4,99 €
1,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 4,99 €
Will Rising stammt aus armen Verhältnissen. Doch er schafft es, sich in Gloucester einen kleinen Bekleidungsbetrieb aufzubauen. Auf dem steinigen Weg dorthin lernt er die zarte Florence kennen, in die er sich leidenschaftlich verliebt. Sie bekommen drei Töchter: March, April und May. Sie sollen den Traum der Risings von Glück und Wohlstand erfüllen ...
Der fesselnde Auftakt einer bewegenden Familiensaga voller Träume, Mut und Hoffnung, aber auch voller Schicksalsschläge - die Geschichte der Familie Rising:
Band 1: Die Kinder des Morgentaus
Band 2: Von der Sonne geküsst
Band 3: Der Duft der Herbstzeitlosen
Band 4: Knospen im Schnee
eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 544
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Grußwort des Verlags
Über dieses Buch
Titel
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Über die Autorin
Weitere Titel der Autorin
Impressum
Liebe Leserin, lieber Leser,
herzlichen Dank, dass du dich für ein Buch von beHEARTBEAT entschieden hast. Die Bücher in unserem Programm haben wir mit viel Liebe ausgewählt und mit Leidenschaft lektoriert. Denn wir möchten, dass du bei jedem beHEARTBEAT-Buch dieses unbeschreibliche Herzklopfen verspürst.
Wir freuen uns, wenn du Teil der beHEARTBEAT-Community werden möchtest und deine Liebe fürs Lesen mit uns und anderen Leserinnen und Lesern teilst. Du findest uns unter be-heartbeat.de oder auf Instagram und Facebook.
Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich für unseren kostenlosen Newsletter an:be-heartbeat.de/newsletter
Viel Freude beim Lesen und Verlieben!
Dein beHEARTBEAT-Team
Melde dich hier für unseren Newsletter an:
Will Rising stammt aus armen Verhältnissen. Doch er schafft es, sich in Gloucester einen kleinen Bekleidungsbetrieb aufzubauen. Auf dem steinigen Weg dorthin lernt er die zarte Florence kennen, in die er sich leidenschaftlich verliebt. Sie bekommen drei Töchter: March, April und May. Sie sollen den Traum der Risings von Glück und Wohlstand erfüllen ...
Die bewegende Geschichte der Familie Rising – eine Familiensaga voller Träume, Mut und Hoffnung, aber auch voller Schicksalsschläge:
Band 1: Die Kinder des Morgentaus
Band 2: Von der Sonne geküsst
Band 3: Der Duft der Herbstzeitlosen
Band 4: Knospen im Schnee
Susan Sallis
Die Kinder des Morgentaus
Aus dem Englischen von Eva Malsch
April Rising wurde 1902 geboren, das erste von Florence' Kindern, das im neuen Jahrhundert das Licht der Welt erblickte. Aber Florence datierte ihre Briefe immer noch mit »18...«. Dann radierte sie die Ziffern aus und fing noch einmal von vorn an. Sie fragte sich, ob es besser gewesen wäre, ihr eigenes Leben hätte früher begonnen. Irgendwie fand sie es beängstigend, eine Eins und eine Neun in die rechte obere Ecke eines Briefbogens zu schreiben.
Das Zimmer, in dem April zum ersten Mal das Abendlicht sah, war kurz zuvor mit Wachstuch ausgelegt worden. Unter durchhängenden Deckenbalken standen ein riesiger Schrank und ein Waschtisch. Die schweren Vorhänge aus Nottingham-Spitze, ein Geschenk von Tante Lizzie, rochen immer noch nach Staub, trotz aller Mühe, die sich Florence mit der Wäsche gegeben hatte. Von der Decke blätterte der Verputz ab – ein großes weißes Stück schwebte wie ein Blütenblatt in den Nachttopf, ein anderes in den porzellanenen Krug unter der passenden Waschschüssel.
Im restlichen Haus zeigte sich das gleiche Paradoxon: eine Mischung aus »hübschen Sachen« in einer halb verfallenen Umgebung. Die Nummer 33 an der Chichester Street in Gloucester wirkte nur ein kleines bisschen komfortabler als die Nachbarhäuser. In dieser Straße waren alle Gebäude an Leute vermietet, die sich keine neue Einrichtung leisten konnten. Wenn sich ihre finanzielle Lage ändern sollte, würden sie vermutlich in andere Häuser mit neuem Verputz und neuen Tapeten ziehen. Oder – was genauso wahrscheinlich war – in ein noch älteres Ambiente.
Für Gloucester in jener Zeit war die Chichester Street typisch. Die Römer hatten die Stadt gegründet und Brücken über den schmalen Severn gebaut, um nach Wales vorzudringen. Überall waren noch ihre Spuren zu finden. Wilhelm I., der Eroberer, hatte die strategisch günstige Lage der Stadt erkannt und sich das verfallene Kloster angeeignet, 1083 im Domkapitel begonnen, sein Reichsgrundbuch zusammenzustellen, und das Schicksal des Binnenhafens für die nächsten tausend Jahre bestimmt. Allmählich zerbröckelten die römischen Mauern und die elisabethanischen Häuser. Das Gebäude, in dem das Parlament während des Bürgerkriegs getagt hatte, wurde Jahrhunderte später von einem Kaufhaus eingeengt. Und da, wo Bischof Hooper gebrannt und gebrannt und sich zu sterben geweigert hatte, reihten sich Slums und Zigeunerlager aneinander. Und in jedem Frühling spülten die braunen Fluten des Severn den Abfall weg.
Die Chichester Street zweigte von einer der vier Straßen ab, die vom Cross, dem Nordtor, ausgingen, und führte am Chichester House vorbei. Jetzt gehörte es einem reichen Geschäftsmann, der es an einen verarmten Geistlichen vermietet hatte. Zwei Reihen von Pseudo-Regency-Häusern, zu einer Zeit errichtet, als die Stadt versucht hatte, als Kurort mit dem nahen Cheltenham zu konkurrieren, säumten die Straße. Hier besaß auch die Gloucester Coal and Coke Company ein Gelände und beherrschte die Umgebung mit ihrem Gasspeicher. Am oberen Ende der Straße schauten sich das Goodrich-Milchgeschäft und der Gasthof Lamb and Flag mit blank geputzten Fenstern an. Mr. Goodrich züchtete Bienen in seinem Garten, und Apfelbäume streckten ihre Zweige über seine Mauern aus. Ansonsten gab es wenig Grün in der Chichester Street. Zu jeder Haustür führten zwei Stufen hinauf, flankiert von einem Fußabstreifer und einem Metalldeckel, der den Zugang zum Keller und zur Kohlenschütte verdeckte. Blumenkästen an den Fenstersimsen galten als exotisch, und nur in wenigen Fenstern versperrten welke Topfpflanzen die Sicht in die vorderen Räume. Bei den Risings wurde im Vorderzimmer gearbeitet: Will Rising war Schneider.
Die Hebamme – von Albert und March mit dem Spitznamen Snotty Lottie, rotznäsige Lottie, bedacht, weil sie sich bei einer Entbindung nur selten um ihren chronischen Schnupfen kümmerte – wickelte April in ein fadenscheiniges Handtuch und legte sie in das Schubfach, das sie zuvor bereitgestellt hatte. Zufrieden mit dem lebhaften Gestrampel und Geschrei des Babys, kehrte sie zu Florence zurück, setzte sich aufs Bett, eine große Schüssel in den Händen, und wartete auf die Nachgeburt.
Erschöpft sank Florence in die Kissen zurück. Von den Schmerzen, dem mühsamen Pressen und dem Gewicht in ihrem Bauch erlöst, fühlte sie sich so leicht, dass sie über dem Bett zu schweben glaubte. Ein Mädchen, hatte Lottie erklärt. Auch darüber freute sich Florence. Ihr erstes Kind war ein Junge. In den ersten zwei bis drei Tagen, bis es so weit war, hatte sie gewisse Ungehörigkeiten ertragen müssen. Schließlich war er wegen ernsthafter Probleme mit einem Kaiserschnitt entbunden worden, und sie hatte sich gefragt, warum das nicht sofort geschehen war. In ihrer Prüderie fand sie eine Niederkunft nicht nur in körperlicher, sondern auch in seelischer Hinsicht qualvoll.
Wenn sie sich wusch, bekleidete sie jeden Körperteil, bevor sie zum nächsten überging. Einmal, als sie den Waschlappen ergriffen hatte, um die unteren Regionen zu säubern, hatte sie sich im dunklen Küchenfenster von der schmalen Taille abwärts gesehen – ohne Unterhose, Unterröcke und Strümpfe. Der Anblick entsetzte sie. Wie eine liederliche Frau, hatte sie gedacht. Seit damals trug sie einen Unterrock, den sie an beiden Seiten züchtig hochhob, wenn sie die heikleren Stellen ihres Körpers wusch. Da sie völlig sichergehen wollte, bat sie Will, eine der neumodischen Jalousien am Küchenfenster anzubringen, obwohl es zu der hohen Mauer vor dem Gasspeicher hinausging.
Schon viermal hatte sie die körperliche und seelische Tortur einer Geburt erduldet. Während sie zur Zimmerdecke hinaufschaute und im fleckigen Verputz eine Landkarte von der skandinavischen Halbinsel zu erkennen glaubte, fühlte sie sich nicht nur erleichtert, weil sie von der lebhaften, strampelnden April befreit war, sondern vor allem, weil sie ihre Pflicht erfüllt hatte. Mehr durfte man nicht von ihr erwarten. Vier Kinder – Albert, March und May – in drei kurzen schrecklichen Jahren, und jetzt April, acht Jahre später ... Mit dieser letzten Niederkunft hatte sie endgültig bewiesen, dass sie eine pflichtgetreue Ehefrau war. Nun musste sie keine weiteren Beweise mehr erbringen.
