Die Hedvig-Formel für glückliche Schulkinder - Hedvig Montgomery - E-Book

Die Hedvig-Formel für glückliche Schulkinder E-Book

Hedvig Montgomery

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Beschreibung

Band 4 der Bestseller-Erziehungsreihe aus Norwegen: Mit Beginn der Schulzeit machen Kinder ihre ersten Schritte in die Welt der Erwachsenen. Es ist eine Zeit voller Herausforderungen, Höhen und Tiefen, Geheimnissen und Unsicherheiten. Scheinbar unüberwindbare Emotionen, unaufhaltsame Energie und Unruhe prägen den Alltag der Kinder. Die Aufgabe der Eltern ist es, alles zu tun, um diese Stürme gemeinsam zu überstehen, der Fels in der Brandung zu sein und den Weg ihres Kindes zu ebnen Teil dieser Welt zu werden. Die Bestsellerautorin Hedvig Montgomery hilft Eltern dabei, ihren Kindern diesen Übergang leicht zu machen und dabei selbst den richtigen Platz im Leben ihrer Kinder zu finden, teilzuhaben an allem und trotzdem loslassen zu können.

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Hedvig Montgomery

Die Hedvig-Formel für glückliche Schulkinder

Aus dem Norwegischen von Nina Hoyer

Über dieses Buch

Souverän durch spannende Zeiten: Was Eltern brauchen und Kinder wollen.

 

Mit Beginn der Schulzeit machen Kinder ihre ersten Schritte in die Welt der Erwachsenen. Es ist eine Zeit voller Herausforderungen, Höhen und Tiefen, Geheimnissen und Unsicherheiten. Scheinbar unüberwindbare Emotionen, unaufhaltsame Energie und Unruhe prägen den Alltag der Kinder. Die Aufgabe der Eltern ist es, alles zu tun, um diese Stürme gemeinsam zu überstehen, der Fels in der Brandung zu sein und den Weg ihres Kindes zu ebnen Teil dieser Welt zu werden. Die Bestsellerautorin Hedvig Montgomery hilft Eltern dabei, ihren Kindern diesen Übergang leicht zu machen und dabei selbst den richtigen Platz im Leben ihrer Kinder zu finden, teilzuhaben an allem und trotzdem loslassen zu können.

 

«In ihren Ratgebern verrät Bestsellerautorin Hedvig Montgomery, wie man als Familie die verschiedenen Entwicklungsphasen der Kinder meistert – und unbeschadet übersteht.» Brigitte

Vita

Hedvig Montgomery, geboren 1968, ist Psychologin und Familientherapeutin mit mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung. Neben ihrer Tätigkeit als Familientherapeutin hält sie Seminare, u.a. für FamLab. In ihrer auf fünf Bände angelegten Erziehungsreihe «Die Hedvig-Formel» bringt die Bestsellerautorin ihre Erkenntnisse und Erfahrungen auf den Punkt. Die Autorin lebt in Oslo.

Dem eigenen Herzen folgen

Sie packen den Kindergartenrucksack, sammeln die restlichen Kleidungsstücke und die Trinkflasche auf, nehmen die zusammengerollte Zeichnung aus dem Fach Ihres Kindes und streichen sie glatt und verlassen gemeinsam zum letzten Mal den Kindergarten – und plötzlich ist das Leben nicht mehr das, was es einmal war.

 

Ihr Kind macht in seinen ersten Schuljahren große Veränderungen durch – das Kind, das an seinem ersten Schultag nervös in die Kamera lächelt, ist ein vollkommen anderes Kind als jenes, das sieben Jahre später in die 8. Klasse wechseln wird.

Anfangs braucht Ihr Kind Sie noch ständig, doch schon bald wird es die Augen verdrehen, wann immer Sie ein Wort an es richten, und Sie werden vor verschlossener Zimmertür stehen. Nach einigen Jahren auf der Schule möchte Ihr Kind nicht länger von Ihnen dirigiert werden. Es möchte seinem inneren Kompass folgen, auf sein eigenes Herz hören, selbst herausfinden, welchen Weg es beschreiten muss, um erwachsen zu werden.

Ich habe das Schulalter und dabei vor allem auch das Alter von sechs bis 13 Jahren stets als besonders spannend empfunden, weil man in dieser Zeit Antworten auf so viele Fragen erhält. Welche Sorte Freunde wird meine Tochter einmal haben? Was wird sie zum Lachen bringen? Welche Musik wird mein Sohn lieben? Welcher Typ von Mensch wird er im Zusammenleben mit anderen Menschen sein?

Mit Kleinkindern ist die Sache in vielerlei Hinsicht einfach. Man kann das tun, was man persönlich für richtig hält, und meistens läuft das gut. Aber je älter Ihr Kind wird, umso stärker müssen Sie Überlegungen anstellen, wie Sie mit ihm umgehen. Ihr Kind möchte sein Leben jetzt mitgestalten. Und Sie müssen ihm beibringen, wie es seinem eigenen Herzen folgt.

