Patienten lieben. Dr. Stefan Frank, Chefarzt Dr. Holl, Notärztin Andrea Bergen - hier bekommen Sie alle! Und das zum günstigen Angebotspreis!

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Chefarzt Dr. Holl 1791: Als ihr Kind nicht wiederkam ...
Notärztin Andrea Bergen 1270: Sophies Baby
Dr. Stefan Frank 2224: Komm heil zurück, Julia!
Dr. Karsten Fabian 167: Die Frau, die ein Geheimnis hatte
Der Notarzt 273: Das Geheimnis einer traurigen Patientin

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 589

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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2014/2015/2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv: © LightField Sutdios/shutterstock ISBN 978-3-7517-1088-6 ww.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

Katrin Kastell, Marina Anders, Stefan Frank, Ulrike Larsen, Karin Graf

Die besten Ärzte 26 - Sammelband

Inhalt

Katrin KastellDr. Holl - Folge 1791Melanie ist ein zauberhaftes kleines Mädchen, das die Natur mit seinen bunten Farben und faszinierenden Schmetterlingen über alles liebt. Für ihre Eltern, die beide hohe Professuren an der Uni innehaben, zählt allerdings nur Leistung. Amanda Winter setzt ihre neunjährige Tochter dermaßen unter Druck, dass das eingeschüchterte Mädchen jede Klassenarbeit vermasselt. Und jedes Mal gibt es zu Hause ein furchtbares Donnerwetter. Was für eine Enttäuschung muss sie für ihre Eltern sein, weil sie immer versagt! Dabei möchte sie doch so gern eine gute Tochter sein, auf die man stolz sein kann! Und dann kommt Melanie eines Tages nicht nach Hause. Auch nach zwei Wochen tappt die Kriminalpolizei noch immer im Dunkeln ...Jetzt lesen
Marina AndersNotärztin Andrea Bergen - Folge 1270In den OPs eins und zwei herrscht angespanntes Schweigen, als Chefarzt Dr. Wolters mit ruhiger Hand den sogenannten Pfannenstielschnitt setzt. Doch als das Neugeborene wenig später auf der Welt ist und nur ein klägliches Wimmern von sich gibt, sinkt allen Anwesenden der Mut: Wird der winzige Junge stark genug sein, die sofort notwendige Operation an Zwerchfell und Lunge zu überstehen? Gleichzeitig richten sich die Anstrengungen der Ärzte und Pfleger auf die junge Mutter Sophie Dirksen, die ebenfalls sogleich einem lebensgefährlichen Eingriff unterzogen werden muss! Aber nach der schwerwiegenden Präeklampsie während der Schwangerschaft ist Sophies Allgemeinzustand geradezu beängstigend schlecht! Um ihr Kind so lange wie möglich auszutragen, hat sie viel gewagt - zu viel, wie sich nun auf fatale Weise herausstellt ...Jetzt lesen
Stefan FrankDr. Stefan Frank - Folge 2224Dr. Frank und das große Abenteuer einer jungen Patientin Vor einem Jahr hat die hübsche Journalistin Julia Wegener erfahren, dass sie an Multipler Sklerose leidet. Zuerst war das ein großer Schock, doch inzwischen meistert sie tapfer das Leben mit der chronischen Krankheit. Sie träumt von einer Rucksacktour durch Spanien, von der großen Liebe und eigenen Kindern. Doch als sich ihr Zustand verschlechtert, scheint all das in weite Ferne zu rücken... Ausgerechnet im Krankenhaus trifft Julia ihren Exfreund Mark Brandstetter wieder. Der junge Assistenzarzt gibt ihr zu verstehen, dass er ihre Trennung zutiefst bereut, aber Julia bleibt zurückhaltend. Immerhin ist ihre Beziehung schon einmal gescheitert, warum sollte sie diesmal halten? Als es ihr wieder besser geht, beschließt sie, sich erst einmal ihren Traum zu erfüllen und eine Rucksacktour durch Spanien zu machen. Allein. Vielleicht kann sie sich unterwegs darüber klar werden, wie ihre Zukunft aussehen soll? Mark macht sich Sorgen um sie. Was, wenn sie unterwegs einen neuen Schub erleidet und niemand für sie da ist? Und tatsächlich: Bereits ein paar Tage nach Julias Abreise bricht die Verbindung plötzlich ab...Jetzt lesen
Ulrike LarsenDr. Karsten Fabian - Folge 167Schon seit über sechs Wochen ist das Haus Nummer 14 im Birkenweg in Altenhagen wieder bewohnt, doch bisher hat niemand die neue Bewohnerin zu Gesicht bekommen. Selbst die Lebensmittel lässt sie sich von Lammers' Supermarkt direkt ins Haus bringen. Das lässt natürlich die Klatschbase Grete Roloff zur Hochform auflaufen. Was hat die Fremde zu verbergen? Grete ist sich sicher, dass es etwas sehr Schlimmes sein muss. Und dann taucht auch noch ein Mann in Dr. Fabians Praxis auf, der auf der Suche nach einer Frau ist, die sich irgendwo in der Heide aufhält - und der Landarzt, so behauptet der Mann, sei der Einzige, der ihm helfen könne ...Jetzt lesen
Karin GrafDer Notarzt - Folge 273Mara hat ein Geheimnis. Ein Geheimnis, das so schrecklich ist, dass niemand davon erfahren darf. Aus diesem Grund lebt sie völlig allein und hat mit ihren siebenundzwanzig Jahren noch nie einen Mann gehabt. Selbst ihren Beruf hat sie danach ausgewählt, dass möglichst niemand zu nahe an sie herankommt. Doch dann verändert ein Unfall beim Joggen plötzlich alles. Mara wird bewusstlos in die Frankfurter Waldner-Klinik eingeliefert, und ihr schlimmster Albtraum wird wahr: Nach einer gründlichen Untersuchung ist der Leiter der Notaufnahme, Dr. Peter Kersten, plötzlich ganz dicht davor, ihr großes Geheimnis zu lüften. Die Patientin versucht energisch, den Fragen des Mediziners auszuweichen, aber Peter Kersten will alles tun, um der verzweifelten jungen Frau zu helfen. Rat suchend wendet er sich an seinen Kollegen Erik Girardi. Der attraktive Gynäkologe befindet sich seit einem schweren Schicksalsschlag in einer tiefen Krise. Unfreundlich kanzelt er seine Patientinnen ab, die anderen Mitarbeiter der Klinik stößt er bei jeder Gelegenheit vor den Kopf, und bei der Klinikleitung gehen fast täglich Beschwerden über ihn ein. Doch Peter Kersten ahnt, dass vor allem Erik der traurigen Mara helfen könnte, aus ihrer Not herauszufinden ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Als ihr Kind nicht wiederkam …

Vorschau

Als ihr Kind nicht wiederkam …

Ist die Neunjährige am Schulstress zerbrochen?

Von Katrin Kastell

Melanie ist ein zauberhaftes kleines Mädchen, das die Natur mit seinen bunten Farben und faszinierenden Schmetterlingen über alles liebt. Für ihre Eltern, die beide hohe Professuren an der Uni innehaben, zählt allerdings nur Leistung. Amanda Winter setzt ihre neunjährige Tochter dermaßen unter Druck, dass das eingeschüchterte Mädchen jede Klassenarbeit vermasselt. Und jedes Mal gibt es zu Hause ein furchtbares Donnerwetter.

Was für eine Enttäuschung muss sie für ihre Eltern sein, weil sie immer versagt! Dabei möchte sie doch so gern eine gute Tochter sein, auf die man stolz sein kann!

Und dann kommt Melanie eines Tages nicht nach Hause. Auch nach zwei Wochen tappt die Kriminalpolizei noch immer im Dunkeln …

„Wie war Ihre Woche, Nadine?“, fragte Dr. Robert Ludewig und lächelte seine Patientin mit großer Wärme an.

„Ich war viel spazieren, wie Sie es mir geraten haben. Ich bin hinaus in den Frühling gegangen und war das erste Mal seit … seit dem Unfall wieder im Englischen Garten. Meine Kleine war immer so gerne dort.“ Nadine Steinmetz blinzelte die Tränen weg und blieb eine Weile stumm.

Der Arzt drängte sie nicht und ließ ihr Zeit. Sie konnte das schwere seelische Trauma, das sie erlitten hatte, nur in ihrem ganz eigenen Tempo auflösen und lernen, damit weiterzuleben.

„Es war schön. Am Sonntag habe ich mich lange auf eine Parkbank gesetzt. So viele verliebte junge Paare und so viele Kinder! Als ich selbst noch mit meinem Mann und Claudi in den Park ging, ist mir nie aufgefallen, wie laut und lebendig es dort ist. Da gehörte ich ja auch noch dazu. Seltsam, wie anders es ist, wenn …“ Sie verstummte und lächelte verlegen.

„Das wollten Sie nicht mit den Spaziergängen auslösen, nicht wahr?“, fragte der Arzt sie.

„Wissen Sie, es ist egal, ob ich nun in unserem Haus bin oder an einem anderen Ort. Claudi und mein Mann sind immer in meinen Gedanken. Ich kann sie nicht wegschicken. Das schaffe ich nicht. Erst dann sind sie wirklich tot, und ich hätte sie ein weiteres Mal auf dem Gewissen. Ich kann das nicht!“

„Wollen Sie es denn schaffen? Sind Sie bereit, ein neues Leben zu beginnen?“, fragte der Therapeut ruhig.

