Die Brutstätte des Terrors - Shams UL Haq - E-Book

Die Brutstätte des Terrors E-Book

Shams UL Haq

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Beschreibung

Im vorliegenden Buch schildert Shams Ul-Haq seine Erlebnisse und Erfahrungen im Undercover-Einsatz in deutschen, österreichischen und Schweizer Flüchtlingsunterkünften und zeigt auf, wie und warum es unter den Bewohnern zur Radikalisierung kommt. Außerdem warnt dieses Buch ausdrücklich vor einer noch nie da gewesenen Terrorwelle in Europa durch radikalisierte Flüchtlinge und zeigt auf, was dringend dagegen unternommen werden müsste.

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SHAMS UL-HAQ

DIE BRUTSTÄTTE DES TERRORS

SHAMS UL-HAQ

DIE BRUTSTÄTTE DES TERRORS

Ein Journalist undercover im Flüchtlingsheim

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese

Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im

Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist unzulässig und strafbar.

Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,

Mikroverfilmungen sowie die Speicherung in elektronischen Systemen.

4. Auflage 2018

ISBN 978-3-946686-80-4

© 2018 swb media publishing, Gewerbestraße 2, 71332 Waiblingen

Lektorat: Catrin Stankov, Bernau

Titelgestaltung: swb media publishing

Titelfoto: © Shams Ul-Haq

Satz: swb media publishing

Druck, Verarbeitung: Rosch-Buch, Scheßlitz

Für den Druck des Buches wurde chlor- und säurefreies Papier verwendet.

www.swb-verlag.de

»Ein spannendes Werk, das sicherviele Debatten auslösen wird.«

Prof. Dr. Frank ÜberallJournalist, Politikwissenschaftler

Inhalt

Vorwort

Kapitel 1

Flüchtlingsheime in Deutschland, Österreich und der Schweiz: eine Bestandsaufnahme

Kapitel 2

Warum so viele Flüchtlinge unbedingt nach Deutschland wollen

Kapitel 3

Warum Europa an den Flüchtlingen zerbrechen könnte

Kapitel 4

Die perfiden Anwerbungstricks islamischer Fundamentalisten

Kapitel 5

Welche Strategien verfolgen islamistische Fundamentalisten in Europa?

Kapitel 6

Was muss dringend unternommen werden, um eine Flüchtlingskatastrophe in Deutschland zu verhindern?

Literaturverzeichnis

Über die Autoren

Vorwort

Sechzig Millionen Flüchtlinge! Laut einem Bericht des UNO-Flüchtlingshilfswerkes (UNHCR) von 2015 befindet sich diese unfassbar hohe Menge Menschen derzeit auf der Flucht aus ihrer Heimat.1

Neun Milliarden – so lautet eine andere, auf ihre Weise ebenso beeindruckende Zahl. Diesen Geldbetrag vereinbarte die Weltgemeinschaft auf der internationalen Geberkonferenz im Februar 2016 in London an Syrien zu zahlen.2 Damit sollen Hilfsorganisationen unterstützt werden, die den Menschen in diesem Land helfen, in einer grausamen Melange aus Gewalt und Terror zu überleben.

Die Welt befindet sich in einem Umbruch, wie wir es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt haben. Kriege, wie beispielsweise in Syrien, aber auch kriegsähnliche Zustände – ausgelöst durch radikale Terror-Gruppen, wie wir sie in Afghanistan, Pakistan, im Irak und einigen afrikanischen Staaten vorfinden – vertreiben diese Menschen aus ihrem Umfeld. Familien werden getrennt. Teilweise müssen sie mit ansehen, wie ihre Liebsten grausam ermordet werden. Die Flüchtlinge selbst erleiden auf ihrer mehrere Tausend Kilometer langen Flucht oftmals traumatische Erlebnisse. Vergewaltigungen, Misshandlungen und Hinrichtungen führen bei vielen Männern, Frauen und Kindern zu posttraumatischen Belastungsstörungen. Eine psychische Erkrankung, die nur nach schweren traumatischen Ereignissen auftritt und wiederholt bei Soldaten nach Kriegseinsätzen diagnostiziert wurde.

