Die Narzissmus-Lüge - Klaus Schlagmann - E-Book

Die Narzissmus-Lüge E-Book

Klaus Schlagmann

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Beschreibung

Narziss symbolisiert zwei Arten, an sozialen Beziehungen zu leiden: Dem 16-Jährigen stirbt plötzlich seine geliebte Zwillingsschwester. Daraufhin versucht er verzweifelt, sein Spiegelbild im Wasser festzuhalten. Dasselbe bei den Eltern, die er – ebenso vergeblich – in seinem Abbild für immer fest­halten möchte. Hingegen weist er die erotische Aufdring­lich­keit einer geistlosen Nymphe und zweier Kerle strikt ab. Daraufhin drangsalieren ihn diese drei mit psychischer oder physischer Gewalt. Die psychologische Wissenschaft missversteht seit über hundert Jahren den bedauernswerten, selbstbewussten Narziss. Sie attestiert ihm das, was seine Widersacher auszeichnet: rücksichtslose Ego­zentrik. Der in großer Ver­wirrung geschöpfte Begriff Narzissmus transportiert eine geradezu systematische Opfer-Täter-Umkehr. In einer Art Rückkoppelung festigt dieses moderne Konzept heute das alte Missverstehen des Mythos: Internationale Fachleute attestieren dem Jüngling – dem Konzept entsprechend – allen Ernstes diverse Verfehlungen. Seine Trauer sei depressiv. Er, das Stalking-Opfer, sei beziehungsunfähig und schuld am Leid der abgewiesenen Verehrer­Innen. Ein in Wikipedia erfundener Fake-Mythos, der Narziss zur Witzfigur herabwürdigt, wird unkritisch übernommen. Gegen diese Schändung antiken Kulturgutes und ihren ideologischen Hinter­grund erhebt der Autor Einspruch.

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Klaus Schlagmann

DIE NARZISSMUS-LÜGE

Über den Missbrauch eines emanzipatorischen Mythos

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2021 by R. G. Fischer Verlag

Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main

Alle Rechte vorbehalten

Schriftart: Minion Pro

Herstellung: rgf/bf/1B

ISBN 978-3-8301-1873-2 EPUB

INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

Narzissmus

Der angebliche Narzissmus des Narziss

Fatale Folgen falscher Diagnosen

Politikum

Das (fiktive) Leben und Sterben des Narziss

Funktion von Geschichten

Flussgott und Quellnymphe als Eltern

Der Tod des Narziss

Zwei Seiten einer Medaille

Narziss als Problemfall?

Selbst-Bewusstsein als Störfaktor

Ovid

Die Paradoxie eines blinden Sehers

Nemesis, die Rächerin

Freigeistiger Ovid und gnadenloser Augustus

Begriffsschöpfung mit Unklarheiten

Verwirrung der Pioniere Ellis und Näcke

Narzissmus und die Psychoanalyse

Pseudo-Kritik und Suggestion

Die Sicht von Fachleuten auf Narziss

Das Rosenhan-Experiment

Hyman Spotnitz & Philip Resnikoff (1954): Die Mythen von Narziss

Emilio Modena (1983): Unter dem Banner des Narzissmus

Heribert Wahl (1985): Narzissmus?

Kathrin Asper (1994): Verlassenheit und Selbstentfremdung

Marie-France Hirigoyen (1999): Die Masken der Niedertracht

Heinz-Peter Röhr (1999): Narzissmus

Wendy Behary (2009): Der ›Feind‹ an Ihrer Seite

Bärbel Wardetzki (2009): Eitle Liebe

Gerhard Dammann (2012): Narzissmus

Hans-Joachim Maaz (2012): Die narzisstische Gesellschaft

Sylvia Zwettler-Otte (2012): Narzissmus im Spiegel antiker Mythologie

Reinhard Haller (2013): Die Narzissmusfalle

Andreas Marneros (2013): Irrsal! Wirrsal! Wahnsinn!

Eugen Drewermann (2013): Liebe, Leid und Tod

Christine Merzeder (2015): Wie schleichendes Gift

Raphael Bonelli (2016): Männlicher Narzissmus

Craig Malkin (2017): Der Narzissten-Test

Jochen Peichl (2017): Warum es auch gut ist, Narzisst zu sein

Udo Rauchfleisch (2017): Narzissten sind auch nur Menschen

Michael Ermann (2020): Narzissmus

Wikipedia (2005–2020): Narziss

Zusammenfassung

Schäden durch Fehldeutungen

Psychotherapeutische Ausbildung

Mobbingopfer? Selber schuld!

Narzisstische Mutter? Ihr Kind kommt ins Heim!

Wütendes KZ-Opfer? Sie haben als Säugling versagt!

Suizid nach Missbrauch in der Therapie? Wie lustig!

