Die olympische Idee ist zu retten - Fritz Roth - E-Book

Die olympische Idee ist zu retten E-Book

Fritz Roth

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Beschreibung

Anlass für die Niederschrift dieses Buches waren die Vorgänge um die Pekinger Olympiade. Die Zukunft Olympias ist zu einer spannenden Geschichte geworden, denn das Ansehen des IOC ist mit Peking 2022 auf dem Nullpunkt angekommen. Die Veranstaltung der Olympischen Spiele beruht auf der Olympischen Idee. Die Jugend der Welt soll friedlich zusammenkommen, sich sportlich messen und in Frieden die Zeit miteinander verbringen - unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Religion. Frieden, Völkerverständigung und Freundschaften sollen das Treffen bestimmen. Dieser Gedanke war maßgebend für die Wiederkehr der Olympischen Spiele in der Neuzeit. Bis heute bildet er die ideelle Grundlage für ihre Veranstaltung. Aber diese Grundlage hat schüttere Risse bekommen. Ungenutzte olympische Bauruinen, teure Hinterlassenschaften, wenig langfristiger Nutzen, das ist in demokratischen Nationen nur noch schwer vermittelbar. Vor allem aber werden mehr und mehr Zweifel daran deutlich, ob die Olympische Idee auch in Zukunft eine Berechtigungsgrundlage für Olympia darzustellen in der Lage ist. Das IOC als Gralshüter Olympias korrumpiert die Olympische Idee. Kommerzialisierung bis hin zu einem "Wirtschaftssystem Olympia", Dopingbetrügereien, Kniefall vor Diktatoren selbst bei nachgewiesenem Staatsdoping - alle diese Faktoren sind vor der Welt nicht verborgen geblieben. Sie werfen die Frage auf: "Hat Olympia überhaupt noch eine Berechtigung?" Der Autor meint: Ja, aber nicht in dieser Form. Zum einen muss es eine "Veranstaltungswende" geben. Olympische Spiele sind keine Show-Wettbewerbe für Architekten. Olympische Spiele sind eine Sportveranstaltung, kein City-Entwicklungsprojekt. Zum anderen muss das Bemühen um einen wirklichen Olympischen Frieden durch das IOC sichtbar werden. Die UN-Resolutionen wurden auch vom Kriegstreiber Russland unterzeichnet. Deshalb muss das IOC eine eigene Regelung herbeiführen, die auch die Führer der Weltregionen umfasst. Eine solche Vereinbarung mag heute wie eine Vision erscheinen, aber auch die deutsche Wiedervereinigung erschien wie eine Vision. Visionen können Wirklichkeit erlangen, wenn man es denn tatsächlich will.

