Die Forschungsreise des Herzogs der Abruzzen nach dem Eliasberg - Filippo de Filippi - E-Book

Die Forschungsreise des Herzogs der Abruzzen nach dem Eliasberg E-Book

Filippo de Filippi

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Beschreibung

Der Erfolg, welchen der Herzog der Abruzzen auf seiner großen Nordpolreise errungen hat, war nicht sein erster auf dem Gebiet der arktischen Forschung. Bereits im Jahr 1897 hatte der damals 24 jährige Prinz durch die Besteigung des bis dahin noch unbezwungenen Mt. Elias in Alaska eine erstaunliche Probe von Umsicht und Tatkraft abgelegt, wofür ihm die Gelehrten und die Touristenwelt hohe Anerkennung zollten und deren volles Gelingen ihn gewiss zu seiner Nordpolreise ermutigt haben mag. Der hier vorliegende Bericht über diese Forschungsreise entstammt der Feder eines Teilnehmers an der Expedition, den der Herzog mit der Abfassung des Berichtes beauftragt hatte, und ist in sehr geschickter Form ins Deutsche übertragen worden. Die einfache schlichte Art, in der der Verfasser den Verlauf der zwar ziemlich gefahrlosen, aber doch beschwerlichen Reise erzählt, ruft den erfrischenden Eindruck der Unmittelbarkeit hervor und hält das Interesse des Lesers bis zum Schluss wach. Da der Zweck der Reise ein ausschließlich alpinistischer war und weder topographische Aufnahmen noch wissenschaftliche Forschungen beabsichtigt waren, so vermeidet auch der Bericht alle wissenschaftlichen Abschweifungen und entfernt sich nur in dem Kapitel von der Geschichte der Bergbesteigungen des Mt. Elias etwas von der Schilderung des Selbsterlebten.

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Seitenzahl: 249

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Die Forschungsreise des Herzogs der Abruzzen nach dem Eliasberg

 

FILIPPO DE FILIPPI

PRINZ LUIGI AMEDEO, HERZOG DER ABRUZZEN

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Forschungsreise des Herzogs der Abruzzen nach dem Eliasberg, F. de Filippi, Prinz Luigi Amedeo

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783988682079

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Vorwort.1

Geleitwort des Übersetzers.6

Erstes Kapitel.Von Turin nach Seattle.8

Zweites Kapitel. Von Seattle nach Juneau. Der Alexanderarchipel und Alaska.17

Drittes Kapitel. Von Juneau nach Yakutat. Der Muirgletscher. Sitka und die große Küstenkette.25

Viertes Kapitel. Die Geschichte des Eliasbergs.34

Fünftes Kapitel. Der Malaspinagletscher.49

Sechstes Kapitel. Der Sewardgletscher. Der Dompass und der Agassizgletscher.69

Siebtes Kapitel. Der Newtongletscher.84

Achtes Kapitel. Die Besteigung des Eliasbergs.96

Neuntes Kapitel. Rückkehr. Vom Eliasberg nach Yakutat.107

Zehntes Kapitel. Rückkehr nach Europa. Von Yakutat nach London.116

Anhänge. 121

Anhang A. Ausrüstung der Expedition.121

Anhang B. Meteorologische Beobachtungen des Linienschiffsleutnants Umberto Cagni.127

Anhang C. Sanitäre Verhältnisse der Expedition.130

Vorwort.

In einem Kapitel sehr scharfsinniger Kritik über den modernen Alpinismus, mit dem A. F. Mummery den Bericht seiner eigenen Forschungstouren schließt, bezeichnet er als wahren Alpinisten denjenigen, welcher die Besteigung noch nicht betretener Bergspitzen versucht.

Ebenso denken gewiss alle, welche emsig nach den wenigen Gipfeln unserer Alpen suchen, die von den ersten Forschern vergessen worden sind. Sie besteigen einen nach dem andern, so dass es wohl in kurzer Zeit kaum mehr eine Berghöhe der stolzen Kette geben wird, die nicht ein menschlicher Fuß betreten hätte.

Nichtsdestoweniger kann man behaupten, dass die Kenntnis unserer Alpen schon seit vielen Jahren als abgeschlossen zu betrachten ist, da die Hauptspitzen sämtlich erstiegen worden sind. Einige von denen, welche an diesen glorreichen Taten teilgenommen und nach noch größeren Aufgaben strebten, zögerten nicht, auch in fremden Ländern auf neue Siege auszugehen. So begannen alpinistische Expeditionen in ferne, oft ungastliche, unbekannte und ganz unerforschte Gegenden, und der Alpinist wurde gezwungen, außer der technischen Fertigkeit der Bergsteigekunst sich noch eine Menge vielseitiger Kenntnisse anzueignen und verschiedenartige Geschicklichkeiten zu erwerben, um imstande zu sein, den Schwierigkeiten zu trotzen, welche mit solchen Reisen verbunden sind. Die heutige Bergforschung entstand also durch natürliche Evolution aus dem historischen Alpinismus und direkt angeregt durch die Eroberung der Alpen. Diese waren immer und sind auch heute noch die große Schule, in der die Alpinisten sich in ihrer Kunst ausbilden und zu größeren Aufgaben vorbereiten. Die Erfahrungen, die man auf den Alpen gesammelt hat, gestatten, die Technik der Bergsteigekunst in allen Einzelheiten festzustellen, und geben dem Alpinisten mit der vollen Kenntnis der Schwierigkeiten und der Gefahren der Gebirgswelt auch die Mittel, sie glücklich zu überwinden, und die nötige Kühnheit, um zum Angriff der größten Gebirge des Erdballes überzugehen.