In ihrem Innern begann es zu zucken, und die unerwartete Rückkehr der Schmerzen jagte ihr Angst ein. »Pressen Sie noch einmal, Mrs. Rising, nur noch ein einziges Mal«, bat Lottie. Dann wischte sie mit einem schwarzen Ärmel über ihre Nase, ehe sie die Schüssel unter Florence' Hüften schob. »Sehr gut, alles ist da.« Aufmerksam inspizierte sie die Nachgeburt. Die Nase tropfte wieder. »Ja, ich denke schon. Könnte gar nicht besser sein.«
»Also brauche ich keinen Arzt?« Florence seufzte.
Lottie wickelte den Inhalt der Schüssel in Zeitungspapier. »Fünf Shilling! Nur damit er sinnlos rumstehen und heißes Wasser in rauen Mengen verschwenden würde! Dauernd wäscht er sich ...«
»Um alles Weitere kümmert sich unsere March, Mrs. Jenner.« Florence breitete das Laken über ihren Körper. »Unten brennt ein Feuer. Ich habe ihr gesagt, sie soll es ständig schüren und zwei Kessel drüberhängen.«
»Wunderbar!«, meinte die Hebamme und schlug jenen vertraulichen Ton an, den Wehen und eine Entbindung gestatteten. Nun hatte Florence das alles hinter sich. Energisch zog sie das Laken fester um ihre Taille und presste die Lippen zusammen. Lottie ging zur Tür und rief nach March. »Bring das heiße Wasser rauf, Mädchen!«, befahl sie. »Du hast eine Schwester bekommen, und sie ist noch nicht mal gewaschen!«
Im Erdgeschoss erklang kein Jubel. Die neunjährige March missbilligte die Situation ebenso wie ihre Mutter. Und Albert hatte sich einen Bruder gewünscht – nein, verlangt. Will würde einen Sohn ebenfalls vorziehen, aber nicht klagen, weil ihm die Mädchen in der Werkstatt helfen konnten. Dort arbeitete er auch jetzt. Kein einziges Mal hatte er die Tür geöffnet, um die Kinder zu fragen, was im Oberstock geschah. Florence seufzte wieder. Sie nahm es ihm nicht übel. Im Gegenteil, sie wollte ihn nicht behelligen. Neulich war ein Gutsbesitzer gestorben, und vor dem Begräbnis musste Will die schwarzen Anzüge mehrerer Pächter ändern. Alle sollten weiter gemacht werden. Also konnte das Landleben gar nicht so schlimm sein. Will stammte aus Kempley, das außerhalb der Stadt lag, in der Nähe des großen Landguts, wo die Pächter arbeiteten. Aus diesem Grund hatte er den Auftrag erhalten. »Keinen Viertelpenny in der Tasche, aber die Bäuche schlagen sie sich voll, unsere Bauern«, hatte er bemerkt.
Florence hatte seine unfeine Ausdrucksweise ignoriert. »Hoffentlich verdienen sie genug, um uns zu bezahlen.«
Da zwinkerte er ihr zu, auf jene Art, die vor so langer Zeit ihr Herz erobert hatte. »Unsere Bäuche werden genauso voll sein wie jetzt deiner.« Pikiert beugte sie sich über das Knopfloch, das sie gerade nähte. »Ach, Flo ...« Will hatte zerknirscht ihre Stirn geküsst. »Mittlerweile müsstest du dich an mein derbes Gerede gewöhnt haben. Und lass dir noch was sagen: Im nächsten Winter werden wir genug Gänsefett für Mays Brust haben. Darüber freust du dich doch, nicht wahr?«
Dass May ihr Liebling war, akzeptierten sie alle. Zumindest glaubte Florence daran. May hatte nicht das dunkle Haar, aber die zarte, aristokratische Schönheit ihrer Mutter geerbt. Im Gegensatz zu ihrer schroffen Schwester March besaß sie ein sanftes Wesen, war liebevoll wie Albert, allerdings ohne seinen fordernden Charakter. Das gelassene Temperament ihres Vaters verband sie mit der Empfindsamkeit der Mutter. Sie glich einem blonden Engel. Und wie ein Engel konnte sie jederzeit in eine andere Welt flüchten. Schon Mitte September trug sie Unterhosen und Unterröcke aus Flanell, die sie nicht vor dem 1. Juni ablegte. Im Winter wurde sie stets mit Gänsefett eingerieben, und sobald sie zum ersten Mal hustete, verabreichte Florence ihr Glyzerin mit Zitrone. Was March wütend ablehnen würde, nahm May mit einem sonnigen Lächeln hin.
Eines Tages hatte Florence den Versuch der sechsjährigen March belauscht, May zur Rebellion zu verleiten. »Warum schleichst du nicht hinauf und ziehst deinen Baumwollmantel an? Der liegt in der Truhe mit den Sommersachen, im Abstellraum. Meinen trage ich schon seit meinem Geburtstag.«
»Stimmt gar nicht«, erwiderte May friedfertig. Wie üblich wich sie dem eigentlichen Thema aus.
Jeder wusste, wann March und May zur Welt gekommen waren. »Also gut, dann seit deinem Geburtstag! Sei nicht immer so feige! Tu endlich was!«
Darüber schien May nachzudenken, dann entgegnete sie überrascht: »Mummy und Daddy wollen nur, dass ich meine Wintersachen anziehe, weil sie mich lieben.«
»Das weiß ich! Aber dir ist viel zu heiß. Ein Jammer, dass sie dich lieben, nicht wahr?«
Gespannt wartete Florence auf Mays Antwort. Das Mädchen würde sicher etwas ganz Besonderes sagen, wie immer. Und als sie das unwiderlegbare Argument hörte, eilte sie auf leisen Sohlen davon, um ein Taschentuch zu holen. »Aber – March!« Mays Stimme hatte sehr sanft und vernünftig geklungen. »Ich liebe sie.«
Während Florence sich jetzt von der Hebamme waschen und die Brüste bandagieren ließ, verdrängte sie ihre gegenwärtige Situation und stellte sich vor, wie May im Erdgeschoss wartete. Zweifellos würde sie sich über das Schwesterchen freuen und sofort die Rolle einer kleinen Mutter übernehmen. Bei May würde April stets ein geneigtes Ohr finden. Florence musste sogar aufpassen, sonst würde das Kind zu viel für das neue Geschwisterchen tun. Natürlich würde auch March – die starke, tüchtige March – ihren Beitrag leisten, zum Beispiel den Kinderwagen schieben, was Mays Brust schaden könnte. Und sie würde Badewasser holen, Windeln wechseln ...
Dieser Gedanke holte Florence in die Gegenwart zurück. »Kümmern Sie sich nicht um das Baby, Mrs. Jenner.« Entschlossen knöpfte sie ihr Nachthemd über den Bandagen zu. »March ist sehr verlässlich. In diesem letzten Monat habe ich sie oft zu der jungen Mrs. Goodrich geschickt, wo sie ihr half, das Baby zu betreuen.«
»Ja, das habe ich gehört – und auch erraten, warum.« Nachdem die harte Arbeit erledigt war, zog Lottie endlich ihr Taschentuch hervor. Sie schnäuzte sich niemals, schnüffelte nur und wischte ihre Nase ab. »Jedenfalls können Sie jetzt Hilfe gebrauchen, Mrs. Rising. Seit Sie das letzte Mal ein Baby versorgt haben, sind einige Jahre vergangen, und Sie werden nicht jünger. Ich hab mich schon gewundert ... Mrs. Luker fing zur selben Zeit an wie Sie, und das wievielte Kind ist die kleine Gladys? Das achte oder neunte?«
»Nach Mays Geburt fühlte ich mich sehr schwach«, erklärte Florence errötend. »Es dauerte lange, bis ich mich erholte.«
Lottie nickte, packte alle ihre Utensilien in eine Tasche und bereitete ihren Aufbruch vor. Allzu viele Geständnisse würde sie Mrs. Rising nicht entlocken. Aber vielleicht lohnte sich ein letzter Versuch. »Natürlich ist Mr. Rising ein rücksichtsvoller Ehemann, nicht wahr? Ich erinnere mich noch gut, wie er vom Land hierherkam und seine Lehre beim alten Mr. Daker unten an der Barton begann. Damals war er ein junger Spund von dreizehn Jahren, aber ich sagte sofort: Dieser Will Rising, das wird mal ein netter, rücksichtsvoller Mann.« Das Wort gefiel ihr. Irgendwie klang es bedeutsam. »Rücksichtsvoll«, wiederholte sie.
