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Aufgrund ihrer hohen Feinfühligkeit stellt die Liebe für empathische Menschen nicht nur das größte Glück auf Erden dar, sondern kann auch seelische Verletzungen hervorrufen. Für das empathische Wesen ist es infolgedessen wichtig, mit der Liebe keinen Schiffbruch zu erleiden. Dieses Buch zeigt auf, wie Sie positive Liebeserlebnisse mehren und zugleich leidvolle aus Ihrem Leben nachhaltig verbannen können. Insgesamt erhalten Sie ein Grundlagenwerk zu allen Facetten der empathischen Liebe. Luca Rohleder schildert einen persönlichen Wachstumsprozess, den er in verschiedene Lebensphasen aufteilt. Dabei beginnt er schon mit der empathischen Prägung kurz nach der Geburt, veranschaulicht dann die ersten Liebeserfahrungen und endet mit der Liebe im fortgeschrittenen Alter. Durch diese Beschreibung unterschiedlicher Liebesphasen wird deutlich, dass das Leben vieler empathischer Menschen auffällig oft Parallelen aufweist, wenn es um glückliche oder auch unglückliche Momente der Liebe geht. Mithilfe eines vom Autor entwickelten alternativen psychologischen Erklärungsmodells werden Sie sich selbst, Ihren Partner sowie Ihre Liebesbeziehungen besser verstehen lernen und die Geheimnisse der Liebe werden Ihnen offenbar.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die Liebe empathischer Menschen, Luca Rohleder
3. Auflage, E-Book-Ausgabe, © 2025 dielus edition Leipzig
dielus edition, Bosestraße 5, 04109 Leipzig, [email protected], Impressum siehe auch: www.dielus.com
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Grafiken „Herz“, Innenteil:
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Printed in Germany
ISBN 9783819408571
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.
Wer genug Mut hat,kann das Morgen an sein Schicksal verschenken.
Wer das Morgen an sein Schicksal verschenkt,kann sein Herz von Sorgen befreien.
Wer ein von Sorgen befreites Herz hat,kann sich selbst lieben.
Wer sich selbst liebt,kann andere lieben.
Wer andere liebt,wird auch das Leben lieben.
Wer das Leben liebt,wird genug Mut haben,das Morgen an sein Schicksal zu verschenken.
Luca Rohleder
Es könnte unbequem werden ...
1 Die prägende Phase
1.1 Die zugrunde liegenden Thesen
1.2 Die Empathie
1.3 Das empathische Liebesideal
1.4 Der Wachstumsprozess
2 Die vergeistigte Phase
2.1 Das empathische Liebesparadoxon
2.2 Partnerschaft
2.3 Fazit
3 Die überlastende Phase
3.1 Leidenschaft
3.2 Langeweile
3.3 Fazit
4 Die lebensverneinende Phase
4.1 Liebessucht
4.2 Liebesersatz
4.3 Liebesaus
4.4 Fazit
5 Die erwachende Phase
5.1 Loslassen
5.2 Rückschau
5.3 Spiegelbild
5.4 Roter Faden
5.5 Innere Führung
5.6 Fazit
6 Die erlösende Phase
6.1 Authentizität
6.2 Lebenslust
6.3 Handlungsfähigkeit
6.4 Verständnis
6.5 Fazit
7 Die liebende Phase
7.1 Emotionale Sicherheit
7.2 Zauberkraft
7.3 Liebesbeziehung
7.4 Fazit
Exkurs Quantenphilosophie
Dieses Buch bezieht sich auf empathisch veranlagte Menschen. Es wird sich zeigen, dass genau diese empathische Begabung dafür verantwortlich ist, dass das Liebesleben einige Besonderheiten für diese Zielgruppe bereithält. Dabei gilt: Je größer das empathische Talent ausgeprägt ist, umso extremer werden auch die Auswirkungen der empathischen Liebesprinzipien ausfallen.
Allerdings gibt es keinen klar definierten Grad der Empathie. Die Übergänge sind schleichend. Manche Menschen sind dahingehend außergewöhnlich stark veranlagt, andere in einer herkömmlichen Weise. Da ich aus der Ferne den Level der Empathie nicht bewerten kann, muss ich also einen Spagat machen. Schließlich soll die komplette Bandbreite bezüglich der jeweiligen empathischen Fähigkeiten angesprochen werden. Damit sind mit diesem Buch natürlich auch hochsensible Personen angesprochen. Falls Ihnen dieser Begriff nichts sagt, Hochsensibilität ist nichts anderes als eine Extremform der Empathie (im Sinne des Einfühlungsvermögens).
Nichtsdestotrotz werde ich alle Leser mit „empathische Menschen“ (Kürzel: „EM“) ansprechen, unabhängig davon, ob sie mit extrem hoher Empathie gesegnet sind oder ob sie eine übliche Ausprägung der Empathie besitzen. Sie müssen lediglich darauf achten, manche meiner Ausführungen ein wenig zu relativieren. Sie haben also meine Worte in Bezug zu Ihrer persönlichen Ausprägung der Empathie abzuwägen. Manchmal müssen Sie einige Schlussfolgerungen für Ihre persönliche Situation etwas abschwächen, das andere Mal müssen Sie diese in der Bedeutung etwas verstärken. Aber keine Sorge, die grundsätzlichen Prinzipien der empathischen Liebe werden unverändert bleiben.
Des Weiteren werde ich darauf verzichten, die männliche und weibliche Anrede konsequent durch das ganze Buch hindurch beizubehalten. Das würde den harmonischen Lesefluss zu sehr reduzieren, schließlich geht es bei Ausführungen über die Liebe permanent um die männliche und weibliche Form. Weniger Unterscheidungen zu machen, hat im Übrigen auch den Vorteil, dass insbesondere homosexuelle Leser nicht dauernd umdenken müssen. Wenn ich also beispielsweise den Begriff „Partner“ verwende, dann meine ich beide Geschlechter.