Der Herzog der Abruzzen ist mit der Expedition, die im nachstehenden geschildert wird, als neues Glied in die Schar solcher Streiter eingetreten.

Die Region, in welcher sich der Eliasberg erhebt, bietet so besondere charakteristische Merkmale und so ungewöhnliche Lebens- und Arbeitsbedingungen, dass man sich ohne eingehende Kenntnis der Verhältnisse, unter denen die Forschungsreise des Herzogs stattfand, keinen genauen Begriff von denselben machen kann. Wenn man als Besteigung des Eliasbergs bloß den Aufstieg zum Endkegel ansehen will, den wir vom Russellhügel aus in einem Tage vollendeten, so kann die Aufgabe in jeder Weise mit einer der leichten Besteigungen in unseren Alpen verglichen werden, ja, bezeichnend klang die Antwort eines unserer Führer, als er bei der Rückkehr ausgefragt wurde: „Es war genau so wie auf dem Breithorn (Monte Rosa), nur viel höher“.

Auch die Höhe des Eliasbergs (5514 m) würde, absolut betrachtet, diese Besteigung zu keinem außerordentlichen Unternehmen gestalten, denn der Mensch hat schon Berggipfel von 6500—7000 m Höhe über dem Meeresspiegel bestiegen. Zieht man jedoch den ganzen Weg in Betracht, den die Expedition vom Landungspunkt an der Westküste der Yakutatbai bis zum Gipfel des Eliasbergs zurücklegen musste, so erscheint das Unternehmen in seiner wahren Bedeutung. Diese liegt in der Durchquerung einer so ausgedehnten Zone von Eis und Schnee, wie man sie bei keiner anderen Berggruppe wieder vorfindet. Die Küstenketten von Alaska befinden sich jetzt in demselben Zustand, in welchem sich die Alpen zur Eiszeit befanden: ihre Gletscher senken sich bis zum Meer herab, und die Grenze des ewigen Schnees fällt bis zu 800 m. Man kann daher die Besteigung des Eliasbergs mit keiner der bekannten großen Hochtouren vergleichen.

Russell, welcher als der Hauptforscher der von der Karawane des Herzogs aufgesuchten Region gelten kann, hat in dieser Beziehung einige denkwürdige Vergleiche gezogen. Er meint, dass man sich einen annähernden Begriff von den Schwierigkeiten machen kann, die bei einer Besteigung zu überwinden sind, wenn man die Entfernung des Gipfels von dem letzten Ort, wo man Brennmaterial finden kann, in Betracht zieht; demnach könnte man, da die Vegetationsgrenze tiefer sinkt, je mehr man sich den Polen nähert, das Maß der Schwierigkeiten bei Bergbesteigungen durch die geographische Breite bestimmen, in welcher sich die betreffenden Bergketten befinden; selbstverständlich ist auch deren Höhe maßgebend.

Betrachten wir von diesem Gesichtspunkt aus einige der höchsten Gipfel des amerikanischen Kontinents, bemerkt er weiter, so zündet man auf dem Chimborazo das letzte Feuer in einer Höhe von 4600 m an, wo uns nur noch 1800 m von dem Gipfel (6400 m) trennen. Die großen mexikanischen Vulkane erreichen eine Höhe von 5500 m. und die Grenze der Vegetation ist auf 4300 m anzunehmen. Auf dem höchsten Gipfel der Sierra Nevada, dem Whitneyberg (4220 m), findet man Bäume noch auf 3350 m Höhe. Die Schneezone aller dieser Berge hat eine Höhe von etwa 2000 m. so dass man sie in einem oder wenigen Tagen durchmessen kann. Es ist deshalb nicht nötig, Brennmaterial, Kochapparate oder besonders vorbereitete Lebensmittel mitzuführen. Auch das Bedürfnis an Decken und Kleidern ist gering. denn der Karawane kann leicht alles Nötige wieder zugeführt werden.

In Alaska sind die Verhältnisse grundverschieden. Die Grenze des ewigen Schnees, die man in den Tropen auf 5500 m Höhe findet, fällt beim Logan- und Eliasberg unter 1000 m, man muss also mehr als 4500 m oberhalb der Schneegrenze steigen, um den Gipfel zu erreichen, wobei noch hinzuzufügen ist, dass diese Höhenlage eine Entfernung von 80—100 km vom Walde hat.

Die Erzählung der Besteigung des Eliasbergs wird so zu einer Schilderung vieler Wochen, die wir auf unabsehbaren Gletschern verlebten, während einer Reise von über 200 km auf Schnee und Eis, wo wir außerdem eine sehr komplizierte und schwere Ausrüstung teils auf Schlitten nachschleppen, teils auf den Schultern tragen mussten: Zelte, Decken, Lebensmittel, Kochapparate. Brennmaterial, Kleidung und Instrumente, und dies alles in einer Region, wo das schlechte Wetter die Regel ist, wo auf den niedrigen Gletschern ein seiner Regen die Kleider durchnässt und die Glieder erstarren macht, während auf den höher gelegenen die dichte, sich fortwährend erneuernde Schneeschicht, welche keine Zeit findet, fest zu werden, das Gehen schwierig und ermüdend gestaltet.

