Die besten Ärzte - Sammelband 15 - Katrin Kastell - E-Book

Die besten Ärzte - Sammelband 15 E-Book

Katrin Kastell

0,0
5,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Willkommen zur privaten Sprechstunde in Sachen Liebe!

Sie sind ständig in Bereitschaft, um Leben zu retten. Das macht sie für ihre Patienten zu Helden.
Im Sammelband "Die besten Ärzte" erleben Sie hautnah die aufregende Welt in Weiß zwischen Krankenhausalltag und romantischen Liebesabenteuern. Da ist Herzklopfen garantiert!

Der Sammelband "Die besten Ärzte" ist ein perfektes Angebot für alle, die Geschichten um Ärzte und Ärztinnen, Schwestern und Patienten lieben. Dr. Stefan Frank, Chefarzt Dr. Holl, Notärztin Andrea Bergen - hier bekommen Sie alle! Und das zum günstigen Angebotspreis!

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Chefarzt Dr. Holl 1780: Als Arzt versagt?
Notärztin Andrea Bergen 1259: Der schönste Beruf der Welt
Dr. Stefan Frank 2213: Der Fremde, der ihr Hoffnung schenkte
Dr. Karsten Fabian 156: Kleines Herz in großer Not
Der Notarzt 262: Keine Zeit für die Liebe

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
Jetzt herunterladen und sofort sparen und lesen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 599

Veröffentlichungsjahr: 2020

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2013/2014/2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © H_Ko/Shutterstock ISBN 978-3-7325-9184-8

Katrin Kastell, Liz Klessinger, Stefan Frank, Ina Ritter, Karin Graf

Die besten Ärzte 15 - Sammelband

Inhalt

Katrin KastellDr. Holl - Folge 1780Arm in Arm betrachten Theo und Nadine Schuster ihre zwei Monate alten Zwillinge, die in ihrem Kinderbett eng aneinandergekuschelt schlafen. Joshua hat Hannes den Hasen stibitzt und hält das lange Schlappohr fest umklammert. Bei dem Anblick der Babys geht Theo das Herz auf. Niemals hätte er gedacht, dass er einmal so glücklich sein würde! Das Schicksal hat ihn reich beschenkt, das will er nie vergessen ... Doch das Glück der Familie zerbricht von einem Tag auf den anderen, als ein Gehirntumor bei Theo diagnostiziert wird! Und dieses sogenannte Astrozytom ist angeblich inoperabel! Da erinnert sich Nadine an einen ehemaligen Mitschüler, der Gehirnchirurg geworden ist: Mark Gregorius arbeitet inzwischen an der Münchner Berling-Klinik, und um ihn ranken sich die wundersamsten Geschichten ...Jetzt lesen
Liz KlessingerNotärztin Andrea Bergen - Folge 1259Der jungen Kinderärztin Daniela Kessing zieht sich vor Mitgefühl das Herz zusammen, als sie die kleine Maria ein letztes Mal an sich drückt. Auch für das zehnjährige Waisenmädchen ist der Abschied mehr, als es ertragen kann, denn Dr. Kessing ist Marias letzte Hoffnung. Bei einem Erdbeben in Haiti ist die Kleine schwer verletzt worden! Nach mehreren offenen Brüchen der Beine ist es nun zu einer Entzündung des Knochenmarks gekommen, der unter den herrschenden katastrophalen hygienischen Bedingungen einfach nicht beizukommen ist! Wenn nicht ein Wunder geschieht, müssen die Kollegen im Ärztecamp amputieren... Als sich Daniela nun sanft aus Marias Umklammerung löst, ist ihr T-Shirt nass von Kindertränen. Dies ist der Moment, der für die Ärztin alles verändern und der sie auch nach ihrer Rückkehr nach Deutschland nicht mehr loslassen wird. "Vertrau mir, Maria, ich werde zu dir zurückkommen und dich retten!", verspricht sie - und an dieses Versprechen wird sie sich halten...Jetzt lesen
Stefan FrankDr. Stefan Frank - Folge 2213Seitdem ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen, ist für die hübsche Larissa nichts mehr so, wie es einmal war. Seit fünf Jahren trägt sie nun schon allein die Verantwortung für sich und ihre flippige Schwester Sina. Kein Wunder, dass ihr da Sicherheit über alles geht. Deshalb arbeitet sie in der Grünwalder Stadtverwaltung statt Biologie zu studieren, und deshalb ist sie mit dem sehr seriösen, wenn auch etwas langweiligen Holger Loh zusammen. Umso mehr trifft es sie, als er ihr eines Tages aus heiterem Himmel erklärt, dass eine andere Frau ein Kind von ihm erwartet. Auf einmal scheint das stabile Gerüst, auf dem Larissa ihr Leben aufgebaut hat, zu wanken. Als Sina ihr dann auch noch erklärt, dass sie in den nächsten Monaten in Florenz studieren und während dieser Zeit ein fremder Mann in ihrem Zimmer wohnen wird, scheint Larissas Welt endgültig aus den Fugen zu geraten. Doch wer weiß, vielleicht bringt dieser Fremde ja auch endlich wieder etwas Licht in ihr Leben ...Jetzt lesen
Ina RitterDr. Karsten Fabian - Folge 156Michael Abeling glaubt, in der selbstbewussten und ehrgeizigen Liesbeth die richtige Frau fürs Leben gefunden zu haben - bis er ihre süße Schwester Angie kennenlernt. Mit ihrer fröhlichen, liebenswerten Art erobert Angie sein Herz im Sturm. Doch Liesbeth ist keine Frau, die schnell aufgibt. Über Jahre hinweg beobachtet sie argwöhnisch und neidisch, wie Angie und Michael heiraten, eine Tochter bekommen und zusammen mit der kleinen Heidi ihr Familienglück genießen. Liesbeth wartet hartnäckig auf ihre Chance, denn sie weiß, es wird der Tag kommen, an dem sie ihrer Schwester heimzahlen kann, dass sie ihr Leben zerstört hat ...Jetzt lesen
Karin GrafDer Notarzt - Folge 262Matthias Röder ist ein sehr ehrgeiziger junger Mann. All seine Kraft und Zeit steckt er in seine Ausbildung zum Chirurgen. Freizeit und Privatleben vergisst er darüber oft. Notarzt Peter Kersten macht sich Sorgen um seinen Kollegen. Er selbst weiß nur zu gut, wie wichtig es für Ärzte ist, ein zufriedenstellendes Privatleben zu haben, um daraus Kraft für den harten Klinikalltag zu ziehen. Immer wieder ermuntert er seinen Kollegen daher, sich auch einmal Zeit für sich selbst zu nehmen, aber Matthias will davon nichts hören. Doch dann trifft Matthias im Schockraum der Notaufnahme auf die schwerverletzte Ballerina Saskia Pulina. Von ihrem elfenhaften Gesicht ist er sofort hingerissen. Immer wieder muss er in den Wochen danach an die zerbrechlich wirkende Patientin denken. Außerdem hat er über ein Online-Portal die elegante Beatrice kennengelernt, die er ebenfalls äußerst anziehend findet. Eigentlich hat Matthias Röder ja gar keine Zeit, sich um solche "Frauengeschichten" zu kümmern, aber plötzlich merkt der Arzt, dass er nicht nur Ehrgeiz besitzt, sondern auch ein Herz, das sich nach Liebe sehnt ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Als Arzt versagt?

Vorschau

Als Arzt versagt?

Dr. Holls Kollege und ein gefährliches Experiment

Von Katrin Kastell

Arm in Arm betrachten Theo und Nadine Schuster ihre zwei Monate alten Zwillinge, die in ihrem Kinderbett eng aneinandergekuschelt schlafen. Joshua hat Hannes den Hasen stibitzt und hält das lange Schlappohr fest umklammert. Bei dem Anblick der Babys geht Theo das Herz auf. Niemals hätte er gedacht, dass er einmal so glücklich sein würde! Das Schicksal hat ihn reich beschenkt, das will er nie vergessen …

Doch das Glück der Familie zerbricht von einem Tag auf den anderen, als ein Gehirntumor bei Theo diagnostiziert wird! Und dieses sogenannte Astrozytom ist angeblich inoperabel!

Da erinnert sich Nadine an einen ehemaligen Mitschüler, der Gehirnchirurg geworden ist: Mark Gregorius arbeitet inzwischen an der Münchner Berling-Klinik, und um ihn ranken sich die wundersamsten Geschichten …

„Aua! Theo, deine Söhne sind mal wieder als Fußballer aktiv und verwechseln meinen Bauch mit der Torwand beim Elf-Meter-Schießen. Rede mit ihnen und bring sie auf andere Gedanken! Dir hören sie immer zu und schlafen ein“, stöhnte Nadine Schuster.

Die Schwangere hatte sich im Arbeitszimmer ihres Mannes ein wenig aufs Sofa gelegt, wie sie es am Nachmittag meist zu tun pflegte. Sie war im neunten Monat, und die Wehen konnten jederzeit einsetzen. Eigentlich bedauerte sie es ein bisschen, ihre Racker schon hergeben zu müssen. Die neun Monate waren in ihrer Wahrnehmung nur so verflogen.

Nadine hatte die Schwangerschaft trotz aller Beschwerlichkeiten genossen. Zu spüren, wie ihre Kinder in ihr heranwuchsen – noch in ihr, ein Teil von ihr und wohl behütet in ihrem Leib –, war wundervoll. Die Geborgenheit und Wärme hüllte nicht nur die Babys ein, sondern umgab auch die Mutter, die von einer tiefen Freude erfüllt war.