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Seitenzahl: 91

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Vorwort

Der Sport muss besser sein als die Gesellschaft

1. Die Sportbegeisterung

2. Die verbindende Wirkung

3. Der Integrationsfaktor

4. Sozialer Ausgleich und Aufstieg

5. Der Wirtschaftsfaktor Sport

Die Bedeutung des Sportes in der heutigen Zeit

1. In der Welt

2. In Deutschland

3. Olympia muss erhalten werden

Die Gefährdung von Olympia durch das IOC

Das Verhältnis von Sport und Politik

Das IOC beharrt auf seiner „Politischen Neutralität“

Die „Politische Neutralität“ ist eine Farce

Das IOC muss politisch werden

Ein politisches Mandat für das IOC

Die Ausgestaltung eines politischen Mandats des IOC

1. Als moralische Instanz

2. Als Sprachrohr der „Olympioniken“.

3. Als Stifter des Olympischen Friedens

Was getan werden muss, wie sollte es weitergehen

1. Die Veranstaltungswende der Olympischen Spiele

2. Die Verfestigung des Olympischen Friedens als Baustein einer Wende

Schlusswort

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Vorwort

„Die Jugend der Welt soll sich friedlich versammeln, sie soll unter gleichen Bedingungen Sport miteinander treiben aber nicht als Gegner sondern als Freunde, die der Sport verbindet. So sollen sich Menschen aus der ganzen Welt besser kennenlernen und das soll dem Frieden auf der Welt dienen. Denn wenn sich Menschen gut kennen, wenn sie fair miteinander umgehen, dann leben sie auch friedlich miteinander“. Diese vielbeschriebene Olympische Idee wird seit 1896 im Zyklus von vier Jahren durch die Veranstaltung von Olympischen Spielen mit Realität zu füllen versucht. IOC-Präsident Thomas Bach hat das „Gebot des Olympischen Friedens“ gebetsmühlenartig anlässlich der Eröffnung der Winterspiele am 4. Februar 2022 wiederholt. Vor Olympia beschließt die UNO seit 1993 (für die Winterspiele in Lillehammer 1994) regelmäßig einen Appell zur Waffenruhe, zuletzt 2021. Auf der 76. UN-Generalversammlung wurde die Resolution „Aufbau einer besseren Welt durch Sport und das Olympische Ideal“ von 193 Mitgliedsstaaten einvernehmlich angenommen – auch von Russland. Die Idee des Friedens ist also ein wesentlicher Bestandteil von Olympia. Willi Daume hat sie in seinem Grußwort zu „Rückkehr nach Olympia“ hervorgehoben.

Ob jedoch ausgerechnet der moderne Sport mit seinen Voraussetzungen und Folgen das probate Mittel für eine solche Verständigung der Völker sein kann, oder ob diese „Olympische Idee“ eine Randerscheinung der Geschichte bleiben wird, ja sogar gänzlich ihre Daseinsberechtigung verliert, sich in Weltmeisterschaften der Sportverbände auflöst, tangiert das IOC mehr und mehr. Das IOC mit Sitz in Lausanne ist ein nach Schweizer Recht eingetragener Verein und seit 1896 bis heute Träger des Olympischen Gedankens und Veranstalter der Olympischen Spiele.

Im Hinblick auf Friedensförderung zeigte die Olympische Idee bisher keinerlei Wirkung. Deshalb ist zu Recht noch nie einem Präsidenten des IOC der Friedensnobelpreis zuerkannt worden. Die anfänglichen Versuche einer Realisierung fielen in das Zeitalter des Imperialismus, des Ringens der Nationen um die Macht in der Welt. Das IOC konnte dazu kein Gegengewicht entwickeln, insbesondere nicht verhindern, dass Olympia unberücksichtigt blieb, wenn Kriege geführt werden sollten.1) Am 8. August 2008, dem Tag der Eröffnung der Sommerspiele 2008 in Peking an der Putin teilnahm, setzte sich das russische Militär nach Georgien in Bewegung.

Kurz nach dem friedlichen Treffen der Jugend der Welt zu den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi annektierte Russland militärisch die Halbinsel Krim zurück in das russische Reich. Aus Rücksicht auf das Gastgeberland China wartete Putin auch 2022 das Ende der Spiele ab, ehe er am 24. Februar seine Truppen in die Ukraine einrücken ließ. Er hatte sich dazu bei der Eröffnungsfeier mit China-Präsident Xi Jinping getroffen. Der scheinheilige Versuch von Fifa-Präsident und IOC-Mitglied Gianni Infantino, eine Woche vor der Eröffnung der Fußball-WM 2022 auf dem G 20-Gipfel in Bali zu einem Waffenstillstand im Russland-Ukraine-Krieg aufzurufen, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

Auffällig ist, dass das IOC aus den Vergaben der Veranstaltungsorte vor dem 2. Weltkrieg an Diktaturen wie Berlin (1936) und Tokio (1940) bis heute offensichtlich nichts reflektieren will. Zwar beginnen heute Kriegshandlungen weiterhin ohne Rücksicht auf die Olympischen Spiele und deren Olympische Idee zumeist unter Behauptungen, die höherem Verständnis nicht zugänglich sind. Aber Diktatoren haben sich schon immer eingebildet, eine eigene historische Mission zu haben.2) Warum vergibt das IOC trotzdem die Austragung „seiner“ Olympischen Spiele an Autokratien? Hat sich 1936 etwas an der Nazi-Herrschaft geändert3), 2008 in China oder 1980/2014 in Russland? Oder hat nicht im Gegenteil Olympia diese Regentschaften stärker gemacht, Xi Jinping gar zur Rückkehr auf die Weltbühne verholfen? Die Gegenfrage lautet nicht, warum bewerben sich so wenige demokratisch geführte Staaten? Sie heißt vielmehr: Verwaltet das IOC die Olympische Idee noch zeitgemäß, dass die Veranstaltung von olympischen Spielen bei allen Staaten Interesse weckt?