Doch was erleben diese Menschen, wenn sie endlich am Ziel ihrer Reise angekommen sind? Was erwartet sie in den Flüchtlingsheimen, und wie werden die Asylbewerber dort behandelt? Warum treten so viele Männer ihre Flucht aus den Kriegsgebieten alleine, also ohne ihren Familien an? Welchen Gefahren stehen wir aktuell in Deutschland und dem restlichen Europa durch die Zuwanderung von Flüchtlingen gegenüber, beispielsweise durch Radikalisierung und Terrorismus? Alle diese Fragen beantworte ich in diesem Buch.

Dazu recherchierte ich direkt vor Ort, in den sogenannten Erstaufnahmelagern. Ich schleuste mich verdeckt in Flüchtlingsheime in Deutschland, Österreich und in der Schweiz ein. Wie mir das gelang und weshalb ich unter den vielen Personen nicht auffiel, die vorwiegend aus dem Nahen Osten kamen?

Ich bin – besser: ich war – einer von ihnen. Ich gelangte selbst vor 25 Jahren als Flüchtling nach Deutschland.

Im Alter von 15 Jahren kam ich aus Pakistan mit einer Schleuserbande hierher. Damals gab es viele Gründe, warum ich aus meiner Heimat flüchtete. Doch warum wollte ich vor rund 25 Jahren ausgerechnet nach Deutschland? Ein Verwandter, ein Cousin meines Vaters, lebte bereits hier und von ihm erfuhr ich von diesem reichen, sicheren Staat, wo jeder Mensch die Chance bekam, sich eine Existenz aufzubauen und niemand wegen seines Glaubens hingerichtet wurde.

Gleichzeitig machte ich mir diese Entscheidung nicht leicht. Deutschland verband man zu dieser Zeit noch immer eng mit dem Namen Adolf Hitler. Schließlich drangen die Nazis bis nach Indien und sogar nach Tibet vor! Somit wissen viele Menschen mit diesem Namen etwas anzufangen. Außerdem lernten wir im Geschichtsunterricht von der gezielten Ermordung von Millionen Menschen, die nicht dem arischen Ideal der deutschen Nationalsozialisten entsprachen.

Vor meiner Flucht fühlte ich mich hin- und hergerissen. Ich wollte Pakistan unbedingt verlassen, denn meine Familie wurde aus politischen und wirtschaftlichen Gründen verfolgt. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis man mich ins Gefängnis steckte. Ein Schicksal, das einen Freund von mir ereilte, während ich mit ihm gerade durch Islamabad lief. Plötzlich blieb ein Fahrzeug vor uns stehen, zwei Männer stiegen aus, traten ihn, schlugen ihm mehrfach ins Gesicht und zogen ihn in das Auto. Ich hörte nie wieder etwas von ihm. Damals entkam ich meiner Verhaftung auch nur, weil ich sofort weglief, als der Wagen direkt vor uns abbremste. Hätte ich nicht so geistesgegenwärtig reagiert, würde ich heute dieses Buch nicht schreiben können, vermutlich wäre ich längst tot.

An diesem Tag stand für mich der Entschluss fest, dieses Land – meine Heimat – zu verlassen. Einige wenige Verwandte, die diesen Schritt bereits gegangen waren, lebten in Deutschland, somit kam für mich kein anderes Land in Frage. Gleichzeitig fürchtete ich mich vor den Gefahren, die Fremdenhass und Rassismus mit sich bringen könnten. Auch sagten mir viele meiner Freunde, dass ich in meinem Alter zu jung sei, um in einem so völlig anderen Land wie Deutschland eine neue Existenz aufzubauen.

