Die Hüter der Legenden 2 - Alexander Kühl - E-Book

Die Hüter der Legenden 2 E-Book

Alexander Kühl

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Beschreibung

Robert Stein, genannt Stone, kehrt nach Jahren im Dienst der Organisation Vanessa aus Chicago in seine Heimatstadt Berlin zurück. Zusammen mit weiteren Ex-Mitgliedern plant er einen Neuanfang und errichtet ein Jugendcamp. Eine Anlaufstelle für junge Menschen, die nach einer zweiten Chance suchen. Gemeinsam versuchen sie, die Erinnerungen und grausamen Bilder der letzten Jahre zu verdrängen. Für Stone, Cat und Andy Killmer anfangs ein schwieriges Unterfangen. Schließlich waren sie bei ihren Missionen Zeugen der tiefsten, menschlichsten Abgründe und bewegten sich an Orten, die man zu Recht als Tor zur Hölle bezeichneten. Als plötzlich eine junge Frau an Stones Wohnungstür steht, wird die Gruppe wieder von ihrer erbarmungslosen und unmenschlichen Vergangenheit eingeholt.

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Seitenzahl: 174

Veröffentlichungsjahr: 2025

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HÜTER DER LEGENDEN II LEBEN & TOD

9783819202520

STONE-CREW

Copyright © 2025

Alexander Kühl

Lektorat: Wolfgang Brunner Logos: Markus Lawo Korrektorat: Susi Swazyena Cover: Legend Tales & Graphics Alle Rechte vorbehalten.

E-Mail: [email protected] Website: www.alexander-kuehl.netwww.patreon.com/alexanderkuehl

Shop: www.legends-of-mankind.com

Facebook-Seiten: www.facebook.com/Offizielle-Seite-Alexander-Kühl

Facebook-Gruppen: Stone-Crew

Für euch – euch alle, die meine Bücher überhaupt erst möglich machen. Patreons, Follower, Leser und Leserinnen, Besucher auf Messen, Blogger, Lektoren, Cover-Designer, Familie, Freunde, Kolleginnen und Kollegen.

Besonderen Dank an Holger, Jenny, Lola, Rebecca, Ilona, Louise, Sarah, Susanne, Markus, Alexandra, Andreas, Wolfgang Brunner und Sascha Lubenow. Danke, dass es euch gibt.

Inhaltsverzeichnis

VORWORT

PROLOG

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

EPILOG TEIL I

EPILOG TEIL II

NACHWORT

DAS LEGENDS OF MANKIND

Weitere Informationen

Geplante Veröffentlichungen:

Leseprobe:

ÜBER DAS BUCH:

Robert Stein, genannt Stone, kehrt nach Jahren im Dienst der Organisation Vanessa aus Chicago in seine Heimatstadt Berlin zurück. Zusammen mit weiteren Ex-Mitgliedern plant er einen Neuanfang und errichtet ein Jugendcamp. Eine Anlaufstelle für junge Menschen, die nach einer zweiten Chance suchen.

Gemeinsam versuchen sie, die Erinnerungen und grausamen Bilder der letzten Jahre zu verdrängen. Für Stone, Cat und Andy Killmer anfangs ein schwieriges Unterfangen. Schließlich waren sie bei ihren Missionen Zeugen der tiefsten, menschlichsten Abgründe und bewegten sich an Orten, die man zu Recht als Tor zur Hölle bezeichneten.

Als plötzlich eine junge Frau an Stones Wohnungstür steht, wird die Gruppe wieder von ihrer erbarmungslosen und unmenschlichen Vergangenheit eingeholt.

VORWORT

Ich bin so froh, dass wir mit diesem Buch endlich in die Phase gehen, in der zum ersten Mal so ziemlich alle Organisatoren und Gruppen aus dem Legends-of-Mankind-Universum aufeinandertreffen. Wie lange hatte ich in den vorangegangenen Büchern daran getüftelt, die einzelnen Organisationen mit ihren Personen aufzubauen und in das große Ganze zu integrieren?! Es hat Jahre gedauert, das alles vorzubereiten und jetzt an einem finalen Punkt zu stehen, an dem man alle aufeinander loslassen kann.

