Die Ehe in den Schriften des Neuen Testamentes und im Koran. Zu Ehebruch, Ehescheidung und Ehelosigkeit - Alex Ovsienko - E-Book

Die Ehe in den Schriften des Neuen Testamentes und im Koran. Zu Ehebruch, Ehescheidung und Ehelosigkeit E-Book

Alex Ovsienko

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Beschreibung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Ehe in den Schriften des Neuen Testaments und im Koran und beleuchtet die Einstellung der beiden Glaubenstexte zu den Themen Ehebruch, Ehescheidung und zur Rolle der Geschlechter. Das Buch beantwortet die Frage, ob die Ehe in den Schriften des Neuen Testaments abgewertet oder aufgewertet wird. Das Ergebnis wird mit der Einstellung des Korans zur Ehe verglichen: Welche Unterschiede gibt es dabei und welche Differenzen herrschen hier vor? Aus dem Inhalt: Ehebruch, die Ehescheidung und Ehelosigkeit in der jüdischen und griechisch-römischen Antike; Der Ehebruch in den Evangelien; Ehescheidung und Ehelosigkeit im Neuen Testament und im Koran; Die Rolle von Mann und Frau in der islamischen Ehe; Die verschiedenen Arten der Ehe im Koran.

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Seitenzahl: 210

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Inhaltsverzeichnis

1. Die Einleitung

2. Historische Übersicht über den Ehebruch, die Ehescheidung und Ehelosigkeit in der jüdischen und griechisch-römischen Antike

2.1. Die Einstellung zum Ehebruch im Judentum zur Zeit des Zweiten Tempels

2.2. Die Einstellung zum Ehebruch in der römischen Welt

2.3. Die Einstellung zur Ehescheidung in der jüdischen Welt der Antike

2.4. Die Ehescheidung in der römischen Welt der Antike

2.5. Die Ehelosigkeit im antiken Judentum

2.6. Die Ehelosigkeit in der griechisch-römischen Welt der Antike

3. Die Einstellung der Schriften des Neuen Testaments zu Ehebruch, Ehescheidung und Ehelosigkeit

3.1. Der Ehebruch in den Evangelien

3.1.1. Der Ehebruch in der Bergpredigt (Mt. 5.27-28)

3.1.2. Die Ehebruchperikope im Johannesevangelium (Joh. 7.53-8.11)

3.2. Die Ehescheidung in den Schriften des Neuen Testamentes

3.2.1. Die Einstellung des markinischen Jesus zu Ehescheidung und Wiederheirat (Mk.10.2‑12)

3.2.2. Die Analyse von (Lk. 16.18)

3.2.3. Die Analyse von (Mt. 19.3-9)

3.2.4. Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen (Mt. 19.3-12) und (Mk. 10.2-12)

3.2.5. Die Analyse von (Mt. 5.31-32)

3.2.6. Die Ehescheidung bei Paulus (1Kor 7.10-11)

3.2.7. Die Analyse von (1Kor 7.12-16)

3.2.8 Schlussfolgerung

3.3. Die Einstellung zur Ehelosigkeit in den Schriften des Neuen Testaments

3.3.1. Die Analyse von (Mt. 22.23-33)

3.3.2. Die Analyse von (Mt.19.10-12)

3.3.3. Die Haltung des Paulus von Tarsus zur ehelichen Sexualität (1 Kor. 7 1.-9)

3.3.4. Die Einstellung Paulus von Tarsus’ zur Ehe und Ehelosigkeit in der Erwartung der Parusie (1Kor. 7.25-40)

3.3.5. Die Einstellung Paulus’ zur Ehe, Ehelosigkeit und Ehescheidung anhand von (1Kor.7)

4. Die Ehe, Ehescheidung und Ehebruch, Ehelosigkeit im Koran

4.1. Die Ehe in der vorislamischen Zeit

4.2. Die Ehescheidung in der vorislamischen Zeit

4.3. Die Rolle von Mann und Frau in der islamischen Ehe

4.4. Die Eheschließung im Koran

4.5. Die verschiedenen Arten der Ehe im Koran

4.6. Die Ehescheidung im Koran

4.7. Der Ehebruch im Koran

4.8. Die Ehelosigkeit im Koran

5. Fazit dieser Masterarbeit

1. Die Einleitung

In meiner Masterarbeit werde ich mich mit dem Thema „ Die Ehe in den Schriften des Neuen Testaments und im Koran“ befassen, um die Einstellung zum Ehebruch, zur Ehescheidung und zur Rolle der Geschlechter im Neuen Testament und im Koran zu beleuchten. Ich möchte versuchen, die Frage zu beantworten, ob die Ehe in den Schriften des Neuen Testaments abgewertet oder aufgewertet wird. Das Ergebnis möchte ich mit der Einstellung des Korans zur Ehe vergleichen, um herauszufinden, ob sich Unterschiede finden lassen und um welche Differenzen es sich dabei handelt.

