Die Hüter der Legenden - Alexander Kühl - E-Book

Die Hüter der Legenden E-Book

Alexander Kühl

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Beschreibung

Als der 13-jährige Simon auf sein bisheriges Leben zurückblickt, kommt es ihm vor, als läge ein Fluch darüber: Seine Mutter starb bei der Geburt, der Vater zerbrach daran und nahm sich wenige Tage danach das Leben. Der Junge wuchs bei seinen Großeltern auf, bis Simon den nächsten Schicksalsschlag hinnehmen musste. Geprägt wird er ab diesem Zeitpunkt durch seinen Großvater, den Erfinder Professor Edward Grant, und dessen Assistenten Colja Nowak. Dank ihrer Erfindungen auf den Gebieten der Robotik und künstlichen Intelligenz wird es Simon möglich, der Realität zu entfliehen. Während der Junge wohlbehütet aufwächst, forscht sein Großvater an einem Gottesbeweis. Doch als ein Unfall das Projekt überschattet, muss Simon feststellen, dass sein Fluch ihn längst wieder eingeholt hat oder war alles vorherbestimmt? Doch zu welchem Zweck? »Das Gott-Projekt« ist die erste Fortsetzung der »Stone-Trilogie« und der Beginn einer neuen Reihe: »Hüter der Legenden«, welche uns zu den Wurzeln des Autors führt.

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Seitenzahl: 161

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Über das Buch

Als der 13-jährige Simon auf sein bisheriges Leben zurückblickt, kommt es ihm vor, als läge ein Fluch darüber: Seine Mutter starb bei der Geburt, der Vater zerbrach daran und nahm sich wenige Tage danach das Leben. Der Junge wuchs bei seinen Großeltern auf, bis Simon den nächsten Schicksalsschlag hinnehmen musste.

Geprägt wird er ab diesem Zeitpunkt durch seinen Großvater, den Erfinder Professor Edward Grant, und dessen Assistenten Colja Nowak. Dank ihrer Erfindungen auf den Gebieten der Robotik und künstlichen Intelligenz wird es Simon möglich, der Realität zu entfliehen. Während der Junge wohlbehütet aufwächst, forscht sein Großvater an einem Gottesbeweis.

Doch als ein Unfall das Projekt überschattet, muss Simon feststellen, dass sein Fluch ihn längst wieder eingeholt hat … oder war alles vorherbestimmt? Doch zu welchem Zweck?

»Das Gott-Projekt« ist die erste Fortsetzung der »Stone-Trilogie« und der Beginn einer neuen Reihe: »Hüter der Legenden«, welche uns zu den Wurzeln des Autors führt.

Über den Autor

Alexander Kühl wurde am 4. Mai 1973 in Berlin geboren. Heute lebt er in Thüringen, gemeinsam mit seiner Frau und zwei Kindern. Bereits als kleiner Junge entwickelte er apokalyptische Weltuntergangsgeschichten, mit denen er nicht nur seine Eltern schockte. Ein denkwürdiger Strafaufsatz mit dem Titel »Eine Banane ist ein wundervolles Wurfgeschoss« motivierte den damaligen Schüler dazu, weitere Geschichten niederzuschreiben und an seinem Traum festzuhalten: der Schriftstellerei. In der Jugend wurde er von dystopischen Albträumen heimgesucht, welche er zum Zwecke der Verarbeitung schließlich niederschrieb. Seinen Debütroman (Runaways – Die Gesetzlosen) veröffentlichte er 2017 allerdings im Hardboiled-Genre. Dieser brachte ihm nicht nur den Titel des »Quentin Tarantino der Autoren« ein, sondern katapultierte ihn auch auf die Amazon Bestseller-Charts bis auf Platz vier. Es folgten Science-Fiction-Geschichten und diverse Thriller. Der mittlerweile etablierte Autor ist zudem Gründungsmitglied und Namensgeber des STRANGE TALES CLUBS, einem Autoren-Kollektiv, welches das Miteinander statt gegeneinander exzessiv auslebt. Der Leiter eines Web-Radios für Künstler ist außerdem bekannt dafür, dass er Projekte auf die Beine stellt, welche die Leser mit einbeziehen. Sein bekanntestes ist hier wohl das »Stone-Projekt«, in welchem Fans Charaktere in mehreren Bänden bekommen konnten.

