Die besten Ärzte - Sammelband 29 - Katrin Kastell - E-Book

Die besten Ärzte - Sammelband 29 E-Book

Katrin Kastell

0,0
5,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Willkommen zur privaten Sprechstunde in Sachen Liebe!

Sie sind ständig in Bereitschaft, um Leben zu retten. Das macht sie für ihre Patienten zu Helden.
Im Sammelband "Die besten Ärzte" erleben Sie hautnah die aufregende Welt in Weiß zwischen Krankenhausalltag und romantischen Liebesabenteuern. Da ist Herzklopfen garantiert!

Der Sammelband "Die besten Ärzte" ist ein perfektes Angebot für alle, die Geschichten um Ärzte und Ärztinnen, Schwestern und Patienten lieben. Dr. Stefan Frank, Chefarzt Dr. Holl, Notärztin Andrea Bergen - hier bekommen Sie alle! Und das zum günstigen Angebotspreis!

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Chefarzt Dr. Holl 1794: Die schwerste Entscheidung seines Lebens
Notärztin Andrea Bergen 1273: Warum verschwand Dr. Theißen?
Dr. Stefan Frank 2227: Kinderfasching in der Waldner-Klinik
Dr. Karsten Fabian 170: In jener Nacht der Tränen
Der Notarzt 276: Liebe ist stärker als jede Angst

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
Jetzt herunterladen und sofort sparen und lesen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 574

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2014/2015/2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv: © Spotmatik Ltd /shutterstock ISBN 978-3-7517-1735-9 ww.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

Katrin Kastell, Marina Anders, Stefan Frank, Ina Ritter, Karin Graf

Die besten Ärzte - Sammelband 29

Inhalt

Katrin KastellDr. Holl - Folge 1794Sorgsam und umsichtig wie immer nimmt Dr. Holl die gynäkologische Untersuchung bei seiner jungen Kollegin vor. Dr. Steffi Blume ist nun im achten Schwangerschaftsmonat und kann es gar nicht mehr erwarten, ihr Töchterchen endlich in den Armen zu halten und ihm alle Liebe zu schenken, deren sie fähig ist. Als sich mit einem Mal eine steile Falte auf Dr. Holls Stirn bildet und er sich besorgt näher zu dem Monitor des Ultraschallgerätes beugt, greift eine kalte Hand der Angst nach Steffi. Sie kennt den Chefarzt gut genug, um zu wissen, dass mit ihrem Kind etwas nicht in Ordnung ist! Und Steffi soll leider recht behalten, wie Stefan Holl ihr kurz darauf betroffen eröffnet: Das Ungeborene leidet an einer gefährlichen Aortenstenose, einer lebensbedrohlichen Herzkrankheit, und muss sofort per Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden! Doch bei der anschließenden eilig anberaumten Operation des winzigen Babys laufen die Dinge dramatisch aus dem Ruder - und Dr. Holl muss die wohl schwierigste Entscheidung seiner Laufbahn treffen ...Jetzt lesen
Marina AndersNotärztin Andrea Bergen - Folge 1273"Er hat sich was angetan - ich weiß es einfach!" Die schöne Schwester Olivia bricht in verzweifeltes Schluchzen aus und Notärztin Dr. Bergen zieht sie tröstend an sich. Vor einigen Tagen hat Olivias Exfreund, der junge Anästhesist Dr. Axel Theißen, während einer dramatischen Operation einen Zusammenbruch erlitten und den OP Hals über Kopf verlassen. Seither fehlt von ihm jede Spur! Dr. Andrea Bergen ist in den vergangenen Wochen nicht entgangen, dass Dr. Theißen seltsam angespannt und fahrig gewirkt hat, doch es ist ihr nicht gelungen, den Kollegen dazu zu bewegen, sich ihr anzuvertrauen. Aber Olivia hat nun Andreas schlimmste Befürchtungen bestätigt: Axel Theißen ist seit Langem tablettenabhängig und muss sich vorwerfen, unter Einfluss von Suchtmitteln den Tod eines Patienten verschuldet zu haben! Nun deutet alles darauf hin, dass er mit dieser schweren Schuld nicht mehr leben kann ...Jetzt lesen
Stefan FrankDr. Stefan Frank - Folge 2227Bereits seit seinem Studium hegt Dr. Karl-Heinz Langer einen tiefen Groll gegen den Grünwalder Allgemeinmediziner und Geburtshelfer Dr. Stefan Frank. Viele, viele Jahre hat er auf eine Gelegenheit gewartet, dem Kollegen eins auszuwischen. Und nun ist es endlich so weit: Karl-Heinz Langer kauft sich eine Villa, deren Grundstück an den Garten von Stefan Frank angrenzt, und verbaut ihm die Sicht. Doch das ist nicht der einzige Bereich, in dem er den alten Rivalen bedrängt. Hinter Stefan Franks Rücken besucht er die Schulklasse, die Stefan ärztlich betreut, und behauptet den Kindern gegenüber, Dr. Frank würde sie nicht mehr mögen. Fortan werde er, Dr. Langer, regelmäßig nach ihnen sehen. Das tut er auch, doch ohne großes Interesse. Und so übersieht er eine gefährliche Salmonellen-Epidemie, die nicht nur die Faschingsparty der Erstklässler gefährdet, sondern auch ihre Leben -Jetzt lesen
Ina RitterDr. Karsten Fabian - Folge 170Jeder kennt das berühmte Märchen von Aschenputtel, in dem das hübsche, arme Mädchen so viel leidet, weint und hofft. Und genauso traurig beginnt auch das Schicksal der jungen Almuth aus Altenhagen. Jahrelang hat niemand im Dorf gemerkt, welche Qualen das bildhübsche Mädchen erleiden musste. Dr. Karsten Fabian und seine Frau Florentine sind zutiefst schockiert, als sie dahinterkommen. Dass so etwas in dem idyllischen Heidedorf, wo jeder jeden zu kennen glaubt, möglich ist! Doch jetzt werden beide für Almuth kämpfen. Solche Gemeinheiten dürfen nicht ungestraft bleiben, und Almuths Tränen müssen endlich versiegen ...Jetzt lesen
Karin GrafDer Notarzt - Folge 276Seit die siebenundzwanzigjährige Modedesignerin Linda nach der Trennung von ihrem Freund in eine kleine Wohnung gezogen ist, hat sie in ihrer neuen Nachbarin Alma eine mütterliche Freundin gefunden. Die sechsundsiebzigjährige Dame schenkt ihr all die Zuneigung und Wärme, die Linda von ihrer eigenen Mutter nie bekommen hat. In ihr wächst neben der Liebe zu der alten Frau aber auch die Wut auf deren Sohn. Durch Almas Erzählungen weiß Linda, dass Noah als überaus erfolgreicher Professor an der renommierten Harvard Medical School in Amerika arbeitet. Aber ist das vielleicht ein Grund, eine so wunderbare Mutter wie Alma in Frankfurt ganz allein zu lassen? Wenigstens besuchen könnte er sie doch hin und wieder! Für Linda ist klar, dass dieser Noah Falkenberg ein undankbarer, eingebildeter Schnösel ist, dem andere Menschen völlig egal sind. Wie gerne würde sie ihm nur einmal ordentlich die Meinung sagen! Die Gelegenheit dazu bekommt die junge Geschäftsfrau dann ganz plötzlich durch ein äußerst bedrohliches Ereignis, das sie sich allerdings nun wirklich nicht gewünscht hat ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Die schwerste Entscheidung seines Lebens

Vorschau

Die schwerste Entscheidung seines Lebens

Muss Dr. Holl die Behandlung des Neugeborenen abbrechen?

Von Karin Kastell

Sorgsam und umsichtig wie immer nimmt Dr.  Holl die gynäkologische Untersuchung bei seiner jungen Kollegin vor. Dr. Steffi Blume ist nun im achten Schwangerschaftsmonat und kann es gar nicht mehr erwarten, ihr Töchterchen endlich in den Armen zu halten und ihm alle Liebe zu schenken, deren sie fähig ist.

Als sich mit einem Mal eine steile Falte auf Dr. Holls Stirn bildet und er sich besorgt näher zu dem Monitor des Ultraschallgerätes beugt, greift eine kalte Hand der Angst nach Steffi. Sie kennt den Chefarzt gut genug, um zu wissen, dass mit ihrem Kind etwas nicht in Ordnung ist!

Und Steffi soll leider recht behalten, wie Stefan Holl ihr kurz darauf betroffen eröffnet: Das Ungeborene leidet an einer gefährlichen Aortenstenose, einer lebensbedrohlichen Herzkrankheit, und muss sofort per Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden!

Doch bei der anschließenden eilig anberaumten Operation des winzigen Babys laufen die Dinge dramatisch aus dem Ruder – und Dr. Holl muss die wohl schwierigste Entscheidung seiner Laufbahn treffen …

„Dr. Blume, meine Tochter hat solche Schmerzen, schlimmer als vor der Operation. Ist das normal? Es war doch nur der Blinddarm.“

Es war kurz nach Mitternacht, und auf der Kinderstation der Berling-Klinik in München war ansonsten längst Ruhe eingekehrt. Die meisten Kinder schliefen tief, und nur einige Eltern geisterten durch die Gänge oder unterhielten sich flüsternd vor der Station.

Dr. Steffi Blume hatte Nachtdienst und war schon in ihrem Bereitschaftsraum gewesen, als ihr Pieper anschlug und sie von der Nachtschwester wieder auf die Station gerufen wurde. Die Kinderärztin eilte zurück, um nach der kleinen Lisa zu sehen. Das Mädchen war am Tag zuvor operiert worden und stöhnte und wand sich vor Schmerz.