 

Dieses Buch ist der vierte Band in der Reihe «Die Hedvig-Formel» und befasst sich mit einem regelrechten Quantensprung im Leben des Kindes. Wir alle treten diese wahnwitzige Entwicklungsreise von einem individuell verschiedenen Ausgangspunkt an. Manche Kinder sind zurückhaltend und unsicher, andere werden mit einem ungebremsten Selbstbewusstsein geboren. Manche entstammen einer großen Familie, andere wiederum besitzen nur einen Elternteil. Wie auch immer sich Ihre Familie darstellt – niemand kennt Ihr Kind so gut wie Sie. Und Sie als Eltern sind es auch, die den Familienalltag so gestalten müssen, dass er für alle reibungslos funktioniert. Gleichzeitig müssen Sie dafür sorgen, dass Ihr gemeinsames Leben die Rahmenbedingungen bietet, in denen Ihr Kind sich sicher und geborgen in die Erwachsenenwelt vortasten kann.

Ziel sollte sein, dass Ihre Kinder irgendwann eine Vorstellung davon gewinnen, wer sie sind, dass sie nein sagen können zu Dingen, die sich falsch für sie anfühlen, und ja zu dem, was sie für gut befinden. Sie müssen das Gefühl kennen, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Kommen schließlich schwerere Zeiten auf sie zu, sollte sie die Überzeugung erfüllen, liebenswerte Individuen zu sein.

 

Dieses Buch soll Ihnen während der ersten Schuljahre Ihrer Kinder eine Hilfe sein, während der weitreichenden Umwälzungen, mit denen Sie es zu tun haben werden – an guten wie an schlechten Tagen.

 

Ein Kind, das seinem eigenen Herzen folgt, ist gut gerüstet für den Beginn der Pubertät und sein weiteres Leben.

 

Viel Vergnügen bei der Lektüre!

Hedvig Montgomery

Die wichtige Frage der Selbstfindung

Kinder dieser Altersgruppe träumen davon, allein zurechtzukommen. Die ersten vagen Umrisse ihres künftigen Daseins zeichnen sich nun allmählich für sie ab – welches Leben sie einmal führen werden, welcher Mensch sie einmal sein werden. Jetzt machen sie sich auf die Suche nach ihrer eigenen Nische in der großen weiten Welt. Dieser Prozess der Selbstfindung verlangt den meisten Kindern viel ab.

Im Lauf der Schuljahre werden alle Kinder irgendwann einmal mit Problemen konfrontiert – welcher Art auch immer. Sie geraten in unvorhersehbare Situationen, verletzen Mitschüler/innen und/oder werden selbst verletzt, sie verlieben sich, fürchten, zum Außenseiter zu werden, und wissen, was es heißt, gute Freunde zu haben. Sie sind großen Gefühlsstürmen ausgesetzt und können nur schlecht damit umgehen. Und wenn etwas schiefläuft, fühlen sie sich häufig hilflos.

Ihr Kind sehnt sich danach, selbständig zu sein, braucht Sie aber noch seine gesamte Kindheit hindurch.

 

Jetzt ist der Moment gekommen, in dem sie selbst entscheiden, wen sie zum Freund oder zur Freundin haben wollen, welche Freizeitaktivitäten sie ausüben möchten, und selbst anfangen, ihren zukünftigen Lebensweg zu gestalten. Ihre Persönlichkeit nimmt Formen an, und es spielt eine große Rolle für sie, jenseits der familiären Sphäre ihren Platz in der großen Gemeinschaft, im Zusammenleben mit anderen zu finden.

«Wer bin ich?», «Wozu gehöre ich?» und «Wie wird mein Leben einmal aussehen?» – diese Fragen beginnt Ihr Kind sich nun zu stellen.

 

Während dieser Phase sind die Kinder nichtsdestotrotz immer noch Anfänger auf sozialem Gebiet. Sie besitzen noch keine Routine im Umgang mit einer Umwelt, die zunehmend komplexer und komplizierter wird, ob es sich nun um Mathehausaufgaben oder Freundescliquen handelt, die sich bilden und sich wieder auflösen. Jetzt sind sie zum ersten Mal mit vielen großen Sorgen des Lebens konfrontiert.

Aus diesem Grund ist Ihr Kind umso stärker darauf angewiesen, dass es eine Familie und ein Zuhause hat, das ihm Halt und Geborgenheit gibt. Er oder sie benötigt festen Boden unter den Füßen, braucht eine feste emotionale Bindung zu Ihnen. Kinder dieses Alters müssen ein Zugehörigkeitsgefühl verspüren. Sie brauchen ein Zuhause, in dem sie sich akzeptiert und wohlfühlen.

Dennoch jagen sie Träumen hinterher, die sich außerhalb des familiären Rahmens abspielen. Die Kinder halten Ausschau nach ihrem künftigen Leben. Der Ablöseprozess setzt ein. Er wird von Türenschlagen begleitet, von für Sie unverständlichen Tränenausbrüchen, von Streit und bösen Worten, die anders klingen, als sie gemeint sind. Es wird Dinge geben, die mitzuteilen den Kindern schwerfällt, ein Gefühlswirrwarr, der nur schwer zu verstehen ist, und Gefühle der Einsamkeit, die man nicht alleine schultern sollte. Ihr Kind hat eine Reise angetreten, durch die es sich von Ihnen entfernt, aber es sollte sich niemals allein auf diese Reise begeben.

 

Je stärker Sie als Eltern sich dieser großen Frage der Selbstfindung bewusst sind, umso leichter können Sie Ihrem Kind in dieser Zeit eine Hilfe sein. Zum einen sollten Sie Ihrem Kind bei der schier unendlichen Menge an praktischen Dingen behilflich sein, die zu regeln sind – wie Fahrten zu Freizeitaktivitäten, Haushaltsangelegenheiten und der Erledigung der Hausaufgaben. Zum anderen sollten Sie für Ihr Kind da sein, ihm Rückhalt bei Stimmungsschwankungen geben und wenn es nicht recht weiß, wer es ist – wenn es sich einsam und als Außenseiter fühlt. Es muss die Gewissheit haben, dass Sie zu ihm stehen, an seiner Seite sind und ihm versichern: «Was auch geschieht – ich bin für dich da, und ich liebe dich.»