„Nein!“, kam es heftig. „Nein! Das habe ich nicht verdient. Ich gehöre zu meiner Familie, und es ist ein tragischer Irrtum, dass mein Kind und mein Mann ohne mich gegangen sind. Ich hätte mit ihnen im Auto sitzen sollen. Es war meine Pflicht, bei ihnen zu sein. Man ist bei denen, die man liebt.“

„Liebe ist unsterblich, aber geliebte Menschen sterben. Sie leben, Nadine, und Ihre Familie ist tot. Bei unserer letzten Sitzung sagten Sie, dass Sie davon überzeugt sind, alles habe im Leben einen Sinn und folge einem göttlichen Plan. Erinnern Sie sich?“, fragte der Psychiater.

Sie nickte widerwillig.

„Sie leben. Auch diese Tatsache ist dann kein Zufall, sondern von Bedeutung. Gott macht keine Fehler, oder?“, wollte er wissen.

„Gott nicht, aber wir machen Fehler. Ich habe einen Fehler gemacht. Eigentlich wollten wir alle zusammen über das Wochenende zu den Eltern meines Mannes fahren. Claudia hatte sich so sehr darauf gefreut. Sie hat ihre Großeltern über alles geliebt. Ich dagegen kam nie sonderlich gut mit meinen Schwiegereltern aus.“

Nadine konnte nicht länger still liegen bleiben. Daher stand sie auf und setzte sich auf einen der Schwingsessel, die für diesen Fall bereitstanden. Dr. Ludewig wollte, dass seine Patienten sich während der Behandlungen wohlfühlten.

„Sie fanden, ihr Sohn habe eine bessere Frau verdient als mich, erfolgreicher, gesellschaftlich anerkannter – besser eben. Daraus haben sie nie einen Hehl gemacht. Aber Claudia war ihre Prinzessin. Alle mochten meine Kleine. Sie war ein Sonnenschein. Immerzu lachte und tanzte sie. Sie hat so gerne und so leicht gelebt wie ein Schmetterling im Sonnenschein.“

„Warum sind Sie nicht mit zu Ihren Schwiegereltern gefahren?“, brachte Dr. Robert Ludewig sie zum Thema zurück und hoffte, dass sie weitersprechen würde. Es war das erste Mal, dass Nadine überhaupt über den Tag des Unfalls sprach, und schon deswegen bedeutete dies einen Durchbruch.

Zwei Jahre lag der Tod ihres Mannes und ihrer siebenjährigen Tochter nun schon zurück. Vierzehn Monate war Nadine Steinmetz in eine katatonische Starre gefallen. Sie hatte sich so weit in sich zurückgezogen in ihrem Schmerz, dass sie für ihre Umwelt nicht mehr zu erreichen gewesen war.

Mit leerem Blick hatte sie sich von sich aus nicht von der Stelle bewegt. Ihr Körper war unbewohnt gewesen, als ob Seele und Geist ihn zurückgelassen hätten wie ein abgelegtes Kleidungsstück. Tagsüber hatte sie meist reglos auf einem Stuhl am Fenster gesessen. Auf Ansprache hatte sie nicht reagiert.

Dr. Ludewig hatte sich in dieser Zeit um sie gekümmert, denn sie war seine Patientin auf der psychiatrischen Station der Berling-Klinik in München gewesen. Ihr Erwachen nach all der Zeit war für alle wie ein Wunder, aber dieses Wunder forderte seinen Preis von ihr.

Mit ihrem Erwachen musste sich Nadine ihrem Schmerz stellen. Zuerst hatte sie nur getobt und geweint und war in ihrer Verzweiflung selbstmordgefährdet gewesen. Erst vor zwei Monaten hatte sich ihr Zustand so weit stabilisiert, dass sie die Klinik wieder verlassen konnte.

„Ich bin nicht mitgefahren, weil ich keine Lust hatte, aber das habe ich meinem Mann nicht gesagt. Natürlich nicht! Er wusste, dass mein Schreibtisch vor Arbeit überquoll. Ich war … ich bin Übersetzerin und übersetze vor allem literarische Werke. Die Termine, die die Verlage vorgeben, sind meist viel zu knapp.“

„Dann hatten Sie Arbeit und brauchten das Wochenende, um Ihren Rückstand aufzuarbeiten. Sie konnten nicht mitfahren“, warf der Therapeut ein.

„Das habe ich meinem Mann gesagt, und da er wusste, wie viele Nachtschichten ich schon eingelegt hatte, lobte er mich und fand mich sehr vernünftig. Ja, er lobte mich und nannte mich sein fleißiges Bienchen. Dabei hätte ich mitfahren können“, warf sie sich vor.

Mit Vorwürfen kamen sie nicht weiter, aber Dr. Ludewig unterbrach seine Patientin zunächst nicht und ließ sie weitersprechen.

„Ich hätte die Termine auch ohne ein freies Wochenende irgendwie einhalten können. Außerdem hätte ich sie nicht mehr einhalten müssen. Tote haben keine Termine. Ich habe meinen Mann und mein Kind im Stich gelassen. Ich habe zugelassen, dass sie einsam gestorben sind. Ich war nicht bei ihnen“, sagte sie mit dumpfer, tonloser Stimme. Es klang wie eine Verurteilung ohne Bewährung.

„Nadine, Sie wussten nicht, was passieren würde“, erinnerte er sie. „Sie glaubten, dass Claudia und Ihr Mann von Ihren Schwiegereltern liebevoll verwöhnt werden würden. Sie wähnten die beiden in Sicherheit.“

Sie ignorierte seine Bemerkung, und der Arzt war nicht sicher, ob sie ihn überhaupt gehört hatte.

„Die Ärzte haben mir gesagt, dass Claudia auf der Stelle tot war und keine Schmerzen leiden musste. Aber das sagen Ärzte immer zu Müttern, nicht wahr? Ich kann nicht wissen, ob mein Kind gelitten hat. Mein Mann starb erst nach einem Tag im Krankenhaus. Er kam nicht mehr zu sich. Ich saß bei ihm. Daran erinnere ich mich. Er hat gelitten.“

„Und Sie waren bei ihm!“

„Zu spät! Viel zu spät! Ich hätte neben ihm im Auto sitzen müssen, als es geschah, und nichts und niemand kann mich von dieser Schuld jemals reinwaschen.“ Sie weinte nicht und sah den Arzt nur aus hoffnungsleeren Augen an.

„Nadine, ich denke, es ist besser, wenn Sie wieder für ein paar Tage zu uns in die Berling-Klinik kommen.“ Dr. Ludewig konnte die starke Todessehnsucht erkennen und fürchtete, dass seine Patientin daran dachte, sich das Leben zu nehmen.

„Bitte, weisen Sie mich nicht ein!“, bat sie. „Ich werde mich nicht töten. Das glauben Sie doch, oder, dass ich mich umbringe? Aber ich werde es nicht tun. Tod und Erlösung muss man sich verdienen. Ich sollte tot sein, aber ich bin es nicht, und jetzt muss ich dieses ungewollte Leben ertragen, bis ich sterben darf.“

„Dann denken Sie nicht mehr an Selbstmord?“

„O Gott! Jeden Morgen denke ich daran, wenn ich aufstehen muss, um den Tag in Angriff zu nehmen, der nichts für mich auf dem Programm hat – nur Schmerzen. Jeden Abend denke ich daran, wenn ich mich im Bett verkrieche und weiß, dass ich wieder aufwachen werde am nächsten Morgen. Ich denke immerzu daran, aber ich werde es nicht tun. Ich habe kein Recht dazu. Leben ist meine Strafe.“

„Das Leben ist ein Geschenk. Es ist ein leeres Glas, das wir füllen müssen. Wir bestimmen darüber, was wir in dieses Glas tun. Nadine, haben Sie sich einmal gefragt, ob Gott möchte, dass Sie noch hier sind, weil er noch eine Aufgabe für Sie hat, und zwar nur für Sie?“

Robert Ludewig wusste, dass er diesen Blick nie vergessen würde. Hoffnung gab es in der Welt dieser Frau nicht mehr und auch keinen Funken Licht. Da waren nur Schuld und Strafvisionen. Er ließ Nadine Steinmetz gehen und wies sie vorerst nicht wieder in die Berling-Klinik ein.

Sie würde nicht Hand an sich legen, und es bestand keine Selbstmordgefahr mehr. Allerdings war sie dabei, sich auf andere Weise selbst zu zerstören. Seine Therapie schlug nicht an, das stand fest. Was er für einen Durchbruch gehalten hatte, ließ ihn nun daran zweifeln, ob er je zu ihr durchdringen würde.

***

„Fliegt, kleine Schmetterlinge! Fliegt durch den Sonnenschein! Fliegt! Fliegt!“ Das Kind breitete die Arme weit aus und drehte sich singend um sich selbst. Die fünf Zitronenfalter, die das kleine Mädchen so faszinierten, schienen mit ihm zu tanzen und flatterten um es herum.

