Die Lust der Frauen- Ein Buch nur von Frauen gemacht - Diverse forfattere - E-Book

Die Lust der Frauen- Ein Buch nur von Frauen gemacht E-Book

Diverse forfattere

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Beschreibung

Männer und Frauen erzählen in kurzen Geschichten von ihren erotischen Fantasien. Was macht sie an? Was würden sie gerne einmal erleben? Mit wem würden sie es gerne einmal erleben? Dazu gehören auch die geheimen Lüste – die, über die man in der Gesellschaft nicht offen spricht.

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Diverse forfattere

Die Lust der Frauen

Ein Buch nur von Frauen gemacht

Saga

Die Lust der Frauen

Aus dem Englisch von Lothar Schneider

© 1985 Diverse forfattere

Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

All rights reserved

ISBN: 9788711464922

1. Ebook-Auflage, 2016

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

Vorwort

«Wir wollen die erotische Lust der Frauen darstellen. Wie wir uns an sie erinnern, wie wir sie empfinden, wie wir sie gerne ausleben würden.»

So war die Zielsetzung für diese Beiträge zur Lust der Frau formuliert – sie sind ausschließlich von Frauen erdacht, geschrieben und gezeichnet.

Die Formulierung der Zielsetzung für die Beiträge zur Lust des Mannes ist identisch, lediglich das Wort Frauen wurde durch das Wort Männer ersetzt.

«Jetzt werden hoffentlich die Frauen endlich im Klartext sagen, wie es passiert ist und was sie gespürt haben, als die Lust am stärksten war.» So, dachten wir, sehen sicher die Erwartungen der Männer aus.

Und «was sie gespürt haben», das wird hier in der Tat geschildert. Aber mit den Einzelheiten, «wie es passiert ist» – haben die Frauen oft Schwierigkeiten, auch wenn sie sich bemühen, darüber nachzudenken.

Wir haben zweifellos auch ein Gefühl für das Harte und Brutale, wie ihr das Weiche und Liebevolle fühlt. Wir spüren das Haarige, wie ihr das Glatte spürt. So wie wir eure erregten Atemzüge genießen, so genießt ihr unsere. Wir haben auch davon berichtet – in Erinnerungen, Gedichten, Träumen, Zeichnungen, Briefen und Gesprächen.

Allerdings ist die Sprache eine andere als die, die die Männer zu benutzen pflegen. Die Erlebnisse setzen sich oft hinterher aus ganz anderen Eindrücken zusammen. (Es hat nichts mit Prüderie oder mangelndem Interesse zu tun, wenn die Frau so selten den Mann beschreibt oder seine Körperteile – es handelt sich eher um eine Art von verliebter Unfähigkeit.)

All dies ist gar nicht so seltsam, wenn man darüber nachdenkt – was Ylva Brune in ihrem einleitenden Artikel getan hat. Ylva ist die einzige von uns, die einen heimlichen Blick in die Beiträge der Männer werfen durfte, ebenso wie die Kommentatoren der Männerbeiträge die Texte der Frauen vorher zu lesen bekamen.

Wir andern können nur ahnen, daß es große Unterschiede gibt. Sie auszugleichen würde wahrscheinlich bedeuten, eine Energiequelle auszutrocknen.

Else-Britt Kjellqvist,

Barbro Lennéer-Axelson,

Toni Lindfors,

Titti Hasselrot (Redaktion)

und Ylva Brune,

Gun Fälth und

Kristina Lindström (Reporterinnen)

1 Aufbruch weg vom Spiegel des Mannes

Die Wörter, die wir für Lust haben, sind die Wörter der Männer – deshalb bleiben sie den Frauen oft im Halse stecken. Und der Gegenstand der Lust? Männer pflegen Frauen anzuhimmeln, und Frauen leben im Himmel der Gefühle, sagt man. Das stimmt und es hat seine Gründe ...

Ylva Brune hat Carl von Linné, Germaine Greer und noch einige befragt.

Sie ist stark, die weibliche Lust, die in unserer modernen Zeit unterdrückt zu sein scheint. Und eines ist sicher: Wir brauchen die Väter, wenn wir sie wiedererlangen wollen.

Im Jahre 1797 beschreibt Linné anschaulich und detailliert das Begehren, die Erregung und den Höhepunkt der Frau (ja es ist ihm sogar bekannt, daß ein Teil der Frauen ejakuliert – eine Flüssigkeit ausspritzt –, zweihundert Jahre bevor amerikanische Wissenschaftler auf diese Tatsache aufmerksam wurden).