„Ganz ruhig! Entspann dich! Der Löwenbändiger ist schon da und sorgt für Frieden und Harmonie!“, versprach Theo Schuster mit seiner tiefsten Samtstimme, auf die seine Söhne erfahrungsgemäß prompt reagierten. Er stand von seinem Schreibtisch auf, setzte sich zu seiner Frau aufs Sofa und legte ihr zärtlich eine Hand auf den gewölbten Leib.

„Hört einmal, ihr zwei, ihr habt die tollste und liebste Mami der Welt. Gewöhnt euch gleich gar nicht an, so mit ihr umzugehen! Macht ein Mittagsschläfchen mit ihr!“, riet er und erzählte ihnen, wie gern sie später einmal als Erwachsene so ein Mittagsschläfchen machen würden. Dann jedoch würden sie oftmals keine Zeit dafür finden.

Nadine verdrehte die Augen. „Meine Geschichten sind viel schöner. Da gibt es Feen und Riesen und Abenteuer. Aber nein, dir hören sie zu und dabei …“ Sie verstummte und entspannte sich sichtlich. „Es wirkt! Wie machst du das nur!“

„Männermagie!“, meinte Theo augenzwinkernd.

Seine Frau lachte leise. „Sollte dieser Zauber auch noch wirken, wenn die Bengel geboren sind, dann weißt du, was dir blüht, oder? Dann gehe ich nämlich wieder arbeiten, und du übernimmst die Drachenbrut, bis sie aus dem Gröbsten raus ist. Mir könnte die Idee gefallen. Mach so weiter!“ Nadine war Gymnasiallehrerin und liebte ihren Beruf.

„Aber gerne doch!“, stimmte er schmunzelnd zu und massierte ihre Schultern, die durch den verlagerten Körperschwerpunkt immer verspannt waren.

Theo hatte sich genau wie Nadine Kinder gewünscht und freute sich unbändig auf seine Söhne. In den ersten drei Monaten war er entschlossen, beruflich etwas kürzerzutreten, um Nadine unterstützen zu können. Im Gegensatz zu seinem eigenen Vater hatte er sich geschworen, kein Sonntagsvater für seine Kinder zu sein.

Theo war ein äußerst begehrter Übersetzer aus dem Russischen, Chinesischen und Arabischen. Seine Auftraggeber aus Wirtschaft und Verlagswesen wussten bereits, dass er nach der Geburt seiner Zwillinge für eine Weile nicht mehr bereit war, an Besprechungen oder Konferenzen als Simultanübersetzer teilzunehmen.

Er wollte nur noch Übersetzungen übernehmen, die er zu Hause bearbeiten konnte, oder bei Livekonferenzen am Computer dolmetschen. Zumindest in der Anfangszeit war er entschlossen, immer für seine Familie greifbar zu sein. Bei zwei Babys gleichzeitig war das eindeutig kein Luxus, fand er und freute sich, dass sein Beruf es ihm erlaubte, seinen Plan umzusetzen.

Nadine zog die Beine etwas an und schlief mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen ein. Theo massierte sie zart weiter und hörte erst auf, als ihr Atem ruhig und gleichmäßig ging und Theo sicher war, dass sie tief schlief. Erst dann kehrte er an seine Arbeit zurück.

Immer wieder warf er einen Blick hinüber auf seine schlafende Frau und konnte kaum glauben, so glücklich sein zu dürfen. Das war genau das Leben, von dem er geträumt hatte, seit er denken konnte. Nadine war eine wundervolle Frau, die er innig liebte, und nun kamen auch noch die Jungs. Dankbarkeit und Freude erfüllten ihn. Er war ein glücklicher, vom Leben beschenkter Mann, und er wusste es.

Als Nadine am frühen Abend aufwachte, duftete es nach Kartoffelsuppe, die sie gerade besonders mochte. Theo hatte gekocht und schon den Tisch gedeckt. Er war einfach unglaublich! Manchmal fürchtete sie, dass sie ihn fast schon zu sehr liebte. Ein Leben ohne ihn konnte sie sich nicht vorstellen, und das machte ihr Angst.

„Hm, wie das duftet! Ich merke an meinem Bärenhunger, dass ich drei Mäuler zu stopfen habe“, meinte sie, als sie ins Esszimmer trat.

„Dann ist es gut, dass ich eine Riesenportion zubereitet habe. Ich lerne es nie, die Mengen einzuschätzen, aber zum Glück koche ich in der Regel zu viel“, antwortete Theo selbstkritisch.

Sie lachten und setzten sich zum Essen hin. Nadine war entspannt, rundum zufrieden und schöpfte sich gerade ein zweites Mal nach, als sie plötzlich innehielt. Sie verkrampfte sich und lauschte in sich hinein.

„Sie kommen!“, stöhnte sie, als die Wehe abklang. Bisher hatte sie ein paar Mal leichtere Wehen gehabt, aber das war eindeutig etwas anderes. Die Jungen machten ernst. Allmählich wurde es ihnen zu eng, und sie wollten wohl mehr Platz.

„Wir müssen in die Berling-Klinik!“ Theo war von einem Moment auf den anderen ein Nervenbündel. „Ich hole deine Tasche! Bleib sitzen! Halt, wo habe ich sie hingestellt? Wir haben sie zusammen gepackt und … und dann … Nicht bewegen! Ich … ich …“

„Schatz!“ Nadine hielt ihn am Arm zurück und zwang ihn, vor ihr stehen zu bleiben. „Ganz tief durchatmen, Liebling! Alles wird gut! Die Tasche steht im Schlafzimmer neben dem Kleiderschrank. Alles gar kein Problem! Unsere zwei Rabauken kommen. Das ist etwas Gutes und kein Weltuntergang. Atmen! Die machen das wunderbar, und wir müssen nur auf sie hören.“

„Wie kannst du nur so ruhig bleiben?“, stöhnte Theo.

„Frauenmagie“, antwortete sie lächelnd. „Alles ist, wie es sein soll. Wir haben noch jede Menge Zeit, und, Theo, wenn es dir nachher zu viel werden sollte – du kannst jederzeit aus dem Kreißsaal gehen. Eine Geburt ist das Natürlichste der Welt, aber sie ist eine verdammt schmerzhafte und heftige Erfahrung. Ich bin dir nicht böse, wenn du lieber draußen wartest.“

„Wie kommst du denn darauf? Ich will bei dir sein!“, erklärte er empört.

„Ich weiß, Schatz, und du bist willkommen, aber du darfst rausgehen“, wiederholte Nadine eindringlich.

Neun Stunden später brachte sie zwei gesunde Jungen zur Welt. Kaum waren Hannes und Joshua Schuster geboren, vergaß ihre Mutter die unbeschreiblichen Schmerzen der Presswehen und die Geburt, die ihr endlos erschienen war. Glücklich hielt sie ihre zwei wunderschönen Jungen im Arm.

„Das sind meine Söhne!“, staunte Theo und sah die winzigen Wesen andächtig an. Er war nicht von der Seite seiner Frau gewichen, aber die vergangenen Stunden waren auch für ihn wie ein Ritt durch die Hölle gewesen. Jetzt, da es überstanden war, verblasste der Schrecken, und das Glück blieb.

Dr. Stefan Holl gratulierte dem Paar herzlich. Der Leiter der Berling-Klinik in München war Nadines Frauenarzt und hatte sie durch die Schwangerschaft begleitet.

„Alles Gute für Sie! Gleich zwei Babys auf einen Schlag, da braucht man gute Nerven. Meine Frau und ich hatten auch das Vergnügen, und manchmal kamen wir auf dem Zahnfleisch daher, aber es wird besser, und man gewöhnt sich daran. Bei Ihnen mache ich mir da überhaupt keine Sorgen. Sie schaffen das!“, meinte der Arzt zuversichtlich.

Nadine strahlte ihn an. Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass Theo und sie alles meistern konnten. Gemeinsam waren sie unbesiegbar, und sie liebte ihre Söhne schon jetzt über alles.

***

„Nadine, bist du es wirklich? Ich fasse es nicht!“ Dr. Mark Gregorius schüttelte immer wieder den Kopf über diesen unerwarteten Zufall und freute sich von Herzen.

„Mark Gregorius, der Tunichtgut des Jahrgangs! Sag mir nicht, dass das ein Arztkittel ist!“ Nadine lachte und umarmte ihren ehemaligen Schulkameraden herzlich.

„Was soll ich sagen? Nach dem Abitur ist einiges passiert, und als ich mich entscheiden musste, was ich mit meinem Leben anfangen möchte, da kam nur der Arztberuf infrage. Zum Glück ändert man sich im Leben“, meinte der gut aussehende Arzt schmunzelnd.

„Kannst du dich an die Streiche erinnern, die du unserem armen Chemielehrer gespielt hast? Jedes Mal konnte er nicht fassen, warum seine kleinen Experimente nicht klappten. Er kam nie dahinter, dass du ihn sabotiert hast, oder?“, schwelgte Nadine in Erinnerungen.

„Weit gefehlt! Er hatte mehr Humor, als wir ahnten. Bei der Abifeier bedankte er sich, dass ich seinen Unterricht spannender gemacht hätte. Ich wurde rot, und er grinste. ‚In Ihnen steckt Großes, Gregorius, da sind wir uns im Kollegium einig‘, sagte er. ‚Wenn Sie es schaffen, erwachsen zu werden, ohne im Gefängnis zu landen, dann wird die Welt von Ihnen hören.‘“

„Und das hast du geschafft!“, stellte Nadine fest.