»Danke, Mrs. Jenner. Mr. Rising wird Sie bezahlen. Wenn Sie an die Tür seiner Werkstatt klopfen ...«
»So ein Mann würde eine Frau niemals bedrängen. Und er treibt sich nicht rum.« Von neuem Eifer erfüllt, musste Lottie wieder ihren Ärmel benutzen. »Klar, manchmal gönnt er sich ein Gläschen mit seinen Nachbarn. Und er hat mich auch schon oft eingeladen ...« Sie lachte und schnüffelte. »Zu einer Tasse Tee!« Nun zwinkerte sie Florence zu und legte den Kopf schief, als würde er an einem Augenlid seitwärts gezerrt. »Aber, was ich meine – er kommt niemals betrunken und grölend heim und möchte ...«
»Bitte, Mrs. Jenner«, fiel Florence ihr entschieden ins Wort, »sagen Sie March, sie soll sofort heißes Wasser für das Baby heraufbringen.« Sie sehnte sich nach einer Tasse Tee. Aber wenn sie das erwähnte, würde sie der Hebamme auch eine anbieten müssen. »Nochmals vielen Dank, Sie waren sehr freundlich.«
Enttäuscht ging Lottie zur Tür. Sie liebte es, über die Ehemänner ihrer Patientinnen zu reden. Normalerweise gestanden sie ihr nach einer Entbindung diverse Intimitäten. »Nun, diesmal war's viel einfacher als letztes Mal. Da dachte ich schon fast, die kleine May würde nie zur Welt kommen. Und wenn der Doktor seinen Willen durchgesetzt hätte, wäre sie womöglich fürs Leben verunstaltet.«
Niemals versäumte sie, Florence und deren Tochter an jenen Tag zu erinnern, an dem sie mit ihren fachkundigen Händen Mays Schönheit gerettet hatte. Der Doktor hatte tatsächlich schon die Zange aus seiner Tasche geholt, aber da war Lottie kurz entschlossen ans Werk gegangen und hatte das Baby mit spiralenförmigen Drehungen aus dem Mutterleib gezogen – eine Fähigkeit, für die sie regionale Berühmtheit genoss.
Während sie die Tür hinter sich schloss, jagten jene schrecklichen Erinnerungen einen Schauer über Florence' Rücken. Wenig später hörte sie ein Gepolter auf der Treppe, ein metallisches Klirren erklang. Offenbar stellt March den Wassereimer auf eine Stufe und bespritzt ihre Schürze, dachte Florence seufzend. Dann scharrten die Stiefel, als das Kind wieder nach dem Eimer griff. Der Läufer auf der Treppe, ebenfalls ein Geschenk von Tante Lizzie, war unnachgiebig wie Wachstuch und verschluckte nur Geräusche, die den Trippelschritten von Mäusen glichen. Und die tummelten sich in allen Ecken und Winkeln. Wir brauchen eine neue Katze, dachte Florence und seufzte wieder. Da die letzte eines schrecklichen Todes gestorben war – vom Gift hinweggerafft, das die Lukers ausgestreut hatten –, wollte Florence eigentlich keine neue ins Haus holen. Aber die Mäuse vermehrten sich in Windeseile und schleppten Keime mit sich herum, die May gefährden könnten. Und das Baby natürlich auch.
Aber es schien, March oder ein anderes Mitglied der Familie war ihr zuvorgekommen.
»Mutter!« Die Tür flog auf, und der Eimer schwang sich herein, gefolgt von Marchs schlaksiger Gestalt, die er am Griff hinter sich herzuziehen schien. »Stell dir vor«, rief sie und postierte ihn zwischen ihren gespreizten Beinen, »wir haben wieder eine Katze! Schwarz mit ein bisschen Weiß und grünen, glasigen Augen! So was hast du noch nie gesehen!«
Zum vierten Mal staunte Florence, weil das Leben in dem kleinen Haushalt an der Chichester Street ganz normal weitergegangen war, sogar aufregend, wie es schien, während sie, nur von Lottie Jenner unterstützt, einen schweren Kampf ausgefochten hatte. Für ein paar Sekunden vergaß sie Lotties vulgäres Geschwätz und fühlte sich ihr eng verbunden. »Und ich nehme an, dieses Kätzchen ist viel interessanter als deine neue kleine Schwester?«
March warf einen kurzen Blick in die Schublade. In einer Ecke lagen hässliche, fleckige Tücher und Laken, die sie nicht sehen wollte. »Ich nehme an, es soll April heißen?«
»Du meinst, ob sie so heißen wird?«
»Nun, heißt sie so?«
»Ja. Gefällt dir der Name nicht?«
»Jedenfalls ist er der schönste von allen. March klingt einfach nur albern. Außer mir heißt niemand March.«
Diese Klage hörte Florence immer wieder. Sie lächelte sanft, ohne zu ahnen, wie entnervend sie May glich. »Also ist es ein ungewöhnlicher, distinguierter Name. Und du wirst dich zu einem herausragenden Mitglied unserer Familie entwickeln.« Erschöpft vom Reden, rang sie nach Atem. »Schau dir deine kleine Schwester an. Dann musst du sie waschen und bandagieren.« An erster Stelle stand das Baby. Erst danach würde sie March um eine Tasse Tee bitten.
March starrte ihre Schwester an. Jetzt schrie April nicht mehr, obwohl ihr das raue Handtuch missfiel. Aber sie schien zu wissen, dass sie von jemandem eingehüllt worden war, der sein Geschäft verstand.
»Hübsch ist sie nicht«, bemerkte March langsam. »Und sie hat rotblondes Haar. Wie Albert. Was hättest du gemacht, wenn sie im Oktober zur Welt gekommen wäre?«
»Dann hätte ich sie October genannt«, erwiderte Florence mit schwacher Stimme. Einer seltsamen Laune gehorchend, hatte sie alle ihre Mädchen nach den Monaten ihrer Geburt getauft und glaubte, das würde sie zu etwas Besonderem machen.
Geschickt legte March das Baby auf den Waschtisch und wünschte, es würde October heißen. Dann könnte sie es wegen der rotblonden Haare und des hässlichen Gesichtchens innig lieben. Aber nun stand der melodische Name April zwischen ihnen.
Es klopfte an der Tür, und May trug ein Tablett herein, auf das sie Mutters beste Porzellantasse, einen kleinen Milchkrug und die Teekanne gestellt hatte – ein schönes, symmetrisches Arrangement. Mit einem Freudenschrei hob Florence den Kopf und rückte beiseite, um Platz für das Tablett zu machen. Dann nahm sie May schluchzend in die Arme. Dunkles Haar mischte sich mit goldblondem. »Wein doch nicht, meine schöne kleine Mamma!«, flehte May.
»O Darling, ich weine nur, weil ich glücklich bin – und ich liebe dich so sehr!«, entgegnete Florence. Durch einen Tränenschleier sah sie March, die Ärmel hochgekrempelt, die neunjährigen Hände vom Waschen gerötet, die kastanienbraunen Brauen wachsam hochgezogen. Hastig fügte sie hinzu: »Euch alle liebe ich.«
Nun wandte sich March wieder dem Baby zu, schob einen Penny in das winzige Mulltäschchen, das sie schon vor einer halben Ewigkeit in die Bandage genäht hatte, und wickelte sie sorgfältig über den widerwärtig vorstehenden Nabel. Natürlich würde May die schöne Schwester sein und March die kluge. Dinstinguiert und sehr klug. Und was würde April sein? March betrachtete die Schmutzwäsche in der Ecke und versuchte sich nicht auszumalen, wie mühsam das alles geschrubbt und gespült und gebleicht werden musste. Entschlossen presste sie die Lippen zusammen. Ihre neue Schwester sollte arbeiten, in der Werkstatt des Vaters viele Knopflöcher nähen, der Mutter in der dampfenden Waschküche helfen und in der Küche am heißen Herd stehen. Ja, April würde – nützlich sein.
*
Im Erdgeschoss nähte Will die letzten Hosenträgerknöpfe an die allerletzte der Hosen, die er weiter gemacht hatte, und legte sie zu den anderen. Er straffte die Schultern und ließ das bärtige Kinn auf die Brust sinken. Dann wandte er sich zur Gaslampe, die er soeben angezündet hatte. Er ballte die Hände, und als er die Finger ausstreckte, knackten sie. »Flexible Finger«, hatte der alte Mr. Daker beim Anblick seines Lehrlings im dunklen kleinen Laden unten an der Barton gemeint. »Flexible Finger braucht jeder Pianist. Und ein Schneider noch dringender.«
Bei dieser Erinnerung grinste Will, schnitt eine Grimasse und entspannte sich. Noch einer von Mr. Dakers Grundsätzen: Nach der Arbeit musste man sich entspannen. Der alte Mann hatte mit der Hand genäht und mit gekreuzten Beinen mitten auf seinem Tisch gesessen, wie das tapfere Schneiderlein aus dem Märchen. Das hatte Will nie getan. Hohe Stühle umgaben den Zuschneidetisch, und vor der Nähmaschine stand ein bequemer Sessel. Er entsann sich, wie er einmal unter Mr. Dakers Tisch hervorgekrochen war, wo er geschlafen hatte. Da neigte sich Mr. Daker zu ihm herab. »Streng dich an, mein Junge. Danach ist die Entspannung viel einfacher. Wenn du auf dem Kopf stehst, fühlst du dich erleichtert, sobald du wieder auf den Füßen landest. Manchmal lohnt sich sogar der Schmerz, weil's so wundervoll ist, wenn er verschwindet.« Darüber dachte Will gründlich nach, bevor er in der folgenden Woche zum Barbier ging, um sich einen Zahn ziehen zu lassen. Und es hatte funktioniert. Jetzt fragte er sich, ob diese schlichte Philosophie die arme Florence trösten würde, wenn er ihr davon erzählt hätte. Aber sie verhielt sich immer stoisch. Auf seltsame Weise hatte er sehr schnell erkannt, dass ihr Leben nur aus Leid bestand. Was immer ihr widerfuhr, nahm sie gottergeben hin. Manchmal glaubte er sogar, sie würde ihre Qualen genießen.