Grundsätzlich beruht dieses Werk auf meiner über 25-jährigen Erfahrung als Coach und Berater. Ich bin dahingehend zwar aktiv nicht mehr tätig, dennoch kann ich sicher auf Tausende von Gesprächen und Seminarteilnehmern zurückblicken. Meine Beratungsschwerpunkte waren im Laufe der Jahre recht unterschiedlich und betrafen eigentlich nie explizit das Thema Liebe. Es war jedoch immer ein ganz bestimmtes Phänomen zu beobachten: Unabhängig davon, welche Beratungsthemen im Vorfeld vereinbart wurden, es lief ungewöhnlich oft auf die Liebe hinaus. Schnell kam der Ehealltag und so manches Liebesdrama auf den Tisch. Ebenso Themen wie Scheidung, Betrugstragödien, Rosenkriege usw.
Wenn Sie sich als Berater über zwanzig Jahre mit Menschen über höchst existenzielle Themen unterhalten, sammeln Sie ein enormes Wissen über Lebensumstände an, die mit der Liebe eng verwoben sind.
Darüber hinaus bringe ich natürlich auch meine persönlichen Lebenserfahrungen mit ein. Scheinbar steht mein gesamtes Leben unter dem Stern der Liebe. Mir fallen manchmal keine Erlebnisse mehr ein, die ich in der Liebe nicht machen musste, durfte oder konnte. Neben unbeschreiblichen Glücksgefühlen durfte ich aber auch viele Irrwege und Umwege gehen. Sicher musste ich auch einige schwere seelische Verletzungen hinnehmen.
Im Nachhinein stellte sich jedoch immer heraus, dass alles seinen Sinn hatte. Schließlich führte die Summe all dieser unterschiedlichen Blickwinkel, Erfahrungen und Lebenssituationen dazu, dass sich mir die Geheimnisse der Liebe lüfteten und letztendlich in dieses Buch mündeten. Dabei gibt es allerdings einen kleinen Haken.
Die Liebe stellt sich in der Realität oft nicht so dar, wie wir das aus Hollywoodfilmen oder aus Liebesromanen gewohnt sind. Es gibt auch eine unangenehme, nüchterne Seite der Liebe. Das werde ich Ihnen natürlich nicht vorenthalten. Es könnte also manchmal etwas unbequem für Sie werden. Ihre Fähigkeiten zur Einsicht und Selbsterkenntnis sind in diesem Buch sicher gefordert.
Ich werde an manchen Stellen sogar ziemlich direkt unbequeme Wahrheiten aussprechen, da die Liebe speziell für empathische Menschen nicht immer nur das größte Glück auf Erden bedeutet. Insbesondere unglückliche Liebesbeziehungen können bei der empathischen Zielgruppe großes Leid auslösen. Dies kann so weit gehen, dass der Alltag nicht mehr zu meistern ist und sogar psychische Einschränkungen die Folge sind. Schließlich tragen empathisch veranlagte Personen eine hohe Verletzlichkeit in sich.
Infolgedessen wird dieses Buch die Liebe nicht sentimental verklärt beschreiben, sondern auch die Kehrseite der Medaille zum Inhalt haben.
Ich habe lange überlegt, ob es unbedingt notwendig ist, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Zumal mir sehr bewusst ist, dass besonders diejenigen ziemlich empfindlich reagieren könnten, die sich gerade in einer schwierigen Lebenskonstellation befinden, in einer Liebestragödie feststecken oder ein altes Liebestrauma nicht überwinden können. In solchen Lebenssituationen ist es sicher nicht leicht, sich realitätsnahen Einsichten zu widmen.
Muss da wirklich jemand kommen und Klartext reden? Ausgerechnet bei einem solchen hochemotionalen Thema? Ist das unbedingt notwendig? Wäre es nicht schöner, unsere sentimentalen Träume über die Liebe unberührt zu lassen, sodass wir weiter hoffen können?
Sicher bietet die Liebe höchstmögliche romantische Erlebnisse. Aber dennoch kann uns die Liebe auf gefährliche Weise schwere seelische Verletzungen zufügen. Es ist infolgedessen zu wichtig für unser Leben, dass wir mit der Liebe keinen Schiffbruch erleiden, sondern auch Realitäten ins Auge sehen. Schließlich beeinflusst nichts unsere Lebensqualität mehr als unsere Liebesbeziehungen.
Damit ist das Ziel klar benannt. Aber keine Sorge, ich werde Ihnen selbstverständlich durch diesen Ratgeber auch vermitteln, wie Sie fantastische Liebeserlebnisse mehren können. In der Hauptsache wird es aber darum gehen, die unangenehmen Seiten der Liebe endgültig aus Ihrem Leben zu verbannen.
Ich werde Ihnen dazu einen persönlichen Wachstumsprozess vorschlagen, der aus verschiedenen Lebensphasen besteht. Schritt für Schritt werden Sie nicht nur erleben, wie Sie sich mehr und mehr vor seelischen Verletzungen schützen, sondern auch, wie Sie noch mehr Liebe in Ihr Leben tragen können.
Machen Sie sich also auf den Weg, es lohnt sich. Ich lade Sie ein, mit mir gemeinsam eines der größten Geheimnisse des menschlichen Daseins zu erkunden.
Luca Rohleder
(www.lucarohleder.com)
EMPFEHLUNG ZUR HANDHABUNG DIESES BUCHS
Beim Lesen gibt es eine kleine Herausforderung zu meistern. Wie bereits angedeutet, besteht der Aufbau dieses Buchs aus der Beschreibung unterschiedlicher Lebensphasen. Wenn Sie also gerade am Lesen sind, sollten Sie gedanklich nie vergessen, wo sie sich chronologisch gerade befinden. Das heißt, alle getroffenen Aussagen dürfen niemals pauschal für Ihr ganzes Leben aufgefasst werden, sondern betreffen ausschließlich diejenige Lebensphase, die gerade erläutert wird. Besonders die jetzt gleich folgende Prägephase wird eine Zeit in Ihrem Leben betreffen, an die Sie sich wahrscheinlich bewusst nicht mehr erinnern werden können. Aber auch so manche nachfolgenden Lebensphasen werden für viele Leser*innen längst zur Vergangenheit gehören und sie daher in ihrer aktuellen Lebens- und Liebessituation nicht mehr betreffen.