Carl v. Linné

Die Alten behaupteten, daß die Frau einen größeren Genuß am Beischlaf hat als der Mann, weil sie beim Höhepunkt sowohl Lebensflüssigkeit von sich abgibt wie von ihm aufnimmt. Wie auch immer, es genügt, daß sowohl die Frau wie der Mann ein großes Vergnügen dabei fühlen und daß viele mit Sehnsucht und Begierde danach suchen.

Carl von Linné in einer seiner Sexualvorlesungen

Der Zustand der Frauenzimmer entspricht auch dem der Mannsbilder, denn auch bei ihnen wird eine beinahe ebensolche Gärung und Bewegung im Blut erweckt, wenn auch ihre Glieder nicht hart werden wie bei den Mannsbildern, sondern schlaff, weich, empfindsam und nachgiebig, auch das, was vorher trocken war, wird nun durch eine zufließende Flüssigkeit befeuchtet, wodurch das Hineingehen in das Innere leichter wird, so daß der ankommende reisende Gast umso erregter seine Reise vollenden kann.

Carl von Linné in dem Buch «Om sättet att tillhopa gå»

Danach wurde es hundertfünfzig Jahre lang merkwürdig still um die Lust der Frauen. Sowohl Männer wie Frauen in unserer Ecke der Welt vergaßen oder verschwiegen deren Existenz – so gut es ging. Die Lust der Frauen wurde in verwirrende Bahnen von Selbsthaß oder Sentimentalität, von Masochismus und Passivität, von Prüderie und sehnsüchtigem Verlangen gezwungen, wobei das Verlangen kein bestimmtes, realistisches Ziel hatte.

Im Prinzip unersättlich

1966 veröffentlichten Masters & Johnson ihren Bericht Human Sexual Response, in dem sie auf der Grundlage einer langen Reihe von Laborversuchen nachweisen konnten, daß die Lust der Frauen physisch gesehen demselben Muster folgt wie die des Mannes: Reiz – Erregung – Auslösung und Höhepunkt. Der Unterschied besteht in der Fähigkeit der Frau, viele Höhepunkte hintereinander zu haben, während der Mann sozusagen nach jedem Höhepunkt von vorn anfangen muß. Eine Frau dagegen ist gewöhnlich erst nach drei bis fünf Orgasmen befriedigt, sagen Masters & Johnson.

Gewöhnlich! ruft 1966 – diesem Jahr der Befreiung – Mary Jane Sherfey, amerikanische Ärztin, Psychoanalytikerin und Feministin:

«Die Frau wird sich gewöhnlich befriedigt fühlen, weil sie keine Ahnung hat von ihrer orgastischen Kapazität.»

In Wirklichkeit ist die Frau bei all ihrer Befriedigung unbefriedigt, befindet sich in einer möglichen Spirale unendlich steigender Erregung, meint Sherfey. Sie ist im Prinzip unersättlich, und gleichzeitig nimmt ihr Genuß mit jedem erreichten Orgasmus zu – sie wird um so hungriger, je mehr sie sich sättigt.

Mary Jane Sherfey findet diese biologisch bedingte Kapazität sexuellen Genusses bei einigen höheren Affen (Weibchen) und bei Menschenweibchen, und sie stellt die Hypothese auf, daß dieser Trieb des Weibchens, unendlich viele Liebhaber anzunehmen, dazu geführt haben könnte, daß die Exemplare, aus denen die ersten Menschen entstanden, auf Kreuzungen beruhten.

Die Unterdrückung ist stark! Wie der Trieb, der sich unterwirft

Jedenfalls habe sich die orgastische Kapazität des Menschenweibchens nicht entwickelt, um das Aufkommen von monogamen, seßhaften Kulturen zu begünstigen.

Im Gegenteil, meint Mary Jane Sherfey, seien die Frauen auf der Stufe der Jäger und Sammler zeitweise nicht imstande gewesen, ihren Trieb zu kontrollieren, und hätten die Hälfte ihrer Zeit als erwachsene Frauen dazu verwendet, alles zu versuchen, um ihre zügellose Begierde zu sättigen. Sie hätten Kinder, Heim und Familie vernachlässigt und jeden sozialen und kulturellen Fortschritt unmöglich gemacht:

«Viele Gründe sind angeführt worden, um das Aufkommen des patriarchalischen, gewöhnlich polygamen Systems zu erklären und die damit einhergehende brutale Unterwerfung der weiblichen Sexualität (wodurch natürlich auch die gefühlsmäßige und intellektuelle Entwicklung der Frau unterdrückt wurde). Aber wenn meine Schlußfolgerungen richtig sind, ist es wahrscheinlich, daß eine kräftige Unterdrückung der unersättlichen weiblichen Begierde die Voraussetzung war für die Entstehung einer jeden modernen Zivilisation und beinahe jeder bestehenden Kultur.»

