Duell der Giganten - Frank Callahan - E-Book

Duell der Giganten E-Book

Frank Callahan

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Die Stille im Fair-Play-Saloon von Woodstock wirkte wie lähmend. Über zwei Dutzend Männer hatten sich um den Tisch geschart, an dem seit über sieben Stunden eine verbissene Pokerschlacht stattfand. Einer der Mitspieler, ein Goldgräber von etwa vierzig Jahren, blickte fassungslos auf die Karten, die sein Gegenüber aufgedeckt hatte. Unheil lag in der Luft. Einige der Zuschauer zogen sich langsam zurück. Sie ahnten, daß in wenigen Augenblicken die Hölle losbrechen würde. Der Digger starrte auf den wie ein Spieler gekleideten Mann, dessen Lippen sich zu einem schmalen Grinsen verzogen. Die Augen waren jedoch hart wie Flintsteine. »Ist was, Mister?« fragte der Spieler und wollte den Dollarstapel, der sich in der Mitte des Tisches befand, zu sich heranziehen. »Sie haben falschgespielt!« entlud sich nun der Zorn des Goldgräbers. Seine schrille Stimme überschlug sich. Er sprang auf, blaß und zitternd vor Empörung. Seine Rechte zuckte zum Halfter hinunter. Der Profispieler hatte es kommen sehen. Seine Reaktion kam augenblicklich. Wie hingezaubert lag ein Colt in seiner Faust. Er feuerte, ohne dem bärtigen Digger eine Chance zu lassen. Maßlos überrascht weiteten sich die Augen des Goldgräbers. Er taumelte, schwankte und riß dabei polternd den Tisch um. Gläser, Flaschen, Karten und Dollarnoten flogen zu Boden. Die Umstehenden hatten sich mit knapper Not aus der voraussichtlichen Schußbahn gebracht. Ein Aufschrei der Entrüstung ging durch den Saloon. Fassungslos starrten die Männer auf ihren Kumpel, der tot in seinem Blut am Boden lag. Der wie ein Spieler gekleidete Mann stand immer noch lässig da. Dünner Rauch wirbelte aus dem Lauf seines Revolvers, dessen Mündung wie zufällig auf die anderen Digger

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Die großen Western – 183 –

Duell der Giganten

Frank Callahan

Die Stille im Fair-Play-Saloon von Woodstock wirkte wie lähmend. Über zwei Dutzend Männer hatten sich um den Tisch geschart, an dem seit über sieben Stunden eine verbissene Pokerschlacht stattfand.

Einer der Mitspieler, ein Goldgräber von etwa vierzig Jahren, blickte fassungslos auf die Karten, die sein Gegenüber aufgedeckt hatte.

Unheil lag in der Luft.

Einige der Zuschauer zogen sich langsam zurück. Sie ahnten, daß in wenigen Augenblicken die Hölle losbrechen würde.

Der Digger starrte auf den wie ein Spieler gekleideten Mann, dessen Lippen sich zu einem schmalen Grinsen verzogen. Die Augen waren jedoch hart wie Flintsteine.

»Ist was, Mister?« fragte der Spieler und wollte den Dollarstapel, der sich in der Mitte des Tisches befand, zu sich heranziehen.

»Sie haben falschgespielt!« entlud sich nun der Zorn des Goldgräbers. Seine schrille Stimme überschlug sich. Er sprang auf, blaß und zitternd vor Empörung. Seine Rechte zuckte zum Halfter hinunter.

Der Profispieler hatte es kommen sehen. Seine Reaktion kam augenblicklich. Wie hingezaubert lag ein Colt in seiner Faust. Er feuerte, ohne dem bärtigen Digger eine Chance zu lassen.

Maßlos überrascht weiteten sich die Augen des Goldgräbers. Er taumelte, schwankte und riß dabei polternd den Tisch um. Gläser, Flaschen, Karten und Dollarnoten flogen zu Boden.

Die Umstehenden hatten sich mit knapper Not aus der voraussichtlichen Schußbahn gebracht.

