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Als Oberinspektor Brewer von der Mordkommission den Mann im Cadillac erkennt, weiß er, dies ist kein alltäglicher Mord. Denn der Tote gehörte zur Elite der New Yorker Unterwelt. Sein Spezialgebiet: Rauschgifthandel - und hinter ihm steht das gesamte Syndikat des organisierten Verbrechens.
Damit beginnt die Jagd auf den Täter...
Frank Arnau, geborener Heinrich Karl Schmitt, auch Harry Charles Schmitt (* 9. März 1894 bei Wien, Österreich-Ungarn; † 11. Februar 1976 in München), war ein schweizerisch-deutscher Schriftsteller.
Der Roman Die Heroin-AG erschien erstmals im Jahr 1962.
Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.
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Veröffentlichungsjahr: 2021
FRANK ARNAU
Die Heroin-AG
Roman
Apex Crime, Band 214
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
DIE HEROIN-AG
Vorwort
Einführung
Erstes Kapitel: Ein Cadillac parkt an der Bowery
Zweites Kapitel: Antonio, genannt Tony Valdiva
Drittes Kapitel: Routine
Viertes Kapitel: Die Stecknadel im Heu
Fünftes Kapitel: Aus kleinen Steinchen wird ein Mosaik
Sechstes Kapitel: Des Tag nach der Tat
Siebtes Kapitel: Belinda van Dooren
Achtes Kapitel: Ein Zeuge scheidet aus
Neuntes Kapitel: Nicht nur die Polizei arbeitet schnell
Zehntes Kapitel: Bei Flanagan
Elftes Kapitel: Singapur-Club
Zwölftes Kapitel: Schüsse in der Nacht
Dreizehntes Kapitel: Vor dem letzten Akt
Vierzehntes Kapitel: Der Vorhang fällt
Als Oberinspektor Brewer von der Mordkommission den Mann im Cadillac erkennt, weiß er, dies ist kein alltäglicher Mord. Denn der Tote gehörte zur Elite der New Yorker Unterwelt. Sein Spezialgebiet: Rauschgifthandel - und hinter ihm steht das gesamte Syndikat des organisierten Verbrechens.
Damit beginnt die Jagd auf den Täter...
Frank Arnau, geborener Heinrich Karl Schmitt, auch Harry Charles Schmitt (* 9. März 1894 bei Wien, Österreich-Ungarn; † 11. Februar 1976 in München), war ein schweizerisch-deutscher Schriftsteller.
Der Roman Die Heroin-AG erschien erstmals im Jahr 1962.
Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.
Strafrecht und Strafprozessordnung in den USA sind von den kontinentaleuropäischen grundlegend verschieden.
Entsprechend ist die Polizeiorganisation anders gegliedert als im alten Kontinent. Die Polizei hat andere Befugnisse, andere Kompetenzen, andere Arbeitsmethoden.
Welche die besseren und wirksameren sind, steht hier nicht zur Diskussion. Es kommt nur darauf an, die Unterschiedlichkeit festzustellen, um das Gesamt geschehen des Romans, der ein Tatsachenbericht sein könnte, klarzulegen.
Der höhere amerikanische Kriminalbeamte ist seiner Rangbezeichnung nach Offizier: Lieutenant, Captain. Seine Befugnisse sind erheblich größer als die seines deutschen Kollegen. Da er vielfach – und ganz besonders in New York – einem organisierten Berufsverbrechertum gegenübersteht, wie es Europa nirgends hervorgebracht hat, sind für ihn völlig andere Gesichtspunkte maßgebend, und er hat im Rahmen eines vom hiesigen gänzlich abweichenden Systems zu handeln.
Die Polizei der großen Metropole Amerikas muss im selben Maße härter und schonungsloser arbeiten, als die amerikanischen Verbrecher hemmungsloser und rücksichtsloser vorgehen. Dennoch bietet das amerikanische Recht mit dem Habeas Corpus, dem Redet des Menschen auf seinen Körper, also auf dessen Freiheit, selbst schweren Kriminellen Auswege, die für die Fahndungsbehörden schwere Benachteiligungen bedeuten. Spezialisierte Anwälte – sie sitzen im Zuschauerraum der Polizeigerichte – warten auf Klienten, vom Verkehrssünder bis zum Verbrecher, und nützen die unwahrscheinlichsten Gesetzeslücken aus, um zunächst einmal den Festgenommenen freizubekommen; sei es durch einen Habeas Corpus oder gegen Kaution. Für die Klienten, die kein Geld haben, aber erfolgreich als Kriminelle bekannt sind, bringen Kautionsgesellschaften die notwendigen Mittel für den Bail auf. Von entscheidender Bedeutung für die polizeilichen Nachforschungen ist die Qualifizierung des Delikts. Die Bundesstaaten sind eifrig bemüht, ihre eigenstaatlichen Kompetenzen zu wahren. In deren engerem Rahmen sieht jeder Sheriff darauf, dass der »ihm gehörende« Ball nicht etwa von einem Konkurrenz-Sheriff der Nachbargemeinde weggeschnappt wird. Es gab mehr als einmal solche Kompetenzkonflikte, wenn eine Tat genau an der Grenzlinie zweier Gerichtsbarkeitsgebiete geschah. Unlösbar wird das Problem, wenn – auch das geschah – ein Ermordeter mit dem Oberkörper auf dem Gebiet der Zuständigkeit des einen Sheriffs, mit den unteren Extremitäten auf jenem des anderen lag.
