Die Kunst des achtsamen Miteinanders - Shoukei Matsumoto - E-Book

Die Kunst des achtsamen Miteinanders E-Book

Shoukei Matsumoto

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Beschreibung

Der studierte Wirtschaftswissenschaftler Shoukei Matsumoto kehrt in diesem Buch zurück zu seinen Wurzeln und zeigt, wie sich buddhistische Philosophie und moderne Arbeitswelt verbinden lassen. Er spricht sich gegen den gegenwärtigen Ellenbogen-Kapitalismus aus und entwickelt Strategien, wie gemeinschafliches, bewusstes Arbeiten und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können. Als vielleicht einziger Mönch, der auch im Forbes Business Magazine zitiert wird, liegt ihm daran, die Menschlichkeit in der Unternehmenswelt nicht abhanden kommen zu lassen und so ein friedvolles Miteinander zu schaffen.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 155

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Buch

Shoukei Matsumoto begibt sich mit uns zu den spirituellen Wurzeln des Volksbuddhismus. Er lädt uns ein, die Kunst des achtsamen Zuhörens zu erlernen und den Alltag mit neuen Augen zu sehen.

• Wir erfahren, wie wir die Prinzipien des Buddhismus in unser tägliches Leben integrieren können und welche Rolle Achtsamkeit dabei spielt.

• Die Erfahrungen des Autors inspirieren uns dazu die Bedeutung von echtem Zuhören zu erkennen.

• Die Praxis der Achtsamkeit bereichert nicht nur unsere zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern kann auch zu einem harmonischeren und friedlicheren Zusammenleben führen.

Eine Reise in die Welt der Stille und des Verständnisses für sich und die Gemeinschaft.

Autor

Shoukei Matsumoto wurde 1979 in Japan geboren und ist ein buddhistischer Mönch der Jodo Shinshu Tradition. Er wurde im Komyoji-Tempel in Tokio ordiniert, wo er praktiziert und lehrt. Matsumoto hat internationale Anerkennung für seinen modernen Ansatz zum Buddhismus erlangt, der traditionelle Praktiken mit den Herausforderungen des zeitgenössischen Lebens verbindet. Seine Lehren konzentrieren sich auf Achtsamkeit, Einfachheit und den Sinn des Lebens im Alltag. Er beschreibt seine Philosophie als »Volksbuddhismus« und betont, dass Spiritualität nicht auf Tempel beschränkt ist, sondern durch kleine, bedeutungsvolle Handlungen im Alltag gelebt werden kann.

SHOUKEI MATSUMOTO

Die Kunst des achtsamen Miteinanders

Was wir von buddhistischen Mönchen über Gemeinschaft lernen können

Aus dem Japanischen und Englischen von Wolfgang Höhn und Mariko Sakai

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden vom Autor und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber ausfindig zu machen, verlagsüblich zu nennen und zu honorieren. Sollte uns dies im Einzelfall aufgrund der schlechten Quellenlage bedauerlicherweise einmal nicht möglich gewesen sein, werden wir begründete Ansprüche selbstverständlich erfüllen.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Deutsche Erstausgabe August 2025

Copyright © 2024 der Originalausgabe: Shoukei Matsumoto

German translation rights arranged with Interbeing Inc. through Japan UNI Agency, Inc., Tokyo and Vicki Satlow of the Agency, srl.

Copyright © 2025 der deutschsprachigen Ausgabe: Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

[email protected]

(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR.)

Redaktion: Ralf Lay

Umschlag: Uno Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: alphabetMN / istock

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

LG ∙ CB

ISBN 978-3-641-32263-2V001

www.goldmann-verlag.de

Inhalt

Einleitung

Beschreibung der Charaktere

Kapitel 1 Der Volksbuddhismus

Lärm des Lebens

Was ist Glück bei der Arbeit?

Zuerst hören

Achtsames und aktives Hören

Ambient-Buddhismus

Der Finger, der auf den Mond zeigt

Kapitel 2 Morgendliches Treffen im Tempel

Hallo!

Die Wahre Person

Itadakimasu

Buddhas Gesang

Wie können wir gute Vorfahren werden?