Die Chirurgen hatten den Appendix endoskopisch entfernen können, sodass Lisa kaum eine Narbe zurückbehalten würde. Eigentlich hätte es ihr inzwischen schon wieder recht gut gehen müssen. Selbst bei Routineeingriffen wie einer Blinddarmentfernung konnte es aber leider immer zu Komplikationen kommen. Jeder Organismus war individuell und reagierte auf seine eigene Weise.

Vorsichtig tastete die Ärztin den Bauch des Mädchens ab. Es stöhnte. Der Leib fühlte sich hart und aufgebläht an. Nachdem Steffi Blume Lisa mit dem Stethoskop abgehört hatte, wurde ihre Miene ernst. Im Magen- und Darmtrakt eines Menschen ging es nie still zu. Der Verdauungsprozess verursachte immer eine Fülle von Geräuschen, aber Lisas Darm lag lautlos und vermutlich reglos da, was darauf hindeutete, dass er seine Tätigkeit komplett eingestellt hatte.

„Warum hat mein Kind solche Schmerzen? Bitte, helfen Sie Lisa! Sie ist sonst immer so tapfer, und wenn sie einmal jammert, dann ist es schlimm. Deshalb waren wir auch erst so spät an der Klinik, und der Blinddarm hätte durchbrechen können.“ Die Mutter war mindestens so bleich wie Lisa und stand kurz vor einer Panikattacke.

„Frau Tessner, ich bin da und sorge dafür, dass es Lisa bald besser geht. Setzen Sie sich erst einmal hin und atmen Sie ein paar Mal ruhig durch. Ich weiß, wie schlimm es ist, wenn man sein Kind so sieht.“

Die verständnisvollen Worte verfehlten ihren Zweck nicht, und die Mutter wurde ruhiger und setzte sich. Lisa spürte, dass die Aufregung ihrer Mutter etwas abgeklungen war, und entspannte sich merklich.

„Jetzt mache ich einen Ultraschall bei dir. Dafür muss ich dich ordentlich mit diesem glitschigen Gel nass machen. Kennst du das schon?“, fragte Steffi und versuchte, das Kind von den Schmerzen abzulenken.

Lisa nickte. „Igitt! Das ist eklig und kalt“, beschwerte sich die Kleine trotzdem empört, als Steffi das Gel auftrug.

„Stimmt, aber ich wische es gleich wieder weg. Versprochen!“

„Es tut so weh!“, jammerte das Mädchen während der Untersuchung.

„Alles wird gut! Gleich geht es dir besser!“, versprach die Ärztin. Der Ultraschall bestätigte ihre erste Diagnose.

„Was ist mit Lisa?“ Frau Tessner hielt es nicht auf dem Stuhl, und schon stand sie wieder viel zu nah bei der Ärztin. Sie suchte Sicherheit bei ihr und brauchte dafür körperliche Nähe. Steffi Blume kannte das Phänomen von Eltern und Kindern und ließ es zu, solange sie nicht bei der Arbeit behindert wurde.

„Nach einer Operation im Bauchraum kann es zu einem paralytischen Ileus kommen, das ist eine Lähmung der Darmmuskulatur. Ohne die rhythmischen Bewegungen der Darmwand wird der Inhalt des Darmes nicht mehr befördert und bleibt an einer Stelle stecken. Genau das verursacht die Schmerzen“, erklärte die Ärztin.

„Ist das schlimm? Muss Lisa noch einmal operiert werden?“

Mutter und Kind sahen sie voller Angst an.

„Eine Operation können wir voraussichtlich vermeiden. Ich werde die Nahrungsreste aus dem Darm absaugen. Das ist nicht angenehm, Lisa, aber es geht schnell vorbei, und anschließend geht es dir prompt viel besser. Du musst noch einmal ganz tapfer sein, dann hast du es geschafft!“

„Gott sei Dank!“ Die Mutter atmete auf.

„Lisa darf erst einmal nichts zu sich nehmen, weder feste Nahrung noch Flüssigkeit. Sie bekommt Elektrolyte über Infusionen und alles, was ihr Körper braucht. Zur Sicherheit geben wir ihr zusätzliche Antibiotika. Machen Sie sich keine Sorgen. In ein paar Tagen ist alles gut!“

Als Dr. Blume kurz nach zwei wieder in ihren Bereitschaftsraum gehen wollte, kam sie gerade bis zur Stationstür.

„Sie haben immer die schlimmen Nächte. Irgendwie sind Sie der Pechvogel unter den Ärzten“, sagte die Nachtschwester entschuldigend und bat die Ärztin, noch nach einem Fünfjährigen zu sehen, der überraschend hohes Fieber bekommen hatte.

„Kein Problem! Dafür bin ich hier. Ich brauche wenig Schlaf, und wenn ich etwas zu tun habe, vergehen die Nächte schneller.“

In dieser Nacht sollte die Kinderärztin keine Probleme mit ihren Schlafstörungen bekommen. Ein Notfall folgte dem anderen, und sie war bis zum Dienstwechsel auf den Beinen. Da sie am frühen Nachmittag um vierzehn Uhr schon wieder ihren normalen Dienst antreten musste und zum Umfallen müde war, beschloss sie, gleich an der Klinik zu bleiben.

„Da hat es dich mal wieder voll erwischt“, kommentierte ihr Kollege Dr. Mark Rau, den sie seit Studientagen kannte, als er die Station von ihr übernahm.

„Den Kindern geht es besser, und keine der Krisen war ernstlich gefährlich. Das ist die Hauptsache“, antwortete sie gelassen. „Ich lege mich gleich im Bereitschaftsraum aufs Ohr. Heimfahren lohnt nicht. Du kannst mich gerne rufen, wenn es eng wird. Ich bin doch ohnehin da“, bot sie an.

„Steffi, wir müssen einmal wieder ein ernstes Wort reden, du und ich. Wie war das mit der Freizeit und dem Spaß, die man in unserem Job als Ausgleich braucht? Du übernimmst jede Vertretung und bist fast ständig an der Klinik. Das ist ungesund!“, mahnte Mark, wie er es seit fast vier Jahren regelmäßig ohne Erfolg tat.

„Aus dir spricht Martina“, spottete Steffi. Sie war mit Mark und Martina Rau eng befreundet. „Bevor du glücklich verheiratet warst und Papa geworden bist, hat es dich auch nicht heimgezogen. Auf mich wartet eine leere Wohnung. Daheim fällt mir nach ein paar Stunden die Decke auf den Kopf, und ich weiß nichts mit mir anzufangen. Hier gibt es immer etwas zu tun, und ich werde gebraucht.“

„Und wie soll sich daran je etwas ändern, wenn du immer arbeitest, anstatt endlich die Jagd auf das Männervolk zu eröffnen? Es gibt mehr als einen netten Mann, mit dem du dir die Zeit vertreiben könntest. Matthias ist vergangen und vergessen. Hake ihn endlich ab! Er ist ein Idiot und hatte dich nie verdient!“

Dr. Matthias Liebich leitete eine angesehene Kinderarztpraxis in der Innenstadt. Er war Marks bester Freund und über acht Jahre mit Steffi zusammen gewesen.

„Wuff! Mark hat gesprochen! Das hat längst nichts mehr mit Matthias zu tun. Ich bin über ihn hinweg. Wäre auch schlimm, wenn nicht. Bruno wird in zwei Wochen drei Jahre alt, und ich bin seine Patentante. Da kann ich doch nicht die Ehe seiner Eltern ruinieren!“

„Das war auch so eine brillante Idee! Du lässt dir von Matthias das Herz aus dem Leib reißen und siehst zu, wie er nach acht Jahren, die ihr unzertrennlich wart, eine Schulfreundin von dir heiratet. Wie lange kannte er Carola vor der Hochzeit? Drei Tage?“

Mark hatte seinem Freund nie ganz verziehen, und der Kontakt zwischen ihnen war seit dem Vorfall merklich abgekühlt. Für ihn war Matthias zu weit gegangen. Es gab Dinge, die durfte man einem anderen Menschen nicht antun, und vor allem Steffi nicht. Sie war eine Seele von Mensch und eine wundervolle Frau.

„Drei Monate“, korrigierte Steffi und lachte bitter. „Und wenn wir schon die alten Wunden aufreißen, dann auch richtig! Ich habe Carola damals nach einem Klassentreffen für eine Woche zu uns nach München eingeladen. Wir hatten seit der Schulzeit nichts voneinander gehört, und sie steckte in einer Krise. Ironie des Schicksals, oder? Die Arme tat mir leid, und ich wollte sie ein wenig aufmuntern, und hinterher war ich es, die weinte. So ist das Leben!“

„So sollte es aber nicht sein!“, widersprach Mark.

„Hätte ich gewusst, dass mein Partner ihr Ausweg aus der Krise werden würde, hätte ich die beiden einander lieber nicht vorgestellt. Oder vielleicht doch? So bin ich nun einmal! Großzügigkeit liegt bei meiner Familie unheilbar in den Genen – eine Art Erbkrankheit.“

„Die Medizin hat beachtliche Fortschritte zu verzeichnen. Gegen chronische Selbstlosigkeit gibt es inzwischen bestimmt Tabletten“, stellte Mark trocken fest.