Meine Recherche gehe ich aus der historischen Perspektive an. Um die Einstellung zur Ehe in der hellenistisch-römischen und der jüdischen Welt des Zweiten Tempels zu vergleichen, untersuche ich in Kapitel 1 die Texte (Mt.5.31-32, Lk.16.18-19, Mk.10.2-12, Mt.19.1-12, Joh. 7.53-8.321 Kor.7.1-40,) die Rezeption des Jesus von Nazareth, des Paulus von Tarsus zur Frage des Ehebruchs, der Ehescheidung und Ehelosigkeit. Von Interesse sind die historischen Hintergründe, die sozialen, gesellschaftlichen sowie religiösen Konstellationen, die die Autoren des Neuen Testaments beeinflussen konnten.

Erkenntnisse den Ehebruch in der jüdischen Welt der Antike betreffend (Kapitel 1.1) kann ich aus den Schriften der Zeit des Zweiten Tempels des Judentums gewinnen. Die Texte jüdischer antiker Autoren, wie Philon von Alexandria und Josephus Flavius, sowie die wichtigen jüdischen deuterokanonischen Schriften, wie das Buch von Jesus Sirach, die Weisheit Salomons und die Makkabäerbücher helfen mir, die Einstellung nicht nur des Judentums zu der Zeit des Zweiten Tempels sowie der Autoren des Neuen Testaments zum Thema Ehe und Scheidung sowie die rechtlichen Folgen des Ehebruchs besser zu verstehen; vor allem wenn man bedenkt, dass im Jahre 40 n.Chr. die Todesstrafe von dem Sanhedrin abgeschafft wurde.

Im Kapitel 1.2 gehe ich auf die Haltung zum Ehebruch in der hellenistisch-römischen Welt ein. Ich möchte eine Definition des Ehebruchs nach dem römischen Recht geben und die rechtlichen Folgen für Ehebrecher aufzählen. Ferner möchte ich beschreiben, wie die Strafe für einen Ehebruch–abhängig vom sozialen Status und Geschlecht verschiedener Bevölkerungsgruppen ausfiel. Die Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten in der Einstellung zum Ehebruch im Judentum des Zweiten Tempels und in der hellenistisch-römischen Welt möchte ich in Hinblick auf den gesellschaftlichen Kontext vergleichen.

Im nächsten Abschnitt (Kapitel 1.3) möchte ich auf die Ehescheidung in der jüdischen Welt der Antike, auf deren rechtliche Aspekte in der Zeit des Zweiten Tempels und auf die Interpretationen jüdischer Rabbiner, wie Rabbi Hillel und Rabbi Schammai sowie anderer Gelehrter jener Zeit (vgl. Dtn. 24.1-4) eingehen. Die Meinungen antiker Autoren, wie Philon von Alexandria und Flavius Josephus, so wieder Autoren der deuterokanonischen Schriften vervollständigen meine Analyse. Eine wichtige Aufgabe ist für mich, herauszufinden, aus welchen Gründen man sich in der Zeit des Zweiten Tempels scheiden lassen konnte: Ob es beispielsweise auch den Frauen in der jüdischen Welt der Antike erlaubt war, sich von ihren Ehemännern scheiden zu lassen. Ich versuche, Kriterien für die Scheidung zu finden und dabei die Frage zu beantworten, ob sich beide Geschlechter scheiden lassen konnten oder ob nur der Ehemann dieses Recht hatte, sowie welche rechtlichen und finanziellen Verpflichtungen der Ehemann, der sich von seiner Ehefrau scheiden ließ, übernehmen musste.

Sodann werde ich einen Vergleich bezüglich der Frage der Ehescheidung zwischen der jüdischen und der hellenistisch-römischen Welt der Antike (1.4) ziehen und die Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede zwischen diesen beiden antiken Gesellschaften schildern.

