Die Hedvig-Formel für eine glückliche Familie - Hedvig Montgomery - E-Book

Die Hedvig-Formel für eine glückliche Familie E-Book

Hedvig Montgomery

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Beschreibung

Die «Die Hedvig-Formel» ist der Erfolgsschlüssel für glückliche Kinder und Eltern des 21. Jahrhunderts. Die norwegische Bestsellerautorin erklärt klar, einfach und klug, wie Eltern in allen Situationen und Phasen der Erziehung souverän und entspannt handeln können. Hedvig Montgomery liefert ihnen dafür schnell umsetzbare Ratschläge, vermittelt fundiertes, verständliches Wissen und teilt entlastende Weisheiten. In sieben einfachen Schritten bringt sie ihre Erkenntnisse und Erfahrungen aus zwei Jahrzehnten ihrer erfolgreichen Arbeit als Familientherapeutin und Psychologin auf den Punkt. Alles, was Eltern wissen müssen – prägnant, unterhaltsam und liebevoll zwischen zwei Buchdeckeln verpackt.

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Seitenzahl: 192

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Hedvig Montgomery

Die Hedvig-Formel für eine glückliche Familie

Aus dem Norwegischen von Nina Hoyer

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Wie bekommen Sie ein glückliches Kind? Wie fördern Sie das Vertrauen? Wie wütend dürfen Sie eigentlich werden? Welches ist der häufigste Fehler, den Eltern machen? Und was ist wirklich die wichtigste Aufgabe der Eltern während der Kindheit und Jugend eines Kindes?

 

Nicht immer ist man sich darüber im Klaren, welcher Weg der richtige ist, und die meisten von uns kennen dieselben Fragen und Sorgen. Das Elternsein hält so viele kleine und große Herausforderungen für einen bereit, dass es schier unmöglich ist, auf alles vorbereitet zu sein. Um Kinder zu selbständigen, glücklichen und zuversichtlichen Menschen heranzuziehen, die sich mit ihrem Umfeld im Einklang befinden, ist es wichtig, eine gute Bindung zu den Kindern aufzubauen – und ein Wir zu erschaffen. Wie Sie das anstellen, zeigt Ihnen Hedvig Montgomery. Wie kann man seinem Kind das Gefühl geben, dazuzugehören? Was vermittelt Kindern Geborgenheit und ein gutes Selbstwertgefühl? Und wie kann man die Gefühle seines Kindes verstehen, die einem entgegengebracht werden, und damit umgehen?

Dazu gibt Ihnen die Psychologin und Familientherapeutin sieben einfache Schritte an die Hand, die Ihnen helfen werden, die Mutter oder der Vater zu sein, die/der Sie gerne sein möchten.

 

Das vorliegende Buch ist der erste Band in einer Reihe von fünf Elternratgebern. Es ist ebenso für diejenigen geschrieben, die bald zum ersten Mal Eltern werden, wie auch für all jene, die bereits Kinder haben und sich über die wichtigsten Grundlagen informieren möchten.

 

«Ein Buch, das anerkennt, dass nordische Eltern gelernt haben, die Verletzlichkeit, Weisheit und die Reaktionen von Kindern ernst zu nehmen. Es bringt großen Spaß, Die Hedvig-Formel zu lesen, da sie die Essenz dessen, was Eltern wissen müssen, direkt auf den Punkt bringt – um die vollständige Freude an der einen persönlichen Beziehung zu erleben, die ein Leben lang anhält.» (Jesper Juul)

Über Hedvig Montgomery

Hedvig Montgomery, geboren 1968, ist Psychologin und Familientherapeutin mit mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung. Neben ihrer Tätigkeit als Familientherapeutin hält sie Seminare, u.a. für FamLab. In ihrer auf fünf Bände angelegten Erziehungsreihe «Die Hedvig-Formel» bringt die Bestsellerautorin ihre Erkenntnisse und Erfahrungen auf den Punkt. Die Autorin lebt in Oslo.