Wegen des besonderen Charakters der Expedition schien es mir zweckdienlich, die Vorbereitung und die Ausrüstung derselben in einem Anhange besonders zu behandeln; ich habe da mit größter Ausführlichkeit über die Einzelheiten und unsere Lebensweise auf dem Eise berichtet. Es war ein einförmiges Leben, ohne interessante Zwischenfälle, das uns zum größten Teil in dem traurigen Einerlei eines dichten Nebels oder endloser Schneefälle verfloss. Dennoch haben wir an den wenigen schönen Tagen, wenn die eigenartige Landschaft sich uns in ihrer ganzen Großartigkeit entschleierte, Stunden höchsten Genusses durchkostet. Die Bilder, die wir da geschaut, sind so gänzlich verschieden von den gewohnten Eindrücken auf unseren Alpen, dass, wie ich fürchte, es mir kaum gelungen sein wird, auch nur annähernd einen Begriff von denselben zu geben. Glücklicherweise habe ich eine unschätzbare Beihilfe in den Illustrationen des Sella, die mehr, als das Wort es vermag, den Reichtum der Zeichnung und Konturen und der Veränderungen der Landschaft dartun werden, wenn sie auch weder die Leuchtkraft, noch die Farben wiederzugeben vermögen.

Die Expedition des Herzogs war ausschließlich alpinistisch. Sie hatte einen einzigen Zweck: den Gipfel des Eliasbergs zu erreichen. Alles andere wurde diesem Endzweck natürlich untergeordnet. Wir mussten auf alles verzichten, was die Besteigung irgendwie hemmen konnte, indem wir jeden Gegenstand, der nicht unbedingt nötig war und das schon beträchtliche Gewicht unseres Gepäcks vermehrt hätte, zurückließen. Die günstige Zeit für den Alpinismus dauert in Alaska kaum länger als zwei Monate. Im September folgen die Schneefälle ohne Unterbrechung aufeinander, und es ist unmöglich, vorwärtszukommen. Die Karawane hat 47 Tage für die Besteigung und die Rückkehr zur Küste gebraucht, ohne einen Tag, ja, auch nur eine Stunde zu verlieren; deshalb haben wir weder topographische Aufnahmen gemacht noch regelmäßige wissenschaftliche Forschungen. Das Einzige, was wir ermöglichen konnten, war eine ununterbrochene Serie meteorologischer Beobachtungen zu machen, die in einem der Anhänge des weiteren ausgeführt sind. In den anderen Beilagen sind die wenigen zoologischen Exemplare, die wir auf dem Schnee des Malaspina gesammelt haben. und die Steinproben der Region beschrieben.

Die Karawane des Herzogs hat eine Prophezeiung verwirklicht, die im Jahre 1887 der englische Marineoffizier H. W. Seton-Karr, einer der ersten Forscher der Region des Eliasbergs, verkündet hat, und zwar in seinem Reisebericht an die englische Geographische Gesellschaft. Er sagte, dass, wenn der Eliasberg überhaupt eines Tages bestiegen werden würde, dies nur durch erfahrene Alpinisten geschehen könne.

In der Erörterung, die auf seinen Vortrag folgte, behauptete Freshfield, dass die Kunst, Berge über die Grenze des ewigen Schnees hinaus zu besteigen, ebenso erlernt werden müsse wie die Schifffahrtskunde und dass ein Unerfahrener Schneeberge ebenso wenig erforschen könne, wie er als Seefahrer etwas leisten würde.

Hohe Berge zu ersteigen, erfordert in der Tat die Kenntnis einer besonderen Technik, die man erlernen muss und die einem nicht angeboren sein kann. Niemand wird hieran zweifeln, welcher auch nur ein einziges Mal einen Alpenführer im Hochgebirge arbeiten gesehen hat; viele Laien sind hiervon allerdings nicht überzeugt. Wie viele haben sich nicht gewundert, dass der Herzog in jene ferne Gegend Führer aus ltalien mitnahm; sie fragten sich, was die nützen könnten auf Bergen, die ihnen unbekannt wären. Russell selbst, der nicht Alpinist ist, obwohl er mehrere Monate auf den Gletschern des Eliasbergs zugebracht hat, sagt, dass Alpenführer dort ganz überflüssig seien. Ebenso äußerte sich M. B. Kerr, sein Reisegefährte. In Wirklichkeit gilt die zur Besteigung der Alpengletscher nötige Technik auch für alle anderen, denn alle Gletscher sind denselben physischen Gesetzen unterworfen und haben gemeinschaftliche charakteristische Grundmerkmale. Auch auf den Alpengletschern ist der Weg nicht vorgezeichnet, und auf vielen derselben wechselt er jedes Jahr, oder auch mehrere Male während desselben Jahres infolge der Veränderungen, die der Schmelzprozess und die Abwärtsbewegung des Eises hervorrufen. Zu Gunsten der italienischen Führer sprechen übrigens in sehr beredter Weise die Forschungsresultate, die man mit ihrer Hilfe erreicht hat. Es gibt fast gar keine wichtige alpinistische Expedition in irgend einem Teile der Welt, an welcher sie nicht teilgenommen hätten. Im Kaukasus mit D. W. Freshfield, Craufurd Grove, M. de Dechy, Clinton Dent, W. F. Donkin. A. F. Mummery, J. C. Cockin. U. und E. Sella und vielen anderen; in den Äquatorialanden mit E. Whymper; auf der Himalajakette mit W. W. Graham, W. M. Conway und anderen, in Neuseeland und der Kordilleren von Peru mit E. A. Fitz Gerald; auf Spitzbergen und in Bolivien mit W. M. Conway u. s. w. Die italienischen Alpenführer können es sich zur Ehre anrechnen, dass sie auch von Fremden gewählt werden sie auf vielen dieser fernen Expeditionen zu begleiten.

