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Die Physik der Musik und ihrer Instrumente
Was unterscheidet ein Geräusch von einem Ton? Warum gibt es unterschiedliche Tonleitern? Weshalb klingt ein Xylophon anders als ein Saxophon? Man höre und staune: Die Antworten darauf gibt die Physik – in enger Zusammenarbeit mit der Mathematik und der menschlichen Physiologie. Bereits mit einfachen physikalischen Grundlagen zu Schwingungen und Wellen – Schall ist letztendlich nichts anderes als Wellen, die sich in einem Medium ausbreiten – und wenigen mathematischen Formeln eröffnet sich ein ganz neuer, faszinierender Blick auf die Musik.
Iván Egry zeigt, dass Physik und Musik mehr miteinander zu tun haben, als man sich gemeinhin vorstellt. Die Leserinnen und Leser erhalten einen leicht verständlichen Einblick in die Grundlagen der Akustik – Wellengleichung und Schallausbreitung – und der Musiktheorie – Notenschrift, Intervalle, Stimmungen –, bevor es ans Eingemachte geht: Mit Beispielen illustriert, befasst sich der umfangreichste Teil des Buches mit der Tonerzeugung durch Saiten-, Holz- und Blechblasinstrumente und dem faszinierenden Zusammenwirken zwischen Material, Konstruktion und Spielweise, das beim Solo-, Ensemble- oder Orchesterspiel zu dem Klangeindruck führt, der uns emotional so berührt.
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Seitenzahl: 338
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Titelblatt
Impressum
Vorwort
1 Einleitung
Literatur
2 Akustik
2.1 Einleitung
2.2 Die Wellengleichung
2.3 Lautstärke
2.4 Harmonische Wellen
2.5 Helmholtz-Gleichung
2.6 Erzwungene Schwingungen
2.7 Frequenzanalyse
2.8 Zeit-Frequenz-Analyse
2.9 Schallausbreitung in Festkörpern
Literatur
3 Musik
3.1 Die Notenschrift
3.2 Tonintervalle
3.3 Tonleitern, Tonarten und Akkorde
Literatur
4 Instrumente
4.1 Klassifizierung
Literatur
4.2 Saiteninstrumente
Literaturhinweise
4.3 Blasinstrumente – Grundlagen
Literatur
4.4 Blechblasinstrumente
Literatur
4.5 Die Orgel
Literatur
4.6 Holzblasinstrumente
Literatur
5 Zusammenfassung
Liste der Symbole
Stichwortverzeichnis
Wiley End User License Agreement
Kapitel 3
Tab. 3.1 Notenbezeichnungen.
Tab. 3.2 Oktavbezeichnungen und Tonhöhen.
Tab. 3.3 Frequenzen der eingestrichenen Oktave auf Grundlage des Kammertons a′ =...
Tab. 3.4 Tempobezeichnungen.
Tab. 3.5 Tonintervalle der reinen Stimmung.
Tab. 3.6 Beziehung der n-ten Harmonischen zu Akkordintervallen der reinen Stimmu...
Tab. 3.7 Tonintervalle in der reinen und gleichstufig temperierten Stimmung.
Tab. 3.8 Tonintervalle in Halbtonschritten der Dur- und Moll-Tonleitern. Dur- un...
Tab. 3.9 Tonintervalle der gebräuchlichsten Kirchentonarten. Dur- und Moll-Tetra...
Kapitel 4
Tab. 4.1 Pedalstellungen der Harfe.
Tab. 4.2 Dicken und Zugspannungen von Gitarrensaiten (D’Addario EJ46).
Tab. 4.3 Größenverhältnisse, Stimmung und Tonumfang innerhalb der Geigenfamilie.
Tab. 4.4 Beispiele für konische oder zylindrische Instrumente mit offenem oder g...
Tab. 4.5 Einschwingzeiten von Blechblasinstrumenten. (Nach I.W. Bergbaur).
Tab. 4.6 Lage der Naturtöne.
Tab. 4.7 Wirkungsweise der Trompetenventile.
Tab. 4.8 Ventilkombinationen für chromatische Spielweise.
