Die Kraft der Reue - Daniel H. Pink - E-Book

Die Kraft der Reue E-Book

Daniel H. Pink

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Beschreibung

Reue als Stärke - der völlig neue Blick auf eine unterschätzte Emotion Der Bestsellerautor Daniel H. Pink entlarvt anhand neuester psychologischer Erkenntnisse die Mär vom scheinbar coolen Slogan "No regrets" – und führt vor Augen, wie wichtig Reue für unser Vorankommen ist. Denn jeder Mensch bereut, in seinem Leben etwas getan oder nicht getan zu haben. Er erklärt, wie wir diese unterschätzte Emotion verstehen und einordnen lernen, und wie sie uns dabei helfen kann, bessere Entscheidungen zu treffen und unserem Leben einen größeren Sinn zu verleihen. In der Gegenwart und in der Zukunft. 

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Die Kraft der Reue

Der Autor

DANIEL H. PINK,geboren 1964, ist studierter Jurist und Autor mehrerer erfolgreicher Bücher. Seine brillant recherchierten und mitreißend geschriebenen psychologischen Bücher ermöglichen es dem Leser, bisherige Denk- und Verhaltensweisen völlig neu zu denken. Er lebt mit seiner Familie in Washington, D.C.

Daniel H. Pink

Die Kraft der Reue

Wie der Blick zurück uns hilft, nach vorn zu schauen

Ullstein

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© der deutschen Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2022© 2022 by Daniel H. PinkDie Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel The Power of Regret. How Looking Backward Moves Us Forward bei RIVERHEAD BOOKS NEW YORK.Redaktion: Clara HenssenUmschlaggestaltung: FAVORITBUERO, MünchenAutorenfoto: © Nina SubinE-Book powered by pepyrusISBN: 978-3-8437-2798-3

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Inhalt

Titelei

Der Autor / Das Buch

Titelseite

Impressum

Teil 1 Reue zurückerobern

1. Der Unsinn, nichts zu bereuen

»Reue ist nichts Gefährliches oder Anormales, kein Umweg auf dem andernfalls direkten Weg zum Glück. Sie ist gesund und allgegenwärtig, ein wesentlicher Teil des Menschseins. Reue ist auch wertvoll: Sie wirkt klärend. Bringt einem was bei. Wenn wir richtig mit ihr umgehen, muss sie uns nicht runterziehen; sie kann uns Auftrieb geben.«

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2. Warum uns Reue menschlich macht

»Mit anderen Worten, die Unfähigkeit, Reue zu empfinden – in gewisser Weise das Ideal dessen, wozu die »No Regrets«-Philosophie ermutigt –, war kein Vorteil. Sie war Zeichen für einen Hirnschaden.«

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3. Wenigstens und Wenn doch nur

»Zwei Jahrzehnte Forschung zum kontrafaktischen Denken offenbaren eine Merkwürdigkeit: Gedanken über die Vergangenheit, die dafür sorgen, dass wir uns besser fühlen, sind relativ selten, während Gedanken, die dazu führen, dass wir uns schlechter fühlen, sehr oft vorkommen. Sind wir alle Selbstsabotage betreibende Masochisten?«

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4. Warum uns Reue besser macht

»Weichen Sie Gefühlen nicht aus. Aber suhlen Sie sich auch nicht in ihnen. Stellen Sie sich ihnen. Nutzen Sie sie als Katalysator für künftiges Verhalten. So wie das Denken uns beim Tun hilft, kann Fühlen uns beim Denken helfen.«

Teil 2 Reue sichtbar machen

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5. Die Oberflächenstruktur der Reue

»Das menschliche Leben umfasst eine Vielzahl von Bereichen – wir sind Eltern, Söhne, Töchter, Ehegatten, Partner, Arbeitnehmer, Chefs, Studenten, Spender, Investoren, Bürger, Freunde und mehr. Warum sollte dann nicht auch die Reue mehrere Facetten haben?«

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6. Die vier Hauptarten der Reue

»Was sichtbar und leicht zu beschreiben ist – Lebensbereiche wie Familie, Bildung und Arbeit –, ist weitaus weniger bedeutsam als die darunterliegende verborgene Architektur der menschlichen Motivation und des menschlichen Strebens.«

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7. Reue in puncto Fundament

»Reue in puncto Fundament beginnt mit einer unwiderstehlichen Verlockung und endet mit einer erbarmungslosen Logik.«

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8. Reue in puncto Mut

»Den Kern jeglicher Reue in puncto Mut bildet die vereitelte Chance auf Wachstum. Das Versäumnis, die Person zu werden, die man hätte sein können – glücklicher, mutiger, reifer. Das Versäumnis, innerhalb der Zeitspanne eines einzigen Lebens ein paar wichtige Ziele zu erreichen.«

