Die Jagd auf den Wolf - Matthias Blazek - E-Book

Die Jagd auf den Wolf E-Book

Matthias Blazek

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Beschreibung

Heute ist der Wolf in den Wäldern Mitteleuropas wieder auf dem Vormarsch, und zwar ausdrücklich gewollt. Noch vor rund 100 Jahren wurde er gnadenlos bejagt und bis auf ein vorerst letztes Exemplar, das im deutschsprachigen Raum im Jahre 1904 geschossen wurde, erbarmungslos verfolgt – auch als Nahrungskonkurrent des Menschen. Mit Blick auf den nun von der Lüneburger Heide in Richtung Süden wieder vordringenden Wolf stellt Matthias Blazek in seinem jüngsten Werk dar, wann und wie im norddeutschen Raum die letzten freilebenden Wölfe erlegt wurden. In früheren Zeiten waren diese Raubtiere große Nahrungskonkurrenten des Menschen, die immer dann Furcht und Sorge verbreiteten, wenn sie dem Menschen und seinem Vieh zu nahe kamen. Jeder Territorialfürst ließ sorgfältig verzeichnen, wann und wo ein Wolf auf seinem Hoheitsgebiet erlegt wurde. Westlich von Becklingen und Wardböhmen wurde 1872 gleich zu Jahresbeginn der vorerst letzte Wolf in der Lüneburger Heide gesehen und geschossen. Schütze war ein ehemaliger Jagdbegleiter von König Georg V. Dieser war schneller als die Präparatoren und ließ sich aus dem Wolfsfell nach einigen Zurschaustellungen einen dekorativen Fußteppich anfertigen. 1929 wurde an dem Ort des Ereignisses ein Gedenkstein aufgestellt. Der am 27. Februar 1904 in der Oberlausitz erlegte "letzte Wolf Deutschlands" ziert heute als Präparat den Eingangsbereich des Museums in Hoyerswerda. Dass es am Ende doch nicht der letzte Wolf war, ist bekannt. Seit 1990 steht der Wolf in Deutschland zudem unter Naturschutz. Aktuell gibt es in Niedersachsen wieder mehrere Wolfsfamilien, die überwiegend im Landkreis Celle und im Wendland heimisch sind, aber nahezu überall in Deutschland ihre Spuren hinterlassen. Man lässt sie gewähren. Noch. Mit seinem neuen Buch wendet sich der Journalist und Historiograph Matthias Blazek an Heimatkundler und jeden, der an der Geschichte des Wolfs in Deutschland interessiert ist, die ganz überwiegend eine Geschichte der Bejagung ist.

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Seitenzahl: 210

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ibidem-Verlag, Stuttgart

„Der Wolf, Canis lupus, gehörte in alter Zeit zu den häufigsten Raubthieren im nördlichen Deutschland; er ist nur durch die Kultur und eifrige Verfolgung aus unseren Gegenden verdrängt worden, während er in den osteuropäischen Ländern noch jetzt stark verbreitet ist.“

C.Struckmann, Über dieJagd- undHaustiere derUrbewohner Niedersachsens.Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen, Hannover1895,S.96

Fotos der freilebenden Wölfe auf dem Umschlag:Volker Rudolf, Naturfotograf

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort
Vorwort
Die Jagd auf den Wolf
Der Tiger von Sabrodt
Anlage 1: Bär, Luchs und Wolf im Harz:
Anlage 2:Stattliche Gebäude als Amtwohnung für die Jägerschaft:
Anlage 3:Ohne ihn lief bei der Jagd in der Göhrde nichts:
Anlage 4:Er dachte stets an den Lebensunterhalt seiner Tochter Dorette:
Anlage 5:Er war ein Mann von bestem Rufe:
Anlage 6:Wildbret im Fürstentum Lüneburg:
Anlage 7:Die Ereignisse vom Dümmer See 1733:
Anlage 8:Der Erfolg vom 11. Januar 1851:
Anlage 9:Schier endlos wirkender Wald:
Anlage 10:Einmal wieder ein „letzter deutscher Wolf“:
Anlage 11:Das Ereignis des Jahres 1948:
Anmerkungen

Geleitwort

Liebe Leser,

wohl keine andere Tierart hat in der letzten Zeit soviel Berücksichtigung in den Medien gefunden,wiecanis lupus. Ging es ihm in der Vergangenheit, etwa im Dreißigjährigen Krieg, mächtig an die Kehle, so fand im Zuge seiner Neubesiedlung im norddeutschen Raum in den letzten Jahren nach anfänglicher Euphorie eine durchaus nicht zu unterschätzende Anhängerschar seiner Anwesenheit in unmittelbarer Nähe.