Stone-Crew gibt mir erstmalig die Möglichkeit, die begonnenen Erzählstränge zusammenzuführen. Die größte Katastrophe aller Zeiten wartet auf die Menschheit – und sie wird jede Hilfe gebrauchen können.

Nach der Runaways- und Stone-Reihe brauche ich wohl nicht zu erwähnen, wie sehr es mich mit Freude erfüllt hat, alle Charaktere wiederzutreffen. Es fühlt sich an wie ein Klassentreffen oder eine große Reunion-Party. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber wenn ich sage alle, dann meine ich alle!

Jetzt aber Schluss mit dem Vorgeplänkel … es geht los!

PROLOG

Stone blickte durch das Fenster und bestaunte den Sonnenaufgang. Oft war er in den letzten Jahren mit dem Flugzeug unterwegs gewesen und etliche Male wird der Himmel genau so gezeichnet zu sehen gewesen sein, doch er hatte dafür keinen Blick gehabt. Sein Inneres war gefüllt von all dem Gräuel der Menschheit und ließ daher keinen Raum für Ästhetik oder Positives jeglicher Art. Immer mehr wurde Stone deutlich, was er hinter sich ließ, und hatte zeitgleich die Befürchtung, dem nicht entkommen zu können. Ein paar Wochen Erholung lagen hinter ihm. Mit der Liebe seines Lebens Cat und einem langen Weggefährten, Andy Killmer, hatte er sich ein paar Wochen Erholung gegönnt und dabei die Orte dieser Welt bereist, welche er schon immer mal sehen wollte. Nun war er im Anflug zu seiner Heimatstadt Berlin und bereit, ein neues Leben zu beginnen.

»Du kannst wohl nicht schlafen?«, riss ihn Cats Stimme aus den Gedanken. Er wandte sich ihr zu und verliebte sich wie jeden Tag aufs Neue in ihr Lächeln.

»Zum Schlafen werde ich irgendwann noch genug Zeit haben«, antwortete er gewohnt knapp.

Cat holte aus ihrer Jackentasche einen kleinen, in Geschenkpapier verpackten Gegenstand hervor.

Stone standen die Fragezeichen förmlich ins Gesicht geschrieben.

»Wir ziehen Weihnachten vor?«

»Mach schon auf, Babe«, forderte sie ihn auf und konnte es scheinbar gar nicht abwarten, seine Reaktion zu sehen.

Stone riss erstaunt die Augen auf, als ein Babyschnuller zum Vorschein kam.

»Echt jetzt?«

Cat nickte, während ihr vor Freude Tränen in die Augen schossen.

Er schloss sie in die Arme, presste sie ganz fest an sich und flüsterte: »Wir werden Eltern. Das ist unglaublich.«

»Freust du dich?«, wollte Cat wissen.

»Ob ich mich freue? Mehr als das. Ich kann gar keine Worte finden … « Cat legte ihm den Finger auf die Lippen und unterbrach ihn.

»So geht es mir auch. Ich glaube, das ist unser Zeichen, dass unser neues Leben jetzt endlich beginnt.«

Stone lächelte. Sie sprach genau das aus, was er dachte. Er konnte es kaum erwarten, daran zu arbeiten, all das Schlechte hinter sich zu lassen, um Vater zu werden.

»Wollen wir es den anderen sagen?«, fragte Cat, die immer noch lächelte.

Doch plötzlich verfinsterte sich Stones Miene.

»Was hast du denn?«, erschrak Cat.

Stone zögerte zuerst, Cat von einer alten Erinnerung zu erzählen, doch schließlich tat er es dann doch.

»Auch wenn es mir mittlerweile so vorkommt, als hätte ich, bevor ich dich traf, nicht existiert …«, er hielt kurz inne, seufzte und fuhr dann fort, »scheine ich doch noch Erinnerungen daran zu haben.«

Cat legte ihm abermals den Zeigefinger auf die Lippen, welchen er sofort liebkoste.