„Na, bis auf den einen oder anderen langweiligen Forschungsbericht, den Kollegen in Fachzeitschriften von mir zu lesen bekommen, habe ich die Welt um nichts besser gemacht“, reagierte er bescheiden.

„Hast du denn ein Spezialgebiet?“, wollte sie wissen.

„Das Gehirn faszinierte mich schon immer am meisten, und so bin ich Neurologe und Gehirnchirurg geworden. Da droht meinem Lerneifer nie der Stoff auszugehen. Aber was machst du an der Berling-Klinik?“ Besorgt musterte er sie, denn ihr gepflegter, aber in erster Linie bequemer Hausanzug verriet ihm, dass sie keine Besucherin war.

Nadine winkte ab. Die Jungen schliefen, und da sie am anderen Tag entlassen werden sollte, hatte sie einen kleinen Spaziergang im Foyer gemacht, um ihren Kreislauf in Gang zu bringen. Nach der Geburt hatte sie erst einmal ein enormes Schlafbedürfnis gehabt und war froh gewesen, im Krankenhaus noch etwas ausruhen zu können.

Die Krankenschwestern waren warmherzig und freundlich und nahmen ihr bis auf das Stillen so ziemlich alles ab. Der Ernst des Lebens würde erst beginnen, wenn sie nach Hause kam, und da wartete Theo bereits ungeduldig darauf, seine Familie verwöhnen zu können.

„Ich bin kerngesund und habe zwei kerngesunde Söhne zur Welt gebracht, die ich morgen mit heimnehmen darf. Joshua und Johannes – eineiige Zwillinge. Sie sind schrecklich niedlich und so süß“, schwärmte sie.

„Aber das sagen alle Mütter über ihren Nachwuchs. Entschuldige! Ich habe mir fest vorgenommen, keine dieser Mütter zu werden, die nur noch über ihre Kleinen reden und jede Windelfüllung für eine Meisterleistung halten, aber das ist gar nicht so einfach, sage ich dir. Die Hormone …“

„Deine Männer haben großes Glück! Dann hat dich also die Liebe nach Bayern verschlagen?“, fragte Mark Gregorius.

„Ja und nein. Ich wollte Süddeutschland kennenlernen, und so habe ich in München mein Studium begonnen. Dann kam eines zum anderen. Theo, mein Mann, ist in München geboren und in der Stadt verwurzelt. Mir fehlen Kiel und das Meer schon manchmal, aber mein Zuhause ist nun eben hier. Wie ist es bei dir? Zieht es dich in den Norden zurück? Bist du auch im Hafen der Ehe eingelaufen?“

„Mein Schiff ist noch auf hoher See, und ich nehme mir nicht die Zeit, nach der Richtigen zu suchen. In der Studienzeit hatte ich eine Freundin, doch das ging schief, und danach war ich mit meinem Beruf verheiratet. Der füllt meine komplette Zeit aus. Ich wüsste nicht, wo ich auch noch eine Beziehung unterbringen sollte. Irgendwann ergibt sich das. Vielleicht.“

„Dann ich die Berling-Klinik dein eigentliches Zuhause?“

„Irgendwie schon. An der Berling-Klinik leite ich die Neurochirurgische Abteilung und habe die Möglichkeit, relativ frei zu arbeiten. Die Klinik ist etwas Besonderes. Wir haben einen wunderbaren Klinikleiter“, schwärmte Mark.

„Er ermöglicht jedem, der hier arbeitet, das Beste aus sich herauszuholen. Anstatt uns auszubremsen, hört er uns zu, kämpft so einiges mit der Verwaltung für uns aus und steht bedingungslos zu uns. So etwas ist nicht selbstverständlich, und ich habe nicht vor, die Berling-Klinik zu verlassen. Wenn ich Urlaub habe, zieht es mich ans Meer. Das muss reichen.“

„Dr. Stefan Holl ist mein Gynäkologe. Er ist ein unglaublich guter Arzt. Als sich beim Ultraschall zeigte, dass Theo und ich es gleich mit der doppelten Ladung zu tun bekommen würden, da waren wir im ersten Moment ängstlich und verstört. Dr. Holl war großartig. Überhaupt ist es leicht, ihm blind zu vertrauen“, stimmte Nadine ihm zu.

Dr. Mark Gregorius warf einen Blick auf die Uhr. Er kam bereits zu spät zu einer Besprechung, aber es fiel ihm schwer, sich loszureißen. Die Begegnung mit Nadine hatte viele Erinnerungen in ihm geweckt. Er wusste noch, wie verliebt er als Jugendlicher in sie gewesen war.

Aus irgendeinem Grund hatte es sich nie ergeben, dass er es ihr sagte. Erst war sie mit seinem besten Freund zusammen gewesen. Da hatte er ihr doch unmöglich seine Gefühle gestehen können! Als die Beziehung der beiden auseinandergegangen war, hatte er als guter Freund erst einmal Trost gespendet. Noch bevor er damit ganz fertig gewesen war, hatte Nadine wieder einen Freund gehabt.

Es hatte wohl nicht sein sollen, dass sie zusammenkamen, aber ganz vergessen hatte er sie nie. An die erste Liebe erinnerte man sich eben, und wenn sie wie in seinem Fall still, heimlich und äußerst unglücklich verlaufen war, dann vergaß man sie erst recht nicht.

„Du warst in unserer Schulzeit das schönste Mädchen an der ganzen Schule, und mit den Jahren bist du nur noch schöner geworden“, hörte Mark sich sagen und war selbst erstaunt. Jetzt hatte er es mit fast zwanzig Jahren Verspätung doch noch ausgesprochen. Wunderbar! Er war eindeutig ein Spätzünder, und ein wenig peinlich war es ihm noch dazu. Unsicher sah er Nadine an.

Zuerst war sie verwundert, dann lächelte sie voller Wärme. Sie verstand seine Worte richtig. „Das hört jede Frau gern, vor allem, wenn sie gerade eine Schwangerschaft und Geburt hinter sich hat. Danke!“

„Gern geschehen! Wenn ich es dir damals gesagt hätte … Ich meine, wenn ich den Mut gefunden hätte … Hättest du …“

Sie sahen sich in die Augen und mussten beide lächeln. Für einen Moment waren sie wieder jung und standen ganz am Anfang, und das hatte einen besonderen Charme.

„Ich fürchte, ich hätte …“, antwortete sie.

„Du warst immer in festen Händen, und jetzt bist du es wieder, aber sagen musste ich es dir einmal.“ Mark konnte nicht verstehen, warum er sich so befreit und beschwingt fühlte, doch er hätte vor Freude singen und tanzen können.

Sie lächelten einander an und verabschiedeten sich mit einer freundschaftlichen Umarmung, ohne auch nur auf den Gedanken zu kommen, ihre Kontaktdaten auszutauschen. Was sie gerade erlebt hatten, war etwas sehr Schönes gewesen, aber es war einmalig und änderte nichts an dem Verlauf, den ihr Leben genommen hatte.

„Viel Freude an deinen Jungs und ein glückliches Leben!“, wünschte Mark ihr zum Abschied.

„Die Richtige wird dir irgendwann begegnen und es mit links schaffen, dass du neben der Arbeit noch von etwas anderem träumst. Alles Gute für dich!“, erwiderte sie.

Beide gingen in unterschiedliche Richtungen davon, ohne sich noch einmal nacheinander umzudrehen, aber sie empfanden ein warmes Glücksgefühl und Dankbarkeit dabei.

***

„Schlaf weiter! Das ist Joshua. Er hat bestimmt wieder Blähungen. Hunger kann er doch nicht schon wieder haben! Die letzte Fütterung ist erst eine gute Stunde her“, murmelte Theo Schuster verschlafen, als eines der Babys zu schreien begann. An der Tonlage erkannte er mühelos den kleinen Joshua.

Es gelang ihm, den Jungen aus dem Kinderbett zu nehmen, bevor sein Bruder aufwachte und sich mit ihm solidarisch erklären konnte. Kaum spürte der Kleine die Wärme seines Vaters, beruhigte er sich etwas und weinte leiser. Theo ging mit ihm hinunter ins Wohnzimmer, wiegte ihn in seinen Armen und spazierte mit ihm hin und her.

Joshua stieß ein paar Mal auf, und schließlich schlief das Baby wieder ein. Behutsam legte Theo es ins Bett neben seinen Bruder zurück. Als er sich wieder aufrichtete, taumelte er ein paar Schritte zurück und stieß sich schmerzhaft die Waden an einer Kommode an.

Fast wäre ihm ein Schmerzensschrei entschlüpft, den er gerade noch unterdrücken konnte. Ihm war plötzlich schwindlig, und das Schlafzimmer drehte sich um ihn, was seinen Magen nicht kaltließ. Er keuchte und schluckte Speichel und betete, dass seine Lieben nicht aufwachten.

Theo war froh, dass er kein Licht gemacht hatte. Es war schlimm genug, dem dunklen Karussell standzuhalten, das ihn wie ein wilder Strudel von den Beinen ziehen wollte. Es gelang ihm, sich auf den Bettrand zu setzen, aber hinlegen konnte er sich nicht. Allein die Vorstellung drohte ihm den Magen umzudrehen.