Es war Mittagszeit, und viele Münchner wählten die Abkürzung durch den Englischen Garten, um in ihrer Pause ein wenig Grün zu sehen und sich zu entspannen. Einigen fiel das glückliche, verträumte Kind auf, und sie gingen lächelnd weiter.

Eine Frau blieb stehen und konnte sich von dem bezaubernden Anblick des Kindes nicht losreißen. Das Mädchen war höchstens neun und trug ein hübsches Kleidchen und einen passenden Hut dazu. Es hätte ein Motiv aus einem Nostalgiekalender sein können.

Es war wunderschön, wie es da mit geschlossenen Augen und in selbstvergessener Freude tanzte. Das Leben selbst schien Schönheit zu gewinnen, denn wo es Vollkommenheit gab, musste Hoffnung existieren. Die langen braunen Haare des Kindes quollen ungebändigt und wild unter dem Hut hervor und umgaben es wie ein Schleier im Wind.

„Wie heißt du denn?“, fragte die Frau, als das Mädchen wie aus einem Traum erwachte und sich verstört umsah. Es musste sich erst einmal orientieren, wo es sich befand. Vielleicht war es tatsächlich für einen Augenblick der Ewigkeit im Reich der Feen gewesen, dachte die Frau neidisch.

„Melanie“, antwortete die Kleine freundlich, doch dann kamen das Erschrecken und der Blick auf die riesige Armbanduhr. „Oh, ich muss heim! Mama wird mich ausschimpfen!“ Sie rannte los, drehte sich aber noch einmal um und winkte.

Als die Frau den Schulranzen im Rasen entdeckte, war das Kind schon lange nicht mehr in Sicht. Sie holte den Ranzen und nahm ihn mit zu einer nahen Parkbank. Dort ließ sie sich nieder. Die Kleine würde bestimmt bald merken, dass sie etwas vergessen hatte, und wiederkommen. Solange wollte sie auf den Ranzen aufpassen, damit nichts verloren ging.

Melanie Winter flog förmlich zum Ende des Parks. Ungeduldig wartete sie an einer roten Ampel und wäre vor Angst und Eile fast bei Rot über die Straße gesprungen. Beim letzten Mal, als sie zu spät aus der Schule gekommen war, hatte ihre Mama getobt und sich kaum beruhigen können. Leider war das erst zwei Tage her. Die Mama hatte es bestimmt noch nicht vergessen. Sie vergaß nie etwas.

Melanies innere Uhr war wieder einmal stehen geblieben, als es so schön gewesen war im Park. Musste die Sonne auch so herrlich scheinen? Und überall roch es so gut und dann all die bunten Schmetterlinge und die interessanten Käfer! Wie schafften es die Erwachsenen nur, einfach daran vorbeizugehen?

Der Kleinen war das rätselhaft. Sie musste einfach stehen bleiben und sich alles anschauen und sich an der Natur erfreuen. Die Zeit stand in solchen Momenten still, aber hinterher übersprang sie einfach eine Stunde oder zwei. Das war gemein! Melanie fand, dass sie schließlich nichts dafür konnte, wenn die Zeit ihr so böse Streiche spielte. Davon wollte ihre Mama allerdings nichts wissen.

Ihre Mama behauptete, dass die Zeit nie Sprünge mache und Melanie pflichtvergessen, langsam und rücksichtslos sei. Das Mädchen gab sich schreckliche Mühe, der Zeit nicht mehr auf den Leim zu gehen und wie ihre Mama zu sein. Aber dann kitzelte es ein Sonnenstrahl an der Nasenspitze, und schon war es wieder passiert, und die guten Vorsätze waren vergessen.

Völlig außer Atem kam Melanie an der Villa an. Sie lag in einer Parallelstraße zum Park und verfügte über einen wunderschönen, großen Garten. Gudrun, die Haushälterin ihrer Eltern, öffnete ihr die Tür.

„Meli, du weißt doch, dass deine Mama mittwochs mittags zu Hause ist! Tief durchatmen und dann rein da!“, bereitete sie das Kind auf den Sturm vor, der sich gleich über ihm entladen würde. Sofort darauf bemerkte die Haushälterin, dass wieder einmal etwas Entscheidendes fehlte, und sie hielt Melanie zurück. „Dein Ranzen?“

„Nein!“ Melanie rannte schon wieder aus dem Haus heraus und zurück in den Park.

Die nette Frau winkte ihr von Weitem und kam ihr mit dem Ranzen sogar ein paar Schritte entgegen.

„Ich dachte mir, dass du wiederkommst, und habe auf deinen Ranzen aufgepasst“, sagte sie freundlich zu dem Kind.

„Danke! Ich vergesse ihn ständig irgendwo, und meist muss ich lange suchen. Zum Glück habe ich ihn bisher immer gefunden“, klagte Melanie. „Immer vergesse ich Sachen. Ich weiß auch nicht, warum das immer nur mir passiert. Ich gebe mir solche Mühe. Das sind bestimmt die diebischen Wichtel, aber keiner glaubt mir das!“

„Diese Wichtel sind böse Kerlchen, aber zum Glück verstecken sie nur alles und geben es wieder zurück, wenn man sie lieb darum bittet. Das ist doch halb so schlimm. Du hast den Ranzen wieder und jetzt ab nach Hause!“

„Danke!“, rief die Kleine noch einmal, und schon rannte sie los.

Wie erwartet ließ das Donnerwetter zu Hause nicht auf sich warten.

„Melanie, es reicht! Du hast den Bogen überspannt. Habe ich dir am Montag nicht gesagt, was passiert, wenn du dich nicht endlich am Riemen reißt? Dein Vater und ich machen da nicht mehr mit!“, empfing die wütende Mutter das Mädchen.

„Mama, es tut mir so leid, aber da waren wunderschöne gelbe Schmetterlinge und …“

„Das interessiert mich nicht! Du kennst die Regeln. Nach der Schule sollst du direkt nach Hause kommen und nicht herumtrödeln. Mittagessen gibt es um halb eins. Bis zwei Uhr machst du Hausaufgaben. Von zwei bis drei Uhr Klavierunterricht. Ballettstunde von vier bis fünf Uhr“, ratterte Amanda den Zeitplan ihrer Tochter herunter.

Melanie starrte ihre Mutter stumm an.

„Das ist dein Plan für den Mittwoch. Was ist daran so schwer zu begreifen? Am liebsten würde ich dir das Mittagessen streichen, denn es ist schon halb zwei. In einer halben Stunde kommt der Klavierlehrer. Iss gefälligst schnell! Einen Teil der Hausaufgaben machst du jetzt und den Rest nach dem Ballett heute Abend! Wehe, du machst sie nicht gründlich und gut! Müdigkeit wird als Ausrede nicht akzeptiert! Wer trödelt, ist selbst schuld!“

„Ja, Mama! Es tut mir leid, Mama!“ Melanie blinzelte die Tränen weg.

Professor Amanda Winter hatte so einiges in ihrem Leben gemeistert. Sie hatte ihre Eltern verloren, als sie gerade achtzehn geworden war und mitten im Abitur stand. Dennoch hatte sie die Prüfung als Schulbeste abgeschlossen und dann mit einem Stipendium Biologie studiert.

Auch ihr Studienabschluss war der beste ihrer Universität gewesen, und dennoch war es hart, in einer Männerdomäne ganz nach oben zu steigen. Mit viel Diplomatie, Strategie und eisernem Willen hatte sie es geschafft, und das obwohl sie mit achtundzwanzig Jahren ein Kind bekommen hatte. Disziplin und Strenge mit sich selbst, so erreichte man seine Ziele!

Amanda empfand sich als Gewinnerin. Gemeinsam mit ihrem Mann, der an der Münchner Universität die höchste Professur für Experimentelle Physik innehatte, betrachtete sie sich als Teil der akademischen Elite Deutschlands. Sie hatte es geschafft.

So eine exponierte Stellung verpflichtete zu Leistung und angemessener Repräsentation. Amanda und Peter Winter kamen diesen Verpflichtungen gerne nach. Sie waren sich ihres Standes bewusst und hätten nie etwas getan, was dem nicht gerecht geworden wäre. Niemals!

Die Villa, die sie sich gekauft hatten, lag exklusiv und zentral. Sie war mit teuren Designermöbeln von einer der exzellentesten Innenarchitektinnen Münchens eingerichtet worden und entsprach in allem dem gehobenen Lifestyle. Die Menschen, die zu ihrem Bekanntenkreis zählten, waren ohne Ausnahme von gesellschaftlicher Relevanz.

Amanda und Peter Winter führten ein Leben wie aus einem Lehrbuch für erfolgreiche Akademiker. Der einzige Fauxpas, gegen den sie machtlos waren, war ihre Tochter. Melanie war durch und durch unangemessen und unpassend. Warum mussten ausgerechnet sie ein derart langsames und ineffizientes Kind haben?

Genetisch hatte Melanie doch alles mitbekommen, um ihren Altersgenossen um Längen voraus zu sein. Warum hinkte sie ihnen dann hinterher? Warum zeigte sie in nichts das Talent und den Biss, die ihre Eltern von ihr erwarteten? Anstatt alle zu übertreffen und voranzugehen, war sie eine Spätentwicklerin und in allem hinterher.

