Die nie debattierte Geschichte hinter dem Hanfverbot - Annemarie Meyer - E-Book

Die nie debattierte Geschichte hinter dem Hanfverbot E-Book

Annemarie Meyer

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Beschreibung

Eine Beweisführung der Verbotsgeschichte. Die Hanfverbote sind ein Erbe rassistischer Zeiten. Die Geschichte dahinter anzuerkennen und die Konsequenzen daraus zu ziehen, ist notwendig. Denn dieses Gedankengut hat in der heutigen Gesetzgebung nichts mehr verloren. Das hundertjährige Verbot diente nicht der Gesundheit, sondern der Unterdrückung fremder Kulturen. Das Hanfverbot basiert klar auf falschen Angaben, wirtschaftlichem Kalkül und auf Rassismus. Diese Hintergründe zu belegen, ist der Autorin eine Herzensangelegenheit. Weder Gerichte, Strafverfolgungsbehörden noch Mitbürger*innen sollen je wieder über Hanfkonsument*innen und Hanfhändler*innen urteilen dürfen, ohne die Geschichte dahinter zu kennen. Wolfgang Neškovic, ehemaliger deutscher Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe, war bereits 1992 überzeugt, «dass die Drogenpolitik anders verlaufen würde, wenn es gelänge, die zutreffenden Informationen publik zu machen. Die gegenwärtige Drogengesetzgebung lässt sich nur deshalb praktizieren, weil in der Bevölkerung ein entsprechendes Informationsdefizit herrscht.»

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Annemarie Meyer

Die nie debattierte Geschichte hinter dem Hanfverbot

Eine Beweisführung

E-Book-Ausgabe

Die Verbreitung dieses Produkts durch Funk, Fernsehen oder Internet, per fotomechanischer Wiedergabe, auf Tonträgern jeder Art, als elektronisches beziehungsweise digitales Medium sowie ein über das Zitier-Recht hinausgehender auszugsweiser Nachdruck sind untersagt. Jegliche öffentliche Nutzung bzw. Wiedergabe setzt die ausdrückliche, schriftliche Genehmigung der Nachtschatten Verlag AG voraus.

Diese Publikation enthält versteckte und personalisierte Informationen bezüglich Herstellung, Vertrieb, Verkauf und Käufer. Im Falle von unerlaubter Verbreitung des Inhalts behält sich der Rechteinhaber vor, Missbräuche juristisch zu belangen.

Herstellung:Bookwire GmbHVoltastraße 160468 Frankfurt am MainDeutschland

Verlag:Nachtschatten Verlag AGKronengasse 114500 SolothurnSchweiz

Impressum

Nachtschatten Verlag AG

Kronengasse 11

CH-4500 Solothurn

www.nachtschatten.ch

[email protected]

© 2023 Nachtschatten Verlag

© 2023 Annemarie Meyer

Der Nachtschatten Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2024 unterstützt.

Fachlektorat: Markus Berger, Felsberg

Lektorat: Nina Seiler, Zürich

Korrektorat: Jutta Berger, Felsberg

Layout: François Reusser; Mitarbeit: Nina Seiler, Zürich

Umschlaggestaltung: François Reusser, Zürich

Umschlagfoto: Jürg Augstburger, Says

3. Auflage

Printed in EU

ISBN 978-3-03788-635-9eISBN 978-3-03788-660-1

Alle Rechte der Verbreitung durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art, elektronische Medien und auszugsweiser Nachdruck sind vorbehalten.

Eine Dokumentation über die rassistischen, wirtschaftlichen und betrügerischen Ursprünge des Hanf-Verbots in den USA vor 100 Jahren

und die Entstehung der Strafbestimmungen für Cannabisdelikte in Artikel 19 im Schweizer Betäubungsmittelgesetz:

Unbefugter Anbau, Handel, Besitz, Verarbeitung, Ein- und Ausfuhr, Vermittlung, Finanzierung, in Verkehrbringung usw. wird gemäss Art. 19 Abs. 1 BetmG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet. Der gewerbsmässige Handel mit Betäubungsmitteln wird mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft (Abs. 2). Wer unbefugt Betäubungsmittel vorsätzlich konsumiert oder wer zum eigenen Konsum eine Widerhandlung im Sinne von Art. 19 BetmG begeht, wird dagegen mit Busse bestraft (Art. 19a Abs. 1 BetmG).

Die Fakten in diesem Buch sollen allen wegen Hanf-Delikten Angeklagten und Verurteilten als entlastendes Material vor Gericht dienen. Denn:

«Betrug lässt sich nicht verhindern. Sorgen bereiten aber jene Artikel, die nicht widerrufen werden, obwohl man das aufgrund nachweislich enthaltener Fehler tun müsste.»

Ivan Oransky vom Arthur Carter Journalism Institute,New York University, 2021

Der Zeitgeist vor hundert Jahren war ein anderer als heute. Die Taktik der Mächtigen ist noch immer dieselbe.

Abb.1: Der Koloss von Rhodos als Symbol des neuen Imperialismus in Afrika. Karikatur von Edward Linley Sambourne in der Satire-Zeitschrift Punch, 1892.

Abb.2: Ku-Klux-Klan-Parade, Washington, DC, 13. September 1926. Foto: National Photo Co. (Library of Congress, Prints and Photographs Division Washington, DC 20540 USA)

Wolfgang Nešković, ehemaliger deutscher Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe war bereits 1992 überzeugt, «… dass die Drogenpolitik anders verlaufen würde, wenn es gelänge, die zutreffenden Informationen publik zu machen. Die gegenwärtige Drogengesetzgebung lässt sich nur deshalb praktizieren, weil in der Bevölkerung ein entsprechendes Informationsdefizit herrscht.»

Die deutsche Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Hedwig Dohm (1831–1919) schrieb vor hundert Jahren: «Es liegt in der Taktik unserer Gegner, die wieder und wieder dieselben Behauptungen aufstellen, unter absoluter Ignorierung unserer Widerlegungen, und uns damit nötigen, das zehnmal Gesagte noch einmal zu sagen.»