Ein Kind zwischen sechs und 13 Jahren wird vielleicht nicht mehr Ihre Hand halten, aber es braucht Sie – braucht Sie ebenso sehr wie früher, nur auf eine ganz andere Weise.

Sieben Schritte

1Die Bindung

Ein Band zwischen sich und dem Kind zu knüpfen, eine stabile emotionale Bindung zu ihm aufzubauen, ist der erste von sieben Schritten in einer gelungenen Kindererziehung. Zugleich ist diese Bindung der entscheidende Schlüssel dafür, dass Ihr Kind zu einem glücklichen und selbstsicheren Menschen heranwächst, der mit seinem sozialen Umfeld harmoniert – zu einem Kind, das sich im Erwachsenenleben zurechtfinden wird, welches nun immer näher rückt.

Diese Bindung soll dafür sorgen, dass es Sie eines Tages anrufen wird, wenn es eine Dummheit gemacht hat oder etwas anders gelaufen ist, als von ihm erwartet. Diese Bindung zwischen Ihnen soll Ihr Kind behüten, wenn es irgendwann die eigenen vier Wände seines Kinderzimmers verlässt, seine Siebensachen packt und eine Stille hinterlässt, die Sie so noch nie zuvor erlebt haben.

Bis es so weit ist, vergehen zwar noch ein paar Jahre, aber die Reise dorthin hat längst begonnen.

In den ersten sieben Schuljahren wird die Bindung zwischen Ihnen auf eine schwere Probe gestellt. Sie und Ihr Kind werden eine Entwicklung durchlaufen und sich von einem kleinen, umgrenzten Familienverband hin zu einem neuen Dasein von größerer Dimension bewegen, in dem das Kind seinen Platz in der Gemeinschaft sucht, sich in einen Schulalltag einfügen wird, in eine Freundesclique, in all das, was das menschliche Zusammenleben für uns bereithält. Jetzt begegnet uns das Leben mit all seinen Facetten.

Schon bald – sofern Sie sich die Zeit dafür nehmen und genauer hinschauen – werden Sie entdecken, wie die Persönlichkeit Ihres Kindes heranreift. Erst jetzt werden Sie deutlich erkennen können, wer Ihr Kind wirklich ist, mit welcher Sorte Mensch Sie da zusammenleben.

Das Schulkind kommt schon weitaus besser zurecht als das Kindergartenkind, braucht Sie aber als einen stabilen Fixpunkt in seinem Leben. Und Sie wiederum müssen sich zum ersten Mal so richtig ins Zeug legen, um die Bindung zwischen sich aufrechtzuerhalten. Es reicht nicht mehr aus, nur da, nur noch präsent zu sein, Sie müssen jetzt unter Beweis stellen, dass Sie ein Erwachsener sind, auf den Verlass ist. Jemand, dem auch die persönliche (Lebens-)Geschichte des Kindes am Herzen liegt, jemand, der ihm eine Hilfe ist. Jemand, der immer Zeit für es hat.

Das Kind muss die Gewissheit haben, dass es sich immer an Sie wenden und zu Ihnen zurückkehren kann, was auch geschieht.

 

Diese Bindung setzt sich aus drei wesentlichen Bausteinen zusammen, und Sie sollten sie alle «verbauen», um im Leben Ihres Kindes ein sicheres Fundament zu errichten.

Im Schulalter gestalten sie sich folgendermaßen:

1. Trost spenden

Völlig neue Dinge werden in dieser Altersgruppe Kummer bei Ihrem Kind auslösen. Es sind nicht länger unheimliche Schatten, kleine Schürfwunden oder nicht wiederzufindende Kuscheltiere, die es belasten – darüber ist Ihr Kind schon hinausgewachsen, im Umgang mit Dingen, die nicht genau so laufen, wie das Kind es sich vorgestellt hat, hat es schon hinzugelernt und sich verbessert.

Aber Trost zu spenden ist noch ebenso wichtig wie schon zuvor – nur die Art des Trostes ist eine andere, es ist jetzt eine vertiefte Form nötig. Da Kinder sich nun mehr und mehr in gesellschaftliche Zusammenhänge begeben, in eine neue Welt eintauchen, die von Schule und Freundschaften geprägt ist, brauchen sie Trost bei allem, was in zwischenmenschlichen Beziehungen schiefgehen kann. Sie stehen diesbezüglich noch ganz am Anfang und müssen erst den Umgang mit all diesen Dingen lernen und mit allem, was da falsch laufen kann. Dass Sie Ihr Kind trösten und wie Sie das tun, hilft ihm dabei.

Und da die Kinder jetzt selbst eine viel bessere Vorstellung von dem Leben gewonnen haben, das sie führen, müssen sie sich auch darauf verlassen können, dass Sie ehrlich mit ihnen umgehen.

 

«Luise hat gesagt, dass ich dick bin», sagt Ihr Kind womöglich, und obwohl man daraufhin nur zu leicht erwidert: «Das stimmt doch gar nicht, du bist nicht dick. Du siehst toll aus!», sollten Sie sich davor hüten.