Der Herzog hat als Beweis, wie hoch er die Beihilfe der Alpenführer auf der von ihm unternommenen Forschungsreise geschätzt hat, eine Stiftung ins Leben gerufen behufs Bildung einer Versicherungskasse zu Gunsten der italienischen Alpenführer. Dieser Versicherungskasse soll zunächst der Gewinn zufließen, der sich aus dem Urheberrecht dieses Werkes in italienischer, wie in anderen Sprachen ergibt.

Ich erfülle eine Pflicht der Dankbarkeit, wenn ich auch im Namen des Herzogs und meiner Gefährten an dieser Stelle aller jener gedenke, die mit Rat und Tat die Expedition gefördert haben. Besonders dankbar bin ich Professor J. C. Russell, dass er mir bereitwilligst gestattet hat, die von ihm entworfene Kartenskizze der Region des Eliasbergs für dieses Buch zu benutzen.

Die hohe Ehre, die mir der Herzog erwies, indem er mich zum Berichterstatter der Expedition bestimmte, habe ich angenommen, weil ich wusste, dass ich sowohl auf seine wertvolle Unterstützung, wie auf die freundliche Mitarbeit meiner Gefährten rechnen konnte. Dieses Werk ist wenig mehr als eine einfache Kompilation, es ist die Erzählung aller Beteiligten. Ich habe nichts anderes getan, als die Reisetagebücher des Herzogs, meiner Kollegen und das meinige übersichtlich geordnet und gestaltet. Es sind Notizen und Eindrücke, die in aller Eile unterwegs, auf der Bahn, an Bord der Schiffe, oder unter den Zelten geschrieben wurden. Ich würde glücklich sein, wäre es mir gelungen, diesen Notizen ihre ganze Frische zu bewahren, so dass sie den Eindruck von wirklich Durchlebtem hervorrufen.

Eines hat mir die Arbeit zu einer leichten und dankbaren gemacht, das ist die lebhafte Befriedigung, welche ich empfand, dem Herzog dienen zu können und so Stunde für Stunde jenes starke, gesunde Leben gleichsam noch einmal zu durchleben, das so reich an mannhaften, reinen Gemütsbewegungen war.

Dr. Filippo De Filippi. :::

Geleitwort des Übersetzers.

Nicht mehr wie früher ist heutzutage die Naturbetrachtung eine Beschäftigung für einen beschaulichen Geist, sondern der fieberhafte Tätigkeitstrieb unserer Zeit äußert sich auch auf diesem Gebiet durch eine Reihe kühner Unternehmungen, die mit der Naturbetrachtung die Naturforschung zum Zwecke haben. Waren es sonst fast nur Fachleute, die über eine wissenschaftliche Methode verfügten, so hat es die Verallgemeinerung der Wissenschaft mit sich gebracht, dass auch der Laie sich unschwer Spezialkenntnisse aneignet, die ihm wissenschaftliche Beobachtungen bis zu einer gewissen Grenze ermöglichen. Die erleichterten Verkehrsmittel verwischen mehr und mehr die Schwierigkeiten der Entfernungen; dieselben setzen erst dort wieder ein, wo der Fuß selbst sich einen Weg bahnen muss, in unbekannten Regionen, von Gefahren umgeben, deren Überwindung einen ungewöhnlichen Grad von Energie und Ausdauer erheischt. Die Besteigung des Eliasbergs in Alaska war schon von einigen erfahrenen Bergsteigern versucht und vor Erreichung des Ziels wieder aufgegeben worden, da ein höchst widerwärtiges Klima die Terrainschwierigkeiten noch wesentlich erhöht. Erst dem Herzog der Abruzzen und seinen Begleitern gelang es, die mächtigen Wälle von Schneefeldern, Gletschern und Vorgebirgen zu überschreiten, hinter denen sich der nordamerikanische Bergriese gegen jeden menschlichen Angriff zu verteidigen schien, und siegreich den Fuß auf sein Haupt zu setzen.

Der Alpinismus, der in Italien viele begeisterte Anhänger zählt der Königin Margherita, bekanntlich eine rüstige Bergsteigerin und alljährliche Besucherin der Hochalpen, ist die italienische Ausgabe des vorliegenden Werkes gewidmet — ist die Schule gewesen, in welcher der junge Fürstensohn sich mit den besonderen Anstrengungen und Gefahren bekannt gemacht hat, die in der einsamen Höhenwelt den Eindringling erwarten. In Wissen und können wohlvorbereitet, unternahm er dann den friedlichen Feldzug gegen jene menschenfeindlichen Naturgewalten, der seinen Namen für immer mit der ersten Besteigung des Eliasbergs verknüpfen sollte. Außer einigen Gefährten begleitete ihn eine kleine Schar bewährter italienischer Alpenführer, die ihrer Trefflichkeit wegen wiederholt von Forschungsreisenden auf außereuropäischen Expeditionen verwendet wurden. Der Herzog schätzte ihr mühsames, gefahrvolles Dasein so sehr, dass er den italienischen Alpenführern den Erlös des vorliegenden Buches bestimmte. Die gewandte Feder des Dr. De Filippi hat die Resultate und Eindrücke der langen und beschwerlichen Reise festgehalten. Aus Tagebüchern und nach gemeinsamen Erinnerungen zusammengestellt, versetzen sie mit überzeugender Unmittelbarkeit den Leser in jene ferne unzugängliche Eisregion, die durch die künstlerisch vollendeten photographischen Aufnahmen von Viktor Sella so anschaulich wird, dass der Phantasie wenig hinzuzufügen bleibt. Die stimmungsvolle Darstellung sowohl wie die genaue Detailschilderung des Dr. De Filippi geben auch dem Unerfahrenen ein fast vollkommenes Bild der siebenundvierzigtägigen Hochgebirgstour. Es gehörten Männer voll eiserner Kraft und Zähigkeit dazu, um sie zu glücklichem Ende zu bringen; ein Beispiel leuchtete allen voran: der junge Herzog, der die schwierigsten Proben teilte, dessen Mut nie wankte und der mit zielsicherem, weitschauendem Sinn das Ganze leitete — wie von dem Geist jener berühmten Weltfahrer zu Wasser und zu Lande erfüllt, die Italien der geographischen Forschung geschenkt. Mögen ihm, auf dessen jetzige gefahrvolle Nordpolreise aller Augen mit Spannung und Besorgnis gerichtet sind, die Polarmeere so gnädig sein, wie einst die Schneeberge Alaskas!