Tab. 4.9 Einschwingzeiten von Holzblasinstrumenten. (Nach I. W. Bergbaur).
Tab. 4.10 k-Werte für die Lochpositionen gemäß Dur-Tonleiter.
Tab. 4.11 Tonumfang und Größe der Blockflötenfamilie.
Tab. 4.12 Notation und Tonumfang der Querflötenfamilie.
Tab. 4.13 Notation und Tonumfang der Klarinettenfamilie.
Tab. 4.14 Notation und Tonumfang der Saxofonfamilie.
Tab. 4.15 Tonumfang der Oboenfamilie.
Cover
Inhaltsverzeichnis
Titelblatt
Impressum
Vorwort
1 Einleitung
Liste der Symbole
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
IX
III
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VIII
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Iván Egry
Autor
Prof. Dr. Iván Egry
Am Alten Bahndamm 16a
52072 Aachen
Deutschland
Titelbild
Unter Verwendung einer Abbildung von GettyImage, ID 140364867/daitoZen (Guitar Strings).
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Print ISBN 978-3-527-41411-6
ePDF ISBN 978-3-527-83695-6
ePub ISBN 978-3-527-83696-3
Satz le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Gedruckt auf säurefreiem Papier.
,,Ein Leben ohne Musik ist möglich, aber sinnlos“
(frei nach Loriot)
Dieses Buch hat eine lange Vorgeschichte. Immer schon habe ich mich für die Rolle der Physik auf Gebieten interessiert, die nicht zu ihrem klassischen Anwendungs- und Forschungsbereich gehören, wie z. B. die Physik im Sport oder eben auch in der Musik. Während meines aktiven Berufslebens fehlte mir dafür aber leider die Zeit und Muße. Mit dem Ruhestand drängten diese alten Ideen wieder nach vorne, und so entstand mein Buch über die Physik des Golfs, während meine Pläne für ein Buch über die Physik in der Musik weiter verstaubten. Den Ausschlag gaben schließlich Gespräche und Diskussionen mit Profimusikern, bei denen mir klar wurde, wieviel Nachholbedarf in dieser Hinsicht besteht (um es mal positiv auszudrücken). Dazu kam die erfreuliche Reaktion des Verlags, als ich anfangs meinen Vorschlag, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen, vortrug. Dann kam die Coronapandemie, und ich hatte auf einmal viel Zeit und nichts zu tun. In dieser Hinsicht hatte der Lockdown auch seine guten Seiten, die natürlich all den Kummer und das Leid, den der Lockdown verursachte, nicht aufwiegen können.
Die Literaturrecherchen zu diesem Thema führten zurück bis ins 19. Jahrhundert und es zeigte sich, dass große Koryphäen der Physik auf diesem Feld tätig gewesen waren, darunter Helmholtz und Rayleigh. (Anekdote aus Oxford: Beim Dinner fragt die Dame ihren professoralen Tischherrn: „In which fields are you working?“ und er antwortet: „I am not working in the fields.“) Mit Aufkommen der Relativitäts- und Quantentheorie gab es aber auf einmal spannendere Aufgaben und die theoretische Akustik versank in einen Dornröschenschlaf. Durch die Möglichkeiten der modernen Computer und die Entwicklung der elektronischen Musik bekam das Gebiet neuen Auftrieb, weil es jetzt nicht nur möglich war, die komplizierten Differentialgleichungen numerisch zu lösen und Klangentstehung in komplexen Geometrien zu simulieren, sondern auch, weil es neben der Analyse analoger Musik auch gelang, Klänge synthetisch herzustellen.
Dieses Buch kann und soll nicht alle Details der musikalischen Akustik behandeln, aber es soll einen Ein- und Überblick darüber geben, worum es bei diesem Thema geht und was die Physik zur Lösung praktischer Probleme beitragen kann.
