Die Killer finden dich! 3 FBI Thriller - Alfred Bekker - E-Book

Die Killer finden dich! 3 FBI Thriller E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: Der Millionen-Gangster (Cedric Balmore) Mörder-Chip (Alfred Bekker) Trevellian und der Killer vom Ende der Welt (Horst Friedrichs) Jesse Trevellian ist ein Ermittler in New York. Er kämpft unbeirrt gegen das Verbrechen und die organisierte Kriminalität. Auch wenn er von einem Sumpf aus Korruption und Lüge umgeben ist, versucht er einen geraden Weg zu gehen. Denn die Schicksale der Opfer lassen ihn nicht los... Trevellian lässt nicht locker. So lange es auch dauern mag, am Ende findet er die Mörder...

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Seitenzahl: 368

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Cedric Balmore, Alfred Bekker, Horst Friedrichs

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Inhaltsverzeichnis

Die Killer finden dich! 3 FBI Thriller

​Copyright

​Der Millionen-Gangster: Kriminalroman

Mörder-Chip

Trevellian und der Killer vom Ende der Welt

Die Killer finden dich! 3 FBI Thriller

Alfred Bekker, Cedric Balmore, Horst Friedrichs

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Der Millionen-Gangster (Cedric Balmore)

Mörder-Chip (Alfred Bekker)

Trevellian und der Killer vom Ende der Welt (Horst Friedrichs)

Jesse Trevellian ist ein Ermittler in New York. Er kämpft unbeirrt gegen das Verbrechen und die organisierte Kriminalität. Auch wenn er von einem Sumpf aus Korruption und Lüge umgeben ist, versucht er einen geraden Weg zu gehen. Denn die Schicksale der Opfer lassen ihn nicht los... Trevellian lässt nicht locker. So lange es auch dauern mag, am Ende findet er die Mörder...

​Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER STEVE MAYER

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Alles rund um Belletristik!