»Du weißt, dass du mir alles erzählen kannst.«

Stone nickte.

»Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Jahre es her ist, dass meine Ex-Frau schwanger war. Wir waren außer uns vor Freude. Erzählten jedem davon. Wollten diese Nachricht unbedingt mit der ganzen Welt teilen. Und dann … schließlich erlitt sie eine Fehlgeburt und wir stürzten in eine tiefe Trauer. Im Hinterkopf blieb mir stets ein bestimmter Gedanke.«

»Welcher?«

»Wenn wir es für uns behalten hätten, wäre es vielleicht nicht passiert.«

»Das tut mir schrecklich leid.«

Zärtlich strich Cat mit der Hand über Stones Wange.

Nach einem Moment der Stille legte Stone noch einmal nach.

»Ich muss gestehen, dass, nach allem, was ich danach erlebt habe, mein Aberglaube noch mehr gewachsen ist.«

Cat griff nach Stone, zog ihn zu sich heran und küsste ihn zärtlich.

»Dann behalten wir das jetzt erst einmal so lange für uns, bis wir es nicht mehr verbergen können.«

KAPITEL 1

Stone trat vom Flughafengebäude ins Freie und holte tief Luft.

»Berliner Luft«, flüsterte er.

»Ist Berlin nicht eure Hauptstadt?«, wollte Cat wissen.

»Ja. Warum fragst du?«

»Na, weil der Flughafen ganz schön klein für eine Hauptstadt ist.«

Stone lachte.

»Ja. Tegel ist nicht gerade groß, das stimmt. Dafür hat Berlin aber vier Flughäfen.«

»Nicht mehr lange«, mischte sich Ducky ein, die den Tross um Stone, Cat und Andy Killmer begleitete.

Die Schwester von Finnbar O’Neil war nicht nur mit umfangreichen Vollmachten ausgestattet, sondern mal wieder auch am besten informiert.

»Im Süden Berlins bauen sie jetzt einen Hauptstadtflughafen und im Gegenzug werden die anderen geschlossen. Einer hat sich schon verabschiedet und dieser hier kommt auch bald dran.«

»Tatsächlich?«, kratzte sich Stone am Kinn und fügte hinzu: »Ich war einfach viel zu lange weg.«

Es dauerte nicht lange, bis ein kleiner silberfarbener Bus neben der Truppe hielt.

»Das ist aber kein Zufall, dass du besser über meine Heimatstadt informiert bist als ich, oder?«

»Natürlich nicht«, lächelte Ducky und begrüßte den Fahrer des Busses. Ein großgewachsener Mann mit dichten dunklen Locken und einer Brille stieg aus und hob zur Begrüßung die linke Hand.

»Darf ich euch Marvin Baker vorstellen? Er verstärkt ab heute die Organisation Vanessa.«

»Dann bekommt Herb ab jetzt Konkurrenz?«, witzelte Stone.

Ilona Dukes, genannt Ducky, reagierte mit einem heftigen Kopfschütteln.

»Jeder hat bei uns seine festen Aufgaben. Marvins beschränken sich nicht nur auf das Fahren, aber sehr wohl auf den Standort … und das ist Berlin.«

»Klingt so, als würdest du nicht wieder abreisen, wenn du mit uns fertig bist.«

Ducky konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Stone schien die Situation richtig eingeschätzt zu haben.

»Ich werde in dieser Stadt noch länger zu tun haben. Jefferson plant, im Süden der Stadt eine Fertigungsanlage zu errichten.«

»Eine Fertigungsanlage? Was möchte er denn in Berlin bauen lassen?«, hakte nun Andy Killmer nach.

Marvin Baker hatte in der Zwischenzeit das Gepäck im Bus verladen. Die Truppe hatte derweil drinnen Platz genommen und Ducky legte schließlich die Antwort auf Killmers Frage nach.

»Er beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der von Menschen gemachten globalen Erderwärmung und arbeitet an einem Fahrzeug, das kein CO2 mehr ausstößt und deutlich zur Problemlösung beitragen könnte.«

»Das ist krass«, gab Stone einen Kommentar ab, obwohl er nicht viel von diesen Themen verstand oder sich bis jetzt nicht dafür interessierte.

