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Es gehört zu den vertrautesten Bildern des urbanen Alltags: das Taxi. Ein Fahrzeug mit Leuchtschild auf dem Dach, Taxameter im Armaturenbrett und der Lizenz zur jederzeitigen Beförderung. Doch was heute als selbstverständliche Dienstleistung erscheint, ist das Ergebnis jahrhundertelanger Entwicklung – voller technischer Neuerungen, politischer Regulierungen und gesellschaftlicher Umdeutungen. Dieses Buch erzählt die Geschichte einer leisen Institution, deren Erfindung weniger in einem Moment, als in vielen Etappen bestand: von der Mietkutsche des 17. Jahrhunderts bis zur App-basierten Plattform der Gegenwart. Es zeigt, wie sich das Taxi regional verselbständigte, weltweit neue Formen annahm – als Droschke, Rikscha oder Tuk-Tuk – und dennoch immer demselben Prinzip folgte: Mobilität auf Abruf, gegen Bezahlung. Auch moderne Konkurrenten wie UBER finden ihren Platz – nicht als Werbeblock, sondern als Teil eines veränderten Verständnisses von Dienstleistung. Der Leser erhält eine nüchterne, fundierte Gegenüberstellung bestehender Systeme, die weder bewertet noch bevorzugt – sondern einordnet. ›Die Erfindung des Taxis‹ entschleunigt bewusst. Es betrachtet ein scheinbar beiläufiges Thema mit analytischem Blick – und macht deutlich, wie viel gesellschaftliche Bewegung in einem Fahrzeug steckt, das oft nur kurz am Straßenrand hält.
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die Erfindung
des Taxis
•
Mobilität, Metropolen und Mythos
Eine Betrachtung
von
Lutz Spilker
DIE ERFINDUNG DES TAXIS
MOBILITÄT, METROPOLEN UND MYTHOS
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
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Texte: © Copyright by Lutz Spilker
Umschlaggestaltung: © Copyright by Lutz Spilker
Verlag:
Lutz Spilker
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Inhalt
Inhalt
Das Prinzip der Erfindung
Vorwort
Die Idee der bezahlten Fortbewegung
Die bewegte Menschengruppe und der Einzelne
Der Nil als Vorbote
Getragene Würde, bewegte Abhängigkeit
Transport von Menschen, nicht nur von Waren
Frühformen institutionalisierter Bewegung
Die Idee war länger unterwegs als gedacht
Städtische Mietdienste im Mittelalter
Der Handkarren als Träger des Gedankens
Tragstühle – Würde auf Schultern
Beginnende Organisation und Vorformen städtischer Regulierung
Mobilität als Dienst – nicht mehr als Notwendigkeit
Die Lizenz zur Bewegung – Droschkenordnung und Regulierung
Die ersten Mietkutschen in London und Paris
Vom Fiaker zum festen Bestandteil der Stadt
Die Hackney Carriages als Antwort auf den innerstädtischen Wandel
Die Kutscher und ihre neue Rolle
Ein neues Selbstverständnis von Mobilität
Die Geburt eines Gewöhnlichen
Das Entstehen des Berufsstandes der Kutscher
Ein Stand im Übergang
Soziale Lage zwischen Stolz und Notwendigkeit
Rechtlicher Rahmen und wachsende Vorschriften
Ökonomische Herausforderungen im Alltag
Kutscher als Chronisten des Alltags
Ein Beruf im Übergang zur Moderne
Motor statt Pferd: Die Umstellung auf Verbrennungskraft
Der Taxameter als technische Schlüsselinnovation
Das Taxi im Stadtbild der frühen Moderne
Vom Sonderfall zum Stadtzeichen: Die stille Eroberung des öffentlichen Raums
Ein vertrauter Fremdkörper
Ein neues Verhältnis zur Stadt
Zwischen Freiheit und Funktion
Verkehrspolitik und Reglementierung
Ikonographie der Moderne
Ausblick und bleibende Prägung
Verkehrspolitik und Konzessionswesen
Über Lizenzen, Gesetze und die Regulierung einer mobilen Dienstleistung
Die Geburt des Taxigewerbes im Schatten der Verwaltung
Konzessionen als Eintrittskarte
Preisgestaltung als Gratwanderung
Städte als Taktgeber
Verkehrsregulierung im Spiegel der Zeit
Die Rolle des Taxis im Krieg und Wiederaufbau
Mobilität im Ausnahmezustand – Das Taxi als heimlicher Katalysator des Überlebenswillens
Im Schatten der Front
Zwischen Mangelwirtschaft und findigem Überleben
Wiederaufbau unter erschwerten Bedingungen
Systemschutz auf vier Rädern
Der stille Helfer
Farben, Formen und Vorschriften
Die Standardisierung des Taxis als fahrender Kodex
Ein Flickenteppich auf Rädern
Der Ruf nach Klarheit
Farben als Vertrauensträger
Form folgt Funktion
Die Rückkehr zur Vielfalt?