Gehen war gefährlich, weil er sich nicht sicher war, ob er stürzen würde. Liegen war unmöglich. In seiner Not umklammerte Theo mit beiden Händen das Bettgestell rechts und links von sich und blieb mehrere Minuten sitzen, bis der Kreisel sich langsam beruhigte. Erst dann legte er sich neben Nadine, die zum Glück tief schlief.

Was war das gewesen? Beklommen lag Theo wach. Er hatte sich noch nie so wehrlos und ausgeliefert gefühlt. Bisher war er immer gesund gewesen und hatte sich auf seinen Körper verlassen können. Natürlich hatte er wegen der Jungen in den letzten zwei Wochen wenig Schlaf gefunden und war immerzu müde. Lag es an diesem Schlafmangel? Etwas in ihm glaubte das nicht. Theo hatte Angst.

Obwohl Nadine und er sich gegenseitig unterstützten, kamen sie beide kaum zur Ruhe. Noch hatten die Babys keinen Tag- und Nacht-Rhythmus. Sie meldeten sich, wann immer sie Hunger, eine volle Windel oder Langeweile hatten oder das Verlangen nach Zuwendung verspürten. Meist forderten sie gleichzeitig ihr Recht, und die kurzen Pausen, in denen sie einmal schliefen, waren kostbar.

Nach einer knappen Stunde war es dann auch mit der Ruhe wieder vorbei, und Johannes und Joshua vermeldeten brüderlich, dass sie Hunger hatten. Theo war ohnehin noch wach. Der Schwindelanfall war vorbei, aber er wurde von stechendem Kopfschmerz abgelöst, der sich um den ganzen Kopf zu ziehen schien. Theo fühlte sich elend und krank.

Nadine saß beim ersten leisen Greinen am Bettrand und richtete sich für die „Fütterung der Raubtiere“. Sie hatte drei Stunden am Stück geschlafen und fühlte sich so erfrischt wie schon lange nicht mehr. Man wurde mit der Zeit bescheiden.

„Schlaf weiter! Wir drei machen das schon!“, flüsterte sie Theo zu, von dem sie annahm, dass er im Halbschlaf war.

„Ich bin sowieso wach“, sagte er und stand auf.

Da immer nur einer der Jungen trinken konnte, war es eine Erleichterung, wenn Theo den anderen so lange herumtrug und ablenkte, bis er an der Reihe war. Nadine und Theo waren ein eingespieltes Team. Sie legte Hannes an die Brust, und Theo nahm Joshua auf den Arm.

Der Kleine suchte nach der nährenden Brustwarze, die sein Vater leider nicht zu bieten hatte. Als Trostpreis bekam er einen Schnuller, an dem er gierig sog, bis er den Betrug bemerkte und ihn verärgert aus dem Mund schob.

„Dir ist das Original lieber, nicht wahr? Kluger Junge, aber Geduld ist das halbe Leben! Daran musst du dich noch gewöhnen!“, tröstete sein Vater ihn und wiegte ihn liebevoll.

Die Fürsorge um sein Kind lenkte Theo von den Kopfschmerzen ab, und es gelang ihm, die Übelkeit zu ignorieren. Hoffentlich brütete er keine Erkältung aus oder etwas Ähnliches! Er wollte die Jungen auf keinen Fall anstecken.

„Schatz, mir geht es nicht so gut. Es wäre möglich, dass ich mir etwas eingefangen habe“, sprach Theo das Thema an, weil kranke Babys eine wahre Horrorvorstellung waren. „Ich hoffe, ich bin nicht ansteckend. Sie sind doch noch so klein …“

Nadine gähnte herzhaft. Johannes hatte seine erste Trinkrunde beendet. Sie wechselten die Kinder, damit Joshua trinken konnte, während Theo Hannes’ Bäuchlein zärtlich streichelte und ihn herumtrug, damit er keine Blähungen bekam. Das alles ging wortlos vor sich. Es war bereits Gewohnheit und Routine.

„Du musst dir keine Sorgen machen, Theo. Ich habe gestern erst gelesen, wie gut die Jungs durch die Muttermilch vor Erregern geschützt sind. Über die Milch werden sie von meiner Immunabwehr versorgt, bis sie alt genug sind, um ihre eigene Immunabwehr aufzubauen und auszufeilen“, erklärte die Mutter ihrem Mann.

„Gut!“, seufzte Theo erleichtert.

„Gar nicht gut!“, widersprach seine Frau. „Ich brauche dich, und zwar gesund! Soll ich dir nachher einen Tee aufbrühen, wenn die Jungs wieder schlafen? Im Medizinschrank ist, glaube ich, noch etwas, womit du deiner Immunabwehr einen Kick geben kannst. Krankwerden gilt nicht in den nächsten zwei Monaten! Hast du gehört? Du musst gesund bleiben!“

„Gehört, akzeptiert und zur Kenntnis genommen! Ich bleibe gesund!“, scherzte Theo, und in der Tat schien der Kopfschmerz etwas nachzulassen; die Übelkeit verschwand sogar vollständig.

„Das ist die richtige Denkweise!“, lobte Nadine und gähnte wieder.

Als Johannes und Joshua satt und frisch gewindelt waren, dauerte es noch eine gute Stunde, bis sie wieder einschliefen. In zwei, höchstens drei Stunden aber würden sie wieder Hunger haben, und das Spiel würde von vorne beginnen.

„Wie schaffen das Mütter, die keinen so tollen Partner haben wie ich und allein klarkommen müssen?“, stöhnte Nadine, die vor Erschöpfung im Stehen hätte einschlafen können, während draußen der neue Tag graute und das fröhliche Morgenkonzert der Vögel einsetzte.

„Wenn man muss, geht alles“, antwortete Theo. „Ich glaube, der Beweis dafür, dass wir Menschen liebesfähig sind, liegt darin, dass unsere Kinder die ersten Monate überleben. Das kann man nur ertragen, wenn man von ganzem Herzen liebt.“

„Weise Erkenntnis!“, stimmte Nadine ihm zu. „Möchtest du einen Tee?“, bot sie an.

„Schlaf!“, lehnte Theo ab.

„Geht es dir besser?“

„Ich bin viel zu müde, um krank zu werden. Komm, mit Glück haben wir zwei Stunden, bevor es wieder losgeht!“ Er legte sich ins Bett und hob für die Nadine das Plumeau an, die sich nur zu gern neben ihn kuschelte.

„Schlaf gut!“, murmelte sie, als sie sich an ihn schmiegte, und war auch schon eingeschlafen.

Theo hielt sie, und nach einer halben Stunde fand auch er in den Schlaf trotz der Kopfschmerzen, gegen die nicht einmal die Tablette helfen wollte, die er eingenommen hatte. Sechs Stunden später wachte er auf und sah ungläubig auf die Uhr.

Nadine und die Babys waren unten, und er hatte weder etwas von der letzten Fütterung noch etwas von dem Auszug der drei aus dem Schlafzimmer mitbekommen, der normalerweise immer ein ziemliches Spektakel war. Wie tief musste er geschlafen haben! Sofort setzte sein schlechtes Gewissen ein. Er wollte Nadine nicht im Stich lassen. Wie konnte er sich ausschlafen und sie mit den Jungs alleine lassen?

„Warum hast du mich denn nicht geweckt?“, fragte er vorwurfsvoll, als er nach unten kam. „Du hast die ganze Arbeit gemacht, und ich habe ausgeschlafen. Ich bin furchtbar! Dir könnte so etwas nie passieren, weil du schon aufwachst, noch bevor einer der Jungs schreit“, machte er sich Vorwürfe und war überzeugt, ein miserabler Vater zu sein.

Nadine stellte eine Tasse Kaffee vor ihn und musterte ihn prüfend. „Dein Anspruch an dich ist viel zu hoch, Theo. Du bist ein toller Vater! Josh und Hannes haben Glück. Außerdem hast du den Schlaf dringend gebraucht. Es hilft uns nicht, wenn du krank wirst. Fühlst du dich besser?“

Kopfweh und Übelkeit waren weg, und Theo fühlte sich wie neu geboren. Es war doch nur der Schlafmangel gewesen. Gott sei Dank!

„Mir geht es prächtig, und du hast eine Pause bei mir gut. Das nächste Mal bleibst du im Bett! Es tut so gut, einmal auszuschlafen. Danke!“, bedankte sich Theo und gab ihr einen Kuss.

„Schauen wir mal! Ich möchte zu gern sehen, wie es dir gelingt, die Sache mit den Brüsten zu lösen. Dir fällt etwas ein, daran zweifle ich nicht. Dir fällt immer etwas ein.“

Sie lachten.

***

In den kommenden acht Wochen gab Theo sein Bestes, Nadine nicht merken zu lassen, wie es ihm gesundheitlich wirklich ging. Die Bedürfnisse der Zwillinge standen im Zentrum ihres gemeinsamen Lebens, und genau so sollte es nach Meinung ihres Vaters auch sein.

Ganz langsam gewöhnten sich die neuen Erdenbürger an gewisse Regeln und Regelmäßigkeiten. Sie schliefen zum Beispiel immer öfter fünf und sogar sechs Stunden am Stück, was die Lebensqualität ihrer Eltern enorm verbesserte. Joshua, der anfangs sehr zu Blähungen geneigt hatte, entwickelte eine bessere Verdauung. Den Kleinen nicht mehr leiden zu sehen war ein Geschenk.