Professor Baron G. Locella. :::

Erstes Kapitel. Von Turin nach Seattle.

Es war am Nachmittag des 17. Mai 1897, kurz nach zwei Uhr. Unter der Halle des Bahnhofs von Porta Nuova drängten sich gegen hundert Personen auf dem Perron vor dem zur Abfahrt bereitstehenden Pariser Kurierzug: Verwandte, Freunde, Kollegen waren herbeigeeilt, um uns ihren Scheidegruß und ihre Wünsche zum glücklichen Vollbringen unseres Unternehmens darzubringen.

Wenige Minuten vor Abgang des Zuges erschien der Herzog der Abruzzen, von dem Grafen von Turin begleitet. Noch ein herzliches Abschiednehmen, und der Zug setzte sich in Bewegung. An der Expedition nahmen teil: der Linien-Schiffsleutnant und Ordonnanzoffizier Ritter Umberto Cagni, Ritter Francesco Gonella, Präsident der Sektion Turin des italienischen Alpenklubs, Ritter Vittorio Sella, und ich.

Der Tag war heiß, fast sommerlich. Wir waren nicht zur Unterhaltung aufgelegt; zerstreut blickten wir auf die grüne Landschaft, auf die Spitzen der Alpen, die von schweren Wolken bedeckt waren, während unsere Gedanken noch bei den fieberhaften Vorbereitungen der letzten Tage und der emsigen Organisationsarbeit der vorhergehenden Monate weilten. Wie war doch die Zeit rasch vergangen! Noch klang in uns die lebhafte Gemütsbewegung nach, mit der wir die ersten Briefe des Herzogs empfangen hatten, in welchen er seine Pläne mitteilte und uns die Ehre erwies, uns als seine Gefährten bei deren Verwirklichung einzuladen.

Der Herzog war damals auf Sr. Majestät Schiff Christoph Columbus im Dienst auf einer Weltumseglungsreise begriffen Aber auf der langen Fahrt über das Weltmeer hatte er nicht die weiten Horizonte, die Stürme und die Kämpfe vergessen, die er auf einem andern Gebiet der Schöpfung ausgefochten, das allein mit dem Ozean in der Großartigkeit elementarer Gewaltausbrüche und seiner heiteren Ruhe wetteifern kann, das Gebirge. Es war in Darjeeling in Bengalen, am 30. Januar 1895, vor dem herrlichen Glanze des 8600 m hohen Kantschindschinga, als in dem Herzog sein langgehegter, sehnlichster Wunsch eine feste Form fasste, ein Wunsch, der in seiner Seele entstanden war, als er von der Spitze unserer Alpen in Gedanken nach kühneren und größeren Erfolgen verlangte. Sobald die Kreise des Christoph Columbus vollendet, wollte er nach Indien zurückkehren, um zu versuchen, den Gipfel eines jener Kolosse des Himalajas zu ersteigen. Sieben Monate später verlor A. F. Mummery, einer der waghalsigsten zeitgenössischen Bergsteiger, der den Herzog schon bei der Besteigung des Matterhorns von Zmutt aus im Jahre 1894 begleitet hatte, das Leben bei dem Versuch, den Nanga Parbat zu besteigen, welcher 8500 m über dem Meeresspiegel hoch ist und an der Grenze zwischen Kaschmir und Cschitral liegt. Ein edles Gefühl der Sympathie für das unglückliche Opfer, der Gedanke einer möglichen Vergeltung an dem grausamen Berge führten den Herzog dazu, als Ziel gerade den Nanga Parbat zu wählen.

Als der Christoph Columbus Ende Dezember 1890 nach einer Seefahrt von 20 Monaten nach Venedig zurückkehrte, unternahm der Herzog sofort die Leitung der Vorbereitungen für die Forschungsreise, welche im Sommer stattfinden sollte.

Inzwischen aber war die Pest an der westindischen Küste ausgebrochen, und auf die Epidemie folgte eine Hungersnot gerade in der Provinz Punjab, welche die Karawane des Herzogs hätte durchqueren müssen, um in Kaschmir einzudringen. Zu den Schwierigkeiten des Weges und des Alpinismus gesellte sich also noch das für eine friedliche Reise unüberwindliche Hindernis, durch in Gärung befindliche Grenzbevölkerungen reisen zu müssen, die infolge der Hungersnot zu allerlei Verzweiflungsakten geneigt waren. Wir verfolgten mit großer Besorgnis die rasche Verschlimmerung jener Verhältnisse, welche die Projekte des Herzogs als unausführbar erscheinen ließen.

Der Herzog verzichtete jedoch nicht darauf, im Laufe des Sommers irgendeine wichtige Expedition auszuführen. Angesichts der Unsicherheit, welche durch die Verhältnisse in Indien entstanden war, zögerte er nicht, seine Pläne total zu ändern, und wählte als neues Ziel den Eliasberg im südlichen Alaska, nahe an der Grenze der arktischen Regionen und dicht an der Küste des Stillen Ozeans.

