Die illusorische Gemeinschaft - Marc Augé - E-Book

Die illusorische Gemeinschaft E-Book

Marc Augé

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Beschreibung

Die Welt wächst immer stärker zusammen, gleichzeitig wollen die Menschen nicht darauf verzichten, sich der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft zu versichern. In seinem brillanten zeigdiagnostischen Essay hinterfragt Marc Augé die Grundlagen von Gemeinschaft und stellt sie in einen kulturgeschichtlichen Rahmen, der Sinn und Unsinn der Grenzen zwischen Menschen beleuchtet: Eine Existenzberechtigung hat sie nur da, wo sie die Begegnung und den Austausch der Individuen fördert.

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Seitenzahl: 28

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Marc Augé

Die illusorische Gemeinschaft

Aus dem Französischenvon Till Bardoux

Die globale Welt ist auch eine Welt der Diskontinuität und des Verbots: private Städte, private Viertel, »gesicherte« Wohnanlagen. Nur mithilfe von Codes haben wir Zugang zum Konsum (handelt es sich nun um die Zugangscodes zu Wohnhäusern oder Arbeitsstellen, um Kreditkarten, Handys oder spezielle, von den Großmärkten, den Fluggesellschaften usw. ausgestellte Karten).

Im Gegenzug ist die dominierende Ästhetik eine Ästhetik der Distanz, die uns leicht all diese Effekte des Bruchs ignorieren lässt. Die Satellitenfotos und Luftbilder gewöhnen uns an eine globale Sicht der Dinge. Die Büro- oder Wohnhochhäuser erziehen den Blick, so wie es das Kino und mehr noch das Fernsehen tun.

Rufen wir einige Bilder der Welt von heute in Erinnerung, einige jener Bilder, die sich manchmal im Fernsehen unserer Betrachtung darbieten, aber auch solche, in denen die Landschaft zunehmend einem Bilderbuch ähnelt: aus dem Flugzeug, das uns von Stadt zu Stadt, Land zu Land oder Kontinent zu Kontinent bringt, von den Autobahnen und Brücken, die uns mitunter das Gefühl geben, über die Erde hinwegzufliegen, aus den Schnellzügen, deren hohe Geschwindigkeit ebenso die räumlichen wie die zeitlichen Anhaltspunkte verlagert. Diese alltäglichen Bilder sind Bilder einer »globalen« Welt, die sich als eine Welt »ohne Grenzen« präsentiert, einer Welt, in der sich die »Nicht-Orte«, die Räume der Kommunikation, des Verkehrs und des Konsums, unablässig ausbreiten und in der einige der äußeren und inneren alten Grenzen der traditionellen Orte aufgehoben werden.

Auf den von Satelliten in der Nacht des Weltraums aufgenommenen Fotos scheinen glitzernde Lichtbänder die urbanen Ballungszentren in stetem Glanz zu verknüpfen; der Strom der Autos fließt die Schnellstraßen entlang wie dickflüssiges Blut; die Internetbenutzer navigieren auf ihrem Computer der Begegnung mit unbekannten Gesprächspartnern entgegen; ein chinesischer Emigrant in Frankreich oder Italien sieht seine Eltern live vor der Webcam eines Freundes aus Peking grüßen. Sommerfrüchte füllen im Winter die europäischen Supermarktregale. In manchen Ländern sind die vielen Parabolantennen an den Fenstern eine Verbindung zu den Herkunftsländern der Bewohner; in anderen Ländern sind sie eine Brücke zur Außenwelt, wie ein Hilferuf (die algerischen Fundamentalisten täuschten sich nicht, als sie sie »Paradiabolantennen« nannten). Die mit Mobiltelefonen aufgenommenen Fotos erlauben es, Kriege, Aufstände und Repressionen, die sich am anderen Ende der Welt zutragen, live mitzuverfolgen.

Wir erleben die Anfänge des Weltraumtourismus, der es Reisenden im Zustand der Schwerelosigkeit erlaubt, den Planeten von ferne zu betrachten und aus ihm eine Landschaft zu machen. Aus dieser Entfernung bietet der Planet Erde ein Bild der Einheit. Eine letzte Grenze ist überschritten worden; jenseits von ihr erscheint er nur noch als eine kleine, strukturlose Kugel.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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