Ein Aufschrei der Entrüstung ging durch den Saloon. Fassungslos starrten die Männer auf ihren Kumpel, der tot in seinem Blut am Boden lag.

Der wie ein Spieler gekleidete Mann stand immer noch lässig da. Dünner Rauch wirbelte aus dem Lauf seines Revolvers, dessen Mündung wie zufällig auf die anderen Digger gerichtet war.

Ein paar Rausschmeißer mit Schrotgewehren nahmen Wayne Hannagan, den Spieler, in ihre Mitte.

Einer der Goldgräber trat vor. Sein mächtiger Vollbart gab ihm ein grimmiges Aussehen. Er schob seinen speckigen Stetson in den Nacken und stemmte beide Hände in die Hüften.

»Sie machen es wohl immer auf die rauhe Tour, Mister«, stieß er grimmig hervor. »Hal Watson«, er deutete auf den toten Goldgräber, »glaubte sich im Recht. Ich habe seine Karten gesehen. Sie deckten vier Asse auf, Hannagan. Er aber hatte ebenfalls ein As. Da konnte doch etwas nicht stimmen.«

Wayne Hannagan grinste noch immer überheblich.

»Er beschuldigte mich des Falschspiels und griff auch zuerst zur Waffe, mein Bester«, sagte er kalt. »Sollte ich mich vielleicht von dem Hombre umlegen lassen?«

Ein Mann schob sich durch die Menschenmenge, auf dessen Hemdbrust ein Marshalabzeichen blinkte.

Der Marshal von Woodstock war höchstens einundzwanzig Jahre alt und wirkte hager wie ein Wüstenwolf. Dieser Eindruck wurde durch sein hellblondes, schulterlanges Haar noch verstärkt. Sein Colt baumelte tief am Oberschenkel.

»Die Sache geht in Ordnung«, sagte er mit krächzender Stimme. »Ich war zufällig dabei und habe alles mitbekommen. Mr. Wayne Hannagan schoß in Notwehr. Ist jemand da, der das bestreiten möchte?«

Niemand meldete sich.

Die Digger senkten die Köpfe. Gemurmel setzte ein, dann hoben einige Männer den Toten auf und verließen mit ihm den Fair-Play-Saloon.

Die bulligen Angestellten des Saloons brachten Tische und Stühle wieder in Ordnung und streuten Sägemehl über den häßlichen Blutfleck.

Die Gäste wandten sich wieder ihren Drinks zu, spielten weiter oder unterhielten sich.

Fast jeden Abend gab es in den vielen Saloons, Spielhöllen und Tanzhallen solche Schießereien. Woodstock, die Goldgräberstadt in den Bergen von Montana, war ein heißes Pflaster geworden.

Mord, Totschlag und Überfälle gehörten zur Tagesordnung. Den Goldgräbern wurde ihr mühsam geschürftes Gold auf die harte Tour wieder abgenommen.

Wenn einer die Nase voll hatte und die Stadt verlassen wollte, kam er nicht weit. Eine gut organisierte Horde von Goldbanditen ließ keinen entkommen.

Den Diggern wurde das Fell geschoren, wo immer es möglich war. Sie waren ausgefuchste Kerle, mißtrauten sich gegenseitig, arbeiteten wie die Maulwürfe, um schnell reich zu werden, doch am Ende blieb ihnen meistens nur ein Stück heißes Blei.

Die Stadt war zu einem Sündenbabel geworden. Alle Laster dieser Welt waren dort vertreten. Und alles kostete harte Dollars.

Woodstock wurde von zwei Männern beherrscht, die Partner waren. Billy Snake und Clayde Uvalde hatten ihre Chance vor einigen Monaten schnell erkannt.

Sie gingen hart ran, und bald gehörten ihnen die meisten Saloons, Imbißstände, Tanzhallen, Restaurants und Spielhöllen. Billy und Clayde waren die eigentlichen Gewinner des Goldrausches in den Bergen von Montana.

Sie machten lange Schritte, stießen kaum auf Widerstand und räumten ab, wo immer es ging. Ein halbes Dutzend erstklassiger Revolvermänner stand auf ihrer Lohnliste. Von den vielen Barkeepern, Spielern, Rausschmeißern und Girls nicht zu reden.