Im Norden einer gewaltigen Bergkette erhebt sich 5500 m hoch der Eliasberg, auf 200 Meilen vom Meer aus sichtbar. Der Eliasberg hatte schon die Aufmerksamkeit der ersten Seefahrer erregt, welche vor andertalb Jahrhunderten die Küste von Alaska entdeckten. Der Berg und die umliegende Landschaft waren dann bis vor einigen Jahren vollständig unerforscht geblieben. Die erste Forschungsreise, welche den Gipfel dieses Berges zu erreichen versuchte, wurde erst 1886 organisiert. Es folgten ihr dann im kurzen Zeitraum von fünf Jahren weitere drei. Keine hatte das Ziel erreicht, aber alle hatten eine reiche Ausbeute von Beobachtungen über die ganz ausnahmsweisen Verhältnisse jener Region mitgebracht, in welcher sich Erscheinungen der Gletscherwelt in so gewaltigen Verhältnissen entwickeln, wie man sie in keinem anderen Teil der Welt wahrnimmt, ausgenommen in den Polarregionen. Seit 1891 war der Versuch nicht wiederholt worden.

Der neue Entschluss wurde von dem Herzog in den ersten Tagen des Februar 1897 gefasst, worauf sofort die weder kurze noch leichte Arbeit der Vorbereitung begann. Es war dringend notwendig, die Ausrüstung genau zu überlegen, da es sich um eine Reise handelte, während welcher wir uns für ein paar Monate vollständig isoliert befinden würden, weit entfernt von jedem Ausrüstungshafen und ohne Gelegenheit, irgendeine Vergesslichkeit gut zu machen, die, wenn auch geringfügiger Art, allein einen Misserfolg hätte verschulden können. Wir wussten, dass wir mehrere Wochen auf dem Eise zubringen würden, in einer sehr feuchten Region, wo es oft ohne Unterbrechung viele Tage regnet oder schneit, und ohne die Aussicht, Brennmaterial vorzufinden. Das Lagergerät, die Kleidung, die Lebensmittel mussten in der bestmöglichen Weise den ganz außergewöhnlichen Lebensverhältnissen, die uns erwarteten, entsprechen.

Professor Israel C. Russell aus Michigan, welcher schon an zwei wichtigen Forschungsreisen in der Region des Eliasbergs teilgenommen hatte, Professor Fay aus Boston, Dr. Paul de Vecchi, welcher in San Francisco in Kalifornien lebt, und Professor Davidson, ebenfalls aus San Francisco, waren von unschätzbarer Hilfe für die Expedition, indem sie zahlreiche Ratschläge erteilten und bibliographische Notizen einsandten.

Ende April war alles bereit. Der Herzog hatte vier italienische Alpenführer aus dem Aostatal gewählt: Giuseppe Petigax und Lorenzo Croux aus Courmayeur, Antonio Maquignaz und Andrea Pelissier aus Valtournanche. Zu diesen sollte noch Erminio Botta aus Biella, als Träger und photographischer Gehilfe des Sella, den er schon bei einer seiner Expeditionen im Kaukasus begleitet hatte, hinzukommen.

Wenige Tage vor unserer Abreise brachten Briefe aus Amerika die Nachricht, dass Henry S. Bryant aus Philadelphia eine ähnliche Expedition wie unsere vorbereite.

Wir waren von Turin mit etwa 60 Kisten abgereist, die jenen Teil unserer Ausrüstung enthielten, welcher in Italien beschafft worden war, d. h. Kleidung, photographische Apparate und Zubehör, einen Teil der Lagergerätschaften und der ärztlichen Ausrüstung; in London brachten wir innerhalb vier Tagen alles andere zusammen, was im Voraus für die Karawane bestellt worden war, wie Zelte, Seile, wasserdichte Stoffe u. s. w.; für die Lebensmittel sollte in San Francisco in Kalifornien gesorgt werden.

Die kleine Schar reiste von Liverpool am 22. Mai nachmittags ab. Um vier Uhr waren wir alle an Bord des großen atlantischen Dampfschiffs Lucania von der Cunardlinie, das eine halbe Stunde später in See stach. Sehr rasch verschwand die weiße Linie der flatternden Taschentücher, welche die am Ufer versammelte Menge als Scheidegruß schwenkte, ebenso die große braune Maße der Stadt mit ihren vielen Schornsteinen.

Sechs Tage sollten wir an Bord des prachtvollen Schiffes, der Lucania, zubringen, eine wahre Königin unter den transatlantischen Dampfern, und ich gestehe, dass, während der Herzog und sein Ordonnanzoffizier Mittel und Wege fanden, ihre Zeit nützlich zu verwenden, wir, die zum ersten Mal eine große Seefahrt mitmachten, uns ohne Gewissensbisse jener beschaulichen Trägheit hingaben, welche eine Seereise so leicht hervorruft. So vergingen die Stunden in angenehmster Weise, indem wir auf dem Promenadendeck auf und ab gingen, da, wo in langer Reihe die leichten Armstühle stehen, die meist von lesenden Damen benutzt werden, denen das ruhige Meer und die milde Luft gestatten, die Zeit im Freien zuzubringen. Vom Achterdeck aus betrachteten wir die schäumende Furche, welche das Schiff im Wasser hinterlässt, die durch die Bewegung der Schrauben hervorgerufenen Wasserwirbel, und beobachteten jenes Zittern unter den Füssen, das uns einen Begriff gibt von der gewaltigen Kraft, die einen solchen Koloss mit der Geschwindigkeit von 40 km in der Stunde über die Wellen treibt.