Diese Anwesenheit wird durch die Gesetzgebung nicht nur gewünscht, sondern auch in vollem Umfang gedeckt. Der Wolf genießt in vollem Umfang den Naturschutz. Zuwiderhandlungen werden mit empfindlichen Strafen geahndet.

Am Ende des Mittelalters fürchtete der Mensch, der Wolf könnte, wie in Sagen und Märchen beschrieben, das Leben von Menschen gefährden. Diese Befürchtung hielt erstaunlich lange.

Der Wolf gilt als Urvater sämtlicher Hunderassen. Durch viele Beobachtungen und Aufzeichnungen wurde belegt, dass der Wolf als eines der sozialsten Lebewesen bezeichnet werden kann.

In vielen öffentlichen Diskussionen haben sich folgendeArgumente für und gegen den Wolf herausgestellt:

Für:

·In das Gleichgewicht der Natur sollte der Mensch nicht eingreifen

·Bereicherung der Tierwelt

·Der Wolf hat, wie fast alle Kreaturen, seine Daseinsberechtigung

·Gegenüber dem Menschen kann der Wolf eine bessere Auswahl seiner Beutetiere treffen

Gegen:

·Wölfe reißen im Freien gehaltene Tiere

·Die Beutetiere verenden oft qualvoll

Gerhard Brenneke

Heimatverein Wettmar

Vorwort

In diesemBuchwird mit Blick auf den von der Lüneburger Heide inalleRichtungen vordringenden Wolf dargestellt, wann und wie im norddeutschen Raum die letzten freilebenden Tiere erlegt wurden. In früheren Zeiten waren diese Raubtiere die großen Nahrungskonkurrenten des Menschen, die immer tiefe Spuren hinterließen, wenn sie dem Menschen und seinem Vieh zu nahe kamen. Jede Herrschaft rühmte sich zudem, wann und wo der letzte Räuber auf ihrem Hoheitsgebiet erlegt wurde.

Westlich von Becklingen wurde 1872 gleich zu Jahresbeginn der vorerst letzte Wolf in der Lüneburger Heide gesehen und geschossen. Schütze war der Förster H. Grünewald, ehemals ein Jagdbegleiter von König Georg V., der 1892 in Wardböhmen bei Bergen in Pension trat. Der 1929 dort aufgestellte Stein trägt die Inschrift: „Am 13. Januar 1872 wurde hier der letzte Wolf in Niedersachsen erlegt.“ Grünewald war schneller als die Präparatoren und ließ sich von dem Wolf nach einigen Zurschaustellungen einen dekorativen Fußteppich anfertigen.

Der damals erlegte Wolf war der letzte von insgesamt 15 Wölfen, die im 19. Jahrhundert in der Lüneburger Heide ihr Ende fanden. 1929 wurde im Becklinger Holz an dem längst hübsch gestalteten Platz des Ereignisses ein Gedenkstein aufgestellt.

Der am 27. Februar 1904 vom Privatförster Paul Brämer in der Oberlausitz erlegte „letzte Wolf Deutschlands“ ziert heute als Präparat den Eingangsbereich des Museums in Hoyerswerda. Dass es am Ende nicht der letzte Wolf war, ist bekannt. Und 1990 wurde der Wolf im vereinigten Deutschland unter Naturschutz gestellt.

Allein zwischen 1945 und 1982 wurden im Raum der Lüneburger Heide noch einmal sieben Wölfe zur Strecke gebracht, darunter 1948 der berüchtigte „Würger vom Lichtenmoor“. Im Mai 1991 wurden in Brandenburg zudem innerhalb weniger Wochen vier Wölfe illegal geschossen. Und aktuell gibt es in Niedersachsen wieder mehrere Wolfsfamilien, die im gesamten Landkreis Celle und im Wendland ausgemacht werden und inzwischen überall ihre Spuren hinterlassen. Man lässtsiegewähren. Noch.

Es fällt auf, dass sich bislang vor allem1881der niedersächsische Zoologe Simon Albrecht Poppe (1847-1907),1904 der Heimatschriftsteller und JägerHermann Löns(1866-1914),1942 der Forstmeister aus Steinkrug am DeisterAlbert Schraube(1861-1950)und2004 der HistorikerGerd van den Heuvel intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Jeder von ihnen hat ein wenig von der Arbeit des Vorgängers in die eigene einfließen lassen, ebenso wie der Verfasser des Vorliegenden.

Die Jagd auf den Wolf

Wölfe sindin Deutschlandwiederein großes Thema geworden. Sie haben hier wieder ihr Zuhause gefunden und dringen jetzt im Zuge ihrer Wanderungen bis in denCellerSüdkreis vor. Jäger wollenIsegrimbereits in Fotofallen nördlich von Hannovergetappt wissen.