​Der Millionen-Gangster: Kriminalroman

Cedric Balmore

»Sie können neun, na, vielleicht auch nur noch acht Millionen Dollar gewinnen«, sagte Mr. John D. McKee.
»Und was«, fragte ich, »kann ich dabei verlieren?«
»Ihr Leben«, antwortete er.
Ich schaute ihn an und verspürte plötzlich Appetit auf eine Zigarette. Mr. McKee wich meinem Blick nicht aus. Ich kannte den Chef lange genug, um zu fühlen, was in ihm vorging.
Er haßte es, mir diesen Vorschlag machen zu müssen. Im Grunde war er dafür, das Ganze zu vergessen, zu den Akten zu legen — aber er wußte, daß er damit weder dem FBI noch mir einen Dienst erwies. Es gab Herausforderungen, denen man nicht ausweichen konnte, egal, welche Risiken sie enthielten. »Darf ich rauchen?« fragte ich.
Er nickte. Worte zwischen uns hatten ihr eigenes Gewicht, ihre Sachlichkeit wurde selten von Dramatik oder Emotionen verfremdet.
»Das ist er«, sagte Mr. McKee und überreichte mir ein postkartengroßes Foto. Es zeigte einen Mann an der Schwelle der Dreißig mit schmalem, entschlossen wirkendem Gesicht und klaren, intelligenten Augen.
»Wer ist das?« fragte ich.
»Erkennen Sie ihn nicht wieder? Dieses Foto beherrschte vor vier Jahren die Frontseiten vieler Zeitungen.«
»In New York?«
***
»Nicht nur in New York.«
»Er kommt mir bekannt vor — aber es klickt noch nicht.«
»Das sind Sie«, meinte Mr. McKee. »Das heißt, das sollen Sie ab heute sein. Die Aufnahme ist fünf Jahre alt. Sie zeigt James Carpenter.«
»Carpenter«, murmelte ich.
Meine Erinnerung setzte ein. Der sogenannte Mulligan-Job in Des Moines. Ein Banküberfall, bei dem es drei Tote und einen Schwerverletzten gegeben hatte und bei dem etwa neun Millionen Dollar .erbeutet worden waren. Der Schwerverletzte war James Carpenter gewesen — einer der drei Bankräuber.
Seinen beiden Komplicen war es gelungen, mit der Beute zu entkommen. James Carpenter hatte eisern dichtgehalten. Weil feststand, daß er während des Überfalls nicht geschossen hatte, war er mit einem Strafmaß von zehn Jahren Gefängnis davongekommen.
»Unsere Kollegen in Des Moines haben sich die Fotos aller verfügbaren FBI-Agente'n vorgeknöpft«, sagte Mr. McKee. »Sie sind der Ansicht, daß Sie, Jesse, diesem Carpenter sehr ähnlich sehen.«
»Das kann ich nicht finden.«
»Er trägt jetzt ein Bärtchen auf der Oberlippe und hat einen kahlrasierten Schädel.«
»Glatze?«
»Nein, kurzes Stoppelhaar.«
»Sehr einladend kann er damit nicht aussehen«, stellte ich fest.
»In unserer Zeit wilder Bärte und extravaganter Haartrachten geht Auffälligkeit vor Schönheit«, meinte Mr. McKee. »James Carpenter liegt im Sterben. Die Ärzte geben ihm bestenfalls noch eine Woche. Wenn publik wird, daß er tot ist, haben wir die Chance, an die Mörder und ihre Beute heranzukommen, verspielt.«
Es war klar, worum es ging.
Ich sollte als James Carpenter auftreten, als der Mann, der die Mörder kannte. Ich sollte meinen Anteil kassieren. Carpenters Anteil, um genau zu sein. Drei Millionen. Und dabei herausfinden und beweisen, wer Carpenters Komplicen gewesen waren.
Die Sache hatte nur einen Haken. Niemand wußte, wie sie hießen und wo sie wohnten.
Natürlich hatte man nach Carpenters Verhaftung seinen großen Freundeskreis überwacht und beschattet — aber keiner dieser Burschen war so unklug gewesen, sich durch eine besonders aufwendige Lebensführung zu verraten.
»Was erwartet man von mir?« fragte ich.
»Das, was von Carpenter bei seiner vorzeitigen Entlassung zu erwarten wäre«, sagte Mr. McKee. »Totale Zurückhaltung in der Kontaktaufnahme mit seinen Komplicen. Carpenter und die beiden Bankräuber würden sich nicht sofort treffen oder sprechen — denn ihnen wäre klar, daß Carpenter beschattet würde. Aber irgendwann und irgendwo würde dieser Kontakt zustande kommen. Das erleichtert Ihre Position. Sie können es sich leisten, diesen entscheidenden Moment abzuwarten, denn Ihre Inaktivität nach der Entlassung deckt sich mit dem, was James Carpenter in einem solchen Fall tun würde.«
»Wie und wo soll ich diesen Moment abwarten«, erkundigte ich mich.
»Bei seiner Freundin. Nein, bei seiner Verlobten«, antwortete Mr. McKee.
Ich runzelte die Augenbrauen und fragte mich, ob Mr. McKee scherzte, begriff aber im nächsten Moment, daß er meinte, was er sagte.
»Wer ist es?«
»Bitte«, antwortete er und überreichte mir ein ziemlich großes Farbfoto. Mein Herz beschleunigte seinen Rhythmus. Was ich sah, besaß genügend Ausstrahlung, um als Titelbild jedem Magazin zu höheren Auflageziffern zu verhelfen. Das Mädchen konnte nicht älter als zwanzig sein. Sie war hellblond und schlank. Die Aufnahme zeigte sie in einem Bikini. Ich gab das Bild zurück, nachdem ich einen Blick auf seine Rückseite geworfen hatte.
In Liebe — Deine Joyce stand darauf.
»Joyce und wie noch?« fragte ich.
»Amfield.«
»Wie alt ist sie jetzt?«
»Fünfundzwanzig«, erwiderte Mr. McKee. »Sie ist hochintelligent und arbeitet als Texterin in der Werbeabteilung einer Kosmetikfirma in Los Angeles.«
Richtig. Das hatte ich vergessen. Der Banküberfall hatte zwar in Des Moines stattgefunden, aber James Carpenter stammte aus Los Angeles.
Er war sogar mal eine Zeitlang in der Filmbranche tätig gewesen. Er hatte dort als Cutter, Komparse und Beleuchter gearbeitet — je nachdem, was gerade gefragt gewesen war.
»Wie lange kannte das Mädchen Carpenter, ehe man ihn einlochte?« fragte ich.
»Ein Jahr.«
»Lebten sie zusammen?«
»Ja, ein paar Monate.«
Ich blickte ihn an. »Dann muß Joyce Amfield meine Maskerade auf Anhieb durchschauen — selbst wenn ich Carpenter wie ein Zwillingsbruder ähneln sollte.«
»Sie hat Carpenter vor drei Jahren das letztemal im Gefängnis besucht«, sagte Mr. McKee. »Er wollte sie nicht in dieser Umgebung sehen. Drei Jahre verändern und formen einen Menschen — nicht nur äußerlich. Das wird sich auch Joyce Amfield sagen, wenn sie den Eindruck haben sollte, daß ihr Verlobter anders spricht oder reagiert, als wie sie es von ihm gewohnt war.«
»Es muß schiefgehen«, sagte ich. »Eine Frau beobachtet scharf. Es ist so vieles, was wir nicht kopieren können — die Augenfarbe, die Stimme…«
»Ich habe mir eine Bandaufnahme Vorspielen lassen«, sagte Mr. McKee, »eine von denen, die damals bei Carpenters Vernehmung gemacht wurden. Er hat Ihren Stimmfall, Jesse. Er spricht ohne Akzent. Allerdings hat er die Gewohnheit, nebensächliche Worte zu wiederholen. Das können Sie nachahmen. Wenn Sie sich die Bänder genau anhören, wieder und wieder, werden Sie rasch lernen, seine Sprechweise zu imitieren.«
»Das genügt doch nicht!«
Mr. McKee zog einen dicken Schnellhefter heran. »Hier steht mehr über James Carpenter drin, als er selbst noch von sich wissen wird. Die Namen seiner Lehrer und Mitschüler, Art und Schwere seiner Masernerkrankung, die Eigenheiten seiner Freunde, seine Vorliebe für bestimmte Speisen und Getränke, seine Technik beim Billardspiel — spielen Sie übrigens Billard?«
»Mäßig.«
»James Carpenter war darin ein Meister. Versuchen Sie also abzuwinken, wenn man Sie an den Billardtisch zu holen versucht.-«
»Geht in Ordnung. Ich denke immer noch an dieses Mädchen«, sagte ich. »Ist sie ihm treu geblieben?«