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Offener Brief

Einleitung

Danksagung

Teil 1: Die Drogenverbote als Erbe rassistischer Zeiten

1.Die rassistischen Anfänge des Hanfverbots in den USA

2.Von einer uralten Medizin zum schlimmsten Rauschgift

3.«Rauschgiftsucht» als Erbe des Dritten Reichs und Prohibition als Werkzeug zur Unterdrückung

4.Das Hanfverschreibungsverbot für Ärzte zugunsten der Pharmaindustrie

5.Die UNO-Charta für Menschenrechte

6.Hanf-Forschungsverbote unter Androhung von Gefängnis und die MK-Ultra-Studien der CIA

7.Die Boggs-Gesetze von 1951 gegen den Kommunismus und wie die US-amerikanischen Desinformationen über Hanf den Weg ins Schweizer Bundeshaus fanden

8.Wie die WHO dem Hanf jeglichen therapeutischen Wert absprechen konnte

9.Anslingers Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel von 1961 ohne wissenschaftliche Grundlage

10.Kennedys politische Kehrtwende und die «Power to the People»-Bewegung der 60er Jahre

11.Der Chefberater des Weissen Hauses gesteht die rassistischen Hintergründe von Nixons «War on Drugs» ein

12.Wie der Drogenkrieg mithilfe der CIA trotz Widerlegung des Einheitsabkommens nach Europa überschwappte

13.Die 70er Jahre und der vom US-Justizministerium in die UNO eingeschleuste Sonderberater Gabriel Nahas

14.Bush senior wird CIA-Präsident

15.Die 80er Jahre und die Reagan/Bush-Scientology-Verbindung

16.Der deutsche Verfassungsschutz bestätigt die Demokratiefeindlichkeit von Scientology

17.Die manipulierten Studien der besten Wissenschaftler der US-Regierung und von Scientology

18.George H. W. Bush wird als erster ehemaliger CIA-Chef US-Präsident und verdoppelt die Zahl der Inhaftierungen

19.Sklavenarbeit in US-Gefängnissen dank Drogenkriminalität

20.Wie US-Desinformationen mithilfe von Sekten die Drogenpolitik der 1990er in Europa beeinflussten

21.Das Recht auf Rausch und der ökologische Hanfboom

22.Dank «Duftsäckli» wird die Schweiz zur Selbstversorgerin mit Cannabis

23.Die Pharmaindustrie unterstützt Rassismus und Drogenverbote und die WHO hält Studie über Hanf zurück

24.Der Schweizer Bundesrat will einen regulierten Markt für Cannabis

25.Wir sind die, die man einsperren, ausgrenzen und in den Medien denunzieren darf

26.Verbreitung von Angst und Schrecken in der Bevölkerung

27.Wie die Schweizer Hanfinitiative 2008 durch Propaganda aus dem Ausland torpediert wurde

28.Unsere Antworten zum Fragenkatalog des Schweizer Ordnungsbussen-Vernehmlassungsverfahrens OBV von 2011

29.Warum dürfen beim Alkohol trotz Gefahren die positiven, bei Cannabis aber nur die negativen Attribute in den Vordergrund gestellt werden?

30.Zehn Gründe, welche die Bevölkerung nicht nur vor der Schweizer Hanf-Abstimmung 2008, sondern weltweit in die Irre führten

31.Die Rangliste der gefährlichsten Drogen

32.Haben wir ein Recht auf Rausch? Ein Vergleich von Alkohol, Tabak, Medikamenten und Cannabis

33.Der Vergleich von Alkohol und Cannabis im Strassenverkehr

34.Provokative Fragen an Alkohol- und TabakkonsumentInnen

35.Zusammenfassung der Fakten

36.Die ethisch-moralischen Folgerungen aus den vorangegangenen Fakten

Teil 2: Gesetzestexte zum Antidiskriminierungsverbot mit Stellungnahmen der Weltdrogenkommission und der eidgenössischen Kommission für Suchtfragen

Teil 3: Anhänge

1.Internationale Legalisierungs-Entwicklung

2.Aufhebung des Absinth-Verbots im Gesetz

3.Regulierung des Cannabismarktes für einen besseren Jugend- und Konsumentenschutz Parl. Init. von Heinz Siegenthaler

4.Regulierungsmodell der Schweizer Hanf-Koordination vom Februar 2001

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis und Bildquellen

Über die Autorin

Weiterführende Adressen

Internetquellen und -links: Die nicht datierten waren bis mindestens 20.2.2023 abrufbar.

Vorwort von F. Reusser

Mit der Lancierung der Idee einer Volksinitiative zur Legalisierung aller Betäubungsmittel durch den Verein gegen gesellschaftliche Gleichgültigkeit (VGGG) begann im Jahre 1991 die nationale Debatte zur Revision des BetmG. Relativ schnell gelang es dem VGGG, weitere interessierte Kreise einzubinden, und schon ein Jahr später stand die Trägerschaft für die Initiative. Mit SP und GP-Politikern, Jugend- und Sozialarbeitern sowie Konsumenten- und anderen Betroffenenorganisationen stand eine breite Trägerschaft, welche sich unter dem Namen Verein zur Drogenlegalisierung (DroLeg) konstituierte. 1993 wurde dann die Initiative unter dem Titel «Für eine vernünftige Drogenpolitik» lanciert und ein Jahr später eingereicht.

Leider wurden in der gesamten öffentlichen Diskussion zur DroLeg-Initiative fast ausschliesslich Heroin und Kokain thematisiert. Alle Versuche der DroLeg, die Cannabis-Frage in die öffentliche Diskussion einzubringen, scheiterten. Zum damaligen Zeitpunkt gab es nur den Verein Schweizer Hanf-Freunde (VSHF), welcher seit den 70er Jahren vor allem als Konsumenten (Kiffer)-Organisation aufgetreten war. 1992 hatte der VSHF begonnen, mit interessierten Bauern Hanf anzubauen, und arbeitete an den Vorbereitungen zur DroLeg-Initiative noch mit. Kurz darauf entwickelten einige VSHF-Mitglieder ganz eigenwillige und abstruse Ideen zur Hanf-Politik, welche in einer schnell lancierten und schnell gescheiterten eigenen Legalisierungs-Initiative gipfelten und verabschiedeten sich damit von der ernstzunehmenden Polit-Diskussion.