„Danke!“

„Gern geschehen! So und jetzt mache ich mich an die Arbeit und gönne dir eine Pause. Wie wäre es, wenn wir heute Mittag zusammen essen? Um vierzehn Uhr fängt dein Dienst an, und ich kenne dich doch, du bist um zwölf Uhr dreißig ohnehin auf den Beinen.“

„Dann bis später!“

Sie winkten sich zum Abschied.

***

Im Ärztecasino beluden Steffi und Mark sich ihre Tabletts und gingen damit hinaus auf die Terrasse, wo sie einen guten Platz ganz vorne an der Brüstung erbeuteten. Von dort bot sich ihnen ein schöner Blick über den Park der Berling-Klinik. Es war Frühsommer, und alles blühte und duftete.

„Das tut gut!“ Steffi räkelte sich zufrieden. „Ich habe einen Bärenhunger. Gestern habe ich das Essen ganz vergessen. Nachtbereitschaft bringt mich immer komplett aus meinem Rhythmus.“

„Das ist deine Ration bei Bärenhunger?“ Mark warf einen amüsierten Blick auf ihr Tablett. „Ein wahrhaft monströses Schälchen Salat und Früchtequark – wie üppig! Heute gönnst du dir einmal so richtig etwas. Frauen! Martina ist genauso.“

Sie lachten und aßen entspannt, aber beim Kaffee kehrte Mark zu ihrem morgendlichen Thema zurück. Steffi zog unbewusst den Kopf etwas tiefer, und mit der Entspannung war es für sie vorbei. Warum mussten Mark und Martina nur immerzu auf der Vergangenheit herumreiten? Es tat weh genug, damit zu leben, auch ohne darüber zu reden.

„Matthias ist ein Sadist. Damit du dich ganz sicher nie von ihm lösen kannst, macht er dich auch noch zu seiner Trauzeugin und zur Patentante seines Sohnes. Das finde ich schlimm. Obwohl, dazu gehören zwei. Du bist die Masochistin, die das mit sich machen ließ! Der Einzige, der nichts dafürkann und goldig ist, ist Bruno.“

„Mark, du machst es dir zu einfach. Matthias wollte mir nicht wehtun. Er hat sich Hals über Kopf in Carola verliebt und hatte ein schrecklich schlechtes Gewissen mir gegenüber“, entschuldigte Steffi ihren früheren Gefährten, wie sie es schon unzählige Male zuvor getan hatte. Wie sehr sie diese Gespräche hasste!

„Der arme, arme Mann! Zum Glück hatte er eine verständnisvolle Seele wie dich an seiner Seite. Du hast ihn getröstet und für seinen Hochzeitstag mit einer anderen aufgebaut“, spottete Mark.

„Ich hätte ihn zu gerne gehasst und wäre empört von dannen gezogen, aber das ist nicht so leicht. Ich liebe ihn und …“ Verlegen brach sie ab.

„Du hast es zugegeben! Tja, wie windest du dich da wieder raus?“, triumphierte Mark, der ihr entrüstet vorwarf, Matthias nach alldem auch noch zu lieben.

„Mein Gott, das ist doch nur natürlich! Acht Jahre verbinden. Ich liebe Matthias, und er wird immer ein Mensch bleiben, der mir etwas bedeutet. Warum muss ich mich dafür rechtfertigen? Andere verlieben sich, heiraten und trennen sich, und schon verlieben sie sich in den nächsten und heiraten gleich wieder. Dagegen hat keiner etwas einzuwenden. Ist das denn so viel besser? Liege ich so daneben, nur weil die Haltbarkeit meiner Gefühle nicht so schnell abläuft?“

„Du hast deinen Liebeskummer kultiviert und lebst dein Leben nicht. Das ist es, was Martina und mich traurig macht. Du arbeitest, und das ist es auch schon, aber Leben ist mehr als Arbeit. Steffi, was dir passiert ist, ist schlimm, und es tut mir leid, doch das Leben, dein Leben, muss endlich weitergehen!“, redete Mark ihr ins Gewissen.

Steffi zuckte kommentarlos mit den Schultern. Sie bemühte sich und fand nicht, dass sie ein wandelnder Trauerkloß war. Auf ihre Weise lebte sie ihr Leben weiter, ohne zu jammern. Mark und Martina meinten es gut, aber sie machten es schlimmer, indem sie permanent auf dem Vergangenen herumritten und etwas von ihr erwarteten, was sie nicht leisten konnte.

Die beiden hatten sich in den Kopf gesetzt, Steffi glücklich zu machen und unter die Haube zu bringen. Daran hatte sie aber nicht das geringste Interesse. Nach der Erfahrung mit Matthias hielt sie nicht mehr viel von großen Gefühlen. Man konnte ihnen nicht trauen.

Matthias und sie hatten Pläne gehabt und gemeinsame Träume. Sie waren einander vertraut gewesen. Und doch hatte er sich auf den ersten Blick leidenschaftlich in Carola verliebt, und es hatte kein Halten und kein Zögern gegeben. Liebe war spontan und wankelmütig und definitiv nichts, worauf man zählen konnte.

„Am Samstagabend bist du übrigens bei uns zum Grillen. Das ist keine Einladung. Du bist offiziell abkommandiert zum Spaßhaben“, teilte Mark ihr mit, als wäre es beschlossene Sache.

„Nein! Bitte nicht! Mark, ich …“

„Keine Widerrede. Ausreden werden nicht akzeptiert! Martina lyncht mich, wenn ich dich entwischen lasse. Tu es aus Menschenfreundlichkeit. Mein Eheglück steht auf dem Spiel.“

Steffi stöhnte. Sie wusste genau, wie das ablaufen würde. Martina hatte wieder einen Kandidaten gefunden, der ihrer Meinung nach genau zu Steffi passte. Ausgehend von den bisherigen Kandidaten fragte sich Steffi, warum Martina sie eigentlich mochte. Es waren nichtssagende, höfliche und blasse Männer gewesen – nette Männer, die schon einen Abend endlos erscheinen ließen.

„Wie heißt er?“, fragte Steffi daher gequält.

„Sebastian, und er ist attraktiv, sportlich und Anwalt. An ihm ist nichts auszusetzen“, pries Mark den Kandidaten an.

„Das hast du über den letzten auch gesagt, und du warst es, der beim Espresso eingeschlafen ist“, erinnerte sie ihn und lachte leise in sich hinein.

„Ich hatte vorher Nachtdienst!“ Mark errötete tatsächlich. Der Vorfall war ihm noch immer peinlich.

„Das muss es gewesen sein! Es kann unmöglich damit zusammenhängen, dass der Liebesanwärter uns davor drei Stunden mit seinen unendlichen Krankheitsgeschichten erfreut hat.“

Mark kicherte. „Ganz ehrlich, der Mann war eine Zumutung. Keine Ahnung, was mein holdes Weib sich bei ihm gedacht hat, aber Sebastian ist in Ordnung. Man kann sich blendend mit ihm unterhalten und Spaß haben. Du wirst ihn witzig finden und mögen.“

„Hört! Hört!“ Sie verdrehte die Augen. „Sag Martina, wenn dieser Sebastian wieder so entsetzlich nett ist, dann entziehe ich ihr meine Zuneigung. Ich will nicht nett sein und fade. Wenn solche Männer zu mir passen, dann muss ich Matthias Abbitte leisten. Dann hat er genau das Richtige getan.“

„Bestimmt dankt er den Göttern jeden Tag, dass er einem Leben mit dir entronnen ist. Wo er doch das große Glück gezogen hat. Nichts als Harmonie und eitel Sonnenschein – er ist ein Glückspilz“, spottete Mark.

Steffi lag eine Erwiderung auf der Zunge, aber sie schwieg. Fast jede Woche rief Matthias ein- oder zweimal bei ihr an, um ihr sein Leid zu klagen. Carolas und seine Ehe war ein Desaster. Im Grunde hielten nur Carolas materielle Berechnung und Matthias Liebe zu Bruno das Paar zusammen.

Für Steffi war das kein Trost, ganz im Gegenteil. Matthias fehlte ihr. Sie vermisste ihn an jedem einzelnen Tag. Sie sehnte sich nach seiner Zärtlichkeit, nach seinem Lachen und nach all dem, was sie einmal geteilt hatten. Die Tatsache, dass all das verloren war und es ihm nicht einmal gut dabei ging, war traurig. Es machte ihren eigenen Verlust und ihren Kummer doppelt sinnlos.

Wie hätte sie Mark das erklären sollen? Mark durfte nicht einmal wissen, dass Matthias ausgerechnet ihr regelmäßig sein Herz ausschüttete und sie zum Seelenmülleimer machte. Es hätte ihn nur empört. Aus seiner Sicht hatte Matthias seine Entscheidung getroffen und Carola geheiratet, ohne sie wirklich zu kennen. Nun musste er mit den Konsequenzen leben.

Steffi sah das ähnlich, aber sie war nun einmal Matthias’ Vertraute und Freundin, und er brauchte jemanden, mit dem er offen reden konnte. Wie weh es ihr tat, für den Mann, den sie nach wie vor innig liebte, auch noch diese Rolle zu übernehmen, gestand sie sich kaum selbst ein.

„Dann sehen wir uns am Samstag um achtzehn Uhr bei uns! Ich freue mich!“, sagte Mark heiter, als er zurück auf die Station ging.

„Ich mich nicht!“, rief Steffi ihm nach.

Er zwinkerte ihr zu und lachte.