Als wäre es Zauberei

Manchmal ist das Elternsein einfach. Das Kind geht problemlos zu Bett, schläft nachts durch, isst mit Messer und Gabel, zieht sich selbständig an und geht mit einem Lächeln zur Schule oder in die Kita. Man kann ihm ansehen, dass es zufrieden ist. Aber dann sind da diese vielen anderen Male … Kinder, die nicht schlafen wollen, Kinder, die nicht essen wollen, Kinder, die sich streiten, und Kinder, die heulen und schreien – auch das gehört zur Erziehung dazu. Was also tut man, wenn das Kind auf dem Rückweg vom Kindergarten in aller Öffentlichkeit plötzlich einen Trotzanfall bekommt? Oder wenn Sie morgens einen schlechten Start haben und Ihr Kind nicht in die Schule gehen will? Oder auch, wenn Schlafenszeit ist und der ganze Körper schon vor Schlafmangel schmerzt, während Ihr Einjähriger seinen Kopf am liebsten gegen die Gitterstäbe schlagen will? In Situationen wie diesen reagieren die meisten Eltern zu stark oder zu sanft: Verlieren die Beherrschung und werden zu laut oder zu grob, nur um sich anschließend wie ein Versager vorzukommen. Oder geben nach, verschließen, so gut es eben geht, die Augen und fühlen sich dabei vollkommen machtlos.

Doch es gibt einen dritten Weg. Einen Weg, bei dem Sie Ihr Kind besser verstehen, bei dem Sie es so erkennen, wie es ist – und Sie sich zugleich selbst erkennen, vor dem Hintergrund der eigenen Kindheit, der eigenen Biographie. Mit diesem Buch möchte ich Ihnen Möglichkeiten aufzeigen, wie Sie als Eltern oder Elternteil die Kontrolle bewahren und schwierige Situationen, die garantiert auftreten werden, in den Griff bekommen – so als wäre es Zauberei.

 

Das vorliegende Buch ist der erste Band in einer Reihe von Elternratgebern. Es ist ebenso für diejenigen geschrieben, die zum ersten Mal Eltern werden, wie auch für all jene, die bereits Kinder haben und sich über die wichtigsten Grundlagen der Kindererziehung informieren möchten. Diese ist ein langfristiges Projekt, das eine Zeitspanne von etwa 20 Jahren umfasst. Es ist also nie zu spät, damit anzufangen. Während die nachfolgenden Bände Einblick in die verschiedenen Altersstufen der Kinder geben, will ich Ihnen in diesem Buch die wesentlichen Elemente vermitteln, mit denen Sie Ihrem Kind Sicherheit und Geborgenheit schenken können.

Dazu gebe ich Ihnen sieben einfache Schritte an die Hand, die Ihnen helfen sollen, die Mutter oder der Vater zu sein, die bzw. der Sie gerne sein möchten.

 

Durch meine zwanzigjährige Erfahrung als Psychologin und Familientherapeutin weiß ich nämlich eines mit Sicherheit: Alle wollen gute Eltern sein, alle wollen das Beste für ihre Kinder. Und trotzdem machen wir laufend Fehler. Nicht immer ist man sich darüber im Klaren, welcher Weg der richtige ist, und die meisten von uns kennen dieselben Fragen und Sorgen. Das Elternsein hält so viele kleine und große Herausforderungen für einen bereit, dass es schier unmöglich ist, auf alles vorbereitet zu sein, was auf einen zukommt.

 

Und so machen viele sehr schnell die Erfahrung, wie schwer es manchmal ist, seiner Elternrolle gerecht zu werden. Jenes Dilemma hat mich dazu bewogen, dieses Buch zu schreiben. Denn in keinem anderen Bereich des Lebens kann man so viel bewirken wie in der Kindererziehung, und ich weiß, dass häufig gar nicht viel nötig ist, um als Eltern schwierige Situationen etwas besser zu meistern.

 

Ziel dieses Buches ist es nicht, Sie zu perfekten Eltern zu machen – die gibt es nicht. Eine Kindheit ohne Probleme ist nur ein Märchen und deshalb auch nichts, wofür man sich abmühen sollte.

Um Kinder zu selbständigen, glücklichen und optimistischen Menschen heranzuziehen, die sich mit ihrem Umfeld im Einklang befinden, ist es aber wichtig, eine gute emotionale Bindung zu ihnen aufzubauen – und ein Wir zu erschaffen. Wie Sie das anstellen, möchte ich Ihnen zeigen, und auch, wie Sie diese Bindung trotz aller Widrigkeiten bewahren können. Sie sollte in durchwachten Nächten, bei fiebrigen Infekten, den ersten Schritten und den ersten Schürfwunden Bestand haben, bei Schulanfängen, höllisch schweren Rechenaufgaben und der unglücklichen ersten Liebe, bei allen Erfolgen und Rückschlägen des Alltags.