Er trug die Hosen in die Küche. Dort würde March ihm am nächsten Morgen helfen, sie zu bügeln. Neben dem aschgrauen Herd saß Albert, den kleinen Kater im Arm. Der nicht abgedeckte Gasglühstrumpf in dem Halter auf dem Kaminsims zischte laut. Florence hätte ihn längst durch einen neuen ersetzt und den alten in Silberputzmittel eingeweicht. Anderthalb Tage brannte er schon ohne Fehler.
»Da ist noch Milch übrig, Dad«, verkündete Albert. »Essen wir heute Abend Brot dazu? Oder gehst du in den Pub?«
»Vielleicht – vielleicht auch nicht.« Will legte sich nicht gern fest. Auch das hatte er von Mr. Daker gelernt. »Lass dir von deiner Kundschaft keine Termine aufzwingen. Nichts Definitives. Verpflichte dich zu gar nichts, mein Junge.« Will legte die Hosen auf eine Ecke des Tisches. »Wenn's Brotsuppe gibt, pass auf die Hosen auf. Die muss ich morgen abliefern.« Eine Stunde im Lamb and Flag, das würde ihm gefallen. Es wäre eine nette Abwechslung. Und wenn er Snotty Lottie traf, würde sie ihm mehr über die Entbindung erzählen, als er von Florence jemals erfahren könnte. Doch das würde Flo missfallen. Für den Brauch, auf ein Neugeborenes anzustoßen, hatte sie nichts übrig.
»Mietest du ein Gig, Dad?« Albert versuchte, den Kater wie einen Schal um seinen Hals zu legen. »Darf ich mitkommen? Ich würde dir helfen, die Anzüge draufzuladen, und das Pferd festhalten. Wenn ich einen Schultag versäume, stört's mich nicht.« Nun fiel ihm wieder ein, warum er sich vorhin geärgert hatte. »March war heute nicht in der Schule.«
»Weil sie deiner Mutter helfen muss, das weißt du. May ist zur Schule gegangen.«
»Ich hätte euch auch helfen können.«
»Wolltest du Knopflöcher nähen?«
»Nun ja ...« Albert zuckte zusammen, als er die Krallen des Kätzchens spürte, und auf seinem Hemdkragen erschienen Blutflecken. »Darf ich mitkommen, Dad? In der Gegend von Newent werden schon die Narzissen wachsen. Und die Apfelbäume blühen.«
»Mal sehen. Zieh das Hemd aus und weich's in kaltem Wasser ein. Sonst werden die Blutflecken nie mehr verschwinden.«
»Das macht March«, erwiderte Albert sorglos und setzte das Kätzchen wieder in seine Armbeuge. »Im Waschhaus liegt ohnehin schon eine Menge Zeug.«
»Oh ...« Will unterdrückte einen Fluch. Am nächsten Morgen würde March alle Hände voll zu tun haben, um die Laken und Tücher von der Niederkunft zu waschen. Das hatte er vergessen. »Also gut«, kapitulierte er. »Komm morgen mit mir. Unter der Bedingung, dass du mir vorher beim Bügeln hilfst.« Mit einer knappen Geste bereitete er dem Jubelgeschrei des Jungen ein Ende. »Gehen wir jetzt hinauf? Seit May zu mir in die Werkstatt gekommen ist und erzählt hat, dass ich wieder mal der Vater einer kleinen Tochter geworden bin, habe ich nichts Neues gehört.«
»Doch!« Albert wartete auf ein Funkeln in den blauen Augen seines Dads. »Vorhin war Snotty Lottie bei dir in der Werkstatt. Das habe ich gehört. Sie hat wie ein Wasserfall geredet.«
»Weil sie ihr Geld wollte. Das war alles.« Missbilligend runzelte Will die Stirn. »Und was hat deine Mutter wegen dieses Namens gesagt?« Vor der Sperrstunde würde er wirklich noch sehr gern ins Lamb and Flag gehen. Aus einer gewissen Loyalität heraus hatte er Lotties Beteuerung unterbrochen, Flo und das Baby seien wohlauf. Wenn er sie jetzt zu einem Gin einlud, würde sie nicht mehr aufhören zu reden.
Albert grinste. Natürlich wusste er, dass sich sein Vater den Spitznamen für die Hebamme ausgedacht hatte. »Die gute Lottie Snotty ...« Endlich funkelten Wills Augen, und sein unscheinbares, von blondem Haar umrahmtes rundes Gesicht verwandelte sich in das bunte Ebenbild des Königs auf der Teebüchse, das ihn bei der Krönungsfeier zeigte. Während Albert in lautes Gelächter ausbrach, polterte March die Treppe herab, fast verborgen hinter dem Wäscheberg in ihren Armen.
»Jetzt könnt ihr raufgehen«, keuchte sie auf dem Weg zur Waschküche. Im Kessel häufte sich schon die normale, in Natrium und Ammoniak eingeweichte Wäsche dieser Woche. Morgen würde sie Feuer darunter machen. Was sie mit diesem neuen Zeug anfangen sollte, wusste sie nicht. Müde breitete sie die Tücher und Laken in der Spüle aus und ließ kaltes Wasser über die Flecken laufen. Schon vor langer Zeit hatte ihr die Mutter die wichtigsten Regeln eines Waschtags beigebracht: heißes Wasser für Fett, kaltes für Blut. Sie drehte den gesprenkelten Messinghahn vollends auf, sodass Wasser auf ihre Schürze spritzte, doch sie kümmerte sich nicht darum. Hätte sie bloß daran gedacht, ein Teetablett hinaufzubringen ... Hätte die Mutter doch nur in ihr mausbraunes Haar geschluchzt ... Und wie schön wäre es, wenn April erst im Oktober zur Welt gekommen wäre!
*
Die Szene, die Will im Schlafzimmer erwartete, entzückte ihn. Sein Leben lang hatte ihm die Institution der Familie Ehrfurcht eingeflößt. Dafür hatte die alte Königin gesorgt. Außerdem war er von Natur aus ein Familienmensch. Der Anblick seiner Frau – mit rosigen Wangen, wunderschön und trotz aller Qualen immer noch vornehm – bewegte sein Herz. An einer Seite saß die entzückende Tochter May, auf der anderen lag das winzige Bündel neuen Lebens, und alle drei wurden von sanftem gelben Gaslicht beleuchtet – wie auf der Bühne des Theatre Royal. Eine Zeit lang blieb Will in der Tür stehen, die Augen voller Tränen, dann stolperte er ins Zimmer und kniete neben dem Bett nieder, ergriff Florence' Hand und presste sie an seine Lippen. »Mein Liebling! Mein schöner Liebling!«, flüsterte er und senkte den Kopf.
»Sagtest du nicht, es würde ein Junge werden?«, fragte Albert. »Besonders hübsch sieht das Baby nicht aus.«
»Mamma!«, hauchte May. »Daddy weint!«
»So wie ich. Weil er glücklich ist.« Florence neigte sich über Wills Kopf, küsste sein seidiges Haar und drückte das Laken mit ihrer freien Hand auf seine Augen.
»Wahrscheinlich wollt ihr sie April nennen?«, bemerkte Albert, verlegen und irritiert angesichts der Gefühle, die so unverhohlen bekundet wurden. Er hasste Tränen. Deshalb verstand er sich nicht allzu gut mit May, sie heulte wegen jeder Kleinigkeit. March dagegen ... March weinte nie. Wenn sie auch ein wildes Temperament besaß, weinte sie niemals.
»Ja, mein Liebling, sie wird April heißen.« Lächelnd schaute Florence in die Augen ihres Sohnes. Seltsam, keines der Kinder sah ihr ähnlich. Albert hatte rotblondes Haar und hellblaue Augen, March, mit etwas dunklerem Haar, eigenartige transparente Augen in der Farbe von starkem Tee. May hatte himmlisches blondes Haar ... Auch das Neugeborene hatte rotblondes Haar. Dass alle Kinder ihren zarten, feingliedrigen Körperbau geerbt hatten, war ihr nicht bewusst. Aber sie glaubte, auf seine Art würde Albert zu einem attraktiven Mann heranwachsen.
»O Florrie, ich bete dich an!«, murmelte Will und erschien ihr wie ein fünftes Kind.
Genauso konnte sie ihn jetzt lieben – wie eines ihrer Kinder. Diese entwürdigenden Aktivitäten würden nicht mehr stattfinden. Als er aufblickte und sie unter Tränen anlächelte, drückte sie ihn gedankenlos an ihren geschwollenen, bandagierten Busen. »Mein Herz, mein liebstes Herz.«
May ging ums Bett herum und legte einen Arm um Alberts Schulter. »Weinst du auch?«, fragte sie hoffnungsvoll.
Erbost zuckte er die Achseln. »Nein. Ich überlege nur, dass es besser gewesen wäre, wenn wir dieses Baby vor dir bekommen hätten.«
»Warum?« Erstaunt hob sie die Brauen.
»Dann wärt ihr in der richtigen Reihenfolge geboren worden. March, April und May.«
Ein paar Sekunden lang dachte May darüber nach, dann kicherte sie.
Da Alberts Kommentar so viel Anerkennung fand, verflog sein Ärger. »Eigentlich müsste Mutter noch neun Mädchen kriegen. January, February, March ...«
»Eine March hat sie schon«, fiel May ihm lachend ins Wort. »Und April und May. Also müsste die nächste ...«
»June heißen«, ergänzte sie. »Dann July ...« Eifrig zählten sie die Monate auf und amüsierten sich köstlich.