Um die Cannabis-Debatte neu zu beleben, gründeten DroLeg-AktivistInnen der ersten Stunde den Verein und die Genossenschaft HanfPlus. Ziel war es, wirtschaftliche Aktivitäten im legalen Hanfbereich mit Politaktionen zur Cannabis-Legalisierung zu verbinden, um so neue Impulse in die Diskussion einzubringen. Damals gab es in der Schweiz nur einen einzigen Hanfladen, das «Hanflädeli» in Bern. Mit dem Nachtschatten Verlag in Solothurn, der seit Anfang der 80er Jahre Literatur zu Drogen und Hanf verlegt und vertreibt, gab es damit schweizweit zwei Firmen, die irgendwie im «Hanfgeschäft» tätig waren. Aber es entstand Bewegung; neben HanfPlus entstand in Zürich ein neuer Laden, das Hanf-Center, und der erste VSHF-Bauer, der sich inzwischen vom VSHF distanziert hatte, gründete im Wallis die Firma Valchanvre.

Im Rahmen der OEKO-Messe in Zürich im Frühjahr 1995 präsentierte sich die «Hanfbranche» erstmals in der Öffentlichkeit. An einem gemeinsamen Stand von HanfPlus, Nachtschatten Verlag und Hanf-Center gab es Bücher zu Hanf, Lebensmittel und Kosmetikprodukte der Firma Valchanvre, Kleider, Accessoires, Papeteriewaren und weitere Produkte aus Hanf. Aus dieser Zusammenarbeit entstand sehr schnell die Idee, eine neue nationale Organisation zu schaffen, welche die Interessen dieser Hanfbranche vertreten sollte. Im Januar 1996 wurde in Bern die Schweizer Hanf Koordination (SHK) mit dann bereits 17 Mitgliedsfirmen gegründet. Es war klar, dass in dieser Branche viel Entwicklungspotenzial steckte; wie stürmisch die Entwicklung werden würde, ahnte damals kein Mensch.

Knappe sechs Jahre später, 2001, stellten wir etwas verwundert fest:

a. Die Hanfbranche hatte sich zu einer wirtschaftlichen Kraft entwickelt, Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen (auch wenn einige immer wieder von Justizbehörden vernichtet wurden) und erwirtschaftete einen Gesamtumsatz, der bereits nahe an einer Milliarde war.

b. Die SHK hatte sich mit weit über 150 Mitgliedsfirmen zu einem anerkannten Fachverband entwickelt, der von den Behörden als Ansprechpartner und in der öffentlichen Diskussion als ernstzunehmende politische Kraft wahrgenommen wurde.

Mit der im Frühling 2001 verabschiedeten Botschaft des Bundesrates zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes war die Diskussion schliesslich bei den gesetzgebenden Behörden angekommen. Mit dem darin enthaltenen Vorschlag, den Konsum zu legalisieren und den Handel und Anbau unter gewissen Umständen im Rahmen des Opportunitätsprinzips zu tolerieren, bestand die Hoffnung, dass wenigstens ein Teil unserer alten Forderungen realisiert werden konnte.

Nachdem der Ständerat sich zunächst noch positiv geäussert hatte, wurde die Diskussion vor der Nationalratsdebatte hässlich. Wieder einmal wurde mit Emotionen und nicht mit Argumenten operiert. Und schlussendlich wurde die gesamte Vorlage versenkt.

Der spätere Versuch, mit einer Volksinitiative doch noch eine sinnvolle Regulierung des Hanfmarktes zu erreichen, war eigentlich bereits vor der Lancierung zum Scheitern verurteilt. Volksinitiativen haben sehr selten Erfolg und auch diese Debatte wurde mehrheitlich emotional und nicht argumentativ geführt.

Und nun, 22 Jahre später, ist immer noch nicht viel passiert. Die USA, welche vor mehr als 90 Jahren diese wahnsinnige Hetzjagd gegen Hanf begonnen und vor mehr als 70 Jahren mit den weltweiten Gesetzen gegen Betäubungsmittel und später den «Krieg gegen Drogen» gestartet haben, haben mittlerweile in vielen Bundesstaaten Cannabis faktisch vollständig legalisiert und einige andere Länder haben Cannabis auch legalisiert oder zumindest entkriminalisiert. Nur in der Schweiz passiert wenig. Die nur zaghaft startenden Versuche sind lächerlich. Pilotprojekte braucht es nicht mehr, diese fanden schon vor 25 Jahren im grossen Stile statt und alle Modelle für eine Regulierung gab es schon damals, und sie sind heute noch richtig.

Aber das Gedächtnis von Politikern scheint kurz zu sein und sie glauben, sie müssten immer wieder alles neu erfinden. Das Ende des letzten Jahrhunderts publizierte Regulierungsmodell der Schweizer Hanf Koordination (SHK) ist immer noch aktuell und beantwortet alle offenen Fragen zum Thema.

Annemarie Meyer war seit Mitte der 1990er Jahre immer engagiert dabei. Mit Modeschauen an den ersten Sonderschauen Hanf an der OEKO-Messe, später mit ihrer Hanfboutique in Winterthur und vor allem mit ihrem grossen Engagement in der politischen Arbeit der SHK. Nun hat sie sehr viel Arbeit in dieses Buch gesteckt, das einen wertvollen Beitrag für die zukünftige Diskussion über die Neuausrichtig der Hanfpolitik leisten wird.

Danke, Annemarie, für deine Arbeit – und hoffen wir, dass möglichst viele dieses Buch auch lesen, und vor allem die, welche sich mit der künftigen Revision des Betäubungsmittelgesetzes befassen.

