Die Frage bleibt - Freda Meissner-Blau - E-Book

Die Frage bleibt E-Book

Freda Meissner-Blau

5,0

Beschreibung

"Ich bin jetzt so frei, wie ich noch nie war." Die Besetzung der Hainburger Au 1984 und ihre Präsidentschaftskandidatur 1986 machten sie zur Galionsfigur. Sie ist eine der Pionierinnen der österreichischen Umweltbewegung. Im Rückblick auf fast neun Jahrzehnte ihres Lebens erzählt Freda Meissner-Blau über wichtige Puzzleteile ihres Lebens, von wesentlichen Um- und von Aufbrüchen. Sie verbrachte ihre Kindheit zunächst in Nordböhmen, erlebte in Linz und Wien die katholisch geprägte Diktatur und den Nationalsozialismus. Die Flucht in den letzten Kriegstagen führte sie nach Deutschland, Italien und England, später lebte sie in Afrika und Frankreich. Es ist das Leben selbst und das Erleben der Ausbeutung von Natur und Menschen, die sie zu einem politisch denkenden und handelnden Menschen machten. Ihr unbeugsamer Überlebenswille, auch mit einem zweiten Herzen, ließ sie die Sensibilität bewahren, gerade auch in der Politik. Die Geschichte und Geschichten dieser starken Frau sind Hoffnung und Ermutigung: "Ich bin genau so rebellisch, wie ich war, mir liegt immer noch an der Änderung des Unerträglichen."

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Freda Meissner-Blau

DIE FRAGE BLEIBT

Freda Meissner-Blau

Die Frage bleibt

88 Lehr- undWanderjahre

Im Gespräch mit Gert Dressel

Mit 75 Abbildungen

Besuchen Sie uns im Internet unter: www.amalthea.at

© 2014 by Amalthea Signum Verlag, Wien

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Elisabeth Pirker, OFFBEAT

Umschlagfotos: Aleksandra Pawloff

Herstellung und Satz: VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH,

Heimstetten

Gesetzt aus der 10,5/14,8 Pt Cambria

Printed in the EU

ISBN 978-3-85002-897-4

eISBN 978-3-902998-08-8

Meinen Eltern Mimikatz und Ferry,

meiner Schwester Doris,

meinen Kindern und Enkelkindern:

Ted Olivier, Aleksandra, Nicolas Yves,

Adam, Karina, Maximilian, Lorenz, Ilja

»Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern das Schüren der Flamme.«

Jean Jaurès

INHALT

San Francisco, 1947/48

Prolog

1Wurzeln

2Im Elternhaus

3Gottloses Kind

4Jugend im Nationalsozialismus

51945: Flucht und Überleben

6Den Frieden gewinnen

7Sehnsucht Kongo

8How do we tick?

9Aufbruch in Paris

10Boden unter die Füße bekommen

11Mir auf die Spur kommen

12Geschichten aus der Au

13Eine Politikerin, die keine ist

14Weggefährten

15Übers Alter(n)

Epilog

Das letzte (Nach-)Wort

Christine von Weizsäcker: Laudatio für Freda Meissner-Blau

Bildnachweis

SAN FRANCISCO, 1947/48

Der Professor sah mich prüfend an. Dann fiel sein Blick auf den Zettel, auf den ich einen Vers geschrieben hatte. Und es entfuhr ihm: »Dass Sie noch nicht hinter Gittern gelandet sind, ist höchst erstaunlich!« Ich erschrak bis ins Mark. Meinte er das ernst? Als ich mich verabschiedete, deutete er ein Lächeln an.

Was bedeutet es, wenn ein renommierter Graphologe be-, ja verurteilt?

Was hat er in meiner Schrift gesehen? Was weiß er von mir, das ich nicht weiß?!

Ich begann mir Fragen zu stellen, über woher, wohin, warum. Kann ich überhaupt mein Schicksal selbst bestimmen? Frei denken?

Dinge, die mir bisher festgefügt und absolut erschienen waren, hatten ihre Selbstverständlichkeit verloren: Sie konnten infrage gestellt werden …

FMB

PROLOG

Gert Dressel: Wir könnten Ihre autobiografischen Rückblicke ganz klassisch beginnen: Geboren 1927 in Dresden, die ersten Jahre Ihres Lebens haben Sie im nordböhmischen Reichenberg verbracht, die weitere Kindheit und Jugend in Linz und Wien und immer so weiter. Das sagt aber noch wenig darüber aus, wer oder was Sie sind. Wenn Sie sich kurz beschreiben müssten, was fällt Ihnen da spontan ein? Wer, was und wie ist Freda Meissner-Blau?

Freda Meissner-Blau: Ich habe so lange gelebt, Gert, dass ich das gar nicht sagen kann. Ich war in meinen jetzt 87 Lebensjahren dauernd in Veränderung. Mein Leben ist ja geprägt durch Wandel, mit viel Passion für das Leben und für den Gang der Welt, mit vielen Interessen, zu denen immer wieder neue kamen. Wenn ich mich schon definieren muss, dann würde ich mich als ewig Interessierte definieren, als immer Wissen-Wollende.