Erst durch die Betrachtung unterschiedlicher Lebensphasen werden Ihnen die erstaunlichen Parallelen bei Liebesbeziehungen von empathisch veranlagten Menschen auffallen. Wir beginnen hier mit der allerersten Phase Ihres Lebens – der „prägenden Phase“. Es geht um den Zeitpunkt, als Sie das Licht der Welt erblickten. Was ist da wohl passiert, damit Sie im Laufe Ihres Erwachsenenlebens diese beneidenswerte Fähigkeit der Empathie entwickeln konnten?
Obwohl mittlerweile Empathie in der Umgangssprache oft mit einer Art sozialer Kompetenz gleichgesetzt wird, möchte ich dennoch auf die eigentliche Bedeutung von Empathie explizit hinweisen. Für Empathie ist im „Dorsch – Lexikon der Psychologie, Hogrefe Verlag, Göttingen 2017“ folgende Definition zu finden:
„Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. Allgemeinsprachliche Begriffe sind Mitgefühl und Einfühlungsvermögen.“
Darüber hinaus existieren in der Fachwelt weitere zahlreiche Interpretationen, was Empathie alles bedeuten könnte. Ich habe mich also zu entscheiden, damit wir für dieses Buch die gleiche Sprache sprechen. Zudem möchte ich nicht etwas unnötig verkomplizieren. Zumindest für diesen Ratgeber werde ich bei der oben genannten Definition bleiben und unter Empathie Folgendes verstehen:
Empathie ist das Talent zum Einfühlungsvermögen und Mitgefühl.
Empathen (eigentlich richtig: Empathiker) besitzen also die Charaktereigenschaft, das vollständige Wesen eines anderen Menschen wahrzunehmen. Erst dadurch ist der Akt, sich in ein Gegenüber einfühlen zu können erst überhaupt möglich. Erst wenn ich jemanden tatsächlich spüre, habe ich alle Informationen über seine Gefühlslage. Dies ist auch der Unterschied zwischen empathischen und nicht-empathischen Menschen. Empathen erfühlen praktisch das Gegenüber, wohingegen Nichtempathen es nur kognitiv, als nur faktisch, wahrnehmen können.
Man könnte Empathen auch Empfänger-Typen nennen. Ihre feinen emotionalen Antennen sind derart weit ausgefahren, dass auf ihr Nervensystem permanent subtile Informationen über Umwelt und Umfeld einprasseln. Beginnen wir nun mit der Ursachenforschung.
Ihre Prägung zur Empathie beginnt im Bauch Ihrer Mutter.
Fakt ist, zum Zeitpunkt der Geburt eines Menschen ist das neuronale Netzwerk seines Gehirns noch nicht vollständig verknüpft. Es gleicht einer unbeschriebenen Festplatte. Und zu diesem frühen Zeitpunkt beginnen wir, etwas mehr Licht in die Gabe der Empathie zu bringen. Weil es jedoch zu den Themen der Charakterbildung und Gehirnentwicklung, wie bei nahezu allen Themen der Psychologie, Pädagogik und Neurologie, höchst unterschiedliche Thesen in der Fachwelt vertreten werden und sich zudem das Gros der Gelehrten eher streitet, als sich auf einen gemeinsamen Nenner zu einigen, ist es jetzt erst einmal wichtig zu erfahren, welchen wissenschaftlichen Thesen dieses Buch im Weiteren folgt.
Damit liegen ein paar wenige Seiten etwas trockener Definitionsarbeit vor uns. Dies ist aber sehr wichtig, damit später keine Missverständnisse entstehen. Aber keine Sorge, danach geht der Text schnell in das Thema Liebe über.
Ich stelle Ihnen zunächst ein psychologisches Erklärungsmodell vor. Es wird die Grundlage für alle weiteren Ausführungen sein. Ich hatte es bereits in „Die Berufung für Hochsensible“ vorgestellt. Wer dieses Buch bereits gelesen hat, kann die folgenden Seiten getrost überspringen und gleich zum Kapitel 1.2 übergehen.
Dieses Erklärungsmodell hatte ich ursprünglich für Hochsensible entwickelt. Da das Wesensmerkmal der Hochsensibilität den gleichen qualitativen Prinzipien, wie die Empathie folgt, ist es mehr als naheliegend, dieses Modell weiter zu verwenden. Die einzige Änderung, die ich vorgenommen habe, ist, auf die Erklärung hochsensibler Extreme zu verzichten. Das Modell passt dadurch grundsätzlich auf alle empathischen Menschen.
Dieses von mir entwickelte Drei-Ich-Modell nach Rohleder© baut zunächst auf der Annahme auf, dass Ihr Ego aus mehreren ICHs besteht. Eines ist dabei dem Inneren Kind gleichzusetzen.
Das ist zunächst nichts Neues: Die Philosophie des Inneren Kindes gehört ursprünglich zu einer Betrachtungsweise innerer Erlebniswelten, die durch Bücher von John Bradshaw (* 1933 – † 2016) sowie Erika Chopich/Margaret Paul bekannt wurden. Zusätzlich ist das Innere Kind Bestandteil der Transaktionsanalyse, die Mitte des 20. Jahrhunderts durch den amerikanischen Psychiater Eric Berne (* 1910 – † 1970) begründet wurde.
Das Innere Kind symbolisiert damit das ganze Gefühlsspektrum, wie zum Beispiel unbändige Freude, Glück, Neugierde, aber auch Wut, Angst, Traurigkeit etc. Das Innere Kind umfasst alles innerhalb des Bereichs von Sein, Fühlen und Erleben, was speziellen Gehirnarealen zugeordnet wird. Zusätzlich taucht ein zweites Ich auf. Es wird dabei modellhaft angenommen, dass das Ego noch ein inneres Erwachsenen-Ich enthält.
Es existiert jedoch auch noch die Gedankenwelt der Psychoanalyse von Sigmund Freud. In seiner Metapsychologie („Das Ich und das Es“, 1923) unterscheidet Freud nicht zwei, sondern drei „Instanzen“ des psychischen Apparats: Das ES (unser Inneres Kind), die naturnahe Triebinstanz, das ICH (unser Erwachsenen-Ich) und das Über-Ich. Ich werde dieser Idee der Dreiteilung folgen und ebenso ein weiteres Ich einführen. Es wird von mir allerdings nicht als „Über-Ich“, sondern als HÖHERES-ICH bezeichnet.