Trotzdem entschied ich mich für diesen Schritt, bezahlte einer Schleuserbande umgerechnet 200 Euro – damals eine horrende Summe für mich – und in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verschwand ich gemeinsam mit zwei weiteren jungen Männern. Dieser Geldbetrag klingt jedoch lächerlich gering, verglichen mit den Summen, die heute gefordert werden. Inzwischen bezahlen die Menschen in Syrien und anderen kriegsgebeutelten Ländern 10.000 Euro und mehr für ihre Flucht in ein neues Leben. Pro Person. Illegale Fluchthilfe wurde in den letzten zwanzig Jahren zu einem Millionengeschäft mit mafiaähnlichen Strukturen, das mit großer Brutalität betrieben wird.

Warum habe ich mich dafür entschieden, dieses Buch zu veröffentlichen?

Damals nahmen mich die Menschen hier ausgesprochen freundlich auf, völlig anders, als ich das von Deutschland erwartet hatte. Anfang der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts gab es nicht diese Widerstände gegen Flüchtlinge, wie wir sie heute vielerorts vorfinden. Schließlich war die Zahl der Asylsuchenden auch wesentlich geringer. Und es gab ein Ereignis, das dieses Land in Aufbruchsstimmung versetzte, eine Stimmung, von der ich profitierte: den Mauerfall.

Dass ich etwa eine Woche vor der deutschen Wiedervereinigung hierher kam, war kein Zufall. Ich hörte schon Monate vorher von diesen Entwicklungen. Der Cousin meines Vaters erzählte uns davon – damals schrieben wir uns noch Briefe – dass Russland den Zusammenschluss Deutschlands unterstütze. Er sah darin große Chancen für neue Arbeitsplätze, ein Eldorado für Menschen wie mich.

So kam ich exakt eine Woche vor dem Mauerfall nach Deutschland. Anschließend zog ich relativ schnell nach der Wende in den Osten. Ich war einfach neugierig darauf, wie es dort aussah. Obwohl ich als Flüchtling meinen Aufenthaltskreis, den Westerwald, nicht verlassen durfte, wagte ich die Ausreise in die DDR. Der marode Zustand der Häuser und Straßen in der Deutschen Demokratischen Republik überraschte mich doch sehr. Selbst in Pakistan verfügten wir damals über ein besseres Straßennetz. Einen Moment lang fühlte ich mich in meine Heimat zurückversetzt, der ich eigentlich für immer den Rücken kehren wollte.

Aber ich konnte auch Menschen sprechen, die vom Osten in den Westen kamen. Sie erzählten mir von ihren Hoffnungen, die sie mit diesem Schritt verbanden. Gleichzeitig blieben viele von ihnen skeptisch, ob es beide Länder tatsächlich schaffen würden, erneut zu einer Nation zusammenzuwachsen. So traf ich in dieser Zeit auf unterschiedliche Sichtweisen bezüglich der Zukunft dieses Landes, doch insgesamt herrschte eine gewaltige Aufbruchsstimmung. Eine Euphorie, an der ich teilhaben durfte.

Heute stehen wir in Deutschland vor der wohl größten politischen wie auch gesellschaftlichen Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg. Weit mehr als eine Million Asylsuchende, größtenteils mit einem komplett anderen kulturellen Hintergrund und einem mitunter stark abweichenden Werteverständnis, wirbeln unsere Nation schier durcheinander. Nicht nur das, mit dieser Entwicklung stehen wir gleichzeitig vor völlig neuen Gefahren, die direkt vor unserer Haustür darauf lauern, Realität zu werden. Damit meine ich in erster Linie den internationalen Terrorismus, der in den letzten fünfzehn Jahren eine neue Form der Professionalität entwickelt hat. Das Bild des arabischen Extremisten, der mit einer uralten Kalaschnikow AK 47 bewaffnet auf einem Eselskarren vor die amerikanische Botschaft fährt, nur um sich dort in die Luft zu sprengen, hat sich längst überholt. Terrorgruppen wie jene der Al-Kaida, wie die Taliban oder der IS unterhalten inzwischen hochprofessionelle Computerspezialisten, Chemiker, Militärberater, sogar international agierende Geheimdienste, allesamt finanziert von undurchsichtigen Geldgebern, die sich quer über den ganzen Erdball verteilen. Der Terrorismus hat sich längst als weltweites Geschäft für gierige wie gleichermaßen skrupellose Investoren etabliert. Mittendrin befindet sich Deutschland. Ein reicher Staat mit einer gemäßigten Regierung, so zumindest lautet die einhellige Meinung aller Menschen, die ich in Ländern wie Syrien, Afghanistan, Tunesien, Iran oder Pakistan getroffen habe.