***

„Bruno hat noch nichts gegessen. Ich geh dann! Heute Abend ist eine Vernissage, die natürlich schon angefangen hat. Konntest du nicht ausnahmsweise einmal früher kommen? Ich habe doch auch das Recht, aus dem Haus zu kommen und zu leben! Bin ich etwa kein Mensch, nur weil ich Mutter bin? Es wird spät.“ Carola Liebich ging an ihrem Mann vorbei aus dem Haus, ohne ihm ein Lächeln oder einen Kuss zu schenken. Sie hatte ungeduldig auf seine Heimkehr gewartet.

Dr. Matthias Liebich war gerade aus der Praxis gekommen und hatte sich noch nicht einmal umgezogen. Sein kleiner Sohn rannte fröhlich auf ihn zu und wollte aufgefangen werden. Bruno lachte selig, als sein Vater sich mit ihm ein paar Mal drehte.

Es war nach zwanzig Uhr, und der Kleine hätte eigentlich ins Bett gehört. Am Morgen kurz nach sieben Uhr brachte Matthias ihn auf seinem Weg zur Praxis am Kindergarten vorbei. Carola musste ihn nur um siebzehn Uhr holen.

„Hast du Hunger?“, fragte der Vater.

„Ja! Ganz dollen Hunger. Bekomme ich einen Ritter?“, bettelte er. Arme Ritter waren zurzeit sein Lieblingsessen.

„Schauen wir mal, was wir so alles in der Küche finden!“, erwiderte Matthias vorsichtig. Wie er befürchtet hatte, war Carola nicht einkaufen gegangen. Der Kühlschrank war ziemlich leer, und es waren leider auch keine Eier mehr da.

„Will aber Ritter essen!“, beschwerte sich Bruno weinerlich, während sein Vater ihm ein paar Nudeln kochte.

„Morgen mache ich dir deine Armen Ritter!“, versprach Matthias und nahm sich vor, in seiner Mittagspause einkaufen zu gehen. Am Wochenende hatte er Bereitschaftsdienst. Die Mittagspause fiel dann meist aus. Er musste es am Freitagmittag schaffen.

Wie immer ließ sich Bruno leicht trösten und aß die Nudeln, ohne zu klagen. Er war ein kleiner Sonnenschein, und seine Kinderwelt war in Ordnung, sobald der Papa da war. Matthias aber war der Appetit vergangen. So konnte es nicht weitergehen!

Carola war nicht berufstätig und den ganzen Tag zu Hause. Inzwischen blieb Bruno durchgehend bis siebzehn Uhr im Kindergarten, und es war Matthias ein Rätsel, was seine Frau mit all der freien Zeit anstellte.

„Ich bin nicht deine Haushälterin!“, schrie sie wütend, wenn er sie hin und wieder bat, etwas aufzuräumen oder die Wäsche zu waschen. „Ich bin Künstlerin, und das wusstest du, als du mich geheiratet hast!“

Im Haus sah es schlimm aus, und es war Matthias, der in der Regel die Waschmaschine anwarf und so gut für Ordnung sorgte, wie es ihm parallel zu seiner Arbeit möglich war. Nur das Atelier seiner Frau im zweiten Stock betrat er nie.

Nach der Hochzeit hatte er den zweiten Stock in der ersten Liebe für sie zu einem Atelier umbauen lassen. Soweit er wusste, hatte sie noch kein einziges Bild darin gemalt. Sie warf ihm vor, für ihre Schaffenskrise verantwortlich zu sein. Einer der vielen Vorwürfe, die er sich anhören musste, wann immer sie in Streit gerieten, und das war fast immer, wenn sie sich länger als zehn Minuten in einem Raum aufhielten.

„Musstest du mich gleich schwängern? Ich war nicht bereit für ein Kind. Meine Künstlernerven sind dafür nicht geschaffen.“ Das warf sie ihm an den Kopf, und er hatte es sich abgewöhnt, sie daran zu erinnern, dass sie von ihrer ersten gemeinsamen Nacht an unbedingt ein Kind von ihm hatte haben wollen.

Im Nachhinein war er sich relativ sicher, dass sie über die Schwangerschaft für eine schnelle Hochzeit gesorgt hatte. Bruno war wohl leider kein Wunschkind gewesen, sondern aus Berechnung auf die Welt gebracht worden. Für Matthias machte das keinen Unterschied. Er liebte seinen Sohn über alles.

Nach dem Abbruch der Kunstakademie hatte Carola sich in Heidelberg als Kellnerin durchgeschlagen. Offensichtlich hatte sie schon vor ihrer Ehe in einer Schaffenskrise gesteckt, auch wenn sie sich daran nicht mehr erinnerte.

Zwei Monate hatte er sie gekannt und war bis über beide Ohren in sie verliebt gewesen, als sie ihm glücklich mitgeteilt hatte, dass er Vater wurde. Er hatte keine Chance gehabt, den rosaroten Schleier etwas abzulegen und sich unter Umständen noch zu besinnen. Stattdessen hatte er Steffi seine Gefühle gebeichtet und sie um Verzeihung gebeten. Steffi – es tat weh, an das zu denken, was er mit ihr hätte teilen können.

Sie hatten sich immer gemeinsame Kinder gewünscht und sorgfältig geplant, wann der Zeitpunkt günstig sein würde. Im Leben kam es leider oft anders, als man dachte. Warum nur hatte er Carola begegnen müssen? Warum war er dieser Frau auf einen Blick verfallen und hatte seine Fairness und seinen Anstand vergessen?

Ohne Rücksicht auf Verluste hatte er sich genommen, was er wollte. Sonst war das nie seine Art gewesen und der Preis war hoch. Matthias konnte sich im Nachhinein nicht mehr erklären, was damals in ihn gefahren war. Nach gut drei Jahren Ehe mit Carola wusste er nicht, ob er überhaupt noch etwas für sie empfand.

Er sah seine Frau oft an und fühlte nichts – nur Bedauern und eine abgrundtiefe Müdigkeit. Es wäre leicht gewesen, sie zu hassen, aber nicht einmal dafür reichte sein Interesse an ihrer Person. Ein einziges Mal hatte er sich von seinen Gefühlen mitreißen lassen und einen entsetzlichen Fehler gemacht, den er durch nichts ungeschehen machen konnte.

Carola kam ihm wie ein Kind in der Trotzphase vor, das mit dem Fuß aufstampfte und alles für sich forderte. Sie konnte nur fordern und hatte nie gelernt zu geben. Die Bedürfnisse ihrer Umwelt bekam sie nicht mit. Selbst Bruno war für seine Mutter nur ein Spielzeug, das sie bedenkenlos weglegte, sobald etwas Spannenderes lockte. Sie tat es nicht aus Bosheit. In ihr schien es nichts zu geben, was zu tieferen Gedanken oder Gefühlen anderen Wesen gegenüber fähig war. Carola dachte ausschließlich an Carola.

„Wenn du dich von mir scheiden lässt, siehst du deinen Sohn nie wieder! Und wenn ich ihn irgendwann ins Heim stecke, aber du bekommst ihn nicht, das schwöre ich dir!“ Mit dieser Drohung endeten die meisten Auseinandersetzungen. Darauf gab es nichts zu sagen, denn Matthias hätte ihr Bruno niemals überlassen. Dafür liebte er den kleinen Mann viel zu sehr.

„Schön, dass du noch wach bist! Störe ich dich auch wirklich nicht?“ Bruno war schon lange im Bett, und Matthias war zwei Stunden unruhig durchs Haus getigert. Er musste eine menschliche Stimme hören, um nicht den Verstand zu verlieren, und natürlich war es Steffi, die er kurz vor Mitternacht noch anrief.

„Du weißt doch, dass du jederzeit anrufen kannst!“, beruhigte sie ihn und unterdrückte das Gähnen. Es war Donnerstag, und sie musste noch eine Nacht Bereitschaftsdienst überstehen, dann kam ihr freies Wochenende. Sie war gerade im Bereitschaftszimmer eingeschlafen, als sein Anruf sie weckte.

„Carola ist wieder einmal mit ihren Künstlern unterwegs. Steffi, ich halte das nicht mehr lange aus!“, klagte er. „Sie wird immer dreister. Im Haus rührt sie keinen Finger mehr, und Bruno übergibt sie mir, sobald ich aus der Praxis komme. Stell dir vor, sie geht nicht einmal einkaufen! Bruno hat Hunger, und es ist nichts im Haus. Was geht nur in dieser Frau vor?“

Steffi setzte sich im Bett auf und fuhr sich mit der freien Hand übers Gesicht, um ganz wach zu werden. Sie wusste aus Erfahrung, dass es eine Weile dauerte, bis Matthias jemandem sein Herz ausschüttete. Hoffentlich blieb es lange genug ruhig auf der Station.

„Bestimmt kommt sie bald!“, tröstete sie.

„Soll sie doch bleiben, wo der Pfeffer wächst!“, explodierte er. „Wenn sie da ist, streiten wir nur. Die Praxis läuft gut, und ich habe von Quartal zu Quartal mehr Patienten, aber ich schaffe es nicht, zwölf bis dreizehn Stunden am Tag zu arbeiten und anschließend zu Hause den Haushalt zu führen und nach Bruno zu sehen. Ich bekomme das nicht hin!“

Darüber hatten sie sich schon mehrfach unterhalten. Steffi hörte an seiner Stimme, dass er weit jenseits seiner Grenzen war. Die Überforderung und der Kummer höhlten ihn aus. Früher hatte er so gerne gelacht und war ein heiterer Plauderer gewesen. Davon war kaum noch etwas übrig.

