Die Blaubeerdetektive (3) Die Jagd auf den Meisterdieb! - Pertti Kivinen - E-Book

Die Blaubeerdetektive (3) Die Jagd auf den Meisterdieb! E-Book

Pertti Kivinen

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Beschreibung

Der 3. Fall der Blaubeerdetektive – Ja, gibt's denn so was?! Da scheint doch tatsächlich eine Diebesbande ihr Unwesen in Kaninkorva zu treiben. Ein Einbruch jagt den nächsten. Seltsam aber, dass meistens Kleinigkeiten gestohlen werden und nach ein paar Tagen wieder auftauchen. Sogar das wertvolle und unersetzliche Gemälde »Blick ins Paradies« des größten Sohnes des Dorfes, des Malers Eero Rauta, hängt wieder im brandneuen Heimatmuseum. »Was soll das?«, fragen sich die Blaubeerdetektive. Sie trauen der Sache nicht und schauen sich das wertvolle Gemälde noch mal an. Und richtig: Das Bild ist eine großartige Kopie. Und wer hat's entdeckt? Natürlich Superhirn Olli. Waren die anderen Einbrüche nur ein Ablenkungsmanöver für den Kunstraub? Und wer findet den genialen Fälscher? Natürlich die Blaubeerdetektive! Zu diesem Buch finden Sie Quizfragen auf antolin.de

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Seitenzahl: 150

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»Geht’s noch fieser?«

Ich heiße Samu, und falls mich jemand nicht kennt: Ich bin einer von den Blaubeerdetektiven. Wir waren sogar schon im Fernsehen. Wegen dem Geisterelch war das, der eines Tages hier auftauchte und unser Dorf in Angst und Schrecken versetzte. Oder vielleicht ist das ein bisschen übertrieben. Schließlich gab es auch Leute, denen der Geisterelch ganz gelegen kam, weil sie dachten, dass er vielleicht mehr Touristen anlockt.

Einer, der schon immer mehr Touristen in unser Dorf locken möchte, ist Herr Virtanen, der hier die einzige Tankstelle und daran angebaut die einzige Autowerkstatt und das einzige Restaurant besitzt. Der hoffte natürlich, dass die neuen Touristen alle bei ihm essen oder tanken oder ihre Autos reparieren lassen würden. Dass wir Blaubeerdetektive rauskriegten, was (und wer!) hinter dem Geisterelch steckte, hat ihm dann auch gar nicht gepasst, aber das ganze Dorf war uns am Ende dankbar dafür. Hierher kommen genau richtig viele Touristen, und Virtanen verdient mit seinen drei Geschäften schon Geld genug, das sagen alle.

So gesehen, ist der Fall mit dem Geisterelch gut ausgegangen*, aber um Virtanen machten wir Blaubeerdetektive eine Zeit lang lieber einen Bogen, was nicht so schwer war, weil wir alle noch nicht Auto fahren. Mit unseren Fahrrädern müssen wir ja nicht tanken, und reparieren können wir sie selbst. Wir begegneten Virtanen dann zwei oder drei Mal in seinem Restaurant, aber da waren wir mit unseren Eltern und er konnte nur ein bisschen böse gucken.

Das Komische ist jetzt, dass unser nächster Fall gleich wieder mit Virtanen zu tun hatte. Da war er nämlich einer von gleich mehreren Leuten, bei denen in derselben Nacht eingebrochen wurde. Das mit dem Geisterelch war im Frühjahr gewesen, und die Einbrüche passierten im Oktober, wenn es bei uns viel regnet und die Wolken manchmal so tief hängen, dass man schon nass wird, bevor es überhaupt zu regnen anfängt. Die Nächte sind dann besonders dunkel, und nach genauso einer Nacht merkten vier Leute im Dorf, dass ihnen morgens was fehlte: Bei Virtanen war es die Mikrowelle aus der Restaurantküche, beim alten Herrn Wirkkala, den alle nur Opa Wirkkala nennen, war es das Ledermäppchen mit der Monatskarte für den Bus in die Stadt, beim Sägewerkbesitzer Mäkelä war es die Axt, mit der sein Urgroßvater das Sägewerkgeschäft vor über hundert Jahren angefangen hatte, und bei der alten Frau Eskola, die bei uns nur Oma Eskola heißt, war’s eins von ihren Hühnern. Bei ihr war als Einziger nicht ins Haus, sondern in den Hühnerstall eingebrochen worden.

