Die heilige Heide - Wolf E. Matzker - E-Book

Die heilige Heide E-Book

Wolf E. Matzker

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Beschreibung

Die Heide verbindet man nicht unbedingt mit dem Thema der Spiritualität. Das sieht der Autor Wolf E. Matzker, der seit Jahrzehnten immer wieder in der Heide wandert, anders. Da er in indianischer Naturspiritualität geschult ist, sieht er in der Heide eine spirituelle Landschaft. Das vorliegende Buch behandelt das Thema einer naturverbundenen und naturmystischen Form der Spiritualität in der Heide, die von indianischen und germanischen Elementen geprägt ist, aber sich für ganz neue und kreative Wege einsetzt.

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Inhaltsverzeichnis:

Vorwort

Die Erde der Heimat und Heide

Die Heide als sakraler Raum

eigene Kultstätten in der Heide

Hermann Löns – der widersprüchliche Dichter der Heide

Der Heidepastor Wilhelm Bode

Die Heide als Refugium – Arno Schmidt und Walter Kempowski

Der Wacholder

Die Birke

Die Kiefer

Die Steine der Heide

Bemerkenswerte Heidegebiete

Tietlinger Wacholderhain mit Lönsgrab

Wietzer Berg mit Lönsgedenkstätte

Wilseder Berg und Umgebung

Heide bei Niederhaverbeck

Thekenberge und Harslebener Berge

Pestruper Gräberfeld

Heidewege

Oldendorfer Totenstatt

Traumzeitfelsen

Literarisches

Gedichte und Lieder über die Heide

Das Heilige der Heide

Die Verwandlung

Spirituelles

Die „Götter“ der Heide

Heiderituale

1. Vorwort

Seit vielen Jahren beschäftigt mich die Heide.

Immer wieder besuche ich bestimmte Orte, die Geest bei Wildeshausen, das Gebiet um den Wilsederberg, den Heiligen Hain nördlich von Gifhorn und weitere Gebiete. Auch wenn ich weiß, dass die Landschaft mehr oder weniger vom Menschen gemacht worden ist, so kommen mir doch manche Regionen sehr ursprünglich und archaisch vor.

Für mich ein Gebiet der Steinzeit. Ich lebe zwar jetzt und heute, mittlerweile haben wir das einundzwanzigste Jahrhundert, aber seelisch lebe ich eher in der Steinzeit. I am a stone-age-man, könnte ich sagen. Das klingt nach einem Joke, ist aber keiner, sondern ich meine es schon ernst.

Digitalisierung, künstliche Intelligenz, um nur zwei typische Stichwörter der Gegenwart zu nennen, interessieren mich nicht. Mein Herz gehört dem Sandboden, den Findlingen aus der Eiszeit, den Kiefern und Eichen, den Wacholderbüschen, den Heidschnucken und den neuen Wölfen der Heide, kurz, der ganzen, schönen Heidelandschaft.

Außerdem ist die Heide für mich eine poetische Region. Wenn man das musikalisch ausdrücken wollte, dann nicht mit einem Lied wie „Grün ist die Heide“, sondern mit keltischer Harfenmusik. Auch wenn die Kelten hier nicht gesiedelt haben, so passt für mich eher diese Musik zur Landschaft und drückt vielleicht deren Seele aus. Das kann jeder selbst überprüfen. Heidegebiete gibt es auch im englischen und irischen Raum.

2. Die Erde der Heimat und Heide

Im Fernsehen kann man Diskussionen über das Thema der Heimat verfolgen. Meist bleibt es sehr abstrakt und kognitiv, also eine reine Angelegenheit des Kopfes. Manche wollen klug sein, reden dann von Toleranz und Weltoffenheit. Nichts gegen diese Werte, aber sie haben mit Heimat nichts zu tun.

Wer Gärtner ist, der weiß, dass sich Pflanzen am wohlsten in ihrer ursprünglichen Heimat-Erde fühlen. Der Boden und das Klima sind dabei zentrale Faktoren.