Darüber hinaus werde ich das „Innere Kind“ durch den Begriff NEUGEBORENEN-ICH ersetzen. Die Begründung für diese Namensänderung liefere ich Ihnen in den nächsten Kapiteln nach. In der Summe besteht also das Drei-Ich-Modell nach Rohleder© aus folgenden drei Anteilen:
1. NEUGEBORENEN-ICH (NI)
2. ERWACHSENEN-ICH (EI)
3. HÖHERES-ICH (HI)
Im Übrigen bauen unzählige andere Publikationen und Theorien über das menschliche Wesen ebenso auf einem „Über-Ich“ bzw. auf ein HÖHERES-ICH auf. Dabei wird es oft als unser Selbst bezeichnet. Dieser Begriff wird uns gegen Ende dieses Werks noch näher beschäftigen. Zunächst aber gehen wir weiter mit den zugrunde liegenden Thesen dieses Buchs. Beginnen wir mit der näheren Erläuterung Ihres ersten Ichs.
Es wird sich herausstellen, dass Sie kein typisches Inneres Kind in sich tragen. Vielmehr wird es Merkmale aufweisen, die eher einem Neugeborenen zugeschrieben werden. Um dies anschaulich herleiten zu können, beginne ich zunächst mit der Beschreibung der traditionellen Philosophie. Schauen wir uns erst einmal an, welche grundlegenden Bedürfnisse Kinder haben:
○ Kinder möchten spielen, toben und Spaß haben.
○ Kinder möchten lernen und erleben.
○ Kinder möchten sozial eingebunden sein, Freunde finden und geliebt werden.
○ Kinder möchten beschützt und versorgt sein.
In der Regel sind die Kindheit und Jugend die schönsten Phasen des Lebens. Dennoch werden die meisten Menschen früher oder später gezwungen sein, sich einem Erwachsenenleben zu stellen.
Spätestens, wenn die Gründung einer Familie ansteht, sind neue Herausforderungen der Persönlichkeitsentwicklung zu meistern. Die Realität klopft praktisch an die Tür. Die Elternpflicht ruft und neue Aufgaben bestimmen nun den Alltag. Was Menschen als Kind (hoffentlich) erhalten haben, müssen sie jetzt als Erwachsene ihren Nachkommen zurückgeben:
○ Erwachsene schaffen für ihre Kinder Spielmöglichkeiten, Abwechslung und freudige Erlebnisse.
○ Erwachsene schicken sie zur Schule, lehren und erziehen sie.
○ Erwachsene geben ihren Kindern Liebe und sorgen für soziale Einbindung.
○ Erwachsene bieten Kindern Struktur, Halt, Schutz sowie räumliche und finanzielle Sicherheit.
Die Aktivitätsrichtung hat sich verkehrt. An die Stelle des Nehmens tritt nun das Geben. Diese elementaren Entwicklungsprinzipien betreffen praktisch jeden heranwachsenden Menschen. Die kindliche Persönlichkeit wird aber nicht einfach ausgetauscht, sondern lediglich ergänzt. So bleibt ein Stück Kindheit als Bestandteil eines jeden Menschen immer erhalten. Dies offenbart sich darin, dass auch Erwachsene typische Bedürfnisse von Kindern in sich tragen. Sie werden ab einem bestimmten Lebensalter nur anders bezeichnet:
○ Erwachsene wollen Neues erfahren, Experimente durchführen oder Abenteuer erleben (spielen, Spaß haben).
○ Erwachsene erlernen einen Beruf, bilden sich fort und machen Lebenserfahrungen (lernen und erleben).
○ Erwachsene gehen Freundschaften und Partnerschaften ein oder heiraten (Liebe und soziale Einbindung).
○ Erwachsene schaffen Wohnraum, verdienen Geld und sorgen für finanzielle Reserven (Schutz und Sicherheit).
Das heißt, wenn Sie das Wesen und die Bedürfnisse von Kindern allgemein beschreiben und diese in die Erwachsenensprache übertragen, erhalten Sie gleichzeitig die Definition des Inneren Kindes. Dieses erste ICH Ihres Egos entspricht Ihren emotionalen Grundbedürfnissen. Das Innere Kind repräsentiert damit die komplette Bandbreite Ihrer Gefühle.
Diese Philosophie passt jedoch nicht ganz zu empathischen Menschen. Speziell in Ihrem Fall wird sich zeigen, dass nicht das Beschreiben von herkömmlichen Kindern zu Ihrem spezifischen emotionalen Naturell führen wird, sondern die Untersuchung eines solchen Kindes, das sich noch in der Lebensphase kurz nach der Geburt befindet. Es werden grundsätzliche Bedürfnisse von Babys sein, die Licht in die geheimnisvolle Welt der Empathie bringen werden.
Ihr Inneres Kind ähnelt eher einem Inneren Baby.
Im Laufe des Buchs werde ich die Hintergründe dieser These noch umfangreich herausarbeiten. Eines kann ich aber jetzt schon verraten: Ausschließlich die Tatsache, anstelle eines üblichen Inneren Kindes ein praktisch hilfloses NEUGEBORENEN-ICH in sich zu tragen, ist die elementare Voraussetzung, damit Ihr entscheidendes Wesensmerkmal der Empathie entstehen konnte.
Bevor wir auch dies näher untersuchen, steht jedoch erst einmal die Beschreibung Ihres zweiten ICHs an. Dieses werden Sie wahrscheinlich am besten von den drei Instanzen Ihrer Psyche kennen. Es ist nämlich gerade dabei, diese Zeilen zu lesen.
Der zweite Teil Ihrer Persönlichkeit entspricht praktisch Ihrem Intellekt. Sie können ihn auch als Ihren Verstand bzw. weite Teile Ihres Großhirns bezeichnen.