Für Theo war es ein Wunder zu beobachten, wie seine Söhne sich von Tag zu Tag veränderten. Sie wuchsen und gediehen und waren seine größte Freude. Nadine und er schwelgten in Elternpflichten, aber auch im Elternglück. Es war eine Zeit außerhalb der Zeit, und etwas sagte Theo, dass dieses Glück nicht selbstverständlich und vermutlich auch nicht von langer Dauer war. Umso intensiver kostete er jede Minute aus.

Er spürte, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Seit dem ersten Schwindelanfall war für ihn vieles normal und alltäglich geworden, was es nicht sein sollte. Obwohl er täglich Schmerztabletten nahm, hatte er immer mehr oder weniger starkes Kopfweh. Schwindel und Übelkeit kamen wie aus heiterem Himmel, und genau so verschwanden sie auch wieder, ohne dass er Einfluss darauf hatte.

Theo erklärte es sich mit dem wenigen Schlaf und der enormen Verantwortung, die ihn belastete, so bereitwillig und freudig er sie auch übernahm. Er lernte, sich Nadine gegenüber zu verstellen und seinen Zustand zu verschleiern. Da sie immer offen und ehrlich miteinander umgegangen waren, fühlte sich das irgendwie falsch an, aber zugleich hielt er es für notwendig und richtig.

Noch hoffte er, dass die Symptome von allein wieder verschwinden würden, wenn die Jungen nicht mehr ganz so anstrengend sein würden. Aber dann wurden die Schlafpausen spürbar länger, und das Leben mit den Babys hatte Routine gewonnen, und doch fühlte sich Theo nicht besser.

Im Gegenteil, die Kopfschmerzen schienen ihm von Woche zu Woche stärker zu werden. Konsequent verbot Theo es sich, über die Ursache seiner Beschwerden nachzudenken und sich Sorgen zu machen. Ihm würde es bald wieder gut gehen! Jeder andere Gedanke erschien ihm seltsam gefährlich, als machte allein das Denken, er könne ernstlich erkrankt sein, ihn schon krank.

Nein, er war gesund, nur etwas angeschlagen! Ihm würde es bald wieder gut gehen! Er war gesund! Es war wie ein Mantra, das er immer und immer wieder wiederholte. Etwas sagte ihm, dass er verloren hatte und dass nie wieder etwas sein würde, wie es gewesen war, wenn er sich eingestand, dass er Angst hatte.

Theo machte nicht nur Nadine etwas vor. In erster Linie belog er sich selbst und tat alles, um seine Lügen glauben zu können. Er wollte dieses Glück mit seiner Familie erleben und seine Söhne aufwachsen sehen! Er wollte das Geschenk, das ihm vom Leben gemacht worden war, nicht wieder hergeben müssen.

Daher verdrängte und verleugnete er seine eigenen Ahnungen mit aller Kraft, und das hätte er für immer getan, wenn er nicht an eine Grenze gestoßen wäre, die ihn in die Pflicht und Verantwortung rief.

Nadine hatte einen Nachsorgetermin bei Dr. Holl, und da sie die Jungen dafür nicht mitnehmen musste, blieb Theo mit ihnen zu Hause. Es war einmal wieder an der Zeit, die Babys zu baden, und er wollte die Zeit dafür nutzen. Die Jungs liebten Wasser und planschten für ihr Leben gern.

Theo ließ Wasser in die flache kleine Plastikwanne laufen, die in der großen Badewanne stand, und erlaubte, dass Joshua und Johannes zur selben Zeit darin waren. Sonst hatten Nadine und er die Kinder immer zusammen gebadet, aber er traute es sich zu, es auch allein zu schaffen.

Vorsichtig hob er Joshua in die Wanne, der vergnügt krähte und mit den kleinen Fäusten ins Wasser patschte. Der Vater hielt ihn mit einer Hand fest und wollte mit der anderen auch Hannes vom Wickeltisch in die Wanne heben, als er von einem Moment auf den anderen kein Gefühl mehr in seiner rechten Hand hatte.

Johannes drohte, ihm zu entgleiten und auf den harten Fliesenboden des Badezimmers zu fallen. Theo wusste hinterher selbst nicht, wie es ihm gelungen war, seinen Sohn mit der linken Hand abzufangen und das Unglück zu vermeiden. Er hatte doppeltes Glück gehabt, dass Joshua nicht unter Wasser geraten war, als er ihn losgelassen hatte. Es war knapp gewesen! Schweißperlen glitzerten auf Theos Stirn, als beide Kinder sicher in der kleinen Wanne saßen.

Johannes, der erschrocken war und weinte, beruhigte sich bald, und als Nadine eine halbe Stunde später ins Badezimmer trat, wirkt alles normal und schön. Die Kinder lachten und planschten vergnügt. Theo kauerte vor ihnen auf dem Boden, hielt sie mit einem Arm am Rücken fest und sah ihnen zu. Nichts verriet, zu welchem Drama es fast gekommen wäre.

Eigentlich hatte Theo die Jungen längst wieder anziehen wollen, aber er wagte es nicht, sie aus der Wanne zu nehmen. Seine rechte Hand war nach wie vor taub. Sie hing an seinem Arm, als hätte sie beschlossen hätte, nicht mehr zu seinem Körper zu gehören.

„Holst du sie raus und ziehst sie an? Dann koche ich uns etwas zu Mittag, bevor sie Hunger bekommen“, schlug Nadine gut gelaunt vor.

Die Fahrt zur Berling-Klinik war seit der Geburt ihrer Söhne der erste Ausflug ohne ihre Kinder gewesen. Sie hatte sich auf dem Heimweg extra Zeit gelassen und war noch einkaufen gegangen, weil es so schön gewesen war, einmal für sich zu sein.

Eigentlich konnte man gewisse Dinge erst würdigen, wenn man sie nicht mehr hatte. So sehr sie ihre Jungs liebte, war ihr erst jetzt klar, was für einen Luxus es beutete, morgens einfach so zu seiner Arbeit aus dem Haus gehen zu können. Wie schön es war, überall auf Menschen zu treffen und mit ihnen zu reden oder auch Probleme zu lösen.

Momentan waren es allein die Bedürfnisse der Kinder – ihr Hunger und ihre Verdauung –, die über den ganzen Tag der Mutter bestimmten und für nichts anderes Zeit ließen. Das war in Ordnung so und der Lauf des Lebens. Sie beklagte sich nicht und wusste, wie froh sie sein musste, Theo zu haben, der ihr vieles abnahm.

Nadine hätte ihre Zwillinge nie wieder hergegeben, und doch wusste sie nun, dass auch ein Leben ohne Kinder schöne Seiten hatte. In ein paar Jahren konnte sie sich darauf freuen, wieder in diese andere Realität einzutauchen, und es würde wie eine Wiedergeburt sein, und auch das war schön und in Ordnung.

„Mach lieber du es, Schatz!“, bat Theo und lehnte damit zum ersten Mal eine Hilfestellung ab, um die Nadine ihn bat, seit die Zwillinge geboren waren.

„Wirklich? Aber anders wäre es geschickter. Ich …“

Theo schluckte. Musste er es ihr sagen? Wie sollte er ihr sagen, dass er sich nicht sicher war, ob er seine Jungen auf den Wickeltisch heben und anziehen konnte, ohne ihre Gesundheit und ihr Leben zu gefährden? Er schämte sich für seine Schwäche, schämte sich dafür, Nadine nun doch im Stich zu lassen.

Nun wusste er, dass es sich um keine harmlose Kleinigkeit handelte. Eine taube, leblose Hand kam nicht aus dem Nichts. Er hatte keine Rückenbeschwerden. Es konnte sich nicht um eine Auswirkung eines Bandscheibenvorfalles handeln. Was aber konnte es dann sein? Er hatte keine Ahnung, und es war höchste Zeit, zum Arzt zu gehen und sich untersuchen zu lassen. Verleugnung war keine Option mehr.

„Nadine, ich muss gleich los und habe einen Termin wegen einer meiner Übersetzungen. Ich wollte absagen, aber in dem Fall ging das nicht. Du weißt doch, wie das ist! Sei nicht böse! Ich beeile mich und bin vor heute Abend wieder da“, versprach Theo und flüchtete sich in eine Notlüge, weil er es nicht übers Herz brachte, es ihr zu sagen.

„Schade, aber das verstehe ich doch!“, sagte Nadine und hatte das Gefühl, dass er ihr etwas verschwieg. Hatte er berufliche Probleme, weil er inzwischen immerhin schon drei Monate fast ganz pausierte? Die Stunden, die er am Computer verbrachte und arbeitete, hatten Seltenheitswert.

„Theo, danke, dass du dir diese Zeit genommen hast! Ich hätte das ohne dich nicht geschafft, das steht fest. Aber wenn sie dich jetzt unter Druck setzen und wollen, dass du wieder einsteigst, dann ist das halb so schlimm. Jetzt komme ich schon klar, und du bist doch trotzdem meist im Haus, sollte ich dich einmal dringend brauchen. Du kannst wieder arbeiten“, sagte Nadine großzügig.

Theo kämpfte mit den Tränen. Er hätte sie viel früher einweihen und auf das vorbereiten müssen, was nun kommen konnte. Er betete darum, dass es ihm gelang, unauffällig ohne seine rechte Hand vom Boden aufzustehen. Es gelang ihm nicht.