Es befanden sich sehr wenige Passagiere an Bord. Um diese Jahreszeit pflegen die reichen Amerikaner sich nach Europa zu begeben, um dann im Herbst zu ihren Geschäften zurückzukehren. Diese periodisch sich wiederholende Wanderung von einem Kontinent zum anderen geschieht fast immer in Massen, so dass die Luxusdampfer, wie die Lucania, wenn sie auf der Hinreise auch ziemlich leer sind, auf der Rückreise eine Überfülle von Passagieren zu beherbergen pflegen. Die Schnelligkeit der Reise, die in sechs Tagen zurückgelegt wird, gestattet nicht, dass sich unter den Passagieren jene Intimität entwickelt, die sonst unter Überfahrtsgefährten entsteht, so dass man sich auf einem solchen Schiffe ungefähr so fremd bleibt wie in einem großen Hotel. Die Herren vereinigen sich des Abends im Salon des Hinterdecks, um zu trinken und zu rauchen, und hört man einige Stimmen heraus aus der allgemeinen Konversation, so handelt es sich meist um Wetten, die Anzahl Meilen betreffend, die das Schiff in den nächsten 24 Stunden zurücklegen wird.

Unsere Führer zeigten für alles, was sie umgab, eine morgenländische Gleichgültigkeit. In wenigen Tagen aus ihren ruhigen, alten Tälern in das Gewirr einer so großen Stadt wie London, dann an Bord des Schiffs auf den großen Ozean versetzt, verrieten sie nie das geringste Staunen über das viele Neue, das sich ihnen darbot. An Bord blieben sie ganze Tage im Rauchzimmer der zweiten Klasse und spielten nie endende Kartenpartien.

Am Abend des 28. Mai um halb elf Uhr ankerte die Lucania an der Quarantäne außerhalb des Hafens von New York. Am Morgen darauf, sehr früh, fuhren wir in den Hafen ein und wurden sofort von einigen amerikanischen Reporters belagert. Die Lucania lenkte langsam in den großen Kanal, zwischen zahllosen Dampfschiffen, Segelschiffen, Schleppdampfern und Schleppschiffen hindurch, an den heiteren Landhäusern von Jersey, die sich im üppigsten Grün versteckten, und den riesigen Elevators des New Yorker Hafens, hohen Gebäuden zum Lagern und Verladen der Waren von den Schiffen auf Eisenbahnzüge und Wagen, vorbei, fuhr dann an dem gewaltigen Leuchtturm mit der Freiheitsstatue vorüber und legte um acht Uhr am Kai der Cunardlinie an.

Dieser Quai ist von einer ungeheuren Halle überdacht, wo die Waren, wie sie gerade kommen, abgeladen werden. Es war kein leichtes Unternehmen, unsere 76 Colli zu finden und sie weiter zu befördern, ein wirrer Kampf gegen ein Heer von Lastträgern, Agenten von Spediteuren und eine ungeheure Menschenmenge, welche hastig hin und her lief, um ihre eigenen Gepäckstücke zu suchen. Am Abend desselben Tages reisten die Führer mit einem großen Teil der Kisten weiter nach San Francisco.

Aus Boston war Professor Fay herübergekommen, um den Herzog zu begrüßen und sich ihm zur Verfügung zu stellen. Tatsächlich machte er sich uns auch sehr nützlich für alle die Kleinigkeiten, für welche nur ein mit den Landesverhältnissen Vertrauter sofort Rat zu schaffen weiß; wir erfuhren auch von ihm, dass Bryant mit seiner Expedition ein paar Wochen vor unserer Ankunft nach Alaska aufgebrochen war.

Wir hielten uns nur einen Tag in New York auf. Am Morgen des 30. Mai stiegen wir in den Kurierzug der Pennsylvania-Company, der uns rasch nach Chicago und San Francisco bringen sollte.

Der Zug brauste mit voller Dampfkraft durch Dörfer und Städte, mitten zwischen den Häusern hindurch, fast ohne Barrieren; als Warnungssignal läutete fortwährend eine Glocke. Bei Tag und Nacht hört man den charakteristischen Ton dieser Glocke, wenn man durch bewohnte Gegenden fährt oder in die Bahnhofshallen einläuft. Die Landschaft, erst eben, baumarm, mit Hülsenfrüchten bebaut, wird bald abwechslungsreicher durch zahlreiche Villen, zierliche Häuschen, im Schatten alter Baumgruppen; dann wird sie wieder bergig, mit großen, weiten Tälern und sanft ansteigenden Abhängen, die mit Wald bedeckt sind.

So eilten wir, fast ohne es zu bemerken, von einem Staat der Union zum anderen und befanden uns am Morgen des 31. Mai in Chicago, wo ein Zugwechsel uns Gelegenheit gab, einige Stunden auf die Besichtigung der berühmten Schlachthäuser in den Stock-Yards zu verwenden, in denen ein wahres Gemetzel von Vieh stattfindet. Dann wohnten wir der großen Parade bei, die jedes Jahr zur Erinnerungsfeier des großen Sezessionskrieges stattfindet. Am Abend reisten wir wieder ab, um am Morgen darauf, am 1. Juni, im lachenden Omaha zu erwachen, an den Ufern des Missouri, welcher majestätisch zwischen üppigen Wiesen dahinfließt, die mit Baumgruppen übersäet sind und von unzähligem Rindvieh belebt werden. Bald beginnt die Bahn sich dem Felsengebirge zu nähern, das Gras wird seltener, bis an Stelle der Wiesen eine endlose gelbe Sandfläche tritt, deren Einförmigkeit nur durch niedriges, dorniges Gebüsch unterbrochen wird. Der Bahnkörper führt über eine Reihe von Terrassen, die auf einer Seite in sanfte Abhänge übergehen, gegen die Ebene zu jedoch senkrecht abfallen. hier ist die Gleichförmigkeit durch tiefe Erdfurchen unterbrochen, welche heftige Regengüsse hier und da ausgespült haben. Zuweilen erblickt man auf dieser weiten Ebene an einzelnen wasserreichen Stellen etwas Wiesenland, das gerade hinreicht, einige Stücke Vieh zu ernähren, die, in der Nähe irgendeines Häuschens grasend, an dieser Stelle wie verloren und vergessen aussehen. Die wenigen Ortschaften mit ihren elenden Holzhäusern sind weit zerstreut, eigentlich sind es nur Lagerplätze, die, in aller Eile und in primitiver Weise aufgebaut, das Nomadenleben charakterisieren, zu welchem die Cowboys gezwungen sind, weil sie sich nach den Weiden richten müssen. Gegen Abend sahen wir am Horizont die ersten Abhänge des Felsengebirges erscheinen, von denen einzelne mit Schnee bedeckt waren.