Ihr ERWACHSENEN-ICH (EI) ist manchmal schwierig von Ihrem NEUGEBORENEN-ICH abgrenzbar. In Ihrem Kopf kommen schließlich auch alle Gefühle an, die Sie erleben (Freude, Verwunderung, Trauer, Wut, Angst etc.). Ihr Gehirn ist demnach einem ziemlich diffusen Brei von Gefühlen, Reizen und Informationen ausgesetzt. Dennoch können Sie sich Ihr ERWACHSENEN-ICH so vorstellen, dass es aus den Prinzipien Erkennen, Verarbeiten und Handeln besteht. Alles, was mit dem Verarbeitungsprozess Ihres Hörens, Sehens, Riechens, Sprechens, Schmeckens, Bewegens etc. zu tun hat.
Wenn Menschen von ihrem ICH bzw. Ego sprechen, meinen sie in der Regel ihr EI. So möchte ich es in diesem Buch auch halten. Wenn ich Sie hier anspreche, meine ich also Sie als Ihr EI.
Ihr EI ist infolgedessen der Teil Ihres Wesens, der gerade irgendwo sitzt oder liegt und diese einzelnen Buchstaben verarbeitet, um daraus aussagekräftige Informationen entstehen zu lassen. Gleichzeitig können Sie dabei ein Gespür für Ihr NI entwickeln. Das NI wird währenddessen in Ihnen Gefühle aufsteigen lassen.
Was empfinden Sie, während Sie das hier Geschriebene lesen? Dasjenige Gefühl, das jetzt in Ihnen aufsteigt, ist Ihr NI (Neugierde, Freude etc.). Wenn Sie aber unbequem sitzen oder Ihre Kleidung zwickt, nennt man dieses Unwohlsein umgangssprachlich zwar auch Gefühl („Ich fühle ein Drücken an meinem Rücken.“), jedoch sind dies nur Informationen Ihrer fünf Sinne. In dem Moment spricht wieder Ihr EI zu Ihnen.
Jeden Tag, Stunde um Stunde, Sekunde für Sekunde, prasseln Nervenreize auf Sie ein. Die Gefühle Ihres NIs („Ich habe Angst, dass er mich nicht liebt“) sowie die vielen Reize Ihrer körperlichen Sinne wie Sehen („Was für eine wunderschöne Frau“), Hören („Dieses verdammte Schnarchen“), Riechen („Sie duftet toll“), Spüren („Er hat aber eine zarte Haut“), Schmecken („Schokolade, wunderbar!“) sowie die Koordination Ihrer Muskeln („Diese elenden Wadenkrämpfe beim Sex“).
Und zu guter Letzt wird in Ihrem Gehirn der ganze Gedanken- und Gefühlssalat mit Erinnerungen („Wahrscheinlich endet das wieder so wie das letzte Mal“) und Neurosen („Hoffentlich schaut er mir auf dem Weg ins Bad nicht nach“) verglichen, verknüpft und weiterverarbeitet. Hinzu kommen natürlich die unzähligen Gedanken an eine mögliche Zukunft, wie Vorstellungen bezüglich künftiger Risiken und Möglichkeiten, Pläne, Termine und, und, und.
Das passiert im Prinzip im Kopf eines jeden Menschen. Was Sie jedoch von nicht-empathischen Personen deutlich unterscheidet, ist die Tatsache, dass Sie zwar ebenso Ihre fünf Sinne nutzen, dabei aber in der Hauptsache eine zusätzliche Informationsquelle besonders intensiv zurate ziehen. Jetzt kommt Ihr drittes ICH ins Spiel.
Ich möchte gleich zu Anfang betonen, dass Ihr HI ein Teil von Ihnen ist. Sie werden also keine Stimmen hören, die Ihnen sagen, was zu tun ist. Ebenso werden Sie Ihr drittes ICH nicht durch Meditation oder durch sonstige intellektuelle Anstrengungen anzapfen können. Ihr HI ist nur eine weitere Funktion Ihres Gehirns. Während das EI eher eine ausführende Funktion innehat (zum Beispiel Tun, Unterlassen, Planen, Koordinieren), übernimmt das HI eher eine lenkende Aufgabe.
Ihr HÖHERES-ICH ist eine Art innerer Führer.
Man könnte Ihr HI auch als Ihre Intuition, Ihre Instinkte, Ihren Riecher oder Ihren sechsten Sinn bezeichnen. Also etwas, was sich nicht so einfach faktisch greifen lässt. Ihr sechster Sinn, also Ihr HI, kann Sie nicht nur Menschen richtig einschätzen lassen, sondern Sie auch unbewusst an die richtigen Orte führen. Meist wird Ihnen dann erst im Nachhinein klar, dass es wohl kein Zufall war. Dann war Ihr HI am Werk. Durch Ihre Empathie haben Sie ganz einfach einen guten Riecher für alles. Es wird sich noch im Folgenden herausstellen, dass dieser dritte Teil Ihres Egos ein sehr dominanter Charakterzug Ihrer Persönlichkeit ist.
Denkt man über das bisher Geschriebene intensiver nach, stellt sich schnell eine entscheidende Frage:
Woher nimmt das HI diese Informationen, um den richtigen Weg einschlagen oder andere richtig einschätzen zu können?
Man muss unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass Ihr Gehirn mit etwas verbunden sein muss, das Ihnen sozusagen aus der Vogelperspektive Hinweise zur Verfügung stellt, die Sie durch bloßes Nachdenken nicht generieren können.
Es muss in der Folge mit allem Sein verbunden sein, um überhaupt sinnvoll arbeiten zu können. Wenn bei Ihnen bestimmte Ahnungen über Personen, Dinge oder sonstige Umstände aufsteigen, dann muss Ihr HI damit auch verbunden sein – zumindest in indirekter Weise. Es muss also ein Medium existieren, das alles miteinander verknüpft.
Da sich die Menschheit seit Jahrtausenden darüber streitet, was dieses übergeordnete Medium genau sein könnte, werde ich natürlich ebenso nicht aller Weisheit Schluss präsentieren können. Trotzdem muss ich diese geheimnisvolle Welt sprachlich irgendwie definieren, ohne Gefahr zu laufen, Ihnen eine bestimmte Lebensphilosophie, Glaubensrichtung oder Weltanschauung unterschieben zu wollen. Ich habe mich daher auch in diesem Ratgeber dazu entschlossen, einen Allroundbegriff zu verwenden. Er soll exemplarisch für eine höhere Informationsquelle stehen, auf die Ihr Gehirn mittels des HI zugreifen kann:
Ihr HÖHERES-ICH greift auf eine UNSICHTBARE WELT zu.
