Die Johanniterkapelle in Rheinfelden - Edith Hunziker - E-Book

Die Johanniterkapelle in Rheinfelden E-Book

Edith Hunziker

0,0

Beschreibung

Die um 1456–1460 im Auftrag von Komtur Johannes Lösel erbaute spätgotische Johanniterkapelle ist im Gassengewirr der nordöstlichen Altstadt Rheinfeldens versteckt. Rheinseitig dominieren der kompakte Polygonalchor und der stämmige Glockenturm das Gebäude. Das Innere überrascht mit einem erzählfreudigen Jüngsten Gericht aus dem späten 15. Jh. am Chorbogen sowie einem ausdrucksstarken Christophorusbild im Chor. Für diese Wandmalereien, die durch die sorgfältige jüngste Restaurierung wieder erheblich an Lesbarkeit gewonnen haben, ist die Johanniterkapelle weitherum bekannt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 57

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Edith Hunziker · Isabel Haupt · Doris Warger · Christian Lang

Die Johanniterkapelle in Rheinfelden

Kanton Aargau

Einleitung

Die Geschichte der Johanniterkommende

Gründung und Zerstörung der Niederlassung ausserhalb der Stadt

Neubau innerhalb der Stadtmauern

Reformation, Niedergang, Aufhebung und Umnutzung

Die Johanniterkapelle

Baugeschichte

Bau und Erstausstattung

Figürliche Ausmalung Ende des 15. Jh.

Profanierung und Umnutzung

Die «Wiederentdeckung» der Johanniterkapelle

Die Gesamtrenovierung von 1947–1950

Die Gesamtrestaurierung von 2022/23

Baubeschreibung

Lage, Äusseres und Turm

Inneres

Wandmalereien

Ausstattung

Skulpturen, Ädikulen und Wappentafeln

Die ehemalige Johanniterkommende

Baugeschichte

Bau und Entwicklung bis ins 17. Jh.

Umnutzung im 19. Jh. Die Gesamtsanierung von 2003–2005

Baubeschreibung

Lage und Gesamtsituation

Ritterhaus

Westtrakt

Würdigung

Anhang

ABB. 1 Ausschnitt aus der Stadtansicht von Emanuel Büchel 1745. Unterhalb des im Rhein stehenden Messerturms liegt ein seichter Uferbereich mit der Schifflände. Dahinter ragt als wuchtiger Baukomplex die Johanniterkommende auf.

Einleitung

Auf einem «Altenburg» genannten Felssporn bestand im Bereich der nachmaligen Stadt Rheinfelden spätestens seit der Zeit um 1000 die Burg eines gräflichen Adelsgeschlechts, das sich nach der Örtlichkeit als «de Rinvelden» benannte. Nach dem Tod Rudolfs von Rheinfelden (1080), der im Investiturstreit zwischen Papst- und Königtum 1077–1080 papsttreuer Gegenkönig des römisch-deutschen Reichs war, traten die Zähringer 1090 das Erbe an. Unter ihnen erfolgte bis in die 2. Hälfte des 12. Jh. der allmähliche Ausbau des verkehrsgünstig gelegenen Marktfleckens auf dem Rheinfeld zu einer Stadt (das älteste Stadtrecht datiert von 1290). Spätestens seit 1198 bestand eine Rheinbrücke. Gegen 1200 wurde mit dem Bau der gut 730 Meter langen Stadtmauer begonnen.

Im Altstadtkörper, der sich linksrheinisch in Gestalt eines Halbkreises am Rheinufer erstreckt, fällt in der Nordostecke ein noch heute durch hohe Mauerzüge abgegrenztes Grundstück auf. Es handelt sich um das Areal der 1806 aufgehobenen Johanniterkommende (ABB. 1 und Plan im Umschlag). Die Johanniterkapelle (A) erhebt sich jenseits einer schmalen Gasse, die zum Rheintörchen (B) führt (ABB. 2). Dieses sicherte einst den Stadtzugang von der Schifflände (C) her, die der Kommende rheinseitig vorgelagert war.

ABB. 2 Aussenseite des Rheintörchens, mit dem der Zugang von der Schifflände in die Stadt verschlossen werden konnte.

Die Geschichte der Johanniterkommende

Gründung und Zerstörung der Niederlassung ausserhalb der Stadt

1212 gründete Ritter Berchtold von Rheinfelden, ein Ministeriale (Dienstmann) des letzten Zähringers, Herzog Berchtolds V. (†1218), zusammen mit seiner Ehefrau Demut ein Spital und siedelte es auf einem eigenen Grundstück ausserhalb der Stadtmauern an. Das Hospital diente der Versorgung von Pilgern, durchziehenden Fremden sowie Armen der Umgebung. Es wurde vom Stifterehepaar von der Zehnt- und Zinspflicht befreit und dem Johanniterorden übertragen. Dieser richtete hier in der Folge einen Konvent ein. Die Spitalgründung erfolgte mit ausdrücklicher Zustimmung Herzog Berchtolds V., der dem Hospital Güter schenkte und damit die städtische Armenfürsorge stärkte.

Die Kommende Rheinfelden– eines der frühesten Johanniterordenshäuser am Oberrhein– war zunächst eine selbstständige Niederlassung mit Johannes dem Täufer als Patron. In der Kirche bestanden ein Johannes- und ein Marienaltar. Nach der Einrichtung eines städtischen Spitals im 14. Jh. gaben die Johanniter die karitative Tätigkeit in Rheinfelden auf. Hingegen wurden weiterhin Rittermönche und Pilger beherbergt.