Das Bild verändert sich beim Vorliegen einer Federal Offense. In diesen Fällen ist nicht der einzelne Bundesstaat, sondern der Staatenbund kompetent.
Entführung und Vergewaltigung, die von einem Bundesstaat in den anderen übergreifen, Steuerhinterziehung, Rauschgifthandel, Menschenraub, worauf seit der Lex Lindbergh die Todesstrafe steht, Verbrechen gegen die Sicherheit der Vereinigten Staaten, Münzfälschung im weitesten Sinne: bei diesen Verbrechen tritt das FBI in Aktion und die anderen Federal Agents. Allerdings wird bei konkurrieren- den Verbrechen der lokale Polizeioffizier gern versuchen, sich zuerst seine eigenen Lorbeeren bei dem seiner Kompetenz zustehenden Delikt zu holen und erst nachher den Bundesbeamten das Feld räumen.
Die Durchsuchung einer Wohnung darf die Polizei nur auf Grund eines richterlichen Search-Warrant – eines Haussuchungsbefehls – vornehmen. Hielte sie sich immer an dieses Gebot, verlöre sie oft entscheidende und unersetzliche Beweismittel. Also setzt die Selbsthilfe ein. Natürlich kann der Wohnungsinhaber später protestieren, Klage erheben, Schadenersatz verlangen. Da die Polizei aber eigenmächtig nur in »sicheren« Fällen vorgeht, kommt es nur selten zu Weiterungen. Das ohne Haussuchungsbefehl von ihr gefundene Beweisstück, mit dem sie einen Mörder überführt, macht zwar die sogenannte Willkür nicht ungeschehen, dient aber der Justiz. Verbrecher rauben und morden auch ohne richterliche Autorisation.
Im Gegensatz zum deutschen Recht braucht der Festgenommene, der Angeschuldigte wie der Angeklagte, nur im Beisein seines Verteidigers auszusagen. Er hat das Recht, sich mit dem Anwalt unter vier Augen zu beraten. Das heißt, er kann schon seine erste rein polizeiliche Aussage auf Grund der Rechtsbelehrung machen, die ihm der Jurist seines Vertrauens erteilt hat. Nun kann der Angeklagte auch nach deutschem Recht die Aussage verweigern, aber er besitzt kein Recht, schon vom Anlauf der polizeilichen Untersuchung an, den Rat eines Verteidigers in Anspruch zu nehmen. Der Unterschied zugunsten des Angeschuldigten in den USA ist augenfällig. Dieses Recht auf Rechtsbelehrung und Beratung vom Beginn der Ermittlungen an kennt jeder Bürger in den Staaten – mag er Bankpräsident sein oder Hafendieb. Die Polizei wird also versuchen, aus dem Festgenommenen unter der Einwirkung des ersten Schocks so viel wie möglich herauszupumpen. Ist erst einmal der Attorney anwesend, der Counselor, wie er vom Richter angeredet zu werden pflegt, so verwandelt sich jeder Beschuldigte in einen Schweiger.
Die Polizei ist oft gezwungen, eigene Wege zu gehen, weil das Gesetz den Gesetzesbrecher stärker begünstigt als den Gesetzeshüter. So zapft sie die Telefonleitungen Verdächtiger an. Das verstößt gegen das Gesetz. Die durch solche illegalen Maßnahmen erhaltenen Beweismittel können vor Gericht nicht verwendet werden. Das Abspielen auf Band auf genommener Gespräche aus angezapften Leitungen lehnte das Oberste Gericht sogar in einem für die USA vom Standpunkt der nationalen Verteidigung hochwichtigen Spionageprozess ab. Das immanente Recht steht eben über jeder anderen Erwägung – und man wird das mit Ehrfurcht vor diesen hohen Richtern anerkennen. Aber wenn auch ein illegal abgehörtes Telefongespräch kein Beweismittel vor Gericht bildet, so kann es doch zur Festnahme eines Flüchtigen dienen oder unmittelbar so bedeutsame Hinweise geben, dass Verbrecher überführt werden können. Nicht durch das bei der Verhandlung unzulässige Tonband, sondern als Folge der aus dem abgehörten Gespräch gewonnenen Kenntnisse. Auch für diese Sparte gilt dasselbe wie für die richterlich nicht vorher genehmigten Haussuchungen: der Erfolg legitimiert das Überschreiten starrer Vorschriften.
Die New Yorker Polizei heißt Police Department. (Das Department of Investigation hat nichts mit ihr zu tun. Diese Dienststelle investigiert – untersucht – nicht Verbrechen, sondern prüft und überprüft städtische Behörden, Arbeitsmethoden und Organisationsfragen.)
Das Police Department zählt 28.000 Polizeibeamte. Hauptsitz: 240 Center Street, New York 13, Phone: CA 62 000. Oberster Leiter der Behörde ist der Commissioner of Police.
