Die großen Western 147 - John Gray - E-Book

Die großen Western 147 E-Book

John Gray

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Beschreibung

Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Die geöffnete Schlinge baumelte von dem einfach gezimmerten Galgengerüst. Als der junge Mann gebracht wurde, der an diesem Morgen sterben sollte, war es still. Die Zuschauer standen dicht gedrängt. Ihre Gesichter waren unbewegt. Der Unglückliche wehrte sich nicht, bis er die längliche Kiste unter dem Galgen sah, auf die er steigen sollte, es sollte sein Sarg sein. Im Osten ging gerade die Sonne auf. Der nahe Rio Frio glitzerte silbrig. Das Galgengerüst warf einen langen Schatten in den jungen, frischen Morgen. Der Schritt des jungen Mannes stockte jäh. Er begann sich zu sträuben. Zwei Männer hielten ihn mit eisernem Griff an den Oberarmen. Er versuchte, sich loszureißen, kämpfte schweigend. Vor Anstrengung verzerrte sich sein Gesicht, seine Augen quollen aus den Höhlen. Er stemmte die Füße fest gegen den Boden und bewegte den Oberkörper ruckartig hin und her. Mit einem heftigen Stoß seines Kopfes traf er den Kerl zu seiner Rechten unter dem Kinn. Der Mann ließ ihn los und taumelte gurgelnd gegen den Sarg. Er verlor den Halt und stürzte. Der junge Mann wirbelte herum, riss sein Knie hoch und rammte es dem zweiten Wächter in den Unterleib. Jetzt war er frei und stürmte auf die Zuschauer zu, die ihm mit starren Mienen entgegenblickten. "Helft mir!", schrie er. "Ihr wisst, dass ich unschuldig bin!" Niemand antwortete. Keiner rührte eine Hand. Sie schienen ihn nicht einmal zu sehen. Sie starrten über ihn hinweg auf das flache, lang gestreckte Saloongebäude seitlich des Galgens. Auf dem überdachten Vorbau stand der Richter. Eine hoch aufgerichtete, düstere Gestalt in einem schwarzen Gehrock mit

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Die großen Western – 147 –

Der Galgenrichter

John Gray

Die geöffnete Schlinge baumelte von dem einfach gezimmerten Galgengerüst. Als der junge Mann gebracht wurde, der an diesem Morgen sterben sollte, war es still. Die Zuschauer standen dicht gedrängt. Ihre Gesichter waren unbewegt. Der Unglückliche wehrte sich nicht, bis er die längliche Kiste unter dem Galgen sah, auf die er steigen sollte, es sollte sein Sarg sein.

Im Osten ging gerade die Sonne auf. Der nahe Rio Frio glitzerte silbrig. Das Galgengerüst warf einen langen Schatten in den jungen, frischen Morgen.

Der Schritt des jungen Mannes stockte jäh. Er begann sich zu sträuben. Zwei Männer hielten ihn mit eisernem Griff an den Oberarmen. Er versuchte, sich loszureißen, kämpfte schweigend. Vor Anstrengung verzerrte sich sein Gesicht, seine Augen quollen aus den Höhlen. Er stemmte die Füße fest gegen den Boden und bewegte den Oberkörper ruckartig hin und her.

Mit einem heftigen Stoß seines Kopfes traf er den Kerl zu seiner Rechten unter dem Kinn. Der Mann ließ ihn los und taumelte gurgelnd gegen den Sarg. Er verlor den Halt und stürzte.

Der junge Mann wirbelte herum, riss sein Knie hoch und rammte es dem zweiten Wächter in den Unterleib. Jetzt war er frei und stürmte auf die Zuschauer zu, die ihm mit starren Mienen entgegenblickten.

»Helft mir!«, schrie er. »Ihr wisst, dass ich unschuldig bin!«

Niemand antwortete. Keiner rührte eine Hand. Sie schienen ihn nicht einmal zu sehen. Sie starrten über ihn hinweg auf das flache, lang gestreckte Saloongebäude seitlich des Galgens.

Auf dem überdachten Vorbau stand der Richter.

Eine hoch aufgerichtete, düstere Gestalt in einem schwarzen Gehrock mit blütenweißem Hemdkragen und einem sorgfältig gebürsteten Zylinder.

Er hatte ein kantiges, faltenzerfurchtes Gesicht, das von eisgrauen Bartkoteletten eingerahmt wurde, die bis fast zu den Kinnwinkeln reichten. Er hielt den Kopf hocherhoben und verfolgte den Jungen mit Blicken aus seinen wässrig schimmernden Augen. Die Daumen seiner bemerkenswert feingliedrigen Hände hatte er hinter die Aufschläge seines Rocks gehakt.