Der Bus bahnte sich den Weg durch Berlins Straßen und Stone staunte, wie sehr sich die Stadt entwickelt hatte. Malls schienen wie Pilze aus dem Boden geschossen zu sein und hatten das Stadtbild gravierend verändert. Er war sehr gespannt, was für eine Übernachtungsmöglichkeit Ducky aufgetan hatte. Und vor allem wo. Als sie am Ortsschild Kreuzberg vorbeifuhren, konnte er sich nicht mehr zurückhalten.

»Wo hast du denn eine Unterkunft für uns gefunden?«

»Unterkunft?«

Ducky lachte kurz auf.

»Warte, wir sind gleich da.«

Tatsächlich hielt der Bus zwei Querstraßen weiter an einem Eckhaus an. Die Gruppe stieg aus und Stone konnte nicht fassen, was er zu sehen bekam. Er traute sich gar nicht zu fragen, ob es sich um das ganze Gebäude handelte oder nur um Wohnungen darin, die sie benutzen konnten. Über einem großen Tor befand sich ein Emblem mit zwei symbolischen Boxhandschuhen. Ohne Zweifel musste es sich um die Räumlichkeiten eines ehemaligen Boxvereins handeln. Stone fühlte ein Stück Glückseligkeit, als er sich dem Tor näherte und ein Schild im Eingangsbereich bemerkte. Darauf befand sich das Vanessa-Emblem, daneben war der Schriftzug: Stone-Crew zu lesen.

»Einen lieben Gruß von Ted Jefferson«, erklang plötzlich Duckys Stimme. Die Finanzmanagerin des Milliardärs tauchte neben Stone auf.

»Das gehört jetzt dir.«

»Das … das ganze Haus?«, stotterte der Hüne mit dem kahlgeschorenen Kopf.

»Ja, der ganze Gebäudekomplex.«

»Wollen wir nicht mal hineingehen?«, fragte Cat aus dem Hintergrund.

»Ja, klar«, antwortete Stone leise, dem vor lauter Ergriffenheit die Stimme wegblieb.

Ducky drückte dem Deutschen einen Schlüssel in die Hand. Stone zögerte nicht und öffnete das Tor in eine neue Zukunft.

Der North American Fight Club-Champion ging voran und der Rest der Gruppe folgte ihm. In der Mitte befand sich tatsächlich ein Boxring. Drumherum standen Hantelbänke und jede Menge andere Trainingsgeräte.

Stone fühlte sich, als wäre er nach Hause gekommen. Der Boden des Rings war mit einer dicken Staubschicht bedeckt.

»Wir müssen hier natürlich noch einiges machen«, versuchte Ducky klarzustellen.

»Es ist perfekt …«, sprach Stone immer noch ergriffen. Jefferson, dieser Teufelskerl, löste scheinbar alle seine Versprechen ein und verhalf der Gruppe so zu einem Neustart in Berlin.

»Morgen trefft ihr euch hier mit Zoe Keller. Sie wird mit euch alles Weitere besprechen. Ihr geht Raum für Raum durch und sie wird eure Wünsche und Vorstellungen aufnehmen und umgehend alles beauftragen. Ihr sollt diesen Komplex schließlich so schnell wie möglich nutzen können.«

»Vorstellungen?«, wiederholte Stone fast wie in Trance.

»Ja. Sagt ihr einfach, was ihr wie und wo haben wollt. Sie wird alles in die Wege leiten.«

Andy Killmer streckte seinen Arm aus, zeigte auf den hinteren Teil der Halle und bemerkte: »Dort muss auf jeden Fall eine Bar hin.«

Der Rest der Gruppe fing an, herzhaft zu lachen.

KAPITEL 2

Stone riss die Augen auf und realisierte schnell, dass er nur geträumt hatte. Es war wieder so eine Nacht, in der ihn die Vergangenheit einholte. Die Zyklen seiner Albträume wurden länger, doch hörten sie eben nicht auf. Immer wieder sah er die schrecklichen Bilder, die sich scheinbar in sein Gedächtnis eingebrannt hatten. Es waren ausschließlich die Missionen, die scheiterten. In denen sie diejenigen, die sie eigentlich finden und retten wollten, tot auffanden. Die Bilder von Cat.