Aufgabe des Police Department ist die Wahrung von Ordnung im weitesten Sinne und die Aufgabe, dem Recht Geltung zu verschaffen. Abgesehen von den Hauptdepartments, die sich mit Kriminaldelikten, jugendlichen Delinquenten, Verkehr, Gesundheitswesen und Hygiene, allgemeiner Verwaltung und Gerichtssachen befassen, gehören zur Polizei ein Kriminaltechnisches Untersuchungslaboratorium – Technical Research Laboraty –, das Medical and Surgical Bureau, das Amt des Chief Medical Examiner mit einem Chef und mehreren Assistenten, das in jeder Untersuchung eines verdächtigen oder gewaltsamen Todesfalles eingeschaltet wird, das Engineering Bureau, die Transit System Police, die Communications Division, das Bureau of Planning and Coordination, die verschiedenen Licensing Bureaus und andere Abteilungen.
Die über das ganze Gebiet von New York verteilten Divisionen sind in Precincts unterteilt, die ungefähr großen Polizeirevieren entsprechen. Sie werden von einem Captain geleitet. Die Polizisten machen in drei Schichten Dienst: von acht bis sechzehn Uhr, von sechzehn bis vierundzwanzig und von vierundzwanzig bis acht. Mobile Streifen sind durch das Punk-Ruf-System jederzeit verfügbar. Spezialdetektive, motorisierte Hilfsbeamte, Sonderstreifen und Spezial-Squads ergänzen den Tag- und Nachtapparat.
Besonders stark ausgebaut sind die 3rd Avenue Squad, die Pick Pocket Squad, die auf Taschendiebe ausgerichtet ist, die Safe and Loft Squad, die Forgery Squad und andere Sonderabteilungen.
Die Stadt New York honoriert ihre Polizeikräfte, dem sehr schweren Dienst entsprechend, gut. Der Commissioner bezieht jährlich fünfundzwanzigtausend Dollar, der Chef des Verkehrsdezernats zwanzigtausend, der Chief Medical Examiner fünfzehntausend Dollar.
Die Statistiken zeigen, dass New York relativ und absolut mit an der Spitze der verbrechensreichsten Metropolen der Welt steht. 1958 wurden rund dreihunderttausendverbrechen und Vergehen registriert.
Da die Zuwachsrate in ganz Amerika stark im Anschwellen ist – John Edgar Hoover, der langjährige Chef des FBI, bezeichnete im September 1959 diese Erscheinung als eine nationale Gefahr –, dürfte New York bald mit tausend Verbrechen und Vergehen pro Tag zu rechnen haben. Das ist selbst bei über acht Millionen Einwohnern erschreckend, da die polizeilich erfassten Gesetzesübertretungen erheblich unter der Zahl der de facto begangenen bleiben.
Das Erstaunlichste ist die Belastungsfähigkeit der New Yorker Polizei. Einem ans Vollendete grenzenden technisch-wissenschaftlichen Apparat passt sich ganz besonders in den Reihen der Kriminalpolizei ein Menschenmaterial von ebenso hohen Qualitäten an.
- Frank Arnau
Der Rauschgifte-Welthandel hat nach Schätzungen internationaler Organe in Genf und der Fachausschüsse der Vereinten Nationen im Jahre 1961 einen Konsumentenumsatz von über sechs Milliarden Dollar und damit anderthalb mal so viel wie die gesamten Finanzhilfen der USA an sämtliche unterentwickelten Länder der Erde erreicht. Wahrscheinlich liegen die durch den Rauschgifthandel dauernd in Bewegung gesetzten Mittel noch ganz erheblich höher.
Von diesen rein geldlichen Betrachtungen abgesehen spielt aber, in vorderster Linie in den USA, der Rauschgifthandel, durch den ja erst die Süchtigen mit ihren verschiedenen Narkotika versorgt werden, eine weitaus gefährlichere Rolle. Er bewirkt eine außerordentliche Zunähme der Kriminalität und versorgt Hospitäler und Irrenanstalten mit einer stetig steigenden Zahl von Patienten.
Rauschgift ist wesentlich beteiligt an sämtlichen Formen des Verbrechens in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, da der Süchtige, besonders der jugendliche Konsument, vom kleinen Diebstahl über den Einbruch, den räuberischen Überfall, das Stick-up und Hold-up bis zum Mord in allen seinen brutalsten Ausdrucksformen zu jedem Verbrechen bereit ist, um sich die Mittel zum Erwerb seines Stoffes zu verschaffen.
In den letzten Jahren häuften sich die Fälle der rauschgiftbedingten Verbrechen weit über die Grenzen der USA hinaus.
Meist beginnt die »Sucht« mit dem Reefer, der Marihuana-Zigarette, um dann zu Morphium, Kokain und Heroin zu führen. Jedem dieser Rauschgifte ist die kumulative Wirkung zu eigen; das heißt, zur Erzielung desselben Effekts müssen immer größere Dosen genommen werden. Wenn bei Marihuana die oberste Grenze des Konsumierbaren erreicht ist, wendet sich der Süchtige stärkeren Narkotika zu, bis dann die gewissermaßen letzte Phase der völligen Zerstörung von Körper und Seele durch die schwersten Rauschgifte eintritt.
Man schätzt, dass achtzig Prozent des Rauschgifthandels in den Händen eines Syndikats vereint sind, das in dieser Höhe die Umsätze in den Vereinigten Staaten kontrolliert. Die restlichen zwanzig Prozent entfallen auf einige kleinere Gruppen, die aber meist nur regionale Bedeutung haben. Außenseiter können unbeachtet bleiben. Sie sterben alle erstaunlich schnell nach den ersten Versuchen der Betätigung in dieser Branche.