François ReusserMitbegründer und Präsidentder Schweizer Hanf Koordination 1996-2006Zürich, im März 2023

Offener Brief

an den Schweizer Bundesrat, das Parlament, Gerichte, Strafverfolgungsbehörden und an alle Mitbürger und Mitbürgerinnen

Der damalige Schweizer Bundesrat Philipp Etter hatte 1951 in seiner Rede vor dem Parlament die Falschaussagen über Hanfkonsum von Harry J. Anslinger, Chef des amerikanischen Drogendezernats, übernommen. Nachfolgende gesundheitliche Risiken von Hanf wurden für die Aufnahme ins Schweizer Betäubungsmittelgesetz geltend gemacht:

«… es liegt in der Eigenart dieser verheerenden Krankheit, dass sie die Hemmungen der Kranken mit der Zeit vollständig zersetzt. So dass diese Süchtigen für jede verbrecherische Versuchung anfällig werden.»1

Diese Ansicht Etters führte damals – nach dem Zweiten Weltkrieg noch unter Notrecht – zum Verbot und damit zum Verschwinden unserer heimischen Kultur- und Medizinalpflanze Hanf. Die aus den USA geschürte Angst vor dem «Teufelskraut» war dermassen ansteckend, dass Hanf in der Schweiz ohne wissenschaftliche Grundlage verboten wurde.2 In der Meinung: Wer Marihuana raucht, wird süchtig und Drogensucht ist eine Gefahr für den Staat.3

Anslinger schaffte es 1954 als UNO-Sonderberater der WHO sogar, dem Hanf international jeglichen therapeutischen Wert abzusprechen und ihn 1961 über die «UN-Single Convention on Narcotic Drugs» als eine der gefährlichsten Pflanzen weltweit zu brandmarken.4 Seine historisch belegten Beweggründe waren rassistischer Natur und dienten der Unterdrückung der Schwarzen, der Mexikaner und der Hispanics in seinem Land. Dank des Hanfverbots konnten sie schikaniert, enteignet, ausgewiesen, eingesperrt und als billige Arbeitskräfte missbraucht werden. Mit der UN-Single-Convention von 1961 stärkte Anslinger, nach seinen eigenen Worten, zusätzlich auch die globale Vormachtstellung der USA.5

Die nachfolgenden US-Politiker und -Regierungen nutzten die Drogenpolitik jeweils zu ihrem eigenen Vorteil. John Ehrlichman, Richard Nixons Chefberater für innere Angelegenheiten im Weissen Haus von 1969 bis 1973, bestätigte in betagtem Alter in einem Interview die ebenfalls rassistischen und antikommunistischen Hintergründe des Drogenkriegs seines damaligen Präsidenten:

«Die Nixon-Kampagne 1968, und danach das Weisse Haus unter Nixon, hatten zwei Feinde: die linken Vietnam-Kriegsgegner und schwarze Menschen. Wir wussten, dass wir es nicht illegal machen konnten, gegen den Krieg oder schwarz zu sein, aber indem wir die Öffentlichkeit dazu brachten, die Hippies mit Marihuana und die Schwarzen mit Heroin zu assoziieren, und beides streng kriminalisierten, konnten wir diese Bevölkerungsgruppen untergraben. Wir konnten die Anführer festnehmen, Razzien in ihren Häusern durchführen, ihre Treffen auflösen, und sie Abend für Abend in den Nachrichten diffamieren. Wussten wir, dass wir logen, was die Drogen anging? Natürlich wussten wir das.»6

Das Betäubungsmittelstrafrecht in der Schweiz wurde bis in die 1970er Jahre von den USA bestimmt und von der Schweiz unkritisch übernommen.7 Erst 1991 bestätigte das Bundesgericht in Lausanne, dass Hanf nicht die Gesundheit vieler Menschen schädigen könne und keine Einstiegsdroge sei.8

Seit 20 Jahren setzen sich denn auch immer mehr Länder über die UN-Single-Convention hinweg, da sie sie, im Wissen über die rassistische Vergangenheit, für verfassungswidrig halten. Inzwischen hat die WHO den wertvollen therapeutischen Nutzen und die relative Unbedenklichkeit des natürlichen Hanfs wieder anerkannt.9 Nicht aber die synthetischen Derivate der Industrie, die auf dem Schwarzmarkt grosse gesundheitliche Gefahren bergen.10

Gesetze, auch UNO-Verträge, die auf absichtlicher Täuschung und Rassismus beruhen, sind ungültig, egal wie lange sie schon existieren. Diskriminierung zu verhindern ist Auftrag unserer Verfassung. Die Verfahren, die bis heute gegen HanfkonsumentInnen und -HändlerInnen vollzogen wurden, basierten nicht auf aktuellem Wissen, sondern massgeblich auf den vorhandenen internationalen Hanf-Verbots-Gesetzen.11 Und die sind bei näherer Betrachtung ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das belegt dieses Buch mit historischen Fakten. Überzeugen Sie sich selbst. Die Konsequenz daraus muss die Streichung von Hanf aus dem Betäubungsmittelgesetz sein.

Hanf ist eine unserer ältesten und wertvollsten Kultur- und Medizinalpflanzen, die uns seit Jahrtausenden begleitet. Hanf gehört zurück auf unsere Äcker und zur Arterhaltung als Wildwuchs zurück in die Natur.

Wir bitten Sie in tiefem Respekt vor all dem Leid und Schmerz, den Sie vielleicht in der eigenen Familie, als Freunde und Verwandte mit oder um legale oder illegale Drogen erlebt haben, hinzuschauen, wieviel Elend die Drogenverbote in den letzten hundert Jahren verursacht haben. Wir bitten Sie, sich gemeinsam mit uns den dargelegten politischen Hintergründen der Drogenpolitik zu stellen: Einer Vergangenheit, in der ganze Völker ihrer Freiheitsrechte beraubt wurden, Menschen unterdrückt, enteignet, interniert und sogar umgebracht wurden, nur weil sie aus ihrer Tradition heraus oder aus anderen Gründen die politisch falsche Substanz konsumierten. Nicht nur dem vor hundert Jahren äusserst rassistischen Amerika, sondern auch dem Nazireich kamen diese Verbotsgesetze sehr gelegen.

Deshalb brauchen wir ein Moratorium für alle Strafen und Verurteilungen, die aktuell wegen Hanf verhängt werden – solange, bis die Hintergründe, die zum Verbot geführt haben, geklärt sind und niemand mehr sagen kann: «Das habe ich nicht gewusst». Es sollen nicht Menschen bestraft und eingesperrt werden aufgrund von Gesetzen, die weder unserem Zeitgeist noch unserer Verfassung entsprechen. Sie werden sehen, das Schweizer und das Internationale Antidiskriminierungsgesetz geben uns Recht: Im Sinne der Wahrheit, der Würde und der Gerechtigkeit.