Wie sie zugerichtet war, dem Tode näher als dem Leben.

Zweimal musste er mit ansehen, wie sie fast gestorben wäre. Wenn er sich eines gewünscht hätte, dann, dass er gerade diese Bilder vergessen könnte.

Doch sie quälten und bekräftigten ihn darin, die richtige Entscheidung getroffen zu haben … einen Neuanfang mit Cat zu wagen. Ein neues Leben.

Eines, das nicht nach Tod roch. Das war es, was er wollte. Nichts anderes.

Er richtete sich auf und bemerkte, dass Cat nicht neben ihm lag. Stone lächelte, als er an seine Gefährtin dachte. Sie hatte sich gut eingelebt. Berlin war natürlich nicht Chicago, doch gerade den Kreuzberger Kiez, Stones alte Heimat, hatte sie sofort in ihr Herz geschlossen. Sein Kalkül schien aufzugehen. Er hatte gehofft, dass dies alles für Cat die richtige Ablenkung sein würde, um tatsächlich die Vergangenheit hinter sich lassen zu können.

Natürlich konnte er nicht in ihre Seele schauen, doch vom Gefühl her dachte er, dass es in die richtige Richtung ging.

Er erhob sich, trottete ins Bad und wusch sich das Gesicht. Er zog sich an und ging schließlich nach unten. Die Dachgeschosswohnung war mit dem Trainingskomplex verbunden, sodass er vom Treppenhaus die Halle erreichen konnte.

Schließlich stand Stone im Eingangsbereich und hielt inne. Tief sog er die Luft in seine Lunge und versuchte, diesen Moment festzuhalten. Er war glücklich und auch stolz auf das, was sie gemeinsam in den letzten drei Monaten auf die Beine gestellt hatten. Stone stand einfach da und genoss es, die letzten Handgriffe der Handwerker in der Sporthalle zu beobachten. Mit einer gewissen Demut hatte er am Tag zuvor einem Tischler zugesehen, wie er am Eingangstor das Emblem der Organisation Vanessa und daneben den Schriftzug Stone-Crew ins Holz schnitzte. Stone wusste, wem er das alles zu verdanken hatte. Ted Jefferson war seinem Ruf gerecht geworden. Der Milliardär war wie immer voller Großzügigkeit und hatte Ilona Dukes angewiesen, Stones Wünschen vollends zu entsprechen.

Der Komplex war eine Mischung aus den Orten, die Stone mit Cat in Verbindung brachte. Die Unterkünfte für zukünftige Sportler und das Personal erinnerten stark an die des North American Fight Club. Die Sporthalle, Aufenthaltsräume, Küche und natürlich die Bar waren stark an die Einrichtung der Jefferson Mansion angelehnt. Andy Killmer hatte als Erster die Unterkünfte bezogen, als diese fertiggestellt waren. Bis dahin hatte er bei Stone und Cat in der Dachgeschosswohnung im Gästezimmer gewohnt. Stone war dankbar, dass der gebürtige Deutsche ihm nach Berlin gefolgt war. Er war als Trainer vorgesehen. Killmer war bereits in Chicago von Stones Idee, so etwas wie ein Jugendcamp entstehen zu lassen, hellauf begeistert. Zusammen wollten sie diesen jungen Menschen eine Anlaufstelle bieten, um entweder ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen oder ihren Alltag besser zu meistern.

Das Eingangstor öffnete sich und Ilona Dukes betrat die Halle. Zufrieden begutachtete sie das Werk vieler fleißigen Hände.

»Na, dann kann es ja losgehen.«

»Wir sind bereit.«

Ilona lächelte.

»Es kann wirklich losgehen.«

Stone hob die Augenbrauen. Er wusste nicht, was die Schwester von Finnbar O’Neil damit sagen wollte.