Neben ihm hatten einige Männer mit tief geschnallten Revolvern gestanden. Sie hasteten nun hinter dem Flüchtenden her.

Der Junge hatte keine Chance. Seine Hände waren auf den Rücken gefesselt, und er trug keine Stiefel. Als er mit den bloßen Füßen gegen einen Stein stieß, strauchelte er und krümmte sich vor Schmerzen. Sekunden später holten sie ihn ein.

Ein Gewehrkolben traf den Jungen ins Kreuz. Er brüllte laut und stürzte aufs Gesicht. Sie bückten sich über ihn und zerrten ihn hoch. Als ihn ein Fausthieb auf die Stirn traf, schrie er nicht mehr. Er sackte nach vorn.

Halb benommen hing er zwischen den Männern, die ihn zum Galgen schleiften.

Er hob den Kopf erst wieder, als er auf dem Sargdeckel stand. Jemand legte ihm mit einer blitzschnellen Bewegung das raue Hanfseil um, zog die Schlinge zu und rückte den Knoten mit den dreizehn Windungen unter seinen linken Kinnwinkel.

Verzweifelt versuchte der Junge sich zu drehen, den Richter anzuschauen.

»Ich habe nichts getan!«, schrie er.

Ein Stoß in den Rücken ließ ihn nach vorn taumeln. Er verlor den Halt und kippte von dem Sarg. Das kurze Seil über ihm straffte sich mit jähem Ruck. Der Schrei des Jungen brach ab. Der Körper blieb in der Luft hängen. Seine Füße baumelten nur wenige Zoll über dem Boden.

Viele Zuschauer schlossen die Augen. Aus ihrer Mitte rief einer: »Wo ist Dudleys Silber, Richter Haldeman?«

»Wer war das?« Einer der Gehilfen des Richters schritt mit dem Gewehr in den Fäusten an der Reihe der Zuschauer entlang. Niemand verzog auch nur eine Miene.

Der Richter auf dem Vorbau des flachen Saloons wirkte unbeeindruckt. Er nahm den Zylinder ab und sagte mit durchdringender, rauer Stimme: »Dem Gesetz ist Genüge getan!«

Er drehte sich langsam um und trat durch die Schwingtür in einen karg eingerichteten Schenkraum. Ein athletischer Mann mit schwarzem Kinnbart, der die ganze Zeit neben dem Richter gestanden hatte, folgte.

Durch ein Fenster sah der Richter, wie der Tote vom Galgen geschnitten und in den Sarg aus hellen Fichtenbrettern gelegt wurde. Die Zuschauer entfernten sich langsam.

»Eine Hinrichtung im Monat muss sein«, sagte der Richter. »Niemand in diesem Nest darf vergessen, wer hier den Ton angibt.« Er wandte sich dem anderen Mann zu. »Hat es sich gelohnt, den Kerl zu hängen?«

»Ich denke schon«, antwortete der andere. »Dudley hatte eines der besten Claims in Sabinal. Er hatte für mindestens zwanzigtausend Dollar Silber zusammengerafft. Es gibt auch schon jemanden, der bereit ist, tausend Dollar für die Übertragung der Claimrechte zu zahlen.«

»Er soll noch fünfhundert zulegen«, erklärte der Richter. Er blickte wieder nachdenklich hinaus. »Der Junge hatte keinen Mord begangen. Aber unschuldig lebt niemand auf dieser Welt. Wer hat den alten Taylor wirklich erstochen, Sam?«

»Einer von meinen Leuten.« Der Mann grinste böse. »Taylor war nur ein dummer alter Säufer. Niemand wird ihn vermissen. Wir haben Dudleys Messer neben die Leiche gelegt.«

Der Richter sagte: »Oft können wir so etwas nicht machen.«

»Wir können alles machen, Moses. Du bist der Richter, du bist das Gesetz.«

Der Richter nickte. Er schaute den Leuten nach, die zwischen den schäbigen Hütten verschwanden.

»Solange sie mich fürchten, ist alles in Ordnung.«

»Sie fürchten dich wie die Pest. Und sie fürchten mich und meine Männer. Sie verlassen sogar die Stepwalks, wenn wir vorbeigehen, und einige ziehen vor uns den Hut. Keiner will Ärger mit uns, deshalb krümmt auch niemand einen Finger, um einem anderen zu helfen. Wen immer wir uns vornehmen – die anderen sind immer nur froh, dass es sie selbst nicht erwischt hat. Mehr interessiert sie nicht. Solange sie ihr Silber aus dem Boden kratzen dürfen, ist ihnen alles egal.«

»Dann soll es auch so bleiben.« Der Richter lächelte kalt. »Was liegt für die nächste Verhandlung vor?«

»Ein paar Diebstähle und eine Prügelei. Der Besitz der Kerle ist schon beschlagnahmt.«

Der Richter ging zur Theke und schenkte sich Bourbon in ein dickwandiges Glas ein. Draußen war es ruhig geworden. Der Rest des durchtrennten Hanfseils am Galgengerüst bewegte sich sacht im Wind.