An dieser Stelle ist es unbedingt erforderlich, den vielen Menschen zu danken, die zum Gelingen (sagen wir: zur Fertigstellung) dieses Buches beigetragen haben. An allererster Stelle möchte ich meiner Frau Sabine danken, die mich nicht nur bei der Literaturbeschaffung tatkräftig unterstützt hat, sondern auch meine zeitweilige schlechte Laune, wenn es mal wieder nicht weiter ging, ertragen musste. Mein Bruder Andreas hat die Karikaturen gezeichnet, die hoffentlich zum Lesevergnügen beitragen werden. Dafür nochmal herzlichen Dank! Gute Freunde haben die erste Fassung kritisch durchgelesen und dafür gesorgt, dass sprachliche und inhaltliche Fehler gefunden und korrigiert werden konnten. Dies gilt insbesondere für Dr. Susanne Schröder und Prof. Hans-Walter Staudte. Herrn Dr. Andreas Sendtko und Dr. Martin Preuß vom Verlag Wiley-VCH danke ich für ihre freundliche und professionelle Unterstützung. Nicht zuletzt möchte ich den Kollegen, Verlagen und Firmen danken, die mir Abdruckgenehmigungen für die zahlreichen Abbildungen erteilt haben.
Abschließend möchte ich den Lesern danken, dass sie sich für dieses Buch entschieden haben und wünsche ihnen viel Freude und Erkenntnisgewinn beim Lesen.
Aachen, im Dezember 2021
Iván Egry
Musik ist ein universales und universelles Phänomen. Sie ist in allen Kulturkreisen vorhanden und sie begleitet uns von der Wiege bis zur Bahre. (Neueren Forschungen zufolge kann bereits der Fötus im Mutterleib Musik wahrnehmen.) Musik kommt in der Natur vor, z. B. als Vogelgezwitscher oder auch als Pfeifen des Windes, und sie ist eine Kunstform. Unser Sinnesorgan zur Wahrnehmung von Tönen und also auch von Musik, ist das Ohr. Musik löst bei jedem Zuhörer Emotionen aus, wenn sie auch manchmal als störend empfunden wird, „dieweil sie mit Geräusch verbunden“. Was genau Musik ist, lässt sich allerdings kaum definieren. Jeder Versuch einer Definition scheitert daran, dass er Randbereiche ausschließt, die, je nach Sichtweise, auch zur Musik gehören. In jedem Fall ist Musik eine zeitliche Abfolge von Tönen (Geräuschen?), die zueinander in Beziehung stehen.
Es ist aber auch gar nicht die Aufgabe dieses Buches, das Wesen der Musik zu ergründen. Es geht vielmehr darum, zu diskutieren, wie Musik gemacht wird, eben um die Physik der Musikinstrumente. Der Teilbereich der Physik, der sich mit diesen Fragen beschäftigt, ist die Akustik, genauer die musikalische Akustik. Leider ist dieses Fach aus den meisten Curricula an deutschen Hochschulen verschwunden; auch weltweit gibt es nur wenige Orte, wo zu diesem Thema aktiv geforscht wird. Das ist umso erstaunlicher, da die Musik und ihre Entstehung seit jeher Physiker1) fasziniert haben, und viele Physiker auch selbst musiziert haben, z. B. Albert Einstein. Das mag daran liegen, dass die Musik in ihrer Struktur der Mathematik sehr ähnlich ist. Die Frequenzen von Tönen, deren Zusammenklingen wir als harmonisch empfinden, stehen in einem einfachen numerischen Verhältnis zueinander, und auch der Rhythmus bzw. die Länge der Noten wird durch einfache Brüche definiert: 4/4-Takt, 3/4-Takt usw. Etwas plakativ könnte man formulieren, dass Musik Mathematik hörbar macht.