Inhaltsverzeichnis

VORWORT

PROLOG

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

EPILOG

NACHWORT

VORWORT

Als ich mein letztes Buch (»Stone III«) beendete, war ich zunächst etwas traurig. Schließlich ist eine Fortsetzungsreihe für einen Autor immer eine besondere Herausforderung, aber auch ein Geschenk voller Chancen. Eine Fortsetzungsreihe bietet einem immer die Gelegenheit, Charaktere weiterzuentwickeln, und das ist eine Erfahrung, welche mir wirklich viel Freude gemacht hat. Zudem verflog die Traurigkeit, als mir bewusst wurde, dass die Reise doch noch nicht vorbei ist. »Stone III – Tor zur Hölle« war nicht das Ende der Geschichte, es war vielmehr der Brückenschlag zum nächsten Kapitel. Deswegen kann ich es hier noch einmal ganz offiziell mitteilen und alle Fans von Stone, Black, Cat, O’Neil, Cannavaro usw. können aufatmen, denn selbstverständlich spielen die Organisation »Vanessa« oder die Stone-Crew im »Hüter der Legenden«-Geschichtenuniversum weiterhin eine große Rolle.

Daher muss ich sagen, dass, auch wenn ich immer versuche, alle meine Bücher so zu schreiben, dass man sie auch einzeln lesen kann, ohne große Wissenslücken davonzutragen, sie doch alle miteinander verknüpft sind. Daher empfiehlt es sich zumindest, ist aber keine Bedingung, »Stone III – Tor zur Hölle« vorher gelesen zu haben, da es sich hierbei um die erwähnte Brücke ins »Hüter der Legenden«-Geschichtenuniversum handelt.

Außerdem müssen noch einige offene Fragen geklärt werden. Diejenigen, welche den dritten Band von »Stone« gelesen haben, wissen, was ich meine. Was passiert mit Natascha Gramow und Jennifer Moore? Wo sind die Leichen von Nicole Jefferson und Alexandra Marx? Was ist mit Lola van Black passiert? Wird Frost sie in Nowgorod finden, bevor ihr etwas zustößt? Ist das Tor zur Hölle in Nowgorod wirklich geschlossen worden, oder haben sie es möglicherweise sogar weiter aufgestoßen? Wie ergeht es Kimberly Parker und Mike Coleman mit ihrem Adoptivkind? Und natürlich: Was macht Stone? Wie wird es sein, wenn er mit Cat in Berlin ankommt? Werden beide jemals ein normales Leben führen können?

Vielleicht habe ich mit »Stone III« mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Doch ich verspreche, dass ich in den nächsten vier Büchern und einer Novellen-Reihe all diese Fragen beantworten werde. Den Anfang machte bereits »Das Simon-Projekt«. Nun erscheint »Das Gott- Projekt« als aktuelle Überarbeitung und Start einer neuen Reihe. Die Überarbeitung enthält nicht nur neue Szenen, sowie weitere Charaktere und ein neues Ende, sondern auch ein völlig neues Kapitel. Die Hüter der Legenden bilden damit den Startschuss der Rückkehr in das Science-Fiction Genre, welche sich in Stone III bereits angedeutet hat. Nun prallen gleich drei Organisationen aufeinander und stellen sehr schnell fest, dass sie zusammenarbeiten müssen, um eine elementare negative Veränderung der Zustände auf der Welt zu verhindern. »Das Gott-Projekt« führt rasch alte Bekannte und neue Charaktere zusammen. Wer mich kennt, weiß, dass meine Buchcharaktere mitunter reale Menschen als Vorbilder haben können. Meine Leser haben die Möglichkeit, einen Buchcharakter in meinen Büchern zu verkörpern. Sicher möchte ich jetzt hier an der Stelle nicht zu viel verraten, aber einige haben es in dieses Buch geschafft. Über einen neuen Charakter bin ich sehr dankbar. Es handelt sich hier natürlich um Colja Nowak.

Diesen Wunsch hegte ich schon seit einiger Zeit und bin wirklich sehr froh, dies jetzt umsetzen zu können.

Es war ein Schock, als mich im Sommer 2019 die Nachricht ereilte, dass Colja quasi über Nacht wie aus dem Nichts gestorben war. Ohne Vorankündigung, nichts hatte darauf auch nur im Ansatz hingedeutet. Wir alle waren völlig fassungslos.