Wölfe kehren allmählich wieder in ihre alte Heimat zurück. Früher tratensieim Raum um Celle recht zahlreich auf, vor allem nach Kriegen, wie dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Damals hatten sie sich in der verwüsteten Lüneburger Heidestark vermehrtund waren zur Geißel der Menschen, des Wildes und ganz besonders des im Wald gehüteten Viehes geworden. Im 17. Jahrhundert, der so genannten Wolfzeit, wurden daher zum Schutz der Untertanen Wolfsjagden durchgeführt, zu denen Jagdfolge zu leisten war und die teilweise erhebliche Strecken erbrachten.

In noch früheren Zeiten kamen die Wölfe sogar bis vor die Tore der Stadt Hannover, und im RoderBusch(Roder Bruch/Hannoversches Bruch)mussten in einem Jahre mehrere Wolfsjagden abgehalten werden. In dem Lohnregister (der Stadt Hannover) von 1493 finden sich folgende Aufzeichnungen über Wolfsjagden im Roderbusch: „25½Schillinge dem Holtfogede vor 6 Dage und twen, isliken vor 5 Dage und dren, isliken 1½Dag, doso de Wulwe jageden in dem Roderbuske tom andermal. 2 Schillinge einem Boden, de de Lantlude verbode to der Wulwejagd. 1 Punt Harmen Wynten vor 1 Tunnen Bers und vor Brot, dat de Mennen von Horingbarghe, das heißt Harenberg, hadden verteret so synem Hus, als se hadden wesen in der Wulwejagd mit oren Roden in dem Roderbuske.“[1]

Vom Jahr 1555, Dienstag nach Catherine,datiert ein SchreibenvonGeorge GrafzuGleichen und Herr zu Tonna (1509-1570) an Dietrich Edlem Herr zu Plesse (1499-1571) wegen Übersendung eines Schweinsrückens und Nutzen seines Hundes auf der Wolfsjagd: „(…) Daß e. L. etzlicheWolffe sollen gefangen habenn bericht werden, vnd wir nicht wissen kund, wie sich vnser alter hundt wawß In der selben wolfs Jagt gehalten.“Den Schweinsrücken wollte der Absender an den Grafen und Herrn von Hennenberg weiterleiten.[2]

Nachdem bekannt geworden war, dass einige Bauern am Rande des Sollings durch Wölfe Vieh verloren hatten, erteilte der Wolfenbütteler Herzog Julius (1528-1589) am 29. Januar 1588 seinem Jägermeister und Großvogt zu Wolfenbüttel Carl Capaun den Befehl, eine Wolfsjagd in diesem Gebiet durchzuführen. Laut Bericht des Jägermeisters vom 6. Februar kamen dabei fünf Wölfe zur Strecke, denen an Ort und Stelle das Fell über die Ohren gezogen worden sei.[3]

Carl Capaun von Zwickau, Hauptmann zu Brunsrode, starb übrigens wenige Monate nach seinem Landesherrn († 3. Mai 1589), er wurde am 29. September 1589 begraben.

Schon vor dem Dreißigjährigen Krieg ordneteHerzogJulius ErnstzuBraunschweigund Lüneburg(1571-1636)im Winter 1607 in der Göhrde eine große Wolfsjagd an. Hier hatte man etliche gerissene Stücke Wild gefunden.Unter dem7. Dezember 1607wandte sich Herzog Julius Ernst an seine„freundtlichen Lieben Vettern und Brüdern“, Ernst, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg:[4]

„Vnser freundtlich dienst vnd was wir mehr Liebes vnd guets vermugen ieder Zeit zuuornn, Hochgeborner Fürst, freundtlicher lieber Vetter vnd Bruder, Vnß wirt glaubwirdich vorbracht, das sich in der Wildtbahne vff der Görde ein Wulff oder zwei soll finden lassen, der auch albereit in Vnser Wildtban schaden gethaenn das etzliche zerrißene stücke gefunden worden, derowegen sein wir zuuerhuetung mehrer Vnser vnd der Vnderthanen, wie auch der benachbarten nachteill, vnd Verwüstung der Wiltbahne eine große Jagt anzustellen gemeinet, weill aber zu dero behueff von Alters her, der Embter Oldenstatt, Meding, vnd Bleckede Vnderthanen auch geuolget: Alß ist hirmit anF. L. Vnser freundtliches bitten, dieselben wollen derwegen ein Befehlig schreiben an den Haubtman zu Meding vnd Blekede ergehen lassen, daß sie vff vnser anfurderung, dem alten herkommen nach, bemelter Empter Vnterthanen, sampt vnd sonders, dazu schicken vnd folgen lassen, Insonderheit Fritz von Bergen, weil er hiebeuor etzliche Leute hinterhaltenn, vnd sie nicht vollenkommen folgen lassen wollenn, mit ernste befehlenn, das er sich alter gewonheit auch bequeme vnd das gantze Ambt dazu schicke, das seine vmbF. L. wir hinwieder zuuerschuldenn geflissen: p Datum Dannenbergk den 7ten Decemb.Ao. 607.“

Das zweite und letzte Schreiben der schlanken Akte ist der Entwurf der Antwort aus Medingen an Herzog Julius Ernst zu Braunschweig und Lüneburg vom 9. Dezember 1607.