Die Welt hat sich – historisch gesehen – in rasendem Tempo verändert. Neue Techniken und Informationsmittel wurden entwickelt, das kommunistische Imperium brach zusammen, neue Länder kehrten auf die Landkarte zurück, die Kommerzialisierung des Sportes wuchs. Die Olympische Idee aber blieb die gleiche – wird vom IOC unverändert hochgehalten, auch wenn es im Sportbereich ebenfalls Umwälzungen gegeben hat. Freizeitbereich und Freizeitverhalten gewannen an Bedeutung, neue Sportarten entstanden und wurden olympisch anerkannt. Traditionssportarten wie Boxen, Gewichtheben und im Winter die Nordische Kombination wurden in Frage gestellt.4) Sind angesichts des Weltenwandels die Werte der Olympischen Idee noch ein Kind unserer Zeit mit der Chance auf Besinnung für ein gedeihliches Miteinander der Kulturen? Oder ist sie nur noch Staffage, Tarnung für vielfältig monetären Hintersinn?

Warum drängt sich diese Frage gerade zu den Olympischen Winterspielen in Peking 2022 auf? Der Veranstaltungsort ist bis zu seiner zweiten Vergabe nicht durch natürlichen, wintersportnahen Schneefall aufgefallen, durch sonderliche chinesische Erfolge im Wintersport abgesehen vom Hallensport „Short Track“ auch nicht. Er gleicht deshalb einem brodelnden Tiegel der unterschiedlichen Sichtweisen.5)

Hier das IOC mit der nostalgisch verkörperten Vorstellung, dort die chinesische Autokratie, der an einem Frieden in der Welt nur im eigenen Interesse liegt, der aber vor allem daran gelegen ist, ihren weltpolitischen Einfluss auch mit Hilfe dieser Veranstaltung „Olympia“ auszubauen.

Sie ließ deshalb sogar Wintersportanlagen in Naturschutzgebiete bauen6), die noch nie einen Wintersportler gesehen hatten und sie ließ vorab allen anreisenden Teilnehmern schon einmal eine Warnung zukommen, das Recht auf freie Meinungsäußerung ja nicht genau zu nehmen oder gar ernsthaft zu beanspruchen.7)

Das Spannungsverhältnis von Sport und Politik wurde kaum jemals deutlicher als in diesem Tiegel. Selten waren Spiele so umstritten wie die in Peking.

Hier das IOC als nichtstaatliche Organisation mit seinem offiziellen Neutralitätsanspruch, fern der Politik zu sein und sich nicht in diese einzumischen, wie der für die Organisation der Spiele verantwortliche IOC-Exekutivdirektor Christopher Dubi in der ARD-Sendung am 31. Januar 2022 „Spiel mit dem Feuer – Wer braucht noch solche Olympischen Spiele“ als weiterhin geltende Doktrin des IOC zum Ausdruck brachte.8)

Dort die staatlich-politische Institution mit ihrem Anspruch, den Sport insgesamt und insbesondere das weltumspannend friedliche Olympia wie selbstverständlich für ihre Zwecke und politischen Absichten einspannen zu können. Wer Sommer- und Winterspiele an demselben Ort ausrichten kann, der ist ein Großer im weltpolitischen Machtgefüge, so das chinesische Kalkül. Sobald der Veranstaltungsort der Olympiade an einen solchen autoritären Staat vergeben worden ist, wird dort dem politischen Zweck alles untergeordnet.

Dieses ungelöste Spannungsverhältnis hat zu vielgestaltigen Beziehungen und wechselseitigen Abhängigkeiten geführt, schon durch die Kommerzialisierung und die staatlichen Fördergelder. Das IOC schüttet einen Teil seiner Erlöse an die Nationalen Olympischen Komitees aus.9)

Es hat auch niemals politische Spannungen geglättet, wie am Beispiel Südkorea 1988 deutlich gemacht werden kann. Das Gastgeberland der Spiele verfolgte mit der Ausrichtung ehrgeizige nationale Ziele. Es ging um die Weltgeltung der Wirtschaftsmacht Korea, um den ersten Platz in Asien im Sport. Aber die weltweite Aufmerksamkeit der Medien wurde von der politischen Opposition zugleich zu Demonstrationen genutzt. Sicherheitskräfte mussten vor aller Welt mit einem Großaufgebot die ungestörte Durchführung der Wettkämpfe sicherstellen. Bis 1988 hatte es auch immer wieder Boykott-Drohungen gegen Olympia gegeben. Aber ein Boykott sportlicher Veranstaltungen hat noch nie etwas gebracht – gleichgültig, wie er begründet wurde.