Herzlichen Dank dafür.

1Dossier Hanf – Play SRF, ab Min. 2.40, Zitat Bundesrat Philipp Etter

2Vgl. https://www.globalcommissionondrugs.org/wp-content/uploads/2020/02/2019Report_DEU_web.pdf S. 3 Abschnitte 5 und 6 ff., BEHR 1995, S. 246

3Film «Vom Wunderkraut zur Teufelsdroge», Dokumentation von Urs Frei, SRF, 1998 https://www.srf.ch/play/tv/srf-wissen/video/schweizer-hanf-vom-wunderkraut-zur-teufelsdroge?urn=urn:srf:video:763ddf8b-cd50-4d53-a77a-a17bb5024b9e ab Min. 13:17 Anslinger Propaganda in USA; ab Min. 17:35 BR Philipp Etter vor dem Parlament; KESSLER 1985, S. 37

4Vgl. BEHR 1995, S. 244 ff.; https://www.globalcommissionondrugs.org/wp-content/uploads/2020/02/2019Report_DEU_web.pdf S. 15 Abschnitt 4

5Vgl. Zitat aus KESSLER 1985, S. 38, und aus BEHR 1995, S. 249

6Vgl. Dan Baum, «Harpers» 2016, Aufzeichnungen seiner Recherchen aus dem Jahre 1994 https://harpers.org/archive/2016/04/legalize-it-all/ und https://www.globalcommissionondrugs.org/wp-content/uploads/2020/02/2019Report_DEU_web.pdf S. 13

7Film «Vom Wunderkraut zur Teufelsdroge», Dokumentation von Urs Frei, SRF, 1998 ab Min 17:45

8Vgl. BGE 117 IV 314 S. 316

9Vgl. https://www.forschung-und-wissen.de/nachrichten/medizin/die-who-empfiehlt-die-neuklassifizierung-von-cannabis-13373151

10https://www.rnd.de/gesundheit/synthetisches-cannabis-warum-es-deutlich-gefaehrlicher-als-marihuana-ist-MQBCEH5LIJGX7AQ5MHSO3JJTO4.html

11Vgl. https://www.globalcommissionondrugs.org/wp-content/uploads/2020/02/2019Report_DEU_web.pdf S. 15

Einleitung

Ich, die Autorin, bin eine verurteilte Täterin. Weil ich mein halbes Leben lang die falsche Substanz konsumiert habe. Ich bin auch eine verurteilte Dealerin. Weil ich als Hanf-Boutique Besitzerin Mitte der 90er Jahre zusammen mit Freundinnen neben einem grossen Sortiment Hanftextilien und Hanfkosmetik, Schnaps, Wein, Bier und Tabak auch verschiedene Sorten Hanf in diversen Geschmäckern und Stärken in Form von «Duftsäckli» an Erwachsene verkauft habe. Für den Alkohol hatte ich eine Lizenz, ganz legal. Für den Hanf brauchte ich keine. Der durfte verkauft werden, solange er nicht zum Spass konsumiert wurde. Das zu kontrollieren war Aufgabe der Polizei.12

Praktisch die gesamte Hanfszene kannte damals die kriminelle Geschichte hinter dem Hanfverbot und die x-fach belegte relative Ungefährlichkeit von Hanf. Viele Gutachten der letzten Jahrzehnte gaben uns Rückendeckung. Thomas Kessler, Agronom und ehemaliger Drogendelegierter von Basel-Stadt, hatte 1985 in seinem Buch Cannabis Helvetica darüber aufgeklärt. Der Nachtschatten Verlag als Fachverlag für Drogenaufklärung widmet sich seit 1984 der Aufgabe, mit sachlichen Informationen Hintergründe und Kulturgeschichte des Drogenkonsums aufzuzeigen und zur Prävention und Schadensminderung beizutragen. Ohne dieses Wissen hätten wir damals als junge, verantwortungsbewusste Leute mit viel Zivilcourage, die damalige Grauzone im Gesetz nicht mit gutem Gewissen genutzt. Es war für uns unvorstellbar, dass die rassistische Hintergrundgeschichte des Verbots noch einmal weitere 25 Jahre ignoriert werden würde und HanfkonsumentInnen bis heute als TäterInnen abgestempelt würden.

Der Bundesrat, der Ständerat und das Bundesamt für Gesundheit zusammen mit diversen Kommissionen standen damals hinter einer Regulierung des Hanfs für den Freizeitgebrauch. Alle Signale standen auf Grün fürs neue Jahrtausend. Die nationale Alkoholverwaltung hatte bereits ein brauchbares Papier zur Besteuerung ausgearbeitet.13 Dann kam das Aus. Der Nationalrat beendete 2004 die parlamentarische Hanf-Debatte, um gleichentags den seit fast 100 Jahren verbotenen hochprozentigen Absinth freizugeben. Gegen die Absinth-Freigabe war nichts einzuwenden. Trotzdem sassen wir masslos enttäuscht auf der Besuchertribüne des Bundeshauses und verstanden die Welt nicht mehr. Müde nach all den Beschimpfungen, Razzien, Verhaftungen, Enteignungen und Anklagen wegen Verstosses gegen das aus rassistischen Zeiten stammende Betäubungsmittelgesetz, sammelten wir mit vielen Helfern der Schweizer Hanfkoordination CSC/SHK, unterstützt von ParlamentarierInnen, in Knochenarbeit Unterschriften für die Hanf-Initiative, die 2008 zur Abstimmung kam, leider aber mit 63,3% Nein-Stimmen abgelehnt wurde. Die US-amerikanische Propagandamühle hatte es erneut geschafft, mit denselben Unwahrheiten wie damals 1951 und 1961, das Hanf-Verbot in der Schweiz aufrechtzuerhalten.