Die großen Koryphäen der Musiktheorie sind zuallererst Pythagoras und Herrmann von Helmholtz, aber auch der indische Physiker C.V. Raman, der in anderem Zusammenhang (für die nach ihm benannte Raman-Spektroskopie) 1930 den Nobelpreis erhielt und – selbstverständlich – J.W. Strutt (der spätere Baron Rayleigh) mit seinem Buch The Theory of Sound. Diese Forscher haben die Grundlagen durch ihre experimentellen und theoretischen Arbeiten gelegt, auf denen alle späteren Entwicklungen beruhen. Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es noch keine Computer, und die obengenannten Untersuchungen basieren auf aufwendigen analytischen Näherungen der konstitutiven Gleichungen der Akustik. H. von Helmholtz äußerte in seinem Buch die Befürchtung, dass sich diese Probleme wohl nie zufriedenstellend würden lösen lassen. Heutzutage kann man mit Hochgeschwindigkeitskameras die Schallschwingungen sichtbar machen und mit kommerzieller Software die Schallerzeugung und Schallausbreitung in beliebig geformten Hohlräumen simulieren.
Zur Musiktheorie und insbesondere zur Physik der Musikinstrumente gibt es zahlreiche Bücher und Veröffentlichungen, die meisten in englischer Sprache, aber auch einige in Deutsch. Das moderne Standardwerk ist zweifelsohne das Buch von N.H. Fletcher und T.D. Rossing: The Physics of Musical Instruments. Leider ist dieses Buch sehr mathematisch und auch für den Fachmann schwer zu lesen. Auf der anderen Seite gibt es viele Versuche, dieses Gebiet dem Laien ohne mathematische Kenntnisse näherzubringen. Hier sind die Bücher von A.H. Benade hervorzuheben, von denen einige auch auf Deutsch erschienen sind, z. B. Musik und Harmonie. Manche dieser Bücher scheitern daran, dass sie im Bestreben, allgemein verständlich zu sein, zu stark vereinfachen. Schon Einstein hat gesagt: „Make it as simple as possible, but not simpler.“ Dann gibt es viele Bücher, die sich auf einen speziellen Aspekt oder ein spezielles Instrument konzentrieren. In dieser Hitliste führen die Klarinette und die Geige mit weitem Abstand. Selbstverständlich ist auch auf diesem Gebiet das Internet eine fast unerschöpfliche Quelle. Hier gilt es allerdings, die Spreu vom Weizen zu trennen. Herausragend ist die Website der University of New South Wales (Sydney, Australien). Sie ist didaktisch perfekt aufbereitet und erlaubt auch einen tieferen Einstieg in die Theorie der Musikinstrumente. Ein fantastisches Projekt ist das ständig weiterentwickelte E-Book Euphonics – The Science of Musical Instruments von Jim Woodhouse unter https://euphonics.org. Ebenfalls lohnenswert ist die Instrumentenkunde der Vienna Symphonic Library.
Angesichts dieser Vielfalt von Veröffentlichungen ist die Frage berechtigt, wozu dieses neue Buch gut sein soll. Zunächst einmal wendet sich dieses Buch in gleicher Weise an Physiker und Musiker. Physik ist nicht Selbstzweck, sondern soll helfen, die Grundlagen der Musik besser zu verstehen. Der Anspruch und das Konzept dieses Buches sind, möglichst einheitlich und systematisch die Physik der Musik und der Musikinstrumente darzustellen. Nur so wird das zugrunde liegende Prinzip sichtbar, und man erkennt, auf wie unterschiedliche Weise die einzelnen Instrumentengattungen die Prinzipien der Klangerzeugung in die Praxis umsetzen. Auf der anderen Seite muss man sich klar machen, dass dieses Gebiet sowohl in Breite als auch in Tiefe so gut wie unerschöpflich ist. Daher bin ich um eine Auswahl nicht herumgekommen; das war eine der großen Herausforderungen beim Schreiben dieses Buches. Diese Auswahl ist sicherlich subjektiv und trägt den externen wie auch meinen eigenen Beschränkungen Rechnung. So wird man vergeblich z. B. nach psychoakustischen, historischen und sozialen Aspekten der Musik suchen. Auch die Raumakustik, wie sie beim Entwurf von Konzertsälen eine Rolle spielt, wird in diesem Buch nicht behandelt. Bei den Instrumenten habe ich mich auf die beiden wichtigsten Gruppen, die Saiten- und Blasinstrumente, beschränkt.