Wäre die Frau nicht unterworfen worden, würden wir immer noch Wurzeln sammeln und mit 35 Jahren an Auszehrung sterben.

«Wenn wir uns manchmal darüber beklagen, daß uns die Unterdrückung unnötig hart und brutal erscheint, dann sollten wir daran denken, daß die Stärke unseres Triebes bestimmend ist für die Kraft, die erforderlich ist, ihn niederzuhalten.»

Mary Jane Sherfey prophezeite, daß die weibliche Sexualität in den kommenden Jahrzehnten wieder aufblühen könnte – weil es jetzt Verhütungsmittel gäbe und eine ehrliche und offene Atmosphäre zwischen den Geschlechtern sowie eine zunehmende Gleichstellung. Aber wenn sich die Frau wieder außerstande sehen sollte, ihre Lust zu kontrollieren, wäre eine erneute gewaltsame Unterdrückung erforderlich, damit die biologische Familie nicht zerstört werde ...

Sexuelle Revolution mit Beckenbodengymnastik

Die Zeit für die sexuelle Revolution war gekommen. Jetzt müsse die Frau genießen, hieß das Gebot der Stunde. Die Männer unternahmen alles, um sich der Situation gewachsen zu zeigen. Die Zeitschriften richteten Fragespalten für die Ratlosen ein, und in kurzer Zeit wurden meterweise Bücher veröffentlicht über die Lust der Frau und den Orgasmus der Frau. Massagestäbe und Vibratoren überschwemmten den Markt, und Frauen, die vorher noch nie die Wörter «Klitoris» oder «Orgasmus» gehört hatten, wurden ermahnt, an ersterer Hand anzulegen, um letzteren zu kriegen. Zu den übrigen Pflichten der Frau kam nun die Pflicht, Lust zu haben und einen Orgasmus zu bekommen. Zu der bereits schweren Bürde des Mannes, ewig potent zu sein, kam die Pflicht, in erster Linie ihr den Genuß zu verschaffen nach einem von Sexexperten ausgearbeiteten Schema: küssen auf 1. den Mund, 2. die Brust, 3. die Klitoris – erst dann war das Eindringen erlaubt.

Mit gesunder Aufklärung, Verhütungsmitteln, geordneter Kinderbetreuung, freier Abtreibung, gleichem Lohn, Beckenbodengymnastik und einem gleichgestellten und in der Sexualtechnik sachkundigen männlichen Partner – plus offene Gespräche über eventuell noch bestehende Schwierigkeiten und Hemmungen – sollte die Lust der Frau befreit werden.

Frauen und Männer stürzten sich mit frischem Mut auf das Projekt. Der Mann lernte, für ihren Genuß zu arbeiten und zu schuften, und sie versuchte zu lernen, ihm ihre Geheimnisse zu zeigen. «Zeige ihm, was du tust, wenn du onanierst», rieten die Experten in den Zeitschriften. Und redet miteinander!

«Wir müssen uns angewöhnen, über unsere sexuellen Erfahrungen auf alltägliche Weise zu reden, dann werden sie menschlich verstehbar und wirklich. An der Sexualität gibt es nichts Mystisches, sie ist konkret und genußvoll.»

Das sagen Maud Hägg und Barbro Werkmäster in «Kvinnor och Sex» (Frauen und Sexualität), einem klugen, verständlichen und typischen Buch aus der optimistischen Zeit Anfang der siebziger Jahre.

«Natürlich kann es schwerfallen, einen Orgasmus zu beschreiben ... Versuch es trotzdem zu beschreiben, so gut es geht. Was ist am schönsten? Wie erreichen wir ihn? Genau das scheint mir ist ‹himmlisch›.»

Aber schon in der Einleitungsphase der «sexuellen Revolution» wehrten sich die Frauen gegen diese einfache und oberflächliche Befreiung ihres Geschlechtslebens. Germaine Greer warnt in «Der weibliche Eunuch» aus dem Jahre 1971 davor, die Sexualität mehr und mehr durch Genitalität zu ersetzen.