Unser Dorfpolizist, Polizeiobermeister Parkkinen, wusste nicht, wo er anfangen sollte, weil natürlich alle gleich bei ihm zu Hause anriefen und darauf bestanden, dass er sofort zu ihnen kommen soll. Dabei war es Samstagmorgen um kurz nach sieben, und am Wochenende hat er nur im Notfall Dienst und kann normalerweise ausschlafen. Er hat dann bei Virtanen angefangen, weil ihm das der größte Notfall zu sein schien. Bei Virtanen wird nämlich alles vorgekocht und für die Gäste in der Mikrowelle aufgewärmt, und logisch: Wenn die Mikrowelle weg ist, braucht er sein Restaurant gar nicht erst aufzumachen.

Für Polizeiobermeister Parkkinen war das eine echt harte Nuss, weil es alle, bei denen eingebrochen wurde, schrecklich eilig hatten: Virtanen, weil am Wochenende die meisten Gäste kommen, und alle anderen, weil nachmittags die feierliche Eröffnung unseres neuen Heimatmuseums sein sollte. Zu der wollten sie alle hin, und bis dahin wollten sie ihre Sachen wiederhaben oder wenigstens wissen, ob sie jetzt neue Haustürschlösser oder Gitter vor den Fenstern brauchten oder was. Überhaupt war ganz Kaninkorva** in heller Aufregung, und wir Blaubeerdetektive kriegten das natürlich mit.

Ich weiß nicht, ob ich’s noch erklären muss, aber die Blaubeerdetektive, das sind meine Zwillingsschwestern Alma und Selma, dann Olli, der mit ihnen in die fünfte Klasse geht, dann ich und dann Riku. Ich gehe jetzt in die Dritte, und Riku ist mein Hund. Mit ihm war ich an dem Samstagmorgen vorm Frühstück schnell im Supermarkt, weil Papa beim Freitagseinkauf die Milch vergessen hatte, und da hab ich zum ersten Mal von den Einbrüchen gehört. Im Supermarkt, als ich zufällig hinter der Frau vom Sägewerkbesitzer Mäkelä zur Kasse kam. Sie hatte schon zu erzählen angefangen, aber es war nicht schwer zu erraten, worum es ging.

»Und stell dir vor, es gibt keine Einbruchspuren, nirgends!«, sagte sie zu Herrn Runeberg, dem der Supermarkt gehört und der samstags immer selbst an der Kasse sitzt, weil er den zwei Frauen, die sonst für ihn arbeiten, am Wochenende mehr bezahlen müsste. Herr Runeberg ist ein bisschen knickrig, aber sonst sehr nett.

»Und wo hattet ihr die Axt aufbewahrt?«, fragte er Frau Mäkelä.

»Sie hing im Wohnzimmer über dem Sofa«, erzählte Frau Mäkelä. »Ich meine, als Andenken an den Firmengründer ist sie natürlich unbezahlbar. Aber wer hätte denn gedacht, dass sich sonst noch jemand für eine alte verrostete Axt interessiert.«

»Und sonst fehlt nichts?«, fragte Herr Runeberg.

»Nein«, antwortete Frau Mäkelä. »Dabei lag auf dem Sofatisch noch mein goldenes Armband, das ich abends beim Fernsehen ausgezogen hatte.«

»Sehr seltsam«, sagte Herr Runeberg. »Macht 23 Euro 95.«

»Ehrlich gesagt, finden wir die Sache ganz schön unheimlich«, sagte Frau Mäkelä, während sie die Bankkarte übers Lesegerät hielt.

Inzwischen hatte sich vor der Kasse eine kleine Schlange gebildet, und gleich hinter mir stand Frau Helenius, die Tochter von Opa Wirkkala, die sich an der Stelle in das Gespräch einmischte.

»Aber soll ich euch was sagen: Bei meinem Vater ist die Sache noch unheimlicher«, behauptete sie.