»Ja — falls die Angaben unserer Gewährsleute stimmen«, sagte er.
»Sie hatte einen guten Grund, ihm treu zu bleiben«, sagte ich. »Sie weiß, daß er eines Tages entlassen werden wird und Anspruch auf drei Millionen Dollar hat — seinen Beuteanteil.«
»Ich bin nicht sicher, ob sie nur an das Geld denkt«, meinte Mr. McKee. »Sie ist nicht vorbestraft. In ihrer Firma ist sie außerordentlich beliebt. Sie gilt als kollegial und hilfsbereit. Es wäre unfair, Joyce Dinge anzudichten, die ihrem Wesen widersprechen. Warum soll sie Carpenter nicht lieben — noch immer lieben? Wir wissen von ihm, daß er eine Reihe durchaus positiver Eigenschaften besitzt. Er ist intelligent, loyal und männlich. Ein Jammer, daß er diese Pluspunkte in den Dienst einer miserablen Sache stellte.«
»Wann muß ich reisen?«
»Sie haben genau vierundzwanzig Stunden Zeit, sich auf die Aufgabe vorzubereiten.«
»Das ist nicht genug.«
»Ich weiß«, sagte Mr. McKee, »aber mehr Zeit steht uns nach Lage der Dinge nicht zur Verfügung. Wir befinden uns in einem Wettlauf mit Carpenters nahem Tod.«
»Wissen seine Freunde, daß er schwer erkrankt ist?« fragte ich.
»Denen ist bekannt, daß James Carpenter eine sehr labile Gesundheit hat«, erwiderte Mr. McKee. »Unsere Leute in Los Angeles haben das Gerücht ausgestreut, daß James Carpenter wegen guter Führung und einer ernsthaften Erkrankung vorzeitig entlassen wird.«
»Glauben Sie, daß diese Burschen das schlucken?« fragte ich skeptisch.
»Es liegt an Ihnen, das herauszufinden«, meinte Mr. McKee. »Das Wissen dieser Leute um Carpenters Krankheit kommt Ihrer Aufgabe entgegen. Ein schwerkranker Mann ist ein gezeichneter Mann — man wird also nicht überrascht sein, wenn Ihr Gesicht in diesem oder jenem Punkt von der Erinnerung abweicht.«
»Wie steht es mit Carpenters Briefwechsel?«
»Er hatte keinen. Er hat weder Briefe geschrieben noch empfangen.«
»Leben seine Eltern noch?«
»Nein, es gibt auch keine Geschwister.«
»Nur seine Braut und die beiden Mörder — ganz zu schweigen von den anderen Männern, die ihn kannten.«
»Es ist zu erwarten, daß diese Leute auf Sie zukommen, Ihnen auf die Schultern klopfen und Ihnen zu Ihrer Entlassung gratulieren werden.«
»Sicher«, sagte ich. »Ich werde sie ansehen und nicht einmal ihre Vornamen nennen können. Dieser Auftrag ist zum Scheitern verurteilt.«
»Sie können ihn ablehnen«, sagte Mr. McKee.
»Wo sind die Bänder mit der Wiedergabe von Carpenters Stimme?« fragte ich.
»In dieser Schachtel«, meinte Mr. McKee und legte eine grüne Metallbox auf seinen Schreibtisch.
»Okay«, sagte ich und drückte meine Zigarette in einem Ascher aus. »Ich fliege morgen.«
***
Es war heiß, viel zu heiß. Ich blieb stehen, die Hände in die Taschen meines kurzen, dünnen Mantels geschoben, und starrte in eine Schaufensterscheibe. Das spiegelnde Glas reflektierte einen Fremden, einen Mann mit Bärtchen und Stoppelhaar. Jesse Trevellian alias James Carpenter.
Der Mantel, den ich überflüssigerweise trug, hatte einen Schnitt, der inzwischen aus der Mode gekommen war, und meine Schuhe zeigten eine spitze Form, die mir lächerlich vorkam- Ich trug Carpenters Sachen auf dem Leib und hatte seinen Entlassungschein in der Tasche. Ich hatte, aus Sicherheitsgründen, exakt den Weg zurückgelegt, den James Carpenter genommen hätte.
Jetzt war ich nur noch einen Häuserblock von dem Apartmenthaus entfernt, in dem Joyce Amfield wohnte. Meine Verlobte.
Ich versuchte zu grinsen, aber es gelang mir nicht. Ich hatte einen scheußlichen Geschmack im Mund. Es war durchaus legal, die Mörder von drei Bankbeamten mit einem Trick überlisten zu wollen, aber es war eine andere Sache, wenn man dabei die Gefühle eines jungen Mädchens strapazieren und verschaukeln sollte.
Ich ging weiter, ohne Eile, seltsam unentschlossen und zerstreut. Irgend etwas in mir wehrte sich weiterhin dagegen, dieses Mädchen auf so gemeine Art zu bluffen. Andererseits war nicht auszuschließen, daß sie die Mörder kannte und mit ihrem Verlobten unter einer Decke steckte.
Schon deshalb war es notwendig, daß ich bei meinen vorgezeichneten Plan blieb. Auch wenn es mir schwer fiel.
Ich stoppte vor dem Haus, in dem Joyce Amfield wohnte, und betrachtete mir die imponierende, mit Kunststeinen beschichtete Fassade. Die quadratischen Fenster waren mit Leichtmetallrahmen eingefaßt. Die Drehtür aus dickem Kristallglas bildete ein weiteres Indiz dafür, daß es sich um ein Apartmenthaus der gehobenen Klasse handelte.
Der Lift brachte mich in die fünfte Etage. Ich klingelte an der cremefarbig lackierten Tür, die Joyce Amfields Namensschild trug. Mein Herzschlag beschleunigte sich, als ich Schritte in der Diele hörte. Sie kamen rasch näher.
Verdammt, ich bin kein Schauspieler, wie sollte ich diese Rolle nur meistern? Wie benimmt sich ein Mann, der nach langjähriger Gefängnisstrafe plötzlich seiner schönen, begehrenswerten Verlobten gegenübertritt — ohne Voranmeldung, ohne den leisesten Versuch, sie auf dieses Ereignis gebührend vorzubereiten?
Die Tür öffnete sich. In ihrem Rahmen erschien ein Mann in schwarzen Feinkordhosen und hellblauem Rollkragenpullover. Er hatte schon stark gelichtetes Haar, konnte aber nicht viel älter als fünfunddreißig sein.
»Wer sind Sie?« fragte ich ihn.
Er starrte mich an, Feindseligkeit in den Augen. »Darauf habe ich gewartet«, sagte er. »Kommen Sie ’rein.«
Ich folgte ihm durch eine kleine, hübsch tapezierte Diele in das mittelgroße, mit zwei Fenstern zur Straße weisende Wohnzimmer. Ein paar gute Antiksachen gaben dem ansonsten modern möblierten Zimmer eine eigenwillige, betont weibliche Note.
»Wo ist Joyce?« fragte ich und blieb dicht hinter der Schwelle stehen.
Die Sachen sind neu, schoß es mir gleichzeitig durch den Kopf. Du brauchst nichts davon zu kennen — ausgenommen den Barockengel und den venezianischen Spiegel. Beide waren auf einem der Fotos zu sehen gewesen, die Carpenter vor seiner Verhaftung von der früheren Wohnung seiner Verlobten gemacht hatte. Diese Bilder befanden sich — als Kopien — in den Händen des FBI.
»Weg«, sagte er.
»Wann kommt sie wieder?«
»Ich weiß es nicht.«
Ich hielt die Hände in den Taschen, wie ich es auf einigen der kopierten Fotos bei Carpenter gesehen hatte. Obwohl keineswegs sicher war, daß der Bursche im Rollkragenpulli Carpenter gekannt hatte, mußte ich meiner Rolle so treu bleiben, wie es nur möglich war.
Ich hätte ihn gern nach seinem Namen gefragt, aber das mußte ich mir verkneifen, weil es ja immerhin möglich sein konnte, daß er mich kannte.
»Sie sind Carpenter, nicht wahr?« fragte er in diesem Moment und entschärfte die Situation damit ein wenig.
Ich setzte mich. »Was dagegen?«
»Ja«, sagte er. »Ja, das habe ich. Nicht gegen Sie, wohlverstanden. Aber gegen Ihre Rückkehr. Lassen Sie Joyce zufrieden. Sie paßt nicht zu Ihnen. Ich bin gerade dabei, ihr den Weg in ein neues Leben zu weisen.«
»Wie rührend«, höhnte ich.
Seine Backenknochen traten deutlich hervor. Er verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich bin bereit, um sie zu kämpfen.«
»Wie denn?«
»Mit allen Mitteln«, sagte er.
