Die besten Ärzte - Sammelband 31 - Katrin Kastell - E-Book

Die besten Ärzte - Sammelband 31 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Willkommen zur privaten Sprechstunde in Sachen Liebe!

Sie sind ständig in Bereitschaft, um Leben zu retten. Das macht sie für ihre Patienten zu Helden.
Im Sammelband "Die besten Ärzte" erleben Sie hautnah die aufregende Welt in Weiß zwischen Krankenhausalltag und romantischen Liebesabenteuern. Da ist Herzklopfen garantiert!

Der Sammelband "Die besten Ärzte" ist ein perfektes Angebot für alle, die Geschichten um Ärzte und Ärztinnen, Schwestern und Patienten lieben. Dr. Stefan Frank, Chefarzt Dr. Holl, Notärztin Andrea Bergen - hier bekommen Sie alle! Und das zum günstigen Angebotspreis!

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Chefarzt Dr. Holl 1796: Das geheimnisvolle Fieber
Notärztin Andrea Bergen 1275: Zeig mir dein wahres Gesicht!
Dr. Stefan Frank 2229: Du schaffst das, Aurelia!
Dr. Karsten Fabian 172: Nie hat sie jemand weinen sehen
Der Notarzt 278: Laras Herz schlug nicht für jeden

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 320 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 581

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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2014/2015/2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv: © Robert Kneschke/Shutterstock ISBN 978-3-7517-1737-3 www.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

Katrin Kastell, Daniela Sandow, Stefan Frank, Karin Graf

Die besten Ärzte - Sammelband 31

Inhalt

Katrin KastellDr. Holl - Folge 1796Als man den Soziologie-Professor Ernst Langenwelsch mit dramatisch hohem Fieber in die Münchner Berling-Klinik einliefert, wird das bisher Undenkbare zur Gewissheit: Es gibt wieder einen Ebola-Fall mitten in Deutschland! Und vier der fünf jungen Studenten, die vor vierzehn Tagen mit dem Professor aus Afrika heimkehrten, erkranken ebenfalls und ringen mit dem Tod! Im ganzen Land geht eine lähmende Angst um ... Als Marc Holl, Dr. Holls Sohn, erfährt, dass sich unter den erkrankten Studenten auch seine große Liebe Sarah Wegener befindet, wächst er über sich selbst hinaus: Gemeinsam mit seinem Vater und dem Ärzteteam beginnt er einen verzweifelten Kampf um das Leben der fünf Infizierten ...Jetzt lesen
Daniela SandowNotärztin Andrea Bergen - Folge 1275Mit bleichem, wie versteinert wirkendem Gesicht lauscht Tom Tschirner den Ausführungen der Kripobeamten. Noch immer gibt es keine Spur von den drei jugendlichen Tätern, die in einer dunklen Nacht seinen Vater angegriffen und getötet haben! Je mehr Zeit vergeht, desto mehr schwindet die Hoffnung der Ermittler, noch einen Hinweis auf die Schuldigen zu bekommen. Als sie Toms Wohnung an diesem Nachmittag verlassen, ahnen sie nicht, dass in dem jungen Intensivpfleger längst der Entschluss gereift ist, selbst nach den Mördern seines Vaters zu suchen und nicht eher zu ruhen, bis er sie gefunden hat. Und dann, so hat er sich geschworen, Gnade ihnen Gott ... Seine hübsche Kollegin Annika beobachtet voller Sorge, wie sich Tom immer mehr in seinen Racheplan verrennt - und befürchtet für ihn das Schlimmste. Doch auch sie weiß nicht, dass ihm Gefahr von ganz woanders droht: aus seinem engsten und liebsten Familienkreis ...Jetzt lesen
Stefan FrankDr. Stefan Frank - Folge 2229Wenn die schöne Schwesternschülerin Aurelia an ihre bevorstehende Abschlussklausur denkt, wird ihr angst und bange. Sicher wird das die schwerste Prüfung ihres Lebens! Zum Glück erwartet sie danach etwas Schönes: Sie möchte ein Jahr mit ihrem Verlobten David um die Welt reisen, bevor für sie der Ernst des Lebens beginnt. Doch dann wird Aurelia von der Katze ihres Bruders gebissen, und was wie ein kleiner Kratzer aussieht, entwickelt sich zu einer gefährlichen Blutvergiftung. Aurelia wird in die Waldner-Klinik eingeliefert und muss schnellstmöglich operiert werden. Was Aurelia nicht ahnt: Es stehen ihr noch mehr schlechte Nachrichten bevor. Schon bald wird sie erkennen müssen, dass ihre Abschlussklausur keineswegs die schwerste Prüfung ist, die das Schicksal für sie bereithält -Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2230Der junge Lehrer Benjamin Sindermann schwebt auf Wolke sieben. Seit er die liebenswerte Physiotherapeutin Flora Elias kennengelernt hat, weiß er: Auf diese Frau hat er sein Leben lang gewartet. Umso härter trifft es ihn, als ihm seine Freundin nur wenige Wochen später eröffnet, dass sie einen Hirntumor hat - und Benjamin nie wiedersehen will. Doch Benjamin denkt gar nicht daran, seine Liebste in ihrer Not alleinzulassen. Stattdessen schmiedet er Pläne, wie er ihr dabei helfen kann, sich zu der riskanten, aber notwendigen Operation durchzuringen, die sie von ihrem Tumor befreien soll. Und mit einem Mal hat er eine Idee: Erst kürzlich hat ihm Flora anvertraut, dass sie schon immer nach Venedig reisen wollte, es aber bisher noch nicht geschafft hat. Wie wäre es also, wenn er vor ihrer Operation mit ihr dorthin fährt - und ihr in der Lagunenstadt einen Heiratsantrag macht?Jetzt lesen
Karin GrafDer Notarzt - Folge 278"Sie hat es schon wieder getan!", ruft Thomas Jensen seinem Chef entgegen, als Peter Kersten, der Leiter der Notaufnahme, die Sauerbruch-Klinik betritt. "Lara, unsere Todesfee!" Dr. Kersten fühlt, wie sich Übelkeit in ihm ausbreitet, als ihm sein Kollege berichtet, dass Lara Bernhard dabei erwischt wurde, wie sie im Schockraum tatenlos neben einer sterbenden Frau saß, statt alles Notwendige zu unternehmen, um die Patientin zu retten. Es ist nicht das erste Mal, dass der Verdacht im Raum steht, die sonst so engagierte Ärztin würde vereinzelten Patienten bewusst ihre Hilfe verweigern. Allerdings konnte ihr bisher keine Absicht nachgewiesen werden, weshalb der Notarzt der jungen Kollegin nach einem ausführlichen Gespräch eine letzte Chance eingeräumt hat. Doch dies war offenbar ein schwerer Fehler, denn wie es aussieht, muss Lara Bernhard entweder bösartig oder vollkommen verrückt sein! Oder was sonst könnte ihr herzloses Handeln erklären?Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Das geheimnisvolle Fieber

Vorschau

Das geheimnisvolle Fieber

Dr. Holl, eine gefährliche Krankheit und ein böser Verdacht

Von Katrin Kastell

Als man den Soziologie-Professor Ernst Langenwelsch mit dramatisch hohem Fieber in die Münchner Berling-Klinik einliefert, wird das bisher Undenkbare zur Gewissheit: Es gibt wieder einen Ebola-Fall mitten in Deutschland! Und vier der fünf jungen Studenten, die vor vierzehn Tagen mit dem Professor aus Afrika heimkehrten, erkranken ebenfalls und ringen mit dem Tod! Im ganzen Land geht eine lähmende Angst um …

Als Marc Holl, Dr. Holls Sohn, erfährt, dass sich unter den erkrankten Studenten auch seine große Liebe Sarah Wegener befindet, wächst er über sich selbst hinaus: Gemeinsam mit seinem Vater und dem Ärzteteam beginnt er einen verzweifelten Kampf um das Leben der fünf Infizierten …

„Ich studiere anscheinend das Falsche und bin nicht qualifiziert, Menschen in Not zu helfen. Spitze! Das ist doch einfach dämlich! Ich bin echt sauer. Warum nimmt Professor Langenwelsch nur Soziologen und Politologen mit nach Sierra Leone? Das ist nicht fair!“ Marc Holl schimpfte wie ein Rohrspatz.

Es war Freitagabend an einem verregneten, kühlen Oktobertag. Die Familie Holl saß gemeinsam beim Abendessen, und wie es Gewohnheit war, erzählte jeder von seiner Woche und brachte den Rest der Familie auf den aktuellen Stand. Seit der zwanzigjährige Marc mit seiner Zwillingsschwester Dani aus der Uni gekommen war und sich an den Tisch gesetzt hatte, kam allerdings kein anderer mehr zu Wort.

„Klar bin ich noch lange kein Arzt, aber ich habe den Menschen in Sierra Leone schon jetzt einiges zu bieten. Was ist mit Erster Hilfe und Grundlagenversorgung? Ist das etwa nichts?“ Mark war in seiner Ehre gekränkt und konnte sich nicht beruhigen.

Dr. Stefan Holl, der Klinikleiter der Berling-Klinik in München, war nur ein paar Minuten vor seinem Sohn aus der Klinik gekommen. Er freute sich auf ein dienstfreies Wochenende im Kreis seiner Familie. Aufmerksam hörte er seinem Sohn zu, der an der Münchner Universität Medizin studierte.