Kinder profitieren nicht davon, dass Sie Schlussfolgerungen für sie ziehen, sondern davon, dass Sie ihnen bei ihren Erfahrungen beistehen und ihnen helfen, die damit verbundenen Gefühle in den Griff zu bekommen und die Situation zu bewältigen. Zum Beispiel so:

«Das ist ja blöd, was hat sie denn genau gesagt, erzähl doch mal!» – und anschließend: «Das hört sich ja albern an.»

 

Falls Ihr Kind traurig ist, weil sein Radiergummi verschwunden ist, ist meistens der soziale Aspekt der Angelegenheit der Grund für seinen Kummer. Es will dann nicht von Ihnen hören, dass das doch alles nicht schlimm ist und sie einen neuen kaufen können, es braucht die Gewissheit, dass Sie seine Gefühle angesichts dieses Erlebnisses nachvollziehen: Vielleicht befürchtet es ja, dass jemand ihn einfach aus seinem Rucksack genommen hat?

«Oh, dein Radiergummi ist weg? Was ist da wohl passiert?», können Sie erwidern und so herausfinden, was genau Ihr Kind an dieser Tatsache so bekümmert.

Beim Trösten geht es vor allem darum, Ursachenforschung zu betreiben. Das Leben des Kindes ist komplexer geworden, und ebendeshalb stellt einen auch das Trösten vor größere Herausforderungen.

Nur zu leicht übersieht man den Grund für den Kummer des Kindes und greift viel zu rasch nach simplen Lösungen, sagt Dinge wie: «Aber das macht doch nichts!» oder «Das wird sich schon finden.» Doch Sie sollten sich stattdessen lieber auf die Suche danach machen, was dahintersteckt, und sich klar vor Augen führen, dass das Trösten und das sanfte Lenken bzw. Anleiten des Kindes in diesen Jahren stärker ineinander übergehen werden. Ihr Kind braucht Sie, damit Sie seine Tränen trocknen, es beruhigen und ihm anschließend die Sache erläutern – braucht Sie, damit Sie ihm in einer wachsenden sozialen Landschaft, die das Kind vor große Herausforderungen stellt, Orientierung und Halt geben.

Es wird auch vorkommen, dass Sie für Ihr Kind das Puzzle zusammensetzen müssen, dass Sie das ganze Bild im Blick behalten. Wenn Ihr Sohn vor Kummer nicht schlafen kann, muss er darauf bauen können, dass Sie wissen, dass er Angst vor der wichtigen Arbeit hat, die er am kommenden Tag in der Schule schreiben muss – und dass Sie ihn dabei unterstützen, das selbst zu erkennen. Denn es ist nicht selbstverständlich, dass er diesen Zusammenhang von alleine erkennt. Und gerade deshalb müssen Sie das große Ganze sehen.

2. Zugehörigkeit schaffen – und Teil einer Gruppe sein

Im Schulalter ist nichts so wichtig, wie sich irgendwo zugehörig zu fühlen. Dieser Baustein rückt daher zunehmend ins Zentrum und spielt auch für die Bindung eine immer größere Rolle. Das gilt vor allem ab einem Alter von neun Jahren und aufwärts, wenn Kinder selbst aktiv Freundschaften mit Kindern eingehen, mit denen sie harmonieren und in deren Gesellschaft sie sich wohlfühlen. Jetzt muss Ihr Kind seinen Platz und Gleichgesinnte finden und seine Interessen herausfinden. Ein jedes Kind braucht die Gewissheit, irgendwo dazuzugehören, Teil einer Gruppe oder einer Gemeinschaft zu sein, in der es sich wohlfühlt, ob es nun ein Schachclub, ein Musikverein oder eine Basketballmannschaft ist.

Im sozialen Miteinander zurechtzukommen und sich auszukennen heißt aber auch, sich selbst zu kennen. Das Kind muss wissen, welcher Mensch, welcher Wesenstyp es ist – «So bin ich, und das ist gut so.» Zu einer Gruppe dazuzugehören gibt ihm das Gefühl, jemand zu sein. Das ist eine ganz wichtige und große Aufgabe, die das Kind stemmen muss, und dies macht es angreifbar. Einige Kinder bewältigen diese Aufgabe problemlos, finden heraus, was «ihr Ding» ist und wer ihre Freunde sind, während andere Kinder sich schwerer tun und mehr damit zu kämpfen haben.

Wir Menschen haben eines gemeinsam – wir alle haben das Bedürfnis, Gleichgesinnte zu finden und dazuzugehören. Erst das schenkt unserem Leben Sinn, erst das lässt das schöne Gefühl der Zugehörigkeit aufkeimen und gibt uns Halt. Ihr Kind lernt in diesem Alter, eine Vorstellung von seiner Zukunft zu gewinnen, von dem Leben, das es einmal führen wird, und es lernt, dass es auch für sie oder ihn einen Platz in dieser großen, oftmals chaotischen Welt gibt.

 

Wenn das Kind sich aber auf diese große Lebensaufgabe einlassen soll, muss es Rückhalt, Sicherheit und Geborgenheit bei Ihnen bzw. seiner Familie erfahren. Wie auch immer Ihre Familie aussieht, wie auch immer sich Ihr gemeinsamer Weg bisher gestaltet hat, spätestens jetzt müssen Sie ein solides Fundament für Ihr Kind schaffen. Dieses Fundament muss es jetzt in der Konfrontation mit seiner Umwelt tragen. Es muss das Gefühl haben, dazuzugehören, muss sich auf die in Ihrer Familie geltenden kleinen Rituale und Strukturen verlassen können, muss wissen, dass es immer einen Ort hat, an den es zurückkehren kann, mit dem es Positives assoziiert und an dem es sich geborgen und sicher aufgehoben fühlen kann. Ein Kind muss sich irgendwo zu Hause fühlen können.