»Alles in Ordnung, Flo?«, fragte Will leise.
»Natürlich.«
»Da muss ich mich vergewissern. Am besten rede ich mit Snotty Lottie.«
»O Will! Nenn sie nicht so ...« Doch sie konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, das sofort wieder erlosch. »Also gehst du heute Abend in den Pub?«
»Nun, ich muss doch wissen, ob ich mich heute Nacht zu dir ins Bett legen darf, Darling.«
Instinktiv rückte sie von ihm weg. »Ich habe das zweite Bett in Alberts Zimmer für dich bezogen. Nur diese Nacht ...«
»Aber ich wäre lieber bei dir, Flo ...«
»Nein, das Baby würde dich stören. Außerdem bist du mit den Anzügen beschäftigt.«
»Gerade habe ich die letzte Hose fertig genäht, Liebste. Albert und ich mieten morgen ein Gig bei Luker und bringen alles nach Newent.«
»Will! Albert muss in die Schule ...«
»Nur das eine Mal, Flo! Großer Gott, May fehlt dauernd aus diesen oder jenen Gründen.«
»Nächstes Jahr soll er aufs King's gehen. Das weißt du doch. Mit seiner schönen Stimme muss er unbedingt Chorknabe werden.«
»Klar, Albert geht aufs King's. Keine Bange, mein Schatz. Sicher wird er dir alle Ehre machen. March ist klug, May schön, und ich ...« Leidenschaftlich presste er sich an die Baumwollbandagen. »Ich werde dich immer vergöttern.«
»Und April?«, fragte Albert herausfordernd. Zwischen Mays albernen Bemerkungen hatte er das Gespräch der Eltern belauscht. Nun wusste er endgültig, dass er am nächsten Tag nach Newent mitfahren durfte. »Was wird April können?«
Florence neigte sich über das schlafende Baby. »Gar nichts muss sie können. Sie wird immer unser jüngstes Kind bleiben, das genügt.«
Nun stand Will auf. Sicher erlaubte sie Albert nur, die Schule zu schwänzen, damit sie ihr Bett für sich allein hatte. »Also dann geh ich ins Lamb and Flag. Pass auf deine Mutter auf, Albert. Vielleicht will sie eine Brotsuppe essen.«
*
Wie erwartet, saß Luker in der Bar und Lottie im kleinen Nebenzimmer. Will mietete den Wagen für den nächsten Morgen und beantwortete Lukers eher desinteressierte Fragen nach Florrie und dem Neugeborenen.
Lässig wies Luker mit dem Kinn zum Nebenraum. »Lottie hat gesagt, alles war normal. Hat mich gewundert, nach so langer Zeit. Und Ihre Frau war schon immer ein bisschen anfällig, Mr. Rising. Was meine Hettie angeht, die legt keine Pause ein. Die ist richtig in Übung.« Etwas leiser fügte er hinzu: »Jetzt ist sie wieder schwanger. Im Dezember ist's so weit. Das weiß noch niemand. Nur Lottie hab ich's natürlich erzählt.«
Will wischte den Starkbierschaum von seinem Schnurrbart. »Aber das letzte Baby – Gladys, nicht wahr? – kam doch erst vor einem Monat zur Welt.«
»Im Februar. Und zehn Monate später kriegen wir das nächste. Ein Rekord, was?«
»Kann man wohl sagen.« Will stellte seinen Krug auf die Messingleiste der Theke. »Zwischen unserer March und unserer May waren's nur elf Monate. Darauf sollten wir trinken. Einen Stout für Sie?«
»Wie wär's mit einem Tropfen Whisky? Für unsere zwei Babys. Ihres wurde gerade geboren, meines gezeugt.«
Nach dem ungewohnten Getränk fühlte sich Will erfrischt, groß und stark wie ein Riese. Er blätterte in Sidney Goodrichs neuester Ausgabe des Citizen und überflog mit Kennermiene einige Artikel. Seit dem Ende des Krieges in Afrika gab es außerhalb der County-Grenzen nicht viele Neuigkeiten, die ihn interessierten. Mit Japan war irgendein Vertrag unterzeichnet worden, und er überlegte, warum. Vermutlich wusste Mr. Balfour, was er tat. Dann wandte er sich dem Anzeigenteil zu. Am nächsten Morgen würde er Albert zur Redaktion des Citizen in der Saint John's Lane schicken. Der Junge musste die Anzeige von Aprils Geburt aufgeben. Damit könnte man ein bisschen Eigenwerbung verbinden. »Mr. William Rising, der bekannte Schneider, und seine Frau freuen sich, bekannt zu geben ...«
»Trinken Sie auf das Baby, Will Rising?«, schrillte Lotties Stimme in seinem Ohr. »Eigentlich sollte ich mitfeiern. Meinen Teil habe ich dazu getan. Natürlich nicht so viel wie Sie, das gestehe ich Ihnen zu ...« Ihr gellendes Gelächter übertönte das Stimmengewirr im Pub.
Hastig bestellte er einen Gin für die Hebamme und scheuchte sie ins Nebenzimmer zurück. »Ich wollte Ihnen danken, Lottie ...«
Den Mund an einer Seite des Ginglases und die Nase an der anderen nahm sie einen Schluck. Als sie aufblickte, war der übliche Nasentropfen verschwunden. Will grinste. Das musste er am nächsten Morgen seinem Sohn erzählen.
»Keine Ursache. Mit Ihrer Frau hat man nicht viel Mühe. Nicht mit Florence Rising! Vor ihrer Hochzeit war sie eine Davies« – Lottie genehmigte sich noch einen Schluck – »aus einer alten walisischen Familie. Stark wie die Waliser Ponys. Sie würde niemals schreien und um sich schlagen wie Hettie Luker. Nicht mal, wenn man ihr Daumenschrauben ansetzt.«
»Nein, sie würde nicht schreien. Aber stark ... Ist sie wirklich stark?«
»Glauben Sie mir nicht?« Kampflustig schob sie das Kinn vor, und ein neuer Nasentropfen erschien. »Sie könnte jedes Jahr ein Baby kriegen und würde es kaum merken. Diese Frau wird Sie überleben, Will Rising!« In einem Zug leerte sie das Glas, dann wischte sie sich Mund und Nase mit ihrem silbrig glänzenden Ärmel ab. »Genauso wie Sie den armen alten Daker überlebt haben. Wissen Sie's nicht? Gerade haben Sie in die Zeitung geschaut. Haben Sie nicht gelesen, dass der arme alte Daker gestorben ist?«
»Nein!« Die Neuigkeit traf ihn wie ein Hammerschlag. O Gott, Mr. Daker, der ihn wegen seiner flexiblen Finger ausgebildet und ihm das Schicksal eines Bauern erspart hatte ... Mr. Daker, der auf dem Zuschneidetisch Kopfstände gemacht und ihm erklärt hatte, man müsse alle Schmerzen freudig ertragen, weil es so wundervoll sei, wenn sie verschwanden ... Mr. Daker gehörte zu Wills Leben. Als er seine eigene Werkstatt eröffnet hatte, war Mr. Daker so freundlich gewesen, ihm zahlreiche Kunden zu schicken. Außerdem hatte er Will sehr oft mit Änderungsarbeiten beauftragt. »Sind Sie sicher?«, fragte er tonlos. »Er ist noch keine sechzig ...«
»Glauben Sie mir schon wieder nicht?« Schwerfällig wankte sie in die Bar und kam mit dem Citizen zurück. »Da ist der Beweis, Sie ungläubiger Thomas.«
Will las die schwarz umrandete Todesanzeige. »Hesters und Davids geliebter Vater ...« Wie er erst jetzt feststellte, hatte der Verstorbene Emmanuel geheißen. Niemals wäre er auf den Gedanken gekommen, Mr. Daker könnte einen Vornamen haben. »Jetzt muss ich nach Hause. Das will Florrie sicher wissen.«
»Erzählen Sie ihr bloß keine aufregenden Neuigkeiten! Nicht vor morgen.« Lottie berührte seinen Arm und wollte ihn zurückhalten. Aber er schüttelte ihre Hand ab und stand auf. »Hören Sie mal zu, Will Rising ...« Auch sie erhob sich. In ihrem schwarzen Kleid glich sie seltsamerweise einer derangierten Königin Victoria. »Vergessen Sie's nicht! So, wie jemand zur Welt kommt, so nimmt ein anderer Abschied. Das ist ein Naturgesetz. Dagegen können wir nichts tun.«
Diese Worte gellten in seinen Ohren, als er zur Chichester Street zurückging. Plötzlich wehte ein kalter Aprilwind durch die Knopflöcher seiner Weste und schien seine Seele zu suchen. Kurz bevor sich seine kleine Tochter einen Weg in die Welt gebahnt hatte, war Mr. Daker fortgegangen. Dadurch fühlte sich Will irgendwie für den Tod des alten Mannes verantwortlich. Er wünschte, er hätte ihn noch einmal besucht, nachdem er letzten Monat wegen eines Auftrags kurz bei ihm gewesen war. Aber nach Sir Henrys Tod hatte er all diese Anzüge ändern müssen. In den letzten beiden Tagen hatte er bis zwei Uhr nachts gearbeitet, und Florrie, für die Knopflöcher zuständig, hatte sich die Finger wund genäht.