Es war Amanda peinlich, auf Elternabende an der Grundschule ihrer Tochter zu gehen. Da saß sie, die Frau Professor, und das half ihr kein bisschen. Sie fühlte die höhnischen Blicke der anderen Eltern auf sich ruhen und zeigte durch nichts, wie unangenehm es ihr war. Wenn Melanie schon versagte, wollte zumindest sie Haltung wahren, aber das war nicht immer leicht.

„Was ist das?“, fragte sie spitz, als sie kurz vor dem Eintreffen des Klavierlehrers die Hausaufgaben ihrer Tochter kontrollierte.

„Mathe. Ich …“

„Das sehe ich. Und das?“ Amanda kämpfte ihre Wut nieder. Sie wollte ihr Kind nie schlagen, und das hatte sie auch noch nie getan, aber im Moment kostete es sie Beherrschung.

„Das ist ein Schmetterling, wie ich ihn heute Mittag gesehen habe, und auf dem reitet eine kleine Fee und …“ Melanie ging erst auf, dass ihr Bild kaum etwas in ihrem Mathematikheft verloren hatte, als sie die eisige Miene ihrer Mutter sah.

„Frau Schneider hat nichts dagegen, wenn ich ins Heft male!“, rechtfertigte sich das Mädchen rasch, aber es wusste, dass ihm das nichts helfen würde. Frau Schneider fand ihre Bilder hübsch und hatte sie nur gebeten, nicht über den Ergebnissen ihrer Aufgaben zu malen.

„Du machst mich wahnsinnig! Wie kannst du nur meine Tochter sein!“, fauchte die Mutter, und Melanie blieb nur eine längere Schimpfkanonade erspart, weil es gleich zwei Uhr war. „Gleich kommt dein Klavierlehrer, und ich muss wieder an die Uni.“

Melanie war froh, als die Tür sich hinter ihrer Mutter schloss. Sie liebte ihre Mama und wollte es ihr so gerne rechtmachen. Tapfer übte sie Klavier, obwohl sie den Klavierlehrer nicht ausstehen konnte und keine Lust dazu hatte. Wacker brachte sie auch den Ballettunterricht hinter sich.

Wenn sie draußen im Freien war, tanzte und hüpfte und sprang sie furchtbar gern. In dem Ballettsaal mit den vielen Spiegeln, den kichernden anderen Mädchen und der strengen Lehrerin hatte sie plötzlich zwei linke Beine und stolperte schwerfällig durch die Übungen.

„Ballett ist nichts für dich, fürchte ich“, erklärte ihr dann auch die Lehrerin nach der Stunde.

Es gab Tage, an denen hatten es einfach alle auf sie abgesehen.

„Bist du sicher, dass du weitermachen möchtest, Melanie? Es ist keine Schande, wenn du stattdessen vielleicht lieber etwas ganz anderes lernen möchtest. Ich kann mit deiner Mutter reden, wenn …“

„Nein! Bitte nicht! Ich strenge mich mehr an. Bitte!“ Melanie war vor Angst ganz außer sich.

„Das ist deine Entscheidung. Ich hatte nur den Eindruck, dass es dir keinen Spaß macht. Es ist alles gut! Bis nächste Woche!“, beruhigte die Lehrerin sie.

Dankbar huschte Melanie in die Umkleide. Gab es denn nichts, was sie so machen konnte, wie ihre Mama und ihr Papa es wollten? Warum war sie nur eine solche Versagerin? Weinend ging sie heim.

Die Ballettschule lag nur zwei Querstraßen von ihrem Zuhause entfernt, ganz nah bei ihrer Schule, und sie durfte die Strecken schon seit der ersten Klasse alleine gehen. Am Mittag hatte ihre Mama angedroht, dass Gertrud sie von nun an bringen und abholen würde, wenn sie noch ein einziges Mal zu spät kam.

Für Melanie war das beschämend. Sie war doch kein Baby mehr. Sie konnte alleine zur Schule und zum Ballettunterricht gehen. Verzweifelt nahm sie sich vor, von nun an immer pünktlich zu sein. Die Sonnenstrahlen konnten andere vom rechten Weg abbringen. Sie würde immer direkt nach Hause gehen.

Käfer und Schmetterlinge und bunte Blumen gab es nicht mehr für sie. Nein, sie sah nicht hin – die anderen schafften das doch auch alle. Sie musste nur wegsehen. Das konnte doch nicht so schwer sein!

Traurig, wie sie war, gelang es ihr an diesem Abend problemlos, blind für die Schönheiten der Erde zu sein. Sie kämpfte sich durch den Rest ihrer Hausaufgaben und war schon im Bett, als ihre Mutter und ihr Vater heimkamen.

***

„Daniela, kommen Sie später bitte kurz in meine Sprechstunde!“ Frau Professor Amanda Winter blieb am Tisch einer Studentin stehen, die in der Bibliothek lernte. Die junge Frau war ihr im Seminar mehrfach wegen guter Leistungen aufgefallen.

„Hört! Hört! Wieder steigt ein Neuling in die Höhen des Olymps auf!“, spöttelte ein Kommilitone ein wenig gehässig, als die Professorin außer Hörweite war. Er saß am Tisch neben Dani Holl und lernte. Den Büchern nach zu urteilen, die sich um ihn stapelten, besuchte er ein deutlich höheres Semester und bereitete sich schon auf seinen Abschluss vor.

„Was soll der Quatsch! Ich mag Frau Winter. Sie hat echt etwas auf dem Kasten und gibt eine Veröffentlichung nach der anderen heraus. Und ich finde, sie ist eine der wenigen Profs hier an der Uni, der wirklich etwas daran liegt, uns etwas beizubringen. Daraus kannst du ihr keinen Vorwurf machen. Ich finde das toll!“, verteidigte Dani Holl ihre Lieblingsprofessorin. Sie besuchte die Veranstaltungen der Professorin Winter besonders gerne.

„Daraus mache ich ihr keinen Vorwurf. Ganz im Gegenteil, ich habe viel von ihr gelernt und habe jede ihrer Veröffentlichungen begierig gelesen, weil sie gut sind. Was mir nicht gefällt, ist ihre Art, einige von uns auszusortieren und ihnen eine Sonderbehandlung zukommen zu lassen. Du wirst sehen, was ich meine, wenn du nachher bei ihr bist!“, prophezeite der Kommilitone.

„Ich weiß nicht“, meinte Dani unbestimmt.

„Sie wird dir extra Laborstunden anbieten und dich an besonders spannenden Experimenten beteiligen. Außerdem hält sie für einen kleinen Kreis von Auserwählten einmal im Monat am Wochenende Workshops ab. Gehörst du erst einmal dazu, stehen dir plötzlich ganz viele Türen an der Uni offen. So läuft das bei ihr.“

„Das glaube ich dir nicht! Du bist doch nur neidisch, weil sie mich angesprochen hat.“ Dani studierte im zweiten Semester und genoss es nach der Enge der Schule, sich einfach ins Wissen stürzen zu können. Die Universität war für sie noch ein Eldorado, und das wollte sie sich nicht nehmen lassen.

„Da bist du falsch gewickelt. Sie hat mich gefragt, und ich habe auch eine Weile mitgemacht, aber ich fühlte mich nicht gut dabei. Für mich sind wir alle hier, um das Beste aus uns herauszuholen. Mit diesem ganzen Elitedünkel der Superklugen kann ich nichts anfangen. Ich bin bei ihr ausgestiegen, und jetzt straft sie mich mit Missachtung“, erzählte er, wirkte dabei aber nicht sonderlich bekümmert.

„Und das macht dir nichts aus? Was ist, wenn du sie in den Prüfungen hast?“ Dani musterte ihn neugierig. Ihr Gefühl sagte ihr, dass er nicht direkt log, aber vielleicht leicht übertrieb, wie sie es selbst gerne tat, wenn sie etwas erzählte.

„Ganz im Vertrauen: Ich bin superklug. Deshalb hat sie mich auch ausgesucht. Wenn es so weit ist, wird mir einfallen, was zu tun ist, und das ohne Eliteclub im Nacken und ohne den Zwang, mich immerzu hervorzutun.“ Er grinste, stand von seinem Platz in der Bibliothek auf und streckte sich. „Ich habe Hunger! Zeit für die Mensa. Kommst du mit?“, lud er Dani ein.

„Ich bin später dort mit ein paar Leuten aus meinem Seminar verabredet. Vielleicht ein anderes Mal“, lehnte sie ab.

„Wenn du erst zum Club gehörst, bin ich tabu. Pech für dich! Du hast deine Chance vertan.“ Er grinste breit und ging.

„Ich lasse mir von niemandem vorschreiben, mit wem ich in die Mensa gehe und mit wem nicht!“, rief Dani ihm nach.

Er lachte nur, ohne sich umzudrehen, und ging weiter.

Am Nachmittag saß Dani Holl dann der Professorin in ihrem Sprechzimmer gegenüber.

„Daniela, Sie scheinen mir eine ungewöhnlich wache Auffassungsgabe zu haben und überdurchschnittlich begabt zu sein“, begann Frau Winter.

Dani hörte ihr aufmerksam zu.

„Die Uni ist eine Art Massenabfertigung, und dabei kommt manches Interesse leider zwangsweise zu kurz. Es wäre mir eine Freude, Sie mit anderen Studierenden zusammenzubringen, die ähnlich begabt sind wie Sie. Am Samstag treffen wir uns um halb acht im Labor und machen einen Workshop zum Thema ‚seltene Genmanipulationen‘.“

„Bin ich dafür denn bereits qualifiziert?“, fragte Dani halb geschmeichelt und halb irritiert.