Der außerordentlich hohe Gewinn, der allen am Rauschgifthandel finanziell Beteiligten zufällt, ist dem sehr hohen Risiko, den ungemein harten Strafen, die auf jeder Art unerlaubten Handels mit narkotischen Mitteln lasten, und den äußerst kostspieligen Abwehrmaßnahmen gegen jede Art von Verfolgung durch die Hüter des Gesetzes angepasst. Die schwersten Fälle städtischer und staatlicher Korruption, der Bestechung von Beamten aller Kategorien und namhafter Politiker zeigen die Geldmacht des Rauschgiftsyndikats.
Seine Mittel sind so bedeutend, dass sie auch zur Bestechung von Diplomaten ausreichen, die durch ihre vor jeder Grenzkontrolle immunen amtlichen Valisen eine besondere Qualifikation zum Schmuggeln haben. 1961 wurde das Gepäck des im Haag akkreditierten Botschafters einer mittelamerikanischen Republik bei seiner Einreise in New York trotz der diplomatischen Immunität geöffnet. Die Beamten des Narcotic Squads fanden und beschlagnahmten sechs Kilogramm Heroin. Seine Exzellenz wanderte ins Gefängnis und wurde bei der anschließenden Gerichtsverhandlung zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Dieser Fang war nur möglich, weil der Botschafter wohl in Holland Exterritorialität genoß, jedoch in den USA keine diplomatischen Vorrechte besaß, da er nicht bei der Regierung in Washington akkreditiert war.
Die Rentabilitätsrechnung der Rauschgiftbranche ist beachtlich. Ein Kilogramm Marihuana kostet in Mexiko und anderen lateinamerikanischen Produktionsstätten etwa zwanzig Dollar. Aus dieser Menge werden durch weitgehende Vermischung mit Tabak etwa 3.200 Reefer-Zigaretten hergestellt, für die der Endverbraucher pro Stück 1.00 Dollar bezahlt, so dass sich jeder einzelne investierte Dollar in 160 Dollar verwandelt! Von diesen entfallen auf das Syndikat etwa 100 Dollar, während die restlichen 60 den Haupt-, Mittel- und Kleinverteilern verbleiben. Die Abrechnungen erfolgen nach strengsten Grundsätzen kaufmännischer Ehrenhaftigkeit. Bei auch nur kleinen Verstößen gegen den Korpsgeist wird geschossen.
Erstlieferanten des Marihuana sind fast ausnahmslos die Eingeborenen tropischer Gebiete, die es aus dem wilden Hanf, dem Cannabis India, gewinnen. Nur das Harz der im feucht-heißen Klima wachsenden Pflanze hat narkotische Eigenschaften. In Mexiko, der den USA nächstgelegenen tropischen Landschaft, ist die Anpflanzung dieses wilden Hanfes verboten, aber die Weite des Raumes schließt eine wirkliche Kontrolle aus. Das rauscherzeugende Harz bildet nur die blühende weibliche Pflanze. Wahrscheinlich ist darauf der feminine Name Maria-Juana zurückzuführen. Da im Spanischen das J als H gesprochen wird, ging dies Narkotikum als Marihuana in das internationale Vokabularium ein.
Die Substanz scheidet sich von den Pflanzen selbst ab. Geht man mit hohen Stiefeln durch ein blühendes Hanffeld, bleibt die klebrige Masse des Harzes am Leder haften. Es ist die einfachste Art, das reine Rauschgift zu gewinnen. Zu Kügelchen geknetet, je nach Bedarf, geschabt oder zu Fäden gezogen und mit gewöhnlichem Tabak vermengt, kommt es in den Handel.
Das Marihuana-Rauchen ruft Halluzinationen mit echten Traumzuständen hervor, die extreme erotische Phantasien erzeugen. Beschränkung von Zeit und Raum hören auf. Physische Hindernisse und moralische Hemmungen entfallen.
Sowohl das aus dem Opium gewonnene Morphium und Heroin wie Kokain werden mit ähnlichen Gewinnmargen, wie sie Marihuana ergibt, gehandelt.
Das Kokain, aus den Blättern des in den Tropen beheimateten Strauches Erythroxylon Coca, hat bei den Süchtigen in Amerika weitgehend das Morphium verdrängt, in erster Linie weil es dem Körper besonders leicht, ohne Injektionsspritze, auf dem Weg über die Schleimhäute, besonders jene der Nase, schnell zugeführt werden kann. Kokain wird rasch resorbiert und übt seine doppelte Wirkung auf das zentrale und periphere Nervensystem aus. Es wirkt schon in sehr schwacher Verdünnung und sichert schon dadurch den Rauschgifthändlern eine hohe Ausbeute.
Aber so wie das Kokain das Morphium überflügelte, wurde es selbst wieder vom Heroin überholt, das als Derivat des Morphiums anfällt. Es ist erheblich giftiger und verbindet mit einer besonders schnellen und tiefgehenden Rauschwirkung gefährliche Exaltationszustände, die zu einem Delirium, bei dem alle ursprünglichen Hemmungen den Wunschträumen untergeordnet werden, hinleiten.
In den USA sind etwa achtzig Prozent aller Süchtigen dem Heroin verfallen.