Wandern und pilgern

Reinigen als Praxis der Achtsamkeit

Alles kann Praxis sein

Reinigung und Demut

Kein Lärm, kein Leben

Kapitel 3 Der Volksbuddhismus am Werk

Kein Job ist ein »Bullshit-Job«

Erneuerung, nicht nur Erhaltung

Wir sind »Intersein«

Kameradschaft als moralische Dimension

Putzen verbindet Menschen und Orte

Probleme lösen, ohne sie zu lösen

Vier Lebensabschnitte

Weniger Perfektionismus

Den Mittleren Weg leben

Die Zweckfalle

Was ist ein guter Dialog?

Emotionale Kompetenz durch Trauer erweitern

Dialog und Diskussion

Wie der Buddhismus Einsamkeit sieht

Gibt es »meine« Fähigkeit?

Die Fallstricke von Anreizen und Anhaftungen

Von kleinen Wünschen zu großen Zielen

Leben zwischen Gegensätzen

Das Unbekannte annehmen

Die Fallen des Altruismus

Glück für das Ganze

Unbeständigkeit als Kern der Entwicklung

Erwachen und Lebenszweck

Kapitel 4 Wir werden Buddha

Volksbuddhismus in der Krise

Hilflos

Sehnsucht nach dem ruhigen Reinen Land

Gautama Siddharta und Gautama Buddha

Gautama oder Buddha

Wer kann Buddha werden?

Nen-Buddhismus

Naam Aami Daab

Die mittlere Form

Die Geschichte des Buddha Amida

Wie einem unsichtbaren Buddha begegnen?

Die Polyfonie des »Interseins«

Vollständige Akzeptanz

Besinnung

Kapitel 5 Die Stimme hören

Ein hilfloser Narr

In den unumkehrbaren Strom eintreten

Ein Narr wie ich

Einmal oder mehrmals?

Offen für das Unbekannte

Medizin und Gift

Keine Schüler

Kein Selbst, kein Buddha

Die Stimme hören

Nachwort

Register

Anmerkungen

Einleitung

Wisch, wisch. Ein Bambusbesen fegt über die Straße und macht dabei ein sanftes, erfrischendes Geräusch. Aus der Haupthalle des Tempels hört man monotonen Sutra-Gesang. Wenn man über den Friedhof geht, scheint der Weihrauchduft die Stimmen der Verstorbenen zu tragen, so als sprächen sie auch jetzt noch zu uns. Im Tempelhof zwitschern die Spatzen und ihre Stimmen vermischen sich mit dem Geplauder der Besucher. Vielerlei Klänge und Stimmen erfüllen diesen Ort.

Hier, in diesen gewöhnlichen, alltäglichen Momenten, zeigt sich das, was ich »Volksbuddhismus« nenne – eine ins Alltagsleben integrierte Form des Buddhismus. Über die Hälfte meines Lebens habe ich diesen Buddhismus des Reinen Lands praktiziert. In seinem Zentrum steht das sogenannte Achtsame Hören. Haben auch Sie schon einmal Freude empfunden, während Sie Laub fegten und das sanfte Gezwitscher der Vögel oder das leise Rauschen des Windes wahrnahmen? Oder vielleicht still in Meditation gesessen und auf die sanfte Stimme in Ihrem Inneren gehört? Vielleicht haben Sie lautlose Momente in einer Kirche oder einem Tempel erlebt und die Präsenz von Göttern, Buddhas oder Ihrer Vorfahren gespürt, als würden sie direkt jenseits der Stille sprechen. Vollkommen präsent und offen für diese subtilen Stimmen im Hier und Jetzt zu sein, ist die Geisteshaltung, die wir als Volksbuddhisten schätzen.

In der heutigen Welt wird zu Hause wie auch bei der Arbeit viel über Kommunikation gesprochen. Wenn wir über Verständigung nachdenken, geht es in der Regel darum, wie wir unsere Gedanken zum Ausdruck bringen können. Bei echter Kommunikation gilt es jedoch nicht nur, eine Botschaft zu senden und zu empfangen – vielmehr soll eine Verbindung hergestellt werden. Das bedeutet, neben den Worten auch aufmerksam der Person hinter diesen Informationen zuzuhören. Wenn mehr Menschen Achtsames Hören praktizierten, würde unser Zusammenleben bereichert und die Welt wohl friedlicher werden.