Mit den Flüchtlingen kommen auch die Fundamentalisten in unser Land, und damit Killer, ausgebildet in geheimen Terrorlagern in Tunesien, im Libanon, in Pakistan, Afghanistan oder in Syrien.

Im Rahmen meiner verdeckten Recherchen in Flüchtlingsheimen in Deutschland, Österreich und der Schweiz lernte ich einige mutmaßliche Terroristen und Schläfer kennen. Natürlich gibt sich niemand von ihnen als solcher zu erkennen, und wäre das geschehen, hätte ich diese Person sofort den Behörden gemeldet. Da ich jedoch als Terrorismus-Experte bereits fundamentalistische Anführer der Taliban, der Al-Kaida sowie weiterer – in Europa eher unbekannter – Terrorgruppen interviewte, konnte ich ein Gespür für diese Menschen entwickeln. Letztlich verrät ihre Geisteshaltung Hinweise auf ihre tatsächliche Gesinnung, vor allem, wenn man zu ihnen so etwas wie Vertrauen aufbauen konnte.

Manche dieser Fundamentalisten, die als Flüchtlinge getarnt hierher kamen, sprechen auch im Schlaf. Sie murmeln ihren Kampfnamen oder nennen Orte, die eine besondere Bedeutung für sie besitzen. Andere wiederum unternehmen relativ schnell den Versuch, Mitstreiter für ihre Mission zu gewinnen. So heben sie – wenn auch nur für einen Moment – den Schleier zu ihrer kranken Welt.

In diesem Buch schreibe ich über mein Leben als Flüchtling in Deutschland. Ich zeichne den Weg eines 15-jährigen pakistanischen Jungen, der sich hier zu einem international tätigen Journalisten und Terrorismus-Experten entwickelte. Durch meine Herkunft konnte ich aber auch verdeckt in Flüchtlingsheimen recherchieren, mit den Menschen vor Ort reden. Ich hielt mich teilweise länger als eine Woche in einem Lager auf, bevor ich mich wieder absetzte. Das war für mich nicht ungefährlich.

Diesen Zugang bekommt kein Sozialarbeiter oder Politiker, denn dafür braucht es die entsprechende kulturelle Herkunft sowie die passende Hautfarbe und die Beherrschung der jeweiligen Sprachen, in denen sich diese Menschen in den Camps verständigen. Nur dann erfährt man, was tatsächlich hinter den Mauern und Stacheldrahtzäunen dieser Lager geschieht.

Außerdem lernte ich als Journalist nicht nur, die richtigen Fragen zu stellen, sondern auch Vertrauen zu anderen Personen aufzubauen.

Mehrmals entkam ich nur knapp der Gefahr, vom Sicherheitspersonal entlarvt zu werden. Was mir dabei hätte blühen können, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Eine Ahnung davon bekam ich in einigen dieser Erstaufnahmelager, in denen Mitarbeiter Flüchtlinge wegen Kleinigkeiten körperlich misshandelten. In einem Lager in der Schweiz gab es sogar einen speziellen Raum, in dem Asylanten verprügelt wurden. Im Zuge meiner Recherchen kam ich mit mehreren Fundamentalisten in Kontakt. Unter den Asylbewerbern gab es sowohl Kämpfer des IS als auch Anwerber, die den Flüchtlingsstrom nutzten, um auf diesem Weg nach Deutschland zu gelangen. Besonders riskante Situationen erlebte ich, wenn Geldeintreiber von Schleuserbanden auf mich aufmerksam wurden. Diese Kriminellen schrecken vor nichts zurück und dann musste meine Geschichte, die ich mir vor Einzug in ein solches Lager überlegte, absolut wasserdicht sein. Wäre mir ein Fehler unterlaufen, könnte ich wahrscheinlich heute hier nicht mehr so unbehelligt sitzen und schreiben.