Um 1370 wurde die Rheinfelder Niederlassung der Johanniterkommende Basel unterstellt und fortan von einem Statthalter verwaltet. In seiner Lage ausserhalb der Stadtmauern war das Rhein felder Ordenshaus Kriegs- und Beutezügen schutzlos ausgeliefert. Im November 1448 überfiel der berüchtigte Hans von Rechberg während des Alten Zürichkriegs die Stadt handstreichartig und zerstörte die Johanniterkommende; ein Jahr später musste die Bürgerschaft dem habsburg-österreichischen Herzog Albrecht VI. den Treueeid schwören.

Neubau innerhalb der Stadtmauern

Um den Neubau des Ordenshauses innerhalb der schützenden Stadtmauern kümmerte sich Grossprior Johannes Lösel persönlich. Im Dezember 1451 erwarb Lösel in der Stadt ein ausgedehntes Grundstück, das im Osten und Norden direkt an den städtischen Befestigungsgürtel (D, E) grenzte. Auf diesem Gelände liess er um 1452–1456 zunächst die für eine funktionierende Kommende nötigen Gebäude wie Ritterhaus, [F,)Schaffnerei (G) (Haus des Verwalters) und Scheunen (H) erstellen und mit einer Mauer umgeben (ABB. 4, 5).

Erst später, 1456–1460, entstand auf der Westseite des Rheintorgässchens die Johanniterkapelle. Ende des 15. Jh. war die florierende Kommende mit sieben Brüdern besetzt und bezog ihre Einkünfte aus ungefähr 70 Besitzungen im Fricktal, im Baselbiet, in Südbaden sowie im Elsass.

Der Johanniterorden

(ABB. 3) Die Mitte des 11. Jh. gegründete Bruderschaft verschrieb sich zunächst der Pflege von kranken und bedürftigen Jerusalempilgern ohne Ansehen von Religion, Stand und Herkunft. Von Jerusalem breitete sich der Laienorden nach Europa aus. 1113 erfolgte die päpstliche Anerkennung als Ritterorden mit eigener Regel auf Basis der Augustinerregel, die den Dienst am Nächsten als Herrendienst ins Zentrum stellte. Zur Zeit der Kreuzzüge wandte sich der Ritterorden auch dem Kriegsdienst zu und wurde zu einer militärischen Macht; später gefolgt von den beiden anderen geistlichen Ritterorden, den Templern (gegr. 1118) sowie den Deutschrittern (gegr. um 1190). Nach dem Fall der letzten Kreuzritterburg (1291) zog sich der Johanniterorden zunächst nach Rhodos zurück, wo er sich zu einem politisch unabhängigen Staat mit schlagkräftiger Flotte entwickelte. Von den Osmanen verdrängt, liess sich der Orden um 1530 in Malta nieder. Mit seiner Flotte blieb er im Mittel meer die beherrschende Seemacht, nahm aber auch die Krankenpflege wieder im grossen Stil auf, nun unter der Bezeichnung Malteserorden. Der Orden war gegliedert in Sprachregionen (sogenannte Zungen), Priorate und Kommenden, denen Grosspriore (Ordensmeister) bzw. Komture vorstanden. In der Folge der Reformation, der französischen Revolution und des Kulturkampfes wurden sukzessive auch die 20 Kommenden auf dem Gebiet der heutigen Schweiz aufgelöst. Als souveräner Staat ging der Malteserorden in der französischen Revolution unter, und seit 1834 hat der neu formierte katholische Malteserorden seinen Sitz in Rom. Nach der Reformation entwickelte sich ab 1538 der evangelische Zweig, nun unter dem «alten» Namen Johanniterorden. Beide Orden widmen sich ausschliesslich humanitären Aufgaben, bekannt ist die Johanniterbzw. Malteser-Unfallhilfe.

Das achtspitzige Malteser- oder Johanniterkreuz verweist auf die acht Seligpreisungen der Bergpredigt.

ABB. 3 Glasmalerei im Chorscheitelfenster. Die Tätigkeitsfelder des Johanniterordens – Krankenpflege und Kriegsdienst – in der künstlerischen Umsetzung von Felix Hoffmann, 1951.

ABB. 4 Ansicht des ummauerten Kommendeareals, basierend auf einer Zeichnung von Gustav Kalenbach. Zwischen dem Schaffnerhaus rechts und der Kapelle links bestand bis um 1820 ein brückenartiger Verbindungsgang.

ABB. 5 In der Westwand der Kapelle ist eine 1454 datierte Tafel mit den skulptierten Wappen des Johanniterordens und Komtur Johannes Lösels eingelassen. Sie war ehemals an der Schaffnerei über dem Tor zur Kommende angebracht.

Reformation, Niedergang, Aufhebung und Umnutzung

Nach der Einführung der Reformation in Basel wählten die Komture gewöhnlich das katholisch gebliebene Rheinfelden als Wohnsitz. Immer mehr traten im 16. Jh. die Ordensregeln in den Hintergrund, stattdessen griff barocke Verschwendungssucht um sich.

Im Frieden von Lunéville (1801) fielen die linksrheinischen Besitztümer der Kommende Rheinfelden an den kurzlebigen Kanton Fricktal und wurden 1803 dem neu geschaffenen Kanton Aargau eingegliedert. Dieser beschloss 1806 die Aufhebung des Ordenshauses.

1813 ersteigerte der aus dem badischen Wiesenthal stammende Franz Josef Dietschy (1770–1842), umtriebiger Gründer der Brauerei