Im Kapitel 1.5 meiner historischen Analyse werde ich die Ehelosigkeit in der jüdischen Welt der Antike analysieren und beleuchten, wie die Ehelosigkeit in den jüdischen religiösen Schriften, und vor allem in den Schriften von Qumran, präsentiert wurde. Dabei möchte ich herausfinden, ob die Ehelosigkeit in der Sekte der Essener verbreitet gewesen ist und welche Rolle– nach der jüdischen Vorstellung– die Ehelosigkeit in der zukünftigen Welt spielen sollte. Dadurch hoffe ich, die Aussage des markinischen Jesus in (Mk. 12.27) besser verstehen können.

Im Anschluss daran (in 1.6) beleuchte ich die Einstellung zur Ehelosigkeit in der hellenistisch-römischen Gesellschaft. Ich werde darlegen, welche philosophischen Schulen im römischen Reich eine positive Einstellung zur Ehelosigkeit gehabt haben, und ob die Ehelosigkeit in der römischen Gesellschaft zur Zeit des Neuen Testaments als eine Tugendangesehen wurde.

Im zweiten Hauptabschnitt (Kapitel 2) werde ich auf die Einstellung der Autoren der Schriften des Neuen Testaments zu Ehebruch, Ehescheidung und Ehelosigkeit eingehen und über die Rezeption Jesu sowie die Einstellung des matthäischen Jesus zum Ehebruch anhand von (Mt. 5.27-28) berichten, um die Frage zu beantworten zu versuchen, ob Jesus im Gegensatz zu seinen jüdischen Genossen das Gebot verschärft hat (Kapitel 2.1.1).

Im zweiten Text (Kapitel 2.1.2) suche ich nach einer Antwort, ob der johanneische Jesus in der Perikope (Joh. 7.53-8.11) den Ehebruch der Frau gutheißen ließ, indem er die zur Todesstrafe verurteilte Ehefrau vor dieser Strafe nach dem Pentateuch (vgl. Lev. 20.10, Deut. 22.22) bewahrte.

Im Kapitel 2.2 gehe ich auf die Rezeption Jesus von Nazareth zu der Frage der Ehescheidung ein. Mein Vergleich der Einstellung zur Ehescheidung des markinischen Jesus (Mk.10.2-12) mit der Einstellung des matthäischen Jesus (Mt. 19.1-12) ergibt die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Besonders relevant sind hierbei die Gründe für die Einfügung der Unzuchtsklausel in das Matthiasevangelium (Mt. 5.31-32, Mt. 19.1-12).

Anschließend versuche ich, zu klären, ob eine Scheidung in sämtlichen Fällen vom historischen Jesus abgelehnt wurde oder ob die Ehescheidung im Fall des Ehebruchs doch erlaubt war.

Eingehen möchte ich auf die Unterschiede zwischen dem Markus- und Matthäusevangelium in Bezug auf die Rolle der Geschlechter bei der Initiierung der Ehescheidung sowie auf das Konzept der Wiederheirat in diesen Schriften (Kapitel 2.2.4).

In der zweiten Hälfte des Abschnittes über die Ehescheidung in den Schriften des Neuen Testaments wende ich mich der Einstellung Paulus’ von Tarsus zu dem Problem der Ehescheidung in den früheren christlichen Gemeinden zu (Kapitel 2.2.6 und 2.2.7). Anhand der Verse in (1Kor.7.10-16) werde ich beschreiben, welche Gemeinsamkeiten es hinsichtlich der Einstellung zur Ehescheidung des Jesus von Nazareth und Paulus von Tarsus gegeben hat und in welchen Fällen Paulus die Ehescheidung in den früheren christlichen Gemeinden erlaubte.

Des Weiteren wende ich mich der Frage der Ehelosigkeit in den Schriften des Neuen Testaments zu (Kapitel 2.3). Beginnen möchte ich mit der Frage, ob Jesus von Nazareth verheiratet gewesen ist und welche historischen Fakten für oder gegen sein Verheiratet sein sprechen. Danach wende ich mich der Einstellung des matthäischen Jesus in (Mt. 22.23-33) zu der Lehre des Jesus von Nazareth über die Ehe in der zukünftigen Welt zu (Kapitel 2.3.1). Im nächsten Abschnitt (2.3.2) möchte ich durch die Exegese von (Mt.19.10-12) die Einstellung des matthäischen Jesus zur Frage der Ehelosigkeit beleuchten und vor allem die Frage beantworten, was Jesus von Nazareth mit seinem Eunuchen-Spruch zum Ausdruck bringen wollte.