Mit dem Medizinstudium trat Marc nicht allein in die Fußstapfen seines Vaters, sondern setzte eine Familientradition fort. Auch seine Mutter Julia Holl war Ärztin, wenn sie sich auch irgendwann dafür entschieden hatte, den Beruf nicht mehr auszuüben und lieber für ihre vier Kinder und ihren Mann ein behagliches Zuhause zu schaffen. Marcs Großvater, Professor Dr. Walter Berling, hatte die Berling-Klinik einmal gegründet.

„Marc, wenn ich dich recht verstehe, unterstützt Professor Langenwelsch mit seinen Studenten ein von einer unabhängigen Hilfsorganisation angeleiertes Entwicklungsprojekt, in dem es darum geht, Brunnen zu graben und eine Schule zu bauen“, fasste Dr. Holl zusammen.

„Ja! Na und? Kann ich etwa nicht dabei helfen, einen Brunnen zu bauen, nur weil ich Medizin studiere? Sind Politologen und Soziologen etwa besser geeignet dafür, als Bauarbeiter tätig zu sein?“, entgegnete Marc aufgebracht.

„Darauf wollte ich nicht hinaus, Marc“, versuchte sein Vater, ihn zu beruhigen und dazu zu bringen, etwas sachlicher und weniger emotional an das Thema heranzugehen.

Dani verdrehte hinter Marcs Rücken die Augen und griff sich an die Stirn. Sie studierte Biologie und machte keineswegs immer, was ihr Bruder tat, aber die Zwillinge standen sich trotz allem sehr nahe und hatten einen außergewöhnlich engen Draht zueinander. In diesem Fall war Dani ihr ein Rätsel, warum Marc unbedingt in den Wintersemesterferien nach Sierra Leone wollte.

„Hör auf, dahinten Faxen zu machen! Du solltest mich eigentlich verstehen! Wer regt sich denn sonst immer tierisch auf, wenn etwas ungerecht läuft? Mache ich mich dann über dich lustig? Was der Prof macht, ist ungerecht. Ich bin nicht verrückt, nur weil ich es übel nehme, so abgewiesen zu werden!“, fauchte Marc ärgerlich, obwohl er Danis Pantomime unmöglich hatte sehen können.

„Mein Bruder, der, mit Schaufel und Spaten bewaffnet, die Welt rettet, und das im Schweiße seines Angesichts. Sorry, wenn ich an deinem Verstand zweifle! Masochistische Anwandlungen hattest du bisher noch nie. Hast du dir mal die Regenmenge in Sierra Leone angesehen und die Luftfeuchtigkeit?“, wollte Dani wissen.

„Ende Februar, März und April sind gar nicht so schlimm. Sie gehen schließlich nicht über den Sommer hin, dann wäre es Hölle. Außerdem ist Entwicklungshilfe eben nichts für Weicheier und Schwächlinge. Ich möchte helfen und wenigstens in meinen Semesterferien etwas Sinnvolles tun und nicht nur diesen öden Anatomiestoff pauken“, ereiferte sich Marc.

„Ist das echt so schwer zu begreifen? Warum studiere ich wohl Medizin? Um dumm in Hörsälen herumzuhocken und nichts zu tun?“

„Du studierst Medizin und paukst diesen öden Stoff, wie du es nennst, um irgendwann Menschen helfen zu können“, wies Julia Holl ihren Sohn freundlich zurecht. „Was du jetzt lernst, wird einmal Leben retten. Du hilfst, indem du gründlich und gut lernst. Schlechte Ärzte gibt es schon viel zu viele. Lernen ist sinnvoll.“

„Brunnengraben auch!“ Marc schnaubte unwillig, aber dann riss er sich zusammen. „Das weiß ich doch alles, Mama! Ich habe mich einfach darauf gefreut, Sarah und Michael nach Sierra Leone zu begleiten. Fünf Studenten nimmt der Prof mit, und die zwei haben heute Morgen eine Zusage bekommen. Deshalb bin ich gleich in seine Sprechstunde gegangen, um alles klarzumachen. Ich hätte nie gedacht, dass er mich ablehnt.“

„Er ist Professor für Politologie und Soziologie, und du bist Medizinstudent. Was hast du gedacht?“, spottete Dani, die es nicht lassen konnte zu sticheln. „Aber wenigsten verstehe ich jetzt, warum du unbedingt mit willst. Sarah … – wo Sarah hingeht, da muss Marc folgen!“ Sie sprang rasch weg, als ihr Bruder sie schubsen wollte.

„Sarah?“, wiederholte Julia Holl fragend.

„Sie studiert Politologie, und wir haben sie und ihre Clique neulich auf einem Fest kennengelernt. Die sind alle gut drauf und witzig. Bei meinem Bruderherz war es Liebe auf den ersten Blick. Sarah, oh, Sarah!“, säuselte Dani und rückte aus Sicherheitsgründen noch ein Stück weg.

„Du bist doch nur neidisch. Sarah ist in Ordnung. Ich mag sie, aber …“ Marc erdolchte Dani mit Blicken, aber sie lachte nur.

„Marc ist verliebt und bekommt rote Ohren, sobald Sarah ihn auch nur ansieht. Das ist vielleicht peinlich, kann ich euch sagen!“, frotzelte Dani munter weiter.

Juju, das elfjährige Nesthäkchen der Holls, und ihr fünfzehnjähriger Bruder Chris kicherten. Sie versuchten, sich ihren großen Bruder, der in ihren Augen absolut cool war, als Romeo mit roten Ohren vorzustellen.

„Das stimmt doch gar nicht!“, verteidigte sich Marc und lief wie zum Beweis des Gegenteils feuerrot an. „Sarah ist unglaublich intelligent und engagiert. Ich finde sie toll, weil sie anders ist und die Welt verändern möchte. Eine Frau wie sie ist mir noch nicht begegnet, und ich unterhalte mich gerne mit ihr.“

Dani grinste, hielt aber wohlweislich den Mund.

„Das hört sich spannend an“, meinte Julia Holl. „Bring sie doch einmal mit nach Hause und stelle sie uns vor!“

„Wenn es da bloß Michael nicht gäbe …“, unkte Dani.

„Damit habe ich überhaupt kein Problem! Michael ist in Ordnung“, brummte Marc. Er war wirklich sauer. Musste Dani auch noch in seiner Wunde herumstochern?

„Dann bringst du sie alle beide einmal mit!“, beendete Julia Holl diplomatisch das Thema, um einen Streit zwischen ihren zwei Großen zu verhindern. Normalerweise hatten Marc und Dani einen ähnlichen Humor und spotteten und neckten beide nach Herzenslust. Dabei war ihnen wenig heilig. Diesmal überspannte Dani aber den Bogen, ohne es zu merken. Diese Sarah musste Marc in der Tat etwas bedeuten.

„Wie ich die Uni kenne, hat der Professor nichts gegen dich oder die Medizin. Es geht sicher um Gelder, Marc. Vermutlich hat er für das Projekt Gelder aus einem Topf, der ihn in der Auswahl der teilnehmenden Studenten festlegt. Wenn du unbedingt in deinen Semesterferien tätig sein willst, dann informiere dich an der medizinischen Fakultät. Dort findest du bestimmt auch interessante Projekte“, riet Stefan Holl.

Julia Holl schmunzelte. Offensichtlich war ihrem Mann der entscheidende Teil der Unterhaltung entgangen.

„Das mache ich, Papa!“ Marc nickte, wenn auch nicht sonderlich begeistert.

***

„Und hat es geklappt? Kommst du mit uns?“ Sarah entdeckte Marc sofort, als er am Abend zu der Studentenparty kam, auf der sie sich verabredet hatten. Erwartungsvoll drängelte sie sich durch die Partygäste zu ihm durch, und ihr Freund Michael folgte ihr getreulich auf dem Fuß wie immer.

„Leider nein! Geschlossene Veranstaltung. Ihr Politologen und Soziologen bleibt unter euch“, informierte Marc sie enttäuscht.

„Schade!“

Das kam von Herzen, und Marc freute sich darüber. Sarah hätte ihn wirklich gerne dabeigehabt, und das tröstete ihn ein wenig. Es fiel ihm schwer, den Blick von ihr zu wenden, wann immer er mit ihr im selben Raum war. Alles in ihm zog es zu ihr hin. So etwas war ihm noch nie passiert. Verliebt war er schon oft gewesen, aber immer eher flüchtig und nie so bedingungslos.

Manchmal glaubte er zu erkennen, dass es Sarah ähnlich mit ihm ging. Allerdings konnte da eindeutig der Wunsch Vater der Wahrnehmung sein. Marc war vorsichtig sich selbst gegenüber, denn er hatte Sarah noch nie ohne Michael gesehen. Wie ihr Schatten klebte Michael immer an ihr, und sie schien sich nicht daran zu stören, sondern es gewohnt zu sein und es zu mögen.

„Du hättest toll zu uns gepasst. Pech!“, bedauerte auch Michael, dass Marc nicht mit nach Sierra Leone kam. Er meinte es offenbar ernst und nahm Marc nicht als möglichen Konkurrenten wahr.

„Warum seht ihr denn so traurig drein?“ Ein weiterer Student kam heran, der über das ganze Gesicht strahlte und mit einem offiziellen Brief in der Luft herumwedelte. „Ich bin dabei! Ich bin dabei! Sierra Leone – wir kommen!“

Am Ende des Abends hatten sich die fünf Glücklichen gefunden, die an dem Projekt teilnehmen durften. Es waren drei Männer und zwei Frauen, und ohne Ausnahme studierten sie Politologie im Hauptfach.