Heimatverbundene Menschen fühlen sich ebenso dort wirklich heimisch, wo ihre Wurzeln sind. Ein bestimmter Boden, ein spezifisches Klima, eine überschaubare Region mit einem ausgeprägten Charakter. Heimat ist, wenn man so will, das vegetative Element des Menschen. Jeder kennt den Spruch, dass man einen alten Baum nicht verpflanzen sollte. Anders gesagt, ein Baum kann nur groß, alt und stark verwurzelt werden, wenn er einen für ihn bestimmten Platz hat. Er muss an einem Ort bleiben.

Der Mensch war immer schon ein nervöser Wanderer, der nirgends bleiben konnte und wollte, den es immer weiter zog. Die Sesshaften hingegen blieben an einem Ort, verwurzelten sich dort und wollten nicht mehr fort. Sie waren verbunden mit dem Boden, mit der Erde, z.B. mit dem Marschboden oder dem Heideboden. Diese beiden Bodenarten sind sehr unterschiedlich. Wer sich mit Bodenarten auskennt, weiß das.

Der Boden ist mehr als nur einfach Boden. Es ist eine spezifische Form der Erde, mit der man verbunden ist, die man kennt und liebt. Die klimatischen Bedingungen an einem bestimmten Ort kommen zum Grundgefühl der Heimat hinzu. Die Basis ist und bleibt aber der Boden, auf, von und mit dem wir leben.

Wer mit dem Heideboden, dem Heidesand und der schwarzen Erde verbunden ist, weiß, wovon ich spreche. Wer keinen Bezug zu einem Boden hat, sollte vielleicht einen suchen.

3. Die Heide als sakraler Raum

Für Geologen ist die Heide nur einer von vielen Landschaftsräumen. Für das Militär eine Region, in der sie für den Krieg üben können, bzw. so tun als ob. Für normale Touristen eine Art natürlicher Freizeitpark, wobei es auch die künstlichen Parks mit allen möglichen Attraktionen gibt.

Für den Naturmystiker ist die Heide ein sakraler Raum.

Was bedeutet das?

Wenn man eine der besonderen Stätten der Steinzeit besucht, z.B. die Oldendorfer Totenstatt bei Amelinghausen oder die Sieben-Stein-Häuser auf dem Truppenübungsplatz Bergen Hohne, Zugang vom Heidedorf Ostenholz, dann kann man spüren, dass man ein heiliges Gebiet einer prähistorischen Kultur besucht. Hier ist das Reich der prähistorischen Ahnen, das Reich der Toten, das schon immer die andere Seite des Lebens und Daseins war.

Eine Landschaft verstehen wir dann als sakral, wenn unsere Geister und Götter in der Landschaft zuhause sind. Vor Jahrzehnten konnten wir das neu von den indianischen Kulturen lernen. Manche haben das, bei vielen ist diese Zeitströmung vorbei gegangen. Wer damals von den Indianern gelernt hatte, sieht die Landschaft als beseelt an, er sieht und spürt seine Ahnen, seine geistige und spirituelle Herkunft, nicht nur seine physische, aber die natürlich auch. Die Landschaft wird dann zum heiligen Stammesland.

Auf der folgenden Seite steht das Niedersachsenlied. Ich finde es erstaunlich, dass es irgendwie offiziell das Lied der Niedersachsen ist. Mich interessiert aber nicht die heutige politische Bewertung, sondern das Identitäts-Gefühl, Teil eines heiligen Stammes und Landes zu sein, wobei die Heide einen zentralen Raum einnimmt, denn in der Mitte des Landes, im Herzen sozusagen, haben wir die Heidegebiete.

Auf youtube kann man sich verschiedene Versionen anhören, u.a. Heino und eine junge Sängerin, die sich „Stimme der Heimat“ bzw. Sonnenkind nennt.

Das Niedersachsenlied

Von der Weser bis zur Elbe, von dem Harz bis an das Meer,

stehen Niedersachsens Söhne, eine feste Burg und Wehr.