Die hohe Jagd beschränkte sich laut der „Allgemeinen Forst und Jagd-Zeitung“ von 1840 „vorzüglich auf die waldreichen Gegenden des Landes, den Solling, die Göhrde, den Harz und den Deister“.[5]Die Göhrde ist das größte zusammenhängende Mischwaldgebiet Norddeutschlands und liegt in den heutigen Landkreis Lüchow-Dannenberg und Lüneburg.Der Oberförster zur Göhrde Ferdinand Wallmann(1826-1921)wies 1879 auf den besonderen Charakter dieser Landschaft hin: „Die Göhrde, ein Waldkomplex von etwa 5000 ha Flächeninhalt, eignet sich ihrer Größe und abgerundeten Form, ihres Waldbestandes und ihrer Bodenbeschaffenheit wegen ganz besonders zu jagdlichen Zwecken und hat wohl seit frühester Zeit diesen in ausgedehntem Maß gedient.“[6]

„Das Jagdrevier die Göhrde erstrecktsich auf dem linken Elbufer an der Bahnstrecke Wittenberge-Lüneburg,während das Jagdschloß zur Göhrdein der von dem Oberförster Wallmann,einem einer alten hannoverischen Weidmannsfamilie entsprossenenJäger von echtem Schrot und Korn, verwalteten Oberförsterei Röthen liegt“, verlautet in der „Illustrirten Zeitung“ vom 23. Dezember 1882.[7]

Seiner Neigung und Jagdleidenschaft folgend, war das in den Jahren 1706 bis 1709 mit einem Gesamtaufwand von 83000 Reichstalern errichtete Jagdschloss Göhrde das aufwendigste von Georg Ludwig in seinen Kurlanden realisierte Bauprojekt.[8]

Im Jahre 1813 wurde die Göhrde zweimal der Schauplatz kriegerischer Ereignisse. Am 16. September 1813 fand dort eine Schlacht des Befreiungskrieges zwischen Dannenberg und Dahlenburg im Königreich Hannover statt.[9]

In einem Beitrag mit dem Titel „Nachrichten über das vormalige Jagdschloß und das Jagdhaus zur Göhrde“ werden die Bilanzen der – vor allem in den Monaten September und Oktober – in der Göhrde veranstalteten Jagden im Zeitraum 1643 bis 1813 chronologisch und detailliert dargelegt.[10]

Mit bewegten Worten klagte LudekeDettmers aus Wolthausen seinem Landesherrn am 11. November 1620, dass ihm der Wolf in seinem Holzbusch, imRuhhorn, vier junge Rinder, die er um 20 Taler nicht hätte herausgeben wollen, „gebißen und ganzuffgefressen“ hätte. „Dieweil ich armer Menscheinen solch großen Schaden sobald nicht verwinden werde, so bitte ich E. F. Gn., mir den schuldigen Viehschatz für dieses Jahr in Gnaden zu erlassen.“ DerWinser Amtsvogt Friedrich Johann Ziegenmeyer, zum Bericht aufgefordert, bestätigte die Angaben Dettmers, meinte allerdings, dass diesem der Viehschatz in Höhe von 6 Taler 11 Schillinge nicht gänzlich erlassen werden könne, zumal Dettmers „so gararm nicht“ sei und über gute Wiesen und Ländereien verfüge. Weil ihm nun aber wenige Jahre zuvor nach einer Viehseuche „etzlicheHäupter gestorben“, so wurde ihm die Hälfte der Schuld erlassen. „Den Wolf betreffend“, so der Amtsvogt, „ist derselbe die eine Zeit an diesem, die andere am anderen Orte, davon nichts gewisses zu berichten ist“.