Woodstock war ihre Stadt, und sie sollte es noch lange bleiben.

*

Clayde Uvalde stieg von seinem erschöpften Pferd. Der großgewachsene Mann klopfte sich mit dem Stetson den Staub eines langen Rittes von den Kleidern.

Clayde wirkte hager. Kein Gramm überflüssiges Fett war an seinem Körper. Er trug die schwarzen Haare kurzgeschnitten. In seinem ovalen Gesicht funkelten harte, entschlossene Augen.

Gekleidet war er wie ein Cowboy. Lassonarben auf den Handrücken wiesen darauf hin, daß er früher einmal diesen Job ausgeübt hatte.

Sein Revolver hing tief. Es sah nicht aus, als würde der hagere Mann die Waffe nur zur Zierde tragen.

Clayde reckte und dehnte sich, um seine verkrampften Muskeln zu lockern.

Ein junger Bursche trat heran und nahm die Zügel des Pferdes.

»Hatten Sie einen guten Tag, Mr. Uvalde?« fragte der Junge respektvoll und fing geschickt die Geldmünze auf, die ihm der Hagere zuschnippte.

Clayde gab keine Antwort, stieg den Sidewalk hoch, ging am Westman-Saloon vorbei, wo er vom Portier und Anreißer voller Respekt begrüßt wurde.

Clayde wandte sich nach rechts und schlenderte auf den Hintereingang des Saloons zu, in dem er und sein Partner Billy Snake ihr Office unterhielten.

Zwei hartgesichtige Kerle bewachten den Eingang. Sie nickten. Einer öffnete Clayde die Tür.

Einige Augenblicke später hatte der hagere Mann seine Beine weit von sich gestreckt und ein Glas ausgezeichneten Whisky vor sich stehen. Allerdings nicht die Marke, die in den Saloons ausgeschenkt wurde.

Clayde Uvalde befand sich allein im Büro. Er blickte nachdenklich auf den breiten Schreibtisch, hinter dem sich sein Partner Billy Snake oft breitmachte.

Clayde leerte sein Glas und schenkte sich nach. Der Alkohol tat ihm gut. Drei Wochen war er unterwegs gewesen und hatte in den Nachbarstädten alles an Lebensmitteln aufgekauft, was er bekommen konnte.

Diese Waren wurden hier in Woodstock im wahrsten Sinne mit Gold aufgewogen. Die drei- bis viertausend Goldgräber hatten nur die Möglichkeit, sich hier in der Stadt zu versorgen. Wild gab es schon längst nicht mehr. Auch das Holz wurde langsam knapp.

Clayde Uvalde blickte auf, als sich die Tür öffnete. Eine Frau schob sich herein. Sie lächelte freundlich und streckte Clayde die Hand entgegen.

Wie immer, wenn der hagere Mann Tanja Potkin begegnete, wurde er unsicher. Es lag wohl daran, daß die zwanzigjährige Frau all das verkörperte, was Clayde Uvalde von der Frau seines Lebens erwartete.

Das lange rötliche Haar, das wie geschmolzenes Kupfer leuchtete, fächerte über die makellosen Schultern der Frau. Sie trug ein tief ausgeschnittenes Kleid, das ihren schlanken Körper wie eine zweite Haut umgab.

Ihre grünlich schimmernden Augen blickten klar und offen. Die sinnlichen Lippen waren leicht geöffnet und ließen ahnen, welch tief verborgene Leidenschaften in dieser schönen Frau schlummerten.

»Hallo, Clayde«, sagte sie mit rauchiger Stimme. »Nett, dich zu sehen. War wohl ein schwerer und langer Ritt?«

Sie setzte sich dem hageren Mann gegenüber und schlug die schlanken Beine übereinander. Clayde schluckte schwer, als er einen kurzen Moment die wohlgeformten Knie der rassigen Frau sehen konnte.