Fest wie unsere Eichen halten alle Zeit wir stand,

wenn Stürme brausen übers Deutsche Vaterland.

Wir sind die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen,

Heil Herzog Widukind Stamm.

Wo fielen die römischen Schergen? Wo versank die welsche Brut?

In Niedersachsens Bergen, an Niedersachsens Wut.

Wer warf den röm'schen Adler nieder in den Sand?

Wer hielt die Freiheit hoch im Deutschen Vaterland?

Das war'n die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen,

Heil Herzog Widukind Stamm.

Auf blühend roter Heide starben einst vieltausend Mann,

für Niedersachsens Treue traf sie der Franken Bann.

Vieltausend Brüder fielen von des Henkers Hand,

vieltausend Brüder für ihr Niedersachsenland.

Das war'n die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen,

Heil Herzog Widukind Stamm.

Aus der Väter Blut und Wunden wächst der Söhne Heldenmut.

Niedersachsen soll's bekunden: Für Freiheit, Gut und Blut!

Fest wie unsere Eichen halten alle Zeit wir stand,

wenn Stürme brausen übers Deutsche Vaterland.

Wir sind die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen,

Heil Herzog Widukind Stamm.

Herman Grote, 1926

Das Lied ist sicher vor allem politisch zu verstehen, weniger spirituell, auch wenn es im Bereich der Spiritualität immer um Schutz und Abwehr des Bösen, des Fremden, des Feindlichen ging. Von prähistorischen Göttern ist keine Rede. Von MUTTER ERDE oder der GÖTTIN, also der personifizierten NATUR, ist ebenfalls keine Rede. Die Namen von Götter und Göttinnen sucht man vergebens. Erwähnt wird der „Herzog Widukind“, aber der war eine politische Person aus der Zeit Karls des Großen.

Wer ein martialischer Typ ist, wird sich vielleicht von dem Lied angesprochen fühlen. Wer feinfühlig ist, wird es vermutlich ablehnen und sich nicht mit der Vergangenheit (hier um 800) befassen wollen.

Wir können in der Geschichte nicht zurück, das ist eine Tatsache.

Was wir können, dass ist ein neues, ein anderes Identitätsgefühl für das Land entwickeln. Wir müssen heute unsere eigenen „Götter“ in der Heide suchen. Wie wir sie nennen, bleibt vorerst eine subjektive Angelegenheit, denn es gibt kein verbindliches System.

Das ist kein Nachteil, im Gegenteil, es lässt uns Raum für individuelle Sicht- und Empfindungsweisen. Ein von oben aufgedrücktes und durchgesetztes System haben wir lange genug gehabt. Die Kirche hat lange genug den Menschen ihr System einer fremden Religion aufgezwungen. Wie allen bekannt sein dürfte, kommt diese Religion aus einem fernen Land jenseits des Mittelmeeres, und nicht vom Steinhuder Meer oder aus der Lüneburger Heide.

Sei ein neuer Anfang – das kann sich jeder zum Motto machen.

Jeder muss seinen Weg suchen, seinen Weg in die Heide. Ich kann nur Vorschläge machen und Anregungen geben.

Wenn man sich in der Heide Pferde auf einer Weide, Bäume am Horizont, einen Nahrung suchenden Storch, einen ruhenden Stein oder was auch immer genau anschaut, dann kann man sich überlegen, was das Göttliche oder ein Gott, eine Göttin sein könnte. Oder, wenn einem das schon zu viel und zu abstrakt sein sollte, dann nimmt man einfach nur das Wunderbare als solches wahr, das Schöne, das Großartige, das, was einen erfreut und inspiriert.

Heideweg bei Niederhaverbeck

Der starke Baum in Norddeutschland und in der Heide ist die Eiche. Auf dem Foto auf Seite → sieht man im Hintergrund einige Eichen stehen.

In der Nähe des Dorfes Wilsede habe ich vor Jahren eine besondere, solitär stehende Eiche entdeckt. Ein starker, wunderbarer Baum, den man als Zentrum des sakralen Heide-Raumes verstehen kann.