»Und Joyce billigt das?«
»Wahrscheinlich nicht. Sie hängt noch an Ihnen. Sie ist loyal. Sie glaubt, daß es ihre Pflicht sei, Ihnen die Treue zu bewahren — aber ich bringe ihr allmählich bei, wie dumm das ist, wie lebensfremd. Es mag stimmen, daß Sie bei dem Überfall niemand töteten, aber trotzdem sind Sie mitschuldig an dem Geschehen. In meinen Augen sind Sie ein Mörder.«
»Seit wann kennen Sie Joyce?«
»Seit drei Monaten. Wir arbeiten in der gleichen Firma«, sagte er und stellte sich endlich vor. »Mein Name ist Mark Trenton.«
Ich erhob mich, trat ans Fenster und blickte hinaus, die Hände immer noch in den Taschen.
»Ich habe diesem Tag entgegengeträumt«, sagte ich. »Ich habe für diesen Tag gelebt, für nichts anderes. Glauben Sie im Ernst, daß ich jetzt bescheiden zur Seite treten und einem Missionar der Moral Platz machen werde?«
»Nein«, sagte er ruhig. »Mir ist klar, daß es unsinnig wäre, mit Ihrer Einsicht und Ihrem Verständnis rechnen zu wollen. Ich muß Sie dazu zwingen, auf Joyce zu verzichten.«
Ich wandte den Kopf und blickte ihn an. »Wie wollen Sie das anstellen?«
Er lächelte dünn und spöttisch. Seine Augen blieben hart und feindselig. »Mit Gewalt«, sagte. »Leute Ihres Kalibers lassen sich nur mit den eigenen Waffen schlagen.«
»Interessant, wirklich interessant«, sagte ich und hielt seinen Blick fest. »Aber nicht ausführlich, nicht detailliert genug.«
»Ich habe auf eigene Faust ein paar Nachforschungen angestellt«, sagte er. »Wenn ich will, bringe ich Sie schon morgen ins Gefängnis zurück.«
»Wollen Sie?«
»Ja — wenn Sie Joyce nicht freigeben.«
»Sie sind ein hübscher Bluffer«, sagte ich, »aber Sie vergessen, wen Sie vor sich haben. Mein Köpfchen hatte schon immer das Talent, schwierige Probleme zu lösen. Es wird auch dieses meistern.«
»Lieben Sie Joyce?« fragte er.
»Ich denke schon.«
»Wenn Sie sie wirklich lieben, geben Sie sie auf«, meinte er. »Sie können ihr nichts geben — nur eine Flucht vor den FBI-Männern, die fortfahren werden, Sie und Ihren Anteil zu jagen, ein Leben voll Hetze, Hektik und Angst, ein Leben ohne Zukunft.«
»Sie brechen mir das Herz«, sagte ich.
Es tat mir leid, ihn verhöhnen zu müssen. Er schien ein netter Kerl zu sein, ein Bursche mit guten Absichten. Wenn er Glück hatte, würde er auch ohne Schwierigkeiten zu seinem Ziel kommen — aber das durfte ich ihm leider nicht sagen. Ich mußte ihn als meinen Feind behandeln, als einen Mann, dessen Willen und Absichten es zu brechen galt.
»Ich fürchte mich nicht vor Ihnen«, sagte er.
»Ich bin nicht mehr der, der ich einmal war«, sagte ich und hüstelte leicht, »aber meine Freunde haben gewiß nichts von dem verlernt, was sie groß gemacht hat.«
»Drohen Sie mir nicht mit Ihren Freunden«, sagte er. »Das beeindruckt mich nicht.«
»Das zeigt mir, daß Sie sie nicht kennen.«
»Ich will, daß Sie verschwinden«, sagte er.
Ich schaute ihn an. Er hatte die Fäuste geballt und sah sehr entschlossen aus.
»Ich werde Joyce erklären, daß Sie hier waren«, fuhr er fort. »Sie kann dann selbst entscheiden, wie es weitergehen soll.«
»Ich bleibe«, sagte ich ruhig.
Er trat dicht vor mich hin. »Ich habe Sie ’reingelassen, um Ihnen meinen Standpunkt klarzumachen«, erklärte er. »Ich habe Ihnen gesagt, daß ich um Joyce kämpfen werde. Ich fürchte mich nicht vor Ihnen. Im Gegenteil. Ich brenne darauf, Ihnen zu zeigen, was ich von einem Mann Ihres Kalibers halte. Sie haben Joyce verdorben. Sie haben es fertiggebracht, sie für das Leben untauglich zu machen. Ich will und werde dafür sorgen, daß sich das ändert, daß sie wieder lachen und sich freuen kann. Hauen Sie ab, oder ich werde ungemütlich — und lassen Sie sich nie wieder hier blicken.«
»Sie vergessen, daß ich den Spieß umkehren kann«, sagte ich. »Sie haben hier nichts verloren. Sie haben versucht, sich an meine Verlobte ’ranzumachen. Wenn Sie mir nicht so verdammt gleichgültig wären, würde ich Sie mit ein paar Griffen auseinandernehmen.«
»Sie Angeber!« höhnte er. »Sie sind schwach und krank. Joyce hat es mir erzählt. Eigentlich sollte ich Mitleid für Sie empfinden, aber das wäre dumm. Sie gehören zu den Leuten, die das skrupellos ausnutzen würden. Mit Ihnen muß man Fraktur reden.«
Er schoß plötzlich seine Linke ab, ziemlich schnell und hart, aber nicht geschickt genug, um mich damit treffen zu können. Ich praktizierte einen Sidestep und fing Trenton mit der Schulter ab, als er, von der eigenen Schlagwirkung mitgerissen, ins Leere zu stolpern drohte.
»Lassen Sie das«, sagte ich scharf.
Er war nicht zu bremsen. Diesmal legte er eine Dublette vor. Ich blockte ihn ab. Als ich merkte, daß es sinnlos war, in der Defensive zu bleiben, setzte ich ihm einen rechten Schwinger aufs Kinn. Der brachte ihn zur Vernunft. Er fiel über einen Stuhl, kam aber sofort wieder auf die Beine, blinzelnd.
Ich begriff, daß ich einen Fehler gemacht hatte. In meinem Schlag hatte zuviel Mumm gelegen. So schlug kein Mann, dessen Entlassung aus dem Gefängnis unter anderem mit einer schweren Erkrankung motiviert worden war. Außerdem wußte ich, daß Carpenter niemals Boxunterricht gehabt hatte. Er war kein Schläger gewesen. Seine Qualitäten hatten eher auf intellektueller Ebene gelegen.
Trenton massierte sich das Kinn, verbittert und ziemlich erstaunt. Ich grinste matt. »Das lernt man im Bau«, behauptete ich.
»Wann kommt Joyce zurück?« fragte ich dann.
»Keine Ahnung«, murmelte er.
»Haben Sie einen Schlüssel für die Wohnung?«
»Nein. Sie sagte, es würde nur eine halbe Stunde dauern.« Er schaute auf die Uhr. »Seltsam«, meinte er. »Sie hat die Zeit bereits um zehn Minuten überzogen. Das ist sonst nicht ihre Art.«
Ich trat ans Fenster und blickte auf die Straße hinab, dann wandte ich mich wieder um. »Hat sie oft von mir gesprochen?« wollte ich wissen.
Sein Mund zuckte. »Ja. Viel zu oft, wenn Sie meine Ansicht hören wollen.«
Das Telefon klingelte. Trenton sprang auf, aber ich war vor ihm am Apparat. Ich nahm den Hörer ab.
»Ja?«
»Hallo, Mark«, ertönte eine weibliche Stimme am anderen Leitungsende. »Ich bin’s, Joyce. Geh nach Hause. Ich komme nicht zurück. Nie wieder. Ich verschwinde mit dem Geld, ich tauche unter…«
Dann ertönte ein seltsames Geräusch. Es hörte sich an, als versuchte das Mädchen, weiterzureden, obwohl es in diesem Moment von einer Hand oder einem Lappen, vielleicht auch von einem würgenden Griff daran gehindert wurde.
Es klickte in der Leitung. Der Teilnehmer hatte aufgelegt.
Ich blickte über meine Schulter. Trenton stand dicht hinter mir. Seinen weit aufgerissenen Augen war zu entnehmen, daß er die Worte der Anruferin mitbekommen hatte. Trotzdem wiederholte ich sie.
Er schluckte und setzte sich — leichenblaß.
»Da ist was faul«, sagte er.
»Sicher ist da was faul«, bestätigte ich. »Sie ist mit dem Geld abgehauen.« Er starrte mich an, Empörung in den Augen. »So etwas würde Joyce nie tun! Wie können sie ihr das nur Zutrauen? Da sieht man mal, was mit Ihnen los ist! Der Anruf war fingiert…«
»Es war doch Joyces Stimme, oder?«
»Das müssen Sie doch wissen!«
Ich zuckte mit den Schultern. »Es ist so lange her, daß ich mit ihr gesprochen habe.«