„Zweifeln Sie an sich?“ Der Tonfall der Frage machte ihr klar, dass jeder Selbstzweifel als Schwäche ausgelegt wurde.

„Nein!“

„Gut! Dann sehen wir uns am Samstag!“ Für die Professorin war das Thema damit erledigt, und sie wandte sich wieder den Unterlagen auf ihrem Schreibtisch zu. Dani interpretierte es als Rauswurf und bekam nur ein leichtes Kopfnicken, als sie ging.

„Meine Schwester, die Elitestudentin! Du kannst nicht mein Zwilling sein! Nö, da ist etwas passiert. Haben dich die Außerirdischen vertauscht? Alienalarm!“ Marc Holl lachte fröhlich und hänselte seine Zwillingsschwester hemmungslos, als sie ihm am Abend von der seltsamen Einladung und dem Gespräch in der Bibliothek erzählte.

Marc und Dani waren nach dem Abitur aus der Villa ihrer Eltern ausgezogen und teilten sich eine kleine Wohnung in der Nähe der Universität. Während Dani ihr Biologiestudium bereits begonnen hatte, machte Marc noch ein praktisches Jahr im Klinikum rechts der Isar, bevor er Medizin studieren wollte.

Natürlich hätte er sein Praktikum auch in der Berling-Klinik machen können. Dr. Stefan Holl, sein Vater, war der Klinikleiter, und genau deshalb hatte Marc sich dagegen entschieden. Er wollte keine Sonderbehandlung.

Für das Pflegepersonal und die Ärzte der Berling-Klinik war er kein Unbekannter. Die Klinik stand nicht nur im Zentrum des beruflichen Lebens seines Vaters, sondern spielte immer wieder für die ganze Familie Holl eine große Rolle. Rechts der Isar war Marc ein unbeschriebenes Blatt und sammelte Erfahrungen, wie sich der Klinikalltag tatsächlich für einen Praktikanten gestaltete, den keiner kannte.

Dani lachte nicht wie sonst, wenn er seine Späße machte, sondern war gereizt.

„Was hättest du gemacht? Ich mag die Professorin Winter, und natürlich finde ich es klasse, an so einem Workshop teilnehmen zu dürfen. Der steht in keiner offiziellen Ankündigung. Verstehst du? Das ist irre, was ich da lernen kann und …“

„… und warum lässt du dir dann ein schlechtes Gewissen einreden? Es ist doch nichts Verbotenes daran, von einer Professorin besonders gefördert zu werden. Schau dir die Leute an! Wenn es dir nicht zusagt, kannst du dich doch immer noch diskret zurückziehen. Dir fällt etwas Diplomatisches ein! In so etwas bist du gut.“

„Aber du wolltest nicht, dass Papa dich in der Berling-Klinik fördert, und bist deswegen extra zu einer anderen Klinik gegangen“, erinnerte Dani ihn noch immer zweifelnd.

„Das ist etwas anderes. Papa ist großartig. Wenn er nicht mein Vater wäre, und er würde mich wegen meines Könnens extra auswählen, um von ihm zu lernen, dann könnte mich nichts stoppen. Aber Papa ist eben Papa.“ Marc zuckte die Achseln. Besser konnte er den Unterschied nicht beschreiben.

„Okay, das lasse ich gelten! Und wenn sich das Ganze irgendwie falsch anfühlt, dann steige ich wieder aus, und gut ist es!“

„Genau!“

Der Workshop am Samstag war für Dani wie eine Erleuchtung. Sie lernte in den acht Stunden im Labor mehr als an der Uni in einem Monat. Es war traumhaft, und ihre Wissbegierde ließ nicht zu, dass sie das Unbehagen hinterfragte, das sie trotz allem empfand.

***

Als ihre Deutschlehrerin das Diktat austeilte, das sie am Tag zuvor mit der Klasse geschrieben hatte, zog Melanie den Kopf tief zwischen die Schultern und sah starr vor sich auf ihr Pult. Diktate waren nie gut bei ihr, gar nicht gut. Sie wusste genau, was sie gleich erwartete.

„Melanie, beim nächsten Mal wird es besser!“, tröstete die junge Deutschlehrerin sie. Sie wusste, wie sehr sich das Kind bemühte. Es brauchte einfach nur für eine Weile eine spezielle Förderung, die es leider nicht bekam. Die Uneinsichtigkeit mancher Eltern war unverzeihlich.

Dicke Tränen rollten über Melanies Wangen, als sie die vielen roten Striche sah. Fast jedes Wort hatte sie falsch geschrieben. Punkte und Kommata, die diktiert worden waren, hatte sie nicht gehört und immer wieder ganze Wörter ausgelassen, die ihr entgangen waren.

Der restliche Unterricht mit der Verbesserung des Diktates zog an Melanie vorbei, und sie bekam kaum etwas mit. Sie weinte lautlos in sich hinein, ohne es selbst zu merken. Die Lehrerin kannte das schon und wusste, dass sie das Kind lassen musste. Melanie beruhigte sich am leichtesten, wenn man ihr den Freiraum ließ, traurig und verzweifelt zu sein.

Ihre Mama würde so enttäuscht sein und schimpfen. Und der Papa würde sie so seltsam anschauen und nichts dazu sagen. Er sagte kaum noch etwas dazu, wenn sie wieder einmal versagte. Er hatte sie aufgegeben.

Früher hatte er an den Wochenenden öfter einmal mit ihr gespielt, oder sie waren zusammen in den Zoo gegangen. Jetzt sah Melanie ihn nur noch beim Essen, und ansonsten war er immer in seinem Arbeitszimmer oder an der Uni. Abends kam er nicht mehr in ihrem Zimmer vorbei, um ihr einen Gutenachtkuss zu geben. Es war, als ob es sie gar nicht mehr für ihn gab. Er hatte sie gestrichen und vergessen.

Das Kind konnte nicht wissen, dass Professor Peter Winter an einem Buch arbeitete, das in der Wissenschaftswelt für ziemliche Aufregung sorgen sollte. Versunken in seine Arbeit nahm er nur noch sporadisch am Familienleben teil, und selbst dann war er in Gedanken bei der Arbeit.

„Du warst gestern mit den Gedanken nicht ganz bei dem Diktat, oder?“, fragte die Lehrerin nach dem Unterricht. Es war die letzte Schulstunde, und die anderen Kinder waren fröhlich aus dem Raum gerannt und freuten sich auf ihr Zuhause. Melanie tat ihr leid. Sie hatte die ungewöhnlich fantasievolle Schülerin sehr gern und war überzeugt, dass etwas ganz Besonderes in ihr steckte.

Melanie packte in quälender Langsamkeit ihre Sachen in den Ranzen. Es war Mittwoch. Ihre Mama war zu Hause, und sie musste ihr das Diktat zeigen. Die Lehrerin hatte keine Note darunter geschrieben. Das war lieb, aber Melanie wusste, dass ihre Mutter die Note fett und in Rot sah, auch wenn sie da nicht stand.

„Doch, aber es geht immer so schnell“, jammerte das Mädchen niedergeschlagen. „Ich bin noch ganz am Anfang, da geht es schon weiter, und dann komme ich gar nicht mehr hinterher. Ich bin viel zu langsam.“

„Du hast beim Lesen große Fortschritte gemacht seit letztem Jahr. Es geht schon viel flüssiger, und ich merke, dass du ganz toll übst. Irgendwann wird es auch mit dem Schreiben besser. Du musst dranbleiben und an dich glauben! Du kannst das!“, ermutigte die Lehrerin sie.

Das Mädchen brauchte vor allem Lob und Anerkennung, davon war sie überzeugt und tat, was in ihren Möglichkeiten lag. Eine Lese- und Rechtschreibschwäche sagte nichts über die Fähigkeiten und die Intelligenz eines Kindes aus. Spezielle Therapien konnten Abhilfe schaffen. Wichtig war, den Druck von den Schultern eines betroffenen Kindes zu nehmen, damit es furchtlos und entspannt lernte.

„Gudrun, unsere Haushälterin, liest mittags oft mit mir. Sie ist klasse und sagt es Mama nicht. Abends muss ich alleine eine Stunde im Bett lesen. Da schlafe ich manchmal ein, aber ich gebe mir Mühe, wach zu bleiben“, verriet Melanie. Sie freute sich unbändig über das Lob. Über das traurige, verweinte Gesicht ging ein Leuchten.

Die Lehrerin hatte schon mehrfach mit Amanda Winter wegen der Schwierigkeiten des Mädchens gesprochen. Sie wollte erreichen, dass die Lese- und Rechtschreibschwäche offiziell bei Melanie festgestellt und therapiert wurde. Viele Kinder hatten diese Probleme, und es war eigentlich nichts dabei. Melanies Mutter aber war taub auf dem Ohr. Sie weigerte sich resolut, ihr Kind testen zu lassen.