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9. Reue in puncto Moral

»Falschheit. Untreue. Diebstahl. Verrat. Entweihung. Manchmal las sich das, was die Umfrageteilnehmer bedauerten, wie die Produktionsnotizen für ein Zehn-Gebote-Trainingsvideo.«

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10. Reue in puncto Bindungen

»Gute Beziehungen sind das, was unserem Leben Sinn verleiht und uns mit Zufriedenheit erfüllt. Wenn diese Beziehungen jedoch bewusst beendet oder vernachlässigt werden, hindern uns unsere Schamgefühle, einen Schritt auf den anderen zuzugehen. Wir haben Angst, den anderen dadurch in eine noch unangenehmere Lage zu versetzen oder es ganz zu vermasseln. Doch diese Sorgen entpuppen sich eigentlich immer als unnötig.«

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11. Chance und Pflicht

»Die vier Hauptarten der Reue sind wie ein fotografisches Negativ des guten Lebens. Wenn wir wissen, was Menschen am meisten bereuen, können wir dieses Bild umkehren, um zu enthüllen, was ihnen am wichtigsten ist.«

Teil 3 Ein neuer Umgang mit Reue

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12. Rückgängigmachen und Wenigstens-Aussagen

»Bei der Reue in puncto Handeln habe ich allerdings noch die Chance, die Gegenwart neu zu kalibrieren – auf Ctrl+Z auf meinem existenziellen Keyboard zu drücken.«

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13. Enthüllung, Mitgefühl und Distanz

»Mithilfe eines einfachen dreischrittigen Prozesses können wir das Bereute enthüllen, die Art, das Bereute und uns selbst zu sehen, ändern und eine Lehre aus der Erfahrung ziehen, um künftig bessere Entscheidungen zu treffen.«

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14. Reue antizipieren

»Als eine universelle Arznei hat antizipierte Reue ein paar gefährliche Nebenwirkungen.«

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Epilog

Reue und Erlösung

Danksagung

Anhang

Anmerkungen

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Teil 1 Reue zurückerobern

Motto

»Obwohl wir gerne ohne Reue leben würden und manchmal stolz darauf beharren, dass wir dies tun, ist dies eigentlich unmöglich, schon allein weil wir sterblich sind.«

—  James Baldwin, 1967

Teil 1 Reue zurückerobern

1.Der Unsinn, nichts zu bereuen

Am 24. Oktober 1960 traf ein Komponist namens Charles Dumont mit Angst im Herzen und Songs in der Aktentasche in der schicken Pariser Wohnung von Edith Piaf ein.

Damals war Piaf wohl die berühmteste Entertainerin Frankreichs und eine der bekanntesten Sängerinnen der Welt. Sie war außerdem sehr zerbrechlich. Obwohl sie gerade erst vierundvierzig Jahre alt war, hatten Drogensucht, Unfälle und ein schweres Leben ihrem Körper stark zugesetzt. Piaf wog zu diesem Zeitpunkt weniger als fünfundvierzig Kilo. Drei Monate zuvor hatte sie wegen eines Leberschadens im Koma gelegen.

Doch trotz ihres hinfälligen Zustands hatte sich an ihrer berüchtigten Launenhaftigkeit und ihrem hitzigen Temperament nichts geändert.

Sie hielt Dumont und Songtexter Michel Vaucaire, mit dem Dumont zusammenarbeitete und der ihn bei diesem Besuch begleitete, für zweitklassige musikalische Talente. Früher am Tag hatte Piafs Sekretärin noch versucht, das Treffen abzusagen. Piaf weigerte sich erst mal, den Besuch zu empfangen, die Männer mussten in ihrem Wohnzimmer warten. Kurz bevor sie schlafen ging, gab sie jedoch nach und tauchte, eingewickelt in einen blauen Morgenmantel, dann doch auf.

Sie würde sich genau einen Song anhören, erklärte sie ihnen. Mehr nicht.

Dumont setzte sich an Piafs Klavier. Nervös schwitzend, begann er, seine Komposition zu spielen und leise Vaucaires begleitende Lyrics aufzusagen.1

Non, rien de rienNon, je ne regrette rien.Nein, rein gar nichts.Nein, ich bereue nichts.

Sie bat Dumont, den Song noch mal zu spielen, und fragte sich laut, ob er ihn wirklich selbst komponiert habe. Sie bat ein paar Freunde, die zufällig zu Besuch waren, sich den Song mal anzuhören. Als Nächstes waren ihre Hausangestellten an der Reihe.

Stunden vergingen. Dumont spielte den Song immer wieder, einem Bericht zufolge mehr als zwanzig Mal. Piaf rief den Direktor des Olympia an, dem Pariser Hotspot für Konzerte, der kurz vor Tagesanbruch eintraf.