Der Fabrikpreis des chemisch etwa 820/1.000 reinen Heroins liegt im legalen pharmazeutischen Handel Europas bei 18.000 DM je Kilogramm. In Amerika wird das eingeschmuggelte Produkt zwischen 60.000 DM bis 100.000 DM je Kilogramm bezahlt. Der Endkonsument erhält es als weißes Pulver, das aus achtundneunzig Prozent eines Gemisches von Milchzucker und Chinin und nur zwei Prozent Heroin besteht. Durch dieses Misch-Verhältnis werden aus einem Kilogramm pharmazeutischen Heroin fünf Tonnen Konsum-Heroin hergestellt und damit aus 18.000 DM ein Umsatz von 1,8 bis 2,4 Millionen erzielt.
In letzter Zeit wurde unter dem Zwang ernster Konflikte zwischen den Endverbrauchern und Kleinverteilern die Quote von Milchzucker und Chinin am Konsumentenprodukt etwas herabgesetzt und seine Wirkung durch andere Streckmittel, die narkotische Eigenschaften haben, aber nur einen geringen Bruchteil des Heroins kosten, verbessert. Zu diesen gehören Demerol, Methadone, Metapon, Nembutal und verschiedene Phenobarbital-Präparate.
Die Fachausdrücke im Rauschgifthandel umfassen alle Spezialitäten.
Sarofras sind die billigsten Marihuana-Zigaretten, die besseren Reefer als Panatella oder Messeroie, die stärksten sind unter dem Namen Gun-Geon im Handel. Injektionen heißen Spikes. Kokain-Heroin-Kombinationen: Speedballs. Injektionssüchtige nennt man Skinpoppers, Kokain-Schnupfer Schmeckers. Und Mules sind die Verteiler, die Schüler zum Rauschgenuss verleiten.
Allein in New York verfügt das Narcotic-Squad über zweihundert hochgradig spezialisierte Polizeibeamte, die in zehn Gruppen zu je siebzehn bis zweiundzwanzig Mann tätig sind. Zu ihren bedeutendsten Chefs zählt Inspektor Terranova. Jede Einheit wird durch einen Lieutenant kommandiert. Die Beamten müssen mindestens zwei der vier in diesen Sparten wichtigsten Fremdsprachen: Italienisch, Spanisch, Jiddisch, Deutsch, beherrschen.
Jeder Verstoß gegen das Rauschgiftgesetz ist eine Federal Offence, so dass jederzeit die zuständigen Organe des Bundes, die durch keine Grenze eines Bundesstaates behindert sind, eingreifen können.
Den schärfsten Kampf sagte dem gesamten organisierten Verbrechertum, den Syndikaten, den Gangsterchefs vom Boss bis zum letzten Hoodlum, der jugendliche Justizminister Kennedy, des Präsidenten Bruder, an.
- Frank Arnau,
Lugano, Februar 1962
Das Telefon beim Precinct 1 an der Wall Street schrillte. Der Beamte nahm den Hörer ab, meldete sich, horchte, notierte, wiederholte und sagte dann leicht gelangweilt:
»Alles schön und gut, aber Bowery-Canal-Allen-Street gehören nicht zu unserem Precinct. Melden Sie...«
»Das können Sie halten wie Sie wollen, Sie Flatfood!«, unterbrach ihn dröhnend die unwillige Stimme am anderen Ende der Leitung. »Ich wollte nur meine Pflicht als Staatsbürger erfüllen, das ist alles. Den Cadillac sah ich auf meinem Weg zur Nachtschicht im Block Allen-Houston, und als er viereinhalb Stunden später an derselben Stelle stand, fuhr ich dicht an ihn heran. Der Mann am Steuer saß regungslos, er antwortete nicht auf meine Fragen. Ich sah genauer hin. Der Mann war tot. Offenbar wurde er erschossen. Das ließ ich mich den Nickel für einen Anruf bei der Polizei kosten, aber einen zweiten ist es mir nicht wert. Das wär's.«
»Ihr Name? Von wo aus sprechen Sie?«, fragte Sergeant Burns.
Die einzige Antwort war ein Klicken im Hörer. Der Unbekannte hatte eingehängt.
Burns blickte auf die große Uhr an der Breitwand. Er schrieb eine Kurzmeldung.
»Dienstag, 4. Mai, 3 Uhr 44 Minuten nach Mitternacht Anruf männlicher Stimme, ohne Namensangabe und ohne den Ort zu nennen, woher das Gespräch geführt wurde. Angeblich steht seit mindestens viereinhalb Stunden ein Cadillac am Straßenrand Bowery-Canal-Allen-Street. Fahrer ist nach Angabe des Mannes, der telefonierte, tot, anscheinend erschossen.«
Der Sergeant reichte den Zettel seinem Kollegen.
»Geben Sie es über Teletyper an COBO. Ich rufe inzwischen die Kollegen vom zuständigen Precinct an, damit sie den Tatort absichern.«
Um 3 Uhr 46 Minuten lief die Kurzmeldung über das Band des Fernschreibers in Headquarters Central Office Bureau, und um 3 Uhr 48 legte sie Detektiv Lowett dem diensttuenden Leiter der Mordkommission, Oberinspektor David Brewer, auf den Tisch.
»Anweisungen wie üblich, Chef?«
Brewer überflog die wenigen Zeilen, klappte die Akte, die vor ihm lag, zu, schob seinen Stuhl zurück, stand auf.
»Ich warte am Fuhrpark, verlieren wir keine Zeit.«
Lowett blieb an der Schwelle der Türe stehen, wandte sich um. »Wen nehmen Sie mit?«
»Alle vier.«
Lowett nickte zufrieden und ging.
Als der Oberinspektor unten anlangte, stand das Dienstauto der Homicide Squad fahrbereit, die Gerätewagen des Labors und des Erkennungsdienstes fuhren kurz darauf vor, Doc Kennedy kam missmutig hinzu, stieg zu Brewer in den Fond des Wagens, Gatsky zwängte sich neben den Fahrer, Lowett, Sarg, Sloan nahmen im Gerätewagen Platz.
Mit aufblinkendem Drehlicht und heulenden Sirenen ging es los.
Vom Nebengebäude des Headquarters an der Broom und Centre Street waren es nur wenige Blocks bis zum Parkplatz des Cadillacs, an dessen Steuer ein Toter saß.
»Wir besuchen einen Ermordeten, wenn der anonyme Anruf beim Precinct zutrifft!«, klärte Brewer den Arzt auf. »Natürlich könnte es sich um eine Irreführung handeln, aber dies kommt eigentlich selten vor. Auch wäre es denkbar, dass der unbekannte Beobachter einen unter schwerem Alkoholeinfluss unbeweglichen Fahrer für tot hielt. Allerdings – er gab an, der Mann sei erschossen! Nebenbei, Doc, bei flüchtigem Hinsehen kann sogar ein Fachmann einen Selbstmord für einen Mord halten, nicht? Also abwarten und eine Zigarette rauchen.« Er reichte sein zerknittertes Päckchen dem Polizeiarzt. Er besaß ein halbes Dutzend Zigarettenetuis, aus Leder, aus Silber und eines sogar aus Sandelholz, aber er hatte schon mehrere irgendwo liegengelassen, eines verloren, dass er die wenigen ihm gebliebenen lieber bei sich daheim auf bewahrte und zerdrückte Papierpäckchen in der Tasche trug, als auch die restlichen Andenken irgendwo loszuwerden.
Der Laborwagen und das Auto des Erkennungsdienstes hielten unmittelbar hinter einem mächtigen Straßenkreuzer, den zwei uniformierte Polizisten bereits gegen ein Dutzend Passanten abschirmten.
Brewer, Doc Kennedy und Gatsky entstiegen dem Auto.
Der Sergeant, der dicht am Straßenrand neben dem schweren Luxus-Coupé stand, blieb unbeirrt auf seinem Posten und meldete.
»Auf Mitteilung vom Precinct i fuhren wir im Streifenwagen hierher. Ankunft um 3 Uhr 51. Zu dieser Zeit war fast gar kein Wagenverkehr, und die sehr spärlichen Passanten gingen ihrer Wege. Niemand schien von diesem Cadillac Notiz zu nehmen. Erst als wir beide Posten bezogen, blieben Leute stehen. Wir ließen jedoch niemanden an den Wagen heran, niemand stellte andere als die üblichen Fragen Neugieriger. Wir erkannten am Steuer eine regungslose Figur, die Flecken auf dem Hemd könnten Blutspuren sein. Nichts angerührt, nichts verändert.«
Gatsky schob seine über zweihundert Pfund so dicht an den nachmitternächtigen Passanten vorbei, dass sie ganz unwillkürlich noch etwas zurücktraten.
Lowett, Sarg und Sloan flankierten Front und Seitenteile des Cadillacs, der nach hinten durch die beiden anderen Dienstwagen geschützt war.
Collins, Potter und ihre Beamten schwärmten aus.
Brewer ging zur Türe an der Steuerseite, blickte vorsichtig ins Innere. Er ließ den Strahl seines Leuchtstabes umherwandern.
Am Volant, etwas in die Polster des Einzelsitzes zurückgelehnt, die beiden Arme nach unten hängend, saß ein jüngerer Mann, etwa zwischen drei- und sechsundzwanzig Jahre alt. Bei seinem dunklen Teint und dem ausgesprochen südländischen Typus war eine genauere Schätzung sehr schwer. Ein fliegenförmiger ganz kleiner, aber sehr starker, tiefschwarzer Schnurrbart, nach modischer Art zurechtgestutzt, saß wie angeklebt zwischen der Oberlippe und den fleischigen Nasenflügeln. Ein keckes Hütchen war ihm etwas in den Nacken gerutscht und gab blauschwarz glänzendes, gewelltes Haar frei.
Brewer nickte Doc Kennedy zu und deutete auf die im grellen Lichtschein spiegelglatt schimmernde Hemdbrust.
»Rein Nylon, schmutzabstoßend, wäschefreudig – nicht billig – aber diese bereits ins Bräunliche nachdunkelnden Blutflecke wird man trotzdem so leicht nicht wegputzen können, die Fabrikanten übertreiben. Allerdings hat der glückliche Besitzer dieses feinen Hemdes keine weitere Verwendung mehr dafür. Eigentlich schade, nicht?«
»Wahrscheinlich Herzeinschuss, David«, bemerkte Doc Kennedy. »Das Blut trat erstaunlich genau knapp bei der Brustwarze aus. Seiten, dass sich Selbstmörder so gut treffen – aber manchen gelingt es. Die Praxis lehrte mich, dass so präzise Schützen meist Fachleute sind. Doch wir werden ja sehen.«
Die Techniker des Labors hatten nach Weisungen Collins mit der genauen Fixierung des Standortes der vier Räder begonnen, sie trugen die Messwerte in ihre Tabellen ein, nahmen den Tatort auf Millimeterpapier im Maßstab 1:100 auf, sicherten die Profile der Reifen und alle in der Umgebung auffindbaren deutlichen Spuren.