Marc kannte nur Sarah und Michael näher. Werner, Tibor und Gundula gehörten zu ihrer Clique und waren Kommilitonen der beiden, aber sie waren ihm bisher kaum aufgefallen. Im Gegensatz zu Dani, die sich mit allen unterhielt und schon fast zur Clique gehörte, war Marc auf Sarah fixiert.

Die Gruppe stand zusammen und debattierte aufgeregt über das, was da auf sie zukommen mochte. Keiner von ihnen war bisher in Afrika gewesen. Freude, Erwartung, aber auch die Furcht vor dem Ungewissen trieben die jungen Leute um.

Marc fühlte sich ausgeschlossen. Dani hatte sich längst auf die Tanzfläche verzogen und andere Kontakte geknüpft, weil ihr bei dem Thema langweilig geworden war. Ihr Bruder beschloss schweren Herzens, ihrem Beispiel zu folgen. Da er die Gruppe nicht nach Sierra Leone begleiten konnte, hatte er vorerst nichts mehr hier verloren.

„Meine Mutter ist wütend, dass ich mich für das Projekt gemeldet hatte, und findet, der Prof ist verantwortungslos, weil er uns mit in so ein Land nimmt“, erzählte da Tibor.

„Wegen des Bürgerkrieges und der Blutdiamanten? Das gehört der Vergangenheit an. Das Land braucht jetzt Unterstützung, um aus den Trümmern wieder etwas aufzubauen und sich von den Folgen des Krieges zu erholen“, sagte Sarah.

„Dass in Sierra Leone Bürgerkrieg herrschte, hat sie, glaube ich, gar nicht so richtig mitbekommen, sonst würde sie noch mehr ausrasten. Die Sache mit dem Ebola-Ausbruch in Westafrika ging bei uns groß durch die Medien. Ich habe ihr gesagt, dass die Weltgesundheitsorganisation inzwischen vorerst Entwarnung gegeben hat, aber das beruhigt sie nicht“, erzählte Tibor weiter und wandte sich an Marc.

„Du bist doch Mediziner. Ist das so gefährlich, wie die Medien tönen?“

„Ebola ist wirklich ernst. Es ist eine Virusinfektion, die als hämorrhagisches Fieber verlaufen kann“, setzte Marc an.

Fünf Augenpaare hingen gebannt an seinen Lippen. Er genoss es und machte eine dramaturgische Pause, um seinen Auftritt auszukosten.

„Toll! Du bist echt schon ein halber Arzt. Die reden auch immer in ihrem Fachchinesisch und denken, jeder müsste wissen, was das bedeutet“, beschwerte sich Sarah. „Hämorrhagisches Fieber? Was heißt das?“

Marc war froh, dass es zu dunkel war, um zu bemerken, wie rot er wurde. Vor Sarah konnte man sich nicht wichtigmachen. Das Schöne war, man hatte es auch nicht nötig, denn sie war an jedem interessiert. Seine Eitelkeit marterte ihn. Was sie jetzt wohl von ihm dachte? Hielt sie ihn für einen arroganten, aufgeblähten Esel? Er redete schnell weiter und ratterte herunter, was er über Ebola wusste.

„Hämorrhagisch bedeutet, dass die Erkrankung mit Blutungen einhergehen kann – inneren Blutungen, aber auch Blutungen aus den Augen, der Nase und den Ohren. Es gibt unterschiedliche Erreger, doch die Sterblichkeitsrate ist immer hoch. Sie kann bis zu neunzig Prozent betragen, und das ist übel“, schloss er.

„Kann man sich dagegen impfen lassen?“, wollte Sarah wissen.

„Nach dem letzten großen Ausbruch in Westafrika wurde ziemlich viel geforscht, aber wie weit man genau ist, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall gibt es noch keine standardisierte Impfung. Ihr müsst euch gegen einiges impfen lassen, bevor ihr am Februar ins Flugzeug steigen könnte, und eine Malariaprophylaxe braucht ihr vermutlich auch, oder?“

„Wir haben extra einen Zettel bekommen, auf dem so viel steht, dass mir gar nicht wohl dabei ist. Muss das denn sein?“, fragte Michael.

„Ja! Unbedingt!“ Marc nickte mit Entschiedenheit. „Es wäre dumm von euch, eine potenziell tödliche Krankheit zu riskieren, gegen die man im Vorfeld impfen kann! Geht am besten ins Tropeninstitut“, riet Marc.

„Darum müssen wir uns sofort kümmern. Wir haben Ende Oktober, und bis Mitte Februar müssen wir alle Impfungen haben, sonst können wir zu Hause bleiben. Marc, danke für den Tipp! Es ist toll, dass wir dich alles fragen können. Du bist klasse!“, lobte Sarah, und Marc war selig.

„Warum kann ich nicht zu meinem Hausarzt gehen?“, wollte Tibor wissen.

„Unter Umständen hat er eine Fortbildung in Tropenmedizin gemacht, dann kann er sich auch um alles kümmern. Aber selbst wenn, hat er nur selten damit zu tun, hauptsächlich in der Urlaubszeit. Ist er gründlich, geht er auf Nummer sicher und ruft ohnehin im Tropeninstitut an. Dort kennt man die aktuelle Lage in Sierra Leone am besten und weiß, welche Impfstoffe erforderlich sind oder welche Malariamittel noch wirken.“

„Dann ab ins Tropeninstitut! Danke, das machen wir!“ Wieder lächelte Sarah ihn an, und er war noch ganz benommen und im Glück, als er die Party gegen Mitternacht mit Dani verließ.

„Michael und Sarah sind seit der zehnten Klasse ein Paar und wohnen sogar zusammen im Wohnheim“, gab Dani auf der Heimfahrt an Marc weiter, was sie im Verlauf des Abends von Sarah erfahren hatte. „Sie findet dich auch toll, Marc.“

„Hat sie das gesagt?“

„Ja!“ Dani nickte. „Sie sagt, du bist ein Mensch, den sie gerne immer in ihrem Freundeskreis haben möchte.“

„Ein guter Freund …“, murmelte Marc traurig vor sich hin. Für Sarah wäre er zu gerne mehr als das gewesen.

„Das ist doch auch etwas!“, munterte Dani ihn auf. „Das ganze Liebesgedöns führt doch meistens dazu, dass man sich hinterher nicht mehr ausstehen kann. Gute Freunde hat man immer.“ Ihr Bruder tat ihr leid. Es war schlimm, unglücklich verliebt zu sein.

„Hey, ich bin der weltbeste Kumpel der Welt, oder? Und es ist schon vorgekommen, dass man sich in so einen Kumpel Hals über Kopf verliebt, und dann gibt es ein Happy End und alles ist gut.“ Marc nahm sich auf die Schippe, aber er konnte seine Traurigkeit nicht überspielen.

„Halte einfach die Klappe!“, unterbrach ihn Dani. „Du kommst darüber hinweg! Kapiert?“

„Aber klar doch!“, stimmte er ihr zu, und dann mussten sie lachen.

***

„Wer kommt denn da? Sieh an, Frau Dr. Lena Schau macht Feierabend! Frau Kollegin, du bist fleißig. Ich bin tief beeindruckt. Es ist schon nach zwanzig Uhr, und du könntest lange zu Hause sein.“

Auf dem Ärzteparkplatz der Berling-Klinik standen nicht mehr viele Autos. Die Spätschicht war längst gegangen, und der Nachtdienst hatte übernommen. An seinen Wagen gelehnt, wartete ein Mann Mitte dreißig und lachte heiter, während er die Frau ansprach, die langsam herankam und ihn grimmig musterte.

„Wer steht denn da schon wieder und lauert mir auf? Dr. Raphael Rothaus, du bist eine Nervensäge und auf dem besten Weg, dich als Stalker zu entpuppen. Raphael, hat dir tatsächlich noch keine Frau gesagt, dass sie dich sehr nett und attraktiv findet, aber nichts von dir will? Ist das für dich so ein Schock, oder warum lässt du nicht locker?“, fragte Dr. Lena Schau gereizt.

Seit einigen Monaten machte der begehrteste Junggeselle der Klinik ihr unermüdlich den Hof. Zuerst hatte sie sich noch geschmeichelt gefühlt, aber inzwischen ärgerte sie sich darüber. Nicht, weil sie ihn nicht mochte. Das tat sie, sogar mehr, als ihr lieb war. Sie ärgerte sich, weil sie genau zu wissen glaubte, was geschehen würde, sobald sie nachgab. Genau darauf hatte sie keine Lust. Das kannte sie schon.

Raphael war ein talentierter Notarzt, der selbst auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten, ihrem Spezialgebiet, über ein fundiertes Wissen verfügte, das Lena jedes Mal wieder erstaunte. Er war witzig, klug, fantasievoll, und er sah auch noch gut aus – ein wenig verwegen wie ein Pirat.

Lena wäre durchaus offen für eine Beziehung gewesen, aber leider gab es zwei entscheidende Punkte, die sie an ihm störten. Mit einem Meter und siebenundsiebzig Zentimeter war er für einen Mann nicht groß, aber auch nicht unbedingt klein. Sie dagegen maß einen Meter zweiundachtzig und war eine stattliche Erscheinung für eine Frau.