»Jetzt sag bloß, bei dem ist auch eingebrochen worden!«, rief Frau Mäkelä aus.

»Bei ihm, bei euch, bei Virtanen im Restaurant und bei Oma Eskola«, erzählte Frau Helenius, und wie sich herausstellte, wusste sie es vom Polizeiobermeister Parkkinen persönlich, der bei ihr angerufen hatte, damit sie kommt und Opa Wirkkala erklärt, dass er nicht einfach mit seinem alten Elchgewehr losgehen und selbst Jagd auf den Einbrecher machen kann, weil das nun mal Sache der Polizei ist.

»Mein Vater war vollkommen aus dem Häuschen«, erzählte Frau Helenius.

»Du lieber Himmel!«, stöhnte Herr Runeberg. »Hat der alte Knabe etwa noch sein Elchgewehr?«

»Gott sei Dank nicht«, sagte Frau Helenius. »Ich konnte ihn überreden, dass er das alte Ding fürs neue Heimatmuseum stiftet.«

»Und was haben sie jetzt bei deinem Vater gestohlen, dass er sich so aufgeregt hat?«, fragte Frau Mäkelä, während sie ihre Einkäufe in einen Korb aus Birkenrinde räumte.

»Das ist ja das Unheimliche«, antwortete Frau Helenius. »Es fehlt nur das Ledermäppchen mit der Monatskarte, mit der er früher immer in die Stadt gefahren ist. Die Monatskarte ist, wenn ich mich recht entsinne, vom Dezember 2006, und das Mäppchen hat er sich auf der Hochzeitsreise nach Helsinki gekauft.«

»Seit 2007 fährt kein Bus mehr«, erinnerte sich Herr Runeberg. »Dann kann das mit Dezember 2006 stimmen.«

»Und ihre Hochzeitsreise haben meine Eltern 1952 zu den Olympischen Spielen in Helsinki gemacht«, erzählte Frau Helenius.

Jetzt könnte man natürlich denken, ein uraltes Ledermäppchen mit einer längst abgelaufenen Monatskarte sei ja wohl kein Grund, sich so aufzuregen, dass man jemanden mit dem Elchgewehr jagen will. Die Sache ist bloß die, dass Opa Wirkkala vergessen hat, dass schon lange kein Bus mehr in die Stadt fährt, und darum denkt, dass er die Fahrkarte noch braucht. Er setzt sich jeden Tag gleich nach dem Mittagessen ins alte Bushäuschen am Marktplatz und wartet auf den 14-Uhr-Bus, mit dem er früher immer in die Stadt zum Arzt gefahren ist, und wenn er eine Weile dort gesessen hat, schläft er ein. Wenn er dann irgendwann aufwacht, schimpft er auf den Busfahrer, weil er denkt, dass der ihn nicht geweckt hat, und geht nach Hause. Manche sagen allerdings, ein langer Mittagsschlaf sei sowieso gesünder, als zum Arzt zu gehen, und vielleicht haben sie recht. Opa Wirkkala ist jedenfalls schon 96.

»Den Leuten unterm Hintern wegstehlen, was ihnen am liebsten ist – geht’s noch fieser?«, schimpfte Herr Runeberg.

»Bei Virtanen war’s die Mikrowelle und bei Oma Eskola eins von ihren Hühnern«, erzählte Frau Helenius, während Herr Runeberg meine zwei Tüten Milch über den Scanner zog.

»Wo alle wissen, wie sehr sie an den Tierchen hängt – das ist schon mehr als fies!«, schimpfte Herr Runeberg gleich noch mal.

»Man kann nur hoffen, dass Paavo schnell rauskriegt, wer für die Schweinereien verantwortlich ist«, sagte Frau Mäkelä schon auf dem Weg zur Tür.

Paavo heißt Polizeiobermeister Parkkinen mit Vornamen.