»Ich hörte nur ein Quäken aus dem Hörer — das reichte nicht aus, um beurteilen zu können, ob sie es wirklich war«, sagte er nervös. Er knackte mit den Fingergelenken. »Was nun?« fragte er.
»Warum fragen Sie mich?«
»Schließlich ist es Ihr Geld, Ihre Zukunft«, meinte er.
»Vorhin schien es mir so, als sähen Sie in Joyce auch Ihre Zukunft«, spottete ich.
»Das tue ich noch immer«, erklärte er. »Ich glaube nicht, daß sie mit dem Geld getürmt ist. Sie wußte nicht mal, wo es ist.«
»Haben Sie sie danach gefragt?«
»Nein. Sie hat es mir einmal erzählt. Freiwillig. Wenn es stimmt, was sie sagte, haben Sie Joyce bewußt uninformiert gelassen. Sie sollte wegen des Geldes keine Schwierigkeiten haben.«
»So ist es«, sagte ich.
Er hörte gar nicht auf das, was ich sagte. Aus schmalen Augen starrte er auf den Fußboden.
»Irgend jemand benutzt Joyce, um den Diebstahl Ihres Anteils zu kaschieren«, sagte er.
Helles Köpfchen, dachte ich.
Was Trenton sagte, war mir bereits durch den Kopf gegangen. Joyces Anruf war zu hektisch gewesen, und sein Ende war zu abrupt gekommen. Irgend etwas daran wirkte forciert und gekünstelt, ungefähr so, als habe das Mädchen unter Bedrohung und in Todesangst die Worte geäußert, die man ihr eingetrichtert hatte.
»Wann ist sie weggegangen?« fragte ich.
Er schaute mich an, ziemlich verwundert. »Sie setzen mich in Erstaunen«, sagte er. »Der Verlust von einigen Millionen Dollar läßt Sie offenbar völlig kalt.«
»Ich kriege mein Geld schon, verlassen Sie sich darauf«, sagte ich.
»Joyce ist keine Diebin«, erklärte er. »Ich kenne sie. Sie wäre außerstande, jemand einen Penny zu klauen.«
»Bei drei Millionen ist die Versuchung erheblich größer«, sagte ich und war bemüht, mich in die Psyche des Mädchens zu versetzen.
Vielleicht hatte sie gewußt, wo das Geld versteckt war, und plötzlich den Entschluß gefaßt, mit den Millionen unterzutauchen.
Die Auslösung für diesen Entschluß konnte das Gerücht von meiner bevorstehenden Entlassung gewesen sein. Möglicherweise war dem Mädchen der Gedanke, mit Carpenter erneut zusammen leben und' mit ihm auf die Flucht gehen zu müssen, unerträglich gewesen. Sie hatte es statt dessen vorgezogen, mit den Millionen zu verschwinden. Vielleicht hatte sie vor, mit dem Geld und gefälschten Papieren ins Ausland zu verschwinden. Es war nicht auszuschließen, daß sie dieses Projekt langfristig geplant und erst jetzt ausgeführt hatte.
»Woran denken Sie?« fragte ich. »Ich habe seit Stunden kein, Auge schließen können, auch nicht in der letzten Nacht. Es ist ziemlich anstrengend und strapaziös, nach Jahren der Haft vor der Entlassung zu stehen und — na ja, Sie wissen schon«, schloß ich.
»Ja, ja, ich weiß«, murmelte er, mit den Gedanken spürbar bei anderen Dingen.
Er stand plötzlich auf.
»Ich muß etwas unternehmen«, sagte er und schaute mich an. »Kommen Sie mit?«
»Wohin?«
»Joyce wollte zum Friseur«, erinnerte er sich. »Ich will versuchen, ihren Weg zu rekonstruieren.«
»Was hat sie mitgenommen, und was hatte sie an?« wollte ich wissen.
»Ein Leinenkostüm. Mitgenommen hat sie nur ihre Handtasche. So geht man nicht auf eine Reise. So kleidet sich niemand, der untertauchen will.«
»Warum eigentlich nicht?« fragte ich, wie zu mir selber gewandt. »Vielleicht kam es ihr darauf an, das Verschwinden glaubhaft als Entführung zu tarnen. Deshalb der Anruf. Deshalb der Umstand, daß sie kein Gepäck mitnahm. Warum auch? Für drei Millionen kann man alles kaufen. Alles.«
»Sie sind ja verrückt!« stieß er hervor. »Ich sollte Sie ohrfeigen. Sie verdienen Joyces Liebe nicht.«
Ich schaute ihn an, ein bitteres Lacheln auf den Lippen. »Sie und ich — wir wären nicht die ersten Männer, die von einer Frau aufs Kreuz gelegt wurden. Ich würde es Joyce nicht einmal übelnehmen können. Drei Millionen sind eine Versuchung, der nur wenige widerstehen können.«
»Joyce gehört zu diesen wenigen«, versicherte er grimmig, offenbar entschlossen, das Mädchen nicht von dem Podest stoßen zu lassen, auf das er sie gestellt hatte.
»Wie heißt ihr Friseur?«
»Hugo. Salon Hugo. Er ist nur drei Häuserblocks von hier entfernt. Warten Sie, ich rufe ihn an. Sie hat die Nummer auf ihrem Merkblock stehen.«
Ich beobachtete, wie er ans Telefon trat und die Nummer wählte, die er dem Block entnahm.
»Geben Sie mir Miß Amfield, bitte. — Oh! —'Ja, ich verstehe. Sind Sie sicher? Fragen Sie lieber noch einmal nach…« Er bedeckte die Sprechmuschel mit einer Hand und schaute mich an. »Sie war gar nicht dort.« Er wartete eine Minute, sagte dann: »Vielen Dank.« Er legte auf, setzte sich und sah aus wie ein geschlagener Mann. »Was nun? Sie war nicht beim Friseur. Sie hat mich angelogen.«
»Wenn man Sie anschaut, könnte man meinen, daß Ihnen die drei Millionen geklaut wurden«, spottete ich.
»Sie haben nur Ihr Geld verloren, ich meine Liebe«, sagte er. »Das wiegt viel schwerer.«
***
Steve Batty räkelte sich auf dem Bett. Er war angezogen, nur die Schuhe und das Jackett hatte er vorher abgestreift. Das Sonnenlicht wurde durch die halb geschlossene Jalousie ins Zimmer gefiltert. Das kontrastreiche Streifenmuster von Licht und Schatten lief quer über das Bett und seinen Körper. Er rauchte eine Zigarette. Neben ihm, auf dem Boden, standen griffbereit eine Flasche mit Whisky und ein halbvolles Glas.
Es klopfte. »Ja?« rief Batty.
Die Tür öffnete sich. Ein hochgewachsener, ziemlich knochig wirkender Mann trat ein und schloß die Tür hinter sich.
»Hallo, Gregg«, sagte Batty. »Was verschafft mir die Ehre deines Besuches?«
Gregg Shad durchquerte den Raum und trat ans Fenster. Er blickte hinab auf die Straße, konzentriert und mit düsterer Miene. Batty lachte kurz. »Wenn man dich anschaut, könnte man meinen, die Bullen seien hinter dir her. Warum bist du bloß so nervös, verdammt noch mal?«
»James wird entlassen«, sagte Gregg Shad.
»Quatsch!«
»Er ist schon draußen.«
»Kompletter Blödsinn.«
»Ich hab’s aus erster Hand«, sagte Gregg Shad. Er starrte immer noch auf die Straße hinab.
»Wie kannst du nur auf diese Latrinenparolen ’reinfallen?« fragte Batty.
»Ich hab’s von Smiley, der weiß Bescheid.«
»Smiley, dieser dreckige Polizeispitzel!« sagte Batty verächtlich.
»Immerhin, er ist stets gut informiert.«
»Okay. James kommt also zurück. Ich weiß nicht, weshalb dich das so verrückt macht. Wir haben sein Geld gut verwahrt. Er kann es jederzeit kassieren. Oder nicht?«
»Davon möchte ich mich überzeugen«, sagte Gregg Shad und wandte sich dem Mann auf dem Bett zu.
»Ich hab’ nichts dagegen.«
»Komm mit— wir fahren ’raus.«
»Jetzt?«
»Sofort.«
»Sag mal, spinnst du?« erkundigte sich Batty stirnrunzelnd. »Wir sind nicht beim Militär, und du bist nicht mein Chef. Du kannst mich nicht ’rumkommandieren.«
»Das will ich auch nicht. Ich will nur, daß du mich begleitest.«
»Ich habe keine Lust, bei dieser Affenhitze ’rauszufahren«, sagte Batty. »Es gibt keinen Grund dafür.«
»Wir müssen uns davon überzeugen, ob die Piepen noch da sind«, erklärte Gregg Shad und ging auf Zehenspitzen über den abgetretenen Teppich zur Tür. Mit einem Ruck öffnete er sie und schaute hinaus. Der Korridor war leer. Er schloß sie wieder.