Am Ende des Abschnitts wende ich mich der Einstellung des Paulus anhand von (1Kor.7) zur Frage der Ehelosigkeit zu. Beginnen möchte ich mit der Auslegung des Verses in (1Kor.7.1), in dem der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth schreibt: „Was aber das betrifft, wovon ihr mir geschrieben habt, so ist es für den Mann gut keine Frau zu berühren“ (Kapitel 2.3.3). Mit der Exegese dieses Verses möchte ich analysieren, ob Paulus die Ehe als etwas Negatives betrachtet oder ob der Vers im Laufe der Jahrhunderte doch falsch interpretiert wurde. Es bleibt zu klären, ob Paulus vielleicht doch eine positive Einstellung zur Ehe gehabt hat; vor allem wenn man die Verse in (1Kor 7.2-5) betrachtet und seine Aussage in (1Kor.7.7) „…Ich wünsche alle Menschen wären wie ich…“ im Vergleich zu (1Kor.7.2) deutet (2.3.4).

Zum Schluss des Abschnittes (in Kapitel 2.3.5) versuche ich, die Position des Paulus von Tarsus bezüglich der Ehe und Ehelosigkeit zu schildern. Was meint er mit seiner Aussage in (1Kor.7.32ff.) „Der Unverheiratete sorgt sich um die Sache des Herren; er will dem Herren gefallen. Der Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt“? Ist die Ehelosigkeit seiner Meinung nach wertvoller als eine Ehe? Und hat die Erwartung der kommenden Eschatologie für die Einstellung Paulus ‘zur Ehe eine wichtige Rolle gespielt? Ich suche bei meiner Recherche nach einer Antwort.

In Kapitel 3 wende ich mich der Ehe im Koran, der Stellung der Frau im vorislamischen Arabien, den Aspekten der Ehescheidung, des Ehebruchs sowie den gesetzlichen Regelungen der Ehe in einer Zeit zu, bevor der Islam sich zur verbreitetsten Religion auf der arabischen Halbinsel entwickelt hat. Zunächst gehe ich auf die Rechte und Pflichten ein, die die Eheleute nach dem Koran in einer islamischen Ehe haben sollten, und auf die rechtlichen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um eine islamische Ehe zu legitimieren. Dabei gehe ich auch auf die Polygamie ein und beleuchte die sozialhistorischen Gründe, die im Koran (Sure 4.3) relevant für Polygamie sind. Dazu scheint mir wichtig, die Zeitehe in der Auslegung des Korans und nach dem islamischen Recht sowie die Unterschiede der sunnitischen und schiitischen Ansicht zu erwähnen.

Im letzten Abschnitt (3.7) beschäftigte ich mich mit der Definition des Ehebruchs, mit den Strafen für Ehebrecher, mit der Ehescheidung, ihren Gründen, die eine Scheidung laut Koran rechtlich machen, mit den Schritten, die befolgt werden sollen, um eine Scheidung zu legitimieren, und mit der Frage, ob eine Ehefrau sich von ihrem Ehemann nach dem Koran scheiden lassen kann.

2. Historische Übersicht über den Ehebruch, die Ehescheidung und Ehelosigkeit in der jüdischen und griechisch-römischen Antike

2.1. Die Einstellung zum Ehebruch im Judentum zur Zeit des Zweiten Tempels

Genauso wie für die Juden im alten Israel war auch für Menschen, die zur Zeit des Zweiten Tempels gelebt haben, ein Ehebruch ein schweres Verbrechen (vgl. Ex. 20.14, Dtn. 5.18), welches unter der Todesstrafe stand (vgl. Lev. 20.10, Dtn. 22.22)[1].

In den antiken Kulturen wurde der Ehebruch als moralisch verwerflich angesehen, da er die Eigentumsrechte eines Ehepartners verletzte. Aus diesem Grund wurden die Menschen, die den Ehebruch begangen haben, als Zerstörer ihres Haushaltes gesehen (vgl. PsSal. 4.9-10, 20.15-11)[2].