Als ich kurz darauf nach draußen kam, war Frau Mäkelä noch da und knuddelte Riku, der neben der Tür auf mich wartete. Riku ist eigentlich nicht so fürs Knuddeln, aber von Frau Mäkelä lässt er’s sich gefallen, weil sie nach seinem besten Freund Raku riecht. Raku ist der Aufpasshund im Sägewerk, und jetzt, wo ich an ihn dachte, fiel mir plötzlich ein, dass der ja was von dem Einbruch bei den Mäkeläs hätte merken müssen. Ihr Wohnhaus steht nämlich gleich neben dem Sägewerk.

Als Frau Mäkelä mich kommen sah, ließ sie Riku los.

»Tschüs, mein Lieber!«, sagte sie. Dann fragte sie mich: »Na, mein Süßer, was glaubst du, was Raku gleich macht, wenn ich nach Hause komme?«

»Sie abschlabbern, weil Sie nach Riku riechen?«, hab ich geantwortet.

Da konnte sie trotz des Einbruchs in der Nacht wieder ein bisschen lachen.

»Genau!«, hat sie gerufen und mich auch geknuddelt, aber zum Glück nicht so lange. Ich meine, Frau Mäkelä ist schon nett, aber wir standen schließlich vorm Supermarkt, wo samstagmorgens das halbe Dorf einkauft!

»Weißt du was?«, fragte Frau Mäkelä, nachdem sie mich wieder losgelassen hatte. »Du und Riku müsst unbedingt bald mal vorbeikommen, sonst vergehen die zwei Hundeherren noch vor Sehnsucht nach einander. Ich ruf gleich mal bei deiner Mama an, dann geht das in Ordnung.«

Bevor ich überhaupt was sagen konnte, sprang Riku auf und fing ein Geheule an, als wollte er Raku schon mal Bescheid sagen, dass sie sich bald sehen. Mir glaubt immer keiner, dass Riku die Menschensprache versteht, aber das war wieder mal der Beweis.

»Siehst du, er freut sich drauf!«, lachte Frau Mäkelä, und ich machte einen Schritt rückwärts, damit sie mich nicht noch mal knuddeln konnte.

»Ja, gut«, sagte ich. »Dann bis bald mal!« Und zu Riku: »Jetzt sei still, bis zum Sägewerk hört dich sowieso kein Mensch!«

Riku hört eigentlich auf mich (und sonst übrigens nur noch auf Mama), aber diesmal nicht. Ich musste mich erst deutlicher ausdrücken.

»Okay, bis zum Sägewerk hört dich sowieso kein Hund«, sagte ich, dann gab er Ruhe.

Frau Mäkelä stieg da schon in ihr Auto, und fast hätte ich vergessen, dass ich sie noch was fragen wollte.

»Äh … Frau Mäkelä?«, sagte ich.

»Ja?«

»Hat Raku denn nichts von dem Einbruch gemerkt?«

»Das ist noch so was Unheimliches«, sagte Frau Mäkelä. »Sein Korb steht gleich neben der Haustür, und er hat keinen Mucks gemacht.«

*Wer wissen möchte, wie es genau war, kann es in »Die Blaubeerdetektive – Achtung Geisterelch!« nachlesen.

**Nur weil es wahrscheinlich Leute gibt, die kein Finnisch können: Kaninkorva ist der schönste Ortsname weit und breit und heißt auf Deutsch Kaninchenohr.

»Wisst ihr, was heute Nacht passiert ist?«

Auf dem Nachhauseweg bin ich gerannt, und ausnahmsweise hat Riku nicht dagegen protestiert. Mit seinen langen Beinen kann er zwar klasse rennen, aber er mag’s nicht so gern. Ich hab mich noch gewundert, dass er zum Schluss sogar vorausgelaufen ist, aber als er vor unserem Haus nicht anhalten wollte, wurde mir klar, was los war: Das Sägewerk liegt in derselben Richtung ein paar Hundert Meter weiter im Wald, und er dachte, wir gingen gleich dorthin.

Ich hab ihm dann erklärt, dass die anderen auf die Milch warteten und es für einen Besuch bei den Mäkeläs sowieso noch zu früh sei, weil die bestimmt auch erst frühstücken wollten. Erst war er noch bockig, aber dann hab ich ihn bei seiner Hundeehre gepackt, und er hat nachgegeben.