Außerdem beschäftigt sich dieses Buch mit den Techniken, wie terroristische Vereinigungen gezielt neue Mitglieder anwerben. Zumal sich ausnahmslos alle unsere Flüchtlingsheime als vielversprechende Nährböden dafür anbieten. Wenn die Politik nichts gegen die teilweise grauenhaften Zustände in diesen Heimen unternimmt, stellen Ausschreitungen unter den Flüchtlingen das wohl geringste Sicherheitsproblem für Deutschland und Europa dar. Deutschland entwickelt sich momentan zu einem der zentralen Staaten im internationalen Terrorismus. Mit Tausenden hervorragend organisierter Terrorzellen und Schläfern, sofern wir nicht schnellstmöglich etwas dagegen unternehmen.

Ich habe dieses Buch jedoch auch für meine vielen Kollegen unter den Journalisten in ganz Europa geschrieben, weil es für die überwiegende Zahl unter ihnen eben unmöglich sein wird, verdeckt in Flüchtlingslagern zu recherchieren und sich dabei wochenlang unerkannt aufzuhalten. Meine Kollegen müssen – wie ich – möglichst vor Ort berichten, um die breite Öffentlichkeit über aktuelle Situationen, aber auch über Missstände und internationale Entwicklungen zu informieren. Speziell im Bereich der aktuellen Flüchtlingssituation sowie in der Entwicklung des europäischen Terrorismus bleiben wichtige Zusatzinformationen diesen Journalisten jedoch verborgen. Dieses Buch soll meinen Kollegen dabei helfen, einen umfassenden Blick darauf zu erhalten.

Schließlich zeige ich auf, wie wir dieser Entwicklung begegnen sollten. Dazu muss man jedoch die Denkmuster von Fundamentalisten kennen, und dabei halfen mir unter anderem Interviews, die ich in den letzten Jahren mit führenden Vertretern unterschiedlicher Terrororganisationen wie Taliban, aber auch des IS führte. Diese Personen schrecken vor nichts zurück, mehr noch: Sie verabscheuen alle, die nicht ihr Gedankengut unterstützen. Für sie gilt ein Prinzip: Wer nicht zu »ihrem« Islam übertritt, muss sterben. Und diese Terrorgruppen verfolgen allesamt ein gemeinsames Ziel: die weltweite Verbreitung des Islam als künftig einzige Religion. Dafür benötigen sie jedoch die entsprechende Anzahl an Menschen, die ihre Ideologie weitertragen. Im Laufe der letzten Jahre konnten sie ihre Propaganda-Maschinerie immer besser entwickeln, nicht zuletzt durch moderne Kommunikationsmittel und soziale Medien wie Facebook und WhatsApp.

Wenn wir eine Katastrophe in Deutschland verhindern wollen, muss nicht nur auf politischer Ebene alles unternommen werden, um sämtliche terroristische Aktivitäten zu bekämpfen. Auch die Bevölkerung selbst sollte wissen, wie fundamentalistische Gruppierungen Gift in die Köpfe der Öffentlichkeit injizieren, um so neue Mitglieder zu gewinnen. Dies geschieht nicht nur in den Flüchtlingsheimen, sondern überall, hier und jetzt. Die Gefahr der gezielten Radikalisierung betrifft nicht nur muslimische Familien, wir alle zählen zur Zielgruppe dieser Islamisten, und vor allem unsere Kinder. Auch wäre es naiv anzunehmen, diese Fundamentalisten zielten lediglich auf eine arabisch- oder afrikanischstämmige Bevölkerungsgruppe ab. Sie, ich, ein jeder von uns soll »bekehrt« werden, und dafür setzen sie höchst erfolgreiche Techniken ein.