Auch aus Hambühren wurde von Wolfsschäden berichtet. Am 2. März 1629 klagte Berendt Wildes zu Hambühren seinem Landesherrn: „Ich bin gehalten, E. F. Gn. alljährlich einHofrindzu liefern, habe das bislang auch willig und gern zur rechten Zeit gegeben. Weil ich aber in zwei Jahren kein Kalb mehr aufziehen konnte, bitte ich E. F. Gn., mir armen Mann für diesmal dasHofrindaus Gnaden zu erlassen. Vor 2 Jahren stahlen mir Räuber das Vieh. Ich versuchte mit großer Mühe 5 Jungtiere aufzuziehen.“ Als sie soweit waren, „daß sie Heu und Stroh fressen konnten“, fielen die Wölfe über sie her und fraßen sie. Der Amtsvogt konnte die Angaben von Berendt Wildes nur bestätigen: „E. F. Gn. mögen aus dem beigefügten Kontributionsverzeichnis gnädig ersehen,daßer dasMontgeldnicht völlig, wie auf seinem Hof angesetzt, hat geben können“ (27. März 1629).[11]

Mittels Landesverordnung vom 4. Juni 1637 regelte Herzog Friedrich die Bestrafung der Wild- und Fischdiebe. Am Schluss des Ediktes wurde bestimmt: „Es soll aber hiemit ohnverboten, sondern vielmehr einem jeden erlaubt seyn, Wölfe zu schießen, jedoch, daß er, was er geschossen, auf Unsern Jägerhof bringe, und Unserm Jägermeister gegen Empfahung einer ziemlichen Verehrung liefere. So mögen auch die Otter geschossen, aber anders nirgends hin, denn ans Amt gebracht werden. Hätte der Gesetzgeber die Ottern zur Jagd gerechnet, so würde die Ablieferung derselben auch an den Jägerhof oder den herrschaftlichen Jägermeister vorgeschrieben seyn, sie sollen aber nicht dorthin, sondern an das Amt gebracht werden.“[12]

Als gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges im Winter 1647 die Wolfsplage im Fürstentum Lüneburg überhand nahm, die Wölfe, so die Berichte der Amtmänner, in Rudeln von 20 bis 30 Tieren durch die Dörfer zogen und in die Viehställe einbrachen, ja sogar Menschen attackierten und verletzten, griffen die Lokalbeamten der Ämter Bütlingen, Bleckede und Lüne unter Führung des Abtes von St. Michael in Lüneburg zur Selbsthilfe. Im Abstand von wenigen Tagen wurden unter Aufbietung von Amtsuntertanen und mit Hilfe der Jagdmeute des Abtes im Grenzgebiet der Fürstentümer Lüneburg und Wolfenbüttel drei Wolfsjagden durchgeführt, bei denen 14 Wölfe erlegt und drei weitere so angeschossen wurden, dass Bauern sie später tot auffanden.[13]

Die vom naturwissenschaftlichen Verein zu Bremen herausgegebenen Abhandlungen liefern einige Anhaltspunkte für die späteren Recherchen von Hermann Löns. Interessant sind hier insbesondere die Hinweise auf die Wolfsjagd im Hollerland bei Bremen 1647 und die Einzelvorkommen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts:[14]

„Canis lupus Linne. In früheren Zeiten häufig, wie verschiedene Namen im Gebiete zeigen, z. B. Wolfskuhle bei Bremen, Wolfsschlucht im Neuenburger Urwald, Wolfsheide bei Ganderkesee, Wolfsgast bei Dangast etc. Zur Zeit der Stedingerkriege (1234) soll eine Wölfin in der Elsflether Kirche Junge geworfen haben. Bei Rotenburg sind die Spuren seines früheren Vorkommens noch jetzt in Vertiefungen auf dem Heidehügel Bullerberg bei Westerholz als Resten von Gruben, worin früher Wölfe gefangen wurden, sichtbar. Nach gütiger Mittheilung des Herrn L. Halenbeck geht aus Rotenburger Acten hervor, daß in dortiger Gegend 1659, 1724, 63, 64, 65 und 66 Wölfe erlegt und in den letzterwähnten Jahren 50 Thaler als Prämie gezahlt worden sind. In den 40er Jahren unseres Jahrhunderts kamen sie bei Walsrode, Nienburg und Rethem, 1857 bei Uelzen vor. Einem von Herrn Halenbeck in der historischen Gesellschaft gehaltenen Vortrage entnehme ich, dass im Jahre 1641 bei der Gösper Mühle und im Langenholz bei Stendorf Wölfe erlegt wurde und sie zu derselben Zeit im Teufelsmoor häufig waren, dass Lichtmess 1647 die letzte Wolfsjagd im Hollerlande stattfand und im Juni 1670 in Osterstade und bei Lesum. In Damme wurde 1776 ein Wolf erlegt; in Ostfriesland (nach Focken a. a. O.) bei Arle 1776 ein aus dem Oldenburgischen 1766 herübergekommenes Exemplar.“