„Was hast du?“, fragte Nadine sofort alarmiert, als sie sah, wie umständlich, er sich in die Höhe hievte. „Was ist mit deiner Hand? Bist du gefallen? Theo, was ist los?“

„Ich wünschte, ich wüsste es, Nadine. Bitte verzeih mir, ich wollte dich nicht unnötig aufregen! Ich habe kein Gefühl mehr in der Hand, und es wird seit einer Stunde nicht besser.“

„Wir fahren sofort zu Dr. Neumann!“ Nadine war bleich geworden. Dr. Neumann war der Hausarzt der Familie.

„Das habe ich vor, Liebling, aber du musst bei den Jungs bleiben. Ich rufe mir ein Taxi und …“

„Das kommt nicht infrage! Ich lasse dich nicht allein aus dem Haus! Ich rufe Annette an. Sie hat heute frei und wollte später ohnehin vorbeikommen. Sie kann nach den Jungs sehen, und ich begleite dich!“, entschied Nadine und griff auch schon zum Telefon. „Im Kühlschrank ist noch Muttermilch, falls die beiden Hunger bekommen. Ich hatte für meinen Ausflug zu Dr. Holl genug abgepumpt.“

Theo wusste, wann er keine Chance hatte, seine Frau umzustimmen, und so ließ er es geschehen. Keine fünfundvierzig Minuten später saß er zusammen mit Nadine im Behandlungszimmer des Arztes, der ihn als Notfall vorgezogen hatte.

***

„Und da kommen Sie zuerst zu mir und vergeuden kostbare Zeit?“, schimpfte Dr. Neumann und griff sofort zum Telefonhörer, um einen Krankenwagen zu rufen. „Ich lasse Sie hier nicht weg, Herr Schuster! Sie gehen mir umgehend ins Krankenhaus!“

Dr. Neumann legte einen Zugang für eine Infusion. Theo musste auf der Behandlungsliege liegen bleiben, bis die Sanitäter kamen.

„Sie machen daraus so eine große Sache. Muss ich denn wirklich gleich ins Krankenhaus? Vielleicht ist es …“, versuchte Theo abzuwiegeln.

„Was? Sie haben mir eben gesagt, dass sie seit ungefähr drei Monaten unter Symptomen leiden, die wir dringend hätten untersuchen müssen. Sie kommen drei Monate zu spät! Vor zwölf Wochen hätten wir uns ein paar Tage Zeit lassen und alles in Ruhe untersuchen können. Dann hätte ich Sie an einen Neurologen überwiesen, und wir hätten gemeinsam herausgefunden, was da in Ihrem Körper vor sich geht.“

„Warum können wir heute nicht genauso vorgehen und …“

Dr. Neumann nahm Theos Hand. „Drücken Sie zu!“, forderte er nicht unbedingt freundlich. So viel Unverstand bei seinen Patienten machte ihn ärgerlich. Theo Schuster wurde noch gebraucht, und was er getan hatte, war geradezu fahrlässig und verantwortungslos seiner Familie gegenüber.

Theo gab sich Mühe, doch er konnte es nicht. Die Hand wollte ihm nicht mehr gehorchen. Sie gehörte nicht mehr zu ihm.

„Deshalb müssen wir uns beeilen und hoffen, dass Sie noch rechtzeitig gekommen sind“, erklärte der Arzt.

„Haben Sie eine Vermutung, was es sein könnte?“, wollte Nadine wissen und sah dem Arzt dabei fest in die Augen.

Sie war kreidebleich und bebte, aber nicht vor Mitgefühl und Angst, sondern vor Zorn. Fassungslos hatte sie sich anhören müssen, was Theo ganz allein mit sich abgemacht und ihr verschwiegen hatte. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien. Sie schaffte es nicht, ihn auch nur anzusehen.

Er hatte zwei Kinder! Wie konnte er so verantwortungslos und dumm mit seiner Gesundheit und seinem Leben spielen, ohne an die Jungs und sie zu denken? Wie konnte er für sie den Helden spielen und es ihr leicht machen, anstatt sich darum zu kümmern, dass er gesund blieb? Sie wollte ihr Leben mit ihm verbringen und nicht als Witwe enden, die an einem Grab stand und einfach nicht begriff, was da geschehen war.

„Nadine, ich …“ Theo spürte ihre Wut.

„Ich kann das jetzt nicht!“, unterbrach sie ihn mühsam beherrscht. „Könnte ich, wie ich wollte, dann würde ich dir jetzt derart die Meinung geigen, aber im Augenblick sind meine Wut und meine Enttäuschung unwichtig. Wichtig ist allein, dass du wieder gesund wirst.“

„Verzeih mir! Ich wollte doch nur für dich und die Jungs da sein. Deshalb habe ich mir eingeredet, dass alles halb so schlimm ist und … und war ein Idiot. Ich habe mich so auf unsere zwei Räuber gefreut und wollte nicht genau dann ausfallen, wenn sie da sind. Das kam mir alles so unfair vor. Es tut mir leid!“, bat er hilflos.

„Theo, das weiß ich. Es macht mich so wütend, weil ich dich durchaus verstehe, wenn ich dich auch schlagen könnte. Wie kann es sein, dass ich von alldem nichts bemerkt habe? Nicht einmal vorhin im Badezimmer habe ich deine Angst gespürt, sondern erst reagiert, als du dich bewegt hast. Wie kann es sein, dass ich so blind für dich und deine Probleme geworden bin? Ich hätte es merken und dich zum Arzt schleppen müssen!“ Tränen rannen über ihre Wange.

Nadine wischte sie ungeduldig weg. Sie war keine Frau, die gern in der Öffentlichkeit weinte. „Ich liebe dich, Theo, und mir tut es mindestens so leid wie dir. Aber jetzt kämpfen wir gemeinsam darum, dass es dir bald besser geht! Wir tragen diesen Streit aus, wenn du wieder ein Gegner für mich bist.“

Sie wandte sich an Dr. Neumann, der die Auseinandersetzung des Paares schweigend verfolgt hatte. „Was halten Sie für eine mögliche Diagnose?“, wiederholte sie ihre Frage.

„Bei so etwas gebe ich keine Tipps ab. Das ist nicht hilfreich. Ihr Mann wird im Krankenhaus gründlich untersucht werden, und dann wissen wir Genaueres. Momentan können wir nur im Trüben fischen“, erwiderte der Arzt.

Nadine verstand und nickte ernst, doch sie konnte es nicht auf sich beruhen lassen. Sie wollte vorbereitet sein. „Könnte es sich um eine Art Schlaganfall handeln?“, fragte sie konkret.

„Das wäre möglich, aber wie gesagt, bevor uns keine klaren Untersuchungsergebnisse vorliegen, kann ich …“

„Das ist doch Unsinn! Ich bin fünfunddreißig und kein alter Mann. In meinem Alter bekomme ich doch keinen Schlaganfall!“, mischte sich Theo ein.

„Das stimmt so leider nicht. Das Alter spielt bei Schlaganfällen nicht die entscheidende Rolle, aber …“

In seiner Angst kämpfte Theo verbissen darum, die Kontrolle über seine Hand zurückzugewinnen. Wenn ihm das gelang, dann konnte es doch unmöglich ein Schlaganfall sein, oder? Bei einem Schlaganfall würde sich sein Zustand eher verschlechtern.

„Sehen Sie! Hier! Ich kann es!“, jubelte er, als er eine Faust bilden konnte, und hob den Arm triumphierend hoch.

Das Interesse des Arztes war sofort geweckt, und Dr. Neumann machte ein paar Tests mit ihm. „Erstaunlich! Sie haben die volle Kontrolle über ihre Hand zurückgewonnen. Bemerkenswert!“, stellte er fest.

„Kann ich dann doch mit meiner Frau nach Hause gehen? Es geht mir wieder gut, und falls ich andere Symptome entwickle, komme ich selbstverständlich zu Ihnen. Ich …“

Dr. Neumann schüttelte den Kopf. „Herr Schuster, Sie sind offenbar lebensmüde und wollen austesten, wie ernst es denn werden kann im Leben.“

„Nein, aber …“

„Da gibt es kein Aber! Solche Symptome deuten auf eine Grunderkrankung hin, und bevor wir nicht wissen, was Sie haben, können wir nichts für Sie tun. Es kann nur schlimmer werden. Ich kann Sie nicht gegen Ihren Willen ins Krankenhaus einweisen, aber wenn Sie meine Praxis mit Ihrer Frau verlassen, dann tun Sie das auf eigene Verantwortung.“

„Er wird nirgendwohin mit seiner Frau gehen, weil die ihn lyncht, wenn er nicht ins Krankenhaus geht“, rief Nadine dazwischen und war fuchsteufelswild. So unvernünftig hatte sie Theo noch nie erlebt. Was war nur mit ihm los? Begriff er denn nicht, dass das kein Spiel war?

„Dann lasse ich mich eben untersuchen, doch du wirst schon sehen, ich bin absolut gesund“, brummte er trotzig.

„Das hoffe ich von ganzem Herzen, Theo. Ich rufe Annette an, dass es etwas später wird und …“

„Das lässt du bleiben! Du kommst nicht mit in die Klinik. Ich verspreche dir, dass ich mich untersuchen lasse und keinen Widerstand leiste, aber du musst heim zu den Jungs. Sie bekommen bald wieder Hunger, und so viel abgepumpte Milch ist nicht mehr da, wenn sie schon einmal getrunken haben. Annette ist arm dran, wenn Josh und Hannes am Hungertuch nagen und sie ihnen nur Tee anzubieten hat. Das geht nicht!“, erinnerte Theo seine Frau.