Arbeit ist zu einem wesentlichen Bestandteil unseres Lebens geworden. Als Mentor für Führungskräfte habe ich vielen Menschen zugehört: jungen Mitarbeitern in Consultingfirmen, Fabrikarbeitern und Führungskräften aus aller Welt, die als Redner auftreten. Ich habe Menschen verschiedenen Alters mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Lebenswegen gelauscht.

Ich glaube, dass sich die Rollen eines Mönchs und eines Übersetzers gleichen. Nicht nur zwischen Sprachen wie Japanisch und Englisch, sondern auch als Interpret der Worte des Buddha für die moderne Zeit und als Brücke über die Kluft zwischen buddhistischen Lehren und der Sprache der Businesswelt.

Dieses Buch ist überwiegend als fiktiver Dialog zwischen zwei Personen geschrieben, die sich austauschen und aufmerksam einander zuhören. Das buddhistische Verständnis, das ich über viele Jahre hinweg erworben habe, sowie die Erkenntnisse aus der Arbeit mit Menschen, denen ich begegnet bin, spiegeln sich in diesen beiden Charakteren wider. Auch wenn es wie eine Geschichte aussieht, so ist doch jeder Teil aus selbst gesammelten, echten Erfahrungen und Erkenntnissen entstanden. Öffnen Sie nun Ihr Herz und hören Sie uns bei unseren Gesprächen zu!

Beschreibung der Charaktere

Geschäftsmann (Erzähler)

Ein Mann in den Vierzigern, der oft tiefgründig über den Sinn des Lebens nachdenkt. Da sein Großvater Tempelpriester war, fühlt er sich dem Buddhismus seit der Kindheit auf stille Weise verbunden. Er studierte westliche Philosophie und stieg zu einer Zeit ins Berufsleben ein, als es nur wenige Arbeitsplätze gab. Zunächst arbeitete er in einem kleinen traditionellen Betrieb, dessen überkommener Arbeitsstil ihm aber nicht zusagte, sodass er bald wieder kündigte. Nach seinem MBA-Abschluss gründete er mit einem befreundeten Informatiker ein eigenes Unternehmen für Unternehmens- und Personalentwicklung. Ihr Motto lautet: »Den Arbeitsalltag für die Menschen glücklicher machen«. Bei Treffen mit Führungskräften, Personalleitern und Mitarbeitern sucht er stets nach der Antwort auf die Frage, was es wirklich bedeutet, ein glückliches Arbeitsumfeld zu schaffen.

Tempelpriester

Ein Mönch in seinen Sechzigern, der in einem friedlichen Bergtempel lebt. Als junger Mann durchlief er eine strenge Mönchsschulung. Heute ist er bei allen Besuchern für sein sanftes Lächeln und seine herzliche Begrüßung bekannt. Der Tempel ist zwar schlicht, aber sorgsam gepflegt und bietet den Menschen aus der näheren Umgebung Stille und Geborgenheit.

Kapitel 1 Der Volksbuddhismus

Lärm des Lebens

Je nachdem, in welcher Stadt Sie unterwegs sind, können Sie möglicherweise Menschen mit lärmunterdrückenden Kopfhörern sehen. In einer so lauten Welt ist es nur natürlich, dass man sich vom Lärm abschotten und in seinen eigenen Kosmos flüchten möchte. Es scheint, als würden die Leute nach einem »Ort außerhalb von hier« suchen.

Lärm beschränkt sich jedoch nicht nur auf Akustisches. Noch bevor ich morgens aufstehe, wird mein Gerät mit Nachrichten, Mitteilungen und Updates überflutet. Wenn ich im Halbschlaf durch sie scrolle, lasse ich einen Strom von Informationen auf mich einwirken. Wir leben in einer Zeit, die von mehr »Informationslärm« als je zuvor erfüllt ist.

Würde sich alles verbessern, wenn wir einfach die Messaging-Systeme ausschalteten? Nicht wirklich, denn das Ignorieren von externen Geräuschen oder Warnungen bringt die innere Unruhe nicht zum Schweigen. Wenn wir aufmerksam sind, erkennen wir, wie laut unser internes »Geschwätz« ist – der endlose Strom von Gedanken und Wünschen: Ich brauche dies. Ich muss jenes tun. Was denken andere über mich? Diese inneren Geräusche, die sich unserer Kontrolle entziehen, sind vielleicht am schwierigsten zu kontrollieren.