Zu Beginn fanden Männer es nie schlimm, wenn sie größer war, aber spätestens sobald es mit einer Beziehung ernst wurde, dachten sie noch einmal darüber nach und zogen sich zurück. Lena konnte das sogar irgendwie verstehen. Für das Ego eines Mannes war es nicht unbedingt leicht, wenn er im wortwörtlichen Sinne zu seiner Frau aufsehen musste.

Bei Raphael kam dazu auch noch, dass er fünfunddreißig war. Sie war vier Jahre älter als er, und auch das war aus ihrer Sicht ein ernstes Problem. Mit neununddreißig war es für sie keine Selbstverständlichkeit mehr, noch ein Kind zu bekommen.

Mit dem richtigen Partner hätte sie sich das gewünscht, aber wenn sie den noch rechtzeitig finden wollte, bevor ihre biologische Uhr nicht mehr tickte, dann durfte sie keine Umwege mehr machen. Raphael war genau das in ihren Augen – ein Umweg, den sie sich nicht leisten konnte. In ihrem Leben hatten es einfach schon zu viele Umwege gegeben.

Wenn sie sich noch einmal verliebte, dann sollte es der Richtige sein. Sie wollte endlich ankommen und etwas Gemeinsames aufbauen. Noch hatte sie den Traum von einer Familie und einem Zuhause nicht gänzlich aufgegeben, und daher hieß es, vorsichtig zu sein und keine Fehler zu machen, die sie bereuen könnte.

„Lena, du hast mir keinen Korb gegeben, weil du mich nicht magst, sondern weil du eine Romanze planst wie einen Staatsbesuch. Alles muss passen, und für Gefühle gibt es keinen Platz. Ich kann mich nicht größer oder älter machen, aber ich werde den Teufel tun und dir verheimlichen, wie begehrenswert ich dich finde, nur weil ich nicht deine Idealmaße habe.“

„Idealmaße – als ob es darum ginge!“, verteidigte sie sich. „Vorsicht hat nichts mit Pingeligkeit zu tun, sondern mit Vernunft, mein Lieber. Du bist ein schlechter Verlierer.“

„Und du hast mir die Tür vor der Nase zugeschlagen, bevor du mir überhaupt die Gelegenheit gegeben hast, deine Vorurteile anzukratzen. Liebe ist …“, setzte er an.

„Willst du mir etwa einen Vortrag darüber halten, was Liebe ist?“ Sie lachte amüsiert. „Etwa so: Liebe ist, wenn Äußerlichkeiten keine Rolle spielen! Süß! Ein guter Spruch. Hast du noch mehr solcher Allgemeinplätze auf Lager?“

„Grausamkeit, dein Name ist Weib!“

„In meiner Kindheit gab es Aufkleber auf Geschirrspülmitteln, die immer so begannen: Liebe ist … Meine Mutter war sehr romantisch und daher auch dreimal geschieden. Sie hat die bunten Aufkleber in unserer Küche rund um das Spülbecken an die Kacheln geklebt. Nach ihrem Tod stand ich lange da und musste sie mit dem Spachtel wegkratzen, sonst hätte unser Vermieter die Kaution einbehalten. Er war kein Romantiker.“

„Das tut mir sehr leid!“ Raphael wurde ernst. Bisher hatte Lena noch nie etwas derart Persönliches von sich preisgegeben. Er freute sich darüber und hoffte, es war ein gutes Zeichen, dass sie sich langsam öffnete.

„Quatsch! Was ich damit sagen wollte, ist nur, dass ich alles über die Liebe weiß, was auf einer Flasche Geschirrspülmittel Platz hat“, stellte Lena etwas zu eilig richtig. Warum hatte sie ihm davon erzählt? Das ging ihn doch überhaupt nichts an. Sie ärgerte sich über ihre unangemessene Redseligkeit.

„Oh, dann bist du noch Jungfrau und vollkommen unerfahren?“ Er kehrte zum leichten Ton zurück. „Ich werde sanft und rücksichtsvoll sein und dein Herz nicht brechen!“

„Spinner!“ Sie musste gegen ihren Willen lachen. Warum nahmen die Gespräche mit ihm nur immer derart skurrile Wendungen? Wie sollte man dabei abweisend und ernst bleiben?

„Du hast ein wunderschönes Lachen, aber schon fasst du dich wieder, und die Mundwinkel wandern gestreng nach unten. Lena, musst du das Leben immer so ernst nehmen? Kannst du es nicht einfach fließen lassen und offen sein für das, was so passiert? Vielleicht bin ich ein Winzling mit großem Charakter. Das könnte doch sein? Und wenn du mit mir essen gehst und mich kennenlernst, dann wird mein Charme dich förmlich umhauen und …“

„Träumer! Ich hätte mitzählen sollen!“, meinte sie belustigt. „Das war mindestens die zehnte Einladung zum Essen. Gibst du nie auf? Ich muss dir zugestehen, dass du eine hohe Frustrationsgrenze hast und mit Zurückweisungen umgehen kannst. Gott sei Dank! Ansonsten wärst du ein Selbstmordkandidat.“

„Da besteht keinerlei Gefahr. Ich glaube noch an Wunder und wundersame Offenbarungen. Schau mir tief in die Augen …!“

„… Kleines?“, beendete sie das Zitat und stellte sich aufrecht hin, um ihre Größe gegen ihn auszuspielen.

„… Frau meines Herzens und sag Ja!“

„Nein!“ Sie blieb unnachgiebig.

„Dann beim nächsten Mal!“, prophezeihte er zwinkernd. „Ich bin unwiderstehlich. Du wirst Ja sagen – irgendwann!“

Lachend schüttelte sie nur den Kopf und stieg in ihr Auto. Er blieb stehen und winkte, als sie davonfuhr.

Raphael hatte seinen Wagen gerade angelassen, um auch nach einem langen Dienst heimzufahren, als er beobachtete, wie ein Rettungswagen nach dem anderen zur Notaufnahme einbog.

„Na dann!“ Er stieg wieder aus, streckte und reckte sich, dann rannte er zur Notaufnahme zurück. Es musste zu einem schweren Großunfall gekommen sein, und da spielte es keine Rolle, ob er Dienst hatte oder nicht. Bei so vielen Patienten wurde einfach jeder verfügbare Arzt gebraucht.

„Dr. Rothaus, gut, dass Sie noch da sind!“, empfing ihn der diensthabende Leiter der Notaufnahme erleichtert, der dabei war, eine Liege mit einem stöhnenden Mann in eine Notfallkabine zu schieben.

„Auffahrunfall auf der A8 mit vielen Schwerverletzten. Ein Lastwagenfahrer ist wohl hinter dem Steuer eingeschlafen. Er ist auf das Ende eines Staus gerast, ohne abzubremsen, und hatte zu allem Elend auch noch brennbare Chemikalien geladen. Wir müssen uns auf einige Patienten mit schweren Verbrennungen vorbereiten.“

Als sich die Lage in der Notaufnahme wieder normalisiert hatte, war es vier Uhr, und Raphael legte sich erschöpft in einem der Bereitschaftszimmer aufs Ohr. Sein regulärer Dienst begann um dreizehn Uhr. Da lohnte es sich nicht, nach Hause zu fahren.

„Sag einmal, wie machst du das, immer zu wissen, wann ich wo auftauchen werde? Du wirst mir allmählich unheimlich. Muss ich mir Sorgen machen?“, sagte Lena anstelle eines Hallos, als sie am Mittag zufällig zur selben Zeit wie er das Ärztecasino betrat, um vor Beginn ihres Dienstes genau wie Raphael noch rasch einen Happen zu essen. Sie musterte ihn kritisch.

„Außerdem hast du dich nicht umgezogen und siehst ramponiert aus. Was hast du heute Nacht getrieben? Sonderlich viel Nachtruhe kann nicht auf dem Programm gestanden sein“, wollte sie wissen.

„Meine Frustrationsgrenze ist leider doch nicht so hoch. Dein Nein hat mich am Boden zerstört, und ich bin in einen wahren Abgrund der Verzweiflung gestürzt und in einer Bar für Männer mit gebrochenen Herzen versumpft“, flunkerte Raphael, und seine Miene konnte Steine erweichen.

Für einen Moment war sie irritiert, aber dann musste sie lachen.

„Guter Versuch! Wenn ich einmal viel Zeit habe, bedauere ich dich vielleicht. Du bist unmöglich! Was war los? Notfalldienst?“

Er erzählte ihr von dem Unfall, und es ergab sich wie von selbst, dass sie sich mit ihren Tabletts an denselben Tisch setzen und sich während des Essens unterhielten. Natürlich hatten sie das schon öfter getan, aber immer in Gesellschaft anderer Kollegen.

„Unser erstes Date! Davon werden wir dereinst noch unseren Enkeln berichten“, sagte er zwinkernd, als sie sich erhoben, um sich an die Arbeit zu machen.

„Nur zur Richtigstellung: Das war kein Date!“, korrigierte sie.

„Wenn zwei Menschen, in unserem Fall ein Mann und eine Frau, an einem Tisch sitzen, plaudern und gemeinsam essen, während die Funken nur so sprühen, dann ist das ein Date“, widersprach er heiter.

„Der Funkenflug ist mir entgangen. Wenn zwei Kollegen zufällig am selben Tisch sitzen, während jeder von ihnen seine Mittagspause macht, dann ist das keineswegs ein Date, sondern ein rein zufälliges, völlig belangloses Sitzen am selben Tisch. Ein Date schließt mit einem mehr oder weniger gelungenen Kuss“, beharrte sie.