„Ich möchte nicht, dass mein Kind den Stempel bekommt, so eine Schwäche zu haben! Nein, Melanie muss sich mehr anstrengen. Mein Mann und ich fördern sie konsequent, aber ich will, dass ihre Arbeiten ganz normal benotet werden. Für sie wird keine Ausnahme gemacht, damit sie sich auf ihrem Unvermögen ausruhen kann! Das halte ich für die völlig falsche Botschaft“, hatte Amanda Winter erklärt, als die Lehrerin beim letzten Gespräch noch einmal auf eine Testung durch den Kinderarzt gedrängt hatte.

„Es geht doch nicht darum, Melanie eine unnötige Sonderbehandlung zu verschaffen, auf der sie sich ausruhen kann. Was ich erreichen möchte, sind positive Lernerfahrungen für Ihr Kind. Wenn Lernen immer mit Versagen, mit Tadel und Niederlage verknüpft ist, dann nimmt das jedem Kind den Mut“, hatte die Lehrerin erwidert.

„Wenn meine Tochter positive Erfahrungen machen möchte, dann muss sie etwas dafür tun. Sie ist kein kleines Mädchen mehr. Immerzu taucht sie in ihre Traumwelt ab und kann sich nicht konzentrieren. Das geht nicht! Melanie ist neun und hat Aufgaben zu erledigen wie jeder von uns. Darauf muss sie sich konzentrieren! Tut sie das nicht, muss sie mit den Konsequenzen umgehen – mit Tadel und Versagen“, beharrte die Mutter.

„Glauben Sie mir, ich habe in der Klasse Schüler, die freiwillig keinen Finger rühren und einfach nur faul sind. Die tadle ich liebend gerne und mache ihnen Druck. Melanie gehört nicht dazu. Sie ist fleißig und möchte lesen und schreiben. Jedes Kind wird in seinem eigenen Tempo erwachsen, und Melanie ist noch sehr verspielt und verträumt, aber das kommt alles, wenn sie so weit ist.“

„Und wann soll das bitte sein? Menschen wachsen an ihren Herausforderungen. Ich bin Biologin und weiß, dass wir Menschen nicht so weit gekommen sind in der Evolution, weil wir geschont wurden. Wir mussten kämpfen, uns anpassen, und genau das erwarte ich auch von meinem Kind. Es weiß, dass es üben muss und hart arbeiten, weil man lesen und schreiben können muss.“

So viel Unverständnis und Ignoranz raubte der Lehrerin den Atem. Ahnte die Mutter denn nicht, unter welchen Druck sie ihr Kind setzte? Kindliche Entwicklung war ein sensibler Prozess. Das hätte sie als Biologin eigentlich auch wissen müssen. Druck konnte diesen Prozess empfindlich stören und sogar zum Stillstand bringen.

„Mit Üben allein ist es nicht getan. Melanie braucht Zuspruch und spezielle Hilfe. Es fällt ihr schwerer als den anderen Kindern, aus den Buchstaben die Wörter zu erkennen, und dadurch entgeht ihr oft die Bedeutung der Sätze. In den Diktaten ist sie zeitlich überfordert, weil sie Wort für Wort mühsam zusammensetzen muss. Sie hat eine Leseschwäche, und dagegen kann man etwas tun.“

Amanda Winter hatte das Gespräch verärgert abgebrochen. Sie sah nicht ein, sich von so einer kleinen Grundschullehrerin sagen zu lassen, was ihr Kind konnte und was nicht. Stattdessen setzte sie Melanie noch mehr unter Druck, und seitdem musste das Kind abends im Bett eine Stunde lesen, egal wie lange und schwer sein Tag gewesen war.

„Hallo, Melanie! Du siehst aber heute traurig aus. Was ist denn passiert?“, sprach die nette Frau Melanie im Park wieder an. Sie war fast jeden Tag dort, wenn Melanie auf dem Heimweg war. Meist wechselten sie kein Wort, winkten sich nur zu und lachten sich an.

„Ich habe mein Diktat zurückbekommen, und es ist ganz rot. Die Mama wird böse mit mir sein“, erzählte die Kleine niedergeschlagen und mit hängendem Kopf.

„Hast du denn für das Diktat geübt und dir Mühe gegeben?“, wollte die Fremde wissen.

„Ganz arg!“, kam es aus tiefstem Herzen.

„Dann hast du dein Bestes gegeben und musst dich nicht schämen. Beim nächsten Mal wird es bestimmt besser!“, tröstete sie Melanie.

„Wird es nicht. Ich kann das nicht. Ich bin dumm, und Mama und Papa wollen mich nicht mehr, weil ich nicht zu ihnen passe. Die sind nämlich ganz doll klug und können alles, und ich kann nichts“, schluchzte die Kleine, und der Schmerz der ganzen Welt brach aus ihr heraus.

„So ein Unsinn! Komm her, kleine Maus!“ Die Fremde nahm Melanie in den Arm und tröstete sie liebevoll. „Alles wird gut, kleine Maus! Du wirst schon sehen! Am Ende wird immer alles gut!“

Das Mädchen weinte sich aus und fühlte sich sicher bei ihr und angenommen. Wie gerne wäre Melanie nie wieder nach Hause gegangen. Sie wollte nicht, dass ihre Eltern sich für sie schämten. Sie wollte, dass es aufhörte wehzutun. Bei der Fremden schöpfte die kleine Seele etwas Kraft.

„Hast du denn immer mit dem Lesen und Schreiben Probleme?“

Melanie nickte traurig, als sie sich beruhigt hatte.

„Ich kann dir doch ein bisschen helfen. Wenn du mittags hier vorbeigehst, lesen wir zusammen einen kleinen Text, und du fasst ihn für mich zusammen. Das dauert keine zehn Minuten und wirkt Wunder. Ich weiß, dass du das kannst!“

„Ehrlich?“

„Und ob!“

Dankbar stimmte Melanie zu, ohne daran zu denken, dass sie ohnehin schon jeden Tag Schwierigkeiten bekam, weil sie nach Meinung ihrer Mutter zu lange für den Heimweg brauchte.

„Dann bis morgen! Und jetzt beeile dich, damit du keinen zusätzlichen Ärger bekommst!“, musste die Fremde sie erinnern, ansonsten wäre sie noch lange bei ihr im Park geblieben.

Melanie winkte der Fremden und drehte sich immer wieder nach ihr um. Es war schön, eine Freundin zu haben, die sie nicht dumm fand. Als sich das Donnerwetter ihrer Mutter über ihrem Haupt entlud, dachte sie an die nette Frau und ließ es über sich ergehen.

Sie wollte noch mehr üben, und mit der Hilfe der netten Frau sollte alles anders werden. Wenn sie Klassenbeste war und die Lehrer sie lobten, dann würden ihre Eltern sie auch lieb haben. Sie musste sich nur noch mehr anstrengen, aber sie war nicht mehr allein. Sie hatte Hilfe. Das machte ihr Mut.

***

„Peter, so kann das nicht weitergehen! Melanie bleibt hinter den anderen Kindern ihres Alters spürbar zurück. Ab der fünften Klasse kommt sie ins Internat, und dort bringen die sie schon auf die Reihe. Aber bis dahin muss sie die dritte und die vierte Klasse noch irgendwie schaffen“, seufzte Amanda pessimistisch.

Es war Abend, und Melanie war eben ins Bett gegangen, um zu lesen. Amanda saß mit ihrem Mann im Wohnzimmer. Sie hatten sich eine Flasche Rotwein geöffnet und wollten einfach einmal wieder reden. Dazu fanden sie in den letzten Monaten kaum noch Zeit. Jeder von ihnen war beruflich voll eingespannt.

„Wir müssen etwas tun! Es gibt Internate, die Kinder schon im Grundschulalter aufnehmen. Dort wird sie optimal gefördert und aus ihrem nervenden Dornröschenschlaf geweckt, bevor es zu spät ist. Zuhause weiß ich nicht, wie wir das leisten sollen. Was meinst du?“

„Sie ist noch so verträumt und kindlich, Amanda. In einem Internat wird sie untergebuttert und in Stücke gerissen. Ich bin sicher, wenn wir das tun, schaden wir ihr fürs ganze Leben. Melanie ist neun und braucht noch Zeit. Lass das Mädchen in Ruhe, und es wird dich überraschen!“, antwortete Peter Winter leichthin, ohne sich große Gedanken zu machen.

„Lass das Mädchen in Ruhe, und es wird dich überraschen!“, imitierte ihn seine Frau ärgerlich. „Du machst es dir leicht.“

„Melanie kommt nach mir, Amanda. Ich war auch verträumt als Kind und habe die unmöglichsten Dinge angestellt. Auf dem Gymnasium wollten sie mich von der Schule werfen, weil ich einen Eintrag ins Klassenbuch nach dem anderen bekam. Kaum war ich in der zehnten Klasse und wusste, was ich wollte, schrieb ich nur noch Einsen und war wie ausgetauscht. Das Mädchen braucht Zeit“, erklärte Peter Winter und schmunzelte bei der Erinnerung an all die Streiche, die er seinen Lehrern gespielt hatte.

„Peter, wir schwelgen hier nicht in deinen Lausbubenerinnerungen. Es geht nicht um dich, sondern um unsere Tochter, und die wird nie in die zehnte Klasse kommen, wenn nichts geschieht. Mir ist schon klar, dass du keinerlei Lust hast, dich mit den Problemen unseres Kindes auseinanderzusetzen.“

Wie es ihre Art war, ging sie in die Offensive, wenn sie an ihre Grenzen stieß.