„Du wolltest doch eine Haushälterin einstellen, die auch nach Bruno schaut. Hast du noch niemanden gefunden?“, fragte sie und suchte Lösungen für sein Problem.

„Das ist etwas schwierig wegen der ungewöhnlichen Arbeitszeiten. Ich suche jemanden, der um vierzehn Uhr anfängt und bleibt, bis ich zwischen zwanzig und zweiundzwanzig Uhr irgendwann aus der Praxis komme. Und dann habe ich an zwei Wochenenden im Monat Dienst. Drei Frauen haben sich auf meine Anzeige hin bei Carola vorgestellt. Sie war mit keiner von ihnen einverstanden“, erzählte er niedergeschlagen.

„Möchte sie denn keine Haushälterin?“, fragte Steffi verwundert.

„Nein! Ich verstehe sogar, dass sie keine Fremde im Haus haben möchte. Sie glaubt, ich will sie ausspionieren. Als ob es mich kümmern würde, was sie den lieben, langen Tag macht. Da wir seit fast zwei Jahren nicht mehr miteinander schlafen, gehe ich davon aus, dass es da andere Männer gibt. Soll sie doch! Das ist mir egal.“

Steffi atmete innerlich tief durch. Das hatte er ihr bisher nie erzählt. Wie tief mussten seine Verzweiflung und seine Scham reichen? Tiefes Mitgefühl erfüllte sie.

„Carola begreift nicht, dass die Haushälterin nichts mit ihrem Lebenswandel zu tun hat. Alles bleibt an mir hängen, und das schaffe ich nicht. Bruno kommt zu kurz, und das Haus verdreckt. Darum geht es mir, aber sie sagt, ich solle mich nicht so anstellen.“

„Das ist nicht gut. Die Haushälterin darf bei eurem Ehekrieg nicht zwischen den Fronten stehen. Soll ich bei meinem nächsten Besuch nebenbei fallen lassen, wie schick es ist, eine Haushälterin zu haben? In der besseren Gesellschaft gehört das zum guten Ton. Wer etwas auf sich hält und Lifestyle hat, der …“

„Bist du fies!“ Matthias musste lachen, und gleich ging es ihm ein wenig besser. Steffi hatte durchaus recht. Mit diesem Trick bestand eine gute Chance auf Erfolg.

„Die Idee ist spitze, aber du bist nicht ganz die Richtige. Was weißt du schon vom angesagten Lifestyle? Wenn du so etwas behauptest, springt Carola nicht unbedingt darauf an. Das müsste einer ihrer Künstlerfreunde tun“, überlegte er.

„An die kommst du nicht ran. Ich lasse mir etwas einfallen und zitiere eine Frauenzeitschrift. Irgendwie deichsle ich das. Vertrau mir! In geheimer Mission bin ich unschlagbar. Weißt du noch, wie deine Mutter mich einmal beauftragt hat, deinen Vater davon abzuhalten, zu früh zu seiner Überraschungsparty zu kommen?“

„Und ob! Das ging absolut daneben! Er kam direkt nach Hause und war lange vor den ersten Gästen da. Dank dir war er überzeugt, es sei etwas Schlimmes passiert.“

Steffi lauschte auf sein Lachen, und ein warmes Gefühl der Freude erfüllte sie. Es tat gut, ihn lachen zu hören.

„Seitdem habe ich ein paar Tricks dazugelernt.“

„Hoffentlich!“, gluckste er.

Sie wollte gerade noch etwas sagen, um die leichtere Stimmung zu halten, als ihr Pieper anschlug.

„Entschuldige, Matthias! Ich muss auf die Station“, brach sie das Gespräch bedauernd ab.

„Mein Gott, dann hast du gerade Nachtdienst und bist an der Klinik? Warum sagst du denn nichts? Du brauchst doch deinen Schlaf!“, rief er betroffen.

„Es ist immer schön, mit dir zu reden. Versuche zu schlafen! Gute Nacht, Matthias!“

„Gute Nacht, Steffi!“

Sie legten auf, und während sie im Sturmschritt zu ihrem kleinen Patienten eilte, blieb Matthias lange am Fenster stehen und sah hinaus auf die nächtliche Straße. Er liebte Steffi. Er hatte sie immer geliebt und verfluchte sich dafür, sein Glück verspielt zu haben.

***

„Martina hat mich vorgewarnt, dass Sie etwas gegen nette Männer haben. Ich gelobe, heute Abend alles zu sein nur nicht nett“, stellte Sebastian Nessler sich am Samstagabend vor und reichte Steffi mit einem verschmitzten Grinsen die Hand, als er kurz nach ihr bei den Raus eintraf. „Für Sie bin ich gerne ein böser Bube.“

Er sah wirklich blendend aus, hatte breite, athletische Schultern, schmale Hüften, und unter seinem Hemd zeichneten sich Muskeln ab, die von schweißtriefenden Stunden im Fitnessstudio erzählten. Aus seinen meergrauen Augen aber blitzten Humor und Intelligenz.

Steffi konnte nichts dagegen tun, sie mochte ihn auf Anhieb, obwohl sie fast sicher war, dass er den bösen Buben kaum mimen musste. Treue und Monogamie standen ihm irgendwie ganz und gar nicht ins Gesicht geschrieben. Seltsamerweise störe sie das nicht, sondern zog sie eher an.

„Wie nett! Danke! Müssen Sie sich dafür sehr anstrengen?“, neckte sie ihn.

„Und ob! Ich bin der geborene Saubermann, der nie aus der Rolle fällt. Aber für Sie lege ich mich ins Zeug und wage mich auf unbekanntes Terrain“, versprach er.

„Ein wahrer Held in unserer Mitte! Wie stellen Sie sich so einen bösen Buben denn vor – noch dazu einen, der mir gefällt?“, wollte sie wissen.

„Da ist Improvisation gefragt. Ich glaube, eine ganz genaue Vorstellung von dem, was Sie sich erträumen, haben Sie selbst nicht. Wir machen uns einfach zusammen auf die Suche und wagen uns in den Dschungel der geheimsten Sehnsüchte. Was meinen Sie dazu?“

„Ich meine, das Tempo, das Sie gerade vorlegen, ist unter Umständen etwas zu rasant für mich. Streng genommen, habe ich Ihnen noch nicht einmal gesagt, wie ich heiße und Sie wollen schon eine Expedition ins Ungewisse mit mir planen“, wies sie ihn schmunzelnd in seine Grenzen.

„Böse Buben zögern nicht, sondern nehmen sich, was sie wollen. Außerdem bin ich Anwalt. Ich stelle immer zuerst die Anträge, dann geht es ans Aushandeln. Mit mir wird es Ihnen nicht langweilig werden, und sollte Mark beim Espresso heute Abend ein Nickerchen halten, dann liegt es definitiv nicht an mir.“

Mark und Martina folgten belustigt dem Schlagabtausch. Nach dieser Bemerkung verzog Mark allerdings beleidigt die Miene. „Gibt es jemandem, dem du das noch nicht erzählt hast?“, wandte er sich an seine Frau.

„Lass mich nachdenken! Hm, so schnell fällt mir keiner ein. Die Anekdote ist einfach zu gut“, antwortete sie.

„Wenn man dich zur Frau hat, braucht man das Selbstbewusstsein eines Riesen, sonst siedelt man sich irgendwann in einer Mäusehöhle an“, beschwerte er sich.

Alle lachten.

Die Raus wohnten in einem kleinen Reiheneckhaus am Rande Münchens. Vor und hinter dem Haus lag jeweils ein kleines Gartenstück. Es gab eine überdachte Terrasse, auf der die Familie viel Zeit verbrachte, wann immer das Wetter es erlaubte. Dort hatte Martina an diesem Sommerabend alles gerichtet, und Mark hatte den Kohlegrill schon angezündet.

„Das ist ein kleines Paradies, Martina“, lobte Steffi wie jedes Mal und bestaunte die bunte, duftende Blumenpracht. „Wie schaffst du das nur? Bei mir gehen sogar Topfpflanzen ein.“

„Du musst mit ihnen reden und Sonne und Lachen an sie heranlassen, dann wachsen Pflanzen ganz von alleine“, meinte Martina munter.

„Mama, Leo möchte Eis haben. Bekommen wir Eis?“, fragte der vierjährige Jonas und deutete dabei auf seinen kleinen Bruder, der, zufrieden vor sich hin schmatzend, in der Babywiege lag. Martina hatte ihm kurz vor dem Eintreffen der Gäste die Brust gegeben, und das Baby war dabei einzuschlafen.

„Leo möchte Eis?“, fragte sie und verstrubbelte ihrem Großen das Haar. „Und Jonas?“

„Jonas will auch Eis!“, gestand der Junge.

Martina ging in die Küche, und Jonas rannte ihr strahlend hinterher. Er kam mit einem Kindereis am Stil zurück, an dem er selig leckte.

„Willst du auch?“, bot er seiner Tante Steffi an und hielt ihr das Eis hin.

„Das ist Liebe“, kommentierte Martina amüsiert. „Sein Eis teilt er sonst mit niemandem.“

„Schaukelst du mit mir?“, bettelte der Junge und zog Steffi an der Hand mit sich zu der Schaukel, die im Garten stand. Er musste seine Tante nicht zwingen.

Mark legte Steaks auf den Grill, und dann saß er mit Sebastian am Tisch, und die Männer unterhielten sich, während Steffi mit Jonas durch den Garten tobte. Frau und Kind lachten ausgelassen und waren ganz bei der Sache. Es war ein schöner Anblick familiären Glücks.