Kinder können vieles ertragen, was ihnen im Leben widerfährt, wenn sie eine gute und starke emotionale Bindung zu Ihnen haben. Kinder aber, die sowohl damit zu kämpfen haben, ihren Platz in dem kleinen Familienverband zu finden wie auch in der großen Gemeinschaft, werden erleben, dass das Menschsein nicht ganz einfach ist.

Kinder dieses Alters brauchen die Gewissheit, nicht allein dazustehen. Das ist das A und O.

Beschäftige ich mich gedanklich mit diesem Alter, mit dieser gesellschaftlichen (Mammut-)Aufgabe, vor der das Kind steht, steigt ein Bild in mir auf: Ich sehe ein Kind vor mir, das ein Zelt errichtet. Bislang haben Sie, die Erwachsenen, im Leben Ihres Kindes das Gestänge zusammengesetzt, das das Zelt aufrecht hält. Und noch ist das Zelt klein, das Zelttuch schlaff und nicht gespannt, obwohl das Zelt schon Schutz bietet und es ein schönes Gefühl ist, eng aneinandergekuschelt dort drinnen beisammenzuhocken. Bislang aber bietet es nur der kleinen Familie des Kindes Platz. Im Lauf der Schuljahre aber wird das Kind – mit Ihrer Unterstützung – allmählich dieses Zelt verlassen und sich auf die Suche nach festem Boden machen. Einen Boden, in dem es die Heringe verankern kann – wird sich auf die Suche nach neuen Umfeldern, neuen Freunden, neuen Interessen machen. Mit jedem außerhalb des Zeltes eingeschlagenen Hering wächst das Zelt, wird größer, stabiler und bietet sozusagen mehr Raum. Das Kind muss diesen Schritt machen – den Schritt hinaus aus dem Zelt –, es muss das Tuch spannen, das Zelt wachsen lassen, muss aber darauf bauen können, dass das solide Fundament bzw. Konstrukt, das Sie alle gemeinsam errichtet haben, weiterhin existiert. Dass es sich auf die Geborgenheit, die das (familiäre) Zelt ihm bietet, verlassen kann. Die eigenen Kreise dürfen sich gerne ausdehnen, solange man sich sicher sein kann, in der Mitte dieses Zeltes stets Zuflucht zu finden.

 

Viele Eltern fühlen sich während dieser Phase im Leben ihres Kindes machtlos – und sind es auch. Findet Ihr Kind dort draußen in der Gemeinschaft der anderen nicht das für es geeignete Umfeld, zieht dies großes Leid und Verunsicherung nach sich. Und Sie als Eltern werden erleben, dass Sie nicht mehr so viel Einfluss wie früher darauf haben, wie Ihr Kind sich schlägt und sich einfügt. Dass Sie nicht mehr so viel für das Kind regeln können. Ich habe viele Eltern kennengelernt, die verzweifelt dastanden und zusehen mussten, wie ihr Kind darunter litt, nicht seinen Platz im sozialen Gefüge finden zu können. Und das gehört mit zu den schlimmsten Dingen, die einem als Eltern widerfahren können.

Und tatsächlich sind Ihre Einflussmöglichkeiten in so einem Fall begrenzt. Die Rolle, die Ihnen dann zukommt – und die immer mehr Gewicht hat –, ist es, dafür zu sorgen, dass Sie als Familie, als Mikrokosmos fest zusammenhalten, dass das Kind von Geborgenheit und Liebe umgeben ist, dass es Ihnen miteinander gutgeht. Bis zu einem gewissen Grad können Sie Ihrem Kind auch dabei behilflich sein, «seine Leute» zu finden – Gleichgesinnte zu finden, «Menschen, die so sind wie ich». Womöglich müssen Sie es dafür mit neuen Umfeldern bekannt machen, es ermutigen, Bekanntschaft zu schließen, vielleicht müssen Sie sich selbst daran erinnern, dass Ihr Kind nicht notwendigerweise so ist wie Sie. Besucht es das Fußballtraining vielleicht nur Ihretwegen? Freuen eigentlich nur Sie sich darüber, das Instrument des Kindes erklingen zu hören?

In dem Fall sollten Sie es mit etwas anderem bekannt machen und nicht darauf hoffen, dass das Kind sich schon noch daran gewöhnen wird, nur weil Sie sich das wünschen. Ihr Kind muss nur es selbst sein. Sie dagegen müssen sensibel dafür sein, welche Art von Gemeinschaft und welche Hobbys Ihrem Kind guttun könnten und wo beides zu finden ist. Was schaut es sich gerne auf YouTube an? Womit beschäftigt es sich selbst gern? Sehen Sie genau hin, worauf Ihr Kind seinen Blick richtet, und ermuntern Sie es zu diesen Dingen.

Manche Kinder finden auch im Internet ein neues Umfeld. Aus diesem Grund sollten Sie auch immer Interesse daran haben, was Ihr Kind dort sieht und likt. Aber eine Internet-Freundschaft allein reicht nicht aus, Ihr Kind braucht vor allem echte Kontakte. Denn Kinder sind auch in diesem Alter darauf angewiesen, anderen Menschen von Angesicht zu Angesicht zu begegnen.