Eine Frau gehörte zum Haushalt ihres Ehemannes (vgl. Ex. 20.17). Neben dem Begehrensverbot des Besitzes eines Mannes wie seiner Haustiere, Sklaven und Häuser wurde dieses Begehrensverbot schon im Dekalog (Dtn.5.21) auf die Frau ausgeweitet. Eine Ehefrau beging Ehebruch, wenn sie mit einem anderen als ihrem Ehemann Geschlechtsverkehr gehabt hatte. Wenn ein Mann mit einer Frau Geschlechtsverkehr hatte, beging er Ehebruch, wenn diese Frau verlobt oder verheiratet war.[3]

In der Zeit des Zweiten Tempels begann sich diese Einstellung zu ändern. Schon Jesus Sirach sprach in (Sir.23.18 und Sir.26.19-21) davon, dass ein Ehebrecher sein eigenes Bett durch Ehebruch entweiht und in (Sir.25.1) davon, dass der Gott daran Freude hat, wenn die Frau und die Mann sich gut verstehen[4].

In den jüdischen Schriften aus der Zeit des Zweiten Tempels galt Joseph als Vorbild, weil er sich von der Frau des Potiphars nicht verführen ließ (vgl. Weish.10.13, 4Makk. 2.2-3, Phil, Jos. 40-44, JT 2.41-60)[5]. Für den jüdischen Philosophen Philon von Alexandria hatte ein Ehebruch eine negative Auswirkung nicht nur auf den Ehemann, der betrogen wurde, sondern auch auf die Familie und Freunde des Mannes, der selbst Ehebruch mit einer verheiraten Frau begangen hat. Durch solch ein Verhalten hat ein Ehebrecher sich und seiner Familie geschadet, da seine Tat von der Gesellschaft verurteilt wurde und diese Verurteilung negative Folgen für ihn und für seine Familie hatte[6]. Für Philon von Alexandria war daher der Ehebruch ein schweres Vergehen[7]. Dieses Verbot wurde neben dem Tötungsverbot am Anfang der zweiten Tafel von Moses aufgeschrieben, um das Zusammenleben der Menschen zu regeln. Bemerkenswert war daran, dass Philon von Alexandria unter Ehebruch nicht nur den Geschlechtsverkehr mit einer verheirateten oder verlobten Frau verstand, sondern auch andere sexuelle Handlungen wie Inzest, Homosexualität oder den sexuellen Verkehr vor der Ehe.[8]

Nach dem Pentateuch unterlag ein Ehebruch der Todesstrafe (vgl. Lev. 20,10, Dtn. 22.22, Spr.2.16-19). Dieses Recht haben die Juden im Jahre 40 n.Chr. verloren[9]. Danach sollte sich ein Ehemann von seiner untreuen Frau scheiden lassen. Dies galt auch für eine verlobte Frau, die ihrem zukünftigen Ehemann untreu geworden war (vgl. Mt.1.19). Obwohl der jüdische Historiker Josephus in seinem Werk „Die jüdischen Altertümer“ davon berichtet, dass der König Herodes seine Frau Miriam für einen vermutlichen Ehebruch hinrichten ließ. Josephus hielt diese königliche Entscheidung eher für eine Machtdemonstration als für die Erfüllung der biblischen Gebote[10].

Nach (Dtn. 24.1-4) durfte sich ein Ehemann von seiner Frau scheiden lassen, wenn er an ihr etwas Schändliches entdeckt hatte (ich werde auf das Wort „Schändliches“ später eingehen). Er durfte seine frühere Frau nicht wieder heiraten, wenn sie während der Scheidung einen anderen Mann geheiratet hatte, da sie sich durch den Geschlechtsverkehr mit ihrem neuen Ehemann „beschmutzte“. Um den Geschlechtsverkehr zwischen Sarah und Abraham (vgl. Gen. 12.10-12) den Ereignissen des jüdischen Gesetzes (vgl. Dtn. 24.1-4) anzupassen, gingen jüdische Autoren wie Josephus davon aus, dass Gott eingegriffen hat, um den Pharao vor dem Geschlechtsverkehr mit Sarah zu bewahren, damit Abraham mit ihr den Isaak zeugen konnte (vgl. JT 1.161-165), (QG 4.63-66)[11].

Es gab Ausnahmen auch in der Zeit des Zweiten Tempels, für den Fall, dass ein Mann seine Ehefrau wieder heiraten wollte, von der er sich scheiden gelassen hatte. In der Jüdischen Wüste wurden Dokumente mit Klauseln gefunden, welche Männern eine Wiederheirat ermöglichten, wenn ihre Ehefrauen aus einer Gefangenschaft entlassen wurden, selbst wenn diese Frauen vergewaltigt worden waren. In den Schriften aus der Zeit des Zweiten Tempels lag das Hauptmerkmal der gesellschaftlichen Verurteilung eines Ehebruchs bei der daraus resultierenden Zerstörung einer Hausgemeinschaft. Jesus Sirach verurteilte in (Sir. 23.18-21) bei einem Ehebruch den damit gebundenen Betrug und die Täuschung. Er beschuldigte die Frau, durch ihr Verhalten gegen das Gottes Gebot verstoßen zu haben (vgl. Sir. 25.2). Zugleich kritisierte er auch die untreuen Männer, die ihre Frauen betrogen hatten (vgl. Sir. 42.8)[12].