„Darf ich?“ Er breitete die Arme aus und lachte, als sie zurückwich. Alles zu seiner Zeit. Nicht jedes Date muss mit einem Kuss enden. An diesem Punkt sind die Regel offen für individuelle Abweichungen.“

„Das war kein Date und …“

Er lachte. „Frau Dr. Schau, es war mir ein Vergnügen, zufällig und belanglos mit dir am selben Tisch zu sitzen. Wir sollten das öfter tun, findest du nicht auch? Wir geben ein geradezu perfektes Paar ab. Und da wir dabei sind, uns unsterblich ineinander zu verlieben, wäre es Folter, keine Zeit miteinander zu verbringen.“

„Träum weiter! Unverbesserlich!“ Sie ging davon, aber um ihre Lippen spielte ein Lächeln, und sie musste sich beherrschen, um sich nicht noch einmal umzudrehen, weil sie seinen Blick in ihrem Nacken spürte. Als sie vor Anspannung leicht stolperte, hörte sie ihn noch einmal lachen, und es klang zärtlich.

Er hatte von ihren Enkeln gesprochen. Wollte er Kinder? Es klang so. War es ihm tatsächlich ernst mit ihr, oder flirtete er nur, und es war eine harmlose Spielerei? Lena musste sich eingestehen, dass sie Lust hatte, mehr Zeit mit ihm zu verbringen und herauszufinden, was da eigentlich zwischen ihnen passierte.

Sollte er sie noch einmal fragen, nahm sie sich vor, seine Einladung anzunehmen. Vielleicht hatte er recht, und sie hatte verlernt, das Leben leicht zu nehmen und die Dinge auch einmal geschehen zu lassen, ohne sie kontrollieren zu wollen.

***

Es wurde viel zu schnell Februar, und Sarah hatte das Gefühl, noch lange nicht bereit zu sein, als sie mit den anderen ins Flugzeug nach Freetown Lungi stieg. Es war etwas anderes, sich im Vorfeld auf ein großes Abenteuer zu freuen, als es dann tatsächlich anzutreten.

„Du musst nicht mitgehen, wenn du Zweifel hast!“, hatte ihr Vater ihr am Tag zuvor am Telefon gesagt, weil er spürte, wie unsicher sie sich fühlte.

„Was denkst du denn von mir? Ich lasse mir das doch nicht entgehen, nur weil ich diese dummen Ahnungen habe. Natürlich ändert diese Erfahrung mein ganzes Leben. Es wäre schlimm, wenn ich unverändert aus Sierra Leone wiederkommen würde, oder?“

„Sarah, sei nicht so hart zu dir, und wenn dir etwas zu viel ist, dann sage es! Überlasse manches den Männern! Emanzipation bedeutet nicht, dass du als Frau Arbeiten übernimmst, für die du körperlich nicht geschaffen bist und …“

„Papa, ich bin ein großes Mädchen und kann auf mich aufpassen. Ich hab dich lieb!“

„Und ich dich erst! Deine Mutter wäre so stolz auf dich. Sie war wie du und wollte auch die Welt verändern. Komm gesund heim!“

Sarah hatte Tränen in den Augen, als sie das Gespräch beendete. Ihr Vater wohnte in Kiel und hatte sich eigentlich darauf gefreut, dass sie in ihren Semesterferien nach Hause zu ihm kam. Ohne ein Wort der Klage oder des Vorwurfs hatte er sich mit ihr gefreut, als sie ihm von Sierra Leone erzählte.

Zum Glück lebte ihr jüngerer Bruder noch bei ihm. Er war siebzehn und hatte mit einer Ausbildung zum Elektriker begonnen. Bis er sie abgeschlossen hatte, würde er sicher zu Hause wohnen. Das war gut. Ihr Vater brauchte jemanden, um den er sich kümmern konnte.

Als Sarah neben Michael im Flugzeug saß und beim Start in ihren Sitz gedrückt wurde, überkam sie noch einmal ein eigentümliches Abschiedsgefühl. Wehmut erfüllte sie. Warum hatte sie keinen Rückzieher gemacht? Überzeugung oder Feigheit? Genau konnte sie es nicht sagen, und sie ahnte, dass sie sich diese Frage noch oft stellen würde.

Sierra Leone war vollkommen anders, als Sarah und ihre Kommilitonen es sich vorgestellt hatten. Die Herzlichkeit, mit der sie von den Bewohnern des Dorfes in der Nähe von Moyamba begrüßt wurden, war kaum zu fassen. Die Menschen waren nach den Jahren des Bürgerkrieges noch immer bitterarm. Die Wunden des Krieges waren spürbar, und doch waren die Menschen herzlich und voller Freude und Dankbarkeit.

„Wenn ich da an zu Hause denke, schäme ich mich fast ein wenig“, sagte Sarah nach ein paar Tagen zu ihrem Freund.

„Mir geht es nicht anders“, stimmte Michael ihr zu. „Wir sind ständig mit etwas unzufrieden und beschweren uns. Dabei haben wir doch alles. Den Leute hier fehlt es oft an den grundlegenden Dingen, die man zum Überleben braucht, aber sie sind positiv und lachen.“

Professor Langenwelsch war stolz auf seine Studenten, denn sie fügten sich bereitwillig ein. Die Männer packten bei den Bauarbeiten zur Schule tatkräftig mit an. Die zwei Frauen arbeiteten auch öfter mit, aber ihre Aufgabe bestand mehr darin, mit den Müttern in Kontakt zu kommen, die im Dorf lebten.

In Sierra Leone war es noch lange keine Selbstverständlichkeit, dass auch Mädchen zur Schule gehen durften. In der Regel bekamen Jungen die Gelegenheit, etwas zu lernen und sich dadurch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu erarbeiten. Die Familien konnten es sich meist nicht leisten, auch noch auf die Mithilfe der Mädchen zu verzichten.

Sarah und Gundula waren nicht nur bedeutsam, weil sie sich mit den Frauen des Dorfes trafen und mit ihnen redeten. Englisch war in Sierra Leone Amtssprache, und einige der Frauen sprachen es recht gut. Sie waren es, die für die anderen übersetzten, und auf diese Weise verlief die Kommunikation ohne ein störendes Zwischenglied, und die Frauen waren unter sich.

Die Studentinnen erfuhren viel über die Schrecken des Krieges, hörten die Geschichten von Söhnen, die verschleppt und zu Kindersoldaten gemacht worden waren. Viele der jungen Männer, die dieses Schicksal erlitten hatten, fanden noch immer keinen Frieden. Mit grausamen Methoden waren sie dazu gebracht worden, Gewalt und Mord als etwas Natürliches zu betrachten. Man hatte sie darauf getrimmt, zu morden und kein Gewissen zu haben.

Für sie war es schwer, in einem friedlichen Land ihren Platz zu finden, weil sie nur Mord kannten. In ihr Dorf waren die wenigsten von ihnen zurückgekehrt. Die Mütter hofften und beteten. Sie wussten, dass es nicht mehr die Söhne waren, die sie einmal gekannt hatten, aber sie wünschten sich nichts mehr, als dass auch die Gemüter ihrer Kinder heilen durften.

Für Sarah und Gundula waren die Geschichten, die sie da erfuhren, kaum zu ertragen. Ihre Erschütterung und Anteilnahme war echt. Die Mütter spürten das und schenkten den jungen Frauen bald ihr Vertrauen. Im Gegenzug erfuhren sie, welche Zukunftspläne und welche Perspektiven die Studentinnen hatten.

„Der Schulbesuch für Mädchen ist kein Luxus. Wir Frauen können etwas Besonderes aus unserem Leben machen, wenn man uns lässt! Wir können es den Männern zeigen! Die sind doch gar nicht gegen uns Kraftpakete!“, rief Sarah einmal im Überschwang in die Runde.

Alle lachten und klatschten, aber es wurde nicht vergessen. Die Mütter wollten das Beste für alle ihre Kinder und dachten nach.

Genau das hatte der Professor sich erhofft, denn so war es den Studentinnen möglich, für die Töchter einzutreten. Die Schule, die im Ort entstand, war vor allem für Mädchen gedacht, und es kam darauf an, dass die Familien ihren Töchtern den Schulbesuch erlaubten.

Die Gruppe aus Deutschland wohnte mit den drei Entwicklungshelfern in einem extra dafür errichteten Holzhaus. Es waren einfache, aber hygienisch vertretbare Verhältnisse. Abends vor dem Schlafengehen saßen immer noch alle zusammen und sprachen über die Eindrücke des Tages, den sie hinter sich hatten.

„Nach dem, was wir hier erleben, werden wir nie wieder dieselben sein“, stellte Sarah nach einem Monat bei so einem Gespräch fest. „Ich dachte, ich würde hierherkommen, um den Menschen zu helfen und ihnen etwas zu geben. Inzwischen habe ich eher das Gefühl, dass sie mir etwas schenken. Ich hatte keine Ahnung, wie arrogant und überheblich ich war.“

„So geht es mir jedes Mal, wenn ich so ein Projekt durchführe“, stimmte der Professor ihr ernst zu. „In Afrika habe ich Dankbarkeit gelernt und die Bereitschaft, aus jedem Tag das Beste zu machen. Hier habe ich gelernt, den Augenblick zu lieben und auszukosten und nicht ständig nach dem Morgen zu fragen. Das wird mir fehlen.“

„Warum? Sie machen nächstes Jahr doch wieder ein Projekt?“, fragte Werner, der die Andeutung richtig verstand.