»Hast du mit deiner Supernase nicht gerochen, dass Frau Mäkelä Brötchen gekauft hat?«, hab ich ihn gefragt, da ist er hinter mir her zur Haustür getrottet.

Ich selbst bin natürlich wieder gerannt und hab schon im Flur beim Schuheausziehen von den Einbrüchen angefangen.

»Wisst ihr, was heute Nacht passiert ist?!«, hab ich ins Haus gerufen.

»Wenn du die Einbrüche meinst, ja!«, rief meine Schwester Alma zurück.

»Schon lange!«, behauptete meine Schwester Selma.

Als ich mit meinen Milchtüten zum Frühstückstisch kam, muss ich wohl ein bisschen enttäuscht ausgesehen haben. Jedenfalls sagte Mama:

»Wir wissen es seit genau fünf Minuten. Frau Mäkelä hat angerufen, ob du mal mit Riku vorbeikommen darfst, da hat sie von den Einbrüchen erzählt.«

»Auch davon, was alles gestohlen worden ist?«, fragte ich.

»Lauter Krempel«, sagte Alma.

»Wertloses Zeug«, sagte Selma, als wüsste ich nicht, was Krempel ist.

An der Stelle mischte sich auch Papa ein, der bisher nur an einer der Milchtüten herumgequetscht hatte. Die kann man mit zwei Fingern ganz leicht aufdrücken, nur er schafft das nicht und behauptet, der Verschluss sei eine Fehlkonstruktion. Jetzt schob er die Milchtüte Mama hin und sagte:

»Na ja, Krempel – das sieht Virtanen bestimmt anders.«

»Herrn Runeberg haben die Leute richtig leidgetan«, erzählte ich.

»Dem Runeberg hat Virtanen leidgetan – bist du sicher?«, fragte Mama und schob Papa die geöffnete Milchtüte zurück.

Ich musste kurz überlegen, aber dann wusste ich’s wieder:

»Zu Virtanen hat er nichts gesagt, bloß zu den anderen.«

»Hätte mich auch gewundert«, sagte Mama, und Papa, der sich endlich Milch in den Kaffee gießen konnte, nickte.

»Warum erfindest du eigentlich keinen praktischeren Milchtütenverschluss, wenn du den hier so unpraktisch findest?«, fragte Alma.

»Als Werklehrer müsstest du das doch können«, sagte Selma.

Falls es jemand nicht weiß: Papa ist wirklich Werklehrer, sogar hier in Kaninkorva an unserer Schule.

»Den praktischeren Verschluss gibt’s schon«, wehrte er sich gegen meine Schwestern. »Man nennt ihn Schraubverschluss.«

»Der ist aus Plastik, und wir trinken Biomilch«, sagte Alma.

»Und für Bio kommt Plastik nicht infrage«, sagte Selma.

»Das braucht man einem Lehrer ja wohl nicht zu erklären«, sagte Alma.

»Anscheinend aber doch«, sagte Selma.

Plastik und Bio und überhaupt, was wir Menschen für einen Müll und einen Mist machen, bis die Erde so kaputt und warm ist, dass wir bald nicht mehr auf ihr wohnen können – all so was ist gerade Almas und Selmas Lieblingsthema, und sie haben ja recht. Es ist ganz bestimmt das wichtigste Thema der Welt. Nur jetzt gerade hätte ich lieber noch über die Einbrüche gesprochen, weil ich dachte, sie wären vielleicht ein neuer Fall für uns. Also für die Blaubeerdetektive.

Meinen Schwestern bei ihrem Lieblingsthema dazwischenzufunken ist allerdings keine so gute Idee. Wenn ich wieder von den Einbrüchen anfangen wollte, musste ich es möglichst unauffällig versuchen. Am besten mit einer Frage. Also fragte ich:

»Oma Eskolas Hühner, sind die eigentlich auch bio?«

Die Antwort waren Todesblicke, wie sie nur meine großen Zwillingsschwestern können. Sie – die Todesblicke jetzt – stammen noch aus der Zeit, als die beiden immer Gruselkrimis gedreht haben. Eins von ihren Handys war die Kamera, ich sollte immer eine tote Leiche spielen und Olli den Mörderzombie, den die Superdetektivin Samanta und ihre geheime Zwillingsschwester Atnamas mit Karatetritten besiegten. Es war grässlich und ist zum Glück vorbei, aber die Samanta-und-Atnamas-Blicke sind davon noch übrig. Und die dazu passenden Stimmen.