Suizid einer destruktiven Narzisstin?

Kein Fall für einen Ethikverein!

Solidarität psychotherapeutischer Fachverbände

Ein Vierteljahrhundert Opfer-Beschuldigungs-Kritik

Zum Schluss

Ausblick in die Zukunft: Zur Einführung des Bondismus

Selbstwertstörungen und ihre Heilung

Warum schweigen die Lämmer?

Ist Julian Assange ein Narzisst?

Von Opfern, Tätern und Idioten

Literatur

EINLEITUNG

Narzissmus

Die (fiktive) Gestalt des Narziss

Die Erfindung des Begriffes Narcismus

Der angebliche Narzissmus des Narziss

Fatale Folgen falscher Diagnosen

Politikum

Ist Julian Assange ein Narzisst?

Narkyssos kann kein Namensgeberfür psychopathologische Phänomene sein,die deutlich den Stempelder Sozialisationsbedingungen unserer Zeit tragen.Gebt Narziss seinen Namen zurück!

Hilarion Petzold (Jg. 1944), Professor für Psychologie,Mitbegründer des Fritz-Perls-Instituts, entwickelte dasPsychotherapieverfahren der Integrativen Therapie.(in: Gebt Narziss seinen Namen zurück. Integrative Therapie, 1992, 3, S. 325)

Hilarion Petzold verdanke ich die Möglichkeit,meine Gedanken zu Narziss und Narzissmus im Jahr 2008in der »Integrativen Therapie« zu veröffentlichen. (K. S.)

Ich würde mir für den Narzissmus-Begriff genau das wünschen,was mit der Hysterie passiert ist:seine Abschaffung und Zerlegungin verschiedene psychopathologische Probleme.

Claas-Hinrich Lammers (Jg. 1962), Professor für Psychiatrieund Psychotherapie, ärztlicher Direktor der psychiatrischenKliniken in der Asklepios Klinik Nord(in: Narzissmus. Selbstverliebter Westen. 2017, Interview für spektrum.de)

NARZISSMUS

Narzissmus soll so etwas bedeuten wie Selbstgefälligkeit, Rücksichtslosigkeit, egozentrische und beziehungsunfähige Eigenliebe. Dieser Begriff für unschöne Eigenschaften hat eine über hundertjährige Geschichte und ist offenbar tief in das öffentliche Bewusstsein eingedrungen. Aus Psycho-Ratgebern ist er nicht mehr wegzudenken. Google-Suchen erbringen millionenfache Treffer. Viele Menschen halten ihn für tiefgründig und aufklärerisch.

Abgeleitet ist dieses Wort von einem griechischen Mythos, der von dem attraktiven Jüngling Narziss erzählt. Als er sein Spiegelbild in einer Quelle entdeckt, versucht er verzweifelt, es festzuhalten. Dabei stirbt er am Ende. Aus seinem Blut geht die hübsche Narzisse hervor.

Wie kommt es nun, dass aus solch einer Geschichte der Name für ein so hässliches Verhaltensmuster abgeleitet wird? Was genau erzählt dieser Mythos? Wie ist dieses Wort Narzissmus konkret entstanden? Was soll es bedeuten, narzisstisch zu sein? Ist Narziss selbst narzisstisch?

Die (fiktive) Gestalt des Narziss

Die antiken Quellen erzählen, dass der schöne Narziss einerseits am Verlust und Tod geliebter Angehöriger leidet. Andererseits erlebt der 16-Jährige, dass zwei Kerle und eine hohle Nymphe ihm eine erotische Beziehung aufdrängen möchten. Und weil sich Narziss auf diese drei nicht einlässt, üben sie seelische und körperliche Gewalt auf ihn aus. Das ist die Geschichte von Narziss in ihren zwei wesentlichen Facetten. Sein Schicksal illustriert, wie man an sozialen Beziehungen leiden kann. Der Jüngling selbst ist dabei ein völlig gesunder, sympathischer, selbstbewusster junger Mann.

Die Erfindung des Begriffes Narcismus

Havelock Ellis und Paul Näcke: Der englische Privatgelehrte und Sexualforscher Havelock Ellis prägt 1898 den Begriff »narzissähnliche Tendenz«, abgeleitet daraus, dass Narziss so gebannt sein Spiegelbild betrachtet. Aus dieser Anregung wiederum schöpft der deutsche Psychiater Paul Näcke 1899 den Begriff »Narcismus«. Es ist dabei keineswegs identisch, was diese beiden Männer beschreiben möchten. Sie halten immerhin die jeweils gemeinten Phänomene für sehr selten und grenzen sie klar von Homosexualität ab.