Denn so ist das Leben: Es wird Ihnen und Ihren Liebsten ein Auf und Ab bescheren. Und währenddessen haben Sie vor allem eine Aufgabe: die Bindung zu bewahren. So lange, bis alle erwachsen geworden sind.

 

Ich möchte Ihnen durch die wichtigsten Phasen des Heranwachsens hindurch Orientierung bieten, indem ich Ihnen zeige, was es heißt, eine Familie zu sein. Eine eingeschworene Gemeinschaft.

Wie kann man seinem Kind das Gefühl geben, dazuzugehören? Was vermittelt Kindern Geborgenheit und ein gutes Selbstgefühl? Und wie kann man das ganze Gefühlrepertoire seines Kindes verstehen und damit umgehen? Ich will Ihnen an Tagen voller Konflikte und Streit ein Wegbegleiter sein und Sie dazu auffordern, sich mutig Ihrer eigenen Geschichte zu stellen und sich anzusehen, welche Auswirkungen Ihre Verhaltensmuster auf die Beziehung zu Ihrem Kind haben. Wie können Sie es vermeiden, überzureagieren oder entmutigt zu werden? Und was können Sie tun, wenn doch einmal alles außer Kontrolle gerät?

 

Man ist nicht automatisch eine gute Mutter oder ein guter Vater, aber die meisten können es werden – und alle können dazulernen und sich verbessern. Das Elternsein erfordert Klugheit, Wissen, jede Menge Mut und viel Selbsterkenntnis und verlangt einem mitunter mehr ab, als man ahnt, aber das Gute daran ist:

Bessere Eltern werden auch zu besseren Menschen.

Mit anderen Worten – der Einsatz lohnt sich!

Doch der Anfang von allem ist, dass Sie etwas für die Bindung zwischen sich und Ihrem Kind tun.

Denn sie muss ein Leben lang halten, Sie sollten also gut auf sie achtgeben.

Das ist Ihre bedeutendste Lebensaufgabe.

Kindererziehung geschieht laufend

Meine Praxis liegt nur einen Steinwurf vom Osloer Schloss entfernt in einem großen weißen, ehrwürdigen Gebäude. Ich habe die Räume von einer alten Dame gemietet. Es gibt dort eine schöne Holztreppe, die bei jedem Schritt knarrt, und ein Fenster, vor dem alle fünf Minuten die Straßenbahn vorbeirattert. Mein Gesprächszimmer ist behaglich, ausgelegt mit einem Teppich, hat ein Bücherregal voller Fachbücher und eine Couch. Ich arbeite mittlerweile seit zwei Jahrzehnten in meinem Beruf und übe ihn immer noch gerne aus. Als junge, frisch ausgebildete Psychologin hatte ich nie in der Familientherapie arbeiten wollen. In meiner Kindheit war das Fundament meiner eigenen Familie kräftig erschüttert worden und machte einen Teenager aus mir, der mir im Rückblick ziemlich fremd erscheint. Irgendwann bekam ich selbst Kinder – zuerst mit einem früheren Partner, dann mit dem Mann meines Lebens, einem ungekünstelten Kerl, der Höhenangst hat und es liebt, alte Holzboote aufzumöbeln.

Jahr für Jahr sind unzählige Familien die knarrende Treppe zu mir hochgestiegen. Und ganz allmählich ist das mein Lebensinhalt geworden. Ich habe mit Familien gearbeitet, Fortbildungen gegeben und Vorträge gehalten – und nach bestem Vermögen versucht, mein eigenes Leben gut einzurichten.

 

Der Glaube, Kindererziehung sei das, was man tut, wenn sich die Kinder schlecht benehmen, gehört zu den größten Missverständnissen, denen Eltern aufsitzen können. Viele denken, Kindererziehung sei die Art und Weise, wie sie mit ihrem Kind reden, wenn es etwas falsch macht. Aber Erziehung ist das, was in einer Familie, der Schule oder im Kindergarten laufend geschieht. All die Rückmeldungen, die man den Kindern gibt, die vielen kleinen Codes, die man ihnen beibringt, wenn das Leben harmonisch läuft – die Summe all dessen ist Kindererziehung.