An jenem Abend und am Morgen darauf war es ziemlich kühl, es fiel sogar etwas Schnee auf den Gipfeln der Hügel, die sich etwa 2512 m über den Meeresspiegel erheben. Aber kaum hatten wir das Gebirge verlassen, so wurde es wieder warm. Die Bahn führt an den nördlichen Ufern des Salzsees vorüber, immer in der Steppe hin, wo kein Grashalm wächst und eine Einförmigkeit der Farbe die Grenze zwischen Wasser und Sand schwer erkennen lässt. Steppe und See hören am Fuß steiler Felswände auf: das Wasatchgebirge, ein Ausläufer des Felsengebirges. War der Tag trostlos und eintönig gewesen, so gewährte am Abend das rosige Licht des Sonnenuntergangs, die bläuliche Bergwand am Rande des Horizonts einen malerischen Anblick.

Sechsunddreißig Stunden fuhren wir durch diese Einöde, da änderte sich plötzlich das Bild. Die Bahn steigt hier wieder, und bald sieht man die schön geschwungene Bergkette der Sierra Nevada. Hier und da reicht der Schnee bis zum Bahnkörper herab, welcher sich in der Höhe von 2195 m über dem Meeresspiegel befindet. Die weiten Täler und die Kämme der Berge sind mit dichtem Nadelholzwald bedeckt. Leider wird ein großer Teil der Aussicht auf längere Strecken dem Reisenden durch massive Holzgerüste entzogen, die zum Schutz des Bahnkörpers gegen das Schneetreiben im Winter errichtet sind. Durch die Spalten und Löcher des Holzwerks dringen indes zahlreiche Sonnenstrahlen herein, welche jähe Lichter in das Dunkel und auf den Rauch der Lokomotive werfen.

Die Talfahrt nach dem Stillen Ozean zu geht sehr rasch. Die Bahn fährt da in kühnen Kurven unmittelbar am Rande des Gebirges und an Bergschlünden vorbei, die oft viele hundert Meter tief sind.

Die Landstrecken, die von den Goldsuchern abgebaut werden, erscheinen hier wie große in den Wald eindringende Einschnitte und werden durch Ablagerungen des gelben Flözgesteins bezeichnet. Nach und nach kommt man in das Sacramentotal, ein wahres Paradies an Obstgärten, Oliven- und Rebenpflanzungen, mit weiten Getreidefeldern, deren Ähren im Abendwind wogten. In Port Costa wurde der Zug auf ein ungeheures Ferryboat, ein großes flaches Dampfboot mit flachem Boden und mit Fahrgeleisen versehen. überführt, um über den Meeresarm zu setzen, welcher durch das Goldene Tor tief in Kalifornien eindringt. Noch eine Stunde, und wir sind in Oakland, wo wir nur die Bai auf einem kleinen Dampfschiff zu durchschneiden brauchen. um (am 3. Juni neun Uhr abends) in San Francisco anzukommen.

Die Stadt, die amphitheatralisch aufgebaut ist, erglänzte in dem Scheine zahlloser Lichter, welche die geometrisch regelmäßig angelegten Straßen erkennen ließen.

In San Francisco nahmen wir die Vorbereitungsarbeiten für die Expedition wieder auf. Zunächst war nach den Plänen, welche der Herzog uns auf der Bahn ausführlich mitgeteilt und bis ins Kleinste ausgearbeitet hatte, für die Verproviantierung der Karawane zu sorgen. Bald war auch der Salon des Herzogs reich besetzt mit Mustern von Zwieback, Büchsenfleisch, konservierten Suppen, Gemüsekonserven, kondensierter Milch, Schokolade u. s. w. Wir kosteten alles und wählten dasjenige aus, was uns nach allgemeiner Ansicht bei der Einförmigkeit der Nahrungsweise, die uns erwartete, am wenigsten auf die Dauer ermüden würde. Nachdem alles festgestellt war, arbeiteten wir einen ganzen Tag bis tief in die Nacht hinein mit dem Herzog, um 50 Rationen zusammenzustellen; jede enthielt das, was auf einen Tag für zehn Mann, d. h. für uns und die Führer, nötig war. Die Rationen wurden in 50 gelötete Blechkisten und in 50 kleine Säcke verpackt, und zwar in diesen alles dasjenige, was schon in gelöteten Büchsen verschlossen war und somit durch die Feuchtigkeit nicht angegriffen werden konnte.

Am 8. Juni um Mitternacht war alles vorbereitet, die so vervollständigte Ausrüstung wog ungefähr 3000 kg.