„Nein, das ist mein letztes Projekt. Ich bin jetzt vierundsechzig Jahre alt und stehe kurz vor meinem Abschied von der Universität. Die Strapazen dieser Reisen gehen allmählich über meine Kräfte, und dann ist da noch meine Frau.“ Er schnitt eine Grimasse und hielt sich die Ohren zu, als wollte er den Standpauken seiner Frau entfliehen. Die Studenten lachten.

„Seit Jahren vertröste ich sie und verspreche ihr, dass wir einmal zusammen Urlaub machen und ich mir für uns Zeit nehme, anstatt die Welt zu retten, wie sie es nennt. Länger lässt sie sich nicht mehr vertrösten, fürchte ich. Das ist auch gut so.“

Die traurigen Mienen seiner Studenten freuten ihn insgeheim. Sie ließen ihn nicht gerne gehen, und das tat gut, denn es zeigte ihm, dass er seine Sache nicht übel gemacht hatte. Ernst Langenwelsch war mit Herzblut in der Lehre tätig und hatte im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen, den Schwerpunkt seiner Tätigkeit nie bei der wissenschaftlichen Forschung gesehen, sondern darin, jungen Wissenschaftlern auf den Weg zu helfen. Bei ihnen lag die Zukunft.

Die acht Wochen vergingen schnell, wenn Studenten und Professor nach dieser Zeit auch redlich müde und erschöpft waren. Einerseits wären sie ohne Ausnahme gerne noch geblieben, und andererseits träumten sie von mindestens einer Woche in einem Luxusbadezimmer, von weichen Betten und all den herrlichen Dingen, die das Leben erleichterten.

Zum Abschied veranstaltete das Dorf am Abend vor der Abreise ein Fest. Es wurde gelacht und getanzt. Die Frauen machten Sarah und Gundula Geschenke, und einige versprachen, ihren Töchtern die Schule zu erlauben. Das freute die Studentinnen am meisten.

Sarah zweifelte keine Sekunde mehr daran, dass es vollkommen richtig gewesen war, an dem Projekt teilzunehmen und nach Sierra Leone zu kommen. Sie plante, bald zurückzukehren, und hatte all ihre Ahnungen und Befürchtungen als Kinderkram abgetan und vergessen.

***

Am Morgen nach dem Fest wollte der Leiter der Entwicklungshelfer die Gruppe mit dem kleinen Transporter des Projektes nach Freetown zum Flughafen fahren. Sierra Leone war im Ganzen wenig größer als Bayern, aber die Straßenverhältnisse waren außerhalb der Städte und der zentralen Verbindungsrouten schlecht.

Strecken, die in Deutschland ein Katzensprung und in zwei, drei Stunden spielend zu bewältigen waren, konnten viele Stunden in Anspruch nehmen. Greg, der englische Entwicklungshelfer, rechnete damit, dass sie am frühen Abend in Freetown sein würden.

Dort wollte die Gruppe noch zwei Nächte in einem Hotel übernachten und an einen der herrlichen Strände gehen, die das Land zu bieten hatte. Sie hatten das Meer bisher noch nicht zu Gesicht bekommen. Der Plan war gut, aber leider sollte nichts daraus werden. Am Abreisetag ging alles schief, was schiefgehen konnte, und das sollte verheerende Konsequenzen haben.

Der Entwicklungshelfer, der normalerweise den älteren Transporter fuhr und sich mit seinen technischen Macken gut auskannte, hatte am Morgen starken Durchfall und konnte die Fahrt nicht übernehmen. An seiner Stelle übernahm ein junger Helfer, der selbst erst kurz im Land war.

Ungefähr zwei Stunden waren sie unterwegs, als der Transporter seltsame Geräusche machte und schwarze Abgaswolken ausstieß. Kurz darauf blieb er mitten im Nirgendwo stehen und weigerte sich, noch einmal anzuspringen.

„So ein Mist!“, fluchte Brad, der junge Fahrer, nachdem er eine gute Stunde mit dem Motor gekämpft hatte, ohne die Ursache für die Panne herauszufinden. „Das wird nichts mehr. Tut mir leid, wir müssen zu Fuß weiter. Die Nebenstrecke hier ist kaum mehr als eine Piste und kaum befahren. Warten bringt nichts.“

Gemeinsam mit Michael studierte er eine Landkarte, in der auch kleinere Ansiedlungen eingetragen waren. Sie diskutierten heftig, denn ihre Meinungen gingen auseinander.

„Wenn wir auf der Strecke bleiben, ist es sicherer. Irgendwann kommt ein Fahrzeug vorbei, das uns mitnehmen kann“, fand Michael.

„Das ist nicht gesagt. Es kann auch erst morgen jemand kommen. In dieser Richtung kommt erst in dreißig Kilometern ein Dorf. Wir können nicht einfach losgehen, denn das schaffen wir nicht bis zum Abend. Auf offener Strecke zu übernachten ist zu gefährlich“, wandte Brad ein.

„Wenn wir nicht von unserer Richtung abweichen wollen, dann können wir nur beim Transporter bleiben und warten. Aber ich habe hier keinen Empfang mit dem Handy und kann Tom nicht Bescheid geben. Die Wartezeit könnte länger werden, und ob ihr so das Flugzeug bekommt, kann ich nicht versprechen.“

„Und wenn wir abweichen?“

„Dann haben wir ungefähr fünf Kilometer bis zu dieser Ansiedlung. Das wird ein harter Marsch durch schwieriges Gelände, aber wir schaffen es vor dem Abend, und man wird uns dort sicher helfen.“

Sie besprachen die Optionen mit dem Professor und entschieden gemeinsam, das Risiko einzugehen und sich auf den Weg zu machen.

„Noch haben wir zum Glück viel Zeit bis zum Abflugtermin. Das wird klappen!“, erklärte Brad zuversichtlich. „Ich bringe euch pünktlich zum Gate!“

Der Vorfall war ihm äußerst unangenehm. Das erste Mal hatte Greg ihm alleine die Verantwortung für etwas übertragen, seit er in Sierra Leone angekommen war. Er wollte seine Sache unbedingt gut machen und setzte sich selbst unter einen hohen Erfolgsdruck.

Der Abflugtermin schien ihm dabei noch das geringste Problem zu sein. Wie sollte er in Freetown die Medikamente und Vorräte abholen, die dringend benötigt wurden, ohne den Transporter? Brad war entschlossen, Lösungen zu finden und nicht einfach bei Greg anzurufen, sobald er Empfang hatte. Er wollte seinem Chef beweisen, dass der sich auf ihn verlassen konnte.

„Und unser Gepäck?“, fragte der Professor.

„Nehmt das Wichtigste mit – Papiere, Wertsachen. Den Rest können wir abholen, wenn wir wieder einen fahrbaren Untersatz haben.“

Fünf Kilometer durch nahezu wegloses Gelände erwiesen sich als weiter als gedacht. Dieses Anwesen lag abseits aller Routen, und schon als sie aufgebrochen waren, kamen Michael wieder Bedenken.

„Vielleicht hätten wir doch beim Transporter warten sollen“, sagte er zu Sarah. „Was ist, wenn die Leute dort kein Fahrzeug haben? Mir ist nicht recht wohl bei der Sache.“

„Jetzt können wir nicht mehr zurück und müssen positiv denken. Es gibt sicher irgendein Gefährt, um Obst und Gemüse zu anderen Märkten zu bringen“, meinte sie optimistisch.

„Hoffentlich!“

Am späten Nachmittag erreichten sie die ersten Felder und schließlich ein kleines Anwesen. Die Leute liefen sofort zusammen und empfingen sie mit großer Freundlichkeit. Von allen Seiten redete man auf sie ein und bot Hilfe an.

Sie hatten Glück. Es gab einen uralten VW-Bus, der noch fahrtauglich war und mit dem man sie gleich am anderen Morgen nach Freetown bringen wollte. Für die Nacht aber saßen sie fest. Die Einwohner freuten sich über die Gäste und machten ein Fest daraus.

Sarah und die anderen waren Ehrengäste. Man brachte sie im besten Haus des Dorfes unter. Es war kaum mehr als eine Hütte, und die Matratzen lagen auf dem Boden, aber die eigentlichen Bewohner kamen bei Verwandten unter und machten extra Platz für sie.

Sie hatten nur bei sich, was sie am Leib trugen. Ihre Schlafsäcke waren im Transporter und auch alles andere. Das bereuten sie nun sehr, aber es ließ sich nicht mehr ändern.

„Das ist nicht ganz ungefährlich, was wir gerade machen“, warnte der Professor. „Wir müssen uns an ein paar grundlegende Sicherheitsregelungen halten, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Obwohl wir gegen einiges geimpft sind, gibt es noch mehr als genug Erreger, die wir lieber nicht mit nach Hause bringen wollen.“

Alle nickten.

„Versucht, auf keinen Fall mit den Matratzen selbst in Berührung zu kommen, und nehmt kein rohes Fleisch oder ungekochtes Wasser zu euch, auch wenn man es euch anbietet!“, bat er.

„Das machen wir!“, versprachen die Studenten, nahmen seine Warnung aber nicht besonders ernst. Sie waren fasziniert von der Gastfreundschaft dieser Menschen und neugierig auf alles, was sie von ihnen und ihrem Leben mitbekamen.