Und jetzt an dieser Stelle verlassen wir recht schnell die Welt der Fakten und Beweise – zumindest aus der Sicht der akademischen Lehrmeinung der Neurologie, Psychiatrie oder Psychologie. Die Lehrkörper an den Universitäten bestreiten vehement, dass es ein Medium gibt, auf das alle Menschen, Tiere und Pflanzen nicht nur zugreifen, sondern über das sie auch kommunizieren können.
Allein unser gesunder Menschenverstand (sowie einzelne Forschungsinstitute) weiß es natürlich besser. Alle, die schon einmal unsäglich verliebt waren, wissen sehr wohl, dass man mit dem anderen auf eine gewisse Art auch seelisch verbunden ist. Auch dann, wenn beide tausende von Kilometer voneinander entfernt sind. Es ist also unabdingbar, kurz auf diese UNSICHTBARE WELT einzugehen.
Um zu verstehen, dass besonders empathische Menschen über mehr Zusatzinformation über Umwelt und Umfeld verfügen als andere Personen, kann es nur eine Erklärung geben.
Vergleichbar mit Ihrem Rechner zu Hause, der sich über das Internet theoretisch mit allen anderen Computern der Erde verbinden könnte, ist auch Ihr HI in der Lage, mit HIs anderer Menschen in Kontakt zu treten. Die UNSICHTBARE WELT könnte man also auch als das World Wide Web der geistigen Art bezeichnen.
Das HÖHERE-ICH ist eine Art geistiges WLAN, das die Verbindung zur UNSICHTBAREN WELT herstellt.
Ihr HI ist vergleichbar mit Ihrem Rechner oder Smartphone, bei dem im Hintergrund immer ein WLAN (Wireless Local Area Network) interaktiv mit dem Internet kommuniziert. So entsteht diese großartige Fähigkeit, bei der Einschätzung von Umständen und Personen verblüffend oft genau richtig zu liegen.
Empathische Menschen können vermehrt auf HÖHERE Informationen zugreifen als andere.
Dass eine solche außersinnliche Verbindung tatsächlich existiert, ist sicher unbestritten. Das wissen beispielsweise Mütter in Bezug zu ihren Kindern sehr genau. Aber auch eineiige Zwillinge kennen dieses Gefühl. Sie wissen sehr oft, wie es dem anderen geht, obwohl er abwesend ist und keine handfesten Fakten über das Gegenüber vorhanden sind. Ganz zu schweigen von Zigmillionen Liebespaaren, die sehr genau spüren, dass diese wunderbare unsichtbare Verbindung tatsächlich existiert. Man könnte auch sagen, der eine spürt den anderen intuitiv.
Das HÖHERE-ICH ist Ihre Intuition.
Auch diese Definition steht im Widerspruch zur akademischen Lehrmeinung. Laut deren Vorstellung ist die Intuition lediglich eine ausgeprägte Fähigkeit der Beobachtungsgabe. Darüber hinaus gibt es in der konservativen Wissenschaft das Erklärungsmodell der Spiegelneuronen. Es wird dabei angenommen, dass im Gehirn bestimmte Nervenzellen existieren, die bei Primaten beim Betrachten eines bestimmten Vorgangs das gleiche Aktivitätsmuster zeigen, als würden sie diesen selbst ausführen. Auch Geräusche, die durch früheres Lernen mit einer bestimmten Handlung verknüpft werden, sollen bei einem Spiegelneuron dasselbe Aktivitätsmuster verursachen wie eine entsprechende tatsächliche Handlung.
Seit ihrer erstmaligen Beschreibung im Jahr 1992 (G. di Pellegrino, L. Fadiga, L. Fogassi, V. Gallese, G. Rizzolatti: „Understanding motor events: a neurophysiological study“) wird diskutiert, ob Spiegelneuronen auch das Erklärungsmodell für Intuition, Empathie oder sonstige außersinnliche Wahrnehmungen sein könnten.
Das klingt zunächst plausibel, jedoch steht es im krassen Widerspruch zu der Tatsache, dass Liebespaare, Mütter und ihre Kinder sowie Zwillinge auch dann noch Informationen erhalten, wenn sie kilometerweit voneinander entfernt sind. Also: Auch dieses Modell der Spiegelneuronen kann nicht widerlegen, dass es eine für uns nicht sichtbare Welt gibt.
Selbst das „wissenschaftliche“ Erklärungsmodell für die Liebe ist nicht überzeugend. Demgemäß wäre Liebe lediglich durch die Funktion einiger Gehirnregionen und hauptsächlich durch das Ausschütten von Hormonen zu erklären. Dies trifft erst einmal zu hundert Prozent zu. Jedoch betont man gleichzeitig, dass Liebe lediglich ein Trick der Evolution wäre, um bei allen Lebewesen, inklusive dem Menschen, den Akt der Kopulation zu initiieren. Damit würden die Arterhaltung sowie die Genvielfalt sichergestellt. Auch diese Erklärung klingt erst einmal vernünftig.
Wie wäre dann aber der Fall zu begründen, wenn Frauen sich verlieben, die ihre Wechseljahre bereits hinter sich haben? Und wie würde es sich mit Männern verhalten, bei denen ab einem gewissen Alter keine Potenz oder fortpflanzungsfähiges Sperma mehr vorhanden ist?
Schließlich gibt es unzählige, in die Jahre gekommene Menschen, die von unglaublich rührenden und tiefen Liebesgeschichten berichten – obwohl dabei die Fortpflanzung keine Rolle mehr spielt.
Wie jeder Evolutionsexperte weiß, folgt die Natur dem Grundprinzip der Perfektion. Wenn die Liebe lediglich ein Dopingmittel zur Arterhaltung wäre, wäre es mehr als logisch, dass der Homo sapiens seine Liebesfähigkeit verlieren würde, wenn er seine Gene nicht mehr weitergeben kann.
Manchmal kommt der Eindruck auf, dass einige Gelehrte noch nie eine tiefe Liebesbeziehung zu einem anderen Menschen erlebt haben. Sonst kämen sie niemals auf so manches Erklärungsmodell.