Non, rien de rien.Non, je ne regrette rien.C’est payé, balayé, oublié.Je me fous du passé.Nein, rein gar nichts.Nein, ich bereue nichts.Das ist bezahlt, weggefegt, vergessen.Die Vergangenheit, sie kann mich mal.

Wenige Wochen später sang Piaf den zwei Minuten und neunzehn Sekunden langen Song im französischen Fernsehen. Als sie ihn im Dezember als furiosen Abschluss eines Konzerts performte, das dazu beitrug, das Olympia vor dem finanziellen Ruin zu bewahren, wurde sie zweiundzwanzigmal vor den Vorhang gerufen. Bis zum Ende des folgenden Jahres hatten ihre Fans über eine Million Exemplare ihrer »Je ne regrette rien«-Schallplatte gekauft, was der Chanteuse zum Ikonenstatus verhalf.

Drei Jahre später war Edith Piaf tot.

An einem kalten Sonntagmorgen im Februar 2016 wachte Amber Chase in ihrer Wohnung in der westkanadischen Stadt Calgary auf. Ihr damaliger Freund (und jetziger Ehemann) war verreist; am Abend zuvor war sie mit einigen Freundinnen ausgegangen. Ein paar von ihnen hatten bei ihr übernachtet. Die Freundinnen unterhielten sich und tranken Sekt mit Orangensaft, als Amber, angetrieben durch eine Mischung aus Inspiration und Langeweile, plötzlich vorschlug: »Wir lassen uns jetzt ein Tattoo stechen!« Die Gruppe stieg ins Auto und fuhr zu Jokers Tattoo & Body Piercing auf dem Highway 1, wo der anwesende Tattoo-Künstler zwei Worte in Ambers Haut stach.

Ambers Tattoo war fast identisch mit dem fünf Jahre alten Tattoo von Mirella Battista, die 2400 Meilen weit weg lebte. Mirella wuchs in Brasilien auf und zog mit Anfang zwanzig nach Philadelphia, um dort aufs College zu gehen. Sie fühlte sich in ihrer Wahlheimat sehr wohl. Während der Zeit am College hatte sie einen Job in einer örtlichen Steuerberatungsfirma, viele Freunde und eine Beziehung mit einem Mann aus Philadelphia. Die beiden konnten sich eigentlich vorstellen zu heiraten, trennten sich aber nach fünf Jahren. Mirella wollte einen Neuanfang – sie nannte es auf die »Reset«-Taste drücken – und zog neun Jahre nach ihrer Ankunft in den USA zurück nach Brasilien. Einige Wochen vor ihrer Rückkehr ließ sie sich hinter ihr rechtes Ohr zwei Worte tätowieren.

Ein Jahr zuvor hatte sich Mirellas Bruder Germanno Teles, ohne dass sie es wusste, ein fast identisches Tattoo stechen lassen. Germanno brannte von klein auf für Motorräder, zum Unglück seiner Eltern, die zwei sicherheitsbewusste Mediziner waren. Doch davon ließ sich Germanno nicht aufhalten, er lernte über Motorräder, was immer er konnte, sparte seine Centavos und kaufte sich schließlich seine geliebte Suzuki. Eines Abends, als er nahe seiner brasilianischen Heimatstadt Fortaleza auf dem Highway fuhr, wurde Germanno von einem anderen Fahrzeug seitlich erfasst – sein linkes Bein wurde dabei verletzt, und er konnte danach nur noch eingeschränkt Motorrad fahren. Kurze Zeit später ließ er sich direkt unter dem Knie seines verletzten Beins ein Motorrad tätowieren. Daneben befanden sich entlang seiner Narbe zwei Worte in Schreibschrift.

Das Tattoo, das Germanno sich an jenem Tag stechen ließ, war fast identisch mit dem, für das Bruno Santos sich 2013 in Lissabon, Portugal, entschied. Bruno, ein Personalmanager, kannte weder Amber noch Mirella oder Germanno. Genervt von seinem Job, verließ er eines Nachmittags sein Büro, ging in ein Tattoostudio und kam mit einem dreisilbigen Motto auf dem rechten Unterarm wieder raus.

Vier Menschen, die auf drei Kontinenten leben, jeder mit einem Tattoo, das aus denselben zwei Wörtern besteht:

No Regrets.

Ein reizvoller, aber gefährlicher Grundsatz

Einige Überzeugungen wirken im Stillen, wie existenzielle Hintergrundmusik. Andere werden zu Lobgesängen auf eine bestimmte Lebensweise. Und nur wenige Credos werden lauter verkündet als der Grundsatz, Reue sei schlecht – dass sie Zeitverschwendung sei und unser Wohlbefinden sabotiere. Aus jedem Winkel der Kultur dröhnt die Botschaft: Vergiss die Vergangenheit, erobere die Zukunft. Meide das Bittere, genieße das Süße. Ein gutes Leben zeichnet sich durch eine singuläre Ausrichtung (vorwärts) und eine unerschütterliche Kraft aus. Reue stört beides. Sie ist rückwärtsgewandt und unangenehm – ein Giftstoff im Blutkreislauf des Glücks.

Kein Wunder also, dass Piafs Song noch immer überall auf der Welt so beliebt und ein Maßstab für andere Musiker ist. Zu den Künstlern, die derlei »No Regrets«-Songs mit dem Titel aufgenommen haben, zählen die Jazzlegende Ella Fitzgerald, der britische Popstar Robbie Williams, die Cajun-Band Steve Riley & the Mamou Playboys, der amerikanische Bluessänger Tom Rush, die in die Country Music Hall of Fame aufgenommene Emmylou Harris und der Rapper Eminem. Luxusautomarken, Schokoriegel und Versicherungsgesellschaften – sie alle bekennen sich zu dieser Philosophie, indem sie Piafs »Je ne regrette rien« in ihrer Fernsehwerbung nutzen.2

Und welch größeres Bekenntnis zu einem Glaubenssystem könnte es geben, als es so offen zur Schau zu stellen – wie Bruno Santos, der es in schwarzen Kleinbuchstaben zwischen Ellbogen und Handgelenk seines rechten Arms verewigen ließ?

Wenn Tausende von tintenbefleckten Körperteilen Sie nicht überzeugen, sollten Sie zwei Giganten der amerikanischen Kultur Gehör schenken, die weder gleichen Geschlechts waren noch die gleiche Religionszugehörigkeit oder politische Einstellung hatten, sich in Bezug auf dieses Credo jedoch einig waren. Gebt »der Reue keinen Raum«, riet Pfarrer Dr. Norman Vincent Peale, der Pionier des positiven Denkens, der das Christentum des 20. Jahrhunderts prägte und Richard Nixon sowie Donald Trump beriet: »Verschwendet keine Zeit auf … Reue«, riet Richterin Ruth Bader Ginsburg, die erst zweite Frau am U. S. Supreme Court überhaupt. Die praktizierende Jüdin erlangte später im Leben einen Göttinnenstatus unter amerikanischen Liberalen.3

Oder vielleicht interessieren Sie sich für die Meinung der Promis: »Ich glaube nicht an Reue«, sagt etwa Angelina Jolie. »Ich glaube nicht an Reue«, sagt Bob Dylan. »Ich glaube nicht an Reue«, sagt John Travolta. Und Transgender-Star Laverne Cox. Und Feuerlauf-Motivationstrainer Tony Robbins. Und der headbangende Guns-N’-Roses-Gitarrist Slash.4 Und ich würde wetten, ungefähr die Hälfte aller Selbsthilfebücher in Ihrem Buchladen vor Ort. In der U. S. Library of Congress gibt es über fünfzig Bücher mit dem Titel No Regrets.5

Die in Songs eingebettete, die Haut schmückende und von Weisen propagierte Anti-Reue-Philosophie ist so offensichtlich wahr, dass sie öfter bestätigt als bestritten wird. Warum sollten wir den Schmerz einladen, wenn wir ihn vermeiden können? Warum Regenwolken herbeirufen, wenn wir in den sonnigen Strahlen der Positivität baden können? Warum bereuen, was wir gestern getan haben, wenn wir von grenzenlosen zukünftigen Möglichkeiten träumen können?

Diese Weltsicht ergibt intuitiv Sinn. Sie scheint richtig zu sein. Sie fühlt sich schlüssig an. Doch sie hat einen nicht unerheblichen Fehler.

Sie ist nämlich total falsch.

Was die Anti-Reue-Brigaden vorschlagen, ist keine Blaupause für ein gut gelebtes Leben. Was sie vorschlagen, ist – vergeben Sie mir die Terminologie, doch das nächste Wort wurde sorgfältig ausgewählt – Schwachsinn.

Reue ist nichts Gefährliches oder Anormales, kein Umweg auf dem andernfalls direkten Weg zum Glück. Sie ist gesund und allgegenwärtig, ein wesentlicher Teil des Menschseins. Reue ist auch wertvoll: Sie wirkt klärend. Bringt einem was bei. Wenn wir richtig mit ihr umgehen, muss sie uns nicht runterziehen; sie kann uns Auftrieb geben.