»Worauf willst du hinaus, Ducky?«

»Wir haben die Bestätigung der Behörde, dass wir starten können.«

Stone verstand und konnte seine Freude nicht zurückhalten. Er lachte und klatschte in die Hände.

»Das ist Musik in meinen Ohren. Das heißt …«

Stone stoppte und Ilona beendete den Satz: »Dass wir ab sofort Jugendliche aufnehmen können und sogar vermittelt bekommen.«

»Endlich können wir hier etwas Gutes bewirken.«

Stones Gesichtsausdruck war voller Freude. Es war die Nachricht, auf die er so lange gewartet hatte.

Helfen – das war es, was er wollte. Jugendlichen eine Anlaufstation bieten, ein Stück Zuflucht sein. Hier wollte er ihnen Selbstbewusstsein impfen und zeigen, wie sie sich zur Wehr setzen konnten.

Cat trat plötzlich durchs Eingangstor, sie trug einen Korb gefüllt mit Lebensmitteln unter dem Arm.

Sie schien seine feuchten Augen zu bemerken und legte die Stirn in Falten.

»Ich hoffe, der Anlass ist kein trauriger.«

Ducky schüttelte den Kopf.

»Keine Angst. Eure Genehmigungen sind durch.«

»Das sind sehr gute Nachrichten«, stimmte Cat mit ein und legte freundschaftlich die Hand auf Ilonas Schulter.

»Hast du schon gefrühstückt?«

»Nicht wirklich.«

»Na, dann wird es höchste Zeit«, lächelte Cat ihre Ex-Kollegin an und lud sie ein, es sich gemütlich zu machen.

KAPITEL 3

Sechs Monate später.

»Na los, Dariusz, zeig dem alten Mann, was ich dir beigebracht habe«, schrie Stone in den Ring.

Der junge Mann mit polnischen Wurzeln ließ eine heftige Kombination auf seinen Trainer Andy Killmer prasseln. Killmer versuchte, sich so unbeeindruckt wie möglich zu geben.

»Du trainierst den Jungen hinter meinem Rücken?«, rief der kräftige Trainer mit den langen Haaren, die er immer zu einem Pferdeschwanz gebunden hat.

Stone lachte laut auf und freute sich, dass sein erster Schützling seine Ratschläge eins zu eins umsetzte. Voller Stolz blickte er auf die beiden im Ring. Der Anfang war gemacht. Die Stone-Crew war nun ein vom Staat anerkanntes Projekt, um Jugendliche zu resozialisieren. Die Türen standen endlich jungen Menschen offen, die straffällig geworden waren und trotzdem eine zweite Chance bekommen sollten. Die Stone-Crew wollte diese Herausforderung annehmen und jeder Menge von Jugendlichen helfen. Diesbezüglich arbeitete Stone eng mit der Sozialarbeiterin Sophie Wagner zusammen. Sophie investierte sehr viel Zeit und bemühte sich besonders in dieser Anfangsphase, etwas Struktur und Sicherheit zu vermitteln.

Gleichzeitig versuchte sie aber auch, Stone klarzumachen, dass sie dieses Pensum nicht mehr lange aufrechterhalten könne und er diesbezüglich eine Sozialarbeiterin einstellen müsste. Ducky hatte sich darum gekümmert, ein paar Stellenanzeigen veröffentlicht und tatsächlich führte Stone gemeinsam mit Cat und Killmer schon bald die ersten Vorstellungsgespräche. Doch hatten sie vorab vereinbart, dass bei allen dreien der Funke überspringen müsse, um jemanden einzustellen – und dies war bei keinem Kandidaten der Fall. Bisher hatte dies nur bei Akin Yilmaz funktioniert, einem Koch, der zehn Jahre lang die Welt bereiste und nun wieder sesshaft werden wollte. Dieser sollte nicht nur die Crew kulinarisch versorgen, sondern auch im integrierten Jugendzentrum das Mittagessen zubereiten. Das Jugendzentrum war nicht nur als Anlaufstelle für Kids und Jugendlichen gedacht, denen das Elternhaus keine warme Mahlzeit bieten konnte, sondern es sollte ihnen auch eine Art von Heimat bieten. Ein Raum, wo sie so sein konnten, wie sie waren. Stone betonte immer wieder, dass man niemanden wegschicken würde, der sich aufwärmen wollte oder Hunger hätte. Der Ex-Boxer hegte den Traum einer friedvollen Begegnungsstätte.