Hatten wir doch erst gemeinsam mit Colja den Strange Tales Club gegründet und unsere erste Anthologie »Love Noir« herausgebracht. Zusammen hatten wir große Pläne, doch plötzlich waren wir alle wie versteinert – unfähig, zu denken; unfähig, zu schreiben. Wir hatten in einem sozialen Netzwerk einen Gruppen-Chat des Strange Tales Clubs. Dort tauschten wir uns nicht nur über das Projekt aus, sondern lachten, weinten und ärgerten uns auch manchmal gemeinsam. Doch plötzlich kam von Colja einfach keine Antwort mehr.

Colja war so etwas wie die gute Seele des Strange Tales Club. Der Vermittler. Jemand, der befrieden konnte. So jemand ist nicht zu ersetzen, und das hätte die Geschichte des Strange Tales Club bereits nach kurzer Zeit fast beendet.

Doch hat es uns noch mehr zusammengeschweißt, und wir hatten das Bedürfnis, eine weitere Anthologie zu schreiben und diese Colja zu widmen.

Vielleicht besteht der Strange Tales Club gerade deswegen noch.

Noch immer haben wir als Gemeinschaft den Wunsch, eine erste Lesung zu veranstalten. Gerne würden wir diese für Colja in seiner Heimatstadt Hamburg durchführen. Wenn also jemand eine Lokalität dafür zur Verfügung stellen oder vermitteln kann, bitte melden.

Nun darf ich Colja in das »Legends«-Universum einführen, und das macht mich wirklich sehr dankbar. Ich darf ihn damit ehren. Wir können nun etwas Zeit mit ihm verbringen. Ich danke Coljas Angehörigen, dass sie mich in diesem Vorhaben unterstützten. In den nächsten Büchern wird er uns als »Weltenwandler« begegnen. Ich bin mir sicher, dass wir uns irgendwo und irgendwann noch einmal wiedersehen werden, und bin jetzt schon gespannt auf diesen Augenblick. Es liegt auf der Hand, dass ich ihm den ersten Band der Reihe widme.

Danke, Colja!

PROLOG

Simon huschte ins Labor seines Großvaters. Dort fühlte er sich abgelenkt und konnte seiner Realität entfliehen. Es war ein Raum voller Erfindungen und Zauberei. Professor Edward Grant war Tüftler und Erfinder. Für Simon war er so etwas wie der Zauberer von Oz. Was immer Simon sich tief in seinem Herzen wünschte, Großvater erfand und baute es. Dieser Ort war voller Magie und lenkte den zehnjährigen Jungen von allen schlechten Gedanken ab. Simon wurde getrieben von bösen Erinnerungen, welche er oftmals nicht zuordnen konnte. Entstammten diese der Wirklichkeit oder waren es Hirngespinste? Er war sich nie ganz sicher.

Der Junge, der ohne Eltern aufwuchs, ahnte, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. Doch fehlte ihm der Mut, die Geschichten seines Großvaters zu glauben, und als dann auch noch seine Großmutter im Krankenhaus starb, zog er sich noch mehr zurück. Dies änderte sich, als Professor Grant einen Studenten von der Uni in Glasgow, in welcher er unterrichtete, zu seinem Assistenten machte. Colja Nowak war Anfang zwanzig. Simon hatte das Gefühl, dass Colja immer ein sanftes Lächeln im Gesicht trug. Der Junge hatte sich schnell mit ihm angefreundet und durfte ihm sogar assistieren, wenn es darum ging, Werkzeuge zu reichen oder Schrauben festzudrehen.

Simon wusste, dass Großvater und Colja an einem kleinen Roboter arbeiteten, und konnte es kaum erwarten, ihn zum Leben erweckt zu sehen.

»Ist er fertig?«, rief er ins Labor hinein, als er Colja entgegenrannte.

Dieser nahm den Jungen in die Arme und lachte.

»Du kommst genau rechtzeitig, um bei seiner Aktivierung dabei zu sein.«

»Wirklich?«

Colja nickte, setzte den Jungen ab und bewegte sich zum hinteren Teil des Raumes.

»Jetzt kommt der wichtigste Moment überhaupt, denn nur du kannst ihn zum Leben erwecken.«

Aus Simon klang pure Lebensfreude, als er loslachte und Colja folgte.