Und das ist kein vager Tagtraum, kein rührseliges Ziel, das uns in einer kalten, herzlosen Welt ein Gefühl von Wärme und Umsorgtsein vermitteln soll. Vielmehr haben wir es hier mit Ergebnissen zu tun, zu denen Wissenschaftler bei Forschungen gelangt sind, die vor mehr als einem halben Jahrhundert in Angriff genommen wurden.

Dies ist ein Buch über Reue – das Übelkeit verursachende Gefühl, dass die Gegenwart besser und die Zukunft heller wäre, wenn man in der Vergangenheit nur keine so schlechte, falsche Entscheidung getroffen oder so dumm gehandelt hätte. Ich hoffe, dass Sie die Reue im Verlauf der nächsten dreizehn Kapitel in einem neuen, klareren Licht sehen und lernen werden, ihre gestaltverändernde Fähigkeit als positive Kraft zu nutzen.

Wir sollten die Aufrichtigkeit von Menschen, die sagen, dass sie nichts bereuen, nicht anzweifeln. Vielmehr sollten wir sie als Schauspieler betrachten, die eine Rolle spielen – und dies so oft und voller Inbrunst tun, dass sie schließlich glauben, die Rolle sei real. Diese Selbsttäuschung ist weitverbreitet. Manchmal kann sie sogar gesund sein. Doch meistens hindert die Schauspielerei die Menschen daran, die schwierige Arbeit zu leisten, die zu echter Zufriedenheit führt.

Denken Sie an Piaf, die perfekte Performerin. Sie behauptete – verkündete sogar überall –, dass sie nichts bereue. Doch ein kurzer Rückblick auf ihre siebenundvierzig Jahre auf Erden offenbart ein Leben voller Tragik und Probleme. Mit siebzehn bekam sie ein Kind, das sie der Fürsorge anderer überließ und das starb, bevor es drei geworden war. Empfand sie nicht das geringste Bedauern über seinen Tod? Sie war einen Teil ihres Erwachsenenlebens alkoholabhängig und einen anderen Teil morphiumsüchtig. Bereute sie nicht die Abhängigkeiten, die ihr Talent erstickten? Sie führte, gelinde gesagt, ein turbulentes Privatleben, das eine katastrophale Ehe, einen ums Leben gekommenen Geliebten und einen zweiten Ehemann mit einschloss, dem sie Schulden aufhalste. Bereute sie nicht zumindest einige ihrer Entscheidungen in Liebesdingen? Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass Piaf auf dem Totenbett ihre Entscheidungen feierte, vor allem, da viele von ihnen sie Jahrzehnte vor ihrer Zeit an dieses Totenbett gefesselt hatten.

Oder nehmen wir unsere internationale Gruppe von Tätowierten. Man braucht mit ihren Mitgliedern nur ein paar Worte zu wechseln, und schon wird deutlich, dass die nach außen hin bekundete fehlende Reue und das innere Erleben auseinanderklaffen. Mirella Batista zum Beispiel führte viele Jahre ihres Lebens eine feste Beziehung. Als diese scheiterte, fühlte sie sich elend. Wenn sie eine zweite Chance gehabt hätte, hätte sie wahrscheinlich andere Entscheidungen getroffen. Das ist Reue. Doch sie gestand auch ein, dass sie suboptimale Entscheidungen getroffen hatte, und lernte aus ihnen. »Jede einzelne Entscheidung brachte mich dorthin, wo ich jetzt bin, und machte mich zu der, die ich bin«, sagte sie mir. Das ist die positive Seite der Reue. Es ist nicht so, dass Mirella die Reue aus ihrem Leben strich. (Schließlich ist das Wort auf ihrem Körper verewigt.) Und sie bagatellisierte sie auch nicht zwangsläufig. Vielmehr optimierte sie sie.

Amber Chase, die fünfunddreißig war, als wir eines Abends über Zoom miteinander sprachen, sagte: »Du kannst im Leben so viele falsche Abzweigungen nehmen.« Eine ihrer falschen Abzweigungen war ihre erste Ehe. Mit fünfundzwanzig heiratete sie einen Mann, der, wie sich herausstellte, »eine Menge Probleme hatte«. Es war eine oft unglückliche, gelegentlich turbulente Ehe. Eines Tages verschwand ihr Mann, ohne vorherige Ankündigung. »Er hat einen Flug gebucht, weg war er … und ich wusste zwei Wochen lang nicht, wo er sich aufhielt.« Als er schließlich anrief, sagte er ihr: »Ich liebe dich nicht mehr. Ich komme nicht nach Hause.« Von einem Moment auf den anderen war ihre Ehe vorbei. Wenn sie noch einmal von vorn anfangen könnte, würde Amber den Typen dann heiraten? Auf keinen Fall. Doch dieser unglückselige Schritt führte letztlich zu ihrer heutigen Ehe – einer glücklichen Ehe.