Der Krieg gegen Drogen ist ein Überbleibsel des Krieges der übermächtigen Weissen gegen andere Kulturen und hat in der heutigen Gesetzgebung nichts mehr verloren. Fast alle Hintermänner, die dieses Verbot global zementiert hatten, sind inzwischen altersbedingt verstorben. In den 90er Jahren lebten einige von ihnen noch. Sie kamen sogar von den USA in die Schweiz, um an Tagungen gegen die Hanfläden mobil zu machen und um uns zu diskreditieren. Es waren dieselben Leute, die gegen Homosexuelle hetzten und diese mit entwürdigenden Konversions-Therapien und Teufelsaustreibungen heilen wollten. Erst unter dem Druck der USA und der WHO hatte die Schweiz ab 1951 folgende Strafbestimmungen in Art. 19 des Betäubungsmittelgesetzes geschaffen14:

Unbefugte Herstellung, Verarbeitung, Handel, Ein- und Ausfuhr, Verteilung, Vermittlung, Verordnung, in Verkehrsbringung, Finanzierung, Aufforderung und Vorbereitung zum Konsum und der Konsum von Cannabis sind deshalb verboten.15

Niemand will als Drögeler oder Drögelerin bezeichnet werden. Entsprechend protestierten die bürgerlichen Parteien lautstark, wenn wir auch Alkohol und Tabak als Drogen bezeichneten. Man stelle sich vor, für Alkoholkonsum, für Alkoholbesitz, für dessen Produktion und Handel, für Ein- und Ausfuhr, Vermittlung, Finanzierung, für Aufforderung und Vorbereitung zum Konsum würden heute dieselben Regeln gelten wie zurzeit für das viel weniger gefährlichere Cannabis.16 Die meisten unserer erwachsenen EinwohnerInnen sässen als WiederholungstäterInnen im Gefängnis oder würden ständig schikaniert. Restaurantbesitzer wären schwer kriminelle Menschen, schicke Bars wären gottlose Spelunken, die man schliessen müsste, weil sie bandenmässig und nach Gewinn strebend die Jugend und die gesamte Menschheit gefährden. Jedes Bier, jeder gesellige Zeitungsartikel, jede Werbung, jedes Steuerabgabegesetz wäre eine Verharmlosung der Droge Alkohol. KonsumentInnen würden zu TäterInnen, normale GeschäftsfreundInnen würden zu Banden und DealerInnen.

Dank ehrlicher Prävention wird heute in der Schweiz nur noch halb so viel Alkohol getrunken wie vor hundert Jahren. Dennoch trinkt laut der Organisation «Sucht Schweiz» jeder Einwohner und jede Einwohnerin jährlich noch 7,6 Liter Reinalkohol. Das heisst, 2020 trank – wohlbemerkt im Durchschnitt – jede Person im Land 52,8 Liter Bier, dazu 31,5 Liter Wein, 3,8 Liter Spirituosen und 1,6 Liter Obstwein.17 Das reicht für eine ordentliche tägliche Dosis.

Konsumieren Sie jedoch als erwachsener Bürger mehr als zweimal pro Woche Cannabis mit über einem Prozent THC-Gehalt nur schon in geringer Dosis, dann gelten Sie in der Schweiz per Gesetz als süchtig. Nur per Gesetz, nicht aus wissenschaftlichen Gründen.18 Übersetzt heisst das: Trinken Sie dreimal pro Woche ein Glas schwaches Bier und werden dabei erwischt, werden Sie erpressbar und unterliegen der Willkür Ihrer Mitmenschen, der Schmach, in aller Öffentlichkeit gefilzt und verhört zu werden oder gar Ihren Fahrausweis zu verlieren, auch wenn Sie gerade auf einer Parkbank sitzen. Sie müssen unter Aufsicht Ihren Urin abgeben, um zu beweisen, dass Sie abstinent sein können und nicht süchtig sind. Das kostet Sie obendrein tausende Franken.19 Zudem sind Ihr Job und Ihre Existenz bedroht, der Streit zuhause ist programmiert und der Frust perfekt. Wer ehrlich sagt, er konsumiere schon seit Jahren Cannabis, dem wird zusätzlich zu den immensen Verfahrenskosten der Konsum hochgerechnet und proportional dazu das Strafgeld erhöht. Bauen Sie eine Hanfpflanze in Ihrem Garten an und konsumieren sie nicht selbst, kann es passieren, dass Sie als DealerIn angezeigt werden.20

Es ist nur ein kleiner Passus im Gesetz, der diesen Unsinn verursacht: das Wort Cannabis in Art. 2a BetmG, ehemals erwirkt von den USA mithilfe einer weltweiten Desinformations-Propaganda21, welche damals auch von den europäischen Ländern dankbar angenommen wurde – zum Zweck der politischen Verfolgung von Minderheiten, Kommunisten und politischen Gegnern.22 Eins ist sicher: Die heutigen Gesetze dürfen nicht mehr dem damaligen Gedankengut entsprechen. Sie sind nicht mehr zeitgemäss. Sie sind menschenentwürdigend und diskriminierend.

HanfkonsumentInnen werden bis heute nicht als gleichwertig akzeptiert, nicht ernst genommen; sie gelten als unqualifiziert, unintelligent und unsozial. Dies zeigt die absurde Diskriminierung per Strafgesetz. Und nicht nur das: Die Schweiz gibt jährlich 800 Millionen Franken allein für die Repression gegen Drogen aus.23

Aus persönlicher Betroffenheit und um all dies zu verdeutlichen, ist dieses Buch entstanden: aus über einen Zeitraum von dreissig Jahren gesammeltem Informationsmaterial und jahrelangen Recherchen zum Hanfverbot und zur amerikanischen und europäischen Geschichte. Ruth Zwahlen vom Schweizer Hanfmuseum, die sich schon viele Jahre länger als ich mit diesem Thema auseinandersetzt, hat mich dabei mit viel Material unterstützt.

Ohne die im Folgenden erzählte Geschichte zu kennen, sollte niemand mehr – weder AbstinenzlerInnen noch Alkohol- und TabakkonsumentInnen – über CannabiskonsumentInnen und -HändlerInnen urteilen dürfen. Wir sind erwachsen und selbst fähig zu entscheiden, was, wann, warum und wieviel wir konsumieren möchten.