Im Zeitraum Michaelis 1648 bis Michaelis 1649 wurden allein im Fürstentum Lüneburg noch 182 Wölfe, und zwar 58 alte und 124 junge, von 1651 bis 1652 135 und 1658 219 erschlagen, 1652 war unter den getöteten Tieren eine Wölfin mit elf Jungen.[15]

Mit so genannten Wolfsangeln versuchte man in früheren Zeiten, die Raubtiere, die sich in unseren Breiten hauptsächlich von Füchsen, Rehen undnach 1577, als Damwilddurch den Landgrafen Ludwig v. Hessenausgesetzt wurde, auch vonDamwildkälbernernährten, außerhalb der Ortschaften zu ködern und aufzuspießen. Bei Rotenburg fanden sich bis um 1900 noch die Reste ehemaliger Wolfsgruben auf dem Bullerberg bei Westerholz.[16]

Der Königlich Großbritannische und Kurhannöverische Forstjunker Freiherr Carl v. Beaulieu (1777-1855), zuletzt als Oberforstmeister für den Oberforstdistrikt Hildesheim zuständig, befasste sich mit einem sehr ausführlichen Beitrag im Taschenbuch für Forst- und Jagdfreunde für das Jahr 1802 mit dem Wildbret im 17. und 18. Jahrhundert. Bei ihm heißt es:[17]

„Die ältesten Nachrichten, welche sich in der Churhannöverischen Jagd-Registratur finden, gehen bis zum Jahr 1648 hinauf, und da die guten Alten bekanntlich noch wenig von der Schreibseeligkeit unsers Zeitalters besaßen, so sind auch diese zum Theil sehr unvollständig. Größtentheils sind sie nur aus dem Fürstenthum Lüneburg (oder Celle) entnommen, welches damals in Verbindung mit dem jetzigen Fürstenthum Grubenhagen und einem Theil der Grafschaften Hoya und Diepholz zum Erbtheil des Herzogs Christian Ludwig gehörte.

Wie sehr aber seit diesen anderthalb Jahrhunderten der Zustand der Wildbahnen und besonders der darin hausenden Raubthiere in unserm deutschen Vaterlande sich verändert hat, davon geben auch diese Verzeichnisse sehr auffallende Beweise.“

Über das hohe Wolfsaufkommen nach Ende des Dreißigjährigen Krieges wird an verschiedenen Stellen berichtet. Der Redakteur der hannöverschen Zeitung Heinrich Daniel Andreas Sonne (1780-1832) schreibt in seiner „Beschreibung des Königreichs Hannover“: „1649 huldigte sie [die Stadt Hannover] dem Herzog Georg-Wilhelm, aber die Umgegend war so wüste, daß der Wölfe wegen keine Zehntlämmer gegeben werden konnten.“[18]

Der Königlich Dänische Staatsrat Dietrich Hermann Hegewisch (1746-1812) schreibt in der „Neue Sammlung kleiner historischer und literarischer Schriften“: „Im Wolfenbüttelschen wurden durch ein Reskript vom 14. May 1649 Prämien ausgesetzt, wer einen alten Wolf, wer einen jungen tödten würde. Und aus dem niedrigen Preise des ausgesetzten Prämiums darf man wohl auf die Frequenz der Wölfe schließen.“[19]

1657/58 wurden insgesamt laut der kurhannoverschen Jagd-Registratur zur Strecke gebracht:[20]

1 Luchs, 18 alte Wölfe, 9 Wölfinnen, 60 junge Wölfe, 83 Hirsche, 22 Wild, 4 Hirschkälber, 12 Wildtkälber, 64 Haupt Schweine, 13 angehende Schweine, 60 Keiler, 144 Bachen, 199 Fröschlinge, 174 Reheböcke, 164 Rehe, 5 Rehekälber, 363 Hasen, 102 Füchse, 2 Katzen.

Hierunter befanden sich auch etliche außergewöhnlich starke Exemplare von Rot- und Schwarzwild, wie die folgende Nachricht belegt:[21]

Den 25ten Augusti 1658 hat mein gnädiger Fürst und Herr nebst dero Herzliebsten Gemahlinn vom Hellmerkampff ab ein Jagendt im Forste am Harzhorn gehalten, und daselbst auf dem Lauf gefangen 2 Wölffe, 11 Hirsche, davon 1 von 16 Enden, hat gewogen 638 Pf. (...)