»Warum sollten sie verschwunden sein? Das Versteck kennen nur wir, nur du und ich«, sagte Steve Batty.
»Steh schon auf.«
»Okay«, seufzte Batty und schwang seine Füße auf den Boden. Er erhob sich, streckte sich, schlüpfte in seine Schuhe und streifte sein Jackett über. »Hinterher lädst du mich ein, zum Essen oder in eine Nachtbar. Als Kompensation für den verpfuschten Tag.«
»Ich verstehe nicht, wie man so leben kann«, sagte Gregg Shad und schaute sich angewidert in dem großen, schäbig möblierten Zimmer um. »In dieser Höhle!«
»Mir gefällt’s«, sagte Steve Batty grinsend. »Außerdem entspricht es der Abmachung. Unauffällig leben. Keine großen Ausgaben machen. Nicht in den Vordergrund schieben, ein Gesicht in der Masse bleiben.«
»Trotzdem begehst du einen Fehler«, meinte Gregg Shad. »Du arbeitest nicht. Schon seit Jahren nicht. Irgendwann werden die Leute anfangen, sich zu wundern, womit du deinen teuren Whisky und die hübschen Klamotten bezahlst. In deinem Schrank hängen mindestens zehn Anzüge. Ich habe bemerkt, daß du sie verdammt oft wechselst.«
»Ich bin ein großer Wetter und Spieler. Ich erzähle jedem, der es hören will — und auch solchen, die darauf pfeifen —, daß ich damit mein Geld verdiene. Ich fahre immer noch meinen 65er Dodge. Du hast also keinen Grund, an mir herumzunörgeln. Wozu, verdammt noch mal, haben wir denn das große Ding gedreht, wenn wir so enthaltsam wie die Mönche leben sollen? Von dir läßt sich schon gar nicht behaupten, daß du übertrieben bescheiden auftrittst!«
»Du übersiehst, daß ich mir eine kleine Firma aufgebaut habe, aus eigener Kraft und nachweisbar mit selbstverdientem Geld. Das legitimiert meine Lebensführung — und nur darauf kommt es an.«
»Dein Scheißladen!« höhnte Steve Batty. »Du hast ja ’ne Meise. Hast Millionen auf der hohen Kante und rackerst dich hinter dem Tresen ab! Einfach verrückt. Weshalb, möchte ich mal wissen, hast du das Ding damals eigentlich mitgedreht?«
»Es hat mich gereizt. Es ist wunderbar, zu wissen, daß man versorgt ist. Millionär. Ein großartiges Gefühl«, sagte Gregg Shad. »Im übrigen kann bei mir von abrackern keine Rede sein. Ich habe drei Angestellte, die schmeißen das Geschäft. Ich manage nur noch den Einkauf und die Abrechnung.«
»Schon gut«, knurrte Steve Batty und ging zur Tür. »Du bist ein Genie.«
Wenige Minuten später saßen sie in Gregg Shads großem, neuem Staticncar, dessen Türen die Aufschrift von Shads Ladengeschäft trugen. »Gregor Shad — Antiquitäten — Los Angeles, Marlboro Street 82«.
»Müssen wir ausgerechnet mit diesem Schlitten ’rausfahren?« knurrte Steve Batty und zündete sich eine Zigarette an. »Wenn wir jemandem auffallen sollten, weiß er gleich, wem die Karre gehört.«
»Wir haben nicht vor, jemandem aufzufallen«, sagte Gregg Shad ruhig. Er blickte gleichzeitig in den am Amaturenbrett befestigten Spiegel. Niemand folgte ihnen. Batty lachte. »Wie großkotzig du daherredest — und gleichzeitig beweist du mit deinem Blick in den Spiegel, daß du noch immer die Hosen voll hast.«
»Ich bin vorsichtig, das habe ich mir zur Gewohnheit gemacht«, verteidigte sich Gregg Shad. »Es hat weder etwas mit Angst noch mit Nervosität zu tun. Du solltest froh sein, daß dein Partner so umsichtig reagiert. Es muß dir als Beruhigung dienen.«
»Ich wüßte gern, wie James jetzt aussieht. Er soll kurz vor dem Abschrammen stehen.«
»Er wird sich die besten Ärzte leisten können, die man für Geld haben kann.«
»Findest du?' Du kennst James. Der ist wie du. Der wird sich hüten, sein Geld anzutasten. Schließlich weiß er, daß die Bullen ihn Tag und Nacht beschatten werden, um an sein Moos ’ranzukommen.«
»Das macht nichts«, sagte Gregg Shad spöttisch. »Absolut gar nichts. Jeder Arzt in der Stadt weiß, wer James Carpenter ist und was hinter ihm steht. Jeder Arzt wird ihn auf Kredit behandeln und darauf hoffen, daß James sich bei der Honorierung entsprechend großzügig erweist.«
»Daran habe ich noch nicht gedacht«, meinte Steve Batty beeindruckt. »Du hast recht. James kann praktisch auf Jahre hinaus auf Pump leben. Da man weiß, daß drei Millionen hinter ihm stehen, wird man sich in Stücke reißen, um ihn als Kunden zu gewinnen.«
»Du hast es erfaßt«, sagte Gregg Shad.
»Also braucht er das Geld gar nicht, oder?« fragte Steve Batty.
»Nicht im Augenblick.«
»Weshalb dann dieser idiotische Trip ins Grüne?« fragte Steve Batty gereizt.
»Das schulden wir ihm. Nur so, aus Loyalität und um ganz sicher zu sein, daß die Piepen noch da sind.«
»Du spinnst.«
»James hat unseren Rückzug gedeckt. Er ist für uns in den Bau gegangen. Er hat uns seine Gesundheit geopfert«, sagte Gregg Shad scharf. »Und was haben wir für ihn getan? Seinen Anteil verbuddelt, weiter nichts! Das mindeste, was wir ihm schuldig sind, ist…«
»Hör schon auf damit«, fiel ihm Steve Batty mürrisch ins Wort. »Ich weiß, daß du James als Helden feierst. Und du weißt, daß ich das für übertrieben halte. Wenn er damals ein bißchen reaktionsschneller aufgetreten wäre, wenn er die beiden Bullen an der Ecke umgelegt hätte, wäre ihm die Verhaftung erspart geblieben.«
»Drei Tote waren genug, mehr als genug«, preßte Gregg Shad durch die Zähne. »Sie gehen auf dein Konto.«
»Wenn ich nicht geschossen hätte, säßest du heute auf einer Pritsche — und ich wäre gleich neben dir, in der Nachbarzelle.«
»Reden wir nicht mehr darüber. Wir haben das Thema schon bis zum Überdruß abgehandelt.«
»Weiß ich. Du fängst ja immer wieder davon an!« sagte Steve Batty.
»Weil es mich nicht losläßt, weil ich buchstäblich nachts von ihm aus dem Schlaf gerissen werde — wie der kleine Schurke im Illustriertenroman«, bekannte Gregg Shad bitter.
»Flasche!« höhnte Steve Batty.
Gregg Shad steckte sich eine Zigarette an. »Wie klappt die Zusammenarbeit mit Max?« fragte er.
Steve Batty zuckte leicht zusammen und riß den Kopf herum. »Was sagst du da?«
»Ich habe mir sagen lassen, daß du in letzter Zeit oft mit Max Styner zusammengekommen bist.«
»Hast du was dagegen?« fragte Steve Batty wütend. »Willst du mir auch noch meine Freunde und meinen Umgang vorschreiben?«
»Max Styner ist ein prominenter Mann — soweit sich das von einem Syndikatsboß behaupten läßt«, stellte Gregg Shad ruhig fest. »Mir ist es egal, wenn du dich mit ihm sehen läßt — oder nein, mir ist es nicht völlig egal. Was dich betrifft, betrifft auch mich. Styner ist ein Mann, der sich der besonderen Aufmerksamkeit des FBI erfreut. Die Leute, mit denen er sich umgibt, müssen zwangsläufig in den Sog dieser Aufmerksamkeit geraten. Ich verstehe nicht, weshalb du dich dieser Gefahr aussetzt.«
»Styner hat hundert Freunde und tausend Gönner — von den Speichelleckern, die ihn umschleichen, ganz zu schweigen«, sagte Steve Batty. »Das FBI müßte sein Personal um das Vielfache auf stocken, wenn er jeden Burschen überprüfen und durchleuchten wollte, der mit Styner gesehen wird oder mal an einer seiner berühmten Partys teilnimmt. Du machst dich mit deiner übertriebenen Vorsicht einfach lächerlich.«