Wie Sie solche Anwerbungsversuche erkennen können, erfahren Sie ebenfalls in diesem Buch.

Deutschland hat mir, dem ehemaligen Flüchtling aus Pakistan, ein fantastisches Leben ermöglicht, wofür ich meiner neuen Heimat immer sehr dankbar sein werde. Nun habe ich die Gelegenheit, meinem Dank Ausdruck zu verleihen, indem ich darauf aufmerksam mache, auf welche Gefahren Deutschland momentan zusteuert.

Kapitel 1

Flüchtlingsheime in Deutschland, Österreich und der Schweiz: eine Bestandsaufnahme

»Hamid, wach auf. Ich glaube, sie suchen nach dir.«

Diese Worte fuhren wie ein Blitzschlag durch meinen Körper, Adrenalin durchflutete mich und augenblicklich wurde ich hellwach. Trotz der Dunkelheit im Schlafsaal erkannte ich meinen syrischen Bettnachbarn. Während er mit einem Kopfnicken zum Fenster deutete, verlieh der Lichtschein der Laterne vor unserer Baracke seinem Gesicht eine unnatürliche Blässe. Er kannte mich nur unter falschem Namen, doch es war mir gelungen, sein Vertrauen zu gewinnen. Vermutlich bewahrte mich das jetzt vor größeren Schwierigkeiten. Natürlich verriet ich ihm nicht, dass ich als Journalist verdeckt in diesem Erstaufnahmelager in der Nähe von Rennerod recherchierte. Meine wahre Identität verrate ich bei meinen Recherchen zwar niemandem, aber häufig gebe ich mich als jemand zu erkennen, der bereits seit einiger Zeit in Deutschland lebt. Jemand, der seine Familie sucht, die vor kurzem hierher gekommen ist.

Ich richtete mich im Bett auf und spähte aus dem Fenster. Inzwischen erwachten auch andere Mitbewohner, worauf leise Stimmen einsetzten und für ein monotones Hintergrundrauschen sorgten.

Etwa dreißig Männer, bei den meisten von ihnen handelte es sich um Sicherheitspersonal, standen draußen am Exerzierplatz dieser ehemaligen Kaserne auf dem Stegskopf im Westerwald. Ich sah, wie sie miteinander sprachen, dann teilten sie sich auf und verschwanden in den umliegenden Unterkünften. Jemand brüllte unverständliches Zeug, Licht ging in den Baracken an, manche riefen etwas. Aus einer Schlafstelle drang plötzlich das Weinen eines Kindes. Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Kurz nach Mitternacht.

»Warum denkst du, dass es um mich gehen könnte?«, fragte ich meinen syrischen Bettnachbarn auf Englisch. Als Pakistani verstehe ich ein wenig Arabisch, da ich als Kind den Koran zu lesen lernte, sowie auch ansatzweise Farsi. Da meine Muttersprache Urdu doch stark vom Arabischen abweicht, wechsle ich automatisch ins Englische, eine Sprache, die auch die meisten Flüchtlinge mehr oder weniger gut beherrschen.