*

Sein schwarzes Fell ließ ihn mit der Nacht verschmelzen. Er war eins mit der Dunkelheit, als er nahezu geräuschlos dahinjagte. Das hohe Präriegras streifte ihn so sacht wie ein Windhauch. Seine Pfoten berührten kaum den Boden.

Seit einiger Zeit witterte er die Nähe des Wassers. Der Geruch war frisch und verlockend und zog ihn wie magisch an.

Als die Sichel des Mondes unvermittelt hinter einer Wolkenwand auftauchte und das weite Land am Fuß der Mesa mit milchigem Licht überflutete, hob sich sein geschmeidiger Körper kaum aus dem hohen Gras ab. Auf einer Anhöhe verharrte der riesige Wolf. Er warf den Kopf in den Nacken und stieß ein lang gezogenes Geheul aus. In seinen dunklen Augen spiegelte sich das Mondlicht.

Um ihn war nichts als die weite Prärie, und er genoss die Einsamkeit. Sein Geheul verklang. Er sog die vielen Gerüche, die der Nachtwind mit sich trug, tief in sich ein und sah in der Ferne das schmale Band des Flusses vor sich glitzern. Geduckt rannte er los. Unweit von ihm flatterte ein Vogel hoch, er beobachtete es kaum. Mit heraushängender Zunge sprang er die Böschung hinunter und verharrte am Wasser.

Sein Fell war gesträubt. Sichernd blickte er sich um, bevor er den Kopf senkte und soff. Das Wasser war kühl und von köstlicher Frische. Er konnte nicht genug davon kriegen, aber er war klug genug, nicht mehr zu trinken, als nötig war, seinen Durst zu stillen. Unmäßigkeit zahlte sich nicht aus, sie betäubte Instinkt und Sinne, und das konnte in der Wildnis tödlich sein.

Malco hob den Kopf. Vom Fell rechts und links seiner Lefzen tropfte es. Langsam wandte er den Kopf. Unwillkürlich spannten sich seine Muskeln. Er nahm ein Geräusch wahr, drehte sich blitzschnell und hetzte die Böschung hoch. Oben duckte er sich hinter einen Weidenstrauch und lauschte mit wachsender Aufmerksamkeit dem dumpfen Pochen und Hämmern von Pferdehufen, das sich stetig näherte.

Er sah die Reiter von Westen aus der Nacht auftauchen. Es waren drei Männer, die sich in raschem Trab dem Fluss näherten.

Malco duckte sich tiefer. Er ließ die Reiter nicht aus den Augen. Sie lenkten ihre Pferde gerade von der gewundenen Wagenstraße und ritten ganz in seiner Nähe vorbei. Malco nahm ihre Witterung auf – ein Geruch, der ihm nicht gefiel. Er blickte ihnen nach. In einiger Entfernung lag oberhalb des Flussufers eine kleine Farm. Auch dort war der Hufschlag gehört worden. Hinter einem Fenster wurde es hell.

Malco schaute aufmerksam hinüber. Er sah, wie die Reiter ihre Pferde auf dem Hof zügelten und abstiegen. Ein Schuss fiel.

Malco zuckte zusammen. Er hasste dieses peitschende, knallende Geräusch. Es ging ihm durch Mark und Bein und ließ es in seinen Ohren dröhnen. Er begann zu knurren und richtete sich langsam auf. Er hörte Schreie. Jemand rief um Hilfe.

Malco setzte sich in Bewegung. Er trottete auf der Uferböschung entlang nach Osten und sah, wie mehrere Gestalten aus dem Farmhaus gezerrt wurden. Eine Frau war dabei. Sie schrie am lautesten.

Malco begann zu rennen. Geduckt schoss er dahin. Schattengleich glitt er auf die Farm zu. Er sah, dass sich ein Mann gegen die Fremden wehrte. Er schlug mit wuchtigen Hieben um sich und wurde dennoch niedergeschlagen. Ein anderer riss der Frau die Kleider herunter.