Das, was ich «Zauberei» nenne, passiert jeden Tag, an Tagen, die nicht besonders hervorstechen, im Alltag. Zur Kindererziehung gehört die Unterhaltung beim gemeinsamen Abendessen, die Art, wie man seinen Partner ansieht, wie man den Saft ausschenkt oder Fremden gegenüber auftritt. Es ist die Atmosphäre in den heimischen vier Wänden, die Art, wie man mit den Kindern spielt und welche Person man im Hintergrund ist – beim Windelwechsel, beim Hausaufgabenmachen und in Gesprächen. In diesen Momenten bringt man seinen Kindern etwas bei – und das in viel größerem Ausmaß, als man vielleicht zunächst meint. Kindererziehung wird einfach gelebt.

 

Es existieren viele Erziehungsmethoden, und viele selbsternannte Experten meinen, es gebe einfache Antworten auf die Probleme, auf die man als Eltern stößt. Ich kann zumindest eines sagen – eine Patentlösung gibt es nicht. Was andere auch immer behaupten mögen: Mit Kindern befindet man sich im Startumfeld eines Marathons – er ist lang und kräftezehrend, aber ich verspreche Ihnen, dass es die Anstrengung wert ist.

 

Und eines Tages ist der Nachwuchs aus dem Haus und kommt hoffentlich prima allein zurecht. Bis dahin aber geht es darum, eine so gute Zeit wie möglich miteinander zu verbringen. Zeigen Sie Ihren Kindern, dass Sie sie lieben, und zeigen Sie ihnen – durch das Leben, das Sie und die Ihren führen –, dass die Welt ein schöner Ort ist.

Was versteht man unter einer Familie?

Familien gibt es in allen Variationen. Manchmal besteht eine Familie aus Mutter, Vater, Kind. Andere Male ist sie das, was nach einer Scheidung noch übrig ist, mit neuen Partnern und (Familien-)Verbänden. Sie kann sich aus zwei Müttern oder zwei Vätern zusammensetzen, aus einem alleinerziehenden Elternteil oder aus Großeltern, die für ein Enkelkind die Verantwortung übernommen haben. Dazu kann aber auch das Pflegekind gehören, das man aufgenommen hat, oder die Kinder, die man sich noch wünscht, wie auch die, die überraschend kommen. Ob eine Familie aus zwei oder 18 Mitgliedern besteht, spielt keine große Rolle, denn alle sitzen jetzt sowieso in einem Boot. Müssen einander vertrauen, einander unterstützen und für einander da sein.

Schaut man zu Beginn darauf, an was es in einer Familie fehlt, entgeht einem häufig das, was schon existiert. Die Größe der Familie ist für Kinder gar nicht so relevant, solange es zumindest einen Erwachsenen gibt, der sich bemüht, seine Sache gut zu machen. Ob Frau oder Mann, ist dabei gänzlich unwichtig. Jede Familie braucht einen guten Elternteil, zwei sind ein Luxus. Sind Sie allein, tragen Sie eine größere Verantwortung, aber das heißt nicht, dass es nicht zu schaffen ist. Die erweiterte Familie heranzuziehen – also Freunde und andere Menschen, die einem nahestehen, zu einem festen Bestandteil des Alltags werden zu lassen –, ist nicht nur für Alleinerziehende hilfreich. Kinder haben das Bedürfnis, sich mit unterschiedlichen Menschen zu umgeben, zu sehen, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Herausforderungen des Alltags zu bewältigen.

Ich bin mir daher sicher, dass nicht von Bedeutung ist, wie genau Ihre Familie aussieht.

Wirklich wichtig ist nur, wie gut es Ihnen gelingt, sie zu stärken und sich um Ihre kleine oder große Schar zu kümmern.

WIR ÄNGSTLICHEN

Alle Neugeborenen empfinden zuallererst Angst, wenn sie auf die Welt kommen. Nackt und hilflos werden wir der Kälte, dem Licht und den Geräuschen ausgesetzt. Und von unserem ersten Atemzug an ist unser Nervensystem auf Verteidigung eingestellt. Die Angst ist tief in unserem Inneren verwurzelt, sie lauert immer in der Nähe, ist eine Art menschliche Grundausstattung. Wir weinen, weil das die einzige Form ist, uns zu äußern, und weil wir ganz und gar abhängig von dem Kontakt sind, den dies herstellt.