Im „Neuen Hannöverischen Magazin“ verlautete 1803: „Zu Herzogs Georg Wilhelms Zeiten müssen die Wölfe noch sehr zahlreich gewesen seyn, denn er verordnete, um die Unterthanen von dieser Plage zu befreien, unterm 24sten August 1660, daß ein jeder reitender als gehender Förster einen alten Wolf schießen, und den Balg ganz frisch an das Amt, in dessen Forst oder District der Wolf geschossen, liefern, und daß, ehe und bevor solches geschehen, ihm keine Besoldung oder Deputat ausgereicht noch verabfolgt werden solle.“[22]

Als „gehender Förster“ galt nach der „Anleitung zur Forst- und Weidmanns-Sprache“ des Forstwissenschaftlers Georg Ludwig Hartig (1764-1837) aus dem Jahre 1809 (Seite 59) „ein solcher, welcher den Forst- und Jagd-Schutz auf einer größeren Fläche besorgen und dem reitenden Förster bey seinen Geschäften, so viel er kann, an die Hand gehen muß“. In der Hierarchie stand der gehende Förster nur über dem Waldschütz, direkt unterstellt war er dem reitenden Förster, der wiederum dem Oberförster/Forstmeister/Forstinspektor unterstand.

Bis 1771 war das Jagd- und Forstwesen im Kurfürstentum Hannover miteinander verbunden. Man rechnete den Einnahme-Etat des Oberjagddepartements, einschließlich der demselben angewiesenen Jagd-Pachtgelder (5000 Reichstaler), auf etwa 15.000 Reichstaler. König Georg III. von Großbritannien und Irland (1738-1820) ordnete als Sparmaßnahme per Erlass, gegeben zu St. James den 12. November 1771, an, den Jägerhof in Celle aufzulösen und das Jagddepartement dem hannoverschen Oberjägermeister und dem dortigen Jägerhof zu unterstellen.[23]

Oberjägermeister Georg Ludewig Graf von der Schulenburg(1719-1774)in Celle fand in seinem Schreiben vom 18. November 1773 deutliche Worte, was die mit der Umstrukturierung verbundenen Probleme anging:

Königliche Großbritannische zur Chur=Fürstlich-Braunschweig-Lüneburgischen Cammer hochverordnete Herren Präsident, Geheimte Räthe, Geheimte Cammer und Cammer Räthe,

Hoch= undHochwohlgebohrne,

besonders hochgeehrte Herren,

In dem zuversichtlichen Vertrauen daß Ew: Excellences und Hochwohlgebohren es für keine Zudringlichkeit oder ungleiche Beurtheilung des Hannoverschen Jagdt-Departements anzusehen geruhen werden, bin genötiget aus Neigung gegen die noch übrige Jägerey, ihren anständigen Anhalten nachzugeben, und solche samt und sonders zur milden Gnade Ew: Excelleneces und Hochwohlgeb. Anderweit ehrerbietig zu empfehlen.

Die Leute sind zum Theil untröstbar, daß sie theils jüngern Jagdt-Bedienten nachgesetzt, theils ihrem vorigem Stande unangemeßene Forst-Dienste annehmen, theils solche wieder bekleiden sollen, wo die Vorgänger die sich weniger versucht und Geschicke erworben haben, avanciret und nur verbeßert zu werden scheinen, daß diese tüchtige Leute das Wiedrige ihres Schicksals desto mehr empfinden müßen.

Ich erinnere mich noch aus dem Allerhöchsten Rescripto d.d. StJames d. 29. April 1766 der theuren Zusage U. A. Monarchens, Kraft welcher Allerhöchstdero Absicht nicht war

daß denen Forst- und Jagdbedienten etwas entzogen werden solte.

Hiedurch sind die Leute noch immer beruhiget und ihre Vorstellungen gemildert worden. Da es aber jetzt zur Neige gehet sollen sie durch nachdrückliche Äußerung dahin gebracht werden, wo ihre natürliche Abneigung sie zurück hält. Sie sind theils von hübschen Leuten, theils zur sublevation höherer Forstbediente gebraucht worden, und haben in ganzen Forst-Verbeßerungen dirigiret und mit Beyfall ausgeführet und müßen jetzt in ihrem neuen Stande Forstverrichtung vornehmen, so sie vorhin sich würden verbeten haben.

Laßen Sie, höchstgeehrteste Herren mich für den Zeugwärter Greven, als dem ersten nach dem Windehetzer, dahin das Wort reden, daß solcher nach dem Sternberg versetzet, und jener bei ersterer Gelegenheit verbeßert werden, damit doch bey einem hiesigen Jagdbediente die Gleichheit der Station der Dienst Jahre und gethanen Dienstleistungen in Verhältniß gesetzet bleibe.

Ich werde es mir selbst mit zum Vorzuge annehmen, wenn meine Vorstellungen noch einigen Eingang finden und meine ohnehin unvergrößerliche Verehrung neuen Anlaß bekämen, bey allen Vorfällen zu erweisen mit was ausnehmender Hochachtung ich sey.