»Yeah, ist ein harter Ritt gewesen, Tanja. Es ist aber alles ausgezeichnet gelaufen. Für das nächste halbe Jahr besitzen wir genügend Ware, um auch über den Winter zu kommen.«

»Hast du Billy schon gesprochen?« fragte Tanja. In ihren grünen Augen lag ein eigentümliches Funkeln, das sich der hagere Mann nicht erklären konnte.

Clayde Uvalde schüttelte den Kopf.

»Nein, Tanja. Bin erst vor wenigen Augenblicken zur Tür hereingekommen. Hat es Ärger gegeben?«

Das Funkeln in ihren Augen wurde von jähem Mißtrauen überdeckt. Die schöne Frau wirkte plötzlich unschlüssig.

Clayde merkte es.

»Was ist?« fragte er ruhig, doch mit viel Wärme in seiner tiefen Stimme. »Kann ich dir irgendwie helfen, Tanja? Du weißt genau, daß ich dich sehr schätze. Seit Wochen und Monaten mache ich dir den Hof, doch du hast mir längst zu verstehen gegeben, daß du dich nicht festlegen willst.«

Resignation schwang in Claydes Stimme mit.

»Auch Billy macht mir den Hof«, sagte Tanja leise. »Ich habe auch ihm gesagt, daß ich mich vorerst an niemanden von euch beiden binden möchte.«

Für einen Augenblick fühlte er eine tiefe Eifersucht gegen seinen Partner, doch dann verdrängte er diese Gedanken. Fragend sah er Tanja Potkin an.

Sie nickte plötzlich, als wäre sie zu einem Entschluß gekommen.

»Es wird immer schlimmer hier in der Stadt«, stieß sie schnell hervor. »Mord und Totschlag. Die Goldgräber werden regelrecht ausgeplündert. Beim geringsten Anlaß wird sofort geschossen oder geprügelt. Muß das sein, Clayde? Genügt es nicht, daß ihr die Digger bis aufs Hemd auszieht? Müssen sie jetzt auch noch umgebracht werden?«

Eine tiefe Falte kerbte Clayde Uvaldes Stirn. Sein Gesicht wurde ernst.

»Davon habe ich keine Ahnung, Tanja«, antwortete er aufrichtig. »Ich bin meistens unterwegs, kümmere mich darum, daß Lebensmittel, Brennholz und Vieh hier rechtzeitig eintreffen. Alles andere überlasse ich Billy. Er führt hier in der Stadt das Regiment.

Gut, ich gebe zu, daß dieses Gewühl nur eine starke Hand zusammenhalten kann. Natürlich fließt ab und zu Blut, doch ich habe immer geglaubt, daß Woodstock fair verwaltet wird.«

Die schöne Frau starrte Clayde an, als wäre er ein Wundertier. Dann schüttelte sie den Kopf, als könne sie dies alles nicht glauben.

»Du treibst wohl einen derben Scherz mit mir«, sagte sie unwillig. »Faire Stadt? Da muß ich lachen, mein Lieber. Dies ist eine Stadt, in der man über Leichen geht, in der das Gesetz und das Recht mit Füßen getreten werden. Auch der Marshal steht auf eurer Lohnliste. Streite nur nicht ab, daß du davon auch keine Ahnung hast.«

Clayde Uvalde schüttelte den Kopf.

»Wirklich nicht. Ich bin doch immer nur ein paar Tage hier. Und dann schlafe ich meistens, um mich von meinen langen Ritten auszuruhen. Wenn das alles so ist, warum hast du dich dann nicht früher an mich gewandt?«

»Ich wußte noch vor wenigen Sekunden nicht, ob ich dir vertrauen konnte, Clayde. Ich habe lange geschwiegen. Mit Billy wagte ich überhaupt nicht darüber zu sprechen. Er markiert schon lange den skrupellosen Boß. Du bist nur noch sein Handlanger, ohne es zu wissen.«

Clayde schüttelte den Kopf.

»Hör auf mit diesem Blödsinn. Ich kenne Billy nun schon seit einer Ewigkeit. Wir waren zusammen in der Armee, trailten lange Jahre durch den Westen und packten hier in Woodstock diese einmalige Chance beim Schopf. Billy ist kein Verbrecher. Er ist wohl ein wenig leichtsinnig und verwegen, doch bisher hat er immer auf mich gehört. Ich werde mit ihm sprechen.«

»Er wird dich zum Teufel jagen, Clayde«, sagte sie mit einer solchen Bestimmtheit, daß sie der hagere Mann betroffen anstarrte.