Nadine wusste, dass er recht hatte, doch es war entsetzlich für sie, nicht bei Theo bleiben zu können.

„Ich baue keinen Mist mehr und bin einsichtig, damit du dich beruhigst!“, gelobte er, als er Angst und Zweifel in ihren Augen bemerkte. „Wenn ich erst wieder zu Hause bin, dann werden wir darüber lachen. Ich bin gesund!“

***

Theo Schuster wurde als Notfall in die Münchner Hubertusklinik eingeliefert und fühlte sich wie ein Hochstapler, weil es ihm inzwischen gut ging. Dr. Neumann gab ein Schreiben mit, in dem er den Fall darlegte, und das war gut so. Der Notarzt an der Klinik schüttelte einem Patienten die Hand, der fröhlich erzählte und keine Beschwerden zu haben schien.

„Ich bin überzeugt, mein Hausarzt und meine Frau übertreiben. Entschuldigen Sie, wenn ich hier so als Notfall hereinplatze, und dabei hätte ich ganz normal einen Termin bei einem Neurologen wahrnehmen können. Es liegt nicht an mir! Ich bin unschuldig!“, beteuerte Theo.

Der Notarzt war ganz Theos Meinung und nahm den Fall nicht sonderlich ernst. Als er das Schreiben von Dr. Neumann überflogen hatte, beschloss er, den Patienten dennoch auf jeden Fall gründlich zu untersuchen. Er rechnete mit keinen bösen Überraschungen, aber er wollte nicht seine Pflicht vernachlässigen.

„Mit so etwas darf man nicht spaßen. Wir haben extra im ganzen Land Schlaganfall-Zentren eingerichtet, sogenannte ‚stroke units‘, damit Patienten, bei denen der Verdacht besteht, sie könnten betroffen sein, umgehend und vor allem angemessen behandelt werden können“, erklärte er Theo.

„Sie sind kein typischer Patient, weil sich Ihre Symptome von alleine wieder gegeben haben, doch es ist einfach besser, wenn wir jede Gefahr ausschließen. Daher lassen Sie uns gründlich nachschauen, und falls alles mit Ihnen in Ordnung ist, sind alle Betroffenen froh und erleichtert!“

Theo fügte sich in sein Geschick. Der Notarzt maß seinen Blutdruck und nahm Blut für eine Blutuntersuchung ab, dann schickte er ihn zu einer Magnetresonanztomografie des Kopfes weiter.

„Hinterher besprechen wir dann gemeinsam die Ergebnisse. Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass Sie über Nacht bei uns bleiben müssen. Sie können ganz beruhigt sein!“, meinte der Arzt gelassen.

Theo musste fast eine Stunde vor dem Untersuchungsraum warten und las die Infobroschüren, um sich etwas zu beruhigen. Eine Magnetresonanztomografie arbeitete über starke Magnetfelder und Radiowellen. Röntgenstrahlen kamen dabei nicht zum Einsatz. Immerhin etwas, dachte er schlecht gelaunt.

Er wäre zu gern einfach gegangen. Manchmal kam ihm ein unbestimmter Zweifel. Warum war er so versessen darauf, sich nicht untersuchen zu lassen? Warum spielte er alles herunter? Natürlich wollte er gesund sein, das war gut und richtig so, doch sein Verhalten irritierte ihn. Er musste sich zwingen, um sich kein Taxi zu rufen und aus der Klinik zu flüchten, und das kam ihm äußerst kindisch und unreif vor.

Bin ich immer so, wenn es mir nicht so gut geht? Er konnte sich die Frage nicht beantworten, denn bis auf die üblichen Kinderkrankheiten als Kind und hin und wieder eine leichte Erkältung oder einen Schnupfen war er bisher nie krank gewesen. Vielleicht machte ihm die Angst vor dem Unbekannten zu schaffen. Das musste es sein.

„Herr Schuster!“ Eine Frau im weißen Kittel winkte ihn zu sich in den Raum, in dem das medizinische Gerät stand. Theos Herz pochte wie wild. Warum war er bloß seinem Fluchtinstinkt nicht gefolgt! Er wollte nicht in diese enge Röhre hinein! Die Vorstellung, eingesperrt in diesem Gerät zu liegen, ohne sich rühren zu können, ließ ihm den Angstschweiß ausbrechen.

Man durfte das Schicksal nicht herausfordern! Wenn man zuließ, dass man an Krankheit dachte, und sich wie ein Kranker benahm, dann war man krank. Er aber wollte das nicht. Diese ganze Untersuchung war ein böser Witz, und er wurde wütend auf Nadine und Dr. Neumann, die ihn dazu zwangen, etwas zu tun, was ihn krank machen konnte.

„Leiden Sie unter Platzangst?“, wollte die Frau wissen.

„Normalerweise machen mir enge Räume nichts aus, aber das da ist schon etwas anderes“, antwortete Theo diplomatisch und lachte gezwungen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, doch er versteckte sie geschickt.

„Ja, das sagen alle!“, stimmte sie ihm zu und fiel in sein Lachen ein, ohne die tiefe Angst zu registrieren, die er nur überspielte.

Theo wurde alles erklärt, was er wissen musste, und dann legte er sich auf die Liege des Gerätes und ließ zu, dass er in die Röhre geschoben wurde, obwohl sich alles in ihm sträubte. Er hatte Kopfhörer auf, konnte aber über einen Lautsprecher mit der Frau sprechen, die freundlich und beruhigend auf ihn einredete.

Er fühlte das Pochen seines Herzens am ganzen Körper und versuchte verzweifelt, daran zu denken, wie es war, wenn Joshua oder Johannes sich an ihn kuschelten und ihre Köpfchen in seine Halsbeuge pressten. Das beruhigte ihn etwas. Die Untersuchung begann.

„Jetzt haben Sie es schon geschafft!“, hörte er die Frauenstimme eine Ewigkeit später noch sagen, dann merkte er, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.

„Hilfe!“, stieß er hervor. „Hilfe!“

Seine Zunge war nur noch ein schwerer, kaum beweglicher Kloß, der ihn ersticken wollte. Alle Muskeln in seinem Körper schienen sich selbstständig gemacht zu haben. Sie verkrampften sich und entspannten sich chaotisch. Theo wollte sich wehren, wollte schreien, aber nichts half, und er ließ sich dankbar in die Bewusstlosigkeit fallen, als es dunkel in ihm und um ihn wurde.

„Herr Schuster? Können Sie mich hören?“ Es war die Stimme des Notarztes.

Theo kämpfte sich aus der Dunkelheit. Sein Mund fühlte sich rau und trocken an. Er hustete röchelnd und hatte das Gefühl, den höchsten Berg der Welt erklommen zu haben und eben erst von der Besteigung zurück zu sein. Ihm tat einfach alles weh.

„Da sind Sie wieder! Gott sei Dank!“, begrüßte ihn der Arzt, und von der gelangweilten Miene war nichts mehr übrig. Der Arzt wirkte aufgeregt und äußerst besorgt.

„Was war denn?“, murmelte Theo benommen.

„Sie hatten einen schweren epileptischen Anfall. Wir mussten Ihnen hoch dosiertes Diazepam geben, um die Krämpfe zu lösen und zu verhindern, dass Ihr Gehirn Schaden nimmt. Sie werden gleich hoch auf die neurologische Station gebracht und dürfen weiterschlafen, aber können Sie mir sagen, ob Sie bereits zuvor schon einmal so einen Anfall hatten?“

„Nein“, antwortete Theo mit schwerer Zunge. Seine Augenlider schienen Tonnen zu wiegen, und er konnte sich nicht gegen die Müdigkeit wehren. Schlafen war alles, was er wollte. Da fiel ihm Nadine ein und welche Sorgen sie sich machen würde, wenn er sich nicht bei ihr meldete. Das durfte nicht sein!

„Meine Frau …“, stieß er mühsam hervor. „Bitte, meine Frau …“

„Wir werden Ihre Frau anrufen und informieren! Machen Sie sich keine Sorgen!“, versprach der Arzt.

„Danke!“ Theo tauchte wieder in die Dunkelheit ein und ruhte sich aus.

Der Arzt aber sah der Liege mit dem Patienten nachdenklich und traurig nach, als Theo von einem Pfleger nach oben auf die neurologische Station gebracht wurde. Ein scheinbar gesunder Mann war in die Notaufnahme gekommen, und nun brachte der Pfleger einen Todgeweihten nach oben.

Das Leben konnte unglaublich grausam sein. Er musste an die Zwillinge denken, von denen der Patient ihm erzählt hatte. Eigentlich stand dieser Familienvater ganz am Anfang und wurde dringend gebraucht. Noch einmal ging der Notarzt im Geist die Querschnittsaufnahmen von Theos Gehirn durch. Er konnte nur hoffen, dass ein Spezialist etwas anderes sah als er.

„Dr. Huber, Sie haben mich um meine Meinung in einem Patientenfall gebeten?“ Der Neurochirurg der Klinik riss den Notarzt aus seinen Gedanken.

„Ja, es geht um Herrn Schuster, einen Patienten, der gerade auf Ihre Station gebracht wird. Er klagte über wiederkehrenden Schwindel, Übelkeit und Kopfschmerzen und hatte für einige Stunden kein Gefühl in der rechten Hand. Ich ließ eine MRT machen, und direkt nach der Untersuchung hatte er einen epileptischen Anfall – den ersten überhaupt.“

„Was hat die MRT ergeben?“, wollte der Neurologe wissen.