So ist es nun mal – Angst überfällt uns rasch, Sicherheit und Geborgenheit brauchen Zeit.

Und deshalb kommt es den Erwachsenen zu, uns in unserem Leben diese Sicherheit und Geborgenheit zu geben. Die Erwachsenen schaffen Vertrauen, errichten Beziehungen, die uns die Erfahrung schenken, dass wir gut behütet sind. Sie nehmen uns in den Arm, bringen uns bei, mit Gefühlen umzugehen, halten uns aus und lieben uns, sind immer für uns da.

Das alles verlangt einem viel ab, aber je stärker wir die Erfahrung machen, dass die Welt ein Ort der Geborgenheit ist, desto besser wird es uns ergehen.

Zu überbehütet?

Als meine Hebamme mir mein erstes Kind in die Arme legte, war es ein bebendes kleines Wesen, das mich ansah – zugleich fremd und doch vertraut. Ich kann mich immer noch an das seltsame Gefühl erinnern, das mich in den ersten Stunden im Krankenhaus erfüllt hat – wie es war, meinen Sohn zu halten, wie meine ganze Vergangenheit auf eben diesen einen Moment hinauslief. Ich lag da, sah ihn an und flüsterte ihm zu: «Ich werde niemals zulassen, dass dir ein Leid geschieht.» Wenn ich heute darüber nachdenke, klingt es ziemlich banal, aber in jenem Augenblick fühlte es sich richtig an.

Mit der Zeit aber habe ich gemerkt, dass meine Worte von damals nicht den Tatsachen entsprechen. Man kann ein Kind nicht vor allem behüten, und es ist auch nicht erstrebenswert. Kinder müssen allmählich lernen, mit Niederlagen umzugehen. Sie werden in der Schule Rückschläge hinnehmen müssen, werden sich beim Fußballspielen raufen und unglücklich verliebt sein – das alles gehört zum Leben dazu.

Von Anfang an sind wir als Eltern sehr darauf erpicht, unser Kind zu beschützen.

Wohlmeinende Eltern wittern hinter jedem Lego-Stein, in jedem Erwachsenen, der das Kind schief anguckt, und jedem Keim eine Gefahr.

Das ist auch völlig natürlich. Man muss gut für sein Kind sorgen. Das Problem ist nur, dass wir heutzutage so viele Möglichkeiten haben, unsere Kinder zu behüten, dass wir es rasch übertreiben.

Es gibt zwei Gründe, weshalb wir unsere Kinder nicht überbehüten sollten:

Zum einen brauchen Kinder Herausforderungen. Sie müssen über sich hinauswachsen können, ihre Kreise ausdehnen, Dinge allein bewältigen und merken, dass es ihnen gelingt, müssen das Gefühl haben, etwas selbst bewirken zu können. Und das halten sie auch aus. Wann immer man etwas für sein Kind tut, das es selbst hätte tun können, erweist man ihm einen schlechten Gefallen. Zum anderen sollte man seine Kinder aus dem Grund nicht überbehüten, weil sich sonst irgendwann viel zu viel nur noch um sie dreht. Es ist anstrengend für ein Kind, Teil einer Familie zu sein, in der es ständig im Scheinwerferlicht steht. Im Familienleben muss sich ein Gleichgewicht einstellen, es geht um alle Familienmitglieder.

Ihr Kind muss nur es selbst sein

Bevor wir fortfahren, möchte ich Sie noch auf etwas anderes aufmerksam machen – man hat es nicht in der Hand, was für ein Kind man bekommt. Eltern sind verschieden, Kinder sind verschieden. Manchen ist es wichtig, dass ihre Kinder höflich und beliebt sind, andere wiederum legen Wert darauf, dass sie beim Essen nicht wählerisch sind, dass sie sportlich oder musikalisch werden. Manche Eltern wollen selbständige Kinder haben, die in der Begegnung mit der Außenwelt furchtlos und kontaktfreudig sind, andere dagegen schätzen Bescheidenheit. Alles ist auf seine Weise wünschenswert, denn wir profitieren in unserer Gesellschaft von verschiedenen Typen von Menschen. Aber vergessen Sie trotzdem nicht, dass Ihr Kind nur es selbst sein muss – Ihr Sohn oder Ihre Tochter gehört allein sich selbst.