Sebastian beobachtete Steffi versonnen, wie sie mit dem Jungen spielte. Er musste lächeln. Sie gefiel ihm ausnehmend gut, und das nicht nur, weil sie eine äußerst attraktive Frau war. Zwischen ihnen war ein Funke übergesprungen, und er war gespannt, was sich daraus entwickeln würde.

Eigentlich war er gar nicht auf der Suche nach einer festen Beziehung und fand sein Junggesellenleben durchaus befriedigend, aber Steffi schien ihm schon jetzt eine Frau zu sein, die an seiner Einstellung vielleicht etwas ändern konnte. Früher oder später wollte er schließlich doch eine Familie, und gar zu lange durfte er nicht mehr warten.

„Steffi ist eine besondere Frau“, sagte Mark in seine Gedanken hinein, dem Sebastians Faszination nicht entgangen war.

Der Anwalt hörte die Mahnung heraus und musterte ihn überrascht. „Du machst dir Sorgen um sie“, stellte er fest.

„Ja. Ich musste einmal zusehen, wie ihr wehgetan wurde. Noch einmal bin ich dazu nicht bereit. Der nächste Mann, der nur mit ihren Gefühlen spielt, bekommt es mit mir zu tun.“

„Ich behalte die Drohung im Kopf. Mark, normalerweise ist es nicht meine Art, mit Gefühlen zu spielen. Ich verspreche Frauen selten etwas, aber wenn ich es tue, dann bin ich bestrebt, es zu halten. Steffi und ich kennen uns kaum, und ich kann nicht wissen, was zwischen uns möglich ist“, sagte Sebastian sachlich. Ihm lag an der Freundschaft zu Martina und Mark, und die wollte er nicht aufs Spiel setzen für eine flüchtige Affäre.

„Ganz am Anfang träumen alle von Freude, Spaß und Glück. Was dann dabei herauskommt, liegt in den Sternen. Möchtest du, dass ich Abstand von Steffi halte und nicht mehr mit ihr flirte? Noch ist das kein Problem für mich“, bot er an.

„Unsinn! Ich wünsche ihr, dass sie glücklich ist. Benenne einfach immer ganz klar Ross und Reiter und behandle sie mit Respekt. Genau das verdient sie nämlich“, forderte Mark.

Die Männer nickten sich zu. Es war eine Art stummes Versprechen.

„Seid ihr aber ernst!“, rief Martina, die Leo ins Bett gebracht hatte und mit dem Babyfon in der Hand zurückkam.

„Ernst und saumselig!“ Mark sprang auf und eilte zum Grill, den er komplett vergessen hatte. „Gerade noch rechtzeitig. Gut knusprig, aber nicht verbrannt!“, stöhnte er erleichtert.

Jonas und Steffi wurden gerufen, und der Junge bestand darauf, beim Essen auf Steffis Schoß zu sitzen. Er aß ein paar Happen, dann kuschelte er sich wie ein Kätzchen in ihrem Arm zusammen, und ihm fielen die Augen zu. Er bemerkte kaum, wie seine Mutter ihn später nahm und nach oben in sein Zimmer trug.

„Sie können gut mit Kindern umgehen“, sagte Sebastian.

„Das sollte ich. Ich bin Kinderärztin. Was halten Sie davon, wenn wir zum Du wechseln?“, bot Steffi an, die sich in seiner Gegenwart angenehm entspannt fühlte.

„Viel!“

Sie plauderten über dies und das während des Essens und stießen dabei auf immer mehr Gemeinsamkeiten. Beide schwärmten für Barockmusik, und vor allem die Werke von Bach bereiteten ihnen Freude. Als sie auf dieses Thema kamen, drohte Mark doch noch einzuschlafen.

„Gähne mich nicht an!“, schimpfte Sebastian, als er es bemerkte. „Das ist Gift für mein Ego. Steffi, ich fürchte, wenn wir nicht wollen, dass dieser Banause uns sogar noch vor dem Espresso einschläft, müssen wir das Thema wechseln. In zwei Wochen wird die h-Moll-Messe von Bach gespielt. Ich habe eine Karte und …“

„Ich auch!“, unterbrach ihn Steffi erfreut, die ungern alleine in Konzerte ging.

„Wunderbar, dann gehen wir zusammen, und hinterher lade ich dich zum Essen ein!“, bestimmte er. „Ganz ungestört können wir dann in Diskussionen über die besten Bach-Interpreten schwelgen.“

„So kommen böse Buben also zu einem ersten Date …“, spottete Steffi, aber sie freute sich darauf.

„Genau so! Und jetzt reden wir über etwas, was diese Schnarchnase da wach hält. Martina, wie hältst du es mit diesem Banausen nur aus?“

„Wir zwei Banausen haben uns gesucht und gefunden und leben glücklich und zufrieden in unserer Banausenwelt“, erwiderte Martina und gab ihrem Mann einen Kuss.

***

Es vergingen keine zwei Wochen, bis Steffi und Sebastian sich wiedersahen. Schon am Sonntagmorgen rief er sie an und fragte, ob sie spontan Lust auf einen gemeinsamen Ausflug an den Chiemsee habe. Steffi überlegte nicht lange und sagte Ja. In ihrem Leben hatte es zu lange keine Leichtigkeit und keinen Spaß mehr gegeben. Sie war ausgehungert nach ein wenig Glück und Spontaneität.

Ungezwungen plauderten sie während der Fahrt, als würden sie sich schon lange kennen. Es gab keine Befangenheit und kein drückendes Schweigen. Sie suchten sich einen Platz an dem belebten Badestrand und verbrachten einen herrlichen Sommertag miteinander. Zum Abschluss lud Sebastian sie in ein exklusives Restaurant ein, und die fröhlichen, eher oberflächlichen Gespräche des Tages wandten sich ganz langsam persönlicheren Themen zu.

„Es war schön, dich mit dem kleinen Jonas zu sehen. Man merkt, wie sehr du Kinder liebst, und irgendwie wundert es mich, dass du noch keine eigenen Kinder hast.“

„Künstliche Befruchtung ist nicht mein Ding. Vor den Kindern kommt gewöhnlich der Mann, und ich bin Traditionalistin und wollte in der üblichen Reihenfolge bleiben“, antwortete Steffi scherzhaft und zuckte mit den Schultern.

„Das dürfte bei dir nie ein Problem gewesen sein. Du bist schön, geistreich und sexy. Männer sind nicht blind, und du könntest einen an jedem Finger haben“, erwiderte er.

„Danke für die Blumen!“

„Das sind keine leeren Komplimente, sondern Tatsachen.“

„Ich war lange mit einem Mann zusammen. Wir wollten Kinder, aber erst war ich noch im Studium und dann in der Assistenzarztzeit. Ich wollte meine Ausbildung vorher abschließen. Bei ihm war es auch nicht besser“, begann Steffi zu erzählen.

„Er ist älter als ich und hatte seine Facharztausbildung irgendwann abgeschlossen, aber da sein Vater kränkelte, musste er seine Kinderarztpraxis früher als erwartet übernehmen. Das ist viel Arbeit, bis alles läuft. Na ja, es war eben immer etwas anderes wichtiger, und wir warteten auf den idealen Zeitpunkt.“

„Was ist passiert?“

„Für ihn kam der ideale Zeitpunkt, aber leider nicht mit mir, sondern mit einer anderen Frau.“

„Das tut mir leid!“

„Mir auch, aber das ist Vergangenheit. Ich war naiv und bin erwachsen geworden. Liebe ist keine Wunderlösung für alle Lebenslagen. So lieb man einen anderen Menschen auch hat, darf man die eigenen Interessen und Bedürfnisse nie aus dem Auge verlieren. Nur solange man noch stabil und sicher auf den eigenen Füßen stehen kann, ist man sicher. Kann man es nicht mehr, hat man verloren. Dann heißt es laufen, was das Zeug hält, und sich in Sicherheit bringen!“

„Bei dem, was du erfahren hast, verstehe ich die Verbitterung“, meinte er mit Anteilnahme.

„Das ist doch keine Verbitterung, sondern Vernunft und Weisheit“, stellte Steffi etwas zu eifrig richtig. „Ich glaube, Abhängigkeiten tun keiner Beziehung gut. Matthias war meine ganze Welt. Da lag mein Fehler. Vermutlich wären wir noch zusammen, wenn ich in der Lage gewesen wäre, ihn aus einer gewissen Distanz zu sehen. Aber es lohnt nicht, darüber zu reden. Es ist vorbei. Und du? Hast du schon einmal geliebt?“, fragte sie im Gegenzug.

„Wohl kaum. Leider. Verliebt und auf Wolke sieben im rosaroten Reich der ersten drei Monate – damit habe ich viel Erfahrung. Nach diesen drei Monaten gingen meine Beziehungen bisher meist wieder auseinander. Auf den zweiten Blick war keine Frau dabei, mit der ich das Wagnis hätte eingehen wollen, eine Familie zu gründen“, gestand er.

„Dann bist du wählerisch?“

Er überlegte. „Nein, das glaube ich weniger. Ich bin nur sehr gerne mit mir allein. Halte mich bitte nicht für arrogant oder krankhaft selbstverliebt, aber ich schätze meine eigene Gesellschaft und kenne so etwas wie Langeweile nicht. Wenn ich mit einer Frau zusammen bin, dann, weil ich das wirklich möchte, und nicht, weil ich die Einsamkeit fürchte.“

„Und damit konnten deine Freundinnen nicht umgehen, weil sie mehr von dir wollten, als du zu geben bereit warst“, riet Steffi.