Ew: Excellences und Hochwolgebohrnen

Gehorsahmer Diener

GLGvdSchulenburg

Celle, den 18 Nov: 1773.

Aber auch ein von König Georg unterzeichnetes Schreiben liegt dieser Akte bei. Aufgesetzt hatte es der gegenwärtig in Londonwirkende Geheime Rat in der Königlichen und kurfürstlichen Kriegskanzlei Johann Friedrich Carl von Alvensleben. Es handelt sich um ein Postskriptum vom 17. Dezember 1773, das sich an die Rentkammer zu Hannover richtete:

P. Stum:

Auch, Rähte und liebe Getreue haben Wir euer unterthänigstes P.S. vom 3.tendieses mit dem unverwahrten Etat von dem Gehalt der Hannöverischen Jägerey, und deßen Vergleichung mit dem vorigen Aufwande nach der nunmehro eingegangenen Cellischen Jägerey zurecht empfangen, und wie Wir Uns selbigen zum Wolgefallen gereichen laßen; Also ohnverhalten Wir hiedurch auf die gethane Anfragen, daß zuvorderst die Livrée=Gelder für den bey den Wind=Hunden stehenden Jäger allerdings ceshiren müßen, nachdem der Gehaltder sämtlichen Jäger anjetzo solchergestalt bestimmet ist, daß sie damit völlig zufrieden seyn können, dahingegen wollen Wir geschehen laßen, daß behuef der Hunde die nach der jetzigen Einrichtung monahtlich mehr verlangte 4. Malter Korn pashiret werden, wenn es absolute erforderlich ist.

Wir sind ut in Rescripto. St: James den 17.tenDec: 1773.

George R.

An

die Rente=Cammer

zu Hannover.

Copia

für den Geheimten=

Cammer=Secretarium Brüggemann.

Im Hauptstaatsarchiv Hannover lagert eine Akte, betreffend die Räumung des Königlichen Jägerhofs zu Hannover von den darauf befindlichen französischen Kranken. In einem Pro Memoria an die Königliche und kurfürstliche Geheime Rat-Stube verlautete aus Hannover unterm 6. September 1758:[24]

Es hat der Oberforst= und Jäger=Meister Graf von Oeynhausen bey Königl. Cammer nachgesuchet, daß Dieselbe deßen= bey Königl. Geheimte=Rath=Stube, um Räumung des Jäger=Hofes von dem Frantzösischen Hospital, gethane Vorstellung unterstützen möge.

Wie nun Dieselbe, dem vernehmen nach, dieserhalb mit Königl. Krieges=Cantzley in Communication getreten seyn und diese darauf eine Erklährung gebeten haben soll:

So erbittet sich Königl. Cammer davon einige Nachricht dienstlich, und hat mir aufgegeben, obiges in geziemenden Respect hiemit zu eröffnen.

annover

Der Jägerhof lag am Südende des heutigen Georgengartens und war sowohl der Sitz des Oberjagddepartments als auch Wohnstätte für Jagdbeamte (Oberwildmeister, Wildmeister, Oberjäger, Hofjäger, die königlichen Jäger und der Büchsenspänner Seiner Majestät). Letztere hatten die Aufgabe, die Küche des königlichen Hofes in Hannover mit Wildbret zu versorgen.

Der Hannoversche Staatskalender „Aufs 1768. Jahr Christi“ nannte im Abschnitt „Im Cellischen, mit Inbegriff der Niederhoya- und Dannenbergschen Aemter.“ die damaligen Forstbeamten. Es war eine Unterteilung in acht Abschnitte vorgenommen worden:[25]

Ober=Förstere.

Auf dem deutschen Jägerhofe.

Jäger auf dem Jägerhofe.

Caninichenmeister.

Phasanenmeister.

Vogelfänger.

Reitende Förstere.

Gehende Förstere.

An der Spitze der Hierarchie standen folgende Personen:

Herr Georg Ludewig, Graf von der Schulenburg, Oberforst- und Jägermeister, General-Lieutenant, auch Cämmerer und Droste zu Scharnebeck

Herr August Wilhelm von Winnigerod, Oberforstmeister in der Grafschaft Dannenberg, auch im Herzogthum Lauenburg

Herr Johann Friedrich Rohde, Forstsecretarius.

Als die Wolfsplage unerträglich wurde, ordnete der im Zeitraum 1648-1665 regierende Celler Herzog Christian Ludwig(1622-1665)umfangreiche Treibjagden an. Die Bauern wurden als Treiber aufgeboten. Doch sie scheuten die weiten Anmarschwege, mehr noch die Gefahren, die mit sol