Wenn man die Wirkungsweise der einzelnen Instrumente nicht nur beschreiben, sondern auch verstehen will, geht das nicht ohne Mathematik. Hier gilt es, sich in der Tiefe zu beschränken. Das angestrebte mathematische Niveau geht über populärwissenschaftliche Veröffentlichungen hinaus, ist aber weniger anspruchsvoll als das einer Fachpublikation. Da jede Formel – auch in einem Sachbuch – die Gefahr birgt, Leser vom Weiterlesen abzuschrecken, habe ich versucht, ihre Anzahl so gering wie möglich zu halten und auf langwierige Herleitungen verzichtet. Die meisten Formeln lassen sich mit Kenntnissen der Schulmathematik verstehen. Einige wenige Formeln, insbesondere Differentialgleichungen, gehen darüber hinaus. Für den naturwissenschaftlich gebildeten Leser enthalten sie relevante Information in Kurzform, für die anderen wird die Bedeutung und der Inhalt dieser Gleichungen in Prosa erklärt und meist auch mit Hilfe von Grafiken veranschaulicht. Da wir uns im Wesentlichen mit Schallwellen beschäftigen werden, ist die Kenntnis der trigonometrischen Funktionen (Sinus- und Kosinusfunktion) hilfreich.
Das Buch beginnt mit einer kurzen Einführung in die Akustik. Dies ist ein mathematisch anspruchsvolles Kapitel. Im Sinne Machiavellis habe ich die größtmögliche Grausamkeit an den Anfang des Buches gestellt. In diesem Kapitel werden die wichtigsten Begriffe wie Schallgeschwindigkeit, Wellenlänge und Frequenz eingeführt und ihr Zusammenhang erläutert. Als wichtiges Hilfsmittel für die Frequenzanalyse wird die Fouriertransformation eingeführt.
Das nächste Kapitel behandelt die eigentliche Musiktheorie. Töne, Obertöne, Akkorde, Tonleitern und die verschiedenen Stimmungen (reine Stimmung, wohltemperierte Stimmung) werden diskutiert. Der Leser erfährt, dass „Cent“ in der Musiktheorie keine Währungseinheit und „Komma“ kein Satzzeichen ist. Es ist dieses Kapitel, in dem der enge Zusammenhang zwischen Mathematik und Musik besonders sichtbar wird.
Die folgenden Kapitel sind das Kernstück des Buches und behandeln die Physik der Musikinstrumente. Dabei beschränken wir uns auf die beiden wichtigsten Instrumentklassen, die Saiten- und die Blasinstrumente. Saiteninstrumente heißen auch Chordophone („Saitenklinger“), und die Blasinstrumente sind Aerophone („Luftklinger“). Wir verzichten auf die Diskussion der Perkussionsinstrumente (Trommel, Pauke, Becken, Xylophon ...) , weil sie sich durch ihr Prinzip der Tonerzeugung zu stark von den beiden oben genannten Gruppen unterscheiden. Genauso fehlt das archaischste aller Musikinstrumente: die menschliche Stimme. Im Grunde genommen gehört sie zur Gruppe der Chordophone, wobei die Stimmbänder die Rolle der Saiten übernehmen. Um die Stimmbildung zu verstehen, bedarf es neben physikalischer auch anatomischer Kenntnisse. Sie zu modellieren und mathematisch zu beschreiben, ist sehr kompliziert und würde den Rahmen dieses Buches sprengen.
© A. Egry.
Jedes Kapitel enthält auch ein Literaturverzeichnis, in dem sowohl die verwendete als auch weiterführende Literatur zur Vertiefung des jeweiligen Themas angegeben ist. Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist eine rein subjektive Auswahl.
Alles in allem soll dieses Buch sowohl ein Lesebuch als auch ein Nachschlagewerk sein. Manche Musiker werden vielleicht das eine oder andere Aha-Erlebnis haben und ihr Instrument besser verstehen. Interessierte Physiker werden womöglich überrascht sein über die komplexen Zusammenhänge bei der Tonentstehung. Ihnen sei gesagt, dass die in diesem Buch vorgestellten Theorien und Modelle in jedem Fall das Prinzip korrekt wiedergeben, aber nicht ausreichen, subtile Details vollständig abzubilden. In seinem Buch erzählt Benade, dass Instrumentenbauer geringschätzig auf die physikalischen Modelle herabschauen, weil sie weit hinter ihrer handwerklichen Erfahrung zurückbleiben. Das hat sich seitdem grundlegend geändert, beleuchtet aber die grundsätzliche Problematik.