Er nickte.

„Es ist schwierig, die richtige Balance zu finden. Eine Beziehung kann nur funktionieren, wenn man sich aufeinander einlässt. Andererseits darf man sich aber nicht im anderen verlieren. Zu viel ist übel und zu wenig ist zum Scheitern verurteilt.“ Nachdenklich schüttelte Steffi den Kopf.

„Was für ein Pech, dass wir Menschen als Paare angelegt sind! Jeder von uns wird wohl immer auf irgendeine Weise sein Gegenstück suchen, um sich ganz zu fühlen. Wir sollten wie Regenwürmer sein – Weibliches und Männliches in uns vereinen. Manche Regenwurm-Arten sollen sich ja sogar selbst befruchten können. Dann bekämen wir unsere Kinder, wenn wir reif dafür wären, und würden sie aus uns selbst heraus gebären als Vollendung unseres Lebenszyklus. Es gäbe nur geliebte Wunschkinder und zufriedene Elternwesen. Das wäre schön!“

Sebastian sah sie mit leicht schräg gelegtem Kopf an, und dann mussten sie beide schallend lachen. Sie konnten sich lange nicht beruhigen.

„Im Augenblick beneide ich diese speziellen Regenwürmer nicht um ihr perfektes Glück. Ich sitze viel lieber hier mit dir und philosophiere über die Unwägbarkeiten der Liebe. Das macht mehr Spaß, und am liebsten wäre ich jetzt mit dir draußen am See im Mondlicht allein und würde dich küssen.“ Er griff über den Tisch und strich zart mit seinem kleinen Finger über ihren Handrücken.

„Sorry, ihr Würmer! Ihr seid arme Wichte, weil ihr so eine perfekte Mondnacht nie erleben werdet! Ich liebe es, ein Mensch zu sein und mich verlieben zu dürfen – selbst wenn es hin und wieder scheitert!“, erklärte er.

„Was für ein Glaubensbekenntnis zum Leben und zur Liebe! Ich bin beeindruckt“, spottete sie, aber ihre Atmung hatte sich bei seiner Berührung beschleunigt, und sie hatte die Hand nicht weggezogen.

Er schmunzelte wie ein Kater vor der gut gefüllten Milchschale. Beide hatten plötzlich keine Lust mehr auf ein Dessert, und als sie endlich wieder am Seeufer waren, kicherten und lachten sie wie Teenager, bis sie einen idyllischen Platz gefunden hatten, an dem sie alleine waren.

„Willst du das wirklich? Ich …“ Sebastian zögerte, weil er an Marks Warnung denken musste.

„Küss mich einfach und streichle mich!“, bat sie und schmiegte sich in seine Arme. „Wenn du in drei Monaten feststellen solltest, dass es dir allein mit dir viel besser geht als zusammen mit mir, dann geht davon die Welt nicht unter. Lass uns Spaß miteinander haben, so lange es eben dauert!“

„Eine Frau wie du ist mir noch nie begegnet. Du bist unglaublich!“ Er küsste sie, und eine Woge der Leidenschaft schlug über ihnen zusammen.

„Das war schön“, sagte Sebastian, als er sich spät in der Nacht von Steffi vor ihrer Haustüre verabschiedete. Auf der Rückfahrt hatten sie wenig gesprochen und jeder hatte seinen eigenen Gedanken nachgehangen.

„Das finde ich auch“, stimmte sie ihm zu und gab ihm einen Abschiedskuss. Bisher war Matthias der erste und einzige Mann gewesen, mit dem sie je geschlafen hatte. Der Sex mit Sebastian war vollkommen anders gewesen. Er hatte einfach Spaß gemacht, ohne tiefere Gefühle in ihr anzuregen. Sie mochte Sebastian, ohne in ihn verliebt zu sein, und genau das war schön, denn er konnte ihr nicht wehtun.

„Ich melde mich!“, versprach er.

Steffi lächelte ihn an und ging ins Haus. Im Grunde war es ihr gleichgültig, ob er sich tatsächlich melden würde oder nicht. Sie war ihm dankbar, denn er hatte sie aus ihrer Erstarrung ins Leben zurückgestreichelt. Sollten sie sich öfter sehen, wäre das schön, aber es musste nicht sein.

Als sie die Wohnungstür öffnete, fiel ihr erster Blick auf den blinkenden Anrufbeantworter. Sie hatte ihr Handy ganz bewusst nicht mitgenommen. Matthias hatte drei Nachrichten hinterlassen. Steffi hörte sie ab, dann löschte sie die Anrufe.

Es tat ihr unendlich leid, wie verzweifelt und einsam er war. Sie wünschte ihm nur Gutes, aber sie bedauerte nicht, mit Sebastian am Chiemsee gewesen zu sein. Mark und Martina hatten recht, auch ihr Leben musste endlich weitergehen.

Sie wollte einen Mann, Kinder, eine Familie, und wenn sie das nicht gemeinsam mit Matthias haben konnte, dann musste sie einen anderen Menschen finden, mit dem sie ihr Leben teilen wollte. Matthias und sie hatten ihre Chance gehabt und es vermasselt. Was blieb, war Bedauern.

***

„Haben wir an alles gedacht? Irgendetwas fällt uns doch immer erst im allerletzten Moment ein. Was fehlt?“ Dr. Stefan Holl sah sich in dem mit Lampions geschmückten Garten seiner Villa um und suchte unermüdlich nach etwas, was fehlte.

„In einer Stunde kommen die Gäste, Schatz. Sei doch froh, dass dieses Jahr einmal alles perfekt ist“, meine Julia Holl zuversichtlich. „Die Sektflaschen für den kleinen Empfang sind diesmal kalt gestellt. Das hat der Partyservice übernommen. Tief durchatmen! Alles wird wunderbar werden wie immer!“

Einmal im Jahr luden Dr. Stefan Holl, der Klinikleiter der Berling-Klinik, und seine Frau Julia die Ärzte der Klinik und einige Kollegen zu einem rauschenden Sommerfest zu sich ein. Der Garten wurde, wenn es dunkel war, nur mit Lampions beleuchtet. Es gab einen Pavillon mit Musikern, in dem man tanzen konnte.

Das Gartenfest der Holls war eine feste Konstante in der Welt der Mediziner Münchens. Jeder freute sich, wenn die Einladung kam, und betrachtete es als Auszeichnung, dabei sein zu dürfen.

Natürlich war nicht nur für das passende romantische Umfeld gesorgt. Kulinarisch kümmerte sich der beste Partyservice der Stadt um das Wohl der Gäste. Das kalte Büfett konnte sich sehen lassen. Kellnerinnen und Kellner waren gerade dabei, es aufzubauen. Das kleine Orchester probte ein letztes Mal. Obwohl die Gäste noch nicht da waren, herrschte reges Leben im Garten, und überall liefen die letzten Vorbereitungen.

„Warum bin ich nur jedes Jahr wieder derart aufgeregt?“, fragte sich Stefan Holl laut. „Ich weiß doch, dass alles klappen wird. Bisher hat es immer allen gefallen.“

„Du bist eben ein Perfektionist, mein Lieber.“ Julia gab ihm einen Kuss auf die Nasenspitze.

„Papa, muss ich wirklich hierbleiben?“, maulte der fünfzehnjährige Chris, und seine schlechte Laune hatte etwas Ansteckendes. „Ich will viel lieber zu Klaus rübergehen. Er hat ein neues Computerspiel bekommen und …“

„Du bleibst!“, bestimmten sein Vater und seine Mutter wie aus einem Mund.

„Marc und Dani wollen das Fest auf keinen Fall verpassen und verzichten dafür sogar auf ein Rockkonzert, für das sie Karten hatten, und du tust so, als wäre es eine Strafe, sich an dem Büfett dort zu bedienen“, schimpfte sein Vater.

Chris schnitt eine Grimasse.

„Warum rufst du Klaus nicht an und fragst, ob er rüberkommen will?“, schlug seine Mutter nicht zum ersten Mal vor.

Chris wurde rot. Es war ihm peinlich, seinen besten Freund zu so einem spießigen Gartenfest einzuladen. Tanzmusik und Lampions – was sollte Klaus von ihm denken? Es war nicht leicht, ein cooles Image aufzubauen, und mit diesem Fest würde er sich alles kaputtmachen. Nein, das ging nicht!

„Wirf noch einmal einen tiefen Blick auf das Büfett und dann frage dich, was Klaus wohl dazu sagen wird?“, köderte ihn seine Mutter, die genau wusste, was in ihrem pubertierenden Jungen vor sich ging.

Chris schnaubte abwehrend, aber dann besah er sich das Büfett, und plötzlich fand er den Pavillon gar nicht mehr so schlimm. Klaus und er konnten nach dem Essen schließlich in seinem Zimmer verschwinden und ordentlich über die dummen Erwachsenen lästern.

„Das ist doch blöd!“, brummte er, um sein Gesicht zu wahren, aber der Klang seiner Stimme verriet ihn. „Ich kann ja mal bei Klaus anrufen, ob er mich rettet.“

„Tu das!“, riet Julia und hütete sich zu grinsen.

Die Holls hatten vier Kinder. Marc und Dani waren Zwillinge und mit ihren zwanzig Jahren die Ältesten. Beide besuchten die Universität in München. Dani studierte Biologie, Marc Medizin. Wie sein Vater, seine Mutter und sein Großvater wollte auch er Arzt werden und die Familientradition fortsetzen.