Ambers Tattoo enthält eine gewisse Ironie, nimmt die Lebensphilosophie, die es enthält, auf die Schippe. Ihres lautet nicht »No Regrets«, sondern »No Ragrets« – wobei sie das zweite Wort absichtlich falsch schreiben ließ, als eine Hommage an den Film Wir sind die Millers. Der Film ist eine eigentlich nicht nennenswerte Komödie von 2013, in der Jason Sudeikis die Rolle des David Clark spielt, eines unbedeutenden Marihuana-Dealers, der gezwungen ist, sich eine erfundene Familie zuzulegen (eine Ehefrau und zwei Kinder im Teenageralter), um Schulden bei einem großen Dealer abzuarbeiten. In einer Szene lernt David einen zwielichtigen jungen Typen namens Scottie P. kennen, der mit einem Motorrad vorfährt, um Davids »Tochter« zu einem Date auszuführen.

Scottie P. trägt ein dreckiges weißes Muskelshirt, das den Blick auf mehrere Tattoos preisgibt, unter anderem eines in Druckbuchstaben, das am Schlüsselbein entlangläuft und No Ragrets lautet. David fordert ihn auf, sich hinzusetzen, um kurz mit ihm zu reden. Sie sprechen zunächst über Scotties Tattoos und haben anschließend folgenden Wortwechsel:

David(der auf das »No Ragrets«-Tattoo deutet)Was ist denn das da?Scottie P.Oh, das? Das ist mein Lebensmotto. No Regrets.David(mit skeptischem Gesichtsausdruck)Wie denn das? Du bereust nichts?Scottie P.Nö.DavidAlso … nicht mal einen einzigen Buchstaben?Scottie P.Nein, mir fällt kein einziger ein.

Sollten Scottie P. wegen der Worte, die seinen Hals umranden, je Zweifel kommen, wäre er nicht der Einzige. Etwa einer von fünf Menschen, die sich ein Tattoo stechen lassen (unter ihnen vermutlich Leute, deren Tattoo »No Regrets« lautet), bereuen ihre Entscheidung schließlich. Deswegen hat sich die Tattooentfernung allein in den USA zu einer Industrie mit einem Umsatz von $ 100 Millionen pro Jahr entwickelt.6 Amber Chase hingegen bereut ihr Tattoo nicht, vielleicht, weil es gut verborgen ist. An jenem kalten Sonntag des Jahres 2016 in Calgary entschied sie sich, ihr Tattoo auf ihrem Hintern anbringen zu lassen.

Die positive Macht negativer Emotionen

Anfang der 1950er-Jahre kam Harry Markowitz, einem Doktoranden der Wirtschaftswissenschaften an der University of Chicago, eine Idee, die so grundlegend war, dass sie uns heute offensichtlich erscheint – damals jedoch derart revolutionär war, dass sie ihm einen Nobelpreis einbrachte.7 Markowitz’ große Idee wurde als »moderne Portfoliotheorie« bekannt. Was er herausfand – ich werde das jetzt der Länge halber stark verkürzen und vereinfachen –, war kurz gesagt die Mathematik, die dem Sprichwort »Setz nicht alles auf eine Karte« zugrunde liegt.

Bevor Markowitz seine Theorie vorstellte, glaubten viele Investoren, der Weg zu Reichtum sei der, in ein oder zwei Aktien mit großem Potenzial zu investieren. Schließlich brachten manche Aktien oft eine enorme Rendite ein. Man brauchte sich nur für diese Gewinner zu entscheiden, und schon machte man ein Vermögen. Folgte man dieser Strategie allerdings tatsächlich, kassierte man in Wahrheit zwangsläufig auch viele Verluste ein. Aber hey, so funktioniert das Investieren nun mal, das Risiko muss hingenommen werden, so die Doktrin. Markowitz zeigte dagegen, dass Investoren, statt diesem Rezept zu folgen, ihr Risiko verringern und dennoch beachtliche Gewinne erzielen konnten: durch Diversifikation. Investiere in mehrere Aktien, nicht nur in eine. Streue das Risiko, indem du Aktien von Unternehmen unterschiedlicher Branchen kaufst. Investoren würden nicht mit jeder ausgewählten Aktie große Gewinne machen, doch im Laufe der Zeit bei einem viel geringeren Risiko viel mehr Geld verdienen. Sollten Sie zufällig irgendwelche Ersparnisse in Indexfonds oder börsennotierten Fonds angelegt haben, so haben Sie das der modernen Portfoliotheorie zu verdanken.