Wir hoffen, dass diese Arbeit vor Gericht dazu dienen kann, sich gegen die Ungerechtigkeit dieses mehr als 70-jährigen Hanfverbots in der Schweiz und anderswo zu wehren. Wir hoffen, einen Beitrag zu leisten, den grundlegenden Irrtum hinter den heutigen Strafbestimmungen für Cannabisdelikte zu belegen, der durch die konsequente Ignorierung der Geschichte hinter dem Hanfverbot entstanden ist. Im Parlament wurde nie über die bewusste Irreführung hinter den UNO-Verträgen debattiert, und die obersten Gerichte haben dieses Wissen bis heute nicht berücksichtigt. Es wurde immer auf die Politik verwiesen. Das ist nicht legitim. Um der Verfassung und um der Menschenrechte willen müssen die Hanfverbote und die daraus folgenden Gesetze – über die Politik hinweg – für ungültig erklärt werden. Es kann nicht Recht gesprochen werden zugunsten des Unrechts. Die Hanfverbote sind unfair und beschämend. Die Gesetzestexte dazu finden Sie in Teil 2 dieses Buches. Und die geben uns Recht.

12Film «Vom Wunderkraut zur Teufelsdroge», Dokumentation von Urs Frei, SRF, 1998: ab Min 22:00

13Arbeitspapier der eidgenössischen Alkoholverwaltung zur «Kontrolle der Produktion und des Verkaufs von Cannabis», https://chanvre-info.ch/spip.php?article1392

14Vgl. Bundesblatt No 15 v. 9.4.1951 S. 839 und 843 und https://www.globalcommissionondrugs.org/wp-content/uploads/2020/02/2019Report_DEU_web.pdf Vorwort S. 3

15Bundesgesetz 812.121 v. 3.10.1951

16Vgl. https://www.globalcommissionondrugs.org/wp-content/uploads/2020/02/2019Report_DEU_web.pdf Weltkommission für Drogenpolitik, Bericht 2019, S. 3, Vorwort von Altbundesrätin Ruth Dreifuss und https://www.cannabis-med.org/german/acm-mitteilungen/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=317 Pro und Contra Legalisierung, von Daniela Ludwig, CSU, Deutschland; ACM-Mitteilungen vom 08. August 2020 sowie https://www.cannabis-med.org/german/bulletin/ww_de_db_cannabis_artikel.php?id=529, Cannabis schützt vor alkoholbedingten Leberschäden

17https://zahlen-fakten.suchtschweiz.ch/de/alkohol/kennzahlen/konsum.html

18Vgl. Bericht THC-Grenzwerte im Strassenverkehr, Institut für Rechtsmedizin der Universität Basel, S. 38/45 vom Dez. 2020, https://firstclass-cbd.ch/thc-im-strassenverkehr/

19https://www.hanflegal.ch/wiki/_media/verein_li/shithappens14.pdf S. 30; HERZIG, 2019, S. 90

20Vgl. HERZIG 2019, S. 75-77

21«Vom Wunderkraut zur Teufelsdroge», Dok. von Urs Frei, SRF, 1998 https://www.srf.ch/play/tv/srf-wissen/video/schweizer-hanf-vom-wunderkraut-zur-teufelsdroge?urn=urn:srf:video:763ddf8b-cd50-4d53-a77a-a17bb5024b9e ab Min. 13:50

22Vgl. BEHR 1995, S. 274

23www.hanfmuseum.ch/uploads/1/2/0/6/12061849/briefe-bag-vier-saeulen-politik.pdf

Danksagung

Dieses Buch ist in Zusammenarbeit mit Ruth Zwahlen vom Hanf-Museum Tägerig entstanden. Deshalb gebührt Ruth mein erster Dank. Ohne Ruth gäbe es diese Arbeit nicht. Der Mut dazu hätte mir gefehlt. Seit der Hanfabstimmung 2008 haben wir gemeinsam über ihr Museum den Hanf-Befürwortern unter den Parlamentariern einmal jährlich Informationen zugeschickt – unter anderem ein erstes Hanf-Dossier mit vielen Zeitungsberichten über die Argumentationsführung der gegnerischen Parteien vor der Abstimmung mitsamt der Adressliste der Empfänger des Dossiers. Weiter haben wir Briefe an Parlamentarier über die THC-Gehalte von früher, über die relative Ungefährlichkeit von Hanf, das Recht auf Rausch, die Geschichte etc. verschickt.

Ruth hat dem Bundesamt für Gesundheit (BAG), dem Bundesrat und vielen ParlamentarierInnen über die ganzen Jahre stoisch immer wieder von Hand geschriebene persönliche Briefe geschickt und sie ins Hanfmuseum eingeladen. Nur wenige haben die Einladung angenommen. Seit 1996 führt sie ihr privates Museum. Es umfasst eine Ausstellung mit unzähligen Hanfprodukten, teils aus alten Zeiten, aber auch Produkte, die es seit den 1990er Jahren in den Hanfläden zu kaufen gab. Dazu kommt ein riesiges Archiv von über 300 Ordnern über Hanf und Politik der letzten hundert Jahre, 35 Ordner mit Briefen an Behörden und deren Antworten, Fotoalben, hunderte Bücher zum Thema und Personendossiers von Hanf-Pionieren genauso wie von Hanf-Gegnern.

Ruth und ich danken allen, die sich bis heute für eine Gleichsetzung von Hanf und Alkohol stark gemacht haben. Jack Herer (1939–2010) für seine enormen Recherchen zu den Hintergründen des globalen Hanfverbots in den USA in seinem Buch The Emperor wears no clothes. Dieses Buch begann er 1983 im Gefängnis zu schreiben, nachdem er in den USA beim Unterschriftensammeln für «Freies Cannabis» auf öffentlichem Grund festgenommen worden war. Thomas Kessler danken wir für sein Buch Cannabis Helvetica aus dem Jahre 1985, Mathias Bröckers für die Bekanntmachung von Jack Herers historischen und ökologischen Studien zu Beginn der 1990er Jahre im gesamten deutschsprachigen Raum mit der Herer-Bröckers-Katalyse Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf, für seinen Einsatz für den Hanf als fantastisch nachhaltigen Rohstoff und für seine vielen spannenden Texte und Bücher zur Drogenproblematik.