Im Judentum des Zweiten Tempels etablierte sich eine veränderte Haltung zum Ehebruch. Dieses Delikt wurde nicht mehr als nur ein Eigentumsdelikt betrachtet, sondern als ein Vergehen, welches neben der Zerstörung der Hausgemeinschaft auch die Gefühle des betroffenen Ehemannes verletzt. Bemerkenswert ist, dass nun auch die Treulosigkeit eines Mannes (vgl. Gen.1.27, 2.24), zu mindestens in den Schriften der Propheten (vgl. Mal. 2.10), verurteilt wurde.

In der nachexilischen Zeit wurde eine Ehe zum Symbol des Bundes zwischen Gott und Israel (vgl. Hos.2.21ff.)[13]. Dadurch kam es zu einer Aufwertung der Ehe sowie zur Verschärfung der gesellschaftlichen Ächtung des Ehebruchs in der Zeit des Zweiten Tempels, sogar wenn der Ehebruch durch einen Mann verursacht wurde (vgl. Spr.7.27). Nach dieser Änderung wurden Männer verurteilt, die sich weitere Frauen zu Ehefrauen nahmen oder die Prostituierte besuchten (vgl. Sir.26.19-21). Dieser Schritt erweist sich für die gesellschaftliche Selbstreflexion als fortgeschritten und progressiv.

So betrachtet der Verfasser des Buches der biblischen Altertümer einen Ehebruch als erste Sünde, mit der sich die Menschen beschmutzt haben (vgl. LAB2.8-10). Der Autor bezeichnet die Menschen, die das goldene Kalb anbeteten (vgl. Ex. 32.1-5) in (LAB 25.10) als Ehebrecher[14]. Diese Verurteilung zeigt die veränderte Haltung zum Ehebruch, die darin besteht, dass der Ehebruch nicht nur als ein sexuelles, sondern auch als gesellschaftlich-religiöses Vergehen angesehen wurde (vgl. Ezk. 23.1-49). Im Diasporajudentum unter dem Einfluss des hellenistischen Gedankenguts wurde eine Frau viel mehr abgewertet als im Judentum Israel. Vor allem im Buch Sirach, verfasst von den jüdischen Gelehrten zwischen den Jahren 180 und 175 in Alexandria, macht sich die misogyne Haltung bemerkbar.

In (Sir. 25.24) heißt es: „Von einer Frau nahm die Sünde ihren Anfang, ihretwegen müssen wir alle sterben“–eine Haltung, die später in den Schriften des Neuen Testaments wiedergegeben wurde (vgl. 1Tim. 2.14-15). Ferner war Jesus Sirach der Meinung, dass die Frauen ihre Sexualität nicht kontrollieren könnten und deswegen eingesperrt werden müssten (vgl. Sir. 43.11-13), damit sie keine sexuellen Verfehlungen begehen könnten. Wie schon in (Spr.7.24ff) spricht der Autor des Buches, Jesus Sirach, in seinem Werk oft von einer lüsternen Frau, die den Mann zum Ehebruch verführen möchte (vgl. Sir.26.12). Diesem Bild setzt der Autor das Bild einer tüchtigen und guten Frau entgegen, die ihrem Ehemann treu sein und Gott fürchten solle (vgl. Sir. 26.2-3). Er warnt ein (Sir 9.8) die Männer sogar davor, die schönen Frauen anzuschauen, die anderen Männern gehören[15].

Denn im ersten Jahrhundert vor Christus setzt sich im Judentum die Haltung durch, dass ein Mann schon dann Ehebruch begeht, wenn er die Schönheit einer Frau bewundert, obwohl sie mit einem anderen Mann verlobt oder verheiratet ist (vgl. Test.XII 7.1-2). In der Zeit des Pentateuchs war der Ehebruch als solcher nur als der Geschlechtsverkehr zwischen einem Mann und einer verlobten oder verheirateten Frau definiert. Diese Einstellung führte dazu, dass die Schönheit einer Frau sogar für die Engel als gefährlich eingestuft wurde, da die Menschenfrauen die Engel zu sexuellen Handlungen verführen könnten (vgl. Gen 6.1-4, äthHen19.2,)[16].

In der antiken jüdischen Literatur wurden Frauen nicht nur als „gefährliche Verführerinnen“, sondern auch als unkontrollierte sexsüchtige Furien dargestellt, die die Männer zu einem Ehebruch verführen wollen (vgl. Sir 9.5)[17].

Es wurde behauptet, die Frauen sollten von ihren männlichen Verwandten überwacht werden, weil sie ihre sexuellen Impulse selber nicht kontrollieren könnten: In Sir. 42.11-13 fordert der Autor seine männlichen Leserdazu auf, ihre Töchter einzusperren, damit sie keine Unzucht im Hause ihres Vaters begehen könnten. In anderen Versen geht er so weit, dass er seine männlichen Leser davor warnt, mit verheirateten Frauen zu essen oder trinken, um das Verführen zu verhindern (vgl. Sir. 9.9).Der verführerischen schönen Frau, die einen Mann zum Ehebruch verführen wollte, stand das Bild einer tüchtigen, schweigsamen, treuen und gottesfürchtigen Frau gegenüber (vgl. Sir. 26.2-3). Nur solche Frau konnten die Männer vor einer Verführung zum Ehebruch schützen.

2.2. Die Einstellung zum Ehebruch in der römischen Welt

Nach dem römischen Recht wurde ein Ehebruch als sexueller Verkehr zwischen einem Mann und einer Frau, die weder seine Ehefrau, noch seine Sklavin, noch eine Prostituierte ist, definiert. Auch nach dieser Definition zählte der Geschlechtsverkehr eines Mannes mit einer verlobten oder verheirateten Frau als Ehebruch[18].

In den Geschichtsquellen aus der Zeit der römischen Republik (509-27 v. Chr.) werden harte Strafen für Menschen, die einen Ehebruch begangen haben, erwähnt. Tatsächlich aber wurde ein Ehebruch für die innere Angelegenheit einer Familie gehalten. Darum wurde kein Gesetz zur Bestrafung der Ehebrecher erlassen. Nach Darstellung des römischen Schriftstellers und Staatsmannes Marcus Porcius Cato (234-149v. Chr.) durfte ein Ehemann zur Zeit der römischen Republik seine Ehefrau töten, wenn er sie beim Ehebruch erwischen sollte. Dieser Brauch bleibt unter den Historikern jedoch umstritten, da es über ihn aus der Zeit der römischen Republik keine schriftlichen Quellen gibt[19].

Im Falle eines Ehebruchs ließen sich die Eheleute der römischen Republik scheiden. Falls eine Ehefrau an der Trennung Schuld hatte, durfte ihr Ehemann einen Teil der Mitgift für sich behalten. Er durfte vom Liebhaber seiner Ehefrau sogar einen Schadenersatz verlangen.

Im römischen Kaiserreich wurde die Einstellung zum Ehebruch von dem im Jahre 18 n. Chr. erlassenen Gesetz Lex de adulteriis coercendis beeinflusst, nach dem ein Verkehr mit einer verheirateten Frau unter Strafe gestellt wurde[20]. Laut diesem Gesetz bekam ein Paterfamilias mit der uneingeschränkten Verfügungsgewalt über seine Kinder das Recht, den Ehebrecher oder die Ehebrecherin zu bestrafen. Sollte ein Familienvater seine Tochter beim Ehebruch erwischen, durfte er sie zusammen mit ihrem Liebhaber töten, und zwar unabhängig davon, ob diese Tat in seinem Haus oder im Haus seines Schwiegersohnes entdeckt wurde.

Im Falle des Ehebruchs seiner Frau hatte ein Ehemann das Recht, deren Liebhaber zu töten, wenn er ein Sklave, Gladiator, Schauspieler oder Zuhälter war, da solch ein Liebhaber vor dem römischen Gesetz kein freier römischer Bürger und somit vom Gesetz nicht geschützt war. Seine Frau, die römische Bürgerin, durfte er nicht ermorden, sondern er musste sich von ihr scheiden lassen und sie wegen dieses Ehebruchs vor einem römischen Gericht innerhalb von drei Tagen anklagen. Wenn ein Ehemann über den Ehebruch seiner Frau Bescheid wusste, aber sie dafür nicht bestrafte, musste er für die Zuhälterei (lt. lenocinium) selber angeklagt werden.

Nach dem römischen Recht durfte ein freier römischer Mann, unabhängig von seinem Status, mit seinen Sklaven oder Sklavinnen sowie mit Prostituierten Geschlechtsverkehr haben, obwohl die Mehrheit der Sklavinnen und Sklaven in dem römischen Reich gerade freigelassen worden waren. Im Gegensatz dazu durfte er mit der Ehefrau eines freien römischen Bürgers keinen sexuellen Verkehr haben, aufgrund deren Zugehörigkeit zu einem freibürgerlichen Besitz[21].

Diese liberale Einstellung zur Sexualität eines Mannes in der römischen Welt hängt damit zusammen, dass die römische Gesellschaft von einem Mann sexuelle Aktivität erwartete[22].

Solange ein Mann sexuell aktiv war, durfte er mit seinen männlichen wie weiblichen Sklaven und/oder mit Prostituierten Geschlechtsverkehr haben. Es wurde ihm keine passive Rolle während des Geschlechtsverkehrs erlaubt, weil er sonst als schwach, unterwürfig und „verweiblicht“ angesehen wurde. Diese Einstellung zur männlichen Sexualität führte dazu, dass die Sklaven sich gegen die sexuellen Übergriffen ihres Herren nicht wehren durften, da ein Sklave oder eine Sklavin keine freien Bürger waren, sondern den Tieren gleichgestellt wurden und vor dem römischen Gericht keinen Schutz genossen. Die rechtlose Stellung der Sklaven im römischen Reich zeigte sich auch darin, dass die Vergewaltigung eigener Sklaven bis kurz vor Beginn der Kaiserzeit nicht als Verbrechen angesehen wurde. Das römische Gericht betrachtete solche Vergewaltigungen nur als eine Sachbeschädigung. Die Rechtlosigkeit der Sklaven führte dazu, dass eine Sklaven-Ehe nie legitimiert werden konnte. Sie durfte jederzeit vom Besitzer des Sklaven annulliert werden[23].

Da im römischen Reich die weibliche Sexualität als die Grundlage der sozialen Ordnung und des Wohlstandes angesehen wurde, wurde von den Frauen erwartet, ihre Sexualität ausschließlich innerhalb der Ehe auszuleben. Damit keine illegitimen Erben entstünden, durften die freien römischen Frauen ihre Sexualität nicht so frei wie die freien römischen Männer ausleben[24].

Wenn man nun die gesellschaftliche Einstellung zum Ehebruch in den beiden antiken Gesellschaften vergleicht, fällt einem auf, dass ein Ehebruch im antiken Judentum im Gegenteil zum römischen Reich nicht vom Staat unter Strafe gestellt wurde (Lex de adulteriis coercendis), sondern alleine von der göttlichen Autorität verurteilt wurde (vgl. Ex 20.14, Dtn. 5.18). Für einen Ehebruch stand in der jüdischen Welt die Todesstrafe (vgl. Lev.20.10, Dtn. 22.22)[25]. Während der Zeit des Zweiten Tempels verlor die jüdische Obrigkeit jedoch das Recht, die Todesstrafe zu vollstrecken. Nach dem Gesetz des Pentateuchs musste eine verlobte oder verheiratete Frau, die Ehebruch begangen hatte, getötet werden, und zwar unabhängig von ihrem sozialen Status. Sogar von ihrem Ehemann durfte sie nicht begnadigt werden. Im Gegensatz dazu konnte eine freie römische Frau im römischen Reich von ihrem Ehemann nicht getötet werden, genauso wenig durfte ein freier römischer Bürger, der einen Ehebruch begangen hatte, getötet werden.

Der Pentateuch sah, unabhängig vom sozialen Status und dem Geschlecht der Ehebrecher, für einen Ehebruch die Todesstrafe vor (vgl. Deut. 22.23-27). Nach (Lev.19.20) musste ein Mann, der mit einer verlobten Sklavin schlief, die kurz vor der Freilassung stand, einen Schadensersatz zahlen. Im Gegensatz dazu durfte im römischen Reich ein Sklavenbesitzer Geschlechtsverkehr mit seinen männlichen Sklaven oder mit seiner weiblichen Sklavin haben und konnten nicht rechtlich verurteilt werden. Insofern waren die Sklaven in der jüdischen Welt vor der „Schändung“ durch ihren Besitzer geschützt.