Kunstliebhaber können Kinder bekommen, die Museen verabscheuen, Fußballenthusiasten welche ohne nennenswertes Interesse für gutes Kombinationsspiel. Das kann man nicht beeinflussen.

Es geht nicht nur um die Pläne, die man selbst für sein Kind geschmiedet hat – Ihr Kind ist anders als Sie, und Sie müssen es kennenlernen. Was mag er gern, was bringt sie zum Lachen? Zeigen Sie Ihrem Kind jeden Tag Ihre Zuneigung, indem Sie sich mit ihm über etwas unterhalten, das es beschäftigt. Nehmen Sie es wahr.

Was immer man auch für ein Kind bekommen hat – ich kann Ihnen versprechen, dass das Leben mit ihnen voller Aha-Erlebnisse sein wird. Ich persönlich habe mich nie auch nur eine Sekunde für Sport interessiert, habe aber einen Sohn, der «Eishockey» sagen konnte, bevor er seinen ersten Schritt machte. Das war die erste Erinnerung von vielen, dass er eine eigenständige Person mit ganz eigenen Interessen und Vorlieben ist. Und das ist er heute noch.

Ihr Kind ist nur es selbst, so ist das einfach.

Und Sie alle zusammen sind eine Familie.

SICH ALLE MÜHE GEBEN

Als Mutter oder Vater fühlt man sich gelegentlich unzulänglich. Wenn Sie das noch nicht erlebt haben, werden Sie das sicher früher oder später tun. Die Zukunft hält jede Menge großer und kleiner Situationen bereit, die einen kalt erwischen können und die sehr kräftezehrend sind, will man mit ihnen fertig werden. Es ist nur zu leicht, sich kümmerlich vorzukommen, wenn das eigene Kind in einem Geschäft lautstark losbrüllt und man nicht weiß, wie man dem ein Ende bereiten kann. Ähnlich ist es, wenn Ihr Kind sein Essen über das feine Tischtuch der Schwiegereltern verschmiert und man kritische Blicke auf sich spürt. Kurzum, es wird Tage geben, an denen Sie sich wie ein Nichtsnutz fühlen.

 

Doch einer Sache sollten Sie sich bewusst sein – gerade dann, wenn Sie sich minderwertig fühlen, kann es zwischen Ihnen und Ihrem Kind zu brenzligen Situationen kommen. Fühlt man sich machtlos, fängt man schnell an, überzureagieren, gibt Verletzendes von sich und springt zu hart mit seinem Kind um. Die unerfreulichsten Dinge geschehen in einer Familie immer dann, wenn die Erwachsenen sich unbedeutend fühlen.

 

Deshalb möchte ich, dass Sie als Eltern eines wissen – machtlos sind Sie in Wirklichkeit nie. Und auch niemals unzulänglich, selbst wenn Sie das Gefühl haben, es sei so. Ihr Kind sieht zu Ihnen auf, möchte Ihre Reaktion sehen und daraus lernen. Was es lernt, hängt davon ab, was Sie in solchen Momenten tun.

Können Sie damit umgehen, sich unzulänglich zu fühlen, ohne Macht auszuüben, ohne zu schlagen, ohne Ihrem Kind verletzende Dinge an den Kopf zu werfen, haben Sie schon vieles erreicht. Manchen fällt das leicht, manchen schwer. Ein jeder muss von seinen persönlichen Voraussetzungen ausgehend an sich arbeiten. Und sich Mühe geben, die Situationen, in denen man sich unzureichend fühlt, zu bewältigen, ohne die Beziehung zwischen sich und seinem Kind zu zerstören.

 

Alles, was Sie darüber hinaus schaffen, ist großartig, das Wichtigste für Sie aber ist, sich alle Mühe zu geben.