Sigmund Freud und seine Verwirrungskunst: Dann treten Sigmund Freud und seine »psychoanalytischen«1 Kollegen auf den Plan. In ihren Händen wird das Konzept Narzissmus radikal neu gefasst: Es handle sich um ein häufig anzutreffendes Symptom, das charakteristisch sei für Homosexuelle. In seiner zentralen Abhandlung von 1914 benennt Freud darüber hinaus Schizophrene, Größenwahnsinnige, Kinder, Primitive, Perverse sowie Frauen und Mütter als typische Repräsentanten narzisstischen Verhaltens. Die Figur des Narziss aus dem Mythos passt dabei in keine einzige dieser Kategorien hinein. Das ist jedoch Freud und seiner Anhängerschaft herzlich egal.

Freud selbst deutet bereits in seiner Abhandlung von 1914 an, dass er seine Ausführungen für nicht besonders überzeugend hält. In einem Brief an Karl Abraham jammert er regelrecht über diese Unklarheiten. Diese Klage wird auch von anderen Autoren bis in die heutige Zeit fortlaufend wiederholt – und gleichzeitig wird erbittert am Narzissmus festgehalten. Das ist merkwürdig.

DER ANGEBLICHE NARZISSMUS DES NARZISS

In den letzten Jahren haben nun Fachleute mit ihrer Vorstellung von Narzissmus den Mythos von Narziss im Detail neu analysiert. Es hat den Anschein, als wollten sie diese berührende, plausible antike Erzählung gewaltsam mit dem modernen Begriff in Deckung bringen. Mehr als zwanzig solcher Texte – von AutorInnen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Griechenland und Amerika – nehme ich hier kritisch unter die Lupe. Dass Narziss sich beispielsweise auf die oben erwähnten Zudringlichkeiten zweier Männer nicht einlassen mag, wird ihm von modernen PsychotherapeutInnen allen Ernstes als »Beziehungsunfähigkeit« angerechnet. Dass einer dieser liebestollen, abgewiesenen Bewerber sich das Leben nimmt, wird Narziss angelastet: Er sei schuldig geworden, habe den Verehrer um sein Leben gebracht, müsse sich »unterlassene Hilfeleistung« vorhalten lassen. Und dass er am Tod seiner über alles geliebten Zwillingsschwester verzweifelt, das wird ihm gleichermaßen angekreidet, wahlweise als »depressives« oder »inzestuöses« Verhalten.

FATALE FOLGEN FALSCHER DIAGNOSEN

Dass dem fiktiven selbstbewussten Narziss heute allen Ernstes Narzissmus nachgesagt wird, das zeigt, wie leicht bei jemandem – fälschlich! – die darunter gefassten unsympathischen Eigenschaften »diagnostiziert« werden können. Bei einer fiktiven Gestalt ist so etwas ja nicht unbedingt tragisch. Ganz anders jedoch bei Menschen aus Fleisch und Blut. Auch hier kann die vermeintliche Diagnose »narzisstische Persönlichkeit« recht beliebig vergeben werden – mit womöglich höchst problematischen Folgen:

–Ein Therapeut hält – in absurder Logik – seinem Klienten eine narzisstische Persönlichkeit vor und lastet damit ihm selbst die Schikanen am Arbeitsplatz an, denen er ausgesetzt ist. Sein Zustand verschlechtert sich.

–In einem Sorgerechtsstreit argumentiert eine sogenannte Sachverständige auf abstruse Weise die narzisstische Persönlichkeitsstörung einer Lehrerin herbei. Die Folge: Das Kind wird der Mutter weggenommen und in ein Heim gesteckt.

–Wenn ein Junge von 8 Jahren miterleben musste, wie man seine ganze Familie vor seinen Augen in einem KZ ermordet hat, darf sein Leben wohl von diesem Trauma überschattet sein. Eine solche Erfahrung mag wesentlich bestimmen, dass er später gegenüber Frau und Kindern Aggressionen entwickelt. Diese Symptomatik wird jedoch von einem prominenten Narzissmus-Experten als Folge seines fehlgeleiteten primären Narzissmus diagnostiziert. KZ-Traumata seien demgegenüber vergleichsweise harmlos: Man könne sie, im Gegensatz zu Säuglings-Gier und -Wut, mit ein wenig Unterstützung in 2 bis 3 Jahren gut bewältigen und überwinden.

–Sofern ein Psychotherapeut mit einer Klientin ein sexuelles Verhältnis eingeht, ist das nach deutschem Recht strafbar. Wenn sich die Betroffene nach abruptem Ende der Affäre und radikalem Kontaktabbruch von Seiten des (verheirateten) Therapeuten das Leben nimmt, ist das eine Katastrophe. Das ganze Desaster vermögen Fachleute jedoch mit Heiterkeit dem destruktiven Narzissmus des Opfers zuzuschieben.