Die Spezialisten des Erkennungsdienstes tasteten unter Leitung Potters mit ihren Instrumenten die Außenflächen des Cadillacs und der drei hochgezogenen Seitenfenster, den etwa drei Zentimeter überstehenden Rand des Glases neben dem Führersitz, die Windschutzscheibe und die glattpolierten Chromtürklinken ab. Auf Filmfolien fixierten sie die Abdrücke, doch schon nach einer ersten flüchtigen Untersuchung schüttelte Potter den Kopf:
»Praktisch unauswertbare Spuren. Teils Handschuhe, teils Finger, aber alles so völlig verschmiert und unidentifizierbar, dass es schon nach ziemlich vorsorglicher Facharbeit aussieht. Dennoch, wir werden alles in der größtmöglichen Vergrößerung nochmals prüfen, aber viel Hoffnungen möchte ich Ihnen nicht machen, Oberinspektor. Vielleicht findet sich etwas im Wageninnern.«
Brewer wandte sich an Lowett.
»Öffnen Sie die gegenüberliegende Türe und sorgen Sie dafür, dass der Tote nicht etwa aus seiner Lage gleitet, wenn wir den Wagenschlag hier neben ihm auf machen.« Er winkte den Fotografen. »Bitte um Farbstereoaufnahmen, die aus allen notwendigen Blickwinkeln die genaue Position des Mannes festhalten. Es kommt vielleicht auf Zentimeter seiner Körperhaltung an, um die Schusslinie des Projektils mit Sicherheit richtig ermitteln zu können.«
Der Oberinspektor, drückte den Griff nieder, aber die Tür blieb verschlossen. Erst nachdem er den innenliegenden Sicherungshebel mit der schmalen Kante seines Taschenmessers niedergedrückt hatte, ging sie auf. Wie bei allen Coupe-Modellen war sie sehr breit, nach Brewers Schätzung 1,30 Meter, massiv und schwer gebaut.
Die Gestalt am Steuer blieb regungslos an ihrem Platz. Es war, sah man nicht nach den schon gallertartig aufgetrockneten, dunklen Blutstreifen, als sähe der Unbekannte gleichgültig der Arbeit der Polizisten zu.
Doc Kennedy beugte sich bis dicht an den Toten, prüfte mit leicht zugekniffenen Augen alle erkennbaren Einzelheiten.
»Wenn ich nicht irre, liegt rechts am Nebensitz eine Waffe, ein Revolver, um genauer zu sein. Das könnte dafür sprechen, dass sich unser junger Freund hier selbst ins Herz geschossen hat. Die Fälle sind nicht selten, dass die waffenführende Hand eines Selbstmörders in ihre Ruhestellung zurücksinkt, worauf das Mordinstrument ihr entgleitet. Die schon beim Licht der Taschenlampe deutlich sichtbaren Pulverspuren an der Einschussöffnung auf dem Nylonstoff beweisen mit einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit einen Nahschuss. Genaues werden wir bei der Autopsie erfahren.«
Brewer sagte nachdenklich: »Weshalb würde ein auffallend eleganter junger Mann ausgerechnet den Straßenrand der Bowery wählen, um ein allerletztes Mal zu parken.« Er versuchte zu lächeln. »Überdies an einem Verbotsstreifen! Man erschießt sich in seinem Bett, im Schlafzimmer der Geliebten, auf einer Bank in einem sommerlich melancholischen Park – aber am Steuer eines Cadillac-Coupés in einem dunklen Schmutzviertel New Yorks? Das passt nicht zu dem Besitzer eines so teuren Luxusfahrzeuges. Aber abwarten.«
Collins prüfte die Lage der Waffe. »Ich möchte sie nicht durch Einführen eines Stabes in den Lauf hochheben, da bei dieser Manipulation eventuelle Fingerabdrücke auf der Seite des Revolvers verwischt werden könnten, die mit der Polsterbespannung in Berührung ist.«
Er ließ sich aus dem Gerätewagen einen dünnen Kupferdraht bringen, führte ihn durch den Bügel hindurch unter die Trommel und fischte den Revolver freischwebend aus dem Wagen.
»Smith and Wesson, letztes Modell, trotz der kleinen Ausmaße ein tödliches Kaliber.« Er schnupperte am Lauf und am Verschluss. »Riecht so stark nach Trinitrophenol, dass es jeden Chemiker begeistern muss. Wenn auch die letzte Gewissheit nur die Untersuchung des Projektils im Vergleichsmikroskop bringen kann, so halte ich es doch für sicher, dass dies die Tatwaffe ist.«
Er ließ sie behutsam in den Plastikbehälter mit den verstellbaren Querleisten gleiten, legte die Markierungsetikette hinzu und ließ die beiden Verschlusskanten mit Tesafilm zukleben.