„Tut mir leid, aber ich bin beruflich genauso eingespannt wie du, und ich sehe nicht ein, dass ich dieses Desaster alleine bewältige“, fuhr sie fort und funkelte ihn dabei herausfordernd an. „Du kannst dich nicht einfach mit ein paar netten Sprüchen aus der Affäre ziehen! Melanie ist nicht nur mein Problem!“

„Melanie ist unsere Tochter und kein Desaster oder Problem! Mein Gott, Amanda, sie ist ein Kind, ein kleines Mädchen, das noch die Grundschule besucht. Entspanne dich!“

„Jeden Tag bin ich an der Uni von hochintelligenten jungen Menschen umgeben und sehe, was sie zu leisten in der Lage sind. Das ist meine ganze Freude, und ich genieße es. Ist es so verwerflich, dass ich an meine eigene Tochter auch gewisse Ansprüche stelle?“

„Die jungen Menschen, die du an der Uni um dich sammelst, sind im Grunde schon erwachsen. Du kannst nicht wissen, wie sie damals als Kinder waren. Melanie geht ihren Weg, aber du musst ihr das Tempo überlassen!“, bat der Vater für sein Kind und wurde allmählich ungeduldig.

Er hatte sich auf den freien Abend mit seiner Frau gefreut. Eigentlich hatte er ihr schildern wollen, wie weit er mit seinem Buch gekommen war, und er wollte auch einiges mit ihr durchsprechen. Amanda war brillant, und er schätzte ihren Rat. Auf diese unnötige Streiterei hatte er wirklich keine Lust.

„Immerhin nehme ich unser Kind zur Kenntnis und bekomme mit, dass es nicht leistungswillig und konzentrationsfähig ist. Ich sehe seine Unfähigkeit und möchte ihm helfen. Du lebst in deiner Wolkenkuckuckswelt, und außer der Arbeit an deinem Buch nimmst du nichts mehr wahr!“, hielt sie ihm aggressiv vor.

„Amanda, du tust gerade so, als ob Melanie zurückgeblieben sei. Sie ist ein normales Kind und hat tagtäglich neben der Schule noch ein ordentliches Pensum zu meistern. Klavier, Ballett und deine seltsamen Sprachkurse, damit sie irgendwann leichter Sprachen lernt, und was sonst noch alles“, erwiderte ihr Mann.

Peter Winter geriet richtig in Rage, und er konnte sich kaum beruhigen.

„Du lässt sie lernen und lernen, und sie hat einen Terminkalender wie ein Manager. Zum Spielen und Freundschaften schließen, planst du ihr keine Zeiten ein. Also ich bin heilfroh, dass ich eine Kindheit hatte, in der ich spielen und lachen und Kind sein durfte“, sagte er zu seiner Frau.

Das hatte er bisher immer hinuntergeschluckt, weil er wusste, wie empfindlich sie war, wenn es um ihre Vorstellungen von Kindererziehung ging. Jetzt platzte ihm aber fast der Kragen.

„Genialität kann man niemandem eintrichtern. Sie ist etwas Ursprüngliches, das aus sich heraus erwächst und dadurch einzigartig ist. Wenn du willst, dass Melanie genial ist, dann höre auf, sie vollzustopfen mit allem, was du für sinnvoll hältst! Lass ihr Freiraum, um Fehler zu machen, sich zu begeistern und Leidenschaften zu entwickeln. Ansonsten kann sie dich nur enttäuschen, denn zum billigen Abziehbild von dir taugt sie nicht.“

Sprachlos starrte seine Frau ihn an. Wie konnte er es wagen, so mit ihr zu reden? Sie musste sich beherrschen, um nicht mit dem Fuß aufzustampfen.

„Jetzt bin demnach ich es mit meinen seltsamen Sprachkursen und meinen überzogenen Vorstellungen, die unser Kind überlastet. Du bist aus allem fein raus. Wunderbar! Hast du eine Ahnung, was die anderen Eltern alles tun, um ihre Kinder für später gut zu positionieren?“ Amandas Stimme wurde höher und lauter, wie immer, wenn sie wütend war.

„Ich greife dich nicht an, Amanda, aber ich finde, du bauschst die Sache auf. Lass Melanie ein wenig Luft und Raum. Der Rest wird dann schon werden. Kinder …“, versuchte er, seine harschen Worte etwas zurückzunehmen. Mit Kritik hatte sie noch nie umgehen können, und dabei war sie doch selbst eine erbarmungslose Kritikerin.

„Hier, das ist das Diktat, das sie mir heute gebracht hat! Luft und Raum? Sieh dir das an! Kein einziges Wort ist richtig geschrieben. So wird unsere Tochter kein Abitur machen und auch nicht studieren. Keine Ahnung, was aus ihr wird, und sag mir nicht, das sei dir egal!“

„Natürlich ist es mir nicht egal! Vielleicht braucht Melanie wirklich Hilfe, und wir sollten einmal mit ihr zum Arzt gehen“, schlug der Vater nach einem Blick auf das Diktat vor.

„Du möchtest deinen werten Kollegen nämlich genauso wenig sagen wie ich meinen, dass unser Kind den IQ einer Eintagsfliege hat und dass wir als Eltern offensichtlich Pech gehabt und zweite Wahl gezeugt haben.“ Seine Frau lachte höhnisch. „Du …“

„Amanda!“, rief Peter Winter mahnend, als er Melanie in ihrem Nachthemd in der Tür stehen sah. Das Mädchen war kreidebleich, zitterte wie Espenlaub und schien nur aus weiten, riesigen Augen zu bestehen.

„Was ist? Gib es doch zu, dass du dich genauso schämst wie ich und dass …“

„Amanda! Sei still!“ Er deutete auf Melanie, und die Mutter verstummte entsetzt.

„Ich habe mein Lesebuch vergessen und …“, flüsterte die Kleine mühsam und kämpfte dagegen an, dass sie wie erstarrt dort stand. Sobald es ging, rannte sie zum Wohnzimmertisch, wo das Buch lag, schnappte es und flüchtete in ihr Zimmer.

„Glaubst du, sie hat etwas von unserem Gespräch mitbekommen?“, fragte Amanda besorgt. Das hatte sie nicht gewollt!

„Ich weiß nicht, wie lange sie dort stand, aber ich fürchte, ihr ist nicht viel entgangen.“ Peter Winter hatte seine Tochter noch nie so gesehen. Melanie hatte unter Schock gestanden. Betroffen und besorgt fragte er sich, wie tief die Bemerkungen ihrer Mutter sie verletzt haben mochten. Wie ging ein Kind mit so etwas um? Einmal mehr ging ihm auf, dass er keine Ahnung von Kindern hatte.

„Ich gehe zu ihr und wünsche ihr eine gute Nacht“, entschied er und eilte hinaus, ohne auf eine Antwort seiner Frau zu warten.

Amanda stand selbst unter Schock. Was hatte sie da eben gesagt! Als zweite Wahl hatte sie ihr Kind bezeichnet! Sie empfand Abscheu vor sich selbst. Das hatte sie wirklich nicht gewollt. Konnte Melanie ihr das jemals verzeihen, oder würde das, was sie gesagt hatte, ein Leben lang zwischen ihnen stehen?

Wut kochte in Amanda hoch. Musste Peter auch alles herunterspielen und sie damit jedes Mal auf die Palme bringen? Er war jetzt der Gute, und dabei war es allein seine Schuld, fand sie. Ihre letzten Worte waren bewusst bösartig formuliert gewesen, um Peter zu verletzen. Sie waren nicht für Melanie bestimmt gewesen!

Das Kind lag bitterlich schluchzend auf seinem Bett, als der Vater das Zimmer betrat.

„Melanie! Mama hat es nicht so gemeint und …“

„Doch, das hat sie, und sie hat auch recht. Ich … ich gehöre nicht zu euch. Ich bin dumm, und ihr seid klug. Das ist so gemein! Ich möchte so gerne sein wie ihr, aber ich kann das nicht. Ich kann gar nichts. Ich bin zweite Wahl. Mama hat recht. Ich tauge zu nichts.“ Melanie schlug mit den Fäusten auf ihr Kissen ein. „Ich tauge zu nichts! Warum bin ich hier?“

Peter Winter wollte sein Kind an sich ziehen, doch Melanie entwand sich seinen Armen.

„Geh weg!“, schluchzte sie. „Geh weg!“

„Schatz, wir lieben dich. Mama war wütend auf mich. Sie hat nicht dich gemeint. Wir haben dich lieb und …“

„Habt ihr nicht. Ihr schämt euch, weil ich eure Tochter bin, und ihr könnt mich nicht austauschen. Ich möchte gar nicht mehr eure Tochter sein! Geh weg!“

Peter Winter sah ein, dass er Melanie in Ruhe lassen musste, damit sie sich beruhigen konnte. Betroffen und hilflos ging er zur Tür, blieb dort aber eine Weile stehen und betrachtete sein verzweifeltes Kind.

Mit einem hatte Amanda recht. Es musste sich etwas ändern, sonst ging Melanie kaputt. Sie brauchte etwas, was weder seine noch die Stärke seiner Frau war. Beide neigten sie nicht zu den großen Gefühlen und waren nach außen eher sachlich und bedacht. Für andere erweckte das den Anschein von Kälte und Gleichgültigkeit, aber dem war nicht so.