So überzeugend Markowitz’ Einsicht auch sein mag, wir versäumen es oft, ihre Logik in anderen Bereichen unseres Lebens anzuwenden. Menschliche Wesen besitzen zum Beispiel auch so etwas wie ein Portfolio der Emotionen. Einige dieser Emotionen sind positiv – zum Beispiel Liebe, Stolz und Ehrfurcht. Andere sind negativ – Traurigkeit, Frustration oder Scham. Im Allgemeinen neigen wir dazu, eine Kategorie überzubewerten und die andere unterzubewerten. Dem Rat anderer und unser eigenen Intuition folgend, füllen wir unsere Portfolios mit positiven Emotionen und stoßen die negativen ab. Doch diese Einstellung zu Emotionen – die negativen über Bord zu werfen und die positiven anzuhäufen – ist genauso leichtsinnig wie die Investmentart, die noch vor der modernen Portfoliotheorie üblich war.

Positive Emotionen sind natürlich lebensnotwendig. Ohne sie wären wir verloren. Es ist wichtig, das Positive zu sehen, fröhliche Gedanken zu haben, Licht in der Dunkelheit zu sehen. Optimismus wird mit besserer körperlicher Gesundheit assoziiert. Emotionen wie Freude, Dankbarkeit und Hoffnung fördern in hohem Maße unser Wohlbefinden.8 Wir brauchen viele positive Emotionen in unserem Portfolio. Sie sollten die negativen zahlenmäßig übertreffen.9 Doch wenn bei unseren emotionalen Investitionen zu viel Positivität im Spiel ist, bringt das seine eigenen Gefahren mit sich. Das Ungleichgewicht kann das Lernen hemmen, das Wachstum behindern und unser Potenzial einschränken.

Das liegt daran, dass auch negative Emotionen wichtig sind. Sie helfen uns zu überleben. Angst treibt uns aus einem brennenden Gebäude, lässt uns unsere Schritte behutsam wählen, um einer Schlange auszuweichen. Abscheu schützt uns vor Giften und lässt uns vor schlechtem Verhalten zurückschrecken. Zorn warnt uns vor Drohungen und Provokationen anderer und schärft unsere Sinne dafür, was richtig und was falsch ist. Zu viele negative Emotionen schwächen natürlich. Doch zu wenige sind auch destruktiv.10 Ein Partner nutzt uns immer und immer wieder aus; eine Schlange gräbt ihre Zähne in unser Bein. Sie und ich und unsere aufrecht gehenden, zweibeinigen, mit einem großen Gehirn ausgestatteten Schwestern und Brüder, wir alle wären heute nicht hier, wenn wir nicht fähig wären, uns gelegentlich, aber systematisch schlecht zu fühlen.

Und wenn wir sämtliche negativen Gefühle nebeneinander aufreihen – Traurigkeit neben Verachtung neben Schuld –, taucht ein Gefühl als das häufigste und intensivste auf:

Reue.

Der Zweck dieses Buches ist, Reue aus ihrem Schattendasein zu führen – und Ihnen zu zeigen, wie Sie die vielen Stärken der Reue nutzen können, um bessere Entscheidungen zu treffen, bei der Arbeit und in der Schule bessere Leistungen zu erbringen und Ihrem Leben mehr Sinn zu verleihen.

Ich beginne mit dem Schattendaseinsprojekt. In Teil 1 – der dieses Kapitel und die nächsten drei umfasst – zeige ich auf, warum Reue wichtig ist. Ein Großteil dieser Analyse basiert auf umfassenden Forschungen aus den letzten Jahrzehnten. In den 1950er-Jahren, zur Zeit des Kalten Krieges, in der der Abwurf einer Atombombe und die damit einhergehende Vernichtung der Erde als der ultimativ bereuenswerteste Akt galt, begannen Teams aus Wirtschaftswissenschaftlern und Spieltheoretikern ihre Forschung zu diesem Thema. Einige von ihnen brachen mit der gängigen Sichtweise auf die Reue. Zu diesen Abtrünnigen zählten die inzwischen zu Legenden gewordenen Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky. Sie erkannten, dass ein schärferer Blick auf die Reue nicht nur ein besseres Verständnis risikoreicher Verhandlungen, sondern auch der menschlichen Psyche ermöglichte. In den 1990er-Jahren weitete sich das Fachgebiet noch mehr aus, und eine große Gruppe von Sozial-, Entwicklungs- und Kognitionspsychologen begann, das Innenleben der Reue zu erforschen.

Diese 70 Jahre Forschung lassen sich zu zwei einfachen, aber zwingenden Schlussfolgerungen zusammenfassen:

Reue macht uns menschlich.

Reue lässt uns besser werden.