«Masters & Johnson haben nun Gebrauchsanweisungen erstellt für eine normierte, spannungslose, tiefgefrorene Monogamie. Wenn die Frauen diese letzte Beschneidung ihrer Menschlichkeit vermeiden wollen, müssen sie weiterkämpfen, nicht nur für den Orgasmus, sondern auch für die Ekstase. – Reduziert man die weibliche Reaktion auf die Klitoris, dann zwingt man der Frau dieselbe Einschränkung der Sexualität auf, die die Reaktion des Mannes hemmt. Das männliche sexuelle Ideal einer Virilität ohne Sehnsucht und Liebe ist bis ins Mark einsam; wenn die Befreiung sich in mechanischen Begriffen ausdrückt, wird man sie auch mechanisch suchen.»

Der Mann beschreibt, wie man den BH öffnet, die Fraubeschreibt, wie sich die Unendlichkeit öffnet

Germaine Greer würde einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen, wenn sie die Gelegenheit hätte, diesen Vergleich zwischen männlicher und weiblicher Lust zu lesen. Die Frauen haben es nicht zugelassen, daß ihre Lust reduziert wird auf Genitalität, so viel ist klar.

Der Mann beschreibt, wie man den BH öffnet, die Frau beschreibt, wie sich die Unendlichkeit öffnet. Er steckt die Finger in ihre Scheide und spürt «Mösensaft» – sie fühlt sich als Teil im Fluß des Lebens. Er kann nichts anfangen mit den großen Worten, mit dem Mystischen oder Geistigen in der Erotik. Er packt zu und genießt das Körperliche Stück für Stück, Kuß um Kuß, Brustwarzen, Schenkel, Scham, lechzt nach Saft und Duft, stöhnt und keucht.

Sie kann dagegen wenig mit den konkreten Beschreibungen anfangen und betont fast nie «das wahnsinnig tolle Gefühl».

Warum dieser Unterschied in der Anschauung und in der Beschreibung? Sind die Frauen prüde? Oder erleben sie etwas ganz anderes?

Frauen reagieren nach den meisten Untersuchungen mit der gleichen Art von Erregung wie die Männer auf psychosexuelle und auch auf visuelle Reize. Trotzdem findet man in ihren Beschreibungen von lustvollen Erlebnissen keineswegs den gleichen Reichtum an konkreten Einzelheiten. Oft kommt da einfach nichts.

In einem der folgenden Beiträge beschreibt eine Frau das erotische Vorspiel einer Nacht sexueller Orgien mit einem unbekannten Mann. «Er strich mir behutsam über den Rücken, wollte herausfinden, mit welchen Zeichen ich ihm antworte.» Weiter nichts. «Später sagten wir, nun laß uns nach Hause gehen ...»

Diese Frau ist nicht prüde und versucht nicht, ihre Erlebnisse zu idealisieren. Ihr ging es in dem Fall nur um einen guten Beischlaf, und den bekam sie. Aber sie wird uns immer im Ungewissen lassen über das Stöhnen, das Steifwerden und den besonderen Geruch in dem kleinen Hotelzimmer in dieser Nacht.

«Ich habe nie ‹gefickt› ...»

Warum dieses Nichts, diese Wortlosigkeit für den körperlichen Ausdruck der Lust? Warum greifen wir Frauen lieber zu allgemeinen Umschreibungen oder Mystifikationen, sobald wir über Erotik reden?

Dafür gibt es, glaube ich, mehrere Antworten, und alle Antworten sind nicht gleich zutreffend für alle Frauen.

Zum ersten: Die gängige Sprache zur Beschreibung der körperlichen Vorgänge ist deutlich geprägt von den Männern. «Ich habe nie gefickt», sagt eine Frau in einem der Beiträge. Sie meint damit nicht, daß das, was sie tut, feiner und erhabener ist als «ficken», aber sie empfindet dieses Wort als fremd und feindlich.

Im gleichen Augenblick, in dem die Frau anfing, unbeschwert erotisch zu fühlen, zu sehen und zu handeln, frei von Angst moralischer Verurteilung oder Schwangerschaft, fing auch die Pornographie an. Noch bevor die Frau die Geheimnisse ihres Schoßes entdecken konnte, wurde sie beeinflußt von Bildern mit klaffenden Unterleibern und detaillierten Schilderungen über das weibliche Lustverhalten, gemacht von Männern für Männer.

Die gutgemeinte Sexualaufklärung ging dagegen an mit ihren ebenso detaillierten Schilderungen, diesmal in sachlich-technischen Begriffen.

Die eine Beschreibung war männlich-brutal, die andere männlichtechnisch.

In keinem der Fälle hatte es etwas mit uns Frauen zu tun.