»Ich denke an mich, nicht an dich«, gab Gregg Shad zu. »Ich habe drei Millionen gewonnen und möchte sie nicht wieder verlieren, weil mein Partner wie ein Hohlkopf auf tritt.«
»Immerhin hat dieser Hohlkopf einen ruhigen Schlaf«, höhnte Steve Batty. »Er ist auch nicht so hirnverbrannt, sich in einem blöden Laden abzurackern. Alles in allem macht er mehr &us seinem Leben als der Mann, der meint, das alles kritisieren zu müssen. Ich halte jetzt die Schnauze, bis wir am Ziel sind. Und du hältst sie auch — oder ich setze dir meine Faust darauf. War das deutlich?«
»In dieser Hinsicht hattest du noch niemals Schwierigkeiten, dich verständlich zu machen«, spottete Gregg Shad.
Danach schwiegen sie. Sie brauchten mehr als zwei Stunden, um die Steinwüste der Stadt hinter sich zu lassen, und rollten dann über den Highway 99 in nordwestlicher Richtung bis nach Newhall. Dort bogen sie links ab und nahmen Kurs auf die Gegend von Moorpark. Gegen siebzehn Uhr dreißig lenkte Gregg Shad sein großes, etwas ungelenk wirkendes Stationcar auf einen Feldweg, der an zwei Wäldchen vorbei zu einer verlassenen Farm führte. Eine Holzschranke, die die Zufahrt versperrte, trug eine verwitterte Holztafel mit der Aufschrift »Keine Weiterfahrt — Privatbesitz«.
Die Männer stiegen aus, streckten sich imd schauten sich um. Weit und breit war niemand zu sehen. Sie ließen den Wagen stehen und begaben sich zu Fuß bis zu dem kleinen, rostbraun gestrichenen Wohngebäude, dessen hölzerne Fensterläden geschlossen waren.
Shad holte einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Tür. Sie gingen hinein, stießen einige Fensterläden auf und ließen frische Luft in die modrigen, vermufft riechenden Räume. Batty warf sich in einen abgedeckten Sessel, streckte beide Beine weit von sich und sagte: »Jetzt brauche ich erst mal ’n Whisky.«
»Der ist brühwarm, er wird dir nicht schmecken«, sagte Shad.
»Warum, zum Teufel, hast du den Kühlschrank noch nicht reparieren lassen?«
»Weil ich nicht will, daß fremde Handwerker hier ’rumschnüffeln«, sagte Gregg Shad.
»Du tust so, als läge das Geld im Haus!«
»Du weißt, wo das Zeug steht«, meinte Gregg Shad und steckte sich eine Zigarette an.
Steve Batty stemmte sich hoch, klopfte seine Hose ab, die von dem weißen staubbedeckten Sesselbezug beschmutzt worden war, und öffnete die Tür eines Gewehrschrankes, der als Hausbar diente und eine Batterie größtenteils leerer Flaschen enthielt.
Er hob einige Flaschen gegen das Licht, fand endlich das Richtige und füllte sich ein Glas bis zur Hälfte. »Nimmst du auch einen?« fragte er laut. Gregg Shad befand sich nicht mehr im Zimmer. Batty hörte ihn durch das Haus gehen. Shad antwortete nicht, kehrte aber zwei Minuten später zurück.
»Alles okay«, sagte er zufrieden.
»Was hattest du denn erwartet? Daß sich hier eine Hippiekommune eingenistet haben könnte?« fragte Steve Batty und genehmigte sich einen großen Schluck.
»Wundern würde mich so etwas nicht«, antwortete Gregg Shad. »Die Farm liegt einsam und abgeschieden, sie muß jeden einladen, der Ruhe sucht.«
»Von diesen verlassenen Farmen gibt’s in der Gegend ein paar Dutzend«, sagte Steve Batty. »Ein paar davon werden neuerdings als Wochenendgrundstücke benutzt.«
»Komm schon«, sagte Gregg Shad ungeduldig, »bringen wir’s hinter uns.«
»Wenn du nichts dagegen hast, nehme ich mein Glas mit«, meinte Steve Batty und folgte Shad nach draußen.
»Anders ist der Gestank nicht zu ertragen.«
Sie verließen das Haus und gingen zu den verwahrlost aussehenden Wirtschaftsgebäuden. Die Tür zum Stall war ausgehängt. Im Innern herrschte ein diffuses Licht.
»Pfui Teufel!« sagte Steve Batty und schüttelte sich. »Wie konnten wir nur auf die Idee kommen, die Piepen ausgerechnet im Schweinestall zu verscharren?«
»Es war eine gute, eine blendende Idee«, meinte Gregg Shad zufrieden. »Der Gestank und der Schmutz dürften jeden davon abhalten, sich näher hier drin umzusehen. Penner, die eventuell ein Nachtlager suchen, werden in der Scheune oder im Silo, aber bestimmt nicht hier schlafen.«
»Halt keine Reden«, sagte Steve Batty mit gerümpfter Nase. »Schnapp dir endlich den Spaten und beruhige dein verdammtes Gewissen. Vielleicht findest du dann morgen oder nächste Woche auch noch Gelegenheit, deinem Helden James die Füße zu küssen.«
»Idiot«, knurrte Gregg Shad und griff nach oben hinter eine dicke Holzstrebe. Er holte einen Spaten dahinter hervor und stoppte plötzlich abrupt.
»Da hat jemand gescharrt — das sind frische Grabspuren«, sagte er.
»Du spinnst, das kannst du in der Dunkelheit doch gar nicht erkennen.«
»Meine Augen haben sich inzwischen an das Licht gewöhnt«, sagte Gregg Shad. »Komm her, überzeuge dich davon.«
»Fang an zu graben, dann weißt du, was davon zu halten ist«, meinte Steve Batty.
Gregg Shad räumte die dicke Dreckschicht beiseite, dann stieß er mit dem Spaten in das weiche, darunterliegende Erdreich. Schon nach kurzer Zeit wurde ein harter, metallischer Ton hörbar.
Das Spatenblatt war auf einen Widerstand gestoßen.
»Na, bitte!« sagte Steve Batty. »Der Tank.«
»Er klingt hohl — anders als sonst.«
»Hol ihn r’aus.«
Gregg Shad richtete sich auf und streckte Steve Batty den Spaten entgegen. »Jetzt bist du dran.«
»Danke, kein Bedarf«, wehrte Steve Batty ab und genehmigte sich einen weiteren Schluck. »Das Ganze war schließlich deine Idee, Partner.«
»Wenn du nicht sofort zu graben beginnst, schlage ich dir den Schädel ein«, drohte Gregg Shad.
»He, was ist denn auf einmal in dich gefahren?« wunderte sich Steve Batty. »Warum spielst du plötzlich verrückt? Gib das Ding schon her — ich will, daß wir den Scheißjob möglichst schnell hinter uns bringen. In diesem Mistloch erstickt man ja vor Dreck und Gestank.«
Er überließ Shad sein Glas und begann zu graben. Wenige Minuten später hatte er einen kleinen ehemaligen Öltank freigelegt, der zu einem Behälter umfunktioniert worden war, indem man seine Schmalseite aufgetrennt hatte.
»Jetzt bist du dran«, sagte Steve Batty.
Gregg Shad gab Batty das Glas zurück, bückte sich und nahm den Deckel ab.
Der Behälter war leer.
»Ich will verdammt sein«, murmelte Steve Batty.
Gregg Shad holte sein Gasfeuerzeug aus der Tasche. Er knipste es an, drehte die Flamme hoch und leuchtete ins Innere des Behälters.
»Nichts«, sagte er. Seine Stimme klang angesichts der Entdeckung, daß jemand drei Millionen aus dem Tapk gestohlen hatte, erstaunlich ruhig.
»Ich will verdammt sein«, wiederholte Steve Batty und machte ein betroffenes Gesicht. Ihm schien nichts anderes einzufallen.
»Die Spuren sind frisch gewesen — das Geld ist vermutlich erst heute oder gestern gestohlen worden«, sagte Gregg Shad, noch immer sehr beherrscht und gelassen.
Steve Batty warf den Spaten in die Ecke, nahm einen Schluck aus dem Glas und trat ins Freie. Gregg Shad folgte ihm. Die Männer blickten sich an.
»Was nun?« fragte Steve Batty.
»Wir müssen für den Schaden haften.«
»Wie meinst du das?«
»Du blechst anderthalb Millionen, und ich zahle den gleichen Betrag.«
»Tickst du noch richtig?«
»James hat Anspruch auf seine drei Millionen«, sagte Gregg Shad.
An Battys Schläfe schwoll eine Ader. »Was kann ich dafür, wenn sie geklaut worden sind?«