Meine mangelnden Arabisch-Kenntnisse führten auch zu meiner prekären Situation in dieser Nacht. Tags zuvor wurde ich Zeuge eines Anwerbungsversuches von einer Gruppe Salafisten. Die drei Männer, allesamt um die sechzig Jahre alt, sprachen in einem türkischen Lokal im nahe gelegenen Rennerod eine junge syrische Familie an. Besonders auf den Familienvater hatten sie es abgesehen und versuchten, ihn mit fundamentalistischem Müll zu infizieren. Ich befand mich zufällig im gleichen Dönerladen, nur einen Tisch entfernt. Ich wollte die Gelegenheit nutzen und einen Kontakt zu den Salafisten aufbauen. Da ich Arabisch zwar relativ gut verstehe, mich jedoch nur radebrechend verständigen kann, sprach ich die Männer auf Deutsch an. Mir ging es darum, die Sprachbarriere zu überbrücken und da diese Männer bereits länger in Deutschland lebten, war es für mich naheliegend, diese gemeinsame Basis zu nutzen. Ein folgenschwerer Fehler, der mir unterlief, denn kein Flüchtling beherrscht die deutsche Sprache, wenn er erst vor kurzem hier angekommen ist.

Einer von ihnen fragte mich sofort, woher ich so gut Deutsch spreche. Obwohl mir ein unsichtbares Messer quer durch den Magen schnitt, versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen.

»Ich habe Deutsch im Goethe-Institut in Islamabad studiert«, log ich, doch ihr Misstrauen schien bereits geweckt.

Kurz darauf verschwanden sie.

»Ich habe heute gehört, dass die Security gewarnt wurde, weil sich jemand im Camp aufhält, der kein Flüchtling ist. Jemand, der Deutsch spricht«, antwortete mir mein Nachbar.

»Und das sagst du mir jetzt erst?«, zischte ich zurück, worauf ich nur ein Schulterzucken erntete.

Draußen schwoll die Lautstärke wieder an. Männer kamen aus einer der Baracken. Inzwischen weinten mehrere Kinder. Eine Tür knallte. Ich hörte den Kommandanten der Sicherheitsmannschaft etwas brüllen, kurz darauf folgte ein helles Klatschen. Er ohrfeigte jemanden, vermutlich einen Flüchtling. Erneut besprachen sie sich, dann gingen sie in die nächste Unterkunft, direkt links neben unserer Schlafstelle.

»Beeil dich, bevor sie dich erwischen!«

Mein syrischer Vertrauter hatte recht. Ich musste abhauen, und zwar so schnell wie möglich. Sollten sie mich aufgreifen, fing ich mir mit Sicherheit heftige Prügel ein. Ebenso wie sämtliche Menschen, mit denen ich hier in Kontakt stand. Das konnte ich unmöglich verantworten, daher packte ich eilig meine Sachen, sprang aus dem hinteren Fenster und lief, mit meinem Seesack unter dem Arm, über einen dunklen Bereich des Geländes. Da es sich bei diesem Flüchtlingslager um eine ehemalige Bundeswehr-Kaserne handelte, stand ich nach etwa fünfzig Metern vor einem etwa drei Meter hohen Stacheldrahtzaun. Hastig kletterte ich nach oben. Dort angelangt warf ich meine Tasche auf die andere Seite, umwickelte meine Hände mit T-Shirts und drückte den Stacheldraht nach unten. So gut es ging schwang ich mich über den Zaun, riss mir dabei die Hose auf und verletzte mich an beiden Händen. Kurz bevor ich die Umzäunung überwand, hörte ich hinter mir einige aufgeregte Stimmen. Ich konnte nicht zuordnen, ob sie mir galten, und ich drehte mich auch nicht um. »Nur weg von hier«, lautete mein Ziel, denn inzwischen stieg Panik in mir hoch. Irgendwie schaffte ich es, auf der anderen Seite unten heil anzukommen, doch ich musste noch ein Waldstück durchqueren.

Nach einer knappen Stunde überwand ich den Wald, der mich mehr an einen Dschungel erinnerte. Ein Freund, den ich anrief und um Hilfe bat, holte mich am vereinbarten Treffpunkt ab.

Damals hatte ich einfach nur Glück, nicht aufzufliegen. Diese kurze Geschichte gewährt bereits einen Einblick in die Situation, die Flüchtlinge und Sicherheitsleute gleichermaßen in den heimischen Erstaufnahmelagern vorfinden.