Vielleicht wenden sich viele Menschen deshalb der Achtsamkeitsmeditation zu – in der Hoffnung auf einen kurzen Moment der Ruhe. Ursprünglich als Training für buddhistische Mönche praktiziert, wird Meditation heute zur Unterdrückung des Lebenslärms eingesetzt – als eine Möglichkeit, Ruhe in unser lautes, vom Lärm des Lebens erfülltes Umfeld zu bringen. Doch für diejenigen von uns, die von der täglichen Arbeit vereinnahmt sind und keinen ruhigen Tempel in Reichweite haben, ist es kein leichtes Unterfangen, sich auch nur für zehn Minuten in den meditativen Geisteszustand eines Mönchs zu begeben.

Was ist Glück bei der Arbeit?

Ich arbeite im Bereich Organisationsentwicklung und unterstütze dabei verschiedene Unternehmen bei der Verbesserung ihrer betrieblichen Performance und ihres Arbeitsklimas. Zu meinen Aufgaben gehören organisatorische Umstrukturierungen, Prozessoptimierung, Talentförderung und Teambildung. Mein Motto ist »Das Arbeitsleben für die Menschen glücklicher machen«.

Doch bin ich mit meiner eigenen Arbeit immer zufrieden? Nicht wirklich. In der heutigen Geschäftswelt wird das Wohlbefinden der Mitarbeiter anhand einer Vielzahl von Kennzahlen mit Begriffen wie »Human Capital Management« oder »Wellbeing Management« gemessen. Aber machen diese Strategien die Arbeitnehmer wirklich glücklicher?

Wir leben in einem Netz von Beziehungen. Wenn jemand mit psychischen Problemen zu kämpfen hat, liegt das oft nicht daran, dass er von Natur aus schwach ist, sondern seine vergangenen und gegenwärtigen Beziehungen ihn in schwierige Situationen bringen, denen er sich nicht so leicht entziehen kann. Zwar versuchen wir, die Fähigkeiten von Menschen mithilfe ausgeklügelter Indikatoren zu messen, doch jedes Individuum ist einzigartig und sein Zustand kann sich von einem Moment zum anderen ändern. Hören wir den authentischen Stimmen unserer Kollegen wirklich zu? Diese Frage stelle ich mir immer wieder.

Eines Tages ergab sich die Gelegenheit, für eine Projektarbeit in eine ländliche Gegend zu reisen.

Beim Blick aus dem mit 300 Kilometern in der Stunde dahinrasenden Shinkansen-Hochgeschwindigkeitszug verschwimmt die Landschaft rechts und links der Gleise wie abstrakte Kunst. Während wir uns bewegen, verändert der Berg Fuji in der Ferne langsam seine Form und zeigt uns verschiedene Gesichter. Ähnlich bedeutet das Leben in einer schnelllebigen urbanen Umgebung oft, dass wir vor lauter täglichem Lärm das wirklich Wichtige aus den Augen verlieren. Um wieder die richtige Perspektive zu bekommen, brauchen wir Raum zum Atmen – Zeit, einen Gang herunterzuschalten, Platz in unseren Terminkalendern zu finden und unseren Geist zu erfrischen.

An jenem Tag schlenderte ich nach Feierabend langsam zum Bahnhof. Bald darauf erblickte ich einen friedlich wirkenden Tempel auf einem Hügel und beschloss, dort einmal vorbeizuschauen.

Durch ein moosbewachsenes Tor und an einem kleinen Friedhof vorbei fand ich eine alte Holzbank neben einem Teich. Das Tempelgelände, hinter dem sich ein Berg erhob, lag inmitten der Natur. Unter klarem Himmel konnte ich die Vögel singen hören. Auf einem Schild stand handschriftlich: »Um 15:30 Uhr findet in der Haupthalle eine Dharma-Belehrung statt. Alle sind willkommen.« Es war 15:40 Uhr, also hatte der Vortrag vor zehn Minuten begonnen. Es schien mir eine gute Option zu sein, meinen Spaziergang zu beenden. Daher beschloss ich, mir einmal anzuhören, was der Mönch zu sagen hatte.