Nachdem ich die Reue aus ihrem Schatten geholt habe, werde ich aufzeigen, woraus sie besteht. Teil 2, »Reue sichtbar machen«, stützt sich zum großen Teil auf zwei meiner eigenen umfangreichen Forschungsprojekte. Zusammen mit einem kleinen Team von Umfrageforschungsexperten entwarf und führte ich 2020 das American Regret Project durch, die größte je durchgeführte quantitative Analyse der Einstellung der Amerikaner zur Reue. Wir fragten 4498 Menschen, die eine repräsentative Stichprobe der US-amerikanischen Bevölkerung darstellten, nach ihrer Meinung und kategorisierten ihre Reue.11 Gleichzeitig starteten wir eine Website, den World Regret Survey (www.worldregretsurvey.com). Dort haben inzwischen mehr als 16 000 Menschen aus 105 Ländern dargelegt, was sie bereuen. Ich habe ihre Aussagen analysiert und mit mehr als hundert von ihnen anschließend Interviews durchgeführt. (Auf den Seiten zwischen den Kapiteln wie auch im Text selbst werden hier einige Teilnehmer des World Regret Survey zu Wort kommen und einen tiefen Einblick in ihre Erfahrungen geben.)

Auf der Grundlage dieser beiden großen Umfragen untersuchen die sieben Kapitel von Teil 2, was Menschen wirklich bereuen. Die wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema hat die Reue meist anhand der Lebensbereiche der Menschen kategorisiert – Arbeit, Familie, Gesundheit, Beziehungen, Finanzen usw. Doch unter dieser Oberfläche fand ich eine Tiefenstruktur der Reue, die über diese Bereiche hinausgeht. Fast alles, was wir bereuen, fällt in vier Kernkategorien – Reue in puncto Fundament, Mut, Moral und Bindungen. Diese Tiefenstruktur, die zuvor verborgen war, bietet neue Einblicke in die Conditio humana wie auch einen Weg zu einem guten Leben.

Teil 3, »Ein neuer Umgang mit Reue«, beschreibt, wie Sie das negative Gefühl der Reue in ein positives Instrument verwandeln können, um Ihr Leben zu verbessern. Sie werden lernen, wie Sie manches, was Sie bereuen, rückgängig machen und umdeuten können, um in der Gegenwart damit zurechtzukommen. Sie werden auch einen einfachen dreischrittigen Prozess erlernen, um einiges von dem, was Sie bereuen, auf eine Weise umzuwandeln, die Sie auf die Zukunft vorbereitet. Und ich werde erforschen, wie sich Reue antizipieren lässt, eine Verhaltensmedizin, die uns helfen kann, klügere Entscheidungen zu treffen, jedoch auch nicht ganz unbedenklich ist.

Wenn Sie bis zum Ende dieses Buches gelangt sind, werden Sie zu einem neuen Verständnis unserer unverstandensten Emotion gelangt sein, eine Reihe von Techniken kennengelernt haben, um in einer komplizierten Welt gut und erfolgreich zu leben, und ein tieferes Gefühl dafür entwickelt haben, wie Sie ticken und was das Leben lebenswert macht.

­

»Ich bereue es, meine Flöte verpfändet zu haben. Ich habe meine Flöte während der Highschoolzeit geliebt, aber als ich aufs College kam und pleite war, habe ich sie für dreißig Dollar verpfändet, und ich hatte leider nie das Geld, um sie wieder einzulösen. Meine Mutter hat damals so hart arbeiten müssen, um die Flöte überhaupt bezahlen zu können, und ich habe sie so sehr geliebt. Die Flöte war mein wertvollster Besitz. Ich weiß, es klingt albern, weil sie ein »Ding« ist, doch sie symbolisierte sehr viel mehr – die Unterstützung meiner Mutter, die ein Instrument kaufte, das wir uns eigentlich nicht leisten konnten, die unzähligen Stunden, die ich damit verbrachte, das Instrument spielen zu lernen, glückliche Erinnerungen an die Zeit in der Blaskapelle mit meinen engsten Freunden … Die Flöte verloren zu haben ist etwas, das ich nicht ändern kann, und ich träume immer wieder von ihr.«

—  Frau, 41, Alabama

»Ich bereue es, so überstürzt meine Frau geheiratet zu haben. Jetzt, drei Kinder später, ist es schwierig, die Zeit zurückzudrehen, und eine Scheidung würde alles kaputt machen und meinen Kindern zu weh tun.«

—  Mann, 32, Israel

»Als ich noch klein war, schickte meine Mutter mich immer zu einem kleinen Laden vor Ort, um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Ich ließ oft einen Schokoriegel mitgehen, wenn der Lebensmittelhändler nicht hinschaute. Das quält mich seit rund sechzig Jahren.«

—  Frau, 71, New Jersey