Malco erreichte den Farmhof. Ein furchterregendes Knurren entwich seiner breiten Brust. Seine Augen glühten, die nadelscharfen Zähne in seinem weit aufgerissenen Maul glitzerten im Mondlicht.

Er rammte den Mann, der die Frau misshandelte, mit seinem ganzen Gewicht, glitt über ihn hinweg, überschlug sich und wirbelte herum, sowie er wieder Boden unter den Pfoten verspürte.

Der Mann, den er angesprungen hatte, wurde zu Boden gerissen. Er stemmte sich benommen hoch und schien gar nicht zu wissen, was geschehen war.

Die Frau schrie noch immer. Sie hatte sich losgezerrt und rannte auf das Haus zu. Malco fuhr wie der Blitz vom Boden hoch und riss einen zweiten Mann nieder.

Der Kerl brüllte wie am Spieß, als er den mächtigen Kopf des schwarzen Wolfshundes unmittelbar vor seinem Gesicht sah. Nacktes Entsetzen spiegelte sich in seinen Augen.

Er stürzte hart auf den Rücken, ließ seine Waffe los und schlug beide Hände vor das Gesicht.

Malco wandte sich dem dritten Mann zu, der sein Gewehr gehoben hatte und auf ihn zielte.

Er drückte ab, als Malco ihn ansprang.

Die Kugel strich dicht über den Rücken des Wolfshundes hinweg. Malco spürte den heißen Luftzug. Er prallte gegen die Brust des Mannes, der jetzt taumelte. Dennoch hielt er sein Gewehr fest gepackt und versuchte, Malco damit auf den Rücken zu schlagen. Seinen Hieben fehlte die Wucht. Er stürzte und wälzte sich auf die Seite.

Mit furchterregendem Knurren war Malco über ihm und stemmte ihm die Vorderpfoten auf die Schultern. Als sein heißer Atem den Nacken des Mannes traf, begann er zu schreien.

Er bäumte sich auf. Malco verlor den Halt und tat einen Satz zur Seite. Er sah, dass der Farmer und sein Sohn der Frau zum Haus folgten. Die beiden anderen Männer flüchteten zu ihren Pferden, die vor dem knurrenden Wolfshund scheuten.

Malco stieß ein wütendes Kläffen aus. Er setzte zum Sprung an.

Die beiden Männer warfen sich in die Sättel. Der dritte sprang ebenfalls auf und hastete an Malco vorbei. Malco jagte ihm nach und erwischte ihn am rechten Bein. Der Stoff der Hose krachte und riss, der Mann rannte weiter.

Die beiden anderen lenkten ihre Pferde vom Hof, hielten in einigem Abstand an und hoben ihre Gewehre.

Malco hatte die Gefahr erkannt. Er hatte von dem dritten Mann abgelassen und war den beiden anderen gefolgt. Doch sie hatten genügend Raum zwischen sich und ihn gebracht und konnten ihn jetzt gefahrlos ins Visier nehmen.

Er warf sich herum und stürmte auf das Farmhaus zu. Hier waren alle Lichter ausgegangen.

Mehrere Schüsse fielen in kurzem Abstand. Malco zog den Kopf ein. Sein geschmeidiger Leib streckte sich. Die Kugeln pfiffen ihm um die Ohren. Er kümmerte sich nicht darum. Er wusste, dass er gegen die Gewehre der Fremden nichts ausrichten konnte. Er kannte die Gefahr der menschlichen Waffen, die Feuer und Rauch ausspien, auch wenn er sie nicht verstand.

Er hörte die Männer hinter sich fluchen, während sie auf ihn schossen. Er erreichte mit wenigen Sätzen das Farmhaus und tauchte hinter einer Ecke unter. Drei Kugeln schlugen gleichzeitig unmittelbar hinter ihm in das Holz des Gebäudes. Malco sog noch den Pulverdampfgestank ein, dann preschte er über die Böschung und jagte zum Fluss hinunter.

Jetzt schützte ihn wieder die Dunkelheit, er wurde wieder ein Teil der Nacht. Er rannte dicht am Wasser entlang und hielt nach einer kurzen Strecke im Schutz einiger Pecan-Büsche an.

Der kurze Kampf hatte ihn erregt. Sein Herz schlug schneller, und er fuhr sich immer wieder mit der heißen feuchten Zunge über die Nase.

Er hatte den Kampf nicht gewonnen, weil die Männer die besseren Waffen hatten. Er hatte ihnen Angst eingejagt, aber es hätte ihm gelingen müssen, sie von ihren Pferden zu vertreiben.