Leise schob ich die Tür zur Halle auf und sah zwei Reihen mit je drei Klappstühlen. Da saßen eine ältere Frau in Freizeitkleidung, vielleicht eine Spaziergängerin aus der Gegend, und ein Paar Backpacker, die wie Touristen aussahen, und schauten nach vorn. Der Mönch saß auf einem Klappstuhl, hinter ihm eine lebensgroße Buddhastatue. Nur in der ersten Reihe war noch ein Sitz frei. Etwas unsicher, aber neugierig, nahm ich dort Platz und versuchte, mich auf die Worte des Mönchs zu konzentrieren.

»Die Leute fragen oft: ›Warum können mich andere nicht verstehen?‹ Doch da unser aller Leben von unterschiedlichen Umständen geprägt wird, ist es nur natürlich, dass wir einander nicht vollständig verstehen können. Jeder von uns sieht die Welt auf seine Weise; das ist unser Ausgangspunkt. Da wir einander nicht ohne Weiteres begreifen können, kommt es darauf an, sich auf halbem Weg zu begegnen. Jeder denkt anders und selbst Eltern und Kinder verstehen die innere Welt des anderen nicht vollständig, ganz zu schweigen von uns selbst. Wenn wir in unserer Unvollkommenheit einen Moment der Verbindung finden – das Gefühl, verstanden zu werden –, dann ist das wirklich etwas Wunderbares und ein Grund zu feiern.«

Mit diesen Worten beendete der Mönch seine Ansprache.

Zuerst hören

»Herzlich willkommen und vielen Dank für Ihren Besuch. Ich bin der leitende Priester dieses Tempels. Wenn Sie Fragen haben, können Sie sie gern stellen.«

Ich war ein wenig verblüfft über diese direkte Aufforderung zu fragen.

»Wissen Sie, die Lehren des Gautama Buddha sind oft aus den Fragen der Leute hervorgegangen. Wenn ich es mir recht überlege, habe ich vielleicht eine Weile nur vor mich hin geredet.«

Da ich mir die Predigt eines Mönchs immer als langen, einseitigen Vortrag vorgestellt hatte, überraschte mich dieser offene, interaktive Ansatz.

»Tatsächlich hielt der Buddha viele Reden, um die Menschen zu führen. Der zugrunde liegende Ansatz, der manchmal als ›maßgeschneiderter Dharma‹ bezeichnet wird, bedeutet, die Lehre an die individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen jedes Zuhörers anzupassen. So wie ein Arzt zunächst seinen Patienten anhört und ein Stethoskop verwendet, um die Signale seines Körpers zu erkennen, begann auch der Buddha, der ›Große Arzt‹, wie er auch genannt wird, mit dem Hören. Er hörte zu, bevor er sprach.«

Auch heute noch sprechen wir in der Geschäftswelt über die Bedeutung des Hörens. Buddha begann also mit dem Hören statt mit dem Sprechen. Allerdings wissen wir kaum etwas darüber, wie die Lehren des Buddha vor 2500 Jahren wohl geklungen haben mögen. Welche Sprache hat er eigentlich für so viele Menschen mit ganz verschiedenen Hintergründen verwendet? Und wie hat er sich ohne Mikrofon vor Tausenden Gehör verschafft?

Das ist in der Tat ein Rätsel.

»Dazu gibt es eine faszinierende Idee, die ›One Sound Doctrine‹ genannt wird. Im Vimalakirti-Sutra heißt es: ›Der Buddha sprach in einem Ton und ein jeder verstand ihn auf seine Weise.‹«

Da Verständnis und Wachstum der Menschen von ihrer Geisteshaltung abhängen, könnte dieselbe wiederholte Lehre für jeden Einzelnen wie ein »maßgeschneiderter Dharma« wirken. Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht: Wenn wir dasselbe Buch Jahre später erneut lesen, können wir neue Erkenntnisse gewinnen, die uns bei der ersten Lektüre entgangen sind.