„Nichts Gutes, aber sehen Sie selbst!“ Dr. Huber winkte seinen Kollegen mit sich, um ihm die Aufnahmen zu zeigen, die ihn derart erschüttert hatten.

***

„Ich habe befürchtet, dass Sie meinen Mann heute nicht heimlassen. Später komme ich und bringe ihm vorbei, was er so braucht. Grüßen Sie ihn schon einmal lieb von mir!“, sagte Nadine recht ruhig, als Dr. Huber sie anrief, um ihr mitzuteilen, dass Theo in der Hubertusklinik bleiben musste.

„Wissen Sie denn grob, wie lange er im Krankenhaus sein wird?“, hakte sie nach, weil sie nicht sicher war, wie viel Wäsche sie Theo bringen sollte. Mehr als zwei, drei Tage konnten solche Untersuchungen nicht dauern, oder?

Nadine war genau wie ihr Mann in ihrem Leben immer gesund gewesen und hatte keinerlei Erfahrung mit Krankheit oder Verlust. Ihre Eltern lebten in Kiel und erfreuten sich bester Gesundheit. War jemand krank, ging er zum Arzt, wurde behandelt, und dann war alles wieder gut. Etwas anderes kam ihr nicht in den Sinn, denn es musste sich schließlich um etwas relativ Harmloses handeln. Theo war jung.

„Ich kann Ihnen leider vorerst nicht sagen, wie wir weiter verfahren werden. Ihr Mann hatte einen epileptischen Anfall und ist durch das Medikament, das wir ihm geben mussten, noch sehr müde und benommen. Eine eingehende Besprechung über Diagnose und Therapie möchten wir gern gemeinsam mit ihm morgen im Verlauf des Vormittages vornehmen“, teilte Dr. Huber ihr ausweichend mit.

„Heute Abend ist er erschöpft und wird im Prinzip den restlichen Tag und die Nacht verschlafen. Falls Sie lieber bei Ihren Kindern bleiben möchten, müssen Sie heute nicht an die Klinik kommen. Morgen Vormittag dagegen wäre es wichtig, dass Sie dabei sind.“

Nadine spürte, wie ihr die Knie weich wurden. Sie hörte meist an der Stimme eines Menschen, wenn jemand mit etwas hinter dem Berg hielt. Was immer dieser Arzt Theo und ihr zu sagen hatte, war alles andere als positiv.

„Um wie viel Uhr soll ich morgen in der Klinik sein?“

„Wenn Sie so gegen zehn Uhr da sind, wäre das schön.“

„Ich werde da sein! Herr Dr. Huber, muss ich mir Sorgen machen? Kann ich …“ Nadine schluckte, brachte es kaum über die Lippen, aber sie musste die Frage stellen. „Ist das Leben meines Mannes in Gefahr? Es ist besser, wenn ich innerlich vorbereitet bin, falls … Ich muss dann stark sein für Theo, und dafür brauche ich einen kleinen Wissensvorsprung.“

Der Arzt schwieg etwas zu lange und rang gar zu offensichtlich mit einer passenden Antwort, die ihm nicht einfallen wollte. Als er Nadine anschließend zu beruhigen versuchte, war er nicht mehr glaubwürdig.

„Morgen früh wird Dr. Lohmayer Ihnen alles gründlich erklären. Gedulden Sie sich etwas! Ich möchte der Besprechung nicht vorgreifen, denn ich bin nur Allgemeinmediziner, Unfallchirurg und Notarzt. Die Erkrankung Ihres Mannes fällt nicht in mein Fachgebiet.“

„Und was für ein Spezialgebiet hat Dr. Lohmayer?“, hakte Nadine nach.

„Er ist Neurochirurg, und noch dazu einer der Besten, die wir in Bayern haben. Bei ihm ist Ihr Mann in den besten Händen. Sie müssen sich keine Sorgen machen!“

„Es ist kein Schlaganfall, sonst würde mein Mann auf der Intensivstation liegen, und Sie würden mir auch keinen Neurochirurgen anpreisen“, zog Nadine ihre Schlüsse. „Und sein Zustand ist ernst, denn ansonsten würden Sie Entwarnung geben.“

Dr. Huber erkannte, dass er weitaus mehr verraten hatte, als ihm bewusst gewesen war. Er hasste solche Gespräche. Was sollte er der Frau sagen? Er wusste in der Tat nicht, ob ihr Mann überleben würde. Es hing davon ab, welche Therapien möglich waren und ob sie anschlugen.

„Warten Sie, bis Dr. Lohmayer Ihnen alles genau erklären kann! Bitte! Sie werden zusammen mit ihm und Ihrem Mann einen Therapieplan erarbeiten, damit Ihr Mann gesund werden kann.“

„Natürlich! Entschuldigen Sie!“ Nadine weinte, ohne es zu merken. Einen Therapieplan erarbeiten – es war ernst.

„Ich bin später noch bei meinem Mann, komme aber morgen früh pünktlich zu der Besprechung. Danke, Herr Dr. Huber!“, entließ sie den Arzt aus dem Gespräch. Mehr würde er ihr nicht sagen, und fürs Erste hatte sie auch genug, was sie irgendwie verarbeiten musste, bevor sie nachher zu Theo ging.

Als sie aufgelegt hatte, schluchzte sie auf. Mit ihrer Beherrschung war es vorbei. Annette Lutz, ihre engste Freundin schon aus Kieler Tagen, war noch da, um ihr Gesellschaft zu leisten und sie auf andere Gedanken zu bringen.

„Du wirst schon sehen! Theo kommt bald zur Tür herein und lacht dich aus. Noch ist nichts bewiesen! Ihr habt zwei Babys und bekommt keine ruhige Minute und keinen Schlaf. Da kann es jeden einmal umhauen. Das muss nichts bedeuten.“

Das hatte Annette immer wieder gesagt, seit Nadine verstört vom Arzt zurückgekommen war und ihr von Dr. Neumanns Verdacht auf einen leichten Schlaganfall erzählt hatte.

Die Zwillinge waren eingeschlafen, und die Freundinnen hatten sich einen Kräutertee gekocht und saßen gemütlich auf dem Sofa, als das Telefon geklingelt hatte.

„Was ist los?“ Annette legte voller Mitgefühl den Arm um Nadine.

„Ich weiß nicht. Der Arzt wollte mir nichts Konkretes sagen. Morgen erfahren Theo und ich, was die Untersuchung ergeben hat. Er hatte in der Klinik einen epileptischen Anfall und … Was ist das nur? Ständig kommt etwas Neues dazu. Ich bin sonst keine Schwarzseherin und habe meine Gefühle im Griff, aber …“ Nadine versuchte, mit dem Weinen aufzuhören, doch sie schaffte es nicht.

„Entschuldige die Heulerei! Ich bin eine Heulsuse geworden, seit ich Mutter bin! Hoffentlich geht das irgendwann wieder weg. Es nervt!“, jammerte sie.

„Das sind die Hormone, die noch immer verrücktspielen. Weinen baut Druck ab und tut gut. Das muss dir nicht peinlich sein! Lass es lieber raus!“

Nadine zog stattdessen schniefend die Nase hoch und wischte sich die Tränen mit dem Ärmel vom Gesicht. Sie musste sich beherrschen. Sie brauchte ihren klaren Verstand.

„Die Art, wie der Arzt mich vertröstet hat, war verdächtig. Und er hat mich an den Neurochirurgen der Klinik verwiesen. Wäre es ein Schlaganfall, dann hätte er mir das einfach gesagt. Es ist etwas anderes und … Ich habe so schreckliche Angst.“

Die Tränen schossen ihr wieder aus den Augen. Sie brauchte Theo. Wie sollte sie die Jungen ohne ihren Vater großziehen?

„Du darfst nicht gleich an das Schlimmste denken!“, riet Annette sanft. „Weine dich aus, und dann wird gehofft, und die schwarzen Wolken werden aus den Gedanken vertrieben!“

Nadine schlang die Arme um ihre Freundin und weinte hemmungslos. Annette hatte recht. Das musste alles heraus, denn wenn sie mit ihren schlimmsten Befürchtungen richtiglag, dann würde sie ihre Kraft noch brauchen.

„Hast du vorhin nicht erzählt, dass unser Mark Gregorius auch Neurochirurg ist?“, fragte Annette, als Nadine sich etwas beruhigt hatte.

Nadine nickte.

„Das ist gut. Es ist immer gut, wenn man einen Arzt im Freundeskreis hat, der beurteilen kann, was gemacht wird und was machbar ist. Vielleicht kann Mark Theos Behandlung sogar selbst übernehmen. Ihm vertraust du und weißt, dass er dir nichts verheimlichen wird“, überlegte Annette.

„Warum sollte ich Mark besonders vertrauen? Ich habe ihn seit unserer Abiturfeier nur ein einziges Mal gesehen. Außerdem arbeitet er an der Berling-Klinik, und Dr. Neumann hat Theo sicher nicht ohne Grund an die Hubertusklinik geschickt. Vielleicht ist man dort mehr auf neurologische Erkrankungen spezialisiert. Ich habe in der Berling-Klinik die Jungs bekommen und fühlte mich dort wohl und gut aufgehoben, aber das ist etwas anderes!“, widersprach Nadine heftig.

Annette musterte sie verwundert. „Du hast dich doch so gefreut, dass du Mark begegnet bist. Ich dachte nur, das könnte sich als Vorteil erweisen …“