Melanie war ein Kind und brauchte Wärme, Zärtlichkeit und Geborgenheit. Sie brauchte Nestwärme. Der Vater erkannte das sehr deutlich in diesem Moment, aber er wusste nicht, wie er seinem Kind etwas vermitteln sollte, was er selbst kaum kannte.

„Wir haben dich lieb!“, sagte er noch einmal entschuldigend.

Melanie reagierte nicht und weinte einfach weiter. Als ihre Mutter später nach ihr sah, hatte sie sich in den Schlaf geweint. Liebevoll deckte Amanda Winter ihre Tochter zu.

„Es tut mir leid!“, bat sie leise um Verzeihung und schwor sich, alles zu tun, damit ihr Kind selbstbewusst und erfolgreich durchs Leben gehen konnte. Darin sah sie ihre erste Aufgabe als Mutter.

Vielleicht würde Melanie sich deswegen immer von ihr ungeliebt und gegängelt fühlen, aber ein Leben in der zweiten oder dritten Reihe war nicht schön. Davor wollte Amanda ihr Kind um jeden Preis bewahren.

***

In den kommenden Wochen hielt Amanda Winter sich ihrer Tochter gegenüber tatsächlich etwas zurück. Sie übte weiterhin enormen emotionalen Druck aus, tat es aber auf sanftere Weise. Für Melanie machte es keinen Unterschied.

Morgens brach die Kleine mit Übelkeit und Bauchweh zur Schule auf. Bevor sie das Schulgelände betrat, musste sie sich meist das erste Mal übergeben, und in den Schulpausen war sie oft auf der Toilette und übergab sich wieder. Ihr Körper rebellierte gegen die Belastung, aber sie redete mit niemandem darüber – nur mit der netten Frau. Die verstand sie und machte ihr keine Vorwürfe.

Angst weckte das Kind, und Angst ließ es nicht einschlafen. Nachts hatte es immer denselben Traum. Er fing schön an. Die Mama und der Papa wollten mit ihr auf der zugefrorenen Isar Schlittschuhlaufen gehen. Melanie war jedes Mal außer sich vor Freude, weil ihre Eltern so selten etwas Schönes mit ihr unternahmen. Dafür fehlte ihnen die Zeit.

Auf dem Eis wandelte sich der Traum dann ganz langsam zum Albtraum. Ihre Eltern schnallten die Schlittschuhe an, und dann glitten sie in spielerischer Leichtigkeit über das Eis. Sie tanzten, machten Pirouetten, drehten sich in der Luft mehrfach um sich selbst und landeten sicher wieder auf ihren Beinen. Sie waren wahre Eiskünstler.

Melanie sah ihnen voller Stolz und Freude zu, aber dann zwangen die beiden sie ebenfalls aufs Eis, und das war schlimm. Unbeholfen schlitterte sie herum und fiel ständig hin. Ihre Eltern riefen, lachten, machten ihr Dinge vor, aber sie konnte nichts davon nachmachen.

Ihr war schrecklich kalt, und von all den Stürzen tat ihr alles weh. Sie wollte nach Hause, wagte es aber nicht, etwas zu sagen, weil ihre Eltern solchen Spaß hatten. Irgendwann kümmerten sich ihre Eltern nicht mehr um sie und erfreuten sich beide alleine an ihrer Gewandtheit und ihrem Können.

Weiter und weiter entfernten sie sich dabei in unterschiedlichen Richtungen von ihr, bis sie ihre Mama und den Papa kaum noch sehen konnte. Melanie bekam Angst. Sie wollte nicht alleine auf dem endlosen Fluss zurückbleiben. Verzweifelt versuchte sie, ihrer Mama zu folgen, und dann brach sie jedes Mal im Eis ein.

Von unten, aus dem eisigen Wasser heraus, sah sie, wie sich die Eisdecke über ihr schloss. Niemand bemerkte es, denn niemand vermisste sie. Schreiend wachte sie fast jede Nacht aus diesem Albtraum auf, bis sie gar nicht mehr schlafen wollte, um den Traum zu vermeiden.

In der Schule kam sie nach dem Abend, an dem sie das Gespräch ihrer Eltern unfreiwillig belauscht hatte, überhaupt nicht mehr mit. Sie mühte sich, aber selbst in den Fächern, die ihr zuvor leichter gefallen waren, konnte sie nicht mehr folgen.

Melanie war zutiefst unglücklich und sehr müde. Die Fremde hielt ihr Versprechen und übte jeden Tag ein paar Minuten mit dem Kind, aber der Geist des Mädchens war blockiert. Es konnte nichts mehr aufnehmen, und seine Leistungen verschlechterten sich kontinuierlich.

„Ich bin zweite Wahl und dumm. So etwas kann ich nicht“, sagte es, wenn es nicht weiterkam.

„Sag das nie wieder, kleine Maus! Du kannst alles, was du wirklich können möchtest, und du bist erste Wahl und das wundervollste Geschenk, das deine Eltern je bekommen haben, ob sie das nun wissen oder nicht. Du bist einzigartig und schön. Du bist Melanie!“, machte die nette Frau ihr Mut.

Melanie glaubte ihr nicht. Sie kannte sie eben nicht so gut wie ihre Eltern. Sie wusste nicht, dass sie eine große Enttäuschung war, nichts konnte und nur Zeit stahl. Trotzdem waren die zehn Minuten am Tag mit der Fremden die schönsten für das Kind.

Rechnen hatte Melanie immer Freude gemacht, aber jetzt verschlüsselten sich ihr auch die Zahlen. Der letzte Test in Mathematik vor den Zeugnissen lief schlecht. Melanie starrte verständnislos auf die Aufgaben und konnte vor Panik keinen klaren Gedanken fassen. Am Ende gab sie mehr oder weniger ein leeres Blatt ab.

Dieser Misserfolg war der, der einfach zu viel war. Melanie konnte und wollte nicht mehr. Müde schleppte sie sich aus der Schule. Sie wollte ihrer Mama nicht mehr unter die Augen treten. Was sollte sie sagen, wenn die Mama fragte, wie der Test gelaufen war? Und die Mama würde fragen. Ihre Mama hatte eine andere Tochter verdient. Nein, Melanie wollte nicht mehr.

„Hallo, Melanie!“, wurde sie im Park von der netten Frau herzlich begrüßt, aber an diesem Tag half ihr auch das nicht.

„Ich kann heute nicht üben. Es hat doch keinen Sinn, und ich muss heim. Danke, dass Sie so lieb zu mir sind, aber …“ Melanie wischte sich die Tränen von den Wangen und versuchte zu lächeln, doch es klappte nicht. Trostlos trottete sie weiter. Jetzt wusste auch die nette Frau, was für eine Versagerin sie war. So etwas konnte man nicht verbergen.

Bestürzt sah die Frau ihr nach. Wie gerne hätte sie diesen Eltern die Leviten gelesen, die ihr Kind in solch ein Elend stürzten. Melanie litt. Sie litt entsetzlich, und dabei war sie noch keine zehn Jahre alt. Nein, das war nicht richtig!

Die Frau bemerkte den schweren, schlurfenden Gang des Kindes, die nach vorne gezogenen, verkrampften Schultern. Jede Bewegung war Ausdruck des Schmerzes, der die kleine Seele peinigte.

Ein Instinkt zwang sie, die Kleine nicht so gehen zu lassen, und über sie zu wachen. Zumindest bis zum Parkausgang wollte sie in einiger Entfernung hinter ihr sein. Melanie drehte sich nicht um und bemerkte nicht, dass ihre Freundin in der Nähe war.

Wieder stand Melanie an der roten Fußgängerampel. Der Mittagsverkehr war dicht, und alle Leute waren nervös. Alle hatten es eilig und wollten pünktlich ankommen. Bei Rot stehen und bei Grün gehen! Seit dem Kindergarten folgte Melanie brav diesem ersten Gesetz im Straßenverkehr. An diesem Mittag wechselte die Ampel auf Grün, und Melanie verharrte. Sie wollte nicht heimkommen. Sie konnte nicht mehr.

Ohne bewusst darüber nachzudenken, nahm doch ein Gedanke in dem Kind Gestalt an. Es könnte vorbei sein. Der Mama und dem Papa ginge es besser, denn dann mussten sie sich nicht mehr schämen. Und ihr selbst ginge es gut, denn sie würde nicht mehr immerzu scheitern und versagen. Sie durfte dann zum lieben Gott.

Von diesem lieben Gott hatte Melanie keine bestimmte Vorstellung. Er war lieb, weil er sie lieb hatte und ihr nicht wehtat. Tod war etwas, was ihr keine Angst einjagte. War sie tot, dann war sie nicht mehr hier. Hier war es nicht schön, und wo immer sie dann sein würde, konnte es nur schöner sein.

Bei Rot stehen und bei Grün gehen! Die Ampel schlug wieder auf Rot um, und der Verkehr strömte. Da schloss Melanie die Augen und setzte einfach einen Fuß vor den anderen. Sie achtete nicht auf den ängstlichen Ruf einer vertrauten Frauenstimmte hinter ihr, die sie anflehte stehen zu bleiben.