Simon war glücklich, denn er war wieder einmal in seinem Element. Der Alltag, seine Realität, war ausgeblendet. Simon verwandelte sich in Coljas rechte Hand. Der immer ausgeglichene Assistent seines Großvaters war Simons Eintrittskarte in eine andere Welt.

Colja Nowak hob ein weißes Bettlaken hoch und zum Vorschein kam ein etwa einen halben Meter großer Roboter auf Rädern. Er hatte einen ovalen Kopf und zwei große Augen. Seine Hülle war silbern und teilweise gelb lackiert.

Simon sank voller Ehrfurcht vor ihm auf die Knie und starrte ihn an.

»Wie erwecken wir ihn?«

»Indem du ganz laut seinen Namen sagst.«

»Seinen Namen? Aber ich kenne ihn nicht.«

Colja deutete mit dem Zeigefinger auf die Brust des Jungen.

»Doch, da drinnen steckt er. In deinem Herzen. Tief in dir weißt du, wie er heißt. Sprich den Namen laut aus und er wird lebendig.«

Die Augen des Jungen strahlten.

»Max! Ich nenne dich Max!«

Ein heller kurzer Signalton ertönte und der Roboter schaltete sich ein. Er bewegte seine Augen, die auf Simon eher wie große Lampen eines Autos wirkten.

»Hallo. Mein Name ist Max. Wie ist dein Name?«

Die Stimme des Roboters klang hell und freundlich.

»Simon«, antwortete ein überglückliches Kind.

»Simon, ich bin sehr erfreut.«

KAPITEL 1

Drei Jahre später.

Simon knallte die Tür seines Zimmers hinter sich zu, schmiss den Rucksack auf das Bett und rief nach seinem Roboter.

»Max! Max!«

Dieser aktivierte sich sofort und bewegte sich auf den Jungen zu.

»Simon!«, ertönte seine helle Computerstimme sofort.

»Du bist ja schon zurück. Wie lief deine Physikklausur?«

Simon lachte laut, kniete sich vor Max und posaunte förmlich heraus: »Eine Eins, Max. Ich habe eine Eins.«

»Das ist großartig, Simon.«

Die Stimme des Roboters klang heller als sonst, als er in den Jubel des Jungen einstimmte.

»Komm, Max. Ich muss Großvater finden und ihm sagen, dass sich der Unterricht bei ihm gelohnt hat.«

Simon erhob sich und verließ sein Zimmer. Sein treuer Freund folgte ihm. Der dreizehnjährige Junge warf einen Blick nach ihm und lächelte. Er dachte an den Moment, als er und Colja Max zum Leben erweckt hatten, und reflektierte in einem Augenblick, was in den zurückliegenden Jahren alles passiert war. Max war neben Colja zu seinem besten Freund geworden. Der Roboter war nicht nur einfach eine Maschine. Er hörte zu und war mit einer außergewöhnlichen künstlichen Intelligenz ausgestattet, welche es ihm erlaubte, sich alles Wissen anzueignen, um sich weiterzuentwickeln. Colja sagte immer, dass es eine optimale Gelegenheit sei, die Evolution zu verstehen.

Max war für Simon so etwas wie ein Wunder. Er hatte alles abgespeichert, was die beiden jemals erlebt hatten oder was der Junge ihm anvertraut hatte. Colja und der Roboter waren die Konstanten in Simons Leben. Sie waren sein Halt.

Max hatte auf der Uni, wo Simons Großvater unterrichtete, für Aufsehen gesorgt. Professor Grant hatte Simon mitsamt seinem Roboter mit in den Unterricht genommen und der Junge hatte voller Stolz gezeigt, was Max alles konnte. Die Studenten der Abschlussklasse waren sichtlich von den Socken gewesen, wie lernfähig der kleine Roboter auf Rädern war. Es wirkte fast wie die Vorstellung eines Magiers in Las Vegas. Am Ende hatte Grants Enkel, angeführt von Colja Nowak, die Standing Ovations der Studenten entgegengenommen.

Unwillkürlich musste Simon plötzlich an Colja denken und wurde dadurch aus den Erinnerungen gerissen. Er hatte den Assistenten seines Großvaters schon eine Weile nicht mehr gesehen. Simon wusste, dass sein Großvater und Colja an einem neuen Projekt arbeiteten und beide zeitlich sehr daran gebunden waren. Doch hatte er schließlich noch Max, der ihm nicht von der Seite wich.