Jetzt war er wieder den Tränen nahe. Das musste am Whisky liegen. Ganz bestimmt. Aber Daker ... Wenn Will in jener Nacht vor neun Monaten nicht zu Florrie hinübergerückt wäre, würde Daker vielleicht noch leben. Will beschleunigte seine Schritte. Das musste er Florrie erzählen, mochte sie einen Schock erleiden oder nicht. Und er wollte neben ihr im Bett liegen, an ihrer Schulter weinen, sein Haar streicheln, seine feuchten Lider küssen lassen und – er begehrte Florrie.
*
Albert holte die Milchkanne vom Steinboden in der Speisekammer und füllte einen Topf. Um das Gas anzuzünden, benutzte er eine dünne Kerze. Er hasste die zischenden Flammen. Dann ging er in die Waschküche. Inzwischen war es dunkel geworden, aber die Sterne erhellten den Himmel. Begeistert schnupperte er und roch Frost in der Luft. Keine Schule morgen! Stattdessen Kempley, Narzissen und die roten Steinmauern der Kempley-Kirche, der breite, seichte Fluss Leadon, kristallklar und kalt wie Eis. Vielleicht würde Daddy ihm sogar erlauben, ein bisschen zu paddeln.
»March!« Er öffnete die Tür der Waschküche und sah sie vor dem Spülbecken stehen, die Ellbogen auf den Rand gestützt. Rauschend floss das Wasser über gestapelte Laken. Von der Taille abwärts war sie völlig durchnässt. »Komm, March! Lass das jetzt. Wir essen Brotsuppe mit Mutter, sie wird uns eine Geschichte erzählen. Beeil dich!« Er zögerte. Im Regal oberhalb ihres Kopfs, wo Mutter die Seife verwahrte, brannte eine Kerze auf einer Untertasse. Weinte sie? Da war er sich fast sicher, obwohl March niemals weinte. »Kommst du?«, fragte er vorsichtig.
Da drehte sie den Wasserhahn zu und blies die Kerze aus. Sie gingen zum Haus zurück, und sie stellte vier Schüsseln auf ein Tablett. Lustlos warf sie Brotstücke hinein, während Albert die brodelnde Milch beobachtete.
»Gib viel Zucker in meine Schüssel!«, befahl er. »Nehmen wir den Kater mit nach oben? Vorhin hat er mir den Hals zerkratzt und mein Hemd schmutzig gemacht. Das musst du waschen, March. Aber damit kannst du dir Zeit lassen. Morgen gehe ich ohnehin nicht in die Schule, weil ich mit Dad nach Kempley fahre, und am nächsten Tag ist Samstag, also ...«
March schrie. Er wandte sich vom dampfenden Milchtopf ab – gerade noch rechtzeitig, um ihre Hand von seiner Wange fernzuhalten. Blitzschnell hob sie die andere Hand und fauchte noch schlimmer als das Kätzchen. Mit aller Kraft stieß er sie von sich. Taumelnd sank sie zu Boden und klammerte sich schluchzend an ein Tischbein, schlug immer wieder mit dem Kopf dagegen, hemmungslos und hysterisch.
Die Milch kochte über und löschte die Flammen. Sofort breitete sich stechender Gasgeruch in der Küche aus. Albert drehte den Hahn zu und ließ die Milch auf dem Herd anbrennen. Diesmal fühlte er sich beim Anblick weiblicher Tränen nicht irritiert. Das hier war etwas ganz anderes. Ein Gewittersturm, der ihn an Fred Luker erinnerte. Der Junge hatte auf dem Sportplatz in der Schule die schrecklichsten Wörter aus sich herausgeschrien, bis er von der Direktorin mit dem Rohrstock verprügelt worden war. Nach einer Erklärung befragt, hatte er verkündet: »Man muss immer alles aus sich rauslassen. Das sagt meine Mum. Manchmal macht sie's auch. Aber deshalb wird sie natürlich nicht verhauen.«
Und March auch nicht, dachte er, kniete neben ihr nieder und beobachtete, wie ihr Kopf unentwegt gegen das Tischbein prallte. Vielleicht bestrafte sie sich selbst.
»Was ist denn los?«, fragte er, als sie endlich innehielt.
Sie heulte Rotz und Wasser, noch schlimmer als Lottie. »Alles, alles ist los. All dieses Waschen. Und jetzt kommst du auch noch mit deinem Hemd an. Ich hatte noch nicht einmal Zeit, mir den Kater anzuschauen. Stattdessen habe ich das Baby gewaschen. Und du fährst nach Kempley, du verwöhntes Balg!« Sie schluchzte und würgte, und er gab ihr sein Taschentuch. Nachdem sie sich die Nase geputzt hatte, warf sie es zu Boden. »Keiner denkt, dass ich auch Gefühle habe.« Sie hob das Taschentuch auf und versuchte, es zu zerreißen. Aber der strapazierfähige Leinenstoff widerstand ihren Bemühungen. »Und dieses alberne Getue, nur weil May das Teetablett raufgebracht hat! Tee! Während das Baby in diesem grässlichen blutigen Schleim lag!«
»Ich dachte, das alles hätte Snotty Lottie erledigt.«
»Dann wär's noch teurer geworden, du Narr! Verstehst du denn überhaupt nichts?« Sie ließ das Taschentuch fallen und hämmerte wieder ihren Kopf gegen das Tischbein. »Und jetzt hast du auch noch dein Hemd schmutzig gemacht ...«
»Das wasche ich selber, March.«
»Und du fährst nach Kempley und lässt mich allein ...«
»Mutter und das neue Baby sind da ...«
»Aber ich brauche dich.« Feindselig starrte sie ihn an und rammte ihren Kopf gegen das Tischbein. »Niemand liebt mich, niemand kümmert sich darum, ob ich glücklich bin oder nicht ...«
»Unsinn, March, ich liebe dich.«
»O nein, du fährst nach Kempley ...«
»Fahr doch du mit Dad.« Noch nie in seinem Leben hatte Albert sich so großzügig und edel gefühlt. Die Sterne und der Frost und Kempley ... Seiner Schwester zuliebe würde er auf das alles verzichten. »Mach dir keine Sorgen, ich werde das ganze Zeug waschen und ...«
»Das kannst du nicht. Davon hast du keine Ahnung.« Aber sie hörte auf, ihren Kopf gegen das Tischbein zu schlagen, und ihre Stimme klang nicht mehr so wütend. Allmählich verebbte das Schluchzen. »Liebst du mich wirklich, Albert?«
»Ja.«
»Wie sehr?«
»Das weiß ich nicht – ich ...«
»Mehr als May?«
»O ja. Und natürlich viel mehr als das neue Baby und das Kätzchen und ...«
»Mehr als Mutter?«
Nach kurzem Zögern erwiderte er: »Ich glaube schon. Mutter kann ich nichts sagen – zumindest nicht alles, so wie dir. Vor dir habe ich keine Geheimnisse. Zum Beispiel habe ich dir erzählt, wie ich in Mrs. Lukers Garten hinfiel und unter ihren Rock schaute, und da sah ich, dass sie keine Unterhose trug. Oder ich beklagte mich über meinen wunden John Thomas, und du hast mir was von Mutters Vaseline gegeben ...«
»O Albert, ich liebe dich auch.« Mühsam suchte sie nach Worten. »Für dich würde ich sterben.«
»Und ich für dich, March«, beteuerte er glücklich.
»Ich freue mich, dass du nach Kempley fahren wirst. Du sollst nicht daheim bleiben, sondern lieber deinen Spaß haben. Selbst wenn ich ihn nicht haben kann.« Sie stand auf und begann, Zucker in die Schüsseln zu streuen. In die hellgrüne Schüssel, die ihrem Bruder gehörte, schüttete sie die doppelte Portion. Er nahm die Milch, die sich inzwischen mit einer Haut überzogen hatte, vom Herd und goss sie vorsichtig über das Brot. Seite an Seite stiegen sie die Treppe hinauf, vom heiligen Glück ihrer Liebe erfüllt.
*
Will wankte ins Schlafzimmer. Vom Geruch der süßen, verbrannten Milch war ihm ein bisschen übel. Im schwachen Gaslicht sah er drei Köpfe auf dem Kissen des Doppelbetts, und der braune hob sich empor.
»Pst, Daddy!«, mahnte March und legte einen Finger an die Lippen. »Mutter und May schlafen tief und fest, und das Baby ist endlich still.«
»Was soll das?« Von bitterer Enttäuschung erfasst, senkte er die Stimme nicht – fest überzeugt, dass Florrie hellwach war.
»Wir haben Brotsuppe gegessen, und Mutter erzählte uns eine Geschichte. Dann sagte sie, wir sollten unsere Nachthemden holen. Sie braucht mich, weil ich mich um das Baby kümmere. Deshalb muss May auch hier bleiben.« Marchs Stimme klang selbstgefällig und herablassend. Kichernd flüsterte sie: »Die ganze Milch haben wir verbraucht. Mutter glaubt, sie kann das Baby noch nicht stillen. Also haben wir einen Schnuller in Mrs. Goodrichs Honig getaucht, und das hat April gut geschmeckt!«
Mit schmalen Augen starrte Will seine Frau an, als könnte sein eindringlicher Blick sie wecken. Doch sie rührte sich nicht. Da wandte er sich ab und stolperte zur Tür hinaus. »Es gibt noch andere Nächte, mein Mädchen«, murmelte er auf dem Weg zu Alberts Zimmer. Im Dunkeln begann er sich auszuziehen. »Viele andere Nächte. Und denk dran, du bist so stark wie ein walisisches Pony.« Er schlug die kalten Laken zurück und kroch ins Gästebett. Am anderen Ende des Raums seufzte Albert und flüsterte Marchs Namen. Will erinnerte sich an den alten Daker. »Wärst du doch wach geblieben«, wisperte er, »dann hätte ich dir von Mr. Dakers Tod erzählt. Mehr wollte ich nicht – nur meinen Kummer mit dir teilen. Deshalb heiratet man doch, oder? Damit man einander tröstet, nicht wahr?« Niemand beantwortete seine Frage, und er vergrub das Gesicht im Kissen. »Mehr eine Nonne als ein walisisches Pony.« Plötzlich überlegte er, was für eine gute Nonne Florence geworden wäre. Ein Leben im Leid. Kein einziger Schrei.