Sieben Schritte

1Die Bindung

Alle Eltern, mit denen ich bisher zu tun hatte, haben eines gemeinsam: Sie möchten, dass ihre Kinder glücklich sind und im Leben gut zurechtkommen. Gleichzeitig begegne ich vielen Kindern und Jugendlichen, die selbst nicht das Gefühl haben, dass dies auf sie zutrifft. Mich suchen Jugendliche auf, die sich wertlos fühlen und einsam sind, obwohl ich mir sicher bin, dass ihre Eltern alles, was in ihrer Macht stand, für sie getan haben – ihnen bei den Hausaufgaben geholfen, sie zum Sport gefahren, ihnen Waffeln gebacken und Brotpakete geschmiert. Manchmal hätte ich mir nach einem Patientengespräch in meiner Praxis gewünscht, dass bestimmte Dinge schon früher einmal gesagt worden wären, dass in der frühesten Kindheit dieses jungen Menschen jemand dagewesen wäre, um ihm Orientierung zu geben. Eine sichere und geborgene Kindheit ist die beste Voraussetzung für ein glückliches Leben. Hier zählt also wirklich der Beginn. Viele sprechen von den «wichtigsten ersten drei Jahren», in denen die Grundlage für unsere Entwicklung als Mensch gelegt wird.

UM GLÜCKLICH ZU SEIN, MÜSSEN WIR SICHERHEIT UND GEBORGENHEIT ERLEBEN. ZWISCHEN UNS UND UNSEREN KINDERN EINE ENGE BINDUNG AUFZUBAUEN, IST LEBENSWICHTIG.

Selbst wenn Sie erst später als andere die Kurve kriegen, heißt das nicht, dass der Zug schon abgefahren wäre. Die ganze Kindheit hindurch geht es um den Kontakt zwischen Ihnen als Erwachsenem und Ihrem Kind, um die zugrunde liegende Geborgenheit. Sie hat große Auswirkungen darauf, wie die Gefühlswelt Ihres Kindes aussieht, wenn es selbst erwachsen ist.

Ihr Kind ist ganz und gar auf eine gute Beziehung zu seinen engsten Bezugspersonen angewiesen und auf das Gefühl dazuzugehören – ein Wir zu sein, ist für Kinder ausschlaggebend. Kinder wachsen an dem Zusammensein mit ihren Eltern – und umgekehrt. Die zwischen Ihnen und Ihrem Kind hergestellte emotionale Bindung ist von Ihrem Familienalltag abhängig, von der Atmosphäre, die man schafft, und davon, wie man mit seinem Kind umgeht – an guten und an schlechten Tagen.

Diese Bindung – dieses unzertrennliche Band – ist es, die dem Kind ein gutes Selbstgefühl und Selbstvertrauen schenkt, die ihm beibringt, sich selbst zu lieben. Sie ist es, die langsam, aber sicher ein solides Fundament in ihm oder ihr errichten wird.

Doch wie lässt sich diese Bindung herstellen?

Dazu gehören mindestens drei wichtige Bausteine:

1. Einen sicheren Rückzugsort schaffen

Kinder brauchen Erwachsene, die sie trösten, die sie in den Arm nehmen und ihre großen und kleinen Probleme aushalten können. Von frühester Kindheit an müssen ihnen Vertrauen, Sicherheit und Geborgenheit entgegengebracht werden, die ihnen vermitteln: «Hier darf ich sein», «Hier geht es mir gut». So entwickelt Ihr Kind ein Verständnis dafür, dass Sie allen anderen vorzuziehen sind, dass es bei Ihnen immer Halt findet, es in jeder Lage zu Ihnen kommen kann – und Sie es verstehen. Merken Kinder, dass sie einen sicheren Rückzugsort haben, von dem aus sie die Welt erforschen können, werden sie sich mehr zutrauen und es wird sie darin bestärken, dass irgendwie schon alles gutgehen wird, dass sie jeder Situation gewachsen sind.

Hat sich Ihr Kind zum Beispiel verletzt, soll es keinen Zweifel daran haben, von Ihnen getröstet zu werden. Und ist Ihr Kind sich womöglich unsicher, ob es etwas als beängstigend einstufen soll, sollten Sie mit Ihrem Verhalten die richtige Antwort darauf geben.

Eltern müssen vor allem eines tun: ihr Kind trösten. Es muss immer jemand in Reichweite sein, der es auf den Arm nimmt. Ist Ihr Kind untröstlich, haben Sie einfach noch nicht den richtigen Schlüssel zu Ihrem Kind gefunden, dann müssen Sie weitersuchen. Kinder, die keinen Trost erfahren, fühlen sich im Stich gelassen.