Auf der Westseite des Wilseder Berges, den Westwinden ausgesetzt, steht eine Buche. Ebenfalls ein besonderer Raum, den ich immer wieder gerne besuche. Eine große, stattliche Eiche eignet sich jedoch besser als ein zentraler Baum.

Unter der Eiche liegen einige Findlinge, wie man auf dem Foto sehen kann. Auf einem herzförmigen Stein habe ich meine kleine Trommel, die ich leicht in meinem Rucksack mitnehmen kann, gelegt.

Das Kreuz der Christen ist ein Folterinstrument und ein Symbol des Todes, auch wenn sie immer das Gegenteil behaupten. Ein Baum, eine Eiche ist ein Lebewesen. Dieser Punkt ist erst einmal ganz wichtig: ein Lebewesen mit einer Seele!

Die symbolische Bedeutung kommt danach. Das Lebewesen des Baumes steht für sich, ist Zweck für sich. Unsere Empfindungen und Gedanken sind unsere Reaktionen. Sie können sich im Laufe der Zeit wandeln. Der Baum wandelt sich auch, im Laufe der Jahrhunderte – und es sind seine Wandlungen.

Unter einer großen Eiche bei Wilsede

4. Eigene Kultstätten in der Heide

Vor nunmehr 30 Jahren habe ich in der Heide sogenannte Medizinräder errichtet. Das sind Steinkreise aus acht größeren Findlingen. Jeder der Findlinge steht für einen besonderen Aspekt der Natur, des Lebens.

Feuer (Inspiration)

Ahnen (Herkunft)

Wasser (Gefühle)

Träume (Sehnsüchte)

Erde (Heimat, Verbundenheit)

Gesetze (Prinzipien der Natur)

Luft (Verstand)

Medizin (Heilung und Harmonie)

Diese acht Aspekte bzw. diese acht Steine bilden den zentralen Kern. Auf den folgenden Fotoseiten sind zwei Steinkreise zu sehen. Beide befanden sich im Gebiet des Heiligen Hains. Errichtet wurden sie 1989, später leider zerstört. Von wem, weiß ich nicht. Irgendjemand wollte wohl unbedingt die Steine haben. Wer weiß, wo sie heute liegen? In einem Vorgarten? Vielleicht haben sie ja einen guten Platz, zu wünschen wäre das.

Im Lauf von Jahrzehnten ist mir aufgefallen, wie viele Steine in der Heide irgendwann verschwinden.

Heute habe ich nur noch die Erinnerungen und die analogen Fotos der Steinkreise.

Der erste Steinkreis hatte einen Durchmesser von vier Metern, der zweite, größere einen Durchmesser von acht Metern. Die Steine des ersten Kreisen konnte man zu zweit auf Hölzern tragen, die größeren Steine des Zweiten Kreises nur mit einer Sackkarre bewegen.

Einen Steinkreis umrunden

Ein schönes und intensives Ritual ist die Umrundung eines Steinkreises. Man kann ihn viele Male umrunden. Man kann eine bestimmte Zahl für seine Umrundungen nehmen.

Während der Umrundungen kann man singen, ein Mantra, einen Kehrvers, ein indianisches Lied. Man kann das tibetische Mantra Om Mani Peme Hung nehmen, oder das indianische Lied The earth is our Mother, we must take care of her...

Besser scheint es mir heute (2019) zu sein, wenn man ein eigenes Lied in der eigenen Muttersprache kreiert und singt. Zwei oder drei einfache Verse sollten jedem einfallen. Dazu eine elementare Melodie. Beim Singen kann sich etwas herausbilden. Veränderungen und Variationen gehören dazu. Je intensiver und länger man sich in das improvisierte Singen begibt, desto besser.

Man muss keine Trance anzielen. Wenn sie sich ergeben sollte, dann ist es gut. Ein starkes Gefühl für den Ort, die Erde, die Heide, den Himmel wird sich sicher ergeben.

Auf den Fotos sind die Umrundungwege gut zu erkennen.