 

Ich persönlich werde nie vergessen, wie mein Sohn mit mir das erste Mal ein kleines Jazz-Café auf einem Osloer Hinterhof besucht hat. Er hatte einige Zeit gebraucht, bis er wusste, auf welchem Gebiet er Anschluss suchen wollte. Dort drinnen aber erkannte ich es auf Anhieb – erkannte, dass er beim Geräusch des erklingenden Plattenspielers unter all diesen musikinteressierten Erwachsenen auf einmal ein Aha-Erlebnis hatte. Es war, als wäre so etwas wie ein Fenster zu seinem zukünftigen Leben aufgestoßen worden. Es gab also auch Orte, an denen er dazugehörte! Das fiel ihm in ebendiesem Moment wie Schuppen von den Augen, und von da an gab ihm dieses Wissen Sicherheit.

3. Dem Kind in seinem Gefühl zur Seite stehen

Wollen Sie Ihrer Aufgabe gerecht werden, Ihr Kind zu verstehen, sich in es hineinzuversetzen und seine Gefühle nachzuempfinden, die nun in ihm aufkeimen werden, sollten Sie wissen, was auf dem Spiel steht: Bei dem Prozess des Sich-Einfügens in die Gesellschaft, den Ihr Kind jetzt durchläuft, geht es um die wirklich wichtigen Dinge im Leben – Freundschaften zu finden und einzugehen, sich ein eigenes Leben außerhalb des Elternhauses aufzubauen, sich harmonisch in eine Gemeinschaft einzugliedern. Die Angst davor, hier zu versagen, kann einen schier umhauen.

Als Erwachsener sollten Sie sich bemühen, gemeinsam mit dem Kind diesen großen Gefühlskosmos zu erschließen, sollten diese umwälzenden Vorgänge begleiten und dem Kind darin zur Seite stehen, sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen.

 

Ihr Kind wird Schwierigkeiten mit Dingen haben, die Ihnen zunächst vielleicht simpel erscheinen mögen. Wird in Situationen geraten, die Sie für ganz unnötig erachten. Aber diese Angelegenheiten mit der Logik des Erwachsenen zu betrachten, bringt nichts. Dann wird Ihr Kind sich nur noch absonderlicher, noch mehr als Versager fühlen.

Ihr Kind benötigt vielmehr folgende Reaktion von Ihnen: «Aha, so fühlst du dich also gerade? Das hört sich ja nicht so gut an, aber vielleicht sieht es morgen schon besser aus?»

Nehmen wir beispielsweise eine Zehnjährige, die allein auf dem Schulhof stehen gelassen wird.

«Das kann doch nicht angehen, dass niemand mit dir spielen will, so darf es niemandem ergehen! Darum müssen wir uns kümmern!», sagen Erwachsene in dem Fall abends womöglich an der Bettkante des Kindes sitzend.

Mit solchen Äußerungen aber befassen wir uns nicht richtig mit dem, was im Leben des Kindes vor sich geht und was ihm wichtig ist. Und damit machen wir es ihm nicht leichter, tags darauf jemanden auf dem Schulhof zum Spielen zu finden. Stattdessen geben wir unmittelbar die Lösung vor und legen die Zehnjährige fest auf die Rolle des «Sonderlings» – jemand, der zum Außenseiter wurde, auch wenn das keiner sein sollte.

Tatsächlich aber wird man immer mal wieder zum Außenseiter werden, erfährt hier und da Einsamkeit und das Gefühl, von anderen missachtet zu werden. So ist das Leben, und diese grausame Wahrheit kennen Kinder oft besser als wir.

Geben Sie also lieber keine Versprechen, die Sie nicht halten können. Beginnen Sie damit, mögliche Lösungen aus der Erwachsenenperspektive beiseitezulegen. Werden Sie Ihrem Kind stattdessen in seinem augenblicklichen Gefühl gerecht und bestätigen Sie ihm, dass es so fühlen darf. Erst dann wird es sich von Ihnen richtig wahrgenommen und verstanden fühlen. «Ja, sich einsam zu fühlen ist richtig doof», könnten Sie erwidern.

Damit kann sich dem Kind eine neue Perspektive eröffnen. Man kann mit der Situation fertigwerden. Die Sache wird gut ausgehen.

Sie müssen dem Kind die Hoffnung bewahren, dass sich alles fügen wird, bis es selbst besser dazu in der Lage ist.

 

Ihr Kind darin zu unterstützen, eine schwierige Situation zu meistern, ist in dieser Altersstufe noch ebenso wichtig wie im Kindergartenalter. «Ja, du hast recht, das war heute ein blödes Handballtraining. Aber vielleicht versuchen wir es nächstes Mal, wenn Elisabeth auch wieder da ist, noch mal, was meinst du?»

Kinder geraten leicht in Situationen, in denen sie aus ihren negativen Gefühlen nicht mehr herausfinden, sie diese nicht mehr abschütteln können. Vielleicht haben sie etwas vermasselt, vielleicht etwas Dummes gemacht, über das alle anderen an der Schule gelacht haben. Sein Gesicht zu verlieren schmerzt Kinder dieses Alters ganz besonders. Viele Kinder kennen das und wissen dann nicht, wie es weitergehen soll, wie eine Lösung für das Problem aussehen könnte – ihnen fehlt sozusagen der fest installierte Knopf, den viele Erwachsene dann einfach betätigen und der ihnen sagt: «Ja, das war blöd, aber es wird sicherlich wieder in Ordnung kommen.»