Am Abend gab es auf dem Dorfplatz ein großes Feuer, und die Frauen kamen mit Gerichten, die sie extra für die Gäste zubereitet hatten. Es wäre unhöflich gewesen, sie erst genau zu verhören, was man da eigentlich aß. Nicht einmal der Professor selbst brachte das übers Herz.

„Danke!“, sagte er und lächelte, als eine Frau ihm Fleischeintopf auf seinen Teller schöpfte.

Der Eintopf war extra für die Gäste gemacht worden. Am Ende war der Topf leer. Nach dem anstrengenden Fußmarsch hatten alle Hunger, und der Eintopf schmeckte würzig und gut. Satt und zufrieden legten sie sich später in ihren Kleidern zum Schlafen nieder.

Was sie nicht wussten, war, dass dem Eintopf fast rohes Wildfleisch beigemengt worden war. Das Dorf war arm und hatte nicht so viele Vorräte. Ein Jäger hatte das Fleisch gebracht, als der Eintopf schon so gut wie fertig gewesen war.

Am Morgen fuhr sie der VW-Bus erst zu dem Transporter, der noch stand, wie sie ihn verlassen hatten. Sie luden ihr Gepäck auf das Dachgestell und drängten sich alle auf engstem Raum zusammen. So ging es auf die lange Fahrt nach Freetown.

Völlig gerädert kamen sie im Freetown an. Es wurde schon Abend, und außer Sarah und Michael hatte keiner mehr Lust, zumindest kurz ans Meer zu gehen. Die beiden saßen am Strand, beobachteten, wie die Fischer mit ihrem Fang hereinkamen, und hielten sich im Arm.

„Morgen sind wir wieder in München und sollen funktionieren wie zuvor. Das Studium abschließen, einen Job finden und, na ja, unser Leben leben“, bemerkte Sarah versonnen. Ihr vertrautes Leben kam ihr plötzlich so fremd und weit weg vor.

„Irgendwie fühlt sich das falsch an“, sagte Michael und sprach damit aus, was sie dachte.

Sarah schmiegte sich an ihn. Mit der Dunkelheit kehrten sie ins Hotel zurück, aßen mit den anderen zu Abend und legten sich schlafen. Alle waren müde und erschöpft, aber gesund. Sie ahnten nicht, dass mit dem Eintopf etwas Feindliches in ihre Körper eingedrungen war.

Ihr Sierra-Leone-Abenteuer schien beendet zu sein, als sie in München ankamen und von Freunden und Familienangehörigen begrüßt wurden.

***

„Raphael, es wäre gelogen, wenn ich nicht zugeben würde, dass ich das Zusammensein mit dir genieße. Es ist schön“, setzte Dr. Lena Schau stockend an, löste sich hektisch aus seinen Armen und ging schwer atmend auf Abstand. Es fiel ihr schwer, ihm zu sagen, was sie sagen musste.

Noch spürte sie seine Hände, wie sie über ihren Körper strichen und all ihre Sinne weckten. Sie wollte sich an ihn pressen, ihn streicheln und ihm die Kleider vom Körper küssen. Wie gerne hätte sie das getan, aber sie konnte es nicht. Es wäre falsch gewesen.

Das Paar stand vor dem Mehrfamilienhaus, in dem Lena die Erdgeschosswohnung bewohnte. Es war Ende April, sehr frühlingshaft, und überall brach das junge Grün hervor. Raphael und Lena hatten einen langen Spaziergang im Englischen Garten gemacht und waren anschließend zum Italiener gegangen. Es war bisher ein perfekter Sonntag gewesen, und mit dem Ausgang hatte keiner von ihnen gerechnet.

Langsam beruhigte sich Lenas Atmung, und sie gewann ihre Selbstkontrolle zurück. Raphael versuchte nicht, sie noch einmal an sich zu ziehen, hielt Abstand und sah sie nur fragend an. Auch er rang um Selbstkontrolle genau wie sie. Das war knapp gewesen und durfte sich nicht noch einmal wiederholen.

Alle Alarmlampen in Lena blinkten rot. Wenn sie weitergingen, wurde es nur noch schwerer, Vernunft walten zu lassen. Diese Romanze hatte keine Zukunft und daher war es besser, sie rechtzeitig zu beenden.

In den vergangenen vier Monaten hatten sie sich öfter getroffen. Sie waren zusammen ausgegangen, hatten Konzerte besucht, Ausstellungen und schöne Ausflüge in die Gegend um München gemacht. Zu ihrem Erstaunen hatte Raphael nie Anstalten gemacht, über einen freundschaftlichen Abschiedskuss hinauszugehen – bis eben.

Lena hatte sich sicher und geborgen bei ihm gefühlt. Mit Raphael konnte man sich entspannen und Spaß haben. Sie bereute nicht, dass sie seinem Drängen am Ende doch nachgegeben hatte. Aber das, was gerade fast geschehen war, machte Lena Angst. Solche Leidenschaft hatte sie lange nicht empfunden, und das versetze sie in Panik.

Er war nicht der Richtige! Er war ein toller Mann und unglaublich süß und sexy, aber er war zu jung für sie! Daran hielt sie sich krampfhaft fest. Sie musste dem Ganzen Einhalt gebieten, bevor es ihr völlig entglitt und sie nur noch die Scherben aufkehren konnte.

Inzwischen wusste sie, dass Raphael sich nicht nur zum Spaß um sie bemühte. Seine Zuneigung war echt und tief und bedeutete ihr viel. Wenn sie den Schritt über Freundschaft hinaus wagten, dann verloren sie vermutlich alles und gewannen nichts. Sie kannte das, hatte es zu oft erlebt. Noch einmal wollte sie das nicht ertragen.

„Lena, tu das nicht! Bitte! Ich habe mich in dich verliebt und möchte mit dir zusammen sein. Stoß mich nicht weg!“, bat er eindringlich.

„Es tut mir leid, aber ich kann nicht! Können wir nicht weitermachen wie bisher? Es war so schön. Können wir nicht einfach nur Freunde sein? Lass uns wie bisher Zeit miteinander verbringen, ohne …?“ Sie brach ab, als sie seine traurige Miene sah.

„Wir sind aber keine Freunde. Ich begehre dich und will mehr, viel mehr als eine Freundschaft. Du hast Angst, verletzt zu werden, das verstehe ich. Aber davor kann man sich nicht schützen. Ich möchte dir nicht wehtun, sondern dich lieben und alles tun, damit unsere Beziehung gut wird und wir es schaffen. Aber ich kann dir nicht versprechen, dass es für uns gut ausgeht, wenn du dich darauf einlässt. Ich …“

„Siehst du! Dann sind wir doch einer Meinung! Wir passen nicht zusammen, und es würde schiefgehen. Lass uns …!“ Sie hatte ihn absichtlich falsch verstanden.

„Wir passen zusammen, und es wird einfach nur toll werden und einzigartig. Das ist es, was ich glaube“, unterbrach er sie.

Sie schluckte, konnte ihm nicht in die Augen sehen. Tief innen glaubte sie dasselbe, aber ihr fehlte der Mut, um den entscheidenden Schritt auf ihn zuzumachen. Lena hatte ihre Mutter nach jeder Scheidung wieder aufbauen müssen, als Kind und junges Mädchen. Die Männer hatten gewechselt, Lena war die Konstante gewesen, die blieb.

Sie hatte von den großen Erwartungen und Träumen bis hin zum finalen Tränenmeer jede Etappe mitbekommen, durch die ihre Mutter in rasanter Geschwindigkeit verbittert und gealtert war. Mit dreiundfünfzig Jahren war sie an Krebs gestorben, aber ihr inneres Licht war Jahre zuvor erloschen.

Es war die Hölle für Lena gewesen, ihr dabei zuzusehen. Als junge Frau hatte sie sich geschworen, selbst nicht auf diese Weise zu leben und zu enden. Bisher war ihr das durchaus gelungen. Bei all den Affären, die sie gehabt hatte, war sie nie über eine gewisse Grenze hinausgegangen.

Zog ein Mann sich von ihr zurück, weil sie ihm doch zu groß war, dann tat das weh, aber es brachte sie nicht um. Keiner der Männer war ihr auch nur im Entferntesten so nahe gekommen wie Raphael. Ein paar Mal hatte sie ihm fast von ihrer Mutter erzählt, aber dann hatte sie es doch gelassen. Sie war es nicht gewohnt, sich jemandem anzuvertrauen.

„Unsere Freundschaft bedeutet mir viel, und ich möchte sie gerne erhalten“, flehte sie, denn sie wollte Raphael nicht verlieren und konnte ihm doch nicht geben, was er wollte. Die Angst war zu groß.

Raphael schüttelte den Kopf. Er hätte ihr den Gefallen gerne getan, aber es wäre eine Lüge gewesen. Er hätte die Freundschaft immer als eine Art Hintertür verstanden, um sie doch noch umzustimmen. Er hatte Lena zu gerne, um so mit ihr umzugehen.

„Ich bin verliebt, und es täte mir weh, die nächsten Jahre neben dir im Theater oder an einem Tisch zu sitzen, ohne dich hinterher küssen zu können. Ich begehre dich und kann mir eine Beziehung zu dir ohne Zärtlichkeit und Sex nicht vorstellen. Außerdem habe ich mehr als genug Freunde. Was ich suche, ist eine Gefährtin“, erklärte er.