»Es war unsere Pflicht, das Geld so aufzubewahren, daß niemand herankommt.«
»Nur wir zwei wußten Bescheid, du und ich«, preßte Steve Batty durch seine Zähne. »Woher soll ich wissen, daß dü nicht hier gewesen bist und das Geld für dich kassiert hast? Jetzt machst du mir scheinheilig den Vorschlag, daß wir für den Verlust geradestehen müssen! Wenn ich darauf einginge und du tätest das gleiche, bliebe dir noch immer ein Gewinn von anderthalb Millionen.«
»Oder dir«, sagte Gregg Shad.
»He, was willst du damit sagen?«
»Wo bist du gestern gewesen?«
Steve Batty ballte die Fäuste. »Das kannst du mit mir nicht machen. Ich lasse mich von dir nicht in die Mangel nehmen. Wenn einer von uns sich auffällig benommen und dabei verdächtig gemacht hat, bist du es… mit dieser hirnverbrannten Idee, nach dem versteckten Geld zu sehen!«
»Wie du siehst, war sie gar nicht so hirnverbrannt«, sagte Gregg Shad.
»Richtig, aber das konntest nur du wissen«, stellte Steve Batty fest.
»Ich habe einen guten Riecher für gewisse Entwicklungen«, sagte Gregg Shad. »Ich bin keineswegs sehr überrascht, daß das Geld verschwunden ist.«
»So?« fragte Steve Batty gedehnt. »Davon hast du mir unterwegs aber kein Wort gesagt.«
»Ich wollte mich davon überzeugen, wie du auf das Geschehen reagierst«, behauptete Gregg Shad.
Steve Batty nahm einen letzten Schluck aus dem Glas, dann warf er es mit einer wütenden Geste an die Stallwand, wo es in hundert Scherben zerbarst.
»Verdammte Scheiße, was soll dieser ganze Quatsch?« rief er. »Wir müssen herausfinden, was aus dem Kies geworden ist! Ob vielleicht Joyce…?« fügte er hinzu, ohne den Satz zu beenden.
»Quatsch. Die hat keine Ahnung, wo das Geld lag«, sagte Gregg Shad.
»Findest du? Immerhin wußte sie, daß du hier draußen eine Farm hast, ein Erbstück. Das kann sie zum Nachdenken und zum Nachforschen veranlaßt haben.«
»Joyce scheidet aus.«
»He, hast du eine Schwäche für sie?« spottete Steve Batty.
»Ja, die habe ich. Joyce ist in Ordnung. Sie steht zu James, sie hält zu uns — obwohl sie keineswegs billigt, was damals geschehen ist.«
»Noch jemand für deine Heldensammlung!« höhnte Steve Batty. »Aber damit bleibt die Frage unbeantwortet, was aus James’ Anteil geworden ist.«
»Ich weiß es schon«, sagte Gregg Shad.
»Ah, das Supergehirn ist auf einen brillanten Einfall gekommen! Darf man daran teilhaben?«
»Styner hat das Geld bekommen.«
»Max Styner?«
»Ja, dein Freund, der große Syndikatsboß. Ihm hast du doch auch deinen Anteil an vertraut, oder?«
»Was ich mit meinem Geld tue, geht dich nichts an«, sagte Steve Batty scharf.
»Richtig. Es geht mich nichts an. Aber es geht mich etwas an, was aus James’ Geld geworden ist. Du hast es gestohlen. Vermutlich hat Styner dich dazu animiert. Du läßt es zusammen mit deinen Millionen in Styners Syndikat arbeiten. Du hältst das für eine prächtige Anlage. Welche Rendite zahlt er dir? Sieben Prozent… oder gar zehn?«
»Das nimmst du zurück«, sagte Steve Batty, dessen Backenknochen spitz hervortraten.
»Ich will dir was zeigen, was mir vorhin aufgefallen ist«, sagte Gregg Shad, machte kehrt und ging einige Schritte auf das Wohnhaus zu. Er stoppte an einer Bodenvertiefung, deren feuchter Grund den deutlichen Abdruck eines Wagenreifens zeigte.
»Was ist damit?« fragte Steve Batty, der Shad gefolgt war und neben ihm stehenblieb.
»Ein brandneuer Reifen«, sagte Gregg Shad. »Soviel ich weiß, hast du dir vor einer Woche einen neuen Satz besorgt.«
»Ist das ein Stück deiner grandiosen Beweisführung?« fragte Steve Batty. »Ja.«
»Was«, fragte Batty mit schmalen Augen und geballten Fäusten, »würdest du wohl dazu sagen, wenn ich dir jetzt und hier die Fresse poliere? Ich habe es nicht nötig, mir deine idiotischen Verdächtigungen anzuhören.«
Gregg Shad griff blitzschnell in seinen Hosenbund, riß einen Revolver heraus, trat einen Schritt zurück und richtete die Waffe auf Batty.
»Nimm die Hände hoch!«
Steve Batty war so verdutzt, daß er zweimal hintereinander schlucken mußte.
»Das ist nicht dein Ernst«, murmelte er.
»Hoch mit den Klauen!«
Steve Battys Augen funkelten böse. »Das kannst du mit mir nicht machen.«
»Mit dir mache ich noch ganz andere Dinge. Wo ist das Geld geblieben?«
»Gar nicht übel, wirklich gar nicht übel«, höhnte Steve Batty, der seine Arme unten ließ. »Ein hübscher Trick, um dich damit zu entlasten, was?«
»Wo ist das Geld?«
»Hör zu. Ich lebe in einem möblierten Zimmer in einer Scheißpension in einem miesen Viertel. Ich brauche zum Leben nur hin und wieder einen neuen Anzug, vernünftiges Essen und guten Whisky. Ich bin damit zufrieden, meine Tage zu vergammeln. Wie sollte ein Mann mit so bescheidenen Lebensansprüchen wohl auf die Idee kommen, sich nochmals drei Millionen unter den Nagel zu reißen? Das, was ich besitze, ist mehr, als ich jemals aufbrauchen kann.«
»Dein Leben gefällt dir schon lange nicht mehr«, sagte Gregg Shad. »Du willst es über Bord werfen, du willst dich meiner lästigen Kontrolle entziehen, du willst wie die Leute in Styners Umgebung leben, großkotzig und luxuriös.«
»Stimmt«, preßte Steve Batty durch seine Zähne. »So würde ich gern leben. Es stimmt auch, daß ich deine beschissene Angst und deine ewigen Nörgeleien satt habe. Aber deshalb brauche ich keine drei Millionen zu klauen. Ich kann nur wiederholen, was ich bereits sagte. Ich besitze mehr Geld, als ich ausgeben kann.«
»Das klingt überzeugend, ich weiß«, spottete Gregg Shad, ohne seinen Finger vom Abzug zu nehmen oder die Richtung der Waffenmündung zu ändern. »Jeder, der es hört, könnte meinen, es sei verdammt plausibel. Die Sache hat nur einen Haken. Wer viel hat, will noch mehr haben. Der Gedanke, daß hier draußen drei Millionen Dollar in einem Schweinestall vergammeln, muß dich Tag und Nacht gequält haben. Du hast nur zu gern geglaubt, was man von James’ labiler Gesundheit erzählte. Du hast gehofft und gewünscht, daß er krepiert. Als statt dessen die Nachrichten von seiner bevorstehenden Entlassung die Runde machten, fandest du, daß es hohe Zeit sei, die Piepen zu kassieren.«
»Du redest so, als sei dir das alles widerfahren«, höhnte Steve Batty.
»Es ist mir widerfahren«, sagte Gregg Shad. »Ich bin Zeuge deiner Entwicklung und deines Abstiegs geworden. Was konnte ich schon von einem Menschen erwarten, dem es nichts ausgemacht hat, drei Männer umzulegen?«
»Schon wieder diese blöde Platte! Wenn ich nicht geschossen hätte, säßen wir alle hinter Gittern«, sagte Steve Batty.
»Ich weiß, daß du so denkst — und ich kenne auch deine scheinbar logischen Folgerungen aus dieser Überzeugung«, meinte Gregg Shad. »Du glaubst ganz im Ernst, daß dir das Geld einfach zusteht, weil wir ohne dich gescheitert wären.«
»In gewisser Weise trifft das zu«, sagte Steve Batty und starrte in die auf ihn gerichtete Waffenmündung. »Ohne mich wären wir heute in der Hölle oder im Gefängnis. Ich habe euch das niemals aufs Butterbrot geschmiert. Aber wenn du schon davon anfängst, können wir reinen Tisch machen. Es gäbe keine Millionenbeute, wenn ich nicht im richtigen Augenblick abgedrückt hätte.«