Übrigens: Wer das Buch bis zu Ende gelesen hat, wird auch erfahren, was es mit Schallschnellen, Wolfstönen und Liebesfüßen auf sich hat.
Die beiden Klassiker sind zweifelsohne:
Helmholtz, H. (1981).
Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik
. Frankfurt am Main: Minerva Verlag; (im Original erschienen bei Vieweg, Braunschweig, 1863).
Strutt, J.W. (2011).
The Theory of Sound
. Cambridge University Press; (im Original erschienen bei MacMillan, London, 1877).
Die heutigen Standardwerke sind:
Fletcher, N.H. und Rossing, T.D. (1998).
The Physics of Musical Instruments
, Heidelberg: Springer.
Hall, D. (2008).
Musikalische Akustik
. Schott: Mainz.
Hirschberg, A., Kergomard, J. und Weinreich, G. (Hrsg.) (1995).
Mechanics of Musical Instruments
. New York: Springer.
Chaigne, A. und Kergomard, J. (2016).
Acoustics of Musical Instruments
. New York: Springer.
Nederveen, C.J. (1998).
Acoustical Aspects of Woodwind Instruments
, revised edition. Northern Illinois University Press.
Campbell, M., Gilbert, J. und Myers, A. (2021).
The Science of Brass Instruments
. New York: Springer.
Fast formelfreie lesenswerte Bücher sind:
Benade, A.H. (1960).
Musik und Harmonie – Die Akustik der Musikinstrumente
. München: Kurt Desch Verlag.
Winkler, K. (1992).
Die Physik der Musikinstrumente
. Heidelberg: Spektrum der Wissenschaft, Akademischer Verlag.
Reuter, C. und Auhagen, W. (2014).
Musikalische Akustik
. Laaber: Laaber Verlag.
Vorträge und Dokumente im Internet:
Lücke, W. (2003). Theorie zur Physik der Musikinstrumente,
www.wolfgangluecke.de/skripten/musi.pdf
(zuletzt aufgerufen am 13.08.2021).
Kemp, Y. (2010). Die Physik der Musikinstrumente,
https://www.desy.de/~kemp/talks/music/19012010/19012010.html
(zuletzt aufgerufen am 13.08.2021).
Lohse, T. und zur Nedden, M. (2007). Die Physik der Musikinstrumente,
wwwhera-b.desy.de/people/nedden/lectures/02_03/musik/musik.ppt
(zuletzt aufgerufen am 13.08.2021).
Lapp, D. (o. J.). The Physics of Music and Musical Instruments,
http://kellerphysics.com/acoustics/Lapp.pdf
(zuletzt aufgerufen am 13.08.2021).
Website der University of New South Wales (Sydney, Australien) (o. J.).
http://newt.phys.unsw.edu.au/music/
(zuletzt aufgerufen am 13.08.2021).
Instrumentenkunde der Vienna Symphonic Library (2002–2022).
https://www.vsl.co.at/de/Academy/Instrumentology
(zuletzt aufgerufen am 13.08.2021).
Webseite von J. Woodhouse (o. J.). Euphonics – The science of musical instruments.
https://euphonics.org
(zuletzt aufgerufen am 04.10.2021)
Stockholm Music Acoustics Conference (SMAC) (2013).
http://www.speech.kth.se/smac-smc-2013
(zuletzt aufgerufen am 13.08.2021).
Darüber hinaus enthält natürlich Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Musik# (zuletzt aufgerufen am 13.08.2021) viele exzellente Seiten zu Akustik und Musikinstrumenten.
1) In Ermangelung einer besseren Lösung wird in diesem Buch durchgängig das generische Maskulinum verwendet. Damit sind alle Menschen, unabhängig vom Geschlecht, in gleicher Weise und gleichberechtigt gemeint.