Doch die schöne Frau fuhr schon fort:

»Und wer, denkst du, steckt hinter den Goldbanditen, die keinen Digger mit seiner Ausbeute ziehenlassen? Ich konnte zufällig ein Gespräch belauschen, das Billy Snake mit einem seiner Aufpasser führte. Billy steckt dahinter. Es ist eine schöne Nebeneinnahme, die er nicht einmal mit dir zu teilen braucht.«

Clayde Uvalde schnappte nach Luft. Er spürte einen Kloß in seinem Hals. Es war ungeheuerlich, was Tanja Potkin da von sich gegeben hatte.

Und doch spürte Clayde Zweifel in seinen Gedanken. Er selbst hatte sich schon lange gefragt, wer hinter diesen verdammten Goldbanditen steckte, die in letzter Zeit sogar die Frechheit besaßen, direkt in die Schlucht zu kommen und die Digger am hellen Tag zu überfallen.

Er erinnerte sich an die Begebenheit, als er selbst von maskierten Banditen angehalten worden war. Obwohl er beide Satteltaschen voller Gold hatte, ließen sie ihn reiten. Dieser Zwischenfall hatte ihm damals sehr lange zu denken gegeben.

»Du hast die Zügel zu lange schleifen lassen, Clayde Uvalde«, sagte Tanja scharf. Ihr Busen wogte unter dem dünnen Kleid. Das schöne Gesicht war von einer fiebrigen Röte überzogen.

»Billy hat alle Schießer, Barmänner und das übrige Personal fest in der Hand. Er bezahlt ihnen Extraprämien, die er wiederum aus den Goldüberfällen finanziert. Du stehst in dieser Stadt allein, Clayde. Du bist schon längst nicht mehr der Boß!«

Für lange Sekunden herrschte Schweigen.

Clayde starrte zu Boden. Gedankenverloren folgte sein Blick einem schwarzen Käfer, der zwischen den Dielenbrettern hervorgekrochen war und nun auf flinken Beinen davonkrabbelte.

Dann hob der hagere Mann den Kopf. Ein müdes Lächeln lag um seine Mundwinkel.

»Warum erzählst du mir das alles?« fragte er leise. »Sagtest du nicht vor wenigen Minuten, daß du dich nicht zwischen Billy und mir entscheiden könntest?«

Tanja nickte und erhob sich.

»Denk mal nach, Clayde«, sagte sie. Ihre Augen funkelten, während sie sich eine Strähne ihres langen Haares aus der Stirn strich. »Denk mal über alles in Ruhe nach. Vielleicht kommst du dann zu dem Entschluß, daß ich mich schon lange entschieden habe.«

Ehe der hagere Mann etwas entgegnen konnte, war Tanja zur Tür hinaus, die hart ins Schloß fiel.

Clayde lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Er fühlte sich plötzlich müde, zerschlagen und ausgebrannt.

Billy, sein Partner und Freund, spielte also mit gezinkten Karten. Und er hatte davon keine Ahnung gehabt, hatte nur mit Besorgnis registriert, daß Woodstock immer wilder und ausschweifender geworden war.

Natürlich hatte er Billy darauf angesprochen, aber der Partner hatte nur abgewunken und erklärt, daß die Goldgräber sich schließlich irgendwo einmal austoben müßten.

Clayde erhob sich. Alle Müdigkeit schien von ihm abzufallen. Er rückte seinen Revolvergürtel zurecht und verließ durch eine Seitentür das Office.

Er trat durch einen klirrenden Perlenvorhang und stand im Westman-Saloon, dem größten Saloon von Woodstock.

Über hundert Männer drängten sich am Tresen und an den Tischen. Es gab eine kleine Bühne, auf der leichtbekleidete Mädchen ihre Beine schwangen und zur Musik einer mexikanischen Kapelle sangen.