Die Fotografen stellten ihre parallelgeschalteten Vakuumblitz-Lampen je nach dem Aufnahmestandort ein und schossen aus jedem Blickwinkel Aufnahmen.
Die Spezialisten des Erkennungsdienstes sicherten alle Spuren im Wageninnern, zeichneten die Konturen der regungslosen Gestalt, ihrer Arme und Hände, mit leicht wieder wegwischbarer Spezialkreide auf den Polsterstoff, fixierten die Stellung der Füße am Bodenbelag, nahmen alle Maße des Wageninnern mit Spiral-Messstäben auf, lasen die Temperatur des Kühlwassers vom Thermometer am Armaturenbrett, stellten die Wärme des Kühlwassers fest und notierten den Tages- und Total-Meilenstand.
Sloan und Lowett meldeten dem Oberinspektor, dass es sich aller Voraussicht nach bei den umherstehenden Passanten um Personen handelte, die zufällig vorbeigekommen und am Wagen mit dem regungslosen Fahrer nur stehengeblieben waren, weil die uniformierten Polizisten sie aufforderten, weiterzugehen. Der polizeilichen Routine entsprechend hatten die beiden Beamten die Ausweispapiere jeder einzelnen Person geprüft und Namen, Beruf und Adresse notiert.
Detektiv Sarg bückte sich dicht an das Metallschild am Armaturenbrett, um den Namen des Besitzers und die sonstigen Angaben abzulesen. Der Mann, der am Steuer des Cadillacs saß, musste keineswegs mit dem Eigentümer identisch sein, aber die Vorschrift, jedes Kraftfahrzeug müsse eine gravierte Plakette mit den entsprechenden Personaldaten aufweisen, gab meist wertvolle Anhaltspunkte für polizeiliche Ermittlungen.
Der Detektiv schrieb den Namen auf, wandte sich an den Oberinspektor. »Tony Valdiva.« Er überlegte. »Kommt mir bekannt vor.«
»Tony Valdiva?« Brewer blies den Rauch seiner Zigarette vor sich hin. »Ich weiß nicht, wo ich den Namen hintun soll, aber jedenfalls habe ich ihn schon einmal gehört, und gewiss nicht im Zusammenhang mit einer Veranstaltung des Vereins Christlicher Junger Männer. Aber...« - er sah den Detektiv an - »...zunächst wissen wir noch nicht, ob der Mann hier am Steuer Tony Valdiva ist. Der Wagen könnte gestohlen oder von seinem Besitzer einem Freund geliehen worden sein.« Er zerdrückte den Stummel, warf ihn weit fort. »Sehen Sie sofort im Erkennungsdienst nach. Wenn dort kein ausreichendes Material vorliegt, so wenden Sie sich an das FBI und den Narcotic Squad. Ich glaube mich erinnern zu können, dass ein Valdiva im Zusammenhang mit Rauschgiften genannt wurde. Sollte unser junger Mann hier Tony Valdiva sein, so ermitteln Sie alles, was vorliegt. Vielleicht findet sich seine Adresse, manchmal melden sich ja diese Gentlemen, um ganz unverdächtig zu erscheinen, sogar polizeilich an.«
Der Detektiv nickte, verglich nochmals seine Aufzeichnungen mit den Angaben des Kennschildes und entfernte sich eilig.
Detektiv Sloan, der inzwischen das Wageninnere mit seinem Leuchtstab nochmals abgesucht hatte, fragte den Chef mit einem eigentümlichen Augenaufschlag: »Ist bei uns je ein Fall bekanntgeworden, dass ein Selbstmörder die Vornehmheit so weit trieb, sich vor seiner Tat Wildlederhandschuhe anzuziehen?«
Brewer beugte sich etwas hastig vor und folgte dem Lichtstrahl.
»Mehr als sonderbar! Natürlich gibt es auch das Ungewöhnlichste irgendwann einmal zum ersten Mal. Dass aber jemand Handschuhe anzieht, bevor er sich ins Herz schießt...« Er blickte um sich, rief Collins und Potter herbei. »Bemerkten Sie eigentlich, dass unser jugendlieber Freund hier Handschuhe trägt?«
Der Laborexperte schüttelte verneinend den Kopf.
»Höchst merkwürdig! Aber ich sah den Toten nicht so genau an, denn die gründliche Untersuchung nehmen wir immer erst nach der Autopsie vor.« Er machte eine gekünstelte kleine Verbeugung zu Doc Kennedy. »Bei Leichen hat der Medizinmann immer Vorrang.«
Brewer zündete sich eine neue Zigarette an.
»Ich denke gar nicht daran, gegen die Etikette zu verstoßen, aber in diesem Fall haben Sie den Vortritt. Ziehen Sie dem Mann die Handschuhe ab und lassen Sie schnellstens alle Testversuche vornehmen, um festzustellen, ob irgendwelche Pulverspuren zu finden sind. Offen gestanden bin ich überzeugt, dass wir nur negative Ergebnisse bekommen werden. Ein Mörder mag sich bedacht Handschuhe anziehen, um keine Fingerabdrücke an der Waffe zu hinterlassen. Aber ein Selbstmörder?« Er sah von Collins zu Potter und dem Polizeiarzt. »Oder ist euch vielleicht ein Fall bekannt, dass ein Selbstmörder, der seinem Leben durch einen Schuss ein Ende setzte, Handschuhe trug?«