Germaine Greer erzählt in «Sexualität und Schicksal» eine Geschichte, die sie von einer adeligen Dame gehört hatte, die in Indien Familienplanung betrieb. Bei ihrem Unterricht verwendete die Dame ein Plastikmodell mit beweglichen Teilen, das die weiblichen Fortpflanzungsorgane darstellen sollte. Eines Abends, als sie ihren Vortrag vor einer Gruppe von Dorffrauen hielt, sagte eine der älteren Frauen freundlich: «Eure Hoheit, Ihr seid vielleicht so geschaffen, aber nicht wir.»

Germaine Greer:

«Die alte Frau hatte recht. Keine Frau besteht aus rotbraunem Hartplastik mit beweglichen Teilen, Wo ‹das Ei› herunterrasselt wie eine Kugel in einem Spielzeug ... Wir wissen nach wie vor nicht exakt, wie die Befruchtung vor sich geht – vielleicht sind das Prozesse, die mehr Zusammenhängen mit Rhythmus, Bewegung, Ausscheidung und Zeitfaktoren als mit mechanischer Berührung. Das Äußere der Frau ist eine Art Schutz für die unbegreifliche Mystik ihres Körpers ... ein vorsichtiger Hinweis über die Würde, die das Dasein der Frauen auszeichnet ...»

Ein lebendiges Wesen wie einen Ziegelstein beschreiben

Nicht die Wörter allein, sondern die Art, Lust in physischen Begriffen zu sehen und zu erleben, scheint Frauen fremd zu sein. Oft sieht es so aus, als ginge es den Frauen darum, die Bewegung der Lust in ihrem Innern zu beschreiben, sie achten dabei nicht auf die einzelnen Körperteile, sondern beschreiben das Geschehen in seiner Ganzheit. An den folgenden Interviews und Gesprächen ist festzustellen, daß die Frauen Angst davor haben, ihre Erlebnisse in einer Menge von physischen Einzelheiten auszudrücken. Nicht aus Prüderie, aber es könnte eine geheimnisvolle Magie dadurch verlorengehen.

Natürlich kann man manchmal eine Frau dazu bringen, eine Beschreibung ihrer sexuellen Erlebnisse nach Art der Männer zu machen (siehe alle amerikanischen Berichte vom Typ Hite-Report), aber ich habe das Gefühl, daß sie, sobald der Interviewer sie verlassen hat, sich herunterbeugt zu ihrer Lust und liebkosend zu ihr sagt: «Jetzt haben wir sie tüchtig an der Nase herumgeführt, Fido!» Nur um gefällig zu sein, hat sie ein lebendiges Wesen wie einen Ziegelstein beschrieben.

Luce Irigary ist eine von denen, die der Meinung ist, wir Frauen müßten uns auf eine neue Weise ausdrücken, wenn wir das weibliche Erleben vermitteln wollen. In ihrem Buch «When our lips speak together» schreibt sie:

«Wenn wir weiterhin in derselben Sprache miteinander reden, wird sich immer dieselbe Geschichte wiederholen, wird die Geschichte wieder von vorne anfangen. Hör zu: Männer und Frauen um uns klingen alle gleich. Gleiche Argumente, gleiche Auseinandersetzungen, gleiche Szenen. Gleiche Art sich zu verbinden und zu trennen. Die gleichen Schwierigkeiten, die Unmöglichkeit, zueinanderzukommen. Wenn wir miteinander reden, wie man seit Jahrhunderten geredet hat, wie man uns beigebracht hat, zu reden, dann werden wir uns verlieren. Wieder verlieren ... Wörter müssen durch unseren Körper gehen, über unsere Haut, und verschwinden, uns verschwinden lassen. Weit weg. Nach oben. Von uns entfernt werden wir zu Maschinen, die besprochen werden, Maschinen, die sprechen. – Wie können wir die Fesseln dieser Wörter abwerfen, wie können wir uns befreien von ihren Kategorien, wie können wir ihre Benennungen abstreifen? Uns losmachen von ihren Begriffen und leben? ... Du weißt, daß wir nie vollendet sein werden, daß wir uns aber nur als Ganzes umarmen können. Dieses Teil um Teil – Körper, Raum, Zeit – unterbricht den Fluß unseres Blutes. Lähmt uns, versteinert uns, macht uns bewegungslos.»

Er darf nicht in Besitz genommen, nicht klassifiziert werden ...

Nicht nur die Art, Lust zu betrachten und zu schildern, ist bei Männern und Frauen unterschiedlich. Auch das Ziel der Lust hat in ihren Beschreibungen einen völlig unterschiedlichen Stellenwert.