Vorschrift als Zeichen von Zivilisation
Die Funkzentrale – Taxis auf Abruf
Wie aus spontaner Mobilität ein System wurde
Das Taxi in Film, Literatur und Gesellschaftsbild
Zwischen Haltebucht und Leinwand – Das Taxi als Projektionsfläche
Ein Fahrzeug, das mehr weiß, als es sagt
Das Taxi als Metapher des Dazwischen
Das Taxi als Spiegel sozialer Strukturen
Der Klang der Stadt – und das helle Aufleuchten des Dachzeichens
Zwischen Dienstleistung und Mythos
Ein Symbol in Bewegung
Beruf, Pflicht und Perspektive: Der Fahrer im Wandel
Vom Chauffeur zum Lizenznehmer – Die Entstehung eines Berufsbilds
Prüfungen, Pflichten und die Kunst der Orientierung
Schichtdienst und Realität – Der Alltag hinter dem Steuer
Das Bild des Fahrers im Spiegel der Gesellschaft
Konkurrenz und Kontrollverlust – Das Berufsbild in der Krise
Ein Beruf zwischen Anspruch und Ausblick
Mobilität mit Lokalkolorit: Eine Reise durch die Welt der Taxis
New York – gelb wie die Hoffnung auf ein schnelles Fortkommen
Tokio – Präzision, Würde und ein Hauch Ritual
Kairo – zwischen Hupen, Händeschlag und Handschaltung
London, Paris, Mumbai – andere Städte, eigene Rhythmen
Taxi als urbanes Kulturgut – zwischen Funktion und Folklore
Zwischen Rädern und Regeln: Wenn Mobilität nicht nach Westen blickt
Rikscha: Muskelkraft und Menschenkontakt
Tuk-Tuk: Die akustisch auffälligste Antwort auf den Verkehr
Zwischen System und Spontaneität
Das Taxi in der Nacht – Sicherheit, Notruf, Verfügbarkeit
Der Wagen als sicherer Hafen
Der Fahrer als Teil eines stillen Netzes
Verfügbarkeit als stille Pflicht
Das nächtliche Taxi als Teil der Stadtseele
Eine unterschätzte Infrastruktur
Bar, Karte, App – Wandel der Bezahlung
UBER und die Plattformisierung der Mobilität
Digitale Konkurrenzmodelle, Marktmechanismen, Kritik und rechtliche Konflikte
Ein digitaler Vermittler, kein klassisches Unternehmen
Deregulierung durch die Hintertür
Der rechtliche Balanceakt
Ökonomischer Druck und gesellschaftliche Spaltung
Plattformisierung als Prinzip
Kritik und Widerstand
Ein offenes Kapitel
Technologie, Navigation und Flottensteuerung
Wenn Taxis zu Datenpunkten werden
Nachhaltigkeit und neue Antriebskonzepte
Hybrid, Elektro, Wasserstoff: Der ökologische Umbau der Taxiflotte im 21. Jahrhundert
Der leise Anfang einer neuen Ära
Der Sprung ins Ungewisse
Die offene Rechnung
Der Umbau als kulturelle Leistung
Zukunftsperspektiven: Autonom, vernetzt, überflüssig?
Über den Autor
In dieser Reihe sind bisher erschienen
Wenn man in einem Bentley fahren gelernt hat,
tritt der Wunsch nach einem Rolls-Royce
etwas in den Hintergrund.
Das Prinzip der Erfindung
Vor etwa 20.000 Jahren begann der Mensch, sesshaft zu werden. Mit diesem tiefgreifenden Wandel veränderte sich nicht nur seine Lebensweise – es veränderte sich auch seine Zeit. Was zuvor durch Jagd, Sammeln und ständiges Umherziehen bestimmt war, wich nun einer Alltagsstruktur, die mehr Raum ließ: Raum für Muße, für Wiederholung, für Überschuss.