„Ich suche die Frau, mit der ich eine Familie gründen und ein gemeinsames Leben aufbauen kann. Ich habe keine Lust darauf, in den nächsten Jahren um dich herumzuschleichen in der Hoffnung, dass du deine Meinung änderst. Liebeskummer ist etwas für Jugendliche, wenn sie sich das erste Mal verlieben. Wir sind zu alt für so etwas, und für uns wird die Zeit zu kostbar. Das Leben ist kurz.“

„Und das bedeutet? Wenn ich nicht mit dir ins Bett gehe, dann war es das?“ Lena wurde zornig. Er war ehrlich, und das durfte sie ihm eigentlich nicht zum Vorwurf machen, aber genau das brachte sie ungeheuer auf. Seine Ehrlichkeit war unfair und setzte sie ins Unrecht.

„Lena, du weißt genau, dass ich das nicht gesagt habe und erst recht nicht meine. Wenn du noch Zeit brauchst und nicht mit mir intim sein möchtest, dann akzeptiere ich das selbstverständlich. Ich lasse dir die Zeit, die du brauchst. Aber wenn du wirklich nicht mit mir zusammen sein willst, ja, dann werde ich mich zumindest für eine Weile von dir fernhalten, um meine Wunden zu lecken“, antwortete er ruhig.

„Es ist leichter, sich zu verlieben, als dieses Gefühl irgendwie wieder in den Griff zu bekommen und abzustellen, wenn es nun einmal da ist. Solange ich das nicht geschafft habe, können wir keine Freunde sein, weil es mir schlicht und ergreifend zu weh täte“, gestand er.

„Und ich? Zähle ich denn gar nicht?“ Wütend funkelte sie ihn an. „Glaubst du, mir tut es nicht weh, wenn du mich stehen lässt? Du hast dir viel Mühe gegeben, um an mich heranzukommen, und jetzt willst du mich nicht mehr.“

„Ich liebe dich und will dich mehr, als ich je zuvor etwas in meinem Leben wollte. Du zählst sehr wohl, und das weißt du auch. Lena, brauchst du noch Zeit?“

„Nein! Ich lasse mir kein Ultimatum stellen, und ich lasse mir auch keine falschen Versprechungen abpressen! Ich mag dich, aber ich möchte nicht mit dir zusammen sein, und daran wird sich auch nichts ändern!“, schleuderte sie ihm an den Kopf.

„Gut, das akzeptiere ich. Wenn ich es geschafft habe und dich nicht mehr liebe, dann werden wir sehen, ob eine Freundschaft daraus erwachsen kann. Mehr kann ich dir nicht anbieten.“ Raphael lächelte sie müde an und reichte ihr die Hand, um sich zu verabschieden.

„Wenn dir nichts an meiner Freundschaft liegt, dann geh! Ich werde dich nicht halten.“ Lena sah die Hand nur kühl an, ohne sie zu ergreifen, hinter ihren Lidern brannten Tränen, die sie erst weinen konnte, wenn er weg war. „Geh!“, fauchte sie.

„Mach es gut, Lena!“ Raphael ging zu seinem Auto und fuhr davon. Er sah im Rückspiegel, dass sie vor dem Haus stehen blieb und ihm nachsah. Was mochte ihr geschehen sein, das sie so verhärtet hatte?

Unendlich traurig nahm er innerlich Abschied von seinem Traum eines gemeinsamen Lebens mit Lena. Sie war die Richtige gewesen, und für den Moment konnten Frauen ihm gestohlen bleiben. Raphael hatte kein Problem damit, allein zu sein. Er schätzte seine eigene Gesellschaft, hatte gute Freunde, mit denen er etwas unternehmen konnte, wenn ihm danach war.

Das Alleinsein schreckte ihn nicht, aber er wusste, dass er Lena vermissen würde. Trotzdem nahm er sich fest vor, sich von ihr fernzuhalten, bis er das Schlimmste überstanden hatte. Es war besser so. Hoffnung konnte jeden Mann zum Narren machen. Solange er hoffte, musste er sie meiden.

Beruflich hatten sie zum Glück eher wenig miteinander zu tun. Als Notarzt gab es für ihn selten Anlass, die Station für Infektionskrankheiten und septische Erreger aufzusuchen, auch wenn er natürlich hin und wieder einen Patienten dorthin schickte.

„Du musst dir Lena aus dem Kopf schlagen!“, redete er sich zu, als er später im Bett lag. „Es war ein wunderschöner Traum, aber der ist ausgeträumt, und das Leben geht weiter!“

Um sich zu beweisen, wie ernst ihm sein Vorhaben war, griff er nach einer medizinischen Fachzeitschrift, von denen immer einige auf seinem Nachttisch lagen. Ausnahmeweise bekam er wenig von dem Artikel über Ebola und andere hämorrhagische Fieberarten mit.

Infektionskrankheiten – warum musste er auch ausgerechnet darüber lesen! Nach einer Weile blätterte er genervt weiter und legte die Zeitschrift schließlich frustriert weg. Lena fehlte ihm.

***

„Mir ist gar nicht gut“, klagte Professor Langenwelsch. In ein paar Tagen begann das Sommersemester, und normalerweise sprühte er dann vor Energie und Vorfreude, aber in diesem Jahr war er entsetzlich müde. Am Morgen hatte er sich nur mühsam aus dem Bett gequält. Ihm tat einfach alles weh, und er hatte das Gefühl, all seine Glieder hätten sich gegen ihn verschworen und wollten ihn martern.

Nun saß er mit seiner Frau am Frühstückstisch und brachte keinen Bissen hinunter. Er wusste vor Müdigkeit und Schmerzen kaum, wie er sich aufrecht auf dem Stuhl halten sollte. Da er selten krank wurde, ärgerte er sich über seine Schwäche und kämpfte mit Willenskraft dagegen an. Tapfer aß er ein halbes Brötchen und trank eine Tasse Kaffee trotz des Widerwillens.

„Diese Reisen sind in deinem Alter nicht mehr gut für dich, Ernst. Ich bin froh, dass es das letzte Mal war. Du musst lernen, besser auf dich aufzupassen!“, sagte Margarete Langenwelsch besorgt. Ihr Mann klagte nie, und seine Bemerkung zeigte ihr, wie schlecht es ihm gehen musste.

„Da hast du recht, Gretel!“, ächzte er. So elend hatte er sich noch nie gefühlt und schwor sich, von nun an zu akzeptieren, dass leider auch er älter geworden war und sich nicht mehr alles abverlangen durfte.

„Du wirst mir doch nicht krank werden?“ Fürsorglich legte sie ihm die Hand auf die Stirn, um seine Temperatur zu prüfen. „Um Himmels willen, Ernst, du glühst ja!“, rief sie erschrocken. „Leg dich am besten gleich wieder ins Bett! Schlaf ist die beste Medizin. Ich mache dir einen Tee.“

Er nickte und wollte aufstehen, um zurück ins Schlafzimmer zu gehen, aber da überkam ihn Übelkeit. Er schaffte es gerade noch ins Bad, um sich würgend über der Toilettenschüssel zu übergeben. Immer, wenn er sich aufrichten wollte, überkam ihn die nächste Woge und er übergab sich wieder, bis er nur noch Galle erbrach.

„Du musst dir gestern mit irgendetwas den Magen verdorben haben, und das richtig. Aber wir haben doch dasselbe gegessen, und mir geht es gut“, überlegte sie. „Es ist vielleicht doch eine Magen-Darm-Grippe.“

Seine Frau kühlte mit einem feuchten Tuch seinen Nacken und stützte ihn liebevoll, bis er sich erheben konnte. Schwer auf sie gestützt, taumelte der Professor ins Schlafzimmer und legte sich hin. Er nahm brav das Aspirin, das sie ihm brachte, und versuchte, ein paar Schluck Tee zu trinken. Dann schlief er vor Erschöpfung ein.

Margarete Langenwelsch ging kurz weg und besorgte ein Suppenhuhn und alles, was sie für eine kräftigende Hühnerbrühe brauchte, die sie ihrem Mann für den Abend kochen wollte. Sie war sicher, dass sich das Fieber, wenn er aufwachte, wieder gelegt haben würde und dass es ihm am Abend schon besser ging. Magen-Darm-Geschichten dauerten selten lange, und Ernst hatte eine gute Immunabwehr.

Seit zwei Wochen war der Professor aus Sierra Leone zurück. Er hatte den Berg an Unterlagen abgearbeitet, der sich in den zwei Monaten auf seinem Schreibtisch angehäuft hatte, und sich über sein letztes Semester an der Uni Gedanken gemacht, das er zu etwas Besonderem machen wollte.

Die Beurteilungen für die fünf Studenten, die ihn in diesem Jahr begleitet hatten, waren geschrieben und lagen bereit. Es waren Lobeshymnen. Der Professor war von jedem einzelnen seiner Studenten begeistert und hatte besondere Stärken und Gaben an ihm entdeckt, die es auszubauen galt.

Sierra Leone war ein voller Erfolg gewesen und ein guter Abschluss für die zahlreichen Projekte dieser Art, die er ins Leben gerufen und geleitet hatte. Der Professor freute sich darauf, seinen Studenten wieder zu begegnen und ihnen ihre Beurteilungen zu geben.

Er betrachtete die Erkrankung als lästige Plage, die ihm Zeit stahl, und machte sich weiter keine Gedanken. Nach den Anstrengungen schien es ihm normal, dass er krank geworden war. Mit Sierra Leone brachte er seinen Zustand nicht in Verbindung. Schließlich war er schon lange zurück.