Dieser «Knopf» beim Kind entsteht erst jetzt.

Es wird Tage geben, an denen Ihr Kind beim Spielen ausgegrenzt wird, wenn es erfahren muss, dass der andere seine Liebe nicht erwidert, Tage, an denen es das Gefühl hat, dass alle anderen sich über es lustig machen. Tage, an denen es sich ganz allein auf der Welt fühlt. Wenn Ihr Kind von einem derartigen Gefühlstumult überwältigt wird und dieser auf die eine oder andere Weise zum Ausdruck kommt, dann bittet es Sie damit eigentlich nur um eines: ihm zu versichern, dass das Leben trotzdem weitergeht.

Ob ich das wohl schaffe?

Vielleicht war die Zeit für Sie und Ihr Kind bislang nicht ganz einfach? Vielleicht fragen Sie sich, wie es eigentlich um die Bindung zwischen Ihnen bestellt ist? Nicht immer weiß man, wo man genau steht. Werden Sie dann zum Detektiv und begeben sich auf Spurensuche! Existiert eine feste Bindung zwischen Ihnen, dann werden Sie miteinander reden, werden sich inmitten des Auf und Ab des Alltags mit Liebe und Verständnis anschauen, und Ihr Kind wird auf Sie hören und womöglich auch einmal hier und da etwas darauf erwidern. Zwischen Ihnen wird etwas sein, das dem Kind die Gewissheit gibt, dass Sie für es da sind und dass es sich jederzeit an Sie wenden kann, wenn er oder sie Sie braucht.

Ebenso gibt es meistens Anzeichen dafür, wenn an der Bindung zwischen Ihnen und dem Kind etwas verbessert werden muss: Vielleicht streiten Sie sich viel und schreien sich zu Hause an? Vielleicht haben Ihre Erwartungen, wie die Dinge sein sollten, dazu geführt, dass Sie Ihr Kind nicht mehr als die Person wahrnehmen, die es ist? Womöglich sorgt auch etwas anderes für Missklang zwischen Ihnen, und es mangelt Ihnen an irgendetwas in Ihrer Beziehung?

Wenn das so ist, dann sind Sie als Erwachsener gefragt. Sie sind dafür verantwortlich, die Bindung zwischen sich wieder zu festigen oder zu verbessern. Zu spät ist es dafür nie, eine Kindheit währt lang. Etwas für diese Bindung zu tun ist so lange möglich, bis das Kind eines Tages von zu Hause auszieht.

Seien Sie dem Kind ein Mentor!

Kommt Ihr Kind in einigen Jahren in die Pubertät, wird es nicht länger auf Sie hören – zumindest nicht mehr so wie bisher.

Sie sind jetzt zwar noch ein «Erzieher», aber in der Teenagerzeit werden Sie ihm – im besten Fall – so etwas wie ein Mentor sein. Wie Ihnen das gelingt und welche Rolle Sie in seinen Teenagerjahren spielen werden, dafür werden schon heute die Weichen gestellt. Sind Sie Ihrem Kind schon jetzt nicht von Nutzen, erhofft es sich schon jetzt nichts von Ihnen, während es noch am Anfang seiner Schulzeit steht, sind Sie chancenlos, wenn das Kind erst einmal 13 ist.

Deshalb sollten Sie sich bemühen nachzuvollziehen, was es durchmacht. Sie müssen dafür sorgen, dass sein Alltag geregelt ist, müssen für das Offensichtliche sorgen: ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und genügend Zeit, um zur Ruhe zu kommen.

Falls Sie den Blick von Ihrer Tochter abwenden und glauben, sie wäre schon so groß und selbständig, dass sie Sie nicht mehr braucht, sind Sie ihr nicht von Nutzen. Sie sollten deshalb weiterhin an Dingen festhalten, die ihr Leben ausmachen: daran denken, sie an etwas zu erinnern, sie bei den Hausaufgaben unterstützen, ihr helfen, die entsprechende Kleidung zu finden, die sie braucht. Das mag sich jetzt vielleicht etwas nüchtern anhören, aber es reicht nicht aus, dass Sie das einfach nur tun – Ihnen muss klar sein, wie viel Bedeutung das für Ihr Kind hat. Das Kind braucht Sie weiterhin, auch wenn es nicht immer so scheinen mag.

Eltern, die ihrem Kind die ganze Kindheit hindurch ein Mentor sein dürfen, haben dem Kind vermitteln können: «Ich weiß, was in deinem Leben vor sich geht, verstehe dich und sorge dafür, dass alles seinen Gang geht.»

Die häufigsten Fehler der Eltern
6 Jahre
Zu wenig Zeit zum Ausruhen

Das Kind muss sich auch erholen können. Entwicklungsbedingt verlangt dieses Alter den Kindern womöglich am meisten ab. Zusätzlich wird das Kind jetzt häufig eingeschult – und das stellt viele neue Anforderungen an das Kind, und es wird mit einer Fülle neuer Regeln konfrontiert. Aus diesem Grund braucht es jetzt mehr als jemals zuvor Zeit zum Ausruhen – durch freies Spiel und ausreichend Schlaf. Behalten Sie seine Bedürfnisse im Auge und achten Sie darauf, dass es nicht irgendwo zu viel wird. Warten Sie lieber mit neuen Freizeitbeschäftigungen ab, bis das Kind sich an den Schulalltag gewöhnt hat und es sich mit seinen Gefühlen diesbezüglich etwas auseinandersetzen konnte.