POLITIKUM

Rainer Mausfeld (2018) hat herausgearbeitet, wie SozialwissenschaftlerInnen und PsychologInnen seit über hundert Jahren im Dienst der Mächtigen das öffentliche Bewusstsein beeinflussen. Mit Begriffsverwirrung und »Wortvergiftung« lenken sie das Denken der Massen in gewünschte Bahnen. Auch in der psychotherapeutischen Wissenschaft sind – wie skizziert – Verwirrungen und Verdrehungen fester Bestandteil des begrifflichen Rüstzeugs. Viele Fachleute sind selbst manipuliert. Gerade am Beispiel des Narzissmus ist dies gut darstellbar: Die Symbolik der zugrundeliegenden Erzählung erschließt sich geradezu von selbst. Jedoch wird, gegen die offensichtliche Handlungslogik des Mythos, von den AutorInnen neuester Ratgeber- und Fachliteratur das Opfer systematisch zum Täter erklärt.

Ein Konzept wie Narzissmus erleichtert das Herrschen in dieser Welt. Opfer von Unterdrückung, Ausgrenzung oder Ausbeutung werden – geradezu zwangsläufig – mehr oder weniger an psychischen und psychosomatischen Symptomen leiden. Mit dem Segen der psychotherapeutischen Wissenschaft werden die Betroffenen jedoch mit einem »Selbst schuld!« auf sich zurückgeworfen. In entsprechenden »Therapien« wird sehr rasch und so gut wie ausschließlich nach dem »eigenen Anteil« gefragt. Diejenigen, die an den Folgen von Schicksal und Gewalt leiden, bekommen auf diese Weise die Verantwortung für ihre Situation selbst aufgebürdet. Sie müssen sich dann noch ohnmächtiger, noch hilfloser, noch unverstandener fühlen und damit erst recht leiden und krank werden.

Ist Julian Assange ein Narzisst?

Hilfreich – jedenfalls für die Mächtigen der Welt – hat sich das Konzept des Narzissmus noch in jüngster Zeit erwiesen. Der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, berichtet über Julian Assange: »[Er] hatte nur 15 Minuten Zeit, sich mit seinem Anwalt vorzubereiten. Das Verfahren selber dauerte ebenfalls 15 Minuten. (…) Assange hatte während der Verhandlung nur einen Satz gesagt: ›I plead not guilty.‹ (auf Deutsch: Ich plädiere auf nicht schuldig.) Der Richter wandte sich ihm zu und sagte: ›You are a narcissist who cannot get beyond his own self-interest. I convict you for bail violation.‹ (auf Deutsch: Sie sind ein Narzisst, der nur an seine eigenen Interessen denkt. Ich verurteile Sie wegen Verletzung der Kautionsauflagen.)« Ein Richter will uns anscheinend glauben machen, mit dem Begriff Narzisst sei so gut wie alles gesagt. Julian Assange, einen Helden der Menschheit, erklärt er damit willkürlich zu einem Verbrecher.

1»Psych-Analyse« ist ein von Josef Breuer 1880-1882 entwickeltes Psychotherapie-Konzept (vgl. S. 153f). Breuer hatte mit dieser Methode eine Patientin in kurzer Zeit nachhaltig von gravierenden Symptomen befreit. Sigmund Freud konstruiert daraus sein komplett gegenläufiges Konzept von »Psychoanalyse«.

DAS (FIKTIVE) LEBEN UND STERBEN DES NARZISS

Funktion von Geschichten

Flussgott und Quellnymphe als Eltern

Narziss – Produkt einer Vergewaltigung?

Das Vater-Sohn-Verhältnis

Mutter Liriopes Sorge

Der Tod des Narziss

Verlust der Zwillingsschwester (1)

Suche nach dem Vater (2)

Suche nach der Mutter (3)

Sich selbst bewahren wollen (4)

Nervtötende Echo (5)

Penetranter Ameinias (6)

Gnadenloser Ellops (7)

Zwei Seiten einer Medaille

Seite 1 – Verlust geliebter Menschen

Seite 2 – Aufdringlichkeit ungeliebter Menschen

Narziss als Problemfall?

Selbst-Bewusstsein als Störfaktor

Gefühlsduselei

Vorauseilender Gehorsam

Böse Demokratie

μῦθοζ [Mythos] und sein Gegensatz λόγοζ [Logos]bedeuten beide das Wort.

Aber Logos ist das Wort als gedachtes, sinnvolles, überzeugendes. (…)Mythos aber bedeutet von Anfang an (…)das Wort von dem, was geschehen ist oder geschehen soll,das Wort, das Tatsachen berichtet oderdurch seine Aussprache Tatsache werden muss,das autoritative Wort. (…)

Die alten Mythen wollen alsoals volle Wahrheit verstanden und heilig gehalten werden.

Walter F. Otto (1874–1958), deutscher Altphilologe(in: Mythos und Welt, 1962, S. 268 f)

FUNKTION VON GESCHICHTEN

Seit Jahrtausenden fühlen sich Menschen angesprochen, wenn sie in Bildern, Symbolen, Mythen und Märchen menschliche Grunderfahrungen wie Selbstbehauptung, Verbundenheit, Freundschaft, Liebe, Konflikt, Bedrängnis, Boshaftigkeit, Missgunst, Unrecht, Tod und anderes ausgedrückt finden, die ihrem eigenen Erleben entsprechen. Es ist von reinigender, therapeutischer Wirkung, wenn begleitende Gefühle zum Ausdruck gebracht werden können. Auch der Mythos von Narziss fasst menschliche Grunderfahrungen in Worte und macht sie damit mitteilbar. Er ist psycho-logisch aufgebaut und darf wohl zeitlose Gültigkeit beanspruchen. Der Altphilologe Friedrich Wieseler hat den Mythos 1856 in seinen Facetten dargestellt.

FLUSSGOTT UND QUELLNYMPHE ALS ELTERN

Ovid nennt den Flussgott Kephisos und die Quellnymphe Liriope als Eltern des Narziss. Diesen zwei Wesen, die mit dem Wasser, einem zentralen Element des Lebens, eng verbunden sind, wird ein prächtiger Knabe geboren. Mit Ovids Worten (2018): »Ein Kind gebar aus dem schwangeren Schoß die wunderschöne Nymphe, das damals bereits man hätt lieben können, und nennt es Narkissus.«

In frühester Menschheitsgeschichte wurden Schwangerschaften bisweilen auf das Baden in einem Fluss zurückgeführt. Zu alten Hochzeitsbräuchen gehörte es, der Braut ein rituelles Bad zu bereiten. Dem Wasser beziehungsweise dem Baden wurde also eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Lebens beigemessen. In einer spärlich mit Wasser versorgten Gegend wie Griechenland wird ein Fluss vermutlich per se als lebensspendend verstanden worden sein.

Narziss – Produkt einer Vergewaltigung?

Ovid spricht davon, dass Vater Kephisos der Mutter Liriope … »vim tulit«. Was aber bedeutet »vim tulit«? Wörtlich lässt es sich übertragen mit: »hat (der Liriope) seine Kraft, Stärke geweiht, angetragen«. Im Allgemeinen wird dieser Ausdruck jedoch mit »hat vergewaltigt« übersetzt. Diese Begrifflichkeit, die für uns moderne Menschen ein klares Verbrechen bezeichnet, wird – wie ab S. 33 ausführlicher dargelegt – meines Erachtens der Absicht des Ovid nicht gerecht. Jedoch nehmen heutige PsychologInnen diese Interpretation gerne zum Anlass, auf ein von Anfang an problematisches und missratenes Leben des Narziss zu schließen.

Das Vater-Sohn-Verhältnis

Im Original-Mythos wird gesagt, dass Narziss seinen Vater sucht. Also hat er ihn wohl irgendwie vermisst. Und an der Stelle, an der Ovid den Narziss als 16-Jährigen vorstellt, nennt er ihn »Cephisius«, also den zu Kephisos Gehörigen. Sein Vater ist – typisch für eine patriarchale Welt – sehr bedeutsam für Narziss. Das passt PsychologInnen nicht so recht ins Konzept. Für sie ist Kephisos als Vater zu wenig präsent gewesen.

Mutter Liriopes Sorge

Mutter Liriope hatte bei der Geburt des Narziss den Seher Teiresias gefragt, ob ihrem Sohn denn vergönnt sei, ein hohes Alter zu erreichen. Diese positiv zu deutende Geste der Liriope wird von PsychologInnen – mir nichts, dir nichts – ins Gegenteil verkehrt: Hierin komme ein versteckter »Todeswunsch« und eine unterschwellige Feindseligkeit der Mutter gegenüber ihrem Kind zum Ausdruck. Ihr wird unterstellt, sie sei – als vergewaltigte, überforderte Alleinerziehende – mit ihrem Kind von Beginn an unangemessen umgegangen. Davon später mehr.

DER TOD DES NARZISS

Verlust der Zwillingsschwester (1)

Pausanias (2. Jh.) schreibt: »Im Gebiet der Thespier gibt es eine donakon (Röhricht) genannte Stelle, wo die Quelle des Narkissos liegt. (…) Narkissos soll eine Zwillingsschwester gehabt haben, die ihm in ihrem Äußeren völlig glich. Beide hätten das Haar in gleicher Weise getragen, hätten die gleiche Kleidung angezogen und seien miteinander zur Jagd gegangen. Narkissos sei in seine Schwester verliebt gewesen; aber als das Mädchen starb, sei er immer wieder zu dieser Quelle gegangen und habe zwar gewusst, dass er auf sein eigenes Abbild blicke, doch habe es ihm trotzdem eine Erleichterung in seiner Liebe verschafft, da er sich vorstellte, er sehe nicht sein eigenes, sondern seiner Schwester Bild.« Diese Version mit der Zwillingsschwester ist für mich besonders markant. Geschwister, die sich seit dem Mutterleib kennen, haben oft eine lebenslange intensive Bindung. Wenn eines der beiden stirbt, insbesondere, wenn es in jungen Jahren geschieht, ist das für den übrig gebliebenen Zwilling mit entsprechend großem Schmerz und tiefer Trauer verbunden.

Suche nach dem Vater (2)

Wieseler: »Ein römischer Dichter leitet den Umstand, dass Narkissos sich im Wasser erblickte, daher ab, dass dieser, der als Sohn eines Flussgottes die Quellen hoch gehalten, seinen Vater im Wasser gesucht habe. Ein anderer führt, ohne von dem Letzteren zu wissen, nur sein stetes Umherschweifen in den Wäldern und seine Liebe zu den heiligen Quellen in ihnen als Grund dafür an.« Narziss »sieht« also wohl in dieser Variante in seinem Spiegelbild den Vater.

Suche nach der Mutter (3)

Vibius Sequester (4./5. Jh.) berichtet, dass die Quelle, in der Narkissos sich erblickte, nach Liriope – seiner Mutter – benannt gewesen sei. Folglich »erkennt« Narziss hier also wohl in seinem Spiegelbild die Mutter und will diese – vergeblich – festhalten.

Sich selbst bewahren wollen (4)

Ovid beschreibt ausführlich, wie Narziss an seinem eigenen Spiegelbild im Wasser Gefallen findet und es festzuhalten versucht. Im Zusammenhang mit den ersten drei Versionen verstehe ich dieses Verhalten als den verzweifelten Versuch, sich selbst festhalten zu wollen. Das heißt: Narziss ist sich seiner eigenen Endlichkeit bewusst und leidet daran. Unterstrichen wird diese Deutung durch die beiden prägnanten, besonders vergänglichen Merkmale des Narziss: Schönheit und Jugend. Der Griff ins Wasser nach dem Bild von sich selbst, bei dem er am Ende vor Verzweiflung stirbt, veranschaulicht also die Unaufhaltbarkeit seines eigenen verrinnenden Lebens.

Nervtötende Echo (5)

Die Nymphe Echo kann, wie ihr Name schon verrät, nur nachplappern, was andere gerade gesagt haben. Die Göttin Hera hatte ihr dies als Strafe auferlegt. Denn Echo hatte sie zuvor des Öfteren in lange Gespräche verwickelt, um sie abzulenken, damit Heras Göttergatte Zeus mit irgendwelchen Nymphen ungestört seinen Seitensprüngen nachgehen konnte. Mit der Treue nimmt es diese Echo also offenbar nicht so genau.

Ein Monolog mit Echo: Echo selbst verliebt sich eines Tages in Narziss und verfolgt ihn. Dieser ist gerade mit Freunden zur Jagd im Wald unterwegs. Hier kommt es zu folgender Begegnung: Narziss hat die Freunde aus den Augen verloren und ruft nach ihnen. Der Monolog mit Echo:

Narziss:

Ist denn jemand hier?

Echo:

… hier?

Narziss:

Komm!

Echo:

… komm!

Narziss:

Was fliehst du vor mir?

Echo:

Was fliehst du vor mir?

Narziss:

So wollen wir hier uns vereinen! (»coeamus«)

Echo:

… uns vereinen!

 

(wirft sich dabei dem Narziss an den Hals)

Narziss:

Ich sterbe eher, als dir ich gehöre!

Echo:

… dir ich gehöre!

Echos Gekränktheit: Echo hatte wohl gedacht: »Wenn ich Narziss liebe, dann muss er mich doch auch lieben!« Als Narziss nicht wie ein bloßes Echo reagiert, ist sie tief gekränkt. Sie siecht vor sich hin, nimmt immer mehr ab und wird zur bemitleidenswerten Gestalt. Am Ende bleibt nur noch ihre Stimme als Echo in den Bergen zurück. Womöglich will sie Schuldgefühle bei Narziss auslösen, quasi die letzte Hoffnung auf ein Echo: »Wenn es mir schon schlecht geht, dann soll es dir auch schlecht gehen, dann sollst du wenigstens Schuldgefühle haben!« Echo erträgt die selbstbewusste Reaktion des anderen nicht. Sie ist hier diejenige, die Egozentrik und Beziehungsunfähigkeit beweist.

Narziss lässt sich jedoch von ihrem Beleidigtsein nicht beeindrucken, geschweige denn umstimmen. Es gibt keinen vernünftigen Grund für ihn, sich auf dieses aufdringliche Beziehungsangebot einzulassen. Am Ende fällt er aber doch ihrer Schuldgefühl-Strategie zum Opfer. Denn ihm wird die Verantwortung für das Siechtum von Echo zugeschoben. Die Göttin von Rhamnus (= Nemesis; vgl. S. 40 f) nimmt dies unter anderem zum Anlass, Narziss zu bestrafen. Die meisten hier zitierten PsychologInnen stehen fest auf der Seite von Nemesis: Sie fordern in aller Regel, dass sich Narziss auf Echo hätte einlassen sollen.

Mangelnde Einfühlung: Psychologisch gesehen zeigt Echos Verhalten, ihr plumpes Nachplappern, dass sie sich selbst nicht wahrnehmen kann. Sie ist nicht achtsam für ihre eigenen Bedürfnisse, die sie folglich auch nicht zum Ausdruck bringen kann. Zu ihrer Leidensgeschichte gehört mutmaßlich, dass jemand von ihr – wohl bereits als Kind – verlangt hat, sich vollkommen an andere anzupassen, eigene Interessen zu verleugnen. So wenig wie sie ihre eigenen Bedürfnisse wahrnimmt, so wenig kann sie auch die Bedürfnisse ihres Gegenübers wahrnehmen und respektieren.

Penetranter Ameinias (6)

Konon (1. Jh.) erzählt: »In Thespeia in Böotien lebte Narkissos, ein sehr schöner Knabe und Verächter des Liebesgottes sowie der Liebhaber. Die anderen Liebhaber nun gaben ihr Lieben auf; aber Ameinias blieb beharrlich und bat inständigst. Als jener ihn aber nicht annahm, sondern ihm sogar ein Schwert schickte, entleibte er sich vor der Tür des Narkissos, nachdem er den Gott oftmals angefleht hatte, ihm Rächer zu werden. Narkissos aber, nachdem er sein Gesicht und seine Gestalt an einer Quelle mit Ähnlichkeit im Wasser erscheinend erblickt hat, wird allein und in seltsamer Weise sein Liebhaber. Endlich entleibt er, rat- und hilflos und dafür haltend, dass er gerecht leide für seinen Übermut in Betreff der Liebesneigung des Ameinias, sich selbst. Und seitdem haben die Thespienser beschlossen, den Liebesgott mehr zu verehren und ihm außer dem gemeinschaftlichen Dienste auch ein jeder für sich Opfer darzubringen.«

Darf Narziss den Ameinias abweisen? Ameinias meldet seine Beziehungsbedürfnisse »beharrlich« bei Narziss an. Er glaubt anscheinend ebenso wie die Nymphe, mit seinem Liebeswerben Anspruch auf ein entsprechendes Echo zu haben. Abgesehen davon, dass Narkissos gerade 16 Jahre jung ist, hat er womöglich generell keinen Spaß an Homosexualität. (Das soll nicht Homosexualität an sich negativ bewerten.) Narziss könnte sogar durchaus selbst homosexuell sein, aber an Ameinias einfach keinen Gefallen finden. Auch in solch einem Fall darf ihm die Aufdringlichkeit eines Bewerbers einfach auf die Nerven gehen. So schickt er ihm ein Schwert – zur Bedeutung dieser Geste gleich mehr. Mit diesem Schwert nimmt sich Ameinias das Leben.

Selbst dann, wenn der 16-jährige Narziss durch sexuelle Enthaltsamkeit aufgefallen sein sollte: Vielleicht wollte er sich mit einer Partnerschaft noch Zeit lassen. Vielleicht hatte er sich aber auch schon in jemanden verguckt, ohne dies an die große Glocke zu hängen. Jene aber, die nicht zum Zuge kamen, warum auch immer, diffamierten ihn als »Verächter des Liebesgottes«, um ihn moralisch unter Druck zu setzen. Von Ameinias bekommt er ausdrücklich die Schuld an dessen Freitod aufgebürdet.

Erpressung zu einer Beziehung: In meiner Praxis hat mir eine Betroffene einmal von einer ähnlichen Erfahrung berichtet. Ein 18-jähriger Gymnasiast wollte die damals 17-Jährige mit Suiziddrohungen dazu bringen, auf sein »Liebeswerben« – sprich: seine Erpressung – einzugehen. Die junge Frau blieb standhaft und gab dem Begehren ihres Mitschülers nicht nach. Daraufhin verschwand der junge Mann für mehrere Monate. Ein Förster fand schließlich seine sterblichen Überreste im Wald. Es war eindeutig Freitod. Das zog der jungen Frau komplett den Boden unter den Füßen weg. An ihr Abitur konnte sie nicht mehr denken. Ihre Verzweiflung kompensierte sie mit Drogen. Monate verbrachte sie in der Psychiatrie. Aus diesen Erfahrungen sind eine Fülle von Traumatisierungen mitsamt dysfunktionalen Reaktionsmustern zurückgeblieben. Das ganze Geschehen mit all seinen Folgewirkungen überschattet noch nach Jahrzehnten ihr Leben.

Genau so verstehe ich die Reaktion des Narziss bei Konon. Überwältigt von der vermeintlichen Schuld verzweifelt er so sehr, dass er sich selbst verletzt und am Ende das Leben nimmt. Das ist von der Psychodynamik her stimmig erfasst. Narziss ist dabei nicht Täter, sondern eindeutig Opfer.

Zusendung eines Schwertes: Nach Harald Patzer ist im antiken Griechenland die Knabenliebe Bestandteil einer Art Initiation. Im Kontakt zu einem erwachsenen Krieger, bei dem eine erotische Beziehung eingeschlossen war, sollte ein Jüngling zum vollwertigen Mann heranreifen. In Sparta war ein erwachsener Krieger verpflichtet, sich eines Jugendlichen anzunehmen. Für Kreta sei verbürgt, dass ein Knabe nach einem festen Ritus in die Obhut eines Kriegers kam: Der ältere Krieger machte dem Jugendlichen, den er ausbilden wollte, zunächst Geschenke in Form militärischer Ausrüstung. Lehnte dieser die Geschenke ab, wies er den Bewerber – und das erotische Ansinnen – zurück.

In diesem Zusammenhang gesehen: Mit der (Rück-)Sendung des überreichten Schwertes unterstreicht Narziss die Ablehnung einer engeren Beziehung zu Ameinias. Dessen Ansinnen, mit dem schönen Narziss Knabenliebe zu praktizieren, erteilt das Objekt der Begierde in kodifizierter Art und Weise eine Absage. Es war damit keineswegs eine Aufforderung zum Selbstmord gemeint. Diesen setzt Ameinias jedoch demonstrativ in Szene und fleht im Sterben, ein Gott möge ihn rächen. Bei Ovid übernimmt es nun die Göttin Nemesis, diesen Wunsch zu erfüllen.

Vom Opfer zum Täter: Die altgriechische Initiation zum Krieger würden wir heute wohl als gesellschaftlich gebilligte sexualisierte Gewalt gegen männliche Jugendliche bezeichnen. Die Jungen konnten der mehr oder weniger intimen Obhut eines Mannes zwar nicht entgehen, allerdings unter den zur Verfügung stehenden Kandidaten wählen. Vermutlich war Ameinias selbst seit seiner Kindheit an die Missachtung seiner körperlichen Selbstbestimmung gewöhnt. Indem er nun gegenüber Narziss so aufdringlich wird, überträgt er wahrscheinlich die am eigenen Leib erlebten und somit erlernten Verhaltensmuster. Als er abblitzt, stellt er Narziss, das Opfer seiner Nachstellungen, als Täter hin. Leider ist diese Opferbeschuldigungsstrategie viel zu oft erfolgreich.

Gnadenloser Ellops (7)

Von Probus (1. Jh.) beziehungsweise Pomponius Sabinus (1. Jh.) ist die letzte Variante überliefert, die Wieseler folgendermaßen referiert: »Ganz abweichend dagegen ist folgende Nachricht des Grammatikers Probus: ›Die Blume Narkissos hat, wie Asklepiades berichtet, ihren Namen von Narkissos, dem Sohne des Amarynthos (…) nachdem er von dem Ellops (?) getötet war, brachte er aus seinem Blute die Blumen hervor, welche seinen Namen tragen.‹ (…) Endlich scheint auch in der Sage bei Probus, nach dem Zusatze des Pomponius Sabinus, dass der Mörder des Narkissos ein Liebhaber desselben gewesen, zu schließen, der Tod des Jünglings als Folge verschmähter Liebe gefasst zu sein.« Diese Version, die Wieseler für »ganz abweichend« hält, unterstreicht meines Erachtens nur die Logik der Geschichte aus Version 5 und 6. Narziss erleidet tödliche Gewalt durch den verschmähten Liebhaber Ellops, dessen Begehren er ablehnt.

ZWEI SEITEN EINER MEDAILLE

Losgelöst von seiner Vorgeschichte erzählen also insgesamt sieben antike Mythos-Varianten vom Sterben des schönen Narziss. Ich selbst teile sie in zwei Klassen ein, die die zwei Seiten von ein und derselben Medaille abbilden: die zwei Möglichkeiten, an sozialen Beziehungen zu leiden.

Seite 1 – Verlust geliebter Menschen

Vergeblicher Griff ins Wasser: