Die Hölle erwartet dich - Erwin Kohl - E-Book

Die Hölle erwartet dich E-Book

Erwin Kohl

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  • Herausgeber: 110th
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

Die Hölle erwartet dich... ....und andere Geschichten: Erwin Kohl lässt seine Verbrechen bevorzugt auf humorvolle Art ausüben. Die zwischenmenschliche Komponente kommt dabei nicht zu kurz. Schließlich ist der Mord, wie schon Horst Tappert zu sagen pflegte, die intimste Beziehung zwischen zwei Menschen. Seine skurrilen Figuren spannen einen weiten Bogen von der sinnlichen Verführerin bis zur alternden Auftragsmörderin. Und wenn es darum geht, sich der nörgelnden Schwiegermutter zu entledigen, muss auch mal ein pensioniertes Zirkusschwein namens Klaus-Dieter einspringen. Den Erben kann es egal sein, sie haben einfach "Schwein gehabt"...

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Die Hölle erwartet dich

 

 

 

 

Impressum:

Cover: Karsten Sturm, Chichili Agency

Foto: fotolia.de

© 110th / Chichili Agency 2014

EPUB ISBN 978-3-95865-428-0

MOBI ISBN 978-3-95865-429-7

 

 

Urheberrechtshinweis:

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency“ reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

 

Kurzinhalt

Erwin Kohl lässt seine Verbrechen bevorzugt auf humorvolle Art ausüben. Die zwischenmenschliche Komponente kommt dabei nicht zu kurz. Schließlich ist der Mord, wie schon Horst Tappert zu sagen pflegte, die intimste Beziehung zwischen zwei Menschen. Seine skurrilen Figuren spannen einen weiten Bogen von der sinnlichen Verführerin bis zur alternden Auftragsmörderin. Und wenn es darum geht, sich der nörgelnden Schwiegermutter zu entledigen, muss auch mal ein pensioniertes Zirkusschwein namens Klaus-Dieter einspringen. Den Erben kann es egal sein, sie haben einfach „Schwein gehabt“ …

Der Autor

Erwin Kohl wurde am Niederrhein geboren und hat diese herrliche Tiefebene seither nicht verlassen. Grundlage von bislang zehn Kriminalromanen und zahlreichen Kurzgeschichten sind oft reale Begebenheiten. Die Soziologie der Niederrheiner und ihre vielschichtigen Charaktere prägen seine Figuren.

Inhaltsverzeichnis

Agatha und der süße Tod

Die Hölle erwartet dich

Sport ist Mord

Tausend und ein Tod

Geitz war geil

Klappe für Opa

Agatha und der süße Tod

„Unser letztes Angebot: 450 000 Euro. Das übersteigt den Wert des alten Hofes und der Nutzflächen bei Weitem!“ Zum vierten Mal hatte sie das Angebot erhöht.

Jakob Feldmann schüttelte langsam, mit bedauernd aufeinander gepressten Lippen den Kopf.

„Um Gottes Willen, was wollen Sie denn in Ihrem Alter mit dem riesigen Hof? Den können Sie doch alleine gar nicht bewirtschaften.“

Der Senior stand auf. Mit einer Armbewegung bedeutete er seinen Besuchern, ihm zu folgen.

„Fünf Kühe?“, überrascht wanderten die Augen seiner Nachbarin durch den Stall, der Platz für die zehnfache Menge bot. „Wo ist der Rest?“

Auf das Gesicht des alten Bauern legte sich ein mildes Lächeln. Jakob Feldmann zögerte die Antwort hinaus. Mit sonorem Brummen pumpte die Melkmaschine die weiße Flüssigkeit in den Tank neben ihnen. Feldmann genoss die Verwunderung der korpulenten Frau. Gemeinsam mit ihrem Sohn, dem frischgebackenen Agraringenieur Winfried Egelbach, betrieb sie den Nachbarhof. Feldmann war nicht verborgen geblieben, dass die Egelbachs im kommenden Frühjahr rund ein Drittel ihrer Ländereien zugunsten der neuen Umgehungstrasse an die Gemeinde würden abtreten müssen. Gerade jetzt, da der Junior den Betrieb übernehmen und wieder an die Blütezeit vergangener Jahre führen sollte.

„Bitte folgen Sie mir.“

Über einen ausgetretenen Pfad um die Scheune herum erreichten sie den Weidezaun. Vor ihnen erstreckte sich eine vier Hektar große Wiese. Fünfzehn Schwarzbunte grasten gemütlich in der Frühlingssonne. Als sie ihren Bauer bemerkten, trotteten einige gemächlich in seine Richtung.

„Weshalb sind die nicht im Stall“, wollte Winfried Egelbach wissen. Seine Mutter beschlich eine Ahnung. Sie bedachte Feldmann mit einem argwöhnischen Blick. Dieser lachte ausgelassen.

„Die Damen sind längst in Rente.“ Beiläufig streichelte er einen Kopf, der sich ihm neugierig entgegen streckte. „Das ist übrigens Johanna, ich habe sie nach meiner verstorbenen Frau benannt. Irgendwie erinnert sie mich an sie. Ob es die braunen Augen sind …“, der Bauer massierte nachdenklich sein Kinn. „Die Schwarze mit dem dicken Hintern heißt Angela und schauen Sie dahinten rechts“, er deutete mit dem ausgestreckten Arm auf die Mitte der Weide, „das ist Lady Winter. Sie geht im Herbst immer als Letzte in den Stall.“

Marga Egelbach schüttelte den Kopf.

„Das Vieh gehört doch längst in den Schlachthof. Kostet nur unnötig Geld und bringt nichts.“

Jakob Feldmann zupfte ein Büschel Gras aus dem Boden und hielt es Johanna hin.

„Die Tiere haben mich jahrelang prächtig ernährt. Ich habe beizeiten an meine Altersabsicherung gedacht. Wozu sollte ich sie schlachten lassen? Da erfreue ich mich lieber jeden Tag an ihnen. Für das bisschen Winterfutter reichen die zwei Hektar Ackerland. Die Kühe im Stall stehen ebenfalls kurz vor der Rente. Für die Melkmaschine habe ich bereits einen Käufer. Ich werde mir noch Ziegen und Gänse anschaffen. Vielleicht auch einen oder zwei Kaltblüter, die mochte ich immer schon.“

„Das ist aber romantisch. Ein Landwirt, der mit seinem Vieh gemeinsam in Rente …“

„Du bist jetzt mal ruhig“, fuhr die Frau ihrem Sohn über den Mund. „eine halbe Million Euro, mein allerletztes Angebot.“

Feldmann schüttelte lächelnd den Kopf.

„Was soll ich mit dem Geld? Mir irgendwo eine Wohnung oder ein Häuschen kaufen? Nein, das hier ist mein Leben. Ich bin hier aufgewachsen. Das möchte ich für kein Geld hergeben.“

Marga Egelbach überlegte angestrengt. Nach dem erzwungenen Verkauf der Nutzflächen an die Gemeinde wird ihr Betrieb mit einem Schlag unwirtschaftlich. Im Norden die geplante Umgehungsstraße, im Osten der Wald und im Süden der Ortsrand – die einzige Möglichkeit der Erweiterung bestand im Zukauf dieses Hofes. Sie startete einen letzten Versuch.

„Ich habe mit Ihrem Sohn gesprochen, er hat nicht das geringste Interesse an dem Hof. Sobald Sie das Zeitliche gesegnet haben, verscherbelt er ihn. Wenn Sie mein Angebot annehmen, bleibt das Erbe Ihrer Väter erhalten. Ist es das nicht wert?“

Wieder schüttelte er den Kopf.

„Das geht vielen so. Wir alten Bauern sind eben eine aussterbende Rasse. Wer wird denn heutzutage noch Landwirt?“

Winfried Egelbach wirkte nachdenklich. Seine Mutter zog ihn am Arm und stapfte grußlos davon.

„Weißt du Mama“, begann Winfried während der Rückfahrt vorsichtig, „vielleicht sollten wir uns einfach damit abfinden. Im Bauernecho stand eine Annonce, darin verkauft jemand seinen Hof im Münsterland.“

„Ach ja?“, schrie sie, „und was wird aus mir?“

„Vielleicht könntest du …“

„Was? Den Gartenbauverein im Stich lassen? Meinen Vorsitz bei den Landfrauen abgeben? Aus dem Kirchenchor austreten? Kommt überhaupt nicht in Frage! Wir haben nie aufgegeben. Die Egelbachs hatten immer schon einen Arsch in der Hose.“

Nach kurzem Zögern bedachte sie ihren Sohn mit einem zweifelnden Blick.

„Du guckst ja gar nicht richtig hin, was ist los mit dir“, wollte Hedwig Hennemann wissen. Ihre Freundin reichte ihr seit einer halben Stunde Urlaubsfotos herüber. Marga Egelbach durchfuhr ein leichter Ruck. Sie berichtete von ihrem morgendlichen Besuch bei Feldmann.

„Ich dachte, es war alles klar. Du hast doch gesagt, der Justus will den Hof seines Alten nicht übernehmen.“

Marga Egelbach lachte zynisch. Auf ihre Augen legte sich ein dunkler Schatten. Dann kippte sie den Likör herunter.

„Dachte ich auch. Aber jetzt hat der senile Trottel ein Altersheim für Kühe aufgemacht“, sie führte ihren Zeigefinger an die Stirn. „Sobald die Gemeinde das Land am Eulenweg einkassiert hat, können wir einpacken. Der Hof wirft doch jetzt schon zu wenig ab.“

Verbittert füllte sie die Gläser mit dem rabenschwarzen Lakritzlikör. Hedwig Hennemann bedachte sie mit einem verständnisvollen Blick.

„Dann gehst du halt in Rente. Machst dir auf deine alten Tage ein schönes Leben, so wie ich.“

„Du hast gut reden. Mit dem Erbe von deinem August kannst du schön um die Welt schippern. So ein Glück habe ich nicht. Ich muss hier versauern, bis der olle Feldmann in der Kiste liegt. Und das kann dauern.“

„Kann es. Muss es aber nicht. Prösterchen.“

Ein verräterisches Grinsen legte sich auf das Gesicht von Hedwig Hennemann. Ihre Gläser klirrten aneinander.

„Willst du damit andeuten …“

„Meine Güte, glaubst du, mein August hat freiwillig den Löffel abgegeben? Wenn es nach dem gegangen wäre, hätte er noch seinen Hundertsten gefeiert. Und ich hätte bis ans Ende meiner Tage Ställe misten können, während der Herr in der Dorfkneipe hockt. Aber nicht mit Hedwig Hennemann!“

Der Gastgeberin stockte für einen Augenblick der Atem. Ihre Freundin füllte derweil schmunzelnd die Gläser.

„Du … du hast ihn …“

„Aber Marga“, unterbrach Hedwig ihre Freundin mit gespieltem Entsetzen, „wofür hältst du mich? Prösterchen.“

Mit einem Schluck tranken die Damen den süßen Schnaps, dann rückte die Freundin dicht an Marga Egelbach heran, senkte die Stimme.

„Wofür gibt es denn Fachleute? Kostet zwar, aber rechnet sich.“

Sie benötigte fast eine halbe Stunde, um einen Parkplatz zu finden. Nach zehn Minuten Fußweg stand sie vor der angegebenen Adresse. Kontrollierend griff sie in ihre Handtasche. Es war ihr unangenehm, soviel Bargeld dabei zu haben. Dann zog sie den Zettel ihrer Freundin hervor. Kein Zweifel, die Anschrift war richtig. Ihr Blick haftete an dem getönten Glas des Schaufensters mit der Aufschrift:

Jenseits Reisen

Bestattungen aller Art

Bei uns liegen Sie richtig

Beim Öffnen der Tür erklang ein Läuten, dass sie an Käthe Melchers ehemaligen Krämerladen erinnerte. Der Raum war in ein diffuses Halbdunkel gehüllt. Es roch nach Möbelpolitur. Rechts und links befanden sich je drei Särge. Unsicher trat sie vor den mächtigen Schreibtisch an der Stirnseite. Aus dem Hinterzimmer vernahm sie Schrittgeräusche. Kurz darauf erschien eine Frau um die Siebzig. Die leuchtend blonden Haare wirkten unnatürlich. Anstelle der Augenbrauen befanden sich nur dunkle Striche. Ihr sonstiges Makeup war unaufdringlich.

„Felicitas Fromberg, guten Tag. Bitte nehmen Sie Platz“, sie klang mitfühlend. Marga Egelbach erinnerte sich an die Worte ihrer Freundin. Die Firma „Jenseits Reisen“ würde ihre „speziellen Dienste“ nur auf persönliche Empfehlung und nach entsprechender Legitimation anbieten. Sie faltete erneut den kleinen Zettel auseinander.