»Wie geht es Julia? Konnte sie heute wieder am Unterricht teilnehmen?«, fragte Max plötzlich und holte Simon so endgültig aus der Gedankenwelt.

»Julia? Ja … sie war heute wieder in der Schule.«

Simons Stimme klang etwas verlegen.

Die Augen des Roboters leuchteten kurz auf.

»Das ist großartig. Hast du die Gelegenheit genutzt?«

»Welche … Gelegenheit?«

Simon errötete.

»Du wolltest Julia doch einladen und ihr alles hier zeigen.«

Simon blieb stehen und kniete sich vor den Roboter.

»Es gab leider keinen passenden Augenblick.«

Max’ Augen bewegten sich und es sah so aus, als ob er sie kurz zusammenkniff.

»Ich verstehe nicht. Seid ihr euch nicht begegnet?«

Simon blickte für einen Moment auf den Boden. Er wusste zunächst nicht, was er antworten sollte.

»Doch, wir sind uns begegnet, aber es hat sich keine Gelegenheit ergeben.«

Wieder blinzelte Max. Er versuchte scheinbar, den Jungen zu verstehen.

»Also glaubst du, dass so etwas wie der richtige Moment existieren muss, um bestimmte Dinge zu tun?«

Simon nickte.

Max drehte seinen Kopf hin und her, so wie er es immer tat, um ein menschliches Kopfschütteln zu imitieren.

»Simon, ich glaube, wenn du auf den richtigen Augenblick wartest, wirst du ihn verpassen. Du verschwendest damit deine Lebenszeit, welche, wie ich hinzufügen darf, begrenzt ist. Was ich dir damit sagen will, ist, dass jeder Augenblick ein besonderer ist.«

Simon war gerührt und umarmte seinen Freund aus Metall. Plötzlich schallte Gelächter durch den Gang. Simon konnte es nicht zuordnen. Großvater schien Gäste zu haben und in eine Unterhaltung verwickelt zu sein. Neugierig erhob sich der Junge und bewegte sich in Richtung des Forschungslabors. Simon näherte sich den Stimmen. Erst vernahm er nur Wortfetzen, doch je näher er kam, desto besser konnte er verstehen, was die Besucher mit Großvater besprachen. Es schien sich um zwei Studenten zu handeln, welche ihr Studium erfolgreich beendet hatten und sich von Großvater verabschiedeten.

Der Junge lugte um die Ecke, um einen Blick auf die Personen werfen zu können. Einer von beiden hatte lange Haare, welche zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Der andere trug eine gewöhnliche Kurzhaarfrisur, fiel aber dennoch durch eine Sonnenbrille im John-Lennon-Stil auf.

Simon hörte den väterlichen Klang, welcher grundsätzlich immer in Edward Grants Stimme lag.

»Wie werdet ihr euer Unternehmen in Chicago nennen? Ted Jefferson & Rob Blackland Technologies?«

Der Langhaarige lachte und antwortete: »So etwas in der Art wird es schon werden, oder, Ted?«

Der andere nickte zustimmend.

»Dass wir uns beim Namen einig werden, wird vermutlich das geringste Problem sein.«

Professor Grant hob fragend die Augenbrauen.

»Wobei wird es denn dann Probleme geben?«

Der junge Mann mit dem Aussehen eines Rockers wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.

»Wir sind uns vermutlich noch nicht ganz einig, welcher Zweck hinter unseren Forschungen stehen soll.«

Fragend blickte Grant zu Ted Jefferson. Dieser nahm seine Sonnenbrille ab und antwortete: »Rob will schnellstmöglich Geld verdienen.«

»Willst du kein Geld verdienen?«

»Doch, doch, aber nicht um jeden Preis.«

Der Professor lächelte.

»Dann passt ihr doch wunderbar zusammen. Meine Emma sagte immer, dass Beziehungen jeglicher Art am besten funktionieren, wenn ihnen offensichtliche Gegensätze innewohnen.«

Rob Blacklands Gesicht nahm plötzlich ernste Züge an.

»Professor, das, was Sie uns gezeigt haben … Ihre Forschung im Bereich der künstlichen Intelligenz ist in höchstem Maße inspirierend. Emma ist ein absoluter Meilenstein.«

Professor Grants Gesicht verfinsterte sich für einen Augenblick, doch schließlich breitete sich wieder ein Lächeln aus.