Mein hohes Alter bringt es mit sich, dass ich oft gebeten werde, das eine oder andere aus meinem Packerl an Erfahrungen zu erzählen. Erst kürzlich hat mich die durchaus engagierte Barbara Stöckl vom ORF gefragt: »Was waren die markanten Punkte Ihres Lebens?« Ich begann mit dem Februar 1934; vielleicht hat mich das Parlament, wo das Gespräch stattfand, dazu herausgefordert: »Ich erinnere mich, ich war fast sieben Jahre alt, als in Linz und Wien die Heimwehr auf die Arbeiter geschossen hat und ich nicht auf die Straße gehen durfte – striktes Verbot! Und die nächsten Verbote kamen dann im März 1938.« Ich begann zu erzählen, wie ich mit meiner Schwester in Linz auf eine unüberblickbare Menge gestoßen bin, die brüllte: »Wir wollen unseren Führer sehen!« Es war eine überwältigende, erschreckende Stimmung, die ich da erlebte – die aber auch einen eigentümlichen Sog hatte. »Ja, und das war an meinem elften Geburtstag.« Da unterbrach mich die Interviewerin auch schon: Aber ich sei doch bekannt für den Umweltschutz, für den Kampf um Hainburg, als Pionierin der Grünen in Österreich. Ich wurde auf dieses Thema reduziert. »Ja, das waren sicher wichtige Momente«, sagte ich, »aber nicht so wichtig, wie das von außen aussehen mag.« – »Wussten Sie damals, dass Sie österreichische Geschichte geschrieben haben?« – »Nein, überhaupt nicht, ich bin gar nicht auf so eine Idee gekommen. Ich habe das getan, was ich im Moment als dringend notwendig erachtet habe, was mein Gehirn und mein Herz mir angeordnet haben.« – »Sind Sie jetzt stolz drauf?« – »Stolz, nein, ich bin zufrieden und froh, dass es die Au noch gibt. Was heißt stolz? Sie vergessen, ich war doch nicht die Einzige, wir waren Tausende.« Als ob ich eigenhändig mit der linken Hand die Au gerettet hätte!

Also, was war in meinem Leben markant? Weiß ich gar nicht. Es gab viele Hochs und viele Tiefs – als Teile, die ein Ganzes ausmachen.

1WURZELN

Um uns dem ein wenig anzunähern, wer oder was Freda Meissner-Blau vielleicht ist, lassen Sie uns einen Blick werfen auf Ihre sozialen und kulturellen Wurzeln. Wenn Sie an das Herkunftsmilieu zurückdenken, in das Sie vor 87 Jahren hineingeboren worden und in dem Sie aufgewachsen sind: Woran erinnern Sie sich?

An das Haus meiner Großeltern mütterlicherseits. Wenn ich mich daran zurückerinnere, denke ich an Solidität, eine selbstverständliche Beständigkeit, auch an hohe Bildung und Kultur. Ich bin mir immer wie ein Halbidiot vorgekommen, weil ich ja kein perfektes Latein konnte. Latein und Französisch waren selbstverständlich. Und die griechischen Götter schwirrten auch immer durch die Zimmer. Jeder wusste genau, wer der unehelich Gezeugte von irgendeinem Halbgott ist. Auch kunsthistorisch war man gebildet, man war weltoffen, mein Onkel Harry zum Beispiel fuhr nach Ägypten zu Ausgrabungen. Man war sehr an der Vergangenheit orientiert, eigentlich immer an der Vergangenheit, von der Gegenwart wurde wenig gesprochen. Wissen Sie, wenn ich an dieses Milieu zurückdenke, ist das für mich sehr ambivalent.

Das Haus meiner Großeltern mütterlicherseits in Reichenberg

Mein Großvater Wilhelm von Stiepel

Ambivalent?

Ja, und ich muss zunächst über meinen Großvater sprechen, der dabei eine ganz maßgebliche Rolle spielte. Dieser Großvater mütterlicherseits wäre jetzt 160 Jahre alt, er wurde 1854 geboren. Seine Vorfahren waren von Westfalen nach Reichenberg, ins heutige Liberec, in Nordböhmen gezogen. Mein Großvater hatte aus einer kleinen Druckerei eine große Druck- und Verlagsanstalt gemacht. Und als Industrieller trug er stets eine starke innere Verantwortung gegenüber seinen circa achthundert Arbeitern. Das war überhaupt nicht gönnerhaft nach dem Motto »Sei gütig und spende«, sondern er fühlte sich einfach verantwortlich. Er baute ihnen Häuser, die Kinder der Arbeiter wurden zu Weihnachten neu eingekleidet. Man kann so etwas natürlich auch Patriarchentum nennen. Aber er war hoch geachtet und angeblich ein gütiger, auch bescheidener und eher schweigsamer Mensch. Als ich ihn kennenlernte, war er schon sehr schwerhörig, sodass man kaum mit ihm sprechen konnte. Er war schon unerreichbar für mich geworden.

Mein Großvater in seinem Comptoir

Großmutters Biedermeiersalon

So war es für mich ein großer Moment, als er mich eines Tages in sein Comptoir, wie das damals hieß, rief. Ich sehe das wie heute: Der Großvater sitzt in diesem Raum mit lauter dunklen Möbeln an einem großen Schreibtisch unter einer grünen Lampe. Ich sehe seine knochigen Finger unter der Lampe. Plötzlich streicht er mir übers Haar. Das war wie eine Auszeichnung, mir ist ganz warm geworden. In diesem Moment habe ich mich sehr behütet, zugehörig, eigentlich zu Hause gefühlt – ein Gefühl, das ich sonst kaum kannte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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