„Jenseits der Zeit wartet die Dämmerung“, las sie leise. Der ernste Ausdruck wich aus Frau Frombergs Gesicht, ihre Augen erhielten einen eigenartigen Glanz.

„Darf ich erfahren, wer uns empfohlen hat, Frau …?“

„Egelbach. Marga Egelbach. Meine Freundin Hedwig Hennemann war so freundlich.“

„Die Frau Hennemann, sehr schön. Es geht nichts über zufriedene Kunden. Bitte folgen Sie mir.“

Über einen schmalen Flur und einen kleinen Hinterhof gelangten sie in einen Anbau, dessen grauer Putz an vielen Stellen abgebröckelt war. Disteln behaupteten in den schmalen Fugen der Gehwegplatten ihr Dasein. Das kleine Büro war modern eingerichtet. Frau Egelbach nahm an einem schwarz glänzenden Schreibtisch Platz.

„Hennemann, ich erinnere mich. August hieß er, glaube ich“, begann sie eine Spur zu fröhlich. Frau Egelbach nickte stumm. „Der Gute hatte nicht die geringste Ahnung. Aber ich sage ja immer: Wenn du im Sarg liegst, hat man dich das letzte Mal reingelegt. Wen dürfen wir denn für Sie reinlegen? Die böse Schwiegermutter, den lästigen Gatten? Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf: Wir haben unsere Angebotswoche. Bei zwei Personen gibt`s 30 Prozent Rabatt.“

„Nein … ähem“, ihre Augen flogen über die vielen Postkarten an der Wand und auf dem Schreibtisch. Frau Fromberg nahm eine Karte aus Jamaika in die Hand.

„Alles zufriedene Kunden. Hier zum Beispiel: Urlaub kann so schön sein ohne Karl-Heinz. Tausend Dank, Ihre Frau Raubein. Ist das nicht toll? Ich bin so froh, dass wir unser Betätigungsfeld vor zwei Jahren erweitert haben. Man sagt zwar, gestorben wird immer. Aber wenn man nicht nachhilft, ist es für eine kleine Firma wie unsere sehr schwer, sich auf dem Markt zu behaupten. Und nun raus mit der Sprache, wer muss weg?“

„Es handelt sich um meinen Nachbarn. Wir benötigen seinen Hof. Sein Sohn würde ihn liebend gerne verkaufen, aber der Alte…“

„Kein Problem, forciertes Erben ist unsere Spezialität. Wie hätten Sie es denn gerne?“

„Ich … verstehe nicht.“

Frau Fromberg zog einen Katalog aus der Schublade und schlug ihn auf.

„Fangen wir mal mit Toni an. Toni war früher Messerwerfer im Zirkus. Er musste sich im vorigen Jahr beruflich umorientieren. Der letzte Wurf ging leider … egal. Drei bis vier Würfe und der Drops ist gelutscht.“

Frau Egelbach schüttelte den Kopf.

„Dann kann ich Ihnen Walters Dienste anbieten. Er war früher ein begnadeter Pistolenschütze. Seit der Sache mit dem grauen Star benötigt er gelegentlich den einen oder anderen Versuch mehr, dafür kann ich Ihnen aber einen Preisnachlass gewähren.“

„Nein, das …“

„Kein Problem, Frau Egelbach“, die Geschäftsfrau winkte lässig ab, „wir sind bekannt für individuelle Lösungen. Schließlich sollen alle Beteiligten zufrieden sein, nicht wahr?“

Ohne eine Antwort abzuwarten, blätterte sie weiter.

„Wie wär’s mit Rosi aus Sankt Pauli? Sie verführt ihre Opfer und erwürgt sie danach mit einem Seidenstrumpf. Ein schöner Abgang. Leider nimmt sie bis zum Wochenende an einem Fachseminar in Palermo teil. Wir bilden unser Personal ständig weiter. Das bürgt für Qualität, wissen Sie?“

Marga Egelbach wurde nervös. Die Unternehmerin feuchtete ihren Zeigefinger an und blätterte um. Nach einem kurzen Blick auf die nächste Offerte schlug sie die Hand auf den Tisch. Frau Egelbach erschrak.

„Das ist es! Genau das Richtige für Ihr Anliegen. Unsere liebe Agatha. Sie ist Krankenschwester im Ruhestand. Ihre Spezialität ist „Schwarzes Wasser“. Kennen Sie das?“