Es sollen allerdings auch keine Missverständnisse aufkommen. Ich möchte keine einzige wissenschaftliche Disziplin verunglimpfen. Ich bin überaus dankbar, dass es Schulmediziner gibt, die mich wieder zusammenflicken, falls ich einmal einen Unfall mit meinem Pkw habe.
Ich bin ebenso sehr froh, dass es Psychiater gibt, die bei einer akuten Depression schnell wirksame Medikamente verabreichen können, bevor jemand sein Leben durch Suizid verliert. So bin ich dankbar, dass bestimmte wissenschaftliche Disziplinen existieren.
Wenn ich mein Bein gebrochen habe oder an einer handfesten Psychose leide, kann ich noch so viel positiv denken, meditieren oder auf alternative Medizin bzw. Esoterik setzen – das wird mir nicht weiterhelfen. Ganz im Gegenteil – wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, ist Handfestes und vor allem Bodenständiges gefragt. Da bringt es mir nichts, wenn ich beginne, zu philosophieren oder mich in spirituellen Weisheiten zu verstricken.
Wenn es allerdings um Feinstoffliches geht, wie beispielsweise den Sinn des Lebens, die Funktionsweise der Intuition oder der Liebe selbst, dann bin ich leider gezwungen, die üblichen Trampelpfade der Wissenschaft zu verlassen. Was möchte ich damit sagen?
Überfordern Sie die Wissenschaft nicht. Sie kann nicht alles erklären.
Insbesondere dann, wenn es um soziale bzw. zwischenmenschliche Fragen geht, kann sie oft keine Hilfestellung leisten.
Wie sollen wir nun die UNSICHTBARE WELT erklären? Was ist das genau, worauf unser HÖHERES-ICH zugreift?
Wie ich hinlänglich erläutert habe, hängt die Deutung der UNSICHTBAREN WELT von Ihrer individuellen Glaubensphilosophie ab. Und da möchte ich mich eigentlich nicht einmischen.
Manche erklären das Übersinnliche mit ihrer Religion, andere haben sich der Philosophie zugewandt und dann gibt es Menschen, die sich ganz einfach ein individuelles Erklärungsmodell aus unterschiedlichen Glaubensrichtungen zusammengestellt haben. Jedem das Seine. Dennoch werde ich regelmäßig von vielen Lesern angesprochen, auf was ich selbst meine Ausführungen über die geheimnisvolle UNSICHTBARE WELT stütze.
Da ich in den Genuss eines naturwissenschaftlichen Studiums gekommen bin, keiner Konfession angehöre und auch den Auswüchsen der Esoterik mehr als kritisch gegenüberstehe, bleibt meine Neigung zur Wissenschaft unverändert. Allerdings nicht diejenige, die Sie vielleicht jetzt meinen. Nein, es gibt ein akademisches Fachgebiet, das sich so ziemlich seine Unabhängigkeit bewahrt hat und sich zudem mit den Urprinzipien allen Seins beschäftigt. Diese akademische Disziplin hat sich mittlerweile auf die Suche nach dem Schöpfer gemacht.
Es sind nicht mehr die Mediziner oder Psychologen, die uns weiterhelfen können, sondern Physiker und Mathematiker.
Dabei spielt ganz besonders die Teilchenphysik (Quantenphysik) eine große Rolle. Sie hat eine neue philosophische Disziplin hervorgebracht – die „Quantenphilosophie“.
Darüber hinaus haben Sie sich dieses Buch bestimmt zugelegt, um mehr über die Liebe zu erfahren und nicht Ausführungen über die Physik lesen zu müssen. Daher biete ich einen kleinen Kompromiss an: Ich mache einen Ausflug in die Quantenphilosophie. Allerdings nicht an dieser Stelle, sondern im Anhang. Dort finden Sie einen Exkurs meines bevorzugten Themas zur Erklärung von Lebensprinzipien.
Für diejenigen, die es interessiert, gibt es am Ende dieses Buchs also noch eine Kleinigkeit zu lesen. Für alle anderen geht es nun weiter im eigentlichen Stoff.
Wie Sie nun erfahren haben, setze ich als grundlegende These voraus, dass Ihr Ego drei Bestandteile umfasst:
1. Neugeborenen-Ich
2. Erwachsenen-Ich
3. Höheres-Ich
Daneben nehme ich an, dass Ihr HI auf eine UNSICHTBARE WELT zurückgreift, die alles Sein miteinander verbindet. Damit folgen die hier zugrunde gelegten Thesen in keiner Weise der akademischen Lehrmeinung.
Nichtsdestotrotz lehnt sich dieses Buch an die Prinzipien des „Drei-Instanzen-Modells“ von Sigmund Freud (1923 „Das Ich und das Es“) an. Zusätzlich ist es stark von der Grundphilosophie der „Transaktionsanalyse“ inspiriert.
In der Summe entstand ein „Drei-Ich-Modell“, das sich hauptsächlich durch die Einführung des NEUGEBORENEN-ICHs inklusive seiner Eigenarten von allen anderen Erklärungsmodellen der Psychologie deutlich unterscheidet. Mit Hilfe dessen werden wir nun mehr Licht in das Geheimnis der Liebe bringen.
Sie haben bisher erfahren, dass in Ihrem Gehirn beneidenswerte Zusatzinformationen über Empfindungen, Gedanken, Emotionen, Motive und Persönlichkeitsmerkmale anderer Personen ankommen. Man könnte auch sagen, Sie haben sich bestimmte Instinkte bewahrt, die so eigentlich nur aus der Tierwelt bekannt sind.
Kommen wir noch einmal zurück auf Ihre drei ICHs und wie es dazu kam, ein NEUGEBORENEN-ICH zu entwickeln. Wir schreiten wieder zurück in die Zeit Ihrer Geburt.
Die Entwicklung des Gehirns und Nervensystems beginnt beim Embryo in der dritten Schwangerschaftswoche. Bis zum Ende der achten Woche sind Gehirn und Rückenmark fast vollständig angelegt. In den folgenden Wochen und Monaten wird im Gehirn eine Unmenge von Nervenzellen durch Zellteilung gebildet.