»Ich hatte schon die Befürchtung, dass es euch zu skurril ist, was ich euch zeige, und ich euch damit verschrecke.«

Blackland schüttelte den Kopf.

»Skurril ist es nur für diejenigen, welche nicht bereit sind, für den Fortschritt von der Norm abzuweichen. Wie ich schon sagte, Professor, Sie inspirieren mich wie kein anderer. Das, was Sie mit dem kleinen Roboter für Ihren Enkel gemacht haben, war schon genial, doch Emma toppt alles. Wie hieß er noch mal?«

»Max«, erklang Simons Stimme und trat aus dem Hintergrund.

Blackland lachte.

»Ja, genau. Da ist er ja. Hallo, Max.«

»Hallo, Sir«, antwortete Simons treuer Freund.

Professor Grant verschränkte derweil die Arme.

»Max ist genial, dem kann ich nur beipflichten. Allerdings möchte ich mich nicht mit fremden Federn schmücken, denn entwickelt haben ihn mein Assistent Colja Nowak und mein Neffe Simon.«

Blackland lächelte.

»Ja natürlich. Ich erinnere mich an ihn. Da haben Sie sich einen guten Schüler ausgesucht.«

»Den besten«, ergänzte Simon und Max gab einen hellen Ton von sich, als stimmte er dem Jungen zu.

Ted Jefferson klopfte seinem Kollegen auf die Schulter, als wolle er ihm damit signalisieren, dass es jetzt besser an der Zeit wäre, zu gehen.

Blackland nickte und strich dem Jungen väterlich über den Kopf.

»Auf deinen Werdegang bin ich schon sehr gespannt.«

Die beiden Männer verabschiedeten sich und verließen schließlich den Vorraum des Labors.

Grant wandte sich an seinen Enkel.

»Na, Simon, was führt dich hierher?«

Der Junge strahlte plötzlich, als er antwortete: »Eine Eins in der Physikklausur.«

»Das ist ja großartig.«

Edward Grant lachte und umarmte seinen Enkel. Doch plötzlich wich aus Simons Gesicht die Freude.

»Das ist aber scheinbar nicht alles, was dich hierherführt.«

Simon schüttelte den Kopf.

»Was ist mit Colja? Ich habe ihn seit Tagen nicht mehr gesehen?«

»Lass uns ins Labor gehen«, antwortete Grant sofort.

Er legte seine Hand auf eine Vorrichtung und die runde Eingangstür schob sich zur Seite. Simons Augen wurden jedes Mal größer, wenn er diesen Bereich seines Großvaters betrat. Es war diese Art voller Magie, welche scheinbar alles wahr machen konnte.

An einem Pult stand Emma, der Humanoide, für den Blackland so geschwärmt hatte. Äußerlich sah Emma wie ein Mensch aus. Nichts an ihr gab ihre wahre Identität preis. Sie war optisch komplett menschlich, selbst ihre Stimme ließ nicht auf eine Maschine schließen. Doch das war nicht alles. Das, was Grant im Gespräch mit den Männern als skurril bezeichnet hatte, war dem Umstand geschuldet, dass Emma nicht nur den Namen seiner verstorbenen Frau trug, sondern auch das Aussehen. Sie war das komplette Abbild von Simons Großmutter, nur eben jünger. Aus der Zeit, als er sie kennengelernt hatte.

»Wie sieht es aus?«, wollte Grant von Emma wissen.

Kopfschüttelnd zeigte sie auf eine durchsichtige Röhre, welche bis zur Decke des Labors reichte. Sie war leer.

»Colja hat den Wiedereintritt verpasst. Er ist sozusagen seit sechs Stunden überfällig. Damit hat er den ›Rückkehrpunkt‹ überschritten. Wir können nichts mehr tun.«

Grant stützte sich an einem anderen Pult ab und blickte auf einen großen Monitor, auf dem Zahlen und Buchstaben durchliefen.

»Verdammt«, stieß er aus.

»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Simon seinen Großvater. Dieser senkte die Augen zu Boden und schwieg. Schließlich blickte Simon zu dem Humanoiden, doch Emma winkte ab. Entweder wollte oder konnte sie die Frage nicht beantworten.

»Was ist los, Großvater?«, hakte Simon nach und seine Stimme klang dabei energischer.