Malco sah, wie die Reiter zur Farm zurückkehrten. Einer überquerte die Flussböschung und suchte nach ihm. Er hielt sein Gewehr schussbereit in den Fäusten, und Malco schätzte seine Chance ab, den Mann anzuspringen und aus dem Sattel zu reißen.

Er konnte es schaffen. Doch was nützte es? Er musste sie alle drei erwischen, und das war unmöglich.

Die beiden anderen waren auf dem Farmhof abgestiegen. Sie schossen auf die Tür des Hauses. Malco zuckte zusammen. Das helle Knallen erzeugte Wut in ihm. Seine Hilflosigkeit wurde ihm deutlicher denn je bewusst.

Er konnte nicht mehr helfen – jetzt konnte nur einer helfen, der dieselben Waffen hatte wie die Fremden.

Malco sprang aus dem Gebüsch. Der dritte Reiter befand sich dicht vor ihm. Das Pferd des Mannes scheute, stieß ein schrilles Schnauben aus und bäumte sich auf, als Malco auf es zujagte.

Der Reiter hatte damit nicht gerechnet. Er verlor den Halt und stürzte rücklings aus dem Sattel. Klatschend tauchte er in das seichte Uferwasser des Flusses ein, während sein Pferd davontänzelte.

Der Mann wälzte sich fluchend herum und kam triefend hoch. Da war Malco bereits in die Nacht hinausgestürmt. Er flog geradezu dahin. Ein Schuss fiel, aber er achtete nicht darauf. Er hörte noch immer Schüsse hinter sich, schaute aber nicht mehr zurück. Er musste sich beeilen. Er musste jemanden holen, der mehr Macht besaß als er.

Malco streckte seine Pfoten. Um ihn dehnte sich das weite Grasland, in dem es weder Anfang noch Ende zu geben schien. Doch das galt nicht für ihn. Er kannte die Geheimnisse des nächtlichen Landes, und er wusste genau, wohin er sich bewegen musste, um ans Ziel zu gelangen. Wege, die kein Mensch sehen konnte, fand er auch in tiefster Dunkelheit.

*

Östlich der Oak Hills graute der Morgen. Der dichte Frühdunst erstickte den Hufschlag der beiden Reiter, die den ausgefahrenen Hangweg von Osten herunterkamen und ihre Tiere nach Westen in die Prärie lenkten.

Der eine der Männer war hochgewachsen und von sehniger, athletischer Statur. Er trug schwarze Stiefel, schwarze Hosen, ein festes schwarzes Hemd und einen breitrandigen schwarzen Stetson, unter dem ein paar Strähnen blonden Haares hervorquollen. Er saß im Sattel eines herrlichen Blauschimmels, dessen Bewegungen von Kraft, Ausdauer und kaum zu überbietender Eleganz zeugten.

Sein Begleiter war nur von mittlerer Größe, ein ergrauter, bärtiger, lederhäutiger Oldtimer mit breiten Schultern und hellen, energisch funkelnden Augen. Er ritt ein Maultier von unbeschreiblicher Hässlichkeit, das trotz seines fleckigen Fells, seines verkrüppelten rechten Ohrs und seines schiefen Mauls selbstbewusst und breithufig neben dem prächtigen Hengst hertrabte.

Sie waren erst eine Stunde zuvor aufgebrochen und wirkten noch etwas übermüdet. Trotzdem beobachteten sie wachsam das Land beiderseits der Wagenstraße. Als das hässliche Maultier unvermittelt mit den Ohren zu wackeln begann, reagierte sein Reiter sofort. Der Oldtimer zog die Zügel zurück, und der blonde schwarz gekleidete Mann wandte überrascht den Kopf und brachte seinen Hengst zum Stehen.

In diesem Moment warf das Maultier den Kopf hoch und stieß ein trompetendes Geräusch aus.

Ben Colby legte die Rechte auf den Griff seines Revolvers, der aus einem Holster an der rechten Hüfte ragte. Mit Blicken versuchte er, den Frühdunst zu durchdringen. Da tauchte ein Schatten vor ihm auf. Das Maultier schnaubte sichtlich erfreut, und auch Colbys Haltung entspannte sich, als er ein helles Kläffen hörte.

»Malco!«

Der riesige Schwarztimber sauste wie ein Blitz heran und sprang mit einem Satz auf den Rücken Clouds. Colby schwankte im Sattel, und Malco drückte seinen großen Kopf gegen seine Brust und winselte leise.

Colbys Rechte fuhr durch das dichte Fell des Wolfshundes und kraulte ihm hinter den Ohren. Malco schüttelte unwillig den Kopf und stieß Colbys Hand mit der Schnauze weg.

»Was ist los?« Colby war überrascht.