»Unser kleiner Bruder will unauffällig das Thema wechseln«, sagte Alma mit ihrer eiskalten Samanta-Stimme.

»Unser sehr kleiner Bruder, wolltest du sagen«, sagte Selma mit ihrer eiskalten Atnamas-Stimme.

Früher hätten sie mich bei so einer Gelegenheit Zwerg genannt, aber das dürfen sie nicht mehr, sonst gibt’s eine Woche Küchendienst am Stück. Mama hob auch gleich die Augenbrauen, aber machen konnte sie natürlich nichts. Die beiden hatten ja nichts Verbotenes gesagt.

»Aber klar, wie sollten kleine Brüder auch schon merken, dass bald die Polkappen schmelzen?«, sagte Alma.

»Sehr kleine Brüder, wolltest du sagen«, sagte Selma.

Und genau da kam meine Rettung: Es klingelte Sturm, und bevor jemand auch nur den Stuhl vom Tisch rücken konnte, um aufzustehen, trampelte es schon im Flur.

»Habt ihr’s schon gehört?!«, hörten wir Olli rufen.

Er klingelt immer, obwohl wir, wenn wir zu Hause sind, nicht die Haustür abschließen.

»Wenn du das mit den schmelzenden Polkappen meinst, ja!«, rief Papa zurück.

»Schon lange!«, rief Mama.

Olli müsste eigentlich in die Vierte gehen und geht nur deshalb mit meinen Schwestern in die Fünfte, weil er so superschlau ist, dass er eine Klasse überspringen durfte. Aber als er kurz darauf vorsichtig zu uns hereinschaute, sah er trotzdem eher aus, als wäre er ins falsche Klassenzimmer geraten und dort säßen statt Menschen zum Beispiel Molche oder Grottenolme.

Ich weiß nicht, ob Olli Superhirn schon jemals so ein dummes Gesicht gemacht hatte, aber jetzt machte er’s, und wir schüttelten uns vor Lachen. Mama, die nicht schnell genug ihre Tasse wegstellen konnte, schwappte eine ordentliche Menge Kaffee über ihr Frischkäsebrot, aber das Schönste war, dass Olli immer weiter so guckte, als sollte ihm endlich mal einer erklären, was Molche oder Grottenolme in einem Klassenzimmer verloren hatten.

Es dauerte eine Weile, bis wir fünf am Tisch uns wenigstens so weit beruhigt hatten, dass Papa Olli den freien sechsten Stuhl anbieten konnte. Während Olli sich setzte, hob Mama ihren Frühstücksteller und begann vorsichtig, den Kaffee aus der Pfütze um ihr Frischkäsebrot in die Tasse zurückzuschütten. Und genau da fragte Olli:

»Und was soll jetzt an schmelzenden Polkappen witzig sein?«

Wir haben ihm dann alles erklärt, aber erst als wir uns alle wieder eingekriegt hatten und Mama in frischen Jeans zurück war. Den Kaffee hatte sie zwar noch von ihrem Teller in die Tasse bekommen, aber das feuchte Frischkäse-Kaffee-Brot war ihr mit der schmierigen Seite auf den Schoß gefallen.

Was die ganze Zeit so komisch gewesen sein sollte, verstand Olli immer noch nicht ganz, aber das kannten wir: Olli verpeilt auch die meisten Witze, und wir erklären es uns so, dass eben auch Menschen mit einem Superhirn nicht in allem super sein können.

Nach dem Frühstück, als wir Blaubeerdetektive in meinem Zimmer saßen und überlegten, ob die Einbrüche jetzt ein Fall für uns waren oder nicht, funktionierte Ollis Superhirn dann wieder normal.

»Also was wissen wir?«

Ich hatte noch die Türklinke in der Hand, als Olli schon die erste Frage stellte. Wobei das Besondere an seinen Fragen ist, dass er meistens schon die Antwort weiß.