Mit der Geburt ist die Entwicklung von Gehirn und Nervensystem noch lange nicht abgeschlossen. Zwar ist zu diesem Zeitpunkt bereits die große Mehrheit der Neuronen im Gehirn vorhanden, sie müssen jedoch zuerst einmal miteinander vernetzt werden. Das Gehirn von Neugeborenen könnte mit einer noch unbeschriebenen Festplatte eines Computers verglichen werden. Die Neurologie spricht davon, dass beim Säugling deshalb nur Reflexe im Vordergrund stehen können. In dieser Phase dient der ganze Körper des Säuglings dazu, grundlegende Bedürfnisse und Empfindungen wie Hunger, Angst und Unwohlsein zum Ausdruck zu bringen.
Laut unserer zugrunde gelegten These bezüglich der drei ICHs sind diese Reflexe nichts anderes als Ihre Urinstinkte, die auf Ihrem HÖHEREN-ICH beruhen.
Instinkte sind der Zugriff Ihres HÖHEREN-ICHs auf Informationen der UNSICHTBAREN WELT.
Dass dem Homo sapiens noch eine gewisse Zeit nach der Geburt seine tierischen Instinkte vollständig zur Verfügung stehen, ist für sein Überleben enorm wichtig. Der Mensch wird im Prinzip zu früh geboren und ist danach allein nicht überlebensfähig (später mehr dazu). Der Körper ist darauf angewiesen zu wissen, was zu tun ist, ohne auf ein voll funktionstüchtiges Großhirn zurückgreifen zu können.
Diese fabelhafte Gabe, über Urinstinkte (schulmedizinisch: Reflexe) zu verfügen, bleibt bei allen Menschen nach ihrer Geburt für eine gewisse Zeitspanne erhalten. Besonders Mütter, die ihre Kleinkinder aufmerksam beobachten oder ihnen genau zuhören (wenn die ersten Worte erlernt sind), bemerken diese noch verbliebene Übersinnlichkeit. Diese Verbindung löst sich jedoch im Laufe des Heranwachsens immer weiter auf. Dieser Prozess findet also nicht von heute auf morgen statt, sondern ist ein sehr langsamer und braucht viele Monate.
Nach und nach nähert sich dann das gesamte Nervensystem inklusive Gehirn seinem finalen Entwicklungsstand. Das Kleinkind ist nun in der Lage, komplexe Denkprozesse und Bewegungen auszuführen. Bis dahin nimmt die Anzahl der Verbindungen zwischen den Nervenzellen (Synapsen) rasant zu. In dieser Zeit entsteht das hochkomplexe neuronale Netz, in dem jede Nervenzelle mit Tausenden anderen Neuronen verbunden ist.
So kann das bewusste Denken das Hauptkommando übernehmen. Der freie Wille wird dann zum Maß der Dinge. Menschen verlieren naturgemäß ihre Instinkte und sind dann ziemlich alleiniger Schmied ihres Lebensglücks.
Und exakt an dieser Stelle müssen wir die Zeit anhalten. Denn jetzt tritt der Unterschied zwischen empathischen und nicht empathischen Personen deutlich zutage.
Empathen unterscheiden sich von Nicht-Empathen dadurch, dass sich bei ihnen die Urinstinkte nicht vollständig aufgelöst haben.
Jetzt können Sie besser nachvollziehen, warum ich zur Erklärung Ihrer empathischen Gabe ein NEUGEBORENEN-ICH ins Spiel bringen musste. Der langsame Ablösungsprozess von der UNSICHTBAREN WELT kam nicht vollständig zum Abschluss. Sie haben daher nie ein herkömmliches Inneres Kind entwickeln können.
Das NEUGEBORENEN-ICH entsteht durch den Entwicklungsstopp des Inneren Kindes zu einem bestimmten Zeitpunkt nach der Geburt.
Damit sind Sie mit diesem Persönlichkeitsanteil natürlich auch wesentlich hilfloser und verletzlicher als Menschen mit einem herkömmlichen Inneren Kind.
Da die Evolution grundsätzlich nach Perfektion strebt, muss in Ihrem Wesen etwas angelegt sein, das das Nichtvorhandensein eines üblichen Inneren Kindes kompensiert. Und diese Komplettierung Ihrer Persönlichkeitsstruktur wird dadurch erreicht, dass Ihrem hochfragilen NI eine mächtige Schutzinstanz zur Seite gestellt ist. Es ist Ihr HI, das speziell bei Ihnen bedeutend dominanter ausgeprägt ist als bei anderen. Während bei Nicht-Empathen diese HÖHERE Gehirnfunktion auf ein Normalmaß reduziert ist, blieb diese in Ihrem speziellen Fall vollständig funktionstüchtig. Auch wenn es für Sie recht fantastisch klingen mag:
Empathische Menschen stehen noch mit einem Bein in der UNSICHTBAREN WELT.
Nun können Sie besser bewerten, warum ein schleichender Übergang zwischen den verschiedenen Ausprägungen von Empathie existiert. Warum es bei Menschen Extremformen der Hochsensibilität, herkömmliche Hochsensibilität, Sensibilität, Empathie, reduzierte Empathie oder gar keine Empathie gibt.
Es ist der Zeitstrahl der ersten Monate nach der Geburt bzw. der Zeitpunkt, zu dem die neuronale Heranreifung eines herkömmlichen Inneren Kindes gestoppt wurde. Je früher dies erfolgte, umso weniger konnte sich die ursprüngliche Verbindung zur UNSICHTBAREN WELT lösen. Umso mehr Urinstinkte stehen Ihnen zur Verfügung. Umso größer Ihre empathische Begabung.
So sind z. B. alle Extremformen der Hochsensibilität sicher auf den Stopp des Abnabelungsprozesses von der UNSICHTBAREN WELT kurz vor oder kurz nach der Geburt zurückzuführen. Während sich das Ganze bei herkömmlichen Empathen irgendwann danach ereignet haben muss.
Wenn also beispielsweise zwei Empathen bei einer Liebesbeziehung aufeinandertreffen, kann man niemals sagen, dass beide gleichermaßen empathisch sind. Einer von beiden wird immer empathischer sein als der andere. Dies kann zu schrecklichen Missverständnissen führen.