Dariusz war nun der erste Schützling der Stone-Crew. Der Achtzehnjährige hatte bereits eine Boxerausbildung in der Jugend genossen, doch falsche Freunde und ein zerrüttetes Elternhaus hatten ihn auf einen anderen Weg getrieben, der ihn mit dem Gesetz in Konflikt brachte. Der Junge hatte sich gut eingelebt und Stone spürte, dass er seine Vergangenheit hinter sich lassen wollte. Dariusz schien zu begreifen, dass es allen Mitgliedern der Stone-Crew genauso erging. Irgendwie hatten sie alle ihr Päckchen zu tragen und suchten nach einem Neuanfang.

»Stone?«, erklang plötzlich die Stimme seiner ehemaligen Kollegin Louise Salpagidis. Die Griechin war überraschend angereist, denn in zwei Tagen stand die Feier des ehemaligen Boxers zu seinem vierzigsten Geburtstag an.

Er drehte sich ihr entgegen und sah neben ihr eine junge Frau mit langen roten Haaren und einer Brille.

»Hey, du musst Manuela sein.«

Ein Lächeln huschte über die Lippen des Mädchens und kurz darauf bestätigte sie die Vermutung mit einem Nicken.

»Robert Stein?«, fragte sie zaghaft.

Stone kniff die Augen zusammen.

»So wurde ich schon lange nicht mehr genannt.

Seit meiner Zeit in den Vereinigten Staaten nennen mich alle Stone.«

»Sie waren in den USA? Haben Sie dort gelebt?«

Stones Gesichtsausdruck wurde plötzlich ernst.

»Wir duzen uns hier alle, Manuela.«

Verlegen hob sie die Arme leicht hoch.

»In Ordnung. Also nenne ich dich Stone?«

»Ich wünschte, ich hätte auch einen anderen Namen.«

»Wirklich?«

Stone kniff die Augen zusammen und überlegte.

»Wie wärs mit Rookie?«

Manuela lächelte. Der Name schien ihr zu gefallen.

»Dann nenne ich dich ab sofort Rookie, in Ordnung?«

»Ja, gerne.«

Stone hielt ihr die Hand entgegen und die junge Frau schlug ein. Cat tauchte plötzlich neben der Gruppe auf.

»Du musst Manuela Mudder sein, Sophie Wagner hat dich bereits angekündigt. Ich bin Cat.«

»Oh, das ist cool, dass alle hier so tolle Spitznamen haben. Ich bin Rookie.«

»Rookie?«

»Ja, Rookie«, brachte sich Stone mit kraftvoller Stimme ein.

»Komm, wir zeigen dir dein Zimmer«, sprach Cat und setzte sich in Bewegung. Rookie und Stone folgten.

»Die Trainingshalle hast du ja schon gesehen. Im hinteren Bereich befindet sich ein weiterer Eingang.

Von dort aus kommst du in das Fitnessstudio. Dort stehen dir verschiedene Sportgeräte zur Verfügung, wenn du dich mal richtig auspowern willst.«

Sie erreichten das Treppenhaus und betraten durch eine Glastür die Etage darüber. Ein Flur erstreckte sich dahinter.

»Stone und ich haben eine Zeitlang in einem Club für Schaukämpfe gewohnt. Wir haben uns bei dem Umbau hier unsere alte Heimat zum Vorbild genommen.«

Stone nickte, während Cat auf eine offen stehende Tür zeigte.

»Das ist unsere Küche. Sie ist immer offen und alles Essbare, was du darin findest, kannst du getrost in die Pfanne hauen. Wenn du Glück hast, triffst du in der Küche auf Louise. Sie macht erstklassige Omeletts.«

»Dann werde ich mir ihre Anwesenheitszeiten merken.«