»Eine andere, gewagtere Interpretation legt nahe, dass der Buddha möglicherweise überhaupt keine gewöhnliche Sprache verwendet hat. Stattdessen könnte er kontinuierlich den heiligen Klang OM (AUM) gesungen haben.«

Das ist ein faszinierender Gedanke. Stellen Sie sich vor, dass der Buddha seine Botschaft nicht in der Alltagssprache, sondern durch einen einzigen heiligen Klang übermittelte. Jeder Zuhörer würde diesen reinen Klang dann auf Basis seiner eigenen Persönlichkeit und seiner Lebensumstände interpretieren. Ohne durch Worte eingeschränkt zu sein, würde der Klang selbst zur Lehre werden und es jedem ermöglichen, diese unabhängig von seiner Sprache zu empfangen.

»Die Lehren des Buddha wurden in unzähligen Sutras überliefert. Die meisten beginnen mit dem Satz ›So habe ich gehört‹. Und einige Sutras scheinen sich sogar zu widersprechen.«

Dies könnte bedeuten, dass der Buddha seine Lehren an jeden Zuhörer anpasste oder dass die Menschen denselben grundlegenden Klang verschieden wahrnahmen und ihn so zu unterschiedlichen Lehren formten. Die Vorstellung, dass die Welt durch die eigene Wahrnehmung des Betrachters geprägt wird, steht auch in Zusammenhang mit bestimmten westlichen philosophischen Ideen.

»Ohne moderne Technik haben die Jünger des Buddha seine Reden in schriftliche Form gebracht. Wenn wir Mönche heute diese Sutras rezitieren, dann ist das einen Art Versuch, die ursprüngliche Stimme des Buddha zum Leben zu erwecken.«

Früher habe ich mich gefragt, warum bei Beerdigungen Sutras rezitiert werden – lauter Worte, die ich nicht verstehen konnte. Aber wenn die Essenz eher im Klang als in der wörtlichen Bedeutung liegt, ändert sich meine Auffassung vom Rezitieren.

»Im Buddhismus war die direkte mündliche Überlieferung von Lehrer zu Schüler schon immer von besonderer Bedeutung, denn manche Dinge lassen sich nicht allein durch das geschriebene Wort erfassen. Wir Menschen leben nicht allein, sondern sind Beziehungs- oder interagierende Wesen. Der Buddhismus lehrt uns, wie wir mit anderen zusammenleben können, auch wenn wir sie nicht vollständig verstehen können. Buddhismus wird nicht allein in der Abgeschiedenheit der Berge praktiziert. Stets gehören auch lebende Gefährten dazu.«

Achtsames und aktives Hören

Auch unser aktuelles Gespräch ist eine Form direkter, mündlicher Überlieferung.

»Unser Tempel folgt dem Pfad des Nen-Buddhismus. Im Nen-Buddhismus praktizieren wir Achtsames Hören. Dabei geht es nicht allein darum, unsere Ohren zu benutzen – es gilt, unsere Herzen zu öffnen und der Person vor uns und diesem Moment selbst unsere volle Aufmerksamkeit zu schenken.«

Zen und Nen – wie unterscheiden sich Nen-Buddhismus und Zen-Buddhismus? Auch die beiden Laute und Schriftzeichen scheinen ähnlich zu sein.

»Der Zen-Buddhismus legt den Schwerpunkt auf shikantaza, was ›einfach sitzen‹ mit völliger Konzentration bedeutet. Dahinter steht der Gedanke, mit dem Akt des Sitzens, des Aufrichtens des Rückens und der Klärung des Geistes eins zu werden wie ein leeres Rohr, durch das alles frei fließen kann.

Im Gegensatz dazu könnte man den Kern des Nen-Buddhismus als ›einfach hören‹ beschreiben. Hier wird vor allem Wert darauf gelegt, von ganzem Herzen zu hören, nicht nur mit den Ohren, sondern indem wir unser Herz leeren und wie ein offenes Rohr werden, das den Klang vollständig aufnimmt. Das bezeichnet man als wahres Hören.«

Im Japanischen gibt es den Ausdruck »dem Duft lauschen«; und das bedeutet, das Riechen als eine Art akustischen Wahrnehmens zu genießen.

»Die Menschen nehmen alles als Ganzes wahr und trennen nicht zwischen Sehen, Hören und Rie