7—8 Jahre
Zu wenig Entscheidungs- und Entwicklungsmöglichkeiten

In diesem Alter befindet sich das Kind in einer Erkundungsphase. Es sucht Gleichgesinnte und möchte sich irgendwo zugehörig fühlen. Lassen Sie es verschiedene Freizeitaktivitäten ausprobieren und verschiedenartige Menschen und Umfelder kennenlernen. Geben Sie ihm eine Vorstellung davon, wie facettenreich das Leben ist und das einem alle möglichen Dinge im Leben Befriedigung schenken können. Und nicht zuletzt – erwarten Sie von Ihrem Kind nicht, ein Superstar zu sein. Es ist viel wichtiger, dass es eine Gruppenzugehörigkeit entwickelt und kein Einzelgänger wird. Verfolgen Sie, wofür Ihr Kind Interesse bekundet, und fungieren Sie als Türöffner, indem Sie es entsprechend dazu ermuntern.

9—10 Jahre
Zu wenig Unterstützung bei der sozialen Entwicklung

Jetzt wird Ihr Kind nicht mehr beliebig viele Freunde haben, sondern sich einige wenige herauspicken. Das heißt aber auch, dass Ihr Kind nicht mehr «einfach so» mit anderen Kindern und Personen in seinem Umfeld harmoniert, sondern aktiv eigene Freundschaften schließt. Und das können ganz andere Typen von Menschen sein, als die Eltern es sich vielleicht vorgestellt haben. In diesem Alter kommt es häufig zu großer Unruhe in einem Klassenverband, in dem es bisher womöglich harmonisch zuging. Es gibt mehr Gerangel um Einfluss, mehr Getuschel auf dem Schulhof und in den sozialen Medien. Behalten Sie diese Vorgänge im Auge und helfen Sie Ihrem Kind, eine Sprache und eine Ausdrucksweise zu finden, die andere nicht verletzt und das gesamte Gruppengefüge zerstört. Und nein – Ihr Kind ist nicht unschuldig, und die anderen Kinder sind auch nicht böse. Hier findet jetzt ein Übungsprozess statt: Kinder dieses Alters üben eine neue Art des Zusammenlebens, eine neue Art des Miteinanders. Und da kommt es leicht zu Fehltritten.

11—12 Jahre
Die pubertären Anwandlungen des Kindes persönlich nehmen

Schließlich nähert sich die Pubertät; sie bahnt sich geistig und körperlich an. Schon bald wird ein großer Umwälzungsprozess erfolgen. Das Kind bewegt sich weniger, wird einsilbiger und gerät schon jetzt schneller in Rage. Diese Phase müssen alle Kinder durchmachen, ihnen bleibt keine Wahl. Sie als Eltern können jetzt eines tun – weiterhin Interesse für das Leben Ihres Kindes zeigen, ihm Fragen stellen und aufmerksam der Antwort lauschen. Stehen Sie ihm helfend zur Seite, falls nötig. Für Ihr Kind werden jetzt viele Dinge zu großen Hürden. Das gilt sowohl für rein praktische Sachen wie die richtige Sorte Turnschuhe für den Sport oder die Anmeldung für einen Kurs als auch für Angelegenheiten, die seine Gefühlswelt betreffen.

Werden Sie Ihrem «Pre-Teen» gerecht, indem Sie offen und neugierig sind und ihm Halt und Geborgenheit vermitteln – dann können Sie ihm auch in dieser Phase Orientierung geben. Und machen Sie sich bewusst, dass er dieses oder jenes Durcheinander nicht anrichtet oder seine Hausaufgaben zu erledigen vergisst, um Sie zu ärgern. Er bricht auch nicht mit den kleineren Geschwistern einen Streit vom Zaun, um Ihnen einen Nervenzusammenbruch zu bescheren – so etwas gehört einfach dazu, ist ein Teil des Gesamtpakets, das da heißt, ein echter Teenie zu werden.

Der sichtbare Beweis

Erinnern Sie sich noch an das tolle Gefühl, Ihren ersten herausgefallenen Zahn in den Fingern zu halten und mit der Zunge die Lücke im Mund abzutasten? Manche Kinder verlieren ihren ersten Zahn schon mit der Einschulung, andere erst einige Jahre später. Doch wenn schließlich ein Zahn herausfällt, ist dies für die Kinder ein Ereignis von großer Bedeutung. Es ist für sie der sichtbare Beweis, dass sie wachsen und groß werden. Vielleicht ist der Besuch der Zahnfee in den meisten Familien überall auf der Welt ja auch deshalb ein fester Bestandteil, weil es das Kind in dem Gefühl und in seiner Wahrnehmung bestärkt, jetzt seine Reise hin zur Selbständigkeit angetreten zu haben: «Hallo Welt, hier komme ich!»

2Tiefe Gefühle

Unsere Gefühle teilen uns mit, wozu wir Lust haben und wozu nicht. Wozu wir Mut haben und was wir vermeiden wollen. Unsere Gefühle sind unsere schnellsten Signalgeber. Aus diesem Grund glauben wir nicht selten, dass Gefühle die Wahrheit sprechen, dass sie etwas seien, wodurch unser tiefstes Inneres aus uns spricht, dass sie wahrhaftig und unstrittig sind – aber dem ist nicht so.