Endlich schlief er ein.
Mit einiger Verspätung brachen Will und Albert nach Kempley auf. Nach einer unruhigen Nacht völlig erschöpft, hatten die Mädchen ungewöhnlich lange geschlafen – alle vier. April wollte einfach nicht glauben, dass es keine Milch gab. Das letzte Mal war sie um halb neun erwacht und hatte ihr Recht gefordert. March konnte sich nicht mehr um sie kümmern. Zuerst musste sie May zur Schule schicken, und dann war da die ganze Wäsche ...
Aus Alberts Zimmer drang kein Laut. Auf dem Weg zur Treppe hämmerte March gegen die Tür. Dann eilte sie weiter, den Rock über den nackten Füßen hochgerafft, weil sie sich vor den Mäusen fürchtete. May folgte ihr verschlafen in die Küche und ließ sich viel Zeit, als sie fünf Schüsseln auf den Tisch neben die Beerdigungshosen stellte. Das Kätzchen im Arm, sank sie auf einen Stuhl und machte keine Anstalten, sich anzukleiden, die Zeitung oder Brennholz zu holen. March wusch sich in der Spülküche mit kaltem Wasser und zog sich hastig an. Von der Überschwemmung in der Waschküche am vergangenen Abend waren ihre Kleider immer noch feucht. Einen Krug in der Hand, lief sie die Straße hinab zu Mrs. Goodrichs Milchgeschäft.
Snotty Lottie trat aus ihrer Tür. »Alles in Ordnung mit dem Baby?«
Ebenso wie ihrer Mutter widerstrebte es March, die Hebamme zu ermutigen und ein längeres Gespräch zu erdulden. Statt einer Antwort hob sie nur den Milchkrug. In der schmalen Chichester Street schwoll die leichte Brise zu einem Sturm an und riss ihr die Kanne beinahe aus der Hand. Lottie gab es auf, mit ihrer Nase zu kämpfen, und hielt ihren Schal fest.
»Das ist nicht gut«, murrte sie. »Das Baby ist zu klein dafür. Ich werde rübergehen und ...«
»Danke, wir kommen schon zurecht, Mrs. Jenner«, versicherte March höflich, voller Angst, Daddy müsste noch einmal zwei Shilling opfern. »Außerdem ist mein Vater noch gar nicht aufgestanden, und so ...«
Lottie brach in schrilles Gelächter aus. »Wäre nicht das erste Mal, dass ich einen Mann im Nachthemd sehe – oder ohne ... Und hoffentlich nicht das letzte Mal!«
Ein Bündel alter Kleider, die im Wind flatterten, eilte sie die Straße hinab, und March schaute ihr hilflos nach.
Die junge Mrs. Goodrich trug eine frisch gewaschene Schürze. Eifrig eilte sie im Laden umher, legte Butter und Käse für den Verkauf dieses Tages zurecht. »Ich hab's schon gehört!«, rief sie und strahlte March an. »Also werde ich mein Kindermädchen verlieren.«
March erwiderte das Lächeln. In Mrs. Goodrichs Gesellschaft fühlte sie sich stets erwachsen und gleichzeitig wie ein geliebtes Kind. »Trotzdem würde ich die kleine Charlotte gern besuchen«, beteuerte sie schüchtern, während die junge Frau einen Schöpflöffel ins Milchfass tauchte und Mutters Krug füllte.
Immer wieder ergoss sich der Inhalt des Löffels in das Porzellangefäß. »Du bist uns stets willkommen, March. Das weißt du.« Mrs. Goodrich tauchte den Viertelliter-Schöpflöffel ein fünftes Mal ins Fass. »Und wenn Granny und ich dir helfen können, so, wie du uns geholfen hast, tun wir's gern.«
Hin und wieder hatte March die kleine Charlotte betreut, um für Aprils Ankunft zu üben. Aber es war auch ein Privileg gewesen. Den Wäscheberg daheim erwähnte sie nicht. Stattdessen bat sie dankbar und heiser: »Nur ein Liter, Mrs. Goodrich. Mehr geht nicht in den Krug.«
»Doch«, widersprach Mrs. Goodrich lächelnd, »ein paar Tropfen passen noch rein. Jedenfalls genug für ein Neugeborenes.« Vorsichtig legte sie den durchbrochenen, mit Glasperlen beschwerten Porzellandeckel auf den Krug. »Und die Kleine wird wohl April heißen?«
March nahm den randvollen Krug mit beiden Händen entgegen und nickte.
»Wie geht's Mrs. Rising? Und dem Baby?«
»Mutter hat alles gut überstanden. Aber das Baby schreit viel.«
»Dann beeil dich und bring ihm die Milch. Sag deiner Mutter, ich besuche sie heute Abend nach Ladenschluss.« Mrs. Goodrich kam hinter der Theke hervor und hielt March die Tür auf. »Soll ich irgendwas mitbringen? Vielleicht ein Pfund Butter? Oder ein Stück Käse?«
Die Butter würden sich May und Albert teilen, den Käse würde Daddy essen. »Am besten schmeckt Mutter Ihr Honig, Mrs. Goodrich. Und der kleinen April auch.«
»Gut, dann sollen die beiden Honig bekommen.« Plötzlich legte die junge Mrs. Goodrich eine Hand auf Marchs braunen Kopf. »Was für ein braves Mädchen du bist! Hoffentlich wird meine Charlotte mal so wie du, Schätzchen. Eine richtige kleine Martha bist du.«
»Eine Martha, Mrs. Goodrich?«
»Ach, nicht so wichtig, Liebes ... Jetzt lauf schnell nach Hause. Aber pass auf die Milch auf! Hättest du bloß einen Mantel angezogen! Heute ist das Wetter ziemlich trügerisch.«
Was das Wort trügerisch bedeutete, wusste March nicht genau, nahm jedoch an, es würde zu ihr passen. Sie erinnerte sich, wie sie am letzten Abend geheult und geschrien hatte. Wenn Mrs. Goodrich das wüsste – würde sie March dann immer noch für ein braves Mädchen halten? Jedenfalls war March sicher, dass sie sich nie wieder so benehmen würde. Die Liebeserklärungen, die sie mit Albert gewechselt hatte, würden ihr über ihr wildes Temperament und den ständigen bitteren Groll hinweghelfen. Natürlich liebte sie Mutter und April und – beträchtlich weniger – May und Daddy. Aber die Liebe zu Albert war anders, ein Gefühl, das ihr ganzes Herz erfüllte.
*
Barfuß, im Nachthemd, betrat Will das Schlafzimmer. »Warum zum Teufel hat March mich nicht geweckt? Wo ist sie? Und wo steckt May? Was ist mit dem verflixten Baby los?«
Florence ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Letzte Nacht hatte sie ihren Willen durchgesetzt, und nun lag ein langer, angenehmer Tag vor ihr – selbst wenn das Baby unentwegt brüllen würde. Kühl und distanziert musterte sie ihren Mann. Dann verspürte sie eine gewisse, mit Amüsement vermischte Zuneigung. Wie komisch er aussah mit seinem hellroten Haar, das zerzaust zu Berge stand, und den runden Waden unter dem Saum des Nachthemds ... Normalerweise ein sanftmütiger, freundlich gestimmter Mann, glich er an diesem Morgen einem kleinen Bullen, der wütend mit den Hufen auf dem Wachstuchboden scharrte. »Wahrscheinlich holt March die Milch. Und May wird in der Küche frühstücken. Pass auf, dass sie ihren Schal trägt, wenn sie zur Schule geht, Will. Heute Morgen ist es furchtbar windig.«
Sobald er ihre melodische Stimme hörte, verflog sein Zorn. Sie hatte ihr langes dunkles Haar gebürstet. Wie eine Stola umgab es ihre Schultern. Sie war so schön. Und so unnahbar. »Hoffentlich hast du gut geschlafen – mein Liebling.« Das Kosewort fügte er etwas verspätet hinzu. »Oder hat dich das Baby wach gehalten?«
»Nein, March war mir eine große Hilfe. Wir haben wirklich gute Kinder, Will.« Lächelnd streckte er eine Hand aus. »Nun sind's vier«, fuhr sie leise fort. »Eine richtige Familie.«
Und April würde immer die Jüngste bleiben, hatte sie am vergangenen Abend erklärt. Daran erinnerte er sich jetzt. Er ging zu der Schublade und musterte das schreiende Baby. In lautem, jovialem Ton verkündete er: »Meine Mutter bekam sieben! Keine Ahnung, wie sie das sieben Mal ausgehalten hat!«
Ehe Florence auf diese Bemerkung oder diese Erklärung – oder was immer er damit ausdrücken wollte – antworten konnte, klopfte es an der Tür. Lottie eilte herein, ganz die pflichtbewusste Hebamme. Will floh zur anderen Seite des Betts und gab einen witzigen Kommentar ab, der Lottie aber keinen Sand in die Augen streute. Zweifellos ärgerte sich William Rising, der Schneider, weil er im Nachthemd überrascht wurde. Florence richtete sich kerzengerade auf, bekundete die gleiche Empörung, und April brüllte wie am Spieß.