Juju, das Nesthäkchen der Familie, war elf und freute sich diebisch auf das Fest. Sie liebte es, sich fein herauszuputzen, und tanzte schon den ganzen Tag in ihrem neuen Kleid herum. Unter den Gästen waren einige Kinder in ihrem Alter, und für ihre Unterhaltung war gesorgt. Im Moment genoss sie es, den Pavillon ganz für sich alleine zu haben, und die Musiker spielten nur für sie.

„Es dauert nicht mehr lange, dann rutscht sie auch in die Pubertät“, raunte Julia ihrem Mann zu, die ihre Tochter liebevoll beobachtete. „Lass es uns genießen, solange wir noch die Tollsten und Besten für sie sind und sie so leicht froh zu machen ist!“

„Juju bleibt immer ein Sonnenschein. Das ist ihr Wesen“, widersprach Stefan Holl mit Inbrunst.

Julia lachte leise. „Ich erinnere dich an deine Worte – in einem Jahr.“

„Schnöde Realistin!“, knurrte er.

Julia knuffte ihn nur belustigt in die Seite. „Hey, wir sind doch schon erfahrene Eltern und haben es mit drei Pubertierenden aufgenommen, ohne sie zu ermorden. Juju bekommen wir auch noch groß! Ich gehe dann mal hoch und mache mich schön“, kündete sie an.

„Du bist schön und hast das gar nicht nötig“, sagte Stefan charmant.

„Lügner, aber ich höre es immer wieder gerne.“ Sie lachte noch einmal und ging.

Eine Stunde später trafen die ersten Gäste ein, und noch einmal eine Stunde später war der Garten vom bunten Festtreiben erfüllt. Überall standen Grüppchen zusammen, und es wurde geredet und gelacht. Es herrschte eine heitere und entspannte Atmosphäre. Das Fest versprach wie immer ein voller Erfolg zu werden.

Dr. Steffi Blume war das erste Mal auf dem Fest, obwohl sie jedes Jahr eingeladen war. Bisher war es ihr immer gelungen, den Dienst mit einem Kollegen zu tauschen, der unbedingt hingehen wollte. Ihr selbst war nicht nach Feiern zumute gewesen.

In diesem Jahr freute sie sich über die Einladung, und Sebastian war gerne bereit, sie zu begleiten. Inzwischen waren sie zwei Monate zusammen, und noch immer hatte ihre Beziehung die spielerische Leichtigkeit ihrer ersten Begegnung. Keiner von ihnen belastete ihr Zusammensein mit großen Erwartungen. Sie waren einfach gerne zusammen und hatten Spaß miteinander.

„Ich muss schon sagen, ihr Ärzte versteht es, zu wohnen und zu feiern. Wann ziehst du in deine Villa ein? Wir sollten vielleicht doch über Heirat reden“, scherzte er, als er sich in dem wunderschönen großen Garten der Holls umgesehen hatte.

„Dafür bin ich leider die Falsche. Ich fürchte, meine Karriere wird mich nie über ein kleines Reihenhaus mit teppichgroßem Gärtchen hinaus finanzieren. Aber schau einmal unauffällig in die Richtung. Siehst du die Blondine mit dem klassischen Profil und dem perfekten Busen?“

„Ja, ich sehe sie.“

„Das ist Dr. Katharina Jaspers. Sie ist die Schönheitschirurgin der Stadt und leitet die renommierteste Privatklinik Münchens, in der sich die Prominenten von ganz Deutschland verschönern lassen. Soll ich euch vorstellen? Soweit ich weiß, ist sie noch zu haben und vermutlich mit Abstand die reichste Person in diesem Garten.“

„Ich komme vielleicht später auf dein verlockendes Angebot zurück, aber eigentlich stehe ich eher auf spitzzüngige Kinderärztinnen. Könntest du keine Privatklinik gründen? Ich baue auf dich.“

„Da setzt du auf das falsche Pferd. Von meiner Hände Arbeit werde ich nie reich werden. Genügt es, wenn ich Lotto spiele?“, schlug sie vor.

„Zur Not gebe ich mich damit zufrieden. Man kann nicht alles haben.“

Sie lachten, als Steffi schlagartig verstummte und sichtlich verlegen wurde.

„Hallo, Steffi!“, sagte ein gut aussehender Mann, reichte ihr die Hand und umarmte sie dabei freundschaftlich und doch besitzergreifend.

„Hallo, Matthias!“, brachte sie mit belegter Stimme hervor. Schuldbewusst machte sie sich klar, dass sie ihm hätte erzählen müssen, dass es einen anderen Mann in ihrem Leben gab. Sie hatte es ihm auch sagen wollen. Bei jedem seiner Anrufe hatte sie vorgehabt, es ihm quasi nebenbei zu erzählen, aber dann hatte es sich nie ergeben, und nun war es zu spät.

***

„Was machst du denn hier? Ich dachte, das Fest sei für die Ärzte der Berling-Klinik.“ Man hörte Steffi an, wie unangenehm ihr die Begegnung war und dass sie sich weit weg wünschte.

Matthias und sie trafen häufiger aufeinander, wenn sie ihren Patensohn für ein paar Stunden abholte oder die Familie offiziell besuchte. Das war etwas vollkommen anderes, als sich auf diesem Fest über den Weg zu laufen, und noch dazu in Begleitung eines anderen Mannes.

„Dr. Holl sieht das nicht so eng. Er lädt auch Kollegen ein, die gut mit der Klinik zusammenarbeiten oder die er für sein Haus gewinnen möchte. Klinikleiter müssen auch Strategen sein. So ein Fest dient nicht allein der Geselligkeit“, erklärte Matthias freundlich, ließ Sebastian dabei aber nicht aus den Augen und musterte ihn feindselig von oben bis unten.

Es war das erste Mal, dass er einen anderen Mann an Steffis Seite sah, und es tat weh. Er hatte ihr heiteres Lachen gehört und wusste genau, wann sie flirtete. Dieser Fremde hatte seinen Platz eingenommen und durfte mit ihr zusammen sein. Matthias beneidete ihn zutiefst.

„Willst du mir deinen Begleiter nicht vorstellen?“, bat er, als Steffi seine fragenden Blicke ignorierte. Eifersucht loderte wild in ihm, und er hätte diesem Rivalen zu gerne ein blaues Auge verpasst. Warum hatte Steffi ihm nicht gesagt, dass es einen anderen gab? Natürlich wusste er, dass er keine Ansprüche mehr an sie stellen konnte, aber zumindest Ehrlichkeit konnte er wohl von ihr erwarten, oder?

„Natürlich! Ich wollte nicht unhöflich sein“, stotterte Steffi, die seine Empörung und seine Eifersucht wie einen körperlichen Schmerz spüren konnte. Wann würde es ihr endlich gelingen, sich von diesem Mann abzunabeln. Er war verheiratet und hatte ein Kind. Nicht sie hatte ihn betrogen und ihm das Herz gebrochen, und doch war sie es, die sich schuldig fühlte. Das machte sie wütend. Betont lasziv legte sie einen Arm um Sebastians Hüften und schmiegte sich an ihn.

„Das ist Sebastian. Schön, dass ihr euch endlich begegnet. Sebastian, das ist mein alter Freund Matthias. Du erinnerst dich bestimmt, ich habe dir von ihm erzählt. Ich bin die Patentante seines Sohnes“, stelle Steffi die Männer einander vor.

„Ich freue mich.“ Matthias schüttelte Sebastian die Hand und lächelte eisig. „Sie sind mir einen Schritt voraus. Steffi hat sie mir gegenüber mit keinem Ton erwähnt!“ Es war eine Kampfansage.

„Sie sind also der Matthias!“, erwiderte Sebastian gedehnt. „Genau so habe ich Sie mir vorgestellt.“ Herablassung und Verachtung waren nicht zu überhören. Die Temperatur zwischen den Männern ließ die Luft gefrieren.

Steffi hatte ihren Augenblick der Rache kurz genossen, aber nun ärgerte sie sich über sich selbst. Warum hatte sie auch noch den Konflikt geschürt, anstatt dafür zu sorgen, dass die Begegnung einigermaßen erträglich verlief? Sie löste sich von Sebastian und trat etwas von ihm und Matthias zurück, damit sie etwa gleich weit von ihnen entfernt stand.

„Wo ist denn Carola? Holt sie sich gerade etwas am Büfett?“, erinnerte sie ihren Exfreund daran, dass er es gewesen war, der ihre Beziehung für eine andere geopfert hatte. Sehnsüchtig äugte sie zum Büfett hinüber und hätte sich wohl das erste Mal gefreut, Carola zu sehen.

„Carola findet Ärzte langweilig und begleitet mich nie zu solchen Anlässen. Aber das weißt du doch, Steffi! Ist es nicht seltsam, dass wir uns hier zufällig begegnen, und dabei telefonieren wir fast jeden Abend stundenlang!“ Er sah Sebastian triumphierend an, während er es sagte. Was immer Steffi mit diesem Kerl auch teilen mochte, noch war er derjenige, dem sie sich anvertraute.

„Steffi ist einfach eine Seele von Mensch – gutmütig und geduldig bis zum Abwinken. Sie ist immer für alle da, aber genau das schätze ich so an ihr“, konterte dieser, zog Steffi an sich und legte den Arm um sie. Er gab ihr einen Kuss auf den Mund, ohne dass sie sich wehren konnte.