Spezieller Dank gebührt Altbundesrätin Ruth Dreifuss, die sich zusammen mit vielen ehemaligen RegierungschefInnen, MenschenrechtlerInnen und Bankiers in der Weltkommission für Drogenpolitik (Global Commission on Drug Policy, GCDP) für mehr Menschlichkeit in der Drogenpolitik einsetzt und natürlich all den ehemaligen und jetzigen UnterstützerInnen in unserem Parlament. Wir danken Roger Liggenstorfer und seinen mutigen FreundInnen vom Nachtschatten Verlag sowie der Droleg für ihre Aufklärungsarbeit, dann François Reusser und den vielen tollen FreundInnen der ehemaligen Schweizer Hanfkoordination, Sven Schendekehl vom Verein Legalize it!, dem überparteilichen Verein Pro Jugendschutz gegen Drogenkriminalität, den Leuten der IG-Hanf, den HanfanbauerInnen, HistorikerInnen, den Suchtpräventionsleuten, ÄrztInnen, JournalistInnen, ReporterInnen und nicht zuletzt all den PolizistInnen, StaatsanwältInnen und RichterInnen, die ein wenig Gnade vor Recht haben walten lassen.

Herzlichen Dank auch an den Sektenexperten und ehemaligen Tages-Anzeiger-Redaktor Hugo Stamm, der die Verbindungen von VPM, Scientology und den Parteien hartnäckig und angstfrei dokumentiert hat; Claude Vaney, Manfred Fankhauser und Rudolf Brenneisen für ihre wertvollen medizinischen Forschungen und Veröffentlichungen, dem Internationalen Verband für Cannabis als Medizin IACM, dem Verein MedCan für seinen mutigen Einsatz für betroffene Patienten, dem Deutschen Hanfverband und allen Verbänden und Weggefährten, die hier nicht namentlich aufgeführt werden können. Ein ganz herzlicher Dank geht an Mathias Bröckers für seine ersten Tipps bei der Entstehung dieses Buches, Rolf Schmidt und Iris Maul für das erste Korrektorat und ihr ermutigendes Feedback. Und natürlich danken wir auch unseren Familien, zuallererst von ganzem Herzen unseren Kindern, die so viel aushalten und miterleben mussten und denen wir mit unserem steten Unmut gegen die ungerechten Drogengesetze so viel Nerven abverlangt haben. Und zu guter Letzt gebührt unser Dank all denen, die sich trotz massiver Repression dank Hanf nicht aus der Ruhe bringen liessen.

Aus tiefstem Herzen Danke – Euch allen.

Teil 1Die Drogenverbote als Erbe rassistischer Zeiten

1.Die rassistischen Anfänge des Hanfverbots in den USA

Nicht nur Alkohol, auch Cannabis war in den USA bis Ende des 19. Jahrhunderts ein völlig legales Genussmittel. Jahrhundertelang wurden Hanfkraut und Haschisch als Medizin genutzt. THC-haltiger Hanf galt als bewährtes Heilmittel und als heiliges Mittel, das viele Menschen genauso bei religiösen Praktiken wie zur Entspannung und Regeneration einsetzten. Doch dann plädierten vor allem Einwanderer aus England und Irland aus vielerlei Gründen für ein gottgefälliges Leben ohne Alkohol und andere Drogen. Grossindustrielle wie John D. Rockefeller unterstützten diese «Anti-Saloon-League» finanziell, um unter anderem durch Kneipenschliessungen den Zusammenkünften des kleinen Mannes die Basis zu entziehen, Gewerkschaften zu gründen.

Der Einfluss der Abstinenzbewegung weitete sich auf die Politik aus, sodass von 1920 bis 1933 der Konsum und Handel von Alkohol überall in Amerika per Gesetz durch Prohibition verboten wurde.24 Die Folge war der illegale Verkauf von Alkohol, der immer weiter zunahm und nun von der organisierten Kriminalität kontrolliert wurde. Weil ein Grossteil der Gesellschaft das Gesetz offen ablehnte, konnte die Mafia mit Al Capone, Lucky Luciano, Meyer Lansky, Bugsy Siegel und anderen Anführern erstarken. Infolgedessen blieb die angestrebte «moralische und körperliche Gesundung» der amerikanischen Bevölkerung durch das Alkoholverbot aus.

Abb.3: Protestmarsch von Gewerkschaftsmitgliedern am 31. Oktober 1931 in Newark gegen die Alkohol-Prohibition mit der Forderung: «Wir wollen Bier». Foto: Alamy

Abb. 4: Auch in Zürich waren Anti-Alkohol-Parolen nicht fremd. Hier an der 1. Mai Demo 1912: Plakate «Sozialdemokratischer Abstinentenbund» und «Bier macht dick, dumm und faul». Foto: Schweizerisches Sozialarchiv, Zürich

Was andere Drogen anbetraf, schaffte es Ägypten zusammen mit Südafrika, dass die milde Natur-Droge Hanf bei der Opiumkonferenz 1925 in Genf zusammen mit dem halbsynthetischen Heroin auf eine Stufe gestellt und international geächtet wurde. Südafrika wollte seiner schwarzen Bevölkerung ihr «Kraut der Armen» verbieten, obwohl keine gesundheitlichen Schäden bekannt waren.25

Dass Cannabis an dieser Konferenz – an der es, wie ihr Name sagt, eigentlich um Opiate ging – überhaupt zur Sprache kam, bewirkte der ägyptische Delegationsleiter El Guindy.26 Er stellte auf der Basis dünner wissenschaftlicher Daten den Antrag, Cannabis auf die Liste der kontrollierten Substanzen zu setzen. Nach einer kurzen Diskussion und ohne dass Experten angehört worden wären, wurde der Antrag angenommen. Das war vor allem eine Geste des Wohlwollens gegenüber Ägypten, die meisten Länder interessierte Cannabis damals nämlich überhaupt nicht. Später wurde die Massnahme als «Lösung ohne Problem» beschrieben.27 Unter anderem deshalb fordert auch der Bund deutscher Kriminalbeamter (BDK) heute ein Ende des Cannabisverbots. Historisch betrachtet sei die Prohibition willkürlich, weder intelligent noch zielführend.28