Ohne die beiden Erwachsenen zu beachten, beugte sich Lottie über die Schublade. »Lassen sie dich verhungern, mein kleines Schätzchen?«
Während sie das Baby umsorgte, verwandelte sich die notorische alte Trinkerin zu Wills Verblüffung in eine bewundernswerte Expertin. Fachkundig hob sie das Köpfchen hoch und entfernte die Bandage über dem Nabel, inspizierte Marchs Penny und nickte zufrieden. Dann vertauschte sie die nasse Windel mit einer frischen. Will hüllte sich korrekt und sittsam – zumindest glaubte er das – in einen von Florence' zahlreichen Schals und huschte zur Tür. Dort blieb er stehen, obwohl Florence ihn mit drängenden Gesten aus dem Zimmer zu scheuchen suchte. Fasziniert beobachtete er Lotties geschickte Hände. Wer hätte ihr das zugetraut, angesichts der Schnapsgläser, die man meistens zwischen ihren Fingern sah? Er kannte ihren Ruf. Soviel er wusste, gaben ihr die Frauen in dieser Gegend den Vorzug vor dem Doktor, aber er hatte geglaubt, das würde mit irgendeinem dunklen, anrüchigen Geheimnis zusammenhängen. Doch offenbar stimmte das nicht. Er wich in den Flur zurück, wo Albert gerade auf der Suche nach March zur Treppe lief und den Anblick seines bloßfüßigen, in einen Schal gewickelten Vaters genoss. Will ließ die Tür einen Spalt breit offen, um die weiteren Ereignisse im Schlafzimmer zu verfolgen, ohne selbst gesehen zu werden.
Aber Lottie interessierte sich ohnehin nur für das Baby, das immer noch schrie. Allerdings schien es jetzt ihre Fragen zu beantworten.
»Haben sie dir einen ekligen Schnuller gegeben?«, murmelte sie, den Mund voller Nadeln. April quengelte zustimmend, und die Hebamme schnüffelte. »Mach dir nichts draus, meine Süße. Jetzt ist Lottie da. Lottie wird sich um alles kümmern.«
Entschlossen legte sie das Kind aufs Fußende des Betts und wandte sich zu Florence, die in entschiedenem Ton erklärte: »March holt gerade die Milch, Mrs. Jenner. In zwei oder drei Minuten wird sie zurückkommen ...«
»Ja, ich hab sie gesehen. Kuhmilch!« Verächtlich wischte Lottie mit einem Ärmel über ihre Nase. »Wo Sie doch genug Milch für zwei oder drei Babys haben!« Mit flinken Fingern knöpfte sie Florence' Nachthemd auf und fegte die protestierenden Hände so mühelos beiseite, als wären sie Schmetterlinge. »Und erzählen Sie mir bloß nicht, da ist noch nichts. Vielleicht schießt die Milch erst morgen ein, aber Ihr Baby wird schon jetzt was kriegen. Dafür sorgt die Natur, mein Mädchen. Die sorgt immer für alles.«
Hingerissen beobachtete Will, wie die Baumwollbandagen fachkundig geöffnet wurden und eine große Brust zum Vorschein kam. Florence weinte. Unglaublich! Nachdem sie die Entbindung überstanden hatte, ohne eine einzige Träne zu vergießen, schluchzte sie beim Anblick ihres fruchtbaren Körpers. »Da ist nichts, Mrs. Jenner! Und es tut weh!«
»Dann muss es eben wehtun«, erwiderte Lottie unerbittlich. »Ich weiß noch, welche Schwierigkeiten wir mit der kleinen March hatten. Nicht mit May!« Sie packte das weiche Fleisch, drückte es so brutal zusammen, dass Wills Atem stockte, und ihre alten violetten Fingerknöchel färbten sich weiß. Den Kopf zur Seite gewandt, legte Florence eine Hand über ihre Augen.
»Nicht – nicht ...«
Aus der großen Brustwarze quoll ein klarer Tropfen, dann noch einer. Voller Genugtuung seufzte Lottie und griff nach dem Baby. Will schaute zu, bis April hungrig zu saugen begann. Mühsam rang er nach Luft, dann kehrte er in Alberts Zimmer zurück und begann sich anzuziehen. In seiner Hosentasche steckte Kleingeld für das Gas, und er zählte sechs Pennys ab. Ein teurer Morgen, aber jeden Penny wert. Wenn er das Geld für die Beerdigungsanzüge bekam, würde er Lottie noch einen Gin spendieren.
*
Beruhigend ratterte das Gig, als er beim Cross nach rechts bog und die lange holprige Fahrt durch die Westgate Street antrat. Albert genoss diese Fahrt ganz besonders, weil sie ein Geschenk von March war. Er umklammerte das Spritzbrett und richtete sich auf, um über die dicht gedrängten Häuser hinweg zum Kirchturm zu schauen. Dort sollte er eines Tages auf Wunsch seiner Mutter singen. Er würde die King's School besuchen, eine Uniform tragen und auf den Wiesen von Westgate Rugby spielen. Aber dazu brauchte er ein Stipendium. Irgendwie musste er es schaffen. Weil er das älteste der Rising-Kinder und der einzige Junge war, wollte er seinen Schwestern mit gutem Beispiel vorangehen. Abrupt lehnte er sich zurück, überwältigt von der Erkenntnis seiner Verantwortung. Nun erreichten sie den Causeway. Zu beiden Seiten erstreckten sich die Rieselwiesen, noch nass von der winterlichen Überschwemmung. Immer lauter pfiff der Wind und vertrieb endlich den hartnäckigen Geruch der heißen, feuchten Beerdigungsanzüge, der vor einer Stunde beim Bügeln die ganze Küche erfüllt hatte.
»Heute kommt May zu spät in die Schule«, bemerkte Albert.
Dad lockerte die Zügel, und Lukers Pony bestimmte selber sein Tempo. Putzmunter trabte es dahin und schien die leere Straße zu genießen, den Duft des Flusses, die starke Brise. »Sicher macht's ihr nichts aus. May regt sich nie auf.«
Darüber dachte Albert eine Zeit lang nach. Sicher, May weinte oft, aber nicht aus persönlichen Gründen, sondern weil sie irgendwas besonders traurig oder schön oder süß fand. Er zog den Schirm seiner Mütze tiefer in die Stirn und seufzte: »Das ist es ja, was mich an May so stört. Dauernd ist sie glücklich.«
Dad warf den Kopf in den Nacken und lachte schallend, was Mutter ganz bestimmt missbilligen würde. Aber jetzt war niemand in der Nähe. »Was hast du dagegen, mein Sohn? Und warum findest du's so ungewöhnlich? Du bist doch auch glücklich, oder?«
»Ja«, gab Albert zu seiner eigenen Verblüffung zu. »O ja.« Verwundert starrte er seinen Vater an. »Also bin ich so wie May, nicht wahr, Dad? Obwohl ich ein Junge bin – und älter und vernünftiger ... Manchmal ist May furchtbar albern. Trotzdem sind wir uns ähnlich.« Über dieses Wort, das reif und erwachsen klang, freute er sich, weil es seine ernsthaften Gedanken bezeugte. »Ja, wir sind uns ähnlich«, wiederholte er triumphierend.
Nun lachte Dad wieder. An diesem Morgen war er gut gelaunt, und sein kleiner blonder Bart zeigte himmelwärts. Wenn er sich in dieser Stimmung befand, liebte Albert ihn ganz besonders. Und er fand es großartig, mit ihm allein zu sein, ein Bündnis zwischen Männern zu schließen. Fröhlich rutschte er auf dem Sitz umher, der Wagen schwankte, und das Pony änderte hastig seinen Rhythmus, als die Deichseln an seinen Flanken schabten.
»Vorsicht!«, mahnte Dad und zog behutsam an den Zügeln, um das Pferd zu beschwichtigen. Dann lenkte er es in die Mitte der Straße, die mittlerweile schmaler geworden war. Links und rechts wuchsen Hagedornbüsche in frischem Grün aus den Gräben. Das Pony verlangsamte seine Schritte, und beide duckten sich unter den Zweigen eines Apfelbaums voll rosaroter Blüten, während sie an einem Obstgarten vorbeifuhren. »Früher ging ich jeden Sonntagmorgen diese Straße entlang, um deine Mutter zu besuchen«, erzählte Dad lächelnd. »Zehn Meilen hin, zehn Meilen zurück.«
Bei dieser Eröffnung empfand Albert die gleichen Emotionen, die in May aufsteigen würden. Er fühlte sich schuldig. Seine Ähnlichkeit mit May plagte sein Gewissen ohnehin schon zur Genüge, als wäre er March untreu geworden. Und so zwang er sich, an Marchs Wutausbruch am letzten Abend zu denken, an ihr Leid, ihre Verzweiflung. »Das muss ziemlich mühsam gewesen sein, Dad.«
»O ja. Damals war ich erst vierzehn und so dankbar, weil ich bei Mr. Daker in die Lehre gehen konnte. An den meisten Tagen konnte ich deine Mutter sehen, und das bedeutete mir – sehr viel.«
Plötzlich schien Dads Glück zu verfliegen. »Schau da hinüber, Dad!«, rief Albert hastig. »Hier blühen alle Bäume. Und auf der anderen Straßenseite nicht«, fügte er hinzu und streckte einen Zeigefinger aus.