Die Versorgung durch Ackerbau und Viehzucht minderte das Risiko, sich zur Nahrungsbeschaffung in Gefahr begeben zu müssen. Der Mensch musste sich nicht länger täglich beweisen – er konnte verweilen. Doch genau in diesem neuen Verweilen keimte etwas heran, das bis dahin kaum bekannt war: die Langeweile. Und mit ihr entstand der Drang, sie zu vertreiben – mit Ideen, mit Tätigkeiten, mit neuen Formen des Denkens und Tuns.
Was folgte, war eine unablässige Kette von Erfindungen. Nicht alle dienten dem Überleben. Viele jedoch dienten dem Zeitvertreib, der Ordnung, der Deutung oder dem Trost. So schuf der Mensch nach und nach eine Welt, die in ihrer Gesamtheit weit über das Notwendige hinauswuchs.
Diese Sachbuchreihe mit dem Titelzusatz ›Die Erfindung ...‹ widmet sich jenen kulturellen, sozialen und psychologischen Konstrukten, die aus genau diesem Spannungsverhältnis entstanden sind – zwischen Notwendigkeit und Möglichkeit, zwischen Dasein und Deutung, zwischen Langeweile und Sinn.
Eine Erfindung ist etwas Erdachtes.
Eine Erfindung ist keine Entdeckung.
Jemand denkt sich etwas aus und stellt es zunächst erzählend vor. Das Erfundene lässt sich nicht anfassen, es existiert also nicht real – es ist ein Hirngespinst. Man kann es aufschreiben, wodurch es jedoch nicht real wird, sondern lediglich den Anschein von Realität erweckt.
Der Homo sapiens überlebte seine eigene Evolution allein durch zwei grundlegende Bedürfnisse: Nahrung und Paarung. Alle anderen, mittlerweile existierenden Bedürfnisse, Umstände und Institutionen sind Erfindungen – also etwas Erdachtes.
Auf dieser Prämisse basiert die Lesereihe ›Die Erfindung …‹ und sollte in diesem Sinne verstanden werden.
Vorwort
Zur Entstehung einer stillen Institution
Es gibt Themen, die schreien nach Aufmerksamkeit. Sie sind laut, disruptiv, gesellschaftlich umstritten, moralisch aufgeladen oder intellektuell überhöht. Und dann gibt es jene Themen, die sich dem öffentlichen Getöse entziehen – ohne deshalb an Relevanz einzubüßen. Das Taxi gehört zweifellos zur zweiten Kategorie. Es steht bereit, wenn man es braucht, und verschwindet, sobald der Zweck erfüllt ist. Es wartet nicht auf Anerkennung. Es erwartet keine Schlagzeilen. Und doch ist es aus der urbanen Welt kaum wegzudenken.
Dieses Buch widmet sich einer solchen stillen Institution des Alltags – dem Taxi. Es tut dies nicht, um es zu verklären oder gar zu bewerben, sondern um es verständlich zu machen. Der Titel ›Die Erfindung des Taxis‹ ist bewusst gewählt: Denn er verweist auf ein Prinzip, das nicht einfach nur entstanden, sondern im Verlauf der Geschichte immer wieder neu erfunden, angepasst und interpretiert wurde. Vom pferdegezogenen Mietwagen bis zur App-basierten Sofortbuchung, vom Taxameter zur Preisalgorithmik, vom zentralisierten Funkruf bis zur dezentralen Nutzerplattform reicht der Weg eines Dienstleistungsmodells, das auf den ersten Blick unspektakulär erscheint – und sich doch als gesellschaftlicher Seismograf entpuppt.
Es geht in diesem Buch nicht um Werbung für UBER oder für andere Plattformanbieter. Die Erwähnung solcher Dienste erfolgt nicht aus Begeisterung, sondern aus analytischem Pflichtbewusstsein. Was als klassisches Taxi firmiert, steht inzwischen in einem globalen Wettbewerb mit digitalen Alternativen, deren Geschäftsmodell sich ebenso radikal wie geräuschlos in die urbane Infrastruktur eingeschrieben hat. Dieser Wettbewerb wird hier nicht als Wettkampf inszeniert, sondern als sachliche Gegenüberstellung zweier Systeme mit ähnlichem Zweck, aber unterschiedlichen Prämissen. Die Leser sollen nicht belehrt, sondern informiert werden.
Der Begriff ›Taxi‹ selbst ist kein Kunstwort, kein Akronym, sondern Ergebnis einer begrifflichen Verschmelzung. Das lateinische ›taxa‹ – die Gebühr – verband sich mit dem technischen ›Meter‹ zu einem Messinstrument: dem Taxameter. Dieser machte das Transportgewerbe nicht nur kontrollierbar, sondern auch berechenbar – im wahrsten Sinn des Wortes. Damit begann die Transformation des Fahrdienstes in eine tariflich geregelte, konzessionierte und kontrollierte Dienstleistung: Das Taxi war geboren – als ordnungspolitisches Werkzeug, als Mobilitätsgarant, als Bestandteil städtischer Infrastruktur.
Der historische Bogen, den dieses Buch spannt, ist weit. Er beginnt nicht mit der Motorisierung, sondern mit dem menschlichen Bedürfnis, sich gegen Bezahlung transportieren zu lassen – sei es im Boot, auf der Sänfte oder im Pferdewagen. Er reicht über die Frühformen gewerblich organisierter Kutschendienste, über die Erfindung des Taxameters, die Verordnung einheitlicher Fahrzeugfarben bis hin zur Auseinandersetzung mit modernen Plattformdiensten wie UBER oder Bolt.
Zugleich geht es auch um kulturelle Unterschiede: In vielen Ländern gibt es Taxis, die weder so heißen noch so funktionieren. Ob Rikscha, Tuk-Tuk oder Boda-Boda – überall auf der Welt haben sich regional unterschiedliche Formen der bezahlten Personenbeförderung entwickelt. Doch in allen Fällen bleibt der Kern identisch: Es ist ein Dienst auf Abruf. Kein öffentlicher Nahverkehr, kein Individualbesitz – sondern etwas dazwischen. Ein Hybrid aus Verfügbarkeit und Zweckbindung.
Neben den historischen und technischen Aspekten wird auch der persönliche Nutzen nicht ausgeblendet. Viele Menschen – darunter auch der Autor – wissen aus eigener Erfahrung, wie wertvoll ein Taxi sein kann: Als Tür-zu-Tür-Service ohne Parkplatzsuche, ohne laufende Fixkosten, ohne Vorlaufzeit. Als Hilfe in der Nacht, als Rückhalt bei Krankheit, als bequeme Lösung in Städten, in denen Besitz längst keine Option mehr ist.
Dieses Buch ist daher auch ein Plädoyer für die Wahrnehmung des Offensichtlichen. Es will nichts beweisen, aber vieles zeigen: Wie aus einem alltäglichen Gegenstand eine soziale Infrastruktur wurde. Wie Technik, Recht, Wirtschaft und Kultur zusammenwirkten, um ein scheinbar triviales Angebot in eine tragende Säule urbaner Beweglichkeit zu verwandeln. Und wie neue Entwicklungen – ob begrüßt oder kritisiert – stets auf einem alten, aber soliden Fundament aufbauen.
Der Leser ist eingeladen, dieses Thema nicht von oben zu betrachten, sondern auf Augenhöhe: aus dem Inneren des Taxis heraus. Dort, wo Gespräche entstehen, wo Zeit überbrückt, Stille akzeptiert und Entfernung überwunden wird.
Nicht jede Erfindung muss laut sein. Manche fahren einfach – seit mehr als hundert Jahren.
Die Idee der bezahlten Fortbewegung
Es beginnt weit vor dem Ruf eines Taxifahrers, lange vor Taxameter, Droschkenordnung oder Konzessionspflicht. Die Geschichte der bezahlten Fortbewegung setzt in einer Zeit ein, als weder Straßen im modernen Sinne existierten noch das Geldwesen jenen Reifegrad erreicht hatte, der später zwischen ›Dienstleistung‹ und Gefälligkeit klar unterscheiden sollte. Und doch lässt sich bereits in der fernen Vorgeschichte jener Grundgedanke erkennen, der bis heute jedes Taxi antreibt: Die Bereitschaft eines Menschen, gegen Gegenleistung den Transport eines anderen übernehmen.
Es ist keine Erfindung im Sinne eines plötzlichen Geistesblitzes, sondern ein Prozess. Langsam, schichtweise, eingebettet in die ökonomischen und sozialen Bedingungen der jeweiligen Zeit. Noch ehe sich Gesellschaften in Staaten formten, begegnet man Spuren dieser besonderen Mobilitätsidee:
Menschen ließen sich tragen, ziehen, rudern oder reiten – nicht nur von Sklaven oder eigenen Bediensteten, sondern auch von anderen, denen dafür etwas gegeben wurde. Vielleicht ein Vorrat an Salz, ein Bogen, ein Bruchstück Erz, etwas Fleisch oder ein Trinkgefäß. Der Wert wurde nicht gemessen, er wurde empfunden. Entscheidend war der Akt der Einwilligung: Ich bringe dich von hier nach dort – und du gibst mir dafür etwas.
Schon in dieser schlichten Form steckt das, was später systematisiert wurde: Transport gegen Entgelt, Bewegung gegen Austausch, Dienst gegen Gegenstand.
Die bewegte Menschengruppe und der Einzelne
In vorstaatlichen Gesellschaften dominierte das Gruppenverhalten. Der Einzelne bewegte sich nicht allein durch die Welt, sondern als Teil eines Kollektivs. Mobilität war funktional: Sie diente der Jagd, dem Ortswechsel, der rituellen Bewegung oder dem saisonalen Wandel. Und dennoch gibt es Hinweise darauf, dass sich innerhalb solcher Gruppen bereits Arbeitsteilungen ausbildeten, bei denen sich einige Personen auf bestimmte Aufgaben spezialisierten: darunter auch auf das Tragen von Lasten oder Personen. In vielen Kulturen wurden z. B. wichtige Stammesmitglieder getragen – nicht aus Zwang, sondern aus Ehrerbietung. Doch es gab auch Fälle, in denen diese Dienste freiwillig gegen Tausch angeboten wurden. Wer trug, bekam etwas. Wer sich tragen ließ, gab etwas. Und schon war die Idee der bezahlten Fortbewegung geboren – nicht als Konzept, sondern als Handlung.
Vom Boot zur Leistung:
Der Nil als Vorbote
Besonders augenfällig wird diese Praxis im alten Ägypten, wo der Nil nicht nur Transportweg, sondern Lebensader war. Hier bildete sich eine der ersten Kulturen aus, in der Wasserverkehr reguliert, organisiert und teilweise sogar gewerblich strukturiert wurde. Zwar war der Begriff des ›Gewerbes‹ noch nicht definiert, doch gibt es Hinweise, dass Boote gegen Entlohnung zur Verfügung gestellt wurden – insbesondere für Personen, die nicht selbst über ein Fahrzeug verfügten. Ob dies nun durch Silber, Naturalien oder andere Formen des Austauschs geschah, ist heute schwer zu belegen. Doch erhaltene Schriftquellen, etwa auf Ostraka oder in Wirtschaftstexten, lassen vermuten, dass Boote vermietet wurden und ihr Einsatz damit an eine Gegenleistung geknüpft war. Das Prinzip: Wer kein Boot besitzt, muss die Fahrt möglich machen – durch Entgelt.
Hier deutet sich bereits ein zweiter Gedanke an, der für das spätere Taxi elementar wird: Mobilität als Verfügungsrecht. Der Bewegliche wird Dienstleister für den Unbeweglichen.
Die Sänfte:
Getragene Würde, bewegte Abhängigkeit
Im Alten Orient, später auch im persischen und fernöstlichen Raum, etablierte sich die Form des Tragens als Symbol sozialer Rangordnung. Herrscher und hochgestellte Persönlichkeiten ließen sich in Sänften bewegen, oft von vier oder mehr Trägern. Diese Praxis wurde in China, Indien und bei den Azteken ebenfalls dokumentiert. Interessant ist dabei, dass das Tragen nicht allein im Zeichen der Machtdemonstration stand, sondern in manchen Fällen auch als Dienstleistung gegen Bezahlung erfolgte – insbesondere bei reichen Kaufleuten oder reisenden Beamten, die nicht über ein eigenes Gefolge verfügten. Hier wurde die Würde zum Transportgut und der Träger zum Vertragspartner.
Während die Sänfte in Europa später zum Statussymbol des Adels wurde, war sie andernorts bereits früher funktionalisiert worden. In bestimmten indischen Regionen etwa bildeten sich regelrechte Trägerdienste heraus, bei denen man gegen vereinbarte Gegenleistungen Personen zu Fuß transportierte – eine Art Vorläufer der späteren Trägerkolonnen, wie sie im Kolonialismus institutionalisiert wurden.
Mobilität im Handel:
Transport von Menschen, nicht nur von Waren
Die Antike brachte einen gewaltigen Mobilitätsschub. Das Römische Reich etwa verfügte über ein beispielloses Netz von Straßen, Poststationen und Herbergen. In diesem Kontext wurde auch die Bewegung von Personen zum Wirtschaftsfaktor. Zwar war der Transport von Waren dominierend, doch auch für Personen gab es Möglichkeiten, sich gegen Bezahlung von einem Ort zum anderen bringen zu lassen. Fuhrwerke, Boote oder Tiere wurden vermietet, oft inklusive eines Fahrers oder Führers.
Der Unterschied zum modernen