Die Olympische Idee ist deshalb eine Randerscheinung geblieben, die man gerne in Anspruch nimmt, weil man sie schön klingen lassen kann, aber nicht umsetzen muss, ihre Umsetzung in die sportpolitische Praxis nicht eingefordert wird. Soll das so weitergehen oder kann diese Idee auf der Basis ihrer antiken Tradition nicht doch dem Frieden dienen? Warum soll sich das IOC nicht aus der Umklammerung der Politik lösen und auf der Klaviatur der Politik mitspielen können? Das soll Gegenstand der nachfolgenden Überlegungen sein.

1) Der japanisch-chinesische Krieg 1938, der deutsche Einmarsch in Polen 1939, der russische Einmarsch in Afghanistan 1979, die chinesische Besetzung Tibets 2007 haben die bevorstehenden Olympiaden 1940, 1980 und 2008 nicht im Auge gehabt. Die damalige Sowjetunion schlug 1956 ohne Rücksicht auf Olympia im gleichen Jahr den Ungarn-Aufstand nieder; siehe auch: DE v. 10. März 2015 „Putin: So holten wir uns die Krim“.

2) Zu den Vorstellungen einer Mission bei Adolf Hitler: Straumann S. 119 mit weiteren Nachweisen. Die Mission Putins gipfelt in der Wiederherstellung eines großrussischen Reiches – dazu Atai S. 32 ff. Der Bürgermeister von Kiew und ehemalige Box-Weltmeister Vitali Klitschko prognostizierte bereits 2014: „Putin ist krank. Putin hat es tatsächlich geschafft, was ich nie für möglich gehalten hätte: dass jemand unsere beiden Brüdervölker gegeneinander aufwiegeln kann. Ich weiß, wovon ich rede. Meine Mutter ist Russin. Putin will eine neue Sowjetunion aufbauen und für dieses riesige Imperium braucht er die Ukraine“. – zitiert nach FAZ v. 5. März 2022 „Das Schwergewicht von Kiew“. Das französische Investigationsblatt „Mediapart“ bezeichnete Putin in der Ausgabe vom November 2022 als „Krimineller im Politiker-Kostüm“ unter Verweis auf die zahlreichen erschossenen, vergifteten oder dubios verunglückten Oppositionellen..

3) Sehr anschaulich dazu die Schilderungen von Hilmes und Herzog S. 21ff.

4) So wurden Skeleton, Monobob für Frauen, Sportklettern und Golf olympisch – dazu FAZ v. 9. August 2021 „Sportarten kippen“ und „Dringender Handlungsbedarf“. Für Paris 2024 stehen Gewichtheben – FAZ v. 9. April 2021 „Ich bin betrogen worden“ und v. 6. Aug. 2021 „Der letzte Versuch“ und der Moderne Fünfkampf (wegen der Vorgänge beim Reiten in Tokio 2021) auf der Streichliste, sowie die Nordische Kombination für die Winterspiele – FAZ v. 27. Juni 2022. Das Boxen – FAZ v. 15. Dez. 2020 „Der vorbelastete Präsident“ und v. 9. Okt. 2021 „Betrügende Bastarde“ – blieb auch für 2024 abgesetzt. Die genannten Ersatzsportarten Wushu, Wakeboarding, Rollschuhsport, Squash gehen wohl mehr auf den IOC-Vermarktungswillen, als auf ihren Bekanntheitsgrad als verbreitete Weltsportart zurück.

5) Dazu Reinhard Backes „Im Zeichen der Macht“ in: Das Parlament v. 19. Mai 2008. Peter Navarro: „Der Kampf um die Zukunft – Die Welt im chinesischen Würgegriff“. DE v. 27. Jan. 2022 „Wird Peking ein Sündenpfuhl wie Sotschi?“

6) DE v. 3. Febr. 2022 „Die unnachhaltigsten Spiele aller Zeiten“; FAZ v. 30. März 2015 „Olympia auf Idiotenhügeln“ und v. 31. Jan. 2022 „Ein Stück Erde umgedreht“.

7) FAZ v. 20. Jan. 2022 „China droht mit Bestrafung“ und v. 14. Jan. 2022 „Vorsicht Spionage“. Siehe auch FAZ v. 3. Nov. 2021 „Überwacht, beschimpft, ausgeschlossen“ und vom 1. Febr. 2022 „Offene Feindseligkeit gegenüber westlichen Medien“.

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