Beginnen wir jedoch mal ganz von vorne: Wie gelangt man überhaupt in ein solches Lager? Eine Frage, die besonders in meinem Fall eine gewisse Berechtigung besitzt, da ich bereits den Großteil meines Lebens in Deutschland verbringe, hier meine Steuern bezahle, außerdem eine Wohnung besitze. Zusätzlich könnte eine oberflächliche Überprüfung meiner Personalien, bei mir als deutschem Staatsbürger, zu meinem sofortigen Auffliegen führen.

Diese theoretische Gefahr gibt es jedoch in Wahrheit nicht, da ich grundsätzlich ohne Papiere und mit falschem Namen und Geburtsdatum in den Aufnahmestellen vorstellig werde. Obwohl die Mitarbeiter jedes Mal meine Fingerabdrücke erfassen und im System speichern, existiert praktisch keine Vernetzung der einzelnen Erstaufnahmelager. Eine Überprüfung meiner Personalien bleibt somit unmöglich. Ich muss lediglich darauf achten, immer einen anderen Namen und Geburtsort anzugeben. So steht dann im Lager in Dresden ein Hamid Mustafa aus dem Irak und in Berlin ein Jamal Ramiri aus Indien in schmutzigen Jeans vor dem Registrierungsschalter und bittet völlig verunsichert um Asyl. Letztlich bleibt es ein Kinderspiel für Flüchtlinge, unter falschen Angaben in Deutschland Unterschlupf zu finden, so lautet die traurige Wahrheit.

Um herauszufinden, was in den Flüchtlingslagern tagtäglich passiert, schleuste ich mich in Lagern in Deutschland, Österreich und in der Schweiz ein.

Beispielsweise fuhr ich mit der Bahn in das schweizerische Kreuzlingen, direkt hinter der deutschen Grenze am schönen Bodensee gelegen.

Die Adresse des dortigen Flüchtlingsheims notierte ich sicherheitshalber bereits vor Reiseantritt auf einem abgerissenen Stück Zeitungspapier.

Damit ich auch tatsächlich wie ein typischer Asylbewerber aussah, ließ ich mir einen Dreitagebart wachsen und zog meine ältesten Kleidungsstücke an. Sämtliche Ausweispapiere blieben zu Hause, lediglich etwas Bargeld nahm ich mit.

Nachdem ich den Bahnhof verlassen hatte, ging ich zum Taxistand. Ich fragte einen Taxifahrer, wie ich zum Kreuzlinger Asylheim käme. Ich stellte meine Frage in Englisch, schließlich durfte ich mich ab sofort nicht mehr als Deutscher zu erkennen geben. »Camp?«, vergewisserte sich der Taxifahrer. Ich nickte. Bereitwillig beschrieb er mir den Weg dorthin.

Rechts von mir ging es zur schweizerisch-deutschen Grenze, ich überquerte die Straße und sah zwei Grenzbeamte, die aus einem VW-Bus stiegen. Ich ging auf die beiden zu und fragte: »Where is the Camp? I need Asylum!« Dann zeigte ich ihnen den Zettel mit der Adresse des Empfangs- und Verfahrenszentrums Kreuzlingen.

Zwischen den beiden Beamten entstand ein kurzer Dialog.

»Ach du Scheiße. Noch so einer.«

»Komm, schicken wir ihn zum Flughafen zum Asylverfahren. Dann wird er schnell abgeschoben«, entgegnete der andere.

»Ach, das ist mir zu viel Arbeit. Wir bringen ihn zum Camp, oder warte, ich ruf mal an.«

Kurz darauf nahmen sie mich mit zum Zollgebäude und ließen mich in einem Zimmer warten. Wenige Minuten später kamen drei Grenzbeamte, einer von ihnen sprach. Die gesamten Gespräche fanden auf Englisch statt.

Ohne Zeit für irgendwelche Begrüßungsfloskeln zu verschwenden, wurde ich sofort gefragt, aus